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Full text of "Lehrbuch der kosmischen Physik"

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Lehrbuch 


der 


kosmischen  Physik 


Dr.  Svante  August  Arrhenius 

Professor  der  Physik  an  der  Hochschule  Stockholm. 


Zweiter  Teil 

Mit  138  Abbildungen  im  Text  und  1  Tafel. 


Leipzig 

Verlag   von   S.  Hirzel 
1903. 


Das  Reclit  der  Übersetzung  ist,  vorLeLalten. 


Inhaltsyerzeiclinis 

zum  2.  Teil. 


Seite  I 


Physik  der  Atmosphäre. 


I.  Bestandteile  der  Luft 


478 


Atmo- 


473 

474 


475 

477 


479 


Zusammensetzung    der 

Sphäre 

Masse  der  Atmosphäre     .     .     . 

Chemische  Eigentümlichkeiten 
der  atmosphärischen  Gase. 
Der  Luftsauei'stofF   .... 

Die  Kohlensäure  der  Luft   .    . 

Die  örtliche  Veränderung  des 
Gehaltes  an  Sauerstoff  und 
Kohlensäure  in  der  Luft  .    . 

Weniger  hervortretende  Luft- 
bestandteile       481 

Durchsichtigkeit  der  Luft     .     .    483 

Staubgehalt  der  Luft  ....    485 

Höhenrauch  oder  Haarrauch    .    490 

DieWärmezufuhr  zur  Erde  491 
Die  Wärmeleitfähigkeit  der  Luft  491 
Die    Sonnenstrahlung.     Alteste 

Messungen 492 

Neuere  Untersuchungen  .  .  .  494 
Die  absorbierenden  Bestandteile 

der  Atmosphäre 499 

Absorption  durch  Dämpfe    .     .     502  i 
Messungen  über  den  jährlichen 
und     täglichen     Gang     der 

Sonnenstrahlung 505 

Die  Verschiedenheit  der  Sonnen- 
strahlung an  verschiedenen 
Orten 508 


Berechnung  der  Wärmeein 
Strahlung,  wenn  von  der  Wir 
kung  der  Atmosphäre  abge 
sehen  wird 

Die  Temperatur  unter  verschie 
denen  Breitegraden      .     . 

Eigentümlichkeiten  in  der  Tem 
peraturverteilung      .     .     . 

Veränderungdes  solaren  Klimas 
durch  die  Wärmeabsorption 

Aktinograph  für  Ballonfahrten 


Seite 


509 

511 

513 

515 
517 


III.  Die     Wärmeverluste    der 

Erde 518 

Die  nächtliche  Strahlung    .     ,  518 

Die  Wärmebilanz  des  Erdbodens  523 


IV.  Die  Temperatur   der   Erd- 
oberfläche     52G 

P]indringen    der   Wärmewellen 

in  den  Boden       52G 

Die  jährliche  Schwankung  .  .  527 
Die  tägliche  Schwankung  .  .  528 
Wärmeaustausch   an  der  P]rd- 

oberfläche 530 

Wärme-    und    Temperaturleit- 
fähigkeit des  Bodens  .     .     .     533 
'   Die  Erwärmung   der  Erdober- 
fläche   534 

Eindringen   des  Frostes  in  den 
Boden 543 


IV 


I  nhaltsverzeichnis. 


Seite 
V.  Die  Temperatur  der  Luft    544 

Täglicher  Gang  der  Luft- 
temperatur     544 

Bildung  von  Temperatur- 
mitteln      550 

Der  jährliche  Gang  der  Tem- 
peratur      552 

Verteilung  der  Temperatur 
auf  der  Erdoberfläche  .     .     557 

KHmaveränderungen     .     .     .     562 

Temperaturabnahmenach  der 
Höhe  in  freier  Luft  .     .     .     572 

Wärmeänderungen  mit  der 
Höhe  im  Gebirge      .     .     .     575 

Die  adiabatische  Volumsände- 
rung der  Luft 577 

Höhe  der  Atmosphäre .     .     .     580 

Ausdehnung  feuchter  Luft    .     581 

Die  Temperaturverteilung  in 
höheren  Luftschichten  .     .     584 

VL  Der  Luftdruck     ....    590 

Das  Barometer.  Höhenmes- 
suDg 590 

Zusammensetzung  der  Luft  in 
sehr  grossen  Höhen  .     .     .     595 

Das  Hypsometer 597 

Das  Variometer  von  v.  Hefner- 
Alteneck  599 

Die  tägliche  Schwankung  des 
Luftdruckes 600 

Die  Jahresperiode  des  Luft- 
druckes      604 

Geographische  Verteilung  des 
Luftdruckes 606 

Die  unperiodischen  Luftdruck- 
schwankungen      ....     609 

VII.  Das  Wasser  in  der  Atmo  - 

Sphäre 612 

Eigenschaften  des  Wasser- 
dampfes     612 

Instrumente  zur  Messung  des 
Wassergehaltes  der  Luft  .    616 

Verdunstung  des  Wassers     .     620 

Die  Änderung  des  Wasser- 
dampfgehalts  mit  der  Höhe    624 


Seite 
Die    jährliche    Schwankung 

der  Feuchtigkeit  ....  626 
Die  tägliche  Schwankung  der 

Feuchtigkeit 630 

VIII.  Wolken      und      Nieder- 
schlag     632 

Wasserkondensation     .     .     .     632 

Thaubildung 635 

Nebelbildung 638 

Wolken 640 

Bild  ungs weise  der  Wolken  .    643 
Höhe    und    Geschwindigkeit 
der  Wolken      .....    647 

Bewölkung 650 

Die^  Entstehungsweise     der 

Regentropfen 653 

Physikalische  und  chemische 
Eigenschaften  der  Regen- 
tropfen      655 

Fester  Niederschlag      .     .     .     657 
Die  Grösse  der  Niederschlags- 
menge       659 

Die  Verteilung  des    Nieder- 
schlages auf  der  Erde  .     .     663 
Tägliche   und   jährliche   Pe- 
riode der  Regenmenge      .     665 
Die   jährliche     Periode    des 
Niederschlags 666 

IX.  Die  Winde 667 

Richtung    und    Stärke     der 

Winde 667 

Die  tägliche  Veränderlichkeit 

des  Windes 671 

Die  Ursache  der  Winde   .     .     675 
Die  Trägheitskurve  ....     677 
Das  Buys-Ballotsche  Ge- 
setz       679 

Cyklonen  nnd  Anticyklonen      685 
Die    allgemeine    Cirkulation 

der  Atmosphäre     ....     687 
Winde     von     täglicher     und 
jährlicher  Periode.  Monsune    692 

X.  Luftwirbel 696 

Allgeraeines  über  Luftwirbel     696 


Inhaltsverzeichnis. 


V 


Seite 

Das  Wetter  in  der  Nähe  der 
Cyklonen 700 

Lokale  Winde:  Föhn,  Bora, 
Mistral,  Scirocco  ....    704 

Tropische  Cyklonen  und  Ty- 
phonen      706 

Die  Zugstrassen  der  Baro- 
meterminima 712 

Anticyklonen 716 

Die  Temperatur  Verteilung  in 
den  Cyklonen  und  Anti- 
cyklonen   720 

Grenzgebiete  der  Cyklonen 
und  Anticyklonen      ,    .     .     722 

Die  Entstehung  und  Erhal- 
tung der  Wirbel  ....    723 

Zusammenhang  der  Witte- 
rung in  verschiedenen 
Teilen  der  Erde    ....     730 

Wettervoraussage     ....     734 

XI.  Theorie    der    atmosphä- 

rischen Cirkulation     .     736 
Die  dynamische  Meteorologie    736 

Die  Cirkulation 736 

Verwendung  der  Theorie      .    744 
Die  Stabilität  der  Atmosphäre    748 
Berechnung   der  Lufttempe- 
ratur   aus     den    Windge- 
schwindigkeiten   ....     749 
Die  Verhältnisse  in  grösseren 
Höhen    bei   Cyklonen  und 

Anticyklonen 753 

Die  Verhältnisse  in  der  Um- 
gebung eines  horizontalen 

Luftstromes 754 

Die  Entstehung  von  Cyklonen 

und  Anticyklonen     .     .     .     755 
Die    grosse     atmosphärische 
Cirkulation 759 

XII.  Einwirkung  des  Windes 

auf  die  feste  Erdober- 
fläche       763 

Allgemeines 763 

Steppen  und  Wüsten    .     .     .  764 

Dünen  und  ihre  Wanderung  768 

Staubfölle 770 


Seite 

XIIL  Die  Gewitter 772 

Elektrische    Natur    der    Ge- 
witter-Erscheinungen    .     .  772 
Verschiedene      Arten       von 

Blitzen 773 

Der  Donner 777 

Wirkungen  des  Blitzes     .     .  778 

Blitzschaden  an  Gebäuden    .  781 

Blitzableiter 782 

Elmsfeuer 784 

Die  meteorologischen  Erschei- 
nungen bei  Gewittern  .    .  787 
Die  Gewitterperioden   .     .     .  789 
Entstehung  der  Gewitter  .     .  793 
Wärmegewitter  und  Wirbel- 
gewitter      794 

Fortpflanzungsgeschwindig- 
keit der  Gewitter      ...  798 

Hagelwetter 801 

Wetterschiessen  .....  805 
Wasserhosen,  Tromben   und 

Tornados       806 

XIV.  Meteorologische      Aku- 
stik       S12 

Beugung  der  Schallwellen    .  812 
Übergang  des   Schalles   von 
einem     Medium     in     ein 

anderes 812 

Echo 815 

Folgen  der  Schallbrechung  .  816 
Fortpflanzung  des  Schalles  in 

bewegter  Luft           .    .    .  818 
Spontane  Schallerschei- 
nungen       819 

Die   Tiuft-    und    Schallwelle 
nach    dem   Krakatau-Aus- 

bruch 821 

XV.  Meteorologische  Optik  823 
Die  scheinbare    Gestalt    des 

Himmelsgewölbes      .     .    .  823 

Atmosphärische  Refraktion  .  825 
Das  Funkeln  und  Zittern  der 

Sterne 829 

Kimmung,  Luftspiegelung     .  832 

Der  Regenbogen  ....  835 
Ringe  und  Kreuze  um  Sonne 

und  Mond 843 


VI 


Iiili;dtyv(.'rz('icliiiis. 


Seite 

Höfe 847 

Glorie,  Brockengespenst    .     .  848 

Irisierende  Wolken  ....  850 

Die  Tageshelle 852 

Die  Dämmerungserschei- 

nungen 856 

Die  ungewöhnlichen  Dämme- 
rungserscheinungen    nach 
dem  Krakatau-Ausbruch    .  863 
Polarisation     des     Himmels- 
lichtes         868 

Das  Alpenglühen      ....  874 
Die  Intensität  des  Himmels- 
lichtes        876 

Irrlichter  oder  Irrwische  .     .  878 

XVI.  Atmosphärische      Elek- 
trizität   881 

Methoden 881 

Geographische  Verteilung  der 
Luftelektrizität     ....    885 

Ladung  der  Wolken  und  des 
Niederschlages  .     .     .     .     .     887 

Jährliche  und  tägliche 
Schwankung  der  Luftelek- 
trizität      888 

Der  Einfluss  des  Mondes  auf 
meteorologische  Erschei- 
nungen      891 

Mondperioden  bei  der  Luft- 
elektrizität    892 

Zerstreuung  der  Elektrizität     894 

Abhängigkeit  der  Zerstreuung 
von  äusseren  Umständen       897 

Neuere  Versuche  über  Elek- 
trizitätszerstreuung  .     .     .    899 


XVIL  Die  Polarlichter 


902 


Allgemeines 902 

Die  Formen  des  Polarlichtes  905 

Das  Spektrum  des  Nordlichtes  909 

Die  Höhe  des  Nordlichtes     .  911 


Soitii 
Die  jährliche    und    tägliche 
Schwankung     der     Polar- 
lichter           .     .     912 

Andere  Perioden  der  Polar- 
lichter       914 

Beziehungen  der  Polarlichter 
zum  Erdmagnetismus  und 
zur  Luftelektrizität  .    .     .    917 
Theoretisches  über  die  Polar- 
lichter        920 

Einfluss       des      Strahlungs- 
druckes auf  den  Luftdruck  .    921 
Anwendung   der  Strahlungs- 
drucktheorie auf  den  neuen 
Stern  im  Perseus       .     .     .     923 

XVIIL  Der  Erdmagnetismus    .  926  ^ 
Die  horizontale  Eichtung  der 
frei  aufgehängten  Magnet- 
nadel (Deklination)  .     .     .  926 

Die  Inklination 934 

Die  Horizontalintensität  .     .  941 
Beobachtungen  auf  dem  Meer  945 
Magnetische        Variationsin- 
strumente       945 

Tägliche    Schwankung     des 

Erdmagnetismus   ....  951 

Die  jährliche  Periode  .     .     .  962 

Die  magnetischen  Störungen  983 

Die  nahezu  26-tägige  Periode  968 

MagnetischeElementarwellen  969 
Einfluss  des  Mondes   auf  die 

Magnetnadel 971 

Theorien  des  Erdmagnetismus  972 
Neuere  Untersuchungen    .     .  973 
Landesvermessungen     .     .     .  978 
Elektrische  Strömungen 
zwischen    Erde     und     At- 
mosphäre        981 

Magnetische  Wirkungen  des 
Sonnen-  und  des  Erd- 
körpers       983 

Erdströme 984 


Personenregister 

Sachregister 

Berichtigungen 


991 
1000 

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Berichtigungen. 


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38 
51 
53 

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Zu  Teil  I. 

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„       100 

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„       Schwankung 


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„    Lichtjahren 
„    unbekannte 
„    Achse  der  Bahn 
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„    Intensität 
„     Schwankung  (Ampli- 
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„  594  „  15  V.  oben 

„  598  .,  16  „  „ 

„  616  „   9  „  „ 

„  620  „  13  V.  unten 

„  632  „   9  „   „ 

„  633  „   5  „   „ 

„  648  „  15  „   „ 

„  659  „  11  „   „ 

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„  666  „   3  „   „ 

„  683  „  13  „  oben 


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Berichtigungen. 

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Teil  II. 

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April— Sept. 

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schwindigkeit 

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bey 

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Tafel  II 

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Tafel  3 

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Regen 

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Niederschlag 

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Sek.2 

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abzusteuern 

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abzusteuern  oder 
bei  dem  Winde 
liegen 

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530.100  = 

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M  e  i  n  a  r  d  a  s 

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Meinardus 

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Waltershausen, 

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Waltershausen, 

Sartorius  v.  948 

Sartorius   v.    143. 

948. 

Physik  der  Atmosphäre. 
I.  Bestandteile  der  Luft. 

Zusammensetzung  der  Atmosphäre.  Wie  die  meisten  grösseren 
Himmelskörper  ist  die  Erde  von  einer  nach  aussen  allmählich  abneh- 
menden Gashülle,  der  Atmosphäre,  umgeben.  Die  darin  enthaltenen 
Gase  wurden  ursprünglich  als  ein  einheitlicher  Körper,  die  Luft,  ange- 
sehen, welche  von  Aristoteles  an  als  eines  der  vier  Elemente  aufge- 
fasst  wurde.  Dieser  Vorstellung  machte  die  Entdeckung  des  Sauer- 
stoffs in  der  Luft  ein  Ende,  indem  dadurch  erwiesen  wurde,  dass  in  der 
Luft  wenigstens  zwei  elementare  Gase,  Sauerstoff  und  Stickstoff,  sich 
befinden.  Ausserdem  enthält,  wie  man  schon  lange  wusste,  die  Luft 
zwei  chemische  Verbindungen,  nämlich  Wasserdampf  und  Kohlensäure. 
Diese  sind  relativ  leicht  aus  der  Luft  zu  entfernen,  durch  chemische 
Absorptionsmittel,  nämlich  Kali,  Natron  oder  Natronkalk  für  die  Kohlen- 
säure und  Chlorcalcium,  Schwefelsäure  oder  Phosphorsäureanhydrid  für 
den  Wasserdampf.  Deshalb  wurden  diese  Verbindungen  nicht  als  eigent- 
liche Bestandteile  der  Luft  betrachtet,  was  auch  in  physikalischer  Bezie- 
hung berechtigt  erscheint,  da  sie  auch  in  dieser  Hinsicht  recht  ab- 
weichende Eigenschaften  von  den  übrigen  Bestandteilen  zeigen. 

So  lagen  die  Verhältnisse  bis  vor  wenigen  Jahren  (1894),  als  Ramsay 
und  Lord  Rayleigh  durch  die  verschiedene  Dichte  des  chemisch  (aus 
Stickstoffoxydul,  Stickstoffoxyd,  Chlorammonium,  Ammoniumnitrit  oder 
Ammoniumnitrat)  und  des  aus  der  Luft  durch  Wegnahme  des-  Sauer- 
stoffs (mittels  rotglühenden  Kupfers  oder  Eisens)  bereiteten  Stickstoffs 
zur  Vermutung  geführt  wurden,  dass  ein  fremder  Körper  im  sogenannten 
Luftstickstoff  enthalten  sei.  Der  Unterschied  der  specifischen  Gewichte 
war  nicht  geringer  als  etwa  0,5  Proz.,   und  zwar  war   der  Luftstickstoff 


474  l'hysik  der  Atmosphäre. 

schwerer.  Das  fremde  Gas  musste  also  schwerer  als  Stickstoff  sein.  Durcli 
Leitung  des  Luftstickstoffs  über  stark  rotglühendes  Magnesiumpulver, 
welches  Stickstoff  (und  Sauerstoff)  absorbiert,  kann  man  diesen  Stoff  aus 
der  Mischung  ausscheiden  und  erhält  so  als  Rückstand  ein  farbloses 
Gas,  das  man  Argon  genannt  hat,  und  welches  1,42  mal  schwerer  als 
Stickstoff  ist. 

Seitdem  haben  hauptsächlich  Ramsay  und  seine  Mitarbeiter  er- 
wiesen, dass  das  so  bereitete  Argon  kein  einheitlicher  Körper  ist,  son- 
dern etwa  0,2  Proz.  andere  Gase  enthält.  Dieselben  sind  Neon,  He- 
lium, Krypton  und  Xenon  (in  den  Mengen  1,5.1 0-^  1,5.10-^  10-^  bezw. 
5.10""^  Vol.-Teile  der  Luft)  und  spielen  keine  nennenswerte  Rolle. 

Die  Zusammensetzung  der  Luft  ist  nach  diesen  Untersuchungen: 

Stickstoff  .    .    .    78,16  Volums-Proz.    75,60  Gewichts-Proz. 

Sauerstoff.    .    .    20,90        „         „        23,10 

Argon  u.  s.  w.    .       0,94        „  .,  1,30  „  „ 

100,00        „  „       100,00 

Masse  der  Atmosphäre.  Die  Gase  der  Atmosphäre  wiegen  ebenso- 
viel wie  eine  76  cm  hohe  Quecksilbersäule  von  derselben  Grundfläclio 
(und  bei  0**  C).  Da  das  spezifische  Gewicht  des  Quecksilbers  (bei  0^  C.) 
13,6  beträgt,  so  wiegt  eine  Quecksilbersäule  von  76  cm  Höhe  und  1  cm- 
Querschnitt  76.13,6  =  1033,3  g.  Das  Gewicht  der  Luftmasse  übt  dem- 
nach einen  Druck  von  1,0333  kg  auf  jeden  cm^,  oder  10,333  Meter- 
tonnen auf  jeden  Quadratmeter  der  Erdoberfläche  aus. 

Die  Erdoberfläche  besitzt  weiter  die  Grösse  von  Ajcr^  m^,  w^enn  r 
die  Länge  des  Erdhalbmessers  in  Meter  angiebt.  Ausgerechnet  giebt 
dies  5,097.10^^  m-^,  wonach  das  Gewicht  der  Luftmasse  5,27.10'''  Meter- 
tonnen ausmacht. 

Da  das  Totalgewicht  der  Erde  (mit  dem  spezifischen  Gewicht  5,53) 
5,985.10^^  Metertonnen  ausmacht,  so  beträgt  die  Atmosphäre  nur  den 
1136000.  Teil  der  ganzen  Erdmasse.  Yerglichen  mit  der  Masse  des. 
Oceans,  13,4.10  ^^  Tonnen,  erreicht  die  Masse  des  Luftmeeres  nur  den 
252.  Teil  derjenigen  der  Hydrosphäre. 

Mit  Hilfe  der  oben  gegebenen  Daten  über  die  Zusammensetzung 
der  Luft,  sowie  aus  dem  mittleren  Kohlensäure-  und  Wasserdampfgehalt 
der  Luft  von  0,044  bezw.  0,28  Gew.-Proz.  ist  die  folgende  Tabelle  über 
die  Menge  der  verschiedenen  atmosphärischen  Gase  berechnet: 


I.  Beatandteile  der  liuft.  47; 

Totalmenge  Menge  pro  m^ 

Erdoberfläche 


Stickstoff.    . 
Sauerstoff    . 
Argon  11.  s.  w. 
Kohlensäure 
Wasserdarapf 


398,4.1013  Ton.  7812     kg 

121,6      „      „  2387      „ 

6,84     „      „  134,3   „ 

0,23     „      „  4,6   „ 

1,46     „      „  28,5   „  . 


Da  1  1  Luft  bei  760  mm  Druck,  0»  C.  und  45 »  Br.  am  Meeres- 
spiegel 1,293  g  wiegt,  so  würde  die  Atmosphäre,  wenn  sie  überall  diese 
Dichte  hätte,  eine  Höhe  von  7991  m  oder  rund  8000  m  besitzen.  Diese  Höhe, 
welche  „die  Höhe  der  homogenen  Atmosphäre"  genannt  wird,  giebt  eine 
Vorstellung  von  der  Luftmasse  und  erleichtert  viele  Rechnungen  durch 
ihre  Einführung. 

Wegen  der  Abnahme  der  Schwerkraft  mit  steigender  Entfernung 
von  der  Erdoberfläche  ist  eine  kleine  Korrektion  an  diesem  Wert  anzu- 
bringen. Nach  Ekholm  beträgt  der  korrigierte  Wert  8010  m. 

Zu  dieser  Korrektion  ist  bei  der  Berechnung  der  Masse  der  Luft 
'nach  eine,  die  etwa  den  doppelten  Betrag  der  letztgenannten  erreicht, 
wegen  der  konischen  Erweiterung  einer  vertikalen  Luftsäule  nach  oben 
hinzuzufügen.  Weiter  ist  dabei  zu  beachten,  dass  der  mittlere  Baro- 
inoterdruck  an  der  Meeresoberfläche  758  mm  (nicht  760  mm)  beträgt, 
und  dass  das  Luftmeer  über  der  festen  Erdoberfläche  nicht  bis  zum 
Meeresniveau  hinunterreicht.  Der  gesamte  Einfluss  aller  genannten 
Imstande  bewirkt  eine  Verminderung  in  der  oben  berechneten  Total- 
menge von  Stickstoff,  Sauerstoff,  Argon  und  Kohlensäure  um  etwa 
1,8  Proz. 

Chemische  Eigentümlichkeiten  der  atmosphärischen  Gase. 
Der  Luftsauerstoff.  Es  ist  auffallend,  dass  die  Gase  der  Luft,  wenn 
man  Sauerstoff  ausnimmt,  durch  ihren  Mangel  an  chemischer  Reaktions- 
fähigkeit sich  auszeichnen.  Besonders  gilt  dies  für  die  neuentdeckten 
Gase  Argon,  Neon,  Helium  u.  s.  w.,  welche  überhaupt  nicht  mit  unseren 
Hilfsmitteln  in  Verbindungen  überzuführen  zu  sein  scheinen.  Auf  diese 
Weise  ist  es  verständlich,  dass  diese  Gase  nicht  von  der  festen  Erd- 
kruste aufgenommen  worden  sind.  Dagegen  könnte  man  wohl  meinen, 
dass  der  Sauerstoff  der  Luft,  welcher  sehr  leicht  in  feste  Verbindungen 
eingeht  und  thatsächlich  bei  Verwitterung  von  verschiedenen  Mineralien, 
wie  Schwefelmetallen,  besonders  Pyrit  (Schwefeleisen),  und  Eisenoxydul- 
verbindungen (vgl.  S.  342)  verbraucht  wird,    eigentlich  hätte   im  Laufe 


47()  Physik  der  Atmosphäre. 

der  Zeit  aus  <lor  Atmosphäre  verschwinden  müssen.  Dieser  Umstand 
legt  die  Frage  nahe,  ob  nicht  Sauerstoff  stetig  neuproduziert  wird.  Nun 
ist  es  wohlbekannt,  dass  die  Pflanzen  aus  Kohlensäure  Kohlenstoff  aus- 
scheiden und  freien  Sauerstoff  an  die  Atmosphäre  abgeben.  Der  so  produ- 
zierte Kohlenstoff  wird  allmählich  abgelagert  und  findet  sich  in  den 
Torfablagerungen  bezw.  Braun-  und  Steinkohlenflötzen  wieder.  Prof. 
Koene  in  Brüssel  hat  zuerst  (1856)  die  Aufmerksamkeit  darauf  gerichtet, 
dass  die  fossile  Kohle  der  Erde  eine  solche  Masse  besitzt,  dass  sie  bei 
einer  eventuellen  Verbrennung  wohl  den  Sauerstoff  der  Luft  konsumieren 
würde.  Man  ist  wohl  berechtigt,  wegen  dieses  Umstandes  zu  vermuten, 
dass  aller  Sauerstoff  in  der  Luft  durch  die  Wirkung  des  Pflanzenlebens  in 
vergangenen  geologischen  Epochen  entstanden  ist.  Kohlensäure  (und  Wasser) 
werden  stetig  aus  dem  Erdinneren  zur  Atmosphäre  (vermittelst  der  Vul- 
kane) befördert.  Der  Wasserdampf  kondensiert  sich  und  geht  ins  Welt- 
meer oder  wird  bei  der  Verwitterung  (zur  Kaolinbildung)  verbraucht. 
Ebenso  wird  die  Kohlensäure  teilweise  zur  Verwitterung  verbraucht, 
teilweise  durch  die  Pflanzen  in  Kohle  und  atmosphärischen  Sauerstoff 
verwandelt.  Der  Sauerstoff  wird  folglich  immer  neuproduciert  und  auf 
diese  Weise  ist  sein  jetziges  Vorkommen  in  der  Atmosphäre,  trotz  des 
stetigen  Verbrauchs,  erklärlich. 

In  jüngerer  Zeit  ist  diese  Frage  wiederholt  Gegenstand  der  Dis- 
kussion gewesen,  wozu  besonders  die  Vorträge  von  Lord  Kelvin  bei- 
getragen haben.  Zuerst  sprach  er  die  Ansicht  aus,  welche  Koene  ver- 
treten hatte,'  dass  aller  Sauerstoff  in  der  Atmosphäre  von  Pflanzen 
produziert  sei.  Später  aber  fand  er  die  Menge  Kohle,  0,9  Tonnen 
pro  Quadratmeter  Erdoberfläche,  welche  in  der  Erdkruste  abgelagert 
sein  müsste,  um  dem  atmosphärischen  Sauerstoff,  welcher  2,4  Tonnen 
pro  m^  beträgt,  zu  entsprechen,  all  zu  gross,  um  durch  die  geologischen 
Befunde  bestätigt  zu  werden.  Er  äusserte  sich  folglich  dahin,  dass 
wahrscheinlicherweise  in  der  ursprünglichen  Atmosphäre  der  Erde  Sauer- 
stoff sich  befand. 

Die  Koene  sehe  Ansicht,  welche  in  mehreren  Abhandlungen  von 
Phipson  verteidigt  wurde,  ist  neuerdings  von  Stevenson  zum  Gegen- 
stand einer  eingehenden  Untersuchung  gemacht  worden.  Nach  seiner 
Schätzung  befinden  sich  in  der  Erdkruste  in  sedimentären  Schichten  so 
grosse  Kohlenmengen,  dass  sie  wohl  bei  ihrer  Verbrennung  zu  Kohlen- 
säure die  ganze  Sauerstoffmenge  der  Luft  verbrauchen  würden.  Ausser- 
dem sind  in  diesen  Schichten  grosse  Mengen  von  Schwefelmetallen,  be- 
sonders Pyriten,   eingeschlossen,   welche  ohne  Zweifel   durch  die  redu- 


I.  Bestandteile  der  Luft.  477 

zierende  Wirkung  von  organischen  Substanzen  entstanden  sind.  Diese 
Mengen  wären  schon  an  und  für  sich  genügend,  um  bei  ihrer  Oxydation 
den  Luftsauerstoff  zu  verbrauchen,  ein  Schluss  zu^  dem  Ebelmen  früher 
gekommen  war. 

Phipson  hat  zu  dieser  Diskussion,  die  wegen  der  mangelhaften 
geologischen  Daten  noch  nicht  als  abgeschlossen  betrachtet  werden  darf, 
einen  interessanten  Beitrag  geliefert,  indem  er  zeigte,  dass  Pflanzen, 
sowohl  niedere,  wie  Bakterien,  als  höhere,  wie  Ackerwinde,  in  einer  sauer- 
stofffreien Atmosphäre  gedeihen  können.  Er  setzte  nämlich  Pflanzen  in 
eine  Atmosphäre,  die  ausser  etwas  Kohlensäure  nur  Stickstoff  oder 
Wasserstoft"  enthielt.  Es  zeigte  sich  dabei,  dass  Sauerstoff  entwickelt 
wurde,  welcher  den  anwesenden  Wasserstoff  zu  Wasser  oxydierte.  Wenn 
es  auch,  nach  Ansicht  der  meisten  Pflanzenphysiologen  unwahrschein- 
lich ist,  dass  die  Pflanzen  W^asserstoflf  und  Sauerstoff  zu  Wasser  um- 
>rtzen,  so  erfolgt  dieser  Prozess  von  selbst  durch  elektrische  Entladungen 
in  der  Atmosphäre.  Wenn  folglich  die  Erdatmosphäre  anfänglich  Stick- 
stoff und  Wasserstoff  neben  Kohlensäure  enthalten  hat,  so  konnte  darin 
sehr  wohl  ein  Pflanzenleben  entstehen,  welches  Sauerstoff'  entwickelte, 
der  zuerst  den  Wasserstoff  allmählich  zu  Wasser  umsetzte,  um  nachher 
als  freier  Sauerstoff  in  der  Luft  zu  verbleiben.  Da  die  Sonne  in  ihrer 
Atmosphäre  grosse  Mengen  von  Wasserstoff  enthält,  ist  es  nicht  un- 
wahrscheinlich, dass  dieses  Gas  in  grosser  Menge  in  der  ursprünglichen 
Erdatmosphäre  vorhanden  gewesen  ist.  Vielleicht  kamen  auch  in  der 
ursprünglichen  Erdatmosphäre  Kohlenwasserstoffe  vor,  welche  in  der 
Atmosphäre  der  Kometen  eine  grosse  Rolle  spielen.  Diese  Kohlenwasser- 
stoffe werden  dann  demselben  Schicksal  anheimgefallen  sein,  wie  der 
Wasserstoff'. 

Die  Kohlensäure  der  Luft.  Ein  anderes  Gas,  dessen. Menge  in 
der  Atmosphäre  in  geologischer  Zeit  wahrscheinlich  grossen  Veränderungen 
unterworfen  gewesen  ist,  ist  die  Kohlensäure.  Alle  Kohlenbecken  und 
noch  mehr  alle  Kalksteine  in  den  sedimentären  Schichten  haben  ihre 
Kohle  aus  der  Atmosphäre  erhalten.  Nach  Högboms  Schätzung  ist 
auf  diese  Weise  wenigstens  so  viel  Kohlensäure  der  Atmosphäre  ent- 
zogen worden,  als  allein  einen  Druck  von  etwa  zehn  Atmosphären 
ausüben  würde.  Es  wäre  aber  sehr  verfehlt,  wie  früher  häufig  ge- 
schah, anzunehmen,  dass  diese  grosse  Kohlensäuremenge  auf  einmal  in 
der  Atmosphäre  vorhanden  gewesen  wäre.  Vielmehr  ist  die  Kohlensäure 
allmählich  der  Luft  zugeführt  worden  und  ebenso  allmählich  daraus  aus- 
geschieden.    Die  wichtigste  Kohlensäurequelle  findet  sich  in  den  vul- 


478  Physik  der  Atmosphäre. 

kanischen  Exhalationen;  es  ist  sehr  schwer  zu  schätzen,  wie  viel  Kohlen- 
säure durch  den  Vulkanismus  der  Atmosphäre  pro  Jahr  zugeführt  wird. 
Nehmen  wir  aber  an,  dass  in  historischer  Zeit  die  Zu-  und  Abfuhr  dieses 
Gases  einander  Gleichgewicht  gehalten  haben,  so  ist  dieses  Gleich- 
gewicht in  letzter  Zeit  stark  gestört,  indem  jährlich  etwa  700  Millionen 
Tonnen  Kohle  (1900)  verbrannt  werden.  Da  aus  3  g  Kohle  (und  8  g 
Sauerstoff)  11g  Kohlensäure  entstehen,  so  entspricht  dies  etwa  dem  900. 
Teil  der  Kohlensäuremenge  in  der  Atmosphäre.  Wenn  also  die  übrigen 
Prozesse  einander  in  Gleichgewicht  halten,  so  wird  die  Kohlensäuremenge 
in  der  Atmosphäre  schnell  zunehmen.  Dabei  wirkt  wohl  das  Weltmeer 
als  ein  grosser  Regulator  (nach  Schloesing),  indem  etwa  83  Proz.  von 
der  neugebildeten  Kohlensäuremenge  darin  absorbiert  werden,  während 
%  in  der  Atmosphäre  zurückbleibt.  Die  Kohlensäuremenge  in  der  Luft 
würde  demnach  in  54  Jahren  um  etwa  ein  Hundertstel  zunehmen,  was 
wohl  durch  genaue  Analysen  festgestellt  werden  könnte. 

Man  hat  die  Befürchtung  ausgesprochen,  dass  die  schnell  steigende 
Kohlenverbrennung  —  sie  nimmt  etwa  auf  das  Doppelte  in  zwanzig  Jahren 
zu  —  den  Sauerstoff  der  Luft  verbrauchen  würde,  was  für  das  ani- 
malische Leben  unzuträglich  wäre.  Indessen  ist  diese  Befürchtung  un- 
begründet. Steigt  nämlich  die  Kohlensäuremenge  der  Luft,  so  nimmt 
auch  die  Assimilation  der  Pflanzen  zu,  und  wahrscheinlicherweise  nahezu 
proportional  der  Kohlensäuremenge  (nach Untersuchungen  von  Godle  wski, 
vgl.  S.  343).  Lieb  ig  schätzte  die  Menge  von  Trockensubstanz,  welche 
durch  die  Vegetation  auf  einem  Hektar  Wald,  Wiese  oder  Acker  jähr- 
lich ausgeschieden  wird.  Er  kam  zu  dem  Resultat,  dass  in  Mitteleuropa 
die  Ausscheidung  in  den  drei  erwähnten  Fällen  von  gleicher  Grössen- 
ordnung  ist  und  zwar  2,5  Tonnen  pro  Hektar  entspricht.  Von  dieser 
Trockensubstanz  (hauptsächlich  Cellulose)  sind  etwa  40  Proz.  Kohle,  folg- 
lich ist  die  Kohlenausscheidung  durch  Pflanzen  jährlich  1  Tonne  pro 
Hektar.  Legt  man  diese  Ziffer  für  die  ganze  feste  Erdkruste  zu  Grunde, 
indem  an  vielen  Stellen  die  Vegetation  steriler,  dagegen  an  anderen,  in 
den  Tropen,  viel  üppiger  ist,  so  erhält  man  für  die  ganze  Erde  eine  jähr- 
liche Kohlenstoffproduktion  von  nicht  weniger  als  13000  Millionen  Tonnen. 

Man  ersieht  aus  diesen  Daten,  verglichen  mit  dem  Kohlensäuregc- 
halt  der  Luft,  welche  etwa  630000  Millionen  Tonnen  Kohle  entspricht, 
dass  der  jährliche  Umsatz  durch  die  Vegetation  etwa  ein  Fünfzigstel  und 
durch  die  Verbrennung  etwa  ein  Neunhundertstel  der  ganzen  jetzigen 
Kohlensäuremenge  der  Luft  ausmacht.  Eine  relativ  geringe  Zunahme- 
der  Vegetation  vermag  demnach  das  durch  die  wachsende  Verbrennung 


I.  Bestandteile  der  Luft.  479 


der  Kohle  gestörte  Gleichgewicht  wiederherzustellen.  Und  es  ist  kein 
Zweifel,  dass  dies  auch  geschehen  würde.  Denn  die  Zunahme  der  Kohlen- 
säure in  der  Atmosphäre  würde  die  Temperatur  des  Erdbodens  erhöhen 
und  eine  Ausgleichung  der  Temperaturextreme  herbeiführen,  was  offen- 
bar für  die  Vegetation  stark  förderlich  wäre.  Es  würde  sich  also  das 
Gleichgewicht  in  Bezug  auf  den  Luftsauerstoflf  nur  äusserst  wenig  ver- 
schieben. 

Auf  der  anderen  Seite  ersieht  man  aus  diesen  Daten,  dass,  wenn 
auch  das  Meer  als  ein  grosser  Regulator  von  fünf  mal  so  grosser  Kapazi- 
tät wie  diejenige  der  Atmosphäre  wirkt,  doch  leicht  Störungen  in  der 
Kohlensäurebilanz  eintreten  können,  und  dass  die  Kohlensäureproduktion 
durch  Verbrennung  von  fossilen  Kohlen  in  der  Länge  der  Zeit  —  sagen 
wir  in  1000  Jahren  —  den  Kohlensäuregehalt  der  Luft  merklich,  um 
etwa  ein  Fünftel  bei  dem  jetzigen  Verbrauch,  erhöhen  wird. 

Die  wichtigste  Kohlensäurequelle  ist  in  der  vulkanischen  Thätigkeit 
zu  suchen.  Diese  ist  nun  in  verschiedenen  geologischen  Zeiten  stark 
wechselnd  gewesen,  und  dieser  Umstand  giebt,  nach  Högbom,  einen 
triftigen  Grund  zur  Annahme,  dass  die  Kohlensäuremenge  in  der  Luft 
in  verschiedenen  Zeiten  stark  veränderlich  gewesen  ist.  Auf  einen  sehr 
hohen  Kohlensäuregehalt  der  Luft  deutet  die  Bildung  von  Oolithen,  die 
in  mehreren  älteren  geologischen  Formationen  vorkommen.  Dieselben 
entstanden  wahrscheinlich  durch  Ausscheidung  aus  einer  gesättigten 
Lösung  von  Calciumbikarbonat  ohne  Vermittelung  von  kalkabscheidenden 
Organismen.  Es  ist  demnach  in  jenen  Zeiten  die  Luft  so  voll  Kohlen- 
säure gewesen,  dass  die  Verwitterung  genug  Calciumbikarbonat  produ- 
zieren konnte,  um  das  Meereswasser  wenigstens  an  einigen  Stellen  mit 
diesem  Salz  gesättigt  zu  erhalten.  Auch  die  in  einigen  geologischen 
Zeiten  ausserordentlich  üppige  Vegetation  macht  einen  gleichzeitigen 
hohen  Kohlensäuregehalt  der  Luft  wahrscheinlich. 

Eine  vielleicht  nicht  unbedeutende,  aber  schwer  zu  schätzende, 
Kohlensäurequelle  der  Erde  liegt  in  der  Verbrennung  von  kohlenstoff- 
haltigen Körpern  meteoritischen  Ursprunges. 

Die  Kohlensäure,  und  in  etwas  geringerem  Grade  der  Wasserdampf, 
ist  als  die  eigentliche  „Lebensluft"  anzusehen,  während  man  ursprüng- 
lich diesen  Namen  dem  Sauerstoff  vorbehielt,  weil  derselbe  für  die 
Atmung  der  Tiere  unentbehrlich  ist. 

Die  örtliche  Veränderung  des  Gehalts  an  Sauerstoff  und 
Kohlensäure  in  der  Luft.  Von  diesen  wichtigen  Gasen  kommt  das 
eine,  der  Sauerstoff,  in  nahezu  konstanter  Menge  in  der  Luft  vor.     Die 


480  Physik  der  Atmosphäre. 

Veränderungen,  welche  man  in  dieser  hat  nachweisen  wollen  —  man 
hat  z.  B.  zu  finden  geglaubt,  dass  in  München  Nordwind  mehr  Sauer- 
stofi"  mitführt  als  Südwind,  oder  dass  der  SauerstofFgehalt  bei  barometri- 
schen Minimis  grösser  ist  als  bei  Maximis  (in  Amerika)  —  sind  nicht  als 
sichergestellt  anzusehen.  Auch  mit  der  Höhe  über  der  Erdoberfläche 
ändert  sich  der  Sauerstoffgehalt  nicht  merklich,  obgleich  man  theore- 
tische Gründe  dies  zu  vermuten  schon  hätte  (vgl.  weiter  unten).  Nacli 
Millers  Analysen  von  Luftproben,  die  in  verschiedenen  Höhen  von 
Welsh  bei  Ballonfahrten  genommen  waren,  war  der  Sauerstoffgehalt 
20,92  Proz.  an  der  Erdoberfläche  (London),  20,89  in  4100  m,  20,75  in 
5490  und  20,89  in  5680  m  Höhe. 

Von  203  Analysen  von  an  der  Erdoberfläche  genommenen  Luftproben 
ergab  das  Mittel  20,93  Vol.-Proz.  Sauerstoff.  Die  Extreme  waren  21,00 
(Tromsö)  und  20,86  (Para,  Brasilien).  Man  ist  daher  wohl  berechtigt  zu 
sagen,  dass  überall  der  Sauerstoffgehalt  der  Luft  der  gleiche  ist. 

Dagegen  scheint  der  Kohlensäuregehalt  der  Luft  recht  veränderlich 
zu  sein.  Er  erreicht  für  das  Festland  etwa  0,03  Vol.-Proz.  oder  0,044 
Gew.-Proz.  Er  ist  am  Tage  etwas  geringer  als  in  der  Nacht,  Armstrong 
fand  z.  B.  0,0296  bezw.  0,033  Vol.-Proz.  Dies  beruht  auf  der  Wirkung  der 
Vegetation,  welche  am  Tage  Kohlensäure  verbraucht,  in  der  Nacht  da- 
gegen produziert. 

Wegen  des  Kohlensäureverbrauches  der  Vegetation  ist  auch  an  Plätzen 
mit  reicherem  Pflanzenwuchs  der  Kohlensäuregehalt  geringer  im  Sommer 
als  im  Winter.  Das  Maximum  des  Kohlensäuregehalts  tritt  daselbst 
zufolge  der  Vermoderung  von  Pflanzenteilen  im  Frühling  und  Herbst 
ein.  So  z.  B.  fand  Palmquist  in  der  Nähe  von  Stockholm  für  Juli 
0,029,  für  Dez.— Febr.  0,032,  für  November  und  April  0,034  Vol.-Proz. 
Vegetationslose  Plätze  zeigen  dagegen  keinen  ähnlichen  jährlichen  Gang 
des  Kohlensäuregehalts. 

Diese  Schwankungen  dürften  auf  die  niedrigsten  Luftschichten 
begrenzt  sein.  Der  Kohlensäuregehalt  über  dem  Meer  ist  häufig 
viel  niedriger  gefunden,  so  z.  B.  ist  0,014  bis  0,020  Vol.-Proz.  mehrere 
Mal  an  der  Westküste  von  Nordafrika  und  an  der  Ostküste  von  Brasilien 
beobachtet  worden.  Abwechselnd  damit  kommen  auch  Werte  von  0,028 
bis  0,030  vor.  Im  Mittel  fand  Troili-Pettersson  für  den  Süd-Atlanten 
0,0232.  Etwas  höhere  Werte  gab  die  Landluft  aus  Patagonien,  im 
Mittel  0,027,  wechselnd  zwischen  0,0225  und  0,032,  und  einen  noch  höheren 
Wert,  0,0305,  gab  die  Luft  vom  Nord -Atlanten  und  dem  Eismeer. 
Zwischen   Island    und    Grönland    fand    Nansen    auch    einen    abnorm 


I 


l;  Bestandteile  der  Luft.  481 


niedrigen  Wert  0,025  (min.  0,009),  während  oben  auf  dem  grönlän- 
dischen Inlandeis  die  Ziffern  normal  (0,031)  waren.  Die  abnorm  nie- 
I ritten  Zahlen,  welche  man  auf  dem  Meer  und  in  dessen  Nähe 
fanden  hat,  sind  ohne  Zweifel  von  einer  Aufnahme  von  Kohlensäure  in 
(las  Meer  verursacht  (dieses  braucht  dabei,  wie  die  Temperaturangaben 
vom  Südatlanten,  23—27*^  C,  zeigen,  nicht  sehr  kühl  zu  sein).  Die 
dadurch  entstehende  Verarmung  der  niederen  Luftschichten  an  Kohlen- 
säure macht  sich  nur  so  lange  geltend,  als  keine  merklichen  vertikalen 
Bewegungen  in  der  Luft  vorkommen.  Deshalb  ist  wahrscheinlicherweise 
die  Ziffer  0,031—0,032  Vol.  Proz.,  welche  den  Landverhältnissen  ent- 
spricht, auch  für  die  mittleren  Verhältnisse  im  Luftmeer  giltig. 

Der  Gehalt  der  Luft  an  Kohlensäure  scheint  sich  auch  nicht  merk- 
lich mit  der  Höhe  über  der  Meeresoberfläche  zu  ändern.  Die  auf  Ballon- 
fahrten von  S.  A.  Andree  genommenen  Luftproben  zeigten  folgenden 
Kohlensäuregehalt : 


Höhe 

0 

380 

1200 

2370 

3200 

3830  m. 

Gehalt 

3,20 

4,18 

3,23 

3,17 

3,10 

3,37.10*. 

Abgesehen  von  dem  Wert  0,0418  Proz.  für  380  m  Höhe,  welcher  wohl 
zufälligen  Umständen  zuzuschreiben  ist,  stimmen  die  übrigen  Zahlen  sehr 
nahe  mit  dem  Mittelwert  0,0320,  welcher  für  die  Nähe  von  Stockholm 
gefunden  war. 

Müntz  fand  für  Pic  du  Midi  (2880  m)  0,0278  gegen  0,0282  in  einem 
Gebirgsthal  von  600  m  Höhe  in  den  Pyrenäen.  Andererseits  wurde  auf 
Grands  Mulets  (3050  m  am  Mont  Blanc)  0,0269  in  dem  2000  m  darunter 
liegenden  Chamounix  0,0262  Vol. -Proz.  gefunden.  Die  Unterschiede 
scheinen  rein  zufällig  zu  sein. 

Natürlicherweise  kann  die  Nachbarschaft  von  vulkanischer  oder  in- 
dustrieller Thätigkeit  den  Kohlensäuregehalt  der  Luft  bedeutend  erhöhen. 

Der  dritte  von  den  für  das  Leben  wichtigen  Luftbestandteilen  — 
der  Wasserdampf  — ,  schwankt  ausserordentlich  in  seiner  Menge  und  ist 
ein  so  wichtiger  klimiatischer  Faktor,  dass  er  unten  eine  eigene  Ab- 
teilung erhält. 

Weniger  hervortretende  Luftbestandteile.  In  ganz  ver- 
schwindender Menge  kommen  beinahe  alle  chemische  Elementarstoffe  in 
der  Luft  ebenso  wie  im  Meereswasser  vor.  Dies  beruht  darauf,  dass  bei 
der  Brandung  der  Wogen  kleine  Tröpfchen  vom  Meerwasser  in  der 
Luft    verstäubt    werden,    deren    Wasser    nachher    teilweise   verdampft. 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  31 


482  Physik  der  Atmosphäre. 

Dadurch  wird  beispielsweise  die  Anwesenheit  von  Brom  und  Jod  in  der 
Luft  verständlich. 

Unter  diesen  kleinen  Beimengungen  der  Luft  interessieren  die  hoi 
den  anderen  Himmelskörpern  so  wichtigen  Wasserstoff-  und  Kohlen- 
wasserstoffgase. Armand  Gautier  fand  in  100  Litern  Luft  17,5  bis 
24  cm^  Wasserstoff.  Dieser  Gehalt,  welcher  wahrscheinlich  von  vulkani- 
schen Exhalationen  stammt,  war  ziemlich  konstant.  Dagegen  kommen 
Kohlenwasserstoffe  in  der  Nähe  von  Städten  und  in  Wäldern  in  ziemlicli 
bedeutender  Menge  vor.  Dieser  Gehalt  geht  in  Berglandschaften  star]\ 
zurück,  bis  auf  2  cm^  in  100  Litern.  Noch  viel  geringer  war  er  bei  der 
Windrichtung  vom  Meere  auf  dem  Feuerturm  Koches  Douvres.  Die 
Kohlenwasserstoffe  sind  folglich  als  zufällige  Beimengungen  der  Atmo- 
sphäre anzusehen,  wogegen  der  Wasserstoff  vielleicht  als  ein  konstanter 
Bestandteil  der  Atmosphäre  zu  erachten  ist. 

Ammoniak  scheint  auch  in  geringer  Menge,  etwa  1,4  mg  auf  100  m^ 
Luft,  in  die  Atmosphäre  einzugehen  (nach  Müntz  und  Aubin  für  Pic 
du  Midi).  In  der  Nähe  der  Städte  kann  diese  Zahl  viel  höher  steigen. 
Im  Parc  Montsouris  erreicht  sie  im  Mittel  2  mg  auf  100  m^  Luft. 

Unter  dem  Einflüsse  elektrischer  Entladungen  in  der  Luft  entstehen 
kleine  Mengen  von  Nitriten  und  Nitraten  (vonNHg).  Diese  Salze  schweben 
wahrscheinlicherweise  in  Form  von  Staub  in  der  Luft.  Sie  werden  durch 
Eegen  teilweise  niedergeschlagen,  sodass  Eegenwasser  (in  Mitteleuropa) 
nach  Boussingault  etwa  2,5  g  pro  Kubikmeter  enthält.  Dieser  Gehalt 
ist  bedeutend  grösser  in  den  Tropen  als  in  den  gemässigten  Zonen.  Bis- 
weilen ist  die  Salpetersäure  frei,  nicht  an  Ammoniak  gebunden. 

Ein  Produkt  der  Verbrennung  von  Steinkohlen,  welche  immer  etwas 
Schwefeleisen  enthalten,  ist  die  in  der  Luft  vorkommende  Schwefelsäure 
und  schweflige  Säure,  welche  in  nicht  unbedeutenden  Mengen  in  der 
Nähe  von  Städten  und  anderen  Industriecentren  vorkommen.  Sie  machen 
sich  häufig  für  die  Vegetation  der  Umgebung  sowie  für  die  Gebäude 
und  Standbilder  der  Städte  in  unliebsamer  Weise  bemerklich. 

Als  eine  besondere  Modifikation  des  Sauerstoffs  ist  das  Ozon  anzu- 
sehen, welches  in  geringer  Menge  in  der  Luft  vorkommt.  Das  Ozon 
scheint  zu  seiner  Bildung  Sonnenschein  zu  verlangen.  Es  kommt  des- 
halb in  grösserer  Menge  im  Sommer,  besonders  Vorsommer,  als  im  Winter 
vor.  Aus  ebendemselben  Grunde  enthält  die  Gebirgsluft  relativ  viel  Ozon. 
So  z.  B.  enthielten  im  Aug.  und  Sept.  1896  100  m^  Luft  zu  Chamounix 
(1050  m)  und  Grands  Mulets  (3050  m)  3,7  bezw.  9,4  mg  Ozon,  während 
gleichzeitig  die  entsprechende  Ziffer  für  Montsouris  (Paris)  2,2  mg  er- 


I.  Bestandteile  der  Luft.  483 

roichte.  Für  diese  Stelle  gilt  als  mehrjähriges  Mittel  1,6  mg  pro  100  m^ 
i.uft  (1,9  mg  im  Sommer,  1,3  mg  Nov. — Jan.).  Ozon  entsteht  auch  bei 
Verwesung  von  harzartigen  Produkten  (in  Wäldern)  oder  bei  elektrischen 
Entladungen  in  Luft.  Das  Ozon  spielt  durch  seine  grosse  Oxydations- 
fähigkeit wahrscheinlich  eine  nicht  unbedeutende  Kolle  in  der  Natur. 
Es  wird  von  Vielen  als  (in  geringer  Menge)  sehr  nützlich  für  die  Ge- 
sundheit angesehen  (Gebirgs-  und  Wald-Kurorte). 

Durchsichtigkeit  der  Luft.  Es  ist  wohlbekannt,  dass  Gegen- 
stände, welche  in  grosser  Entfernung  vom  Auge  liegen,  um  so  kräftiger 
blaugefärbt  erscheinen,  je  grösser  ihre  Entfernung  ist.  Es  hat  den  An- 
schein, als  ob  in  der  Luft  ein  sehr  spärlich  vorkommender  blauer  Staub 
schwebt.  Dieser  Umstand  bedingt  die  sogenannte  Luftperspektive.  In 
der  That  schwebt  in  der  Luft  ein  äusserst  feiner  Staub,  welcher,  wie 
wir  unten  sehen  werden,  die  blauen  und  violetten  Strahlen  selektiv  re- 
flektiert. 

Es  ist  auch  wohlbekannt,  dass  die  Durchsichtigkeit  der  Luft  in  ver- 

edenen  Gegenden  und  zu  verschiedenen  Zeiten  höchst  verschieden 
Ist.  Am  grössten  ist  die  Durchsichtigkeit  in  der  reinen  Berg-  und  Polar- 
luft,  in  welcher  auch  sehr  entfernte  Bergkämme  den  Eindruck  machen, 
als  stünden  sie  dem  Beobachter  ganz  nahe.  Dagegen  ist  die  Luftper- 
spektive in  der  feuchten  Luft  über  England  sehr  stark  entwickelt,  sodass 
daselbst  eine  gute  Fernsicht  eine  Seltenheit  ist.  Am  Morgen  sind  auch 
entfernte  Gegenstände  viel  leichter  zu  sehen  als  später  am  Tag.  Dies 
beruht  darauf,  dass  die  Sonnenwirkung  aufsteigende  Luftbewegungen  ver- 
ursacht, welche  Staub  in  die  Luft  hinaufheben,  und  dass  die  erhitzte  Luft 
zittert.  Das  Gegenteil  trifft  im  allgemeinen  in  den  Nachtstunden  zu. 
Aus  eben  demselben  Grund  ist  die  Durchsichtigkeit  der  Luft  geringer 
in  den  heissen  wie  in  den  kühlen  Jahreszeiten. 

Hann  hebt  ausserdem  hervor,  dass  die  Luft  zufolge  von  Schlieren- 
bildung bei  ungleichmässiger  Temperatur  und  Feuchtigkeit  „optisch" 
trübe  sein  kann.  Dieser  Umstand  giebt  zum  Funkeln  der  Sterne  An- 
lass.  Das  Funkeln  von  künstlichen  Lichtpunkten  ist  grösser  am  Tag  als 
in  der  Nacht  (vgl.  weiter  unten). 

Man  hat  schon  lange  versucht,  die  Durchsichtigkeit  der  Luft  zu 
messen.  Saussure  verfuhr  folgendermaassen:  Er  malte  in  der  Mitte 
auf  zwei  weissen  Scheiben,  deren  Durchmesser  sich  wie  1:12  verhielten, 
zwei  schwarze  Kreise,  die  ein  Drittel  des  Durchmessers  der  Scheibe  in 
Anspmch  nahmen.  Stellte  man  dann  die  beiden  gleich  beleuchteten 
Scheiben  in  Entfernungen  auf,  die  sich  Avie  12:1  verhielten,  so  sollten 

31* 


4§4  Physik  der  Atmosphäre. 

Sie  dem  Auge  gleich  erscheinen,  falls  keine  Trübung  in  der  Luft  statt-  | 
fand.  Saussure  stellte  die  beiden  Scheiben  nebeneinander  auf  und  ent- 
fernte sich,  bis  er  den  schwarzen  Kreis  auf  der  weissen  Scheibe  nicht 
mehr  unterscheiden  konnte.  Dies  geschah  z.  B.  für  die  kleine  Scheibe 
in  einer  Entfernung  von  314  Fuss,  für  die  grosse  in  3588  Fuss  Weite 
Diese  letzte  Ziffer  ist  nicht  12,  sondern  nur  11,43  mal  grösser  als  die 
erstgenannte.  Da  die  Deutlichkeit  beim  Sehen  der  ins  Auge  einfallen- 
den vom  Gegenstande  stammenden  Lichtmenge,  und  diese  dem  Quadrate 
des  Gesichtwinkels  proportional  ist,  so  würde,  wenn  die  Durchsichtigkeit 
der  Luft  vollkommen  gewesen  wäre,  die  Deutlichkeit  der  Wahrnehmunf;- 
des  schwarzen  Kreises  sich  verhalten  haben  wie  12^ :  11,43^.  Lässt  nun  die 
Luft  in  einer  Säule  von  1000  Fuss  a  Bruchteile  einer  Lichtmenge  durch, 
so  lässt  die  Luftsäule  zwischen  den  beiden  Scheiben,  welche  3274  Fuss 
lang  ist,  «^'27*  Teile  des  einfallenden  Lichtes  durch.  Es  ist  nun  offenbar, 
dass  beim  Verschwinden  des  schwarzen  Kreises  in  den  beiden  Fällen 
die  ins  Auge  fallende  Lichtmenge  von  den  beiden  Scheiben  gleich  war. 
Wenn  die  von  der  kleinen  Scheibe  kommende  gleich  L  gesetzt  wird,  so 
ist  die  von  der  grossen  herrührende  L  ■  a^.^'^  .  122 :  11,432.  Diese  beiden 
Grössen  müssen  gleich  sein  und  infolgedessen: 

1  =  «3.274  .  122  :  11,432;  a  =  0,9705. 

Die  Grösse  a  wird  Durchsichtigkeitskoefficient  genannt  (auf  1000  Fuss 
bezogen).    Vollkommene  Durchsichtigkeit  entspricht  der  Ziffer  a  =  1. 

Schlagintweit  hat  auf  diese  Weise  die  Durchsichtigkeit  der  Luft 
in  den  Alpen  untersucht.  Er  fand,  dass  sie  stark  mit  der  Höhe  über 
dem  Meer  zunahm.  Diese  Methode  hatte  den  Nachteil,  dass  die  beiden 
Gegenstände  nicht  gleichzeitig  betrachtet  wurden,  demzufolge  vielleicht 
die  Beleuchtung  und  die  Grösse-  der  Pupillenöflfnung  in  den  beiden  Fällen 
nicht  gleich  war.  Man  hat  deshalb  Methoden  erfunden,  bei  welchen  die 
Bilder  der  beiden  Gegenstände  durch  doppelte  Keflexionen  von  aus  zwei 
Objektiven  stammenden  Lichtbündeln  ganz  nahe  aneinander  in  dem  ge- 
meinsamen Okularende  eines  Doppelfernrohrs  gebracht  werden.  Durch 
Aufsetzen  von  Blenden  vor  demjenigen  Objektiv,  das  das  hellere  Bild 
giebt,  kann  man  seine  Helligkeit  abschwächen,  bis  die  beiden  Bilder 
gleich  hell  erscheinen.  Diese  Lösung  des  Problems  wurde  von  De  la 
Rive  gegeben.  Anstatt  dessen  behandelt  Wild  die  beiden  Bilder  (vgl. 
Fig.  167)  auf  dieselbe  Weise,  wie  Zöllner  die  beiden  Bilder  in  seinem 
Astrophotometer  (vgl.  S.  10). 

Durch   die  beiden  Öffnungen  A  und  B  fallen   mit  Hilfe  von  zwei 


p 


I.  Bestandteile  der  Luft. 


48: 


Paaren  reflektierender  Glasprismen  die  zwei  von  den  beiden  Scheiben 
ausgehenden  Liehtbündel  nebeneinander  in  die  Achse  des  Fernrohrs  Cn. 
Daselbst  werden  die  Lichtbündel  durch  den  Polarisator  F  polarisiert. 
Das  Kalkspathprisma  K  zerlegt  jedes  Lichtbündel  in  zwei:  ein  ordinär, 
ein  anderes  extraordinär  gebrochenes.  Bei  Drehung  von  F  mit  dem 
Knopf  0  wird  das  eine  Paar  der  Lichtbündel,  z.  B.  die  ordinär  gebroche- 
Tipn,  geschwächt,  das  andere  ver- 
;lrkt  oder  umgekehrt.  Die 
Ijiehtbündel  werden  im  Fern- 
ruhr unter  A'  zu  Bildern  zu- 
sammengebrochen. Unter  diesen 
fällt  das  ordinäre  Bild  des 
Lichtes  von  ^  neben  und  teil- 
weise über  das  extraordinäre 
Bild  vom  Licht  von  B.  Die 
unter  K  befindlichen  Teile  die- 
nen dazu,  die  gleiche  Hellig- 
keit dieser  beiden  Bilder  zu 
konstatieren.  Man  dreht  den 
Knopf  0  bis  dies  eintritt.  Aus 
der  Grösse  der  Drehung  lässt 
sich  die  relative  Stärke  der  in 
-l  und  B  einfallenden  Lichtbün- 
del beurteilen. 

Wild  fand  bei  seinen  Be- 
obachtungen über  Luft  die  in 
3  m  langen  Röhren  eingeschlos- 
sen war,  viel  geringere  Durch- 

sichtigkeitskoefficienten  als 
Schlagintweit  und  Saussure; 
was    ohne   Zweifel    darauf    be- 
ruhte, dass  die  von  Wild  unter- 
suchte  Luft  von  den  untersten   Schichten    der   Atmosphäre    stammte, 
wo  der  Staubgehalt  relativ  sehr  gross  ist. 

Staubgehalt  der  Luft.  Diese  Untersuchungen  haben  in  letzter 
Zeit  bedeutend  an  Interesse  gewonnen,  seitdem  es  möglich  ist,  den  Staub- 
if'halt  der  Luft  quantitativ  zu  messen.  Diesen  Aufschwung  verdanken 
wir  vornehmlich  den  Untersuchungen  von  Aitken.  Nach  den  vom  ihm 
ausgearbeiteten   Methoden   haben    nachher    llankin,   Assmann,   Me- 


Fig.  167,  Durchsichtigkeitsmesser  von  Wild. 


486  Physik  der  Atmosphäre. 

1  and  er  u.  a.  Versuche  angestellt,  die  unsere  Kenntnisse  erweitert  haben. 
Die  Staubzählungsmethode  beruht  darauf,  dass  bei  einer  plötzlichen  Aus- 
dehnung von  feuchter  Luft  dieselbe  in  Bezug  auf  Feuchtigkeit  über- 
sättigt wird,  wonach  das  Wasser  sich  um  die  in  der  Luft  befindlichen 
Staubpartikelchen  niederschlägt.  Dies  gilt  übrigens  nicht  nur  für  Wasser- 
dampf, sondern  auch  für  andere  Dämpfe.  Interessante  Versuche  über 
diesen  wichtigen  Gegenstand  sind  von  Coulier,  Mascart,  Aitken, 
Kiessling  und  K.  v.  Helmholtz  ausgeführt  worden.  Setzt  man  eine 
abgeschlossene  Luftmenge,  welche  mit  Wasserdampf  gesättigt  ist,  wieder- 
holten Expansionen  aus,  so  fallen  die  kondensierenden  Staubteilchen 
allmählich  aus,  so  dass  am  Ende  keine  Wassertröpfchen,  oder  nur  äusserst 
wenige  sich  bei  jeder  Expansion  ausscheiden.  K.  v.  Helmholtz  hat  er- 
wiesen, dass  sorgfältig  durch  20  cm  Watte  filtrierte  feuchte  Luft,  bis  zu 
einer  halben  Atmosphäre,  einer  Abkühlung  von  50**  C.  und  einer  zwanzig- 
fachen Übersättigung  entsprechend,  expandiert  werden  kann,  ohne  dass 
eine  Nebelwolke  sich  bildet.  Etwas  niedrigere  Ziffern  fand  C.  T.  E. 
Wilson.  Bei  einer  Volumsänderung  im  Verhältnis  1: 1,25,  einer  Tempe- 
ratursenkung von  25*^  und  einer  Übersättigung  von  4,4—4,8  entsprechend, 
erhielt  er  auch  in  staubfreier  feuchter  Luft  eine  Kondensation  des  Wasser- 
dampfes zu  Tropfen.  Überschritt  die  Volumszunahme  die  Zahl  1,38, 
so  nahm  die  Kondensation  die  Form  eines  Nebels  an,  der  um  so 
dichter  und  feiner  wurde,  je  weiter  die  Volumsvergrösserung  getrieben 
war.  Führt  man  nun  zu  staubfreier  Luft  eine  neue  von  aussen  ge- 
nommene Luftmenge  und  expandiert,  so  entstehen  wieder  kleine  Tröpf- 
chen, welche  allmählich  aus  der  Luft  niedersinken.  Fängt  man  die- 
selben auf  einer  untergelegten  Glasscheibe  auf,  so  kann  man  die 
Zahl  der  Wassertröpfchen  und  damit  diejenige  der  Staubteilchen  er- 
mitteln. 

Der  Staubzähler  von  Aitken  (Fig.  168)  besteht  aus  einer  kleinen 
1  cm  hohen  Dose  A,  welche  oben  und  unten  durch  Gläser  geschlossen 
ist,  von  welchen  das  untere  in  ein  Netz  von  Quadratmillimetern  ein- 
geteilt ist.  Oben  ist  eine  Linse  L  für  die  Beobachtung  und  unten  ein 
Spiegel  M  für  die  Beleuchtung  der  unteren  Glasscheibe  angebracht. 
A  kann  durch  zwei  Hähne  R'  und  R  mit  der  Aussenluft  oder  mit  einer 
kleinen  Pumpe  7^,  deren  Kolben  mit  dem  Ringe  S  vereinigt  ist,  in  Ver- 
bindung gesetzt  werden.  Dieser  gleitet  längs  einer  graduierten  Röhre. 
Wenn  der  Ring  S  zu  einem  bestimmten  Strich,  z.  B.  dem  Striche  ^V 
heruntergezogen  ist,  so  ist  das  Luftvolumen  in  dem  Pumpstiefel  ein  be- 
stimmter Teil,   z.  B.  der  50.  Teil  von  dem  Luftvolumen  in  der  Dose  A. 


I.  Bestandteile  der  Luft. 


487 


jrn 


Die  Dose  A  ist  an  ihren  vertikalen  Wänden  mit  Fliesspapier  be- 
kleidet, welches  während  der  Versuche  feucht  gehalten  wird.  Ausserdem 
liegt  in  A  eine  kleine  mit  Fliesspapier  überzogene  Metallscheibe,  welche, 
\\  onn  der  Apparat  geschüttelt  wird,  sich  parallel  zu  den  Glaswänden  der 
Dose  A  verschiebt,  aber  sonst  gegen  die  feuchte  Wand  anliegt.  Durch 
Schütteln  des  Apparates  erhält  man  auf  diese  Weise  die  Luftprobe  in  A 
durchgemischt  und  mit  Feuchtigkeit  gesättigt. 

Der  Hahn  J?  wird  in  zwei  Stellungen  benutzt,  entweder  so  wie  er 
lY'chts  unten  in  der  Fig.  168  abgebildet  steht  oder  um  90  Grade  links- 
wärts  gedreht.  Im  ersten  Falle  stehen  A  und 
F  miteinander  in  Verbindung,  im  zweiten 
Falle  sind  A  und  P  jedes  für  sich  mit  der 
Aussenluft  verbunden. 

Man  kann  nun  erst  P  und  R  verbinden 
{l(  ist  geschlossen)  und  allen  Staub  aus  der 
chten  Luft  in  A  ausfällen.  Die  Staubteile, 
Iche  auf  der  unteren  Glasfläche  von  A  aus- 
gefällt sind,  stören  nicht,  sie  sind  nämlich  so 
klein,  dass  sie  mit  einem  400  mal  vergrössern- 
den  Mikroskop  nicht  gesehen  werden  können 
(nach  Assmann).  Bei  einer  Expansion  der 
Luft  in  A  fällt  auch  kein  Wasser  auf  den  am 
Glas  befindlichen  Staub  aus,  denn  dieser  hat 
die  Temperatur  des  Glases,  ist  infolgedessen 
wärmer  als  die  adiabatisch  abgekühlte  Luft- 
masse. Nachdem  aller  Staub  ausgefällt  ist, 
kann  man  einen  bestimmten  Bruchteil  der 
Luft  in  A  durch  P  entfernen  und  nachher 
durch  Aussenluft  vermittelst  Umschaltungen 
des  Hahnes  R  ersetzen.    Man  expandiert   nun 

die  Luft  durch  Hinunterziehen  des  Ringes  S  und  zählt  die  Tröpfchen,  die 
auf  ein  Quadratmillimeter  ausfallen.  Durch  Mittelnahme  aus  mehreren 
-nlchen  Bestimmungen  erhält  man  recht  zuverlässige  Werte  und  zwar 
erfährt  man,  wie  viele  Staubkörner  in  einer  Säule  von  1  mm^  Querschnitt 
imd  10  mm  Höhe  sich  befinden. 

Auf  diese  Weise  hat  Aitken  den  Zusammenhang  zwischen  Fern- 
sicht und  Staubgehalt  der  Luft  nachgewiesen.  Der  Berg  Hochgerrach, 
welcher  in  HO  km  Entfernung  vom  Rigi  liegt,  konnte  gerade  noch  ge- 
sehen werden  wenn  die  Zahl  der  Staubteile  pro  cm'*  nicht  viel  über  2000 


a 


R 


Y 


H 


Fig.  168. 


Staubzähler  von 
Aitken. 


488  Physik  der  Atmosphäre. 

stieg;  in  verwischtem  Zustande  war  er  sichtbar  bei  1375  bis  1575. Staub- j 
teilchen  pro  cm^  und  etwas  neblig  war  er,  wenn  diese  Ziffer  auf  1000 
sank.  Bei  Ben  Nevis  (in  Schottland)  hatte  man  eine  Femsicht  von 
65  km  Weite,  falls  die  Zahl  2000,  und  von  400  km  Weite,  wenn  sie  nicht 
467  erreichte.  In  diesem  Fall  macht  sich  die  Feuchtigkeit  geltend,  wie 
folgende  Tabelle  anzeigt,  in  welcher  die  Anzahl  von  Staubpartikelchen, 
in  einer  längs  der  Sichtlinie  verlaufenden  Luftsäule  von  1  cm^  Quer- 
schnitt angegeben  ist,  welche  genügte  um  (bei  Kingairloch  in  Schott- 
land) einen  entfernten  Gegenstand  zu  verschleiern,  wenn  die  Differenz 
der  Temperaturen  des  trocknen  und  des  feuchten  Thermometers  im 
Psychrometer  die  nebengeschriebene  war. 

Psychrometerdifferenz  Verschleiernde  Staubzahl  pro  cm^ 
1,1—2,20  c.  1,25.10 »0 

2,2—3,9  1,71.   „ 

3,9—5,5  2,26.   „. 

Hieraus  ist  es  ersichtlich,  dass  der  Durchmesser  des  Staubes  bei 
hoher  relativer  Feuchtigkeit  grösser  ist  als  bei  niederer.  Dies  kann  nicht 
wohl  auf  andere  Weise  erklärt  werden  als  so,  dass  man  annimmt,  der 
Staub  sei  hygroskopisch  und  ziehe  um  so  mehr  Feuchtigkeit  aus  der 
Luft,  je  näher  diese  dem  Sättigungspunkte  ist. 

umgekehrt  wie  die  Fernsicht  verhielt  sich  die  Färbung  der  Natur- 
gegenstände. Je  weniger  Staub  desto  kälter  und  schärfer  war  ihr  Aus- 
sehen, wogegen  viel  Staub  den  Gegenständen  einen  milden,  warmen  Ton 
verlieh.  Der  Sonnenuntergang,  wie  der  Aufgang  war  um  so  prachtvoller 
und  farbenreicher,  je  mehr  Staub  in  der  Luft  sich  vorfand.  Diese  Er- 
scheinungen waren  an  tiefer  gelegenen  Orten  viel  farbenreicher  als  oben 
auf  dem  Kigi.  Aus  ähnlichen  Gründen  ist  der  arktische  Sommer- 
himmel sehr  blass  und  kühl. 

Am  wenigsten  Staub  enthält  die  Luft  nach  einem  langen  Regen- 
oder Schneefall,  wie  folgende  Ziffern  zeigen: 

Im  Freien  nach  Nachtregen  Staubzahl  pro  em^ 32000 

Im  Freien  nach  schönem,  trockenem  Wetter 130000 

Im  Zimmer  mit  zwei  Gasflammen;  1,2  m  über  dem  Boden.  1860000 

Im  Zimmer  mit  zwei  Gasflammen;  1,2  m  unter  der  Decke  .  5420000 

In  der  Luft  über  einer  Bunsenflamme 30000000 

•  ■  \ 
Der  meiste  Staub  schwebt  in  den  niederen  Schichten  der  Luft.    Auf  ■ 

Bergen  ist  er  gering  und  nimmt  stark  zu,  wenn  der  Wind  aus  tieferen 


I.  Bestandteile  der  Luft.  4gg 

hegenden  hinaufsteigt.  Dieser  Unterschied  ist  um  so  ausgeprägter,  je 
höher  der  Beobachtungsort  liegt.  So  fand  Aitken  auf  Monte  Mottorone 
bei  Baveno  pro  cni^: 

am  Puss    300  m      450  m      600  m 
Bei  aufsteigendem  Thalwind   .    .    4857        4750        3430        3125 
Bei  anderen  Winden 4743        3270        2195         1453 

Ebenso  war  die  Luft  drei-  bis  viermal  reiner  auf  dem  Rigi,  wenn  der 
Wind  von  den  Alpen  wehte  (Staubgehalt  max.  1305  min.  421),  als  wenn 
:  aus  bewohnten  Gegenden  stammte  (max.  5755,  min.  1092).  Eben- 
falls war  der  Staubgehalt  ausserordentlich  viel  geringer  an  der  Spitze 
des  Eiffelturmes  (300  m,  max.  104000,  min.  226)  als  in  dem  meteorolo- 
gischen Observatorium  zu  Paris  (max.  210000,  min.  160000).  Die  ent- 
sprechenden Ziffern  für  Battersea  Park  in  London  sind  max.  116000  und 
min.  48000,  für  Victoria  Street  in  London  140000  bezw.  100000,  für 
Glasgow  im  Winter  470000  bezw.  170000  für  Ben  Nevis  sind  sie  14400 
bzw.  0  mit  einem  Mittel  von  696  pro  cm 3.  Im  allgemeinen  nimmt  die 
Zahl  der  Staubteilchen  mit  der  relativen  Trockenheit  der  Luft  zu.  Sehr 
viel  Staub  führt  der  Wüstenwind  mit  sich  (in  Biskra  nach  Melander), 
und  an  der  Küste  führt  der  Landwind  viel  mehr  Staub  als  der  Seewind. 
Das  Tagesmaximum  des  Staubgehaltes  fällt  auf  den  Nachmittag,  das  Mini- 
mum auf  den  Morgen  umgekehrt  wie  die  relative  Feuchtigkeit,  wie  fol- 
Gfende  Ziffern  von  Rankin  für  Ben  Nevis  zeigen: 

Stunde la    4a    7a  10a  Ip    4p      7p     10p 

Staubmenge  pro  cm^    736  526  576  551  950  1438  1035  1029 

Das  Jahresmaximum  liegt  für  Ben  Nevis  im  Frühling,  was  auf  der 
dann  vorherrschenden  östlichen  Windrichtung  beruhen  soll.  Sonst  wird 
man  wohl  zu  vermuten  haben,  dass  der  Sommer  am  staubreichsten  ist. 

Die  Meere  können  wohl  als  Gegenden  betrachtet  werden,  wo  die 
Luft  ihren  Staub  absetzt.  Für  den  Wind  vom  Atlanten  fand  Aitken  auf 
Ben  Nevis  die  niedrige  (Minimi)  Zahl  72.  Auch  die  grossen  Schnee- 
felder der  Alpen  und  die  Waldungen  der  Hochebenen  wirken  auf  ähn- 
liche Weise.  Wie  grosse  Mengen  Kohlenstaub  in  der  Nähe  von  grossen 
Städten  die  Luft  verunreinigen,  kann  man  daraus  ersehen,  dass  man 
bisweilen  auf  den  Dächern  der  Treibhäuser  in  Kew  bei  London  in  vier- 
zehn Tagen  pro  Quadratmeter  2,5  g  Kohlenstaub  aufsammeln  kann. 
Würde  diese  Kohlenmasse  plötzlich  in  die  Luft  wieder  hinaufbefördert 
werden,  so  würde  sie  eine  vollkommen  undurchsichtige  Schicht  bilden. 


490  Physik  der  Atmosphäre. 

welche  das  Sonnenlicht  absolut  verhüllen  würde.  Bei  mehreren  vulkani- 
schen Ausbrüchen,  z.  B.  demjenigen  von  Krakatau,  wurden  solche  gross« 
Staubmengen  in  die  Luft  hineingeblasen,  dass  bisweilen  in  100  km  Ent- 
fernung von  der  Ausbruchsstelle  das  Sonnenlicht  nicht  durchleuchtete. 

Höhenrauch  oder  Haarrauch.  Bisweilen  kann  die  ündurch- 
sichtigkeit  der  Luft,  obgleich  der  Himmel  ganz  klar  und  die  relative 
Feuchtigkeit  niedrig  ist,  sehr  bedeutend  an  Stärke  und  Ausbreitung 
werden.  Man  spricht  dann  von  „Höhenrauch  oder  Haarrauch"  („Erd- 
rauch" in  Schweden).  Man  erklärt  häufig  diese  Erscheinung  als  Folge 
von  weitgehender  Ausbreitung  der  Rauchmassen  von  Moor-,  Wald-  oder 
Präriebränden,  Der  eigentümliche,  brenzliche  Geruch,  welcher  häufio 
diese  Erscheinung  begleitet,  deutet  auf  die  Richtigkeit  dieser  Auf- 
fassung. Der  Höhenrauch  kommt  meist  nach  langer  Trockenheit  in 
der  heissesten  Jahreszeit  vor. 

Hann  will  den  Höhenrauch  in  vielen  Fällen  als  eine  optische 
Trübung  erklären.  Eine  solche  optische  Trübung  kann  man  leicht 
nachmachen,  wenn  man  reines  Wasser  auf  eine  Zuckerlösung  giesst  und 
etwas  umrührt.  Vor  der  endgiltigen  Durchmischung  ist  die  Flüssigkeit 
ganz  trübe  und  undurchsichtig. 

Eine  ähnliche  Wirkung  soll  nach  Hann  sich  geltend  machen,  „wenn 
nach  langem  Regenwetter  im  Sommer  rasch  schöne  trockene  Witterung 
sich  einstellt",  wobei  „oft  zugleich  sehr  verbreiteter,  intensiver  Höhen- 
rauch auftritt".  „Anfang  August  1881  sah  ich  (Hann)  im  Innthal  bei 
Hall  die  so  nahen  Bergwände  rechts  und  links  kaum,  die  Sonnenscheibe 
konnte  man  ungestraft  ansehen,  dabei  war  der  mattblaue  Himmel  völlig 
wolkenlos  und  rein,  ein  merkwürdiges,  fast  unheimliches  Bild.  Vom 
Gebhardsberge  bei  Bregenz  sah  man  wie  ins  Leere,  die  nahen  Berge  des 
Rheinthaies  blieben  unsichtbar.  Auf  Berggipfeln  soll,  in  den  höheren 
Regionen  wenigstens,  nichts  Besonderes  wahrgenommen  worden  sein". 

Besonders  grosse  Durchsichtigkeit  hat  sonst  die  Luft  in  den 
anticyklonalen  Gebieten,  wo  sie  in  absteigender  Bewegung  ist.  In 
90  Prozent  aller  Fälle  von  besonders  schöner  Fernsicht  in  den  Alpen 
herrschte,  nach  Schultheiss,  eine  nach  unten  gerichtete  Bewegung  der 
Luft.  57  Proz.  davon  entsprachen  anticyklonalem  Luftzustand,  33  Proz. 
Föhnwind,  die  übrigen  10  Proz.  der  Fälle  traten  nach  Regen  ein. 


IL   Die  Wärmezufuhr  zur  Erde. 

Die  Wärmeleitfähigkeit  der  Luft.    Diese  Grösse,  deren  Be- 

immung  nicht  unwesentlichen  Schwierigkeiten  unterworfen  ist,  wurde  von 

mehreren   der    geschicktesten  Experimentatoren   bestimmt.    Aus   ihren 

(jrsuchen  geht  für  diese  Konstante  (/.)  bei  0  ^  der  Mittelwert  5,33.10 ~^ 
Irvor.  Sie  steigt  um  etwa  0,22  Proz.  pro  Grad  C.  Diese  Konstante  giebt 
^  Anzahl  Grammkalorien,  welche  durch  Leitung  zwischen  zwei  1  cm- 
,  ossen  Flächen,  die  1  cm  voneinander  entfernt  sind  und  deren  Tem- 
Ieraturdifferenz  1  *^  C.  beträgt,  durch  die  zwischenliegende  Luft  in  1  Sek. 
■erführt  werden. 
I  In  mehreren  Fällen  ist  es  vorteilhaft,  die  sogenannte  Temperatur- 
itfähigkeit  {K)  eines  Körpers  zu  verwenden,  d.  h.  die  Anzahl  Grade, 
fp.  welche  1  cm^  des  Körpers  durch  Zufuhr  der  Wärmemenge  /.;  an 
emperatur  zunimmt.  Bei  0  ^  C.  ist  die  Dichte  der  Luft  1,293.10-^ 
und  ihre  spezifische  Wärme  bei  konstantem  Druck  0,238,  woraus 
K=  5,33.10-5  :  (1,293.10-3.  0,238)  =  0,173. 

Da  die  Dichte  der  Luft  dem  Druck  proportional  und  der  absoluten 
Temperatur  umgekehrt  proportional  ist,  so  wächst  K  proportional  der 
absoluten  Temperatur  und  umgekehrt  proportional  dem  Druck.  In  grossen 
Höhen  ist  deshalb  die  Temperaturleitfähigkeit  der  Luft  sehr  gross. 

Bei  der  mittleren  Lufttemperatur,  am  Erdboden  +15'^C.,  und  760  mm 
Druck  erreicht  die  Temperaturleitfähigkeit  der  Luft  den  Wert  0,183, 
welclier  für  Eisen  bei  Zimmertemperatur  gültig  ist. 

Aus  der  Temperaturleitfähigkeit  kann  man  berechnen,  bis  zu  welcher 
Höhe  die  tägliche  Erwärmung  der  Erdoberfläche  sich  durch  Leitung  in 
der  Luft  geltend  machen  kann.  Man  findet  (vgl.  unten)  Werte  die  nicht 
mehr  als  etwa  3,5  m  betragen.  Für  eine  dreimonatliche  Winterpolar- 
nacht erhält  man  nur  einen  Wert  von  gegen  40  m. 

Aus  diesen  Daten  ist  gleich  ersichtlich,   dass  die   Atmosphäre   nur 


492  Physik  der  Atmosphäre. 

in  den  allerniedrigsten  Schichten  an  '  den  Wärmeschwankungen  der 
Erdoberfläche  zufolge  von  Wärmeleitung  teilnimmt.  Die  grossen  Wärme- 
prozesse, welche  die  Winde  hervorrufen,  gehen  mit  Hilfe  der  aufsteigenden 
oder  herahfliessenden  Luftströme  vor  sich.  Die  Wärmeleitungserschei- 
nung kann  ohne  merklichen  Fehler  in  der  Mechanik  der  Luftbe- 
wegungen in  der  Nähe  der  Erdoberfläche  vernachlässigt  werden. 

Anders  in  den  höchsten  Luftschichten.  In  einer  Höhe  von  z.  B. 
100  km,  wo  schon  eine  merkliche  Wärmeabsorption  infolge  der  An- 
wesenheit der  Kohlensäure  stattfindet,  ist  der  Druck  etwa  600  000  mal 
geringer  als  an  der  Erdoberfläche.  Wenn  auch  die  absolute  Temperatur 
daselbst  16  mal  niedriger  wäre  als  an  der  Erdoberfläche  (also  +  18  abs 
=  — 255^  C),  so  würde  doch  die  Temperaturleitfähigkeit  etwa  40000  mal 
grösser  als  an  der  Erdoberfläche  sein.  Die  Temperaturschwankungen 
könnten  sich  an  einem  Tage  etwa  1  km  weit  fühlbar  machen. 

Ohne  Zweifel  spielt  jedoch  daselbst  die  Wärmestrahlung  die  unver- 
gleichlich grösste  Kolle  zur  Ausgleichung  der  Temperaturunterschiede. 

Die  Sonnenstrahlung.  Älteste  Messungen.  Die  Ursache 
aller  Bewegungen  im  Luftmeer  liegt  in  der  ungleichen  Erwärmung  des- 
selben infolge  der  Sonnenstrahlung.  Da  dieselbe  die  erste  Bedingung 
für  alles  Leben  und  jede  Bewegung  auf  der  Erde  ist,  so  fällt  es  nicht 
besonders  auf,  dass  man  schon  lange  versucht  hat,  diese  wichtige  Er- 
scheinung zu  messen.  Die  ältesten  Bestimmungen  rühren  wohl  von 
Herschel  her;  sie  wurden  von  Forbes  wieder  aufgenommen.  Bestim- 
mungen in  grösserem  Maasstab  wurden  von  Pouillet  mit  dem  von  ihm 
konstruierten  Pyrheliometer  ausgeführt.  Dieses  Instrument  besteht  aus 
einer  kleinen,  als  Kalorimeter  dienenden  Dose  aus  Metallblech  vv 
(vgl.  Fig.  169)  mit  darin  eingesetztem  Thermometer,  dessen  Kugel  durch 
Punktierung  in  der  Figur  angedeutet  ist.  vv  wird  mit  einer  Flüssig- 
keit, gewöhnlich  Wasser  oder  Quecksilber,  von  bekannter  Menge,  ge- 
füllt. Die  Röhre  des  Thermometers  liegt  in  der  Achse  des  Rohres 
ccj ,  an  dessen  anderem  Ende  eine  Scheibe  dd  von  demselben  Durch- 
messer wie  vv  befestigt  ist.  Mit  Hilfe  des  Knopfes  b  kann  vv  um  die 
Achse  cci  gedreht  werden,  um  die  Flüssigkeit  im  Kalorimeter,  wie  er- 
forderlich, durcheinanderzurühren.  Die  Röhre  ccy  liegt  in  zwei  Ringen, 
welche  von  einem  Stativ  getragen  werden,  so  dass  cc^  in  jede  beliebige 
Richtung  eingestellt  werden  kann.  Wenn  der  Schatten  von  vv  genau  die 
Scheibe  dd  bedeckt,  ist  der  Boden  des  Kalorimetergefässes  senkrecht 
gegen  die  Lichtstrahlen  (von  der  Sonne)  gerichtet.  Man  beobachtet  das 
Steigen  {S)  der  Temperatur  in  vv,  während   es   eine   bestimmte  Anzahl 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde. 


493 


B.  5)  Minuten  der  Sonnenstrahlung  ausgesetzt  ist.  Vor  und  nach  der 
feobachtung  wird  das  Instrument  beschattet  und  sein  Gang  im  Schatten 
beobachtet.  Das  Mittel  der 
Temperatursteigerung  in 
diesen  beiden  Fällen  sei  Äj , 
so  ist  die  korrigierte  Tempe- 
ratursteigerung während  der 
:<  Minuten  der  Exposition 
S—  S^.  Man  berechnet 
aus  dem  bekannten  Wasser- 
wert  des  Kalorimeters  und 
Thermometers  die  Wärme- 
menge, welche  pro  Minute 
auf  jedes  Quadratcentimeter 
des  Bodens  von  vv  fällt. 
Pouillet  machte  mehrere 
Beobachtungen  nachein- 
ander an  Tagen  mit  hei- 
terem Himmel.  Er  fand 
die  Stärke  der  Sonnenstrah- 
lung von  dem  Stand  der 
Sonne  abhängig,  je  niedri- 
ger dieser  war,  um  so  ge- 
ringer fiel  auch  die  Strah- 
lung aus,  wie  folgende  Be- 
obachtungsreihe vom  11.  Mai 
1838  zeigt  (worin  die  Dicke  der  Atmosphäre  bei  senkrechtem  Einfall  der 
Sonnenstrahlung  gegen  die  Erdoberfläche  wie  gewöhnlich  gleich  1  ge- 
setzt wird): 


Fig.  169.     Pyrlieliometer  von  Pouillet. 


Beobachtungs- 
zeit 

Dicke  der 
Luftschicht 

Korrigierte  Temperatur 
erhöhung 
beob.            her. 

Differenz 

11  V.-M. 

1,193 

5,05 

5,06 

—  0,01 

12  M. 

1,164 

5,10 

5,10 

0 

1  N.-M. 

1,193 

5,05 

5,06 

—  0,01 

2     „ 

1,288 

4,85 

4,95 

—  0,10 

3     „ 

1,473 

4,70 

4,73 

—  0,03 

4     „ 

1,812 

4,20 

4,37 

—  0,17 

5     „ 

2,465 

3,65 

3,67 

—  0,02 

6     „ 

3,943 

2,70 

2,64 

+  0,06 

494  Physik  der  Atmosphäre. 

Hieraus  ist  der  Schluss  zu  ziehen,  dass  die  Luft  einen  Teil  dei' 
Sonnenwärme  absorbiert,  denn  nian  muss  voraussetzen,  dass  die  wirk- 
liche Stärke  der  Sonnenstrahlung  sich  in  der  kurzen  Beobachtungszeit 
nicht  nennenswert  ändert.  Die  einfachste  Art,-  sich  dies  vorzustellen  ist 
die  folgende:  Es  strahle  die  Sonne  eine  Wärmemenge  aus,  welche 
über  dem  Luftmeer  pro  cm^  und  Minute  a  Kalorien  ausmacht.  Diese 
Grösse  wird  „Sonnenkonstante"  genannt.  Nachdem  das  Strahlenbündcl 
eine  bestimmte  Luftmasse  (/)  durchlaufen  hat,  sei  die  Wärmemenge  a 
auf  den  Bruchteil  aa  gesunken;  «  wird  der  Durchlässigkeitskoeffizient 
genannt.  Nachdem  das  Strahlenbündel  die  Luftmasse  2  l  durchlaufen 
hat,  ist  nicht  mehr  als  aa'^  von  der  ursprünglichen  Wärmemenge  übrig, 
und  wenn  die  durchlaufene  Luftmenge  nl  beträgt,  so  wird  die  durch- 
gelassene Wärmemenge  {W)\ 

Als  Einheit  der  durchstrahlten  Luftmasse  nimmt  man  diejenige, 
welche  die  Sonnenstrahlen  zu  durchlaufen  haben,  falls  die  Sonne  im 
Zenith  steht  und  das  Pyrheliometer  im  Meeresflächenniveau  aufgestellt 
ist.  Nach  dieser  Formel  berechnete  Pouillet  seine  Messungen.  So 
z.  B.  fand  er  die  oben  gegebenen,  unter  ber.  stehenden  Temperaturwerte 
mit  Hilfe  der  Formel: 

t  =  6,72  .  0,789', 

worin  /  die  in  der  zweiten  Kolumne  stehende  Anzahl  der  durchstrahlten 
Atmosphären  bedeutet,  t  und  W  können  nämlich  einander  proportional 
angenommen  werden. 

Pouillet  fand  Werte  von  «,  die  zwischen  0,72  und  0,79  sich  ändern. 
Die  a- Werte  schwankten  zwischen  1,5  und  1,76  kal.  pro  Minute  und  cm^. 
Seine  Beobachtungen  wurden  in  Paris  angestellt. 

Neuere  Untersuchungen.  In  späterer  Zeit  sind  eine  grosse  An- 
zahl Bestimmungen  der  Sonnenkonstante  von  verschiedenen  Beobachtern 
ausgeführt  worden.  Da  mit  der  Beobachtungsmethode  von  Pouillet 
nur  eine  beschränkte  Zahl  von  Daten  gesammelt  werden  kann,  sind 
selbstregistrierende  Instrumente  konstruiert  worden.  Das  am  meisten 
verbreitete  von  diesen  ist  wohl  dasjenige  von  Crova,  welches  aus  zwei 
zusammengelöteten,  1  cm  im  Durchmesser  haltenden,  Scheiben  von  Eisen 
und  Neusilber  von  0,1  mm  Dicke  besteht.  Dieses  Thermoelement  wird 
der  Strahlung  der  Sonne  ausgesetzt  und  folgt  wegen  seiner  geringen 
Wärmekapacität  (sein  Wasserwert  ist  gleich  0,034  g)   sehr   schnell  den 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde. 


495 


Wanderungen  der  Wärmestrahlung.  Die  elektromotorische  Kraft  dieses 
Elementes  ist  von  seiner  Temperatur  abhängig  und  wird  mit  Hilfe  eines  Gal- 
vanometers abgelesen  und  photographisch  registriert.  Man  könnte  meinen, 
dass  die  diesbezügliche  Kurve,  welche  die  Stärke  der  Sonnenstrahlung 
angiebt,  vom  Sonnenaufgang  ab  steigen  würde,  um  zur  Mittagszeit  einen 
Alüximalwert  zu  erreichen  und  am  Nachmittage  ungefähr  in  eben  der- 
ll)en  Weise  herunterzusinken,  wie  sie  am  Vormittag  aufgestiegen  ist. 
Anstatt  dessen  zeigt  die  Kurve  eine  grosse  Menge  von  Unregel- 
mässigkeiten, wie  die  Figur  170  angiebt,  und  man  beobachtet  normal 


^i     V       VI      VII      VIII      IX       )^       XI    Mirrg, 

I'ig.  170.    Diagramm  der  Sonnenstrahlung  zu  Montpellier  (40  m 
am  13.  Aug.  1888. 


VI      vni 
Höhe) 


ein  flaches  Minimum  in  den  ersten  Nachmittagsstunden.  Der  absteigende 
Ast  der  Kurve  liegt  auch  für  gewöhnlich  etwas  niedriger,  als  der  aufstei- 
gende (Vormittag).  Die  vielen  Unregelmässigkeiten  sind  auf  grösseren 
Höhen  bedeutend  geringer  als  in  der  Ebene,  wie  ein  Vergleich  der  Auf- 
nahmen vom  13.  Aug.  1888  (Fig.  171)  von  MontVentoux  (1900  m)  und  von 
Montpellier  deutlich  hervortreten  lässt.  Die  Störungen  in  den  beiden  Kurven 
stimmen  übrigens  nicht  überein;  es  ist  demnach  anzunehmen,  dass  ihre 
Ursache  lokaler  Natur  ist  und  auf  dem  Verhalten  der  Luft  in  den  niederen 
Schichten  beruht.  Man  kann  nicht  gut  annehmen,  dass  diese  Schwan- 
kungen, wie  man  für  gewöhnlich  glaubt,  auf  dem  Vorüberziehen  von 
wasserdampf  haltigen,  absorbierenden  Schichten  oder  von  staub  erfüllten 
Luftmassen  beruhen,  denn  dieselben  müssten  dann  ein  Drittel  der  Sonnen- 
strahlung absorbieren  können  (vgl.  Fig.  170)  Überhaupt  zeigt  diese  Er- 
scheinung eine  grosse  Ähnlichkeit  mit  derjenigen  der  Scintillation  oder  des 


496 


Physik  der  Atmosphäre. 


Funkelns  der  Sterne,  welche  auch  auf  grösserer  Höhe  (und  in  trockener  Luft) 
beinahe  verschwindet.  Es  ist  deshalb  schwer,  die  Kichtigkeit  der  gewöhn- 
lichen Annahme  zuzugeben,  dass  die  grössten  beobachteten  Werte  di(! 
richtigsten  sein  sollten.  Wenn  die  Unregelmässigkeit  dem  Funkeln  der 
Sterne  entspricht,  so  ist  vielmehr  der  Mittelwert  der  wahrscheinlichste. 

Das  registrierende  Instrument  wird  hin  und  wieder  mit  einem 
Pyrheliometer  verglichen,  wonach  seine  Angaben  auf  absolutes  Maass 
reduziert  werden. 

Ausser  den  genannten  sind  mehrere  andere  Pyrheliometer  konstruiert 
worden,  wovon  einige  kurz  besprochen  werden  mögen.  Angström  wendete  u 


iy^l 


Himftte?  s\hr  re^ 
L 


Tomri. 


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1886 


\. 


\ 


\ 


S. 


V  VI         VII        VIII         IX  X  XI     Mirtg.       I  II  III         IV         V  VI         VII 

Fig.  171.    Diagramm  der  Sonnenstrahlung  zu  Mont  Ventoux  (2000  m  Höhe), 

am  13.  Aug.  1888. 

als  Kalorimeter  zwei  Kupferplatten  an,  in  welche  Drähte  von  Neusilber 
eingelassen  waren.  Die  eine  Platte  wurde  durch  einen  entfernten  Schirm 
beschattet,  die  andere  war  der  Sonnenstrahlung  ausgesetzt.  Dieses  In- 
strument hat  den  Vorteil,  dass  keine  Korrektion  wegen  der  Wärme- 
verluste  der  insolierten   Platte   nötig   sind,    da   die  beschattete  Platte 

genau   denselben   äusseren  Bedingungen    mit   Ausnahme    der   Sonnen- 

ü 
Strahlung  unterworfen  ist.  Ein  anderes  Instrument  von  Ängström  be- 
steht aus  zwei  Platinbändern,  welche  auf  der  einen  Seite  geschwärzt  sind. 
Gegen  die  andere  Seite  derselben  liegen  "die  beiden  isolierten  Lötstellen 
eines  Thermoelementes  an.  Das  eine  Platinband  wird  der  Sonnenstrahlung 
ausgesetzt,  das  andere  durch  einen  elektrischen  Strom  erwärmt,  bis  das 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde. 


497 


lermoelement  Gleichheit  der  Temperatur  der  beiden  Platinstreifen  an- 
lebt. Die  Wärmezufuhr  zum  beschatteten  Streifen  wird  aus  der  Strom- 
"?tärke  berechnet.  Sie  ist  offenbar  gleich  der  Wärmezufuhr  durch  Sonnen- 
bestrahlung zum  anderen  Streifen. 

Das  Aktinometer  von  Vi  olle  scheint  jetzt  nur  noch  wenig  verwendet 
zu  werden.  Es  besteht  aus  einem  geschwärzten  Thermometer,  welches  in 
dem  Mittelpunkt  einer  aus  zwei  konzentrischen  Kugelschalen  bestehen- 
den, innen  geschwärzten  Hohlkugel,  befestigt  ist.  Der  Zwischenraum 
wischen  den  Kugelschalen  kann  mit  Wasser  von  beliebiger  Temperatur 
_vfüllt  werden.  Eine  diametrale  Durchbohrung  erlaubt,  dass  man  das 
l'hermometer  der  Sonnenstrahlung  aussetzt. 

Die  Differenz  zwischen  der  Temperatur  des  Thermometers  und  der- 
jenigen der  Hohlkugel  erlaubt,  die  Stärke  der  Sonnenstrahlung  zu 
berechnen. 

Nach  solchen  Methoden  haben  verschiedene  Beobachter  die  Sonnen- 
strahlung zu  bestimmen  versucht.  Für  die  Sonnenkonstante  (a)  hat 
man  folgende  Werte  gefunden: 


Forbes  und  Kämtz  (Faulhorn)    .    .  2,8 

)uillet  (Paris) 1,5   —1,76 

iolle  (Mont  Blanc) 2,5 

Izzo  (Rocciamelone)  1,63—2,15    .    .  2,5 

Tangley  (Mount  Whitney)   ....  3        (2,5—4,0) 

Saveljeff  (Kiew) 2,81  —  3,4 

Bartoli  und  Stracciati  (Stilfserjoch)  2,4   —2,6 

Crova  (Montpellier)       1,8—2,7  (2,2) 

Crova  u.  Houdaille  (Mont  Ventoux)  1,97  —  2,9  (2,4) 

Hansky  (Mont  Blanc) 3,0—3,4 

An g ström  (Yxelö  4,0)  (Teneriffa)      .  1,76 


cal.  pro  Minute 


Mittel  2,5  cal.  pro  Minute. 

Bei  der  Berechnung  von  a  hat  man  verschiedene  Formeln  zu  Extra- 
polationen benutzt.  Je  nach  der  Natur  der  Formel,  welche  sich  den 
Beobachtungen  anschliesst,  erhält  man,  wie  ersichtlich,  sehr  verschiedene 
Werte  von  a.  Rizzo  hat  die  verschiedenen  Berechnungen  einer  Kritik 
unterworfen,  welche  ihn  zur  Annahme  von  a  =  2,5  (etwa)  führt.  Eigen- 
tümlicherweise geben  die  oben  zusammengestellten  Werte,   wobei   die 

o 

abnorm   grosse  Zahl   4,0  von  Ang ström   ausgeschlossen   wurde,   einen 
Mittelwert  von  2,5.    Vielleicht  erreicht   die  Sonnenkonstante,  nach  der 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  32 


498  Physik  der  Atmosphäre. 

letzten  Bestimmung  von  Angström  zu  urteilen,  sogar  nicht  den 
Wert  2,5. 

Gewöhnlich  giebt  man  an,  dass  die  Sonnenkonstante  3  cal.  pr.  Min. 
oder  noch  mehr  erreichen  muss.  Man  nimmt  an,  dass  die  ersten  Luft- 
schichten schon  eine  grosse  Menge  von  Sonnenstrahlen  wegnehmen. 
Dabei  muss  man  aber  in  Erinnerung  behalten,  dass  diese  zuerst 
weggesiebten  Strahlen  in  Teilen  des  Sonnenspektrums  gelegen  sind 
(äusserstes  Ultrarot  und  Ultraviolett),  wo  die  Strahlungsintensität  sehr 
schwach  ist. 

Man  hat  gefunden,  dass  die  günstigste  Zeit  für  die  Beobachtungen 
im  Anfang  des  Frühlings  und  am  Ende  des  Herbstes  ist.  Auch  klare 
Wintertage  (bei  Schneebedeckung)  geben  gute  Beobachtungsreihen.  Dass 
Bergstationen  niedrig  liegenden  vorzuziehen  sind,  folgt  schon  daraus, 
dass  an  den  Beobachtungen  von  jenen  eine  geringere  Korrektion  wegen 
der  Absorption  der  Atmosphäre  anzubringen  ist.  Ebenso  sind  die  Be- 
obachtungen am  Vormittag  besser  wie  diejenigen  am  Nachmittag.  Alle 
diese  günstigen  Beobachtungsumstände  können  so  zusammengefasst 
werden,  dass  dabei  die  Luft  relativ  frei  von  Staub  und  Wasser- 
dampf ist. 

Der  Durchlässigkeitskoeffizient  (a)  ist  bei  Höhenstationen  etwas 
grösser  als  bei  Thalstationen.  Die  Durchlässigkeit  wächst  auch  mit  der 
Länge  der  durchlaufenen  Schicht,  weil  die  ersten  Teile  am  stärksten 
absorbieren  und  in  tieferen  Schichten  die  am  meisten  absorbierbaren 
Strahlengattungen  zum  grössten  Teil  weggesiebt  sind. 

o 

Die  folgenden  auf  Teneriffa  gewonneneii  Daten  von  Angström 
mögen  diese  Kegelmässigkeit  beleuchten: 


Lage  der  ab- 

Duichlässigkeitskoeffizient 

sorbierenden   Schicht 

Pic  de  Teneriffa 

le  Canada 

Guimar 

in  Atmosphären 

h  =  3683 

m 

A  =  2125  m            h 

=  360  m 

1-2 

0,889 

0,885 

0,850 

2  —  3 

0,904 

0,900 

0,880 

3  —  4 

0,924 

0,911 

0,896 

4  —  5 

0,925 

0,916 

0,892 

5  —  6 

0,928 

0,925 

0,897 

Um  einen  Begriff  von  der  Stärke  der  Sonnenstrahlung  unter  ver- 
schiedenen Umständen  zu  geben,  führen  wir  folgende  Ziffern  von  Ang- 
ström an: 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde.  499 


Schichtdicke  in  Atm. 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

Strahlung  in  Guimar 

1,39 

1,17 

1,03 

0,92 

0,82 

0,73 

„          „   Canada 

1,51 

1,33 

1,20 

1,09 

1,00 

— 

„  PicdeT. 

1,54 

1,37 

1,24 

1,14 

1,05 

0,97 

In  diesen  Ziffern  macht  sich  die  Reinheit  der  Luft  an  den  höheren 
itionen  deutlich  geltend.  Die  stärkste  Strahlung  auf  der  Bergspitze 
..trug  etwa  1,62.  Die  Menge  des  Wasserdampfes  in  einer  Luftsäule 
iitsprechend  der  Schichtdicke  1  (=  der  Luftmenge  in  einer  vertikalen 
l,uftsäule  hei  760  mm  Druck)  betrug  in  den  drei  oben  erwähnten  Fällen 
-iviel  wie  eine  2,7,  1,5  bezw.  1,1  cm  dicke  Wasserschicht.  Bei  gleichem 
W  asser-  und  Staubgehalt  der  Luft  scheint  die  Sonnenstrahlung  in  unseren 
icgenden  ungefähr  ebenso  gross  zu  sein,  wie  in  den  obenerwähnten 
Fällen,  wie  Ängström  speziell  für  üpsala  gezeigt  hat. 

Die  absorbierenden  Bestandteile  der  Atmosphäre.  Die 
'  vhtigsten  Bestandteile  der  Atmosphäre,  welche  die  Sonnenstrahlung 
I  inträchtigen,  sind  Staubpartikelchen,  Wasserdampf  und  Kohlensäure. 
lu'treffs  der  Wegsiebung  der  Sonnenstrahlung  durch  Staubpartikelchen 
aat  Langley  gefunden,  dass  sie  für  die  brechbareren  Strahlen  am 
-Tössten  ist,  wozu  auch  die  Theorieen  von  Clausius  und  Lord  Eayleigh 
(ihren.  Die  Absorption  der  Sonnenstrahlen  in  den  brechbareren  Teilen 
!'■:=  Sonnenspektrums  wurde  von  Langley  in  Pittsburgh  bestimmt.  Er 
and  Werte  des  Durchlässigkeitskoeffizienten  (a),  welche  durch  folgende 
inpirische  Formel  ausgedrückt  werden  können: 

log  «  =  —  0,0545  n  —  0,00802  w^, 

aiirin  n=ll?.  gesetzt  wird,  wenn  X  die  die  Wellenlänge  der  betreffen- 
<\<'n  Strahlengattung  in  fx  ausgedrückt  ist. 

Die  spektrale  Verteilung  der  Strahlung  (E)  eines  schwarzen  Körpers 
'Hl  der  absoluten  Temperatur  r  lässt  sich   durch   die  Wien-Planck- 
M  he  Formel  ausdrücken: 

2-5 


^=  G 


k\xx 

e         — 1 


worin  die  Wellenlänge  (;i)  der  betreffenden  Strahlengattung  in  n  aus- 
gedrückt ist.  Zist  eine  Konstante  (2890-4,956).  Wenn  die  Strahlung 
der  Sonne  gleich  derjenigen  eines  schwarzen  Körpers  von  6000^  abs. 
gesetzt  werden  kann,  ist  die    relative    Lichtstärke    der    verschiedenen 

32* 


500  Physik  der  Atmosphäre. 

Strahlengruppen  so  verteilt,  wie  die  folgende  Tabelle  hinter  der  Kubrik 
E  angiebt.  In  dieser  Tabelle  steht  oben  1  m  n  ausgedrückt  und  ferner 
log  a  nach  der  oben  gegebenen  Formel.  Mittelst  E  und  a  lässt  sich 
ein  Wert  E^  berechnen,  welcher  die  relative  Stärke  der  Strahlung  an- 
giebt, nachdem  das  Sonnenlicht  die  Schichtdicke  1  durchlaufen  hat. 
Ebenso  ist  ein  Wert  E^  der  Schichtdicke  2  entsprechend  berechnet.        ' 

X  =  0,1  0,2  0,3  0,4  0,5  0,6  0,7  0,8  } 

log  a  =  0,515—9  0,765—2  0,544—1  0,762—1  0,8420—1  0,8854—1  0,9106—1  0,9264-1 
E  =  0,0041      2,0  142         248  270  245  202  162 

Ei=Q  0,1  50  143  188  188  164  187  I 

E2=  Q  0  17,4         83  131  144  134  116 

A  =  0,9            1,0             1,2             1,5             2,0           3,0  4,0    5,0    10,0      Sum-I 

log  a  =  0,9371—1  0,9455—1  0,9565—1  0,9666—1  0,9758—1  me  | 

^=128           101             68,4           3,36           13,6         3,4  1,19  0,52    0,037  203,2 

-El  =  111             89,1          57,4           3,11           12,9         3,3  1,16  0,51    0,037155,21 

^2—    96             78,6          51,9         28,8             12,2         3,2  1,13  0,50    0,037  125,31 

Daraus  ersehen  wir,  dass  der  Staub,  wenn  er  in  der  Menge  in  der 
Luft  enthalten  ist,  wie  bei  den  Beobachtungen  von  Langley,  in  einer 
Luftschicht  von  der  Menge  1  etwa  24Proz.  der  Sonnenstrahlung  wegnimmt,! 
in  einer  Luftschicht  von  der  Menge  2  dagegen  37  Proz.  Mit  anderen! 
Worten  der  Durchlässigkeitskoeffizient  zufolge  von  Staub  wäre  0,76  in 
der  ersten  Schicht  von  Atmosphärendicke,  0,83  dagegen  in  der  zweiten l 
(0,83.0,76  =  0,63).  Nun  gehen  die  Sonnenstrahlen  teilweise  schräg  durch 
die  Atmosphäre  und  es  ist  leicht  mit  Hilfe  der  Integralrechnung  nach- 
zuweisen, dass  ihr  mittlerer  Weg  durch  die  Atmosphäre  (für  den  be- 
leuchteten Teil  der  Erde)  der  Luftmenge  2  (nahezu)  entspricht.  Man; 
hätte  demnach  eine  Wegsiebung  des  ultravioletten  und  stark  brechbaren 
Lichtes  zu  erwarten,  von  der  Grösse,  dass  dadurch  etwa  35  Proz.  der 
Sonnenwärme  verschwände.  Da  aber  72  Proz.  der  Erdoberfläche  von  Wasser 
bedeckt  sind,  und  der  Staub  in  geringerer  Menge  über  dem  Meer  als, 
über  der  Landoberfläche  vorkommt,  so  wird  die  oben  gegebene  Ziffer* 
etwas  zu  gross  und  vielleicht  für  die  ganze  Erde  auf  etwa  30  Proz.  zu 
reduzieren  sein.  Diese  Wärme  geht  aber  nicht  gänzlich  für  die  Erde 
verloren ,  indem  nur  ein  Teil  davon  zum  Himmelsraum  reflektiert  wird, 
und  ein  anderer  Teil,  etwas  weniger  als  die  Hälfte,  zur  Erde  gelangt. 
Schätzungsweise  kann  man  danach  annehmen,  dass  die  Erde  etwa  17  Proz. 
der  Sonnenwärme  auf  diese  Weise  verliert. 

Will    man    in    ähnlicher  Weise   schätzen,    ein    wie    grosser    Teil 
der  Erdstrahlung  durch  Reflexion   von   dem  Staub   der  Erde   erhalten 


iL  l)ie  Wärmezufuhr  zur  tlrde.  50 1 

bleibt,  so  kann  man  eine  ähnliche  Kechnung  durchführen.  Man  findet 
dann,  dass  das  Maximum  der  Strahlung  eines  15*^  warmen  schwarzen 
Ivr»rpers  (mittlere  Temperatur  der  Erdoherfläche)  hei  X  =  10  fi  liegt  und 
dass  nur  etwa  20  hezw.  1  Proz.  der  Totalwärme  geringere  Wellenlängen 
nis  9  fi  bzw.  4  (i  besitzen.  Der  zur  Erde  durch  den  Staub  reflektierte 
'11  der  Erdstrahlung  erreicht  etwa  0,2  Proz.,  kann  folglich  vollkommen 
ausser  Kechnung  gelassen  werden. 

Eine  stauherfüllte  Luft  vermindert  demnach  die  Einstrahlung  der 
■iinenwärme,  lässt  aber  die  Erdstrahlung  frei  hindurchgehen.  Der 
;iub  wirkt  demnach  auf  die  Temperatur  der  Erde  stark  herabsetzend. 
In  derselben  Weise  wirken  die  Wolken,  deren  Albedo  (vgl.  oben  S.  169) 
fOr  leuchtende  Strahlen  wahrscheinlich  gleich  derjenigen  frisch  gefal- 
lenen Schnees  gesetzt  werden  kann,  welche  nach  Zöllner  etwa  0,80  beträgt. 
Dagegen  reflektiert  sowohl  Schnee  wie  auch  eine  Wolke  viel  weniger  von  der 
dunklen  Wärme.  Nach  der  Verteilung  der  Energie  im  Sonnenspek- 
trum wird  die  Wirkung  der  Wolken  eine  Zerstreuung  von  etwa  der 
Hälfte  der  Sonnenwärme  sein.  Dass  die  Wolken  für  die  längsten 
Wärmewellen  etwas  durchlässig  sind,  kann  man  bei  dichtea  Nebeln 
(z.  B.  in  London)  beobachten,  wobei  die  Lage  der  Sonne  kaum  durch 
den  Gesichtssinn  zu  erkennen  ist,  dagegen  aus  der  Wärmestrahlung 
mit  Hilfe  des  Wärmegefühls  ungefähr  ermittelt  werden  kann.  Die 
meisten  Strahlen  der  Erde  werden  wohl  von  den  Wolken  als  von  einem 
nahezu  schwarzen  Körper  absorbiert  und  wieder  ausgestrahlt.  Da  nun 
die  Hauptmasse  der  Wolken  (besonders  der  dichten  Wolken)  in  einer 
Höhe  von  etwa  1000—3000  m  (Mittel  1900  m)  liegt,  und  die  Tempe- 
ratur daselbst  etwa  7,5*^  niedriger  als  an  der  Erdoberfläche  ist,  so  wird 
die  Ausstrahlung  der  Erde  an  diesen  absorbierbaren  Wellen  um  etwa 
10  Proz.  herabgesetzt.  Die  Wolken  vermindern  also  die  Einstrahlung 
in  viel  höherem  Grade  als  die  Ausstrahlung  und  tragen  demnach  wie 
der  fein  verteilte  Staub,  aber  etwa  doppelt  so  energisch  zur  Abkühlung 
der  Erde  bei.  Da  nun  die  Wolken  etwa  die  Hälfte  (52  Proz.)  der  Erdober- 
fläche verdecken,  so  geht  durch  Wolken  und  Staub  zusammen. die  Erde 
etwa  eines  Viertels  der  Sonnenwärme  verlustig. 

Da  die  Staubpartikelchen  die  stark  brechbaren  Sonnenstrahlen 
zerstreuen,  enthält  das  Sonnenlicht  an  der  Erdoberfläche  kein  Licht 
von  niederer  Wellenlänge  als  etwa  X  =  0,295  fi.  Auf  Bergstationen 
kann  man  das  Spektrum  etwas  weiter  ausgedehnt  sehen.  Die  Aus- 
dehnung des  Spektrums  nach  dem  Ultravioletten  hin  ist  nach  den 
Beobachtungen  von  Cornu   um  so  grösser,  je  geringere  Dicke  die  ab- 


502  Physik  der  Atmosphäre. 

sorbierende  Schicht  besitzt.  Sie  ist  auch  grösser  im  Winter  als  im 
Sommer,  oifenbar  wegen  des  geringeren  Staubgehaltes  der  Luft  im 
Winter.  Cornu  zeigte  auch,  dass  eine  Köhre  voll  Luft  von  4  m  Längo 
alles  Licht  bis  zu  der  Wellenlänge  0,185  ii  auszulöschen  vermag. 
Noch  grösser  ist  die  atmosphärische  Absorption  der  von  Schu- 
mann entdeckten  ultravioletten  Strahlen  (von  etwa  0,1  /m  Wellenlänge), 
welche  nur  in  äusserst  luftverdünntem  Raum  photographiert  werden 
konnten.  Es  nimmt  also  nach  diesem  Ende  des  Spektrums  die  Zer- 
streuung des  Lichtes  mit  abnehmender  Wellenlänge  viel  schneller  zu, 
als  die  oben  gegebene  aus  Langleys  Daten  berechnete  Formel  angiebt. 
Zufolge  Zerstreuung  des  brechbarsten  Lichtes  durch  den  Staub  ver- 
schiebt sich  die  Lage  des  Strahlungsmaximums  zu  immer  grösseren 
Wellenlängen,  je  dickere  Schichten  die  Strahlen  durchlaufen  haben. 
So  z.  B.  besitzt  E  in  der  letzten  Tabelle  (S.  500)  ein  Maximum  bei 
X  =  0,5  //,  E^  bei  0,55,  E2  bei  0,6  (i  etwa.  Für  jede  Atmosphäre  steigt 
Xmax  um  etwa  0,05  |M;  an  der  Aussengrenze  der  Atmosphäre  müsste 
Xmax  infolgedessen  etwa  0,5  n  betragen,  da  es  an  der  Erdoberfläche  bei 
hohem  Sonnenstand  etwa  0,55 /m  erreicht.  Da  nun  die  Temperatur  der 
Sonne  aus  der  Formel: 

Xmax  '  T  =  2890 

berechnet  wird,  so  erhält  man  den  Wert  r  =  5250,  wenn  Xmax  =  0,55 
beträgt  (vgl.  S.  131).  Dieser  Wert  muss  wahrscheinlich  um  etwa  10  Proz. 
erhöht  werden,  um  der  Zerstreuung  des  brechbarsten  Lichtes  in  der  Luft 
Rechnung  zu  tragen,  also  etwa  5900^  abs.  erreichen. 

In  ähnlicher  Weise  hat  Harkänyi  folgende  absolute  Temperaturen 
folgender  Sterne  berechnet:  Sonne  5450^  Sirius  6400^  Wega  6400", 
Arktur  2700«,  Aldebaran  2850»,  Beteigeuze  SlöO«.  Diese  Zahlen  sind 
wahrscheinlich  um  10  bis  12  Proz.  zu  erhöhen. 

Absorption  durch  Dämpfe.  Ganz  anders  verhalten  sich  die 
Dämpfe,  welche  teilv^eise  eine  sehr  starke  Absorption  auf  die  Wärme- 
strahlung ausüben,  wie  Tyndall  in  seinen  umfassenden  Untersuchungen 
gezeigt  hat.  In  diesem  Falle  ist  im  allgemeinen  die  Absorption  um  so 
stärker,  je  grössere  Wellenlänge  die  Strahlung  besitzt,  wie  dies  aus 
folgender  Tabelle  von  Tyndall  hervorgeht.  Dabei  sind  verschiedene 
Strahlungsquellen  benutzt  worden,  nämlich  Platinspiralen,  die  zu  Dunkel- 
rotglut (etwa  700  0  C),  Rotglut  (etwa  1100°  C.)  und  Weissglut  (etwa 
1600^  C.)  erwärmt  waren.  Je  heisser  die  Wärmequelle,  desto  kurz- 
welliger ist  die  Strahlung. 


IL  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde. 


503 


Absorbierender  Dampf  von 

Absorption  in  Prozent 

12,7  mm  Druck  und  1,2  m 

Dunkelrote 

Rotglühende 

Weissglühende 

Scbichtdicke 

Wärmequelle 

Wärmequelle 

Wärmequelle 

Schwefelkohlenstoff  CSa      .     . 

6,5 

4,7 

2,9 

Chloroform  CHCI3       .     . 

9,1 

6,3 

5,6 

Methyljodid  CH3J  .     .    . 

12,5 

9,6 

7,8 

Äthyljodid  C2H5J   .     .    . 

21,0 

17,7 

12,8 

Benzol,  CcHg       .... 

26,3 

20,6 

16,5 

Amylen  C5H10    .... 

35,8 

27,5 

22,7 

Äthyläther  C4H10O      .     . 

43,4 

31,4 

25,9 

Athylformiat  C2H5CO2H 

45,2 

31,9 

25,1 

Athylacetat  C2H5C2H40:i 

49,6 

34,1 

27,2 

IAus  dieser  Tabelle  geht  noch  eine  andere  Regelmässigkeit  hervor, 
ämlich  dass  die  Absorption  im  allgemeinen  um  so  grösser  ist,  je  zusammen- 
esetzter  die  absorbierenden  Moleküle  sind.  Am  deutlichsten  tritt  dies 
ei  den  einfachen  Gasen,  Wasserstoff,  Stickstoff  und  Sauerstoff  hervor, 
welche  nach  Tyndall  keine  Absorption  ausüben.  Dies  ist  zwar  nicht 
ganz  richtig  für  Sauerstoff',  der  ziemlich  starke  Absorptionsstreifen  im 
sichtbaren  Spektrum  besitzt,  welche  die  „atmosphärischen  Bänder"  A  und 
B,  sowie  a  zwischen  den  Linien  G  und  D  verursachen.  Diese  Absorption 
ist  jedenfalls  quantitativ  so  unbedeutend,  dass  sie  sich  bei  Tyndalls 
Versuchen  nicht  zu  erkennen  gab.  Die  Gase  in  der  Atmosphäre,  von  denen 
vermutet  werden  kann,  dass  sie  eine  merkliche  Absorption  zeigen,  sind 
Wasserdampf  und  Kohlensäure,  vielleicht  auch  die  wenig  bekannten 
Kohlenwasserstoffe,  die  in  sehr  geringer  Menge  in  der  Luft  vorhanden 
sind.  Davon  ist  Kohlensäure  am  leichtesten  zu  untersuchen.  Schon 
Tyndall  und  Lecher  haben  die  Absorption  der  Kohlensäure  für  die 
Strahlung  eines  100*^  warmen  Körpers  bestimmt.  Diese  Versuche  habe 
ich  zu  komplettieren  versucht  und  auf  Strahlen  eines  15^  warmen 
Körpers  ausgedehnt.  Da  der  letzterwähnte  Fall  recht  genau  den  Ver- 
hältnissen bei  der  Strahlung  der  Erde  gegen  den  leeren  Raum  ent- 
spricht, wollen  wir  einige  der  betreffenden  Ziffern  wiedergeben.  Zur 
Absorption  von  Ä  Prozent  sind  die  unter  l  geschriebenen  Schichten- 
dicken (in  Centimetern)  von  reiner  Kohlensäure  bei  15*^  und  760  mm 
Druck  nötig. 


1 

2 

5 

10 

15 

20 

25 

30 

0,6 

1,3 

5,0 

20,7 

60 

142 

300 

580 

504  Physik  der  Atmosphäre. 

Zwar  ging  die  Wärmestrahlung  durch  zwei  1  cm  dicke  Steinsalz- 
platten, die  einen  Theil  derselben  absorbieren,  die  deswegen  anzubringende 
Korrektion  dürfte  aber  ziemlich  belanglos  sein.  Da  nun  die  Absorption 
der  Kohlensäure  sich  noch  mehr  bei  den  schräg  als  bei  den  lotrecht  zur 
Erdoberfläche  laufenden  Strahlen  geltend  macht,  so  wirkt  die  Atmo- 
sphäre viel  mehr  —  die  Kechnung  zeigt  etwa  1,75  mal  mehr  —  als 
die  Kohlensäuremenge  in  einer  lotrechten  Luftsäule.  Diese  entspricht 
einer  Schichtdicke  von  250  cm,  also  würde  die  Atmosphäre  eine  ebenso 
kräftige  Absorption  ausüben  wie  eine  Schicht  Kohlensäure  von  437  cm 
Dicke,  d.  h.  etwa  27,8  Proz.  der  Brdstrahlung  absorbieren.  Diese  ab- 
sorbierte Wärmemenge  wird  natürlicherweise  wieder  in  den  Welt- 
raum ausgestrahlt,  aber  da  der  strahlende  Körper  viel  kälter  als  die 
Erde  ist,  so  wird  auch  seine  Strahlung  viel  geringer  sein,  sodass  that- 
sächlich  Wärme  der  Erde  erhalten  wird.  Und  zwar  ist  diese  Ersparnis 
ganz  bedeutend,  indem  sie  einer  Erhöhung  der  Erdtemperatur  von  etwa 
14,5  "^  entspricht. 

O 

In  jüngster  Zeit  hat  Angström  nachgewiesen,  dass,  wenn  die 
Strahlung  eine  bestimmte  Menge  Kohlensäure  durchläuft,  die  Wärme- 
absorption mit  dem  Druck  steigt.  Wegen  dieses  Umstandes  sind  die 
obenerwähnten  Ziffern  etwas  zu  hoch.  Es  ist  zugleich  wahrscheinlich, 
dass  die  Kohlensäureabsorption  bei  sinkender  Temperatur  zunimmt,  wo- 
durch der  letzterwähnte  Einfluss  kompensiert  wird.  Eine  noch  nicht 
genau  ermittelte  Korrektion  ist  deshalb  an  ihnen  anzubringen. 

Viel  weniger  wirkt  die  Kohlensäure  auf  die  Sonnenstrahlung.  Schon 
die  Strahlung  einer  100 gradigen  Wärmequelle  wird  nur  0,7  mal  so  stark 
von  der  Kohlensäure  absorbiert  wie  die  Strahlung  einer  15  gradigen. 
Noch  geringer  ist  die  Wirkung  auf  die  Sonnenwärme,  indem  Angström 
sich  vergeblich  bemüht  hat,  diese  Absorption  direkt  nachzuweisen.  Man 
kann  aus  der  Lage  und  Breite  der  Absorptionsbänder  der  Kohlensäure 
ihre  Absorption  der  Sonnenstrahlung  zu  etwa  2  Proz.  schätzen,  sie  ist 
jedenfalls  so  unbedeutend,  dass  sie  ohne  merklichen  Fehler  ausser  Rech- 
nung gelassen  werden  kann. 

Viel  kräftiger  wirkt  der  Wasserdampf.  Angström  hat  die  Absorp- 
tion desselben  für  Sonnenstrahlung  so  zu  bestimmen  versucht,  dass  er 
das  Sonnenspektrum  graphisch  darstellte  und  die  Lücken  darin  aus- 
füllte, wodurch  er  das  Sonnenspektrum  an  der  Aussenseite  der  Atmo- 
sphäre erhielt.  Hieraus  konnte  er  offenbar  die  Absorption  des  Wasser- 
dampfes unter  der  Annahme,  dass  Wasserdampf  alle  die  erwähnten 
Lücken  verursacht,  berechnen.     Er  fand  für  eine  absorbierende  Schicht 


I 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde.  505 

n  2,1  cm  bezw.  9,9  cm  (auf  flüssiges  Wasser   reduziert),   ein  Absorp- 
üsVermögen  des  Wasserdampfes  von  1 5  bezw.  27  Proz.   Die  folgenden 
Werte  sind  einer  Kurve  von  Angström  entnommen,  wobei  entsprechende 
W,'rio  von  Schukewitsch  (in  Klammern)  mit  eingeschrieben  sind: 

^  =  5         10         15        20  25  Proz.  Absorption 

;  =  0,30      0,85     2,1'      4,2  (5,2)     6,8  (10)  cm  Wasser. 

Wie  ersichtlich,  bietet  das  Verhalten  des  Wasserdampfes  ungefähr 
-selbe  Bild  wie  dasjenige  der  Kohlensäure,  indem  die  Absorption  viel 
langsamer  als  der  absorbierenden  Menge  proportional  zunimmt. 

Die  Absorption  des  Wasserdampfes  für  die  Erdstrahlung  ist  noch 
nicht  genau  untersucht,  dürfte  aber  diejenige  der  Kohlensäure  nicht 
unbedeutend  übertreffen.  Dabei  ist  zu  bemerken,  dass  der  Wasserdampf 
im  Gegensatz  zu  der  Kohlensäure  in  den  niedersten  Schichten  der  At- 
mosphäre konzentriert  ist.  Dadurch  wird  die  wärmeschützende  Kraft 
des  Wasserdampfes  bedeutend  geringer  als  sie  sonst  sein  würde. 

Es  ist  bei  den  Untersuchungen  über  die  Wärmeabsorption  des 
Wasserdampfes  sehr  schwer,  seine  Wirkung  von  derjenigen  des  Staubes 
zu  unterscheiden.  Denn,  wie  oben  gezeigt  wurde,  schlägt  sich  der 
Wasserdampf  schon  lange,  bevor  Sättigung  eingetreten  ist,  teilweise 
auf  den  Staub  nieder  und  verstärkt  dadurch  die  Undurchsichtigkeit,  die 
der  Staub  an  sich  hervorbringt. 

Der  Wasserdampf  hat  sehr  viele  charakteristische  Liniengruppen, 
die  meisten  im  Ultrarot,  wo  er  für  Licht  von  grösserer  Wellenlänge  als 
16  fi  so  gut  wie  undurchsichtig  erscheint.  Im  sichtbaren  Spektrum  be- 
finden sich  einige  Liniengruppen  in  der  Nähe  von  a,  C  und  D,  welche 
se  charakteristisch  sind,  dass  sie  „Regenbänder"  genannt  werden,  indem 
man  Regen  prophezeit,  wenn  sie  stark  auftreten. 

Die  stark  rote  Färbung  der  untergehenden  Sonne  bei  starkem 
Wasserdampfgehalt  der  Luft  dürfte  nicht  von  dem  Wasserdampf  direkt, 
sondern  von  Staubpartikelchen  mit  darauf  kondensiertem  Wasser  her- 
rühren. 

Messungen  über  den  jährlichen  und  täglichen  Gang  der 
Sonnenstrahlung.  Die  oben  gegebenen  Kurven  Figg.  170  und  171 
stellen  die  Strahlungsintensität  an  einem  Tage  (13.  Aug.  1888)  zu  Mont- 
pellier und  Mont  Ventoux  dar.  Wie  aus  denselben  ersichtlich,  steigt 
anfangs  nach  Sonnenaufgang  die  Strahlung  sehr  schnell  an,  um  nachher 
zur  Mittagszeit  durch  ein  sehr  flaches  Minimum  zu  gehen  und  ein  paar 
Stunden   vor   Sonnenuntergang  wieder   sehr   schnell   zu   sinken.      Dies 


506  Physik  der  Atmosphäre. 

scheint  besonders  bei   starkem  Wassergehalt  der  Atmosphäre   sehr  ge- 
wöhnlich zu  sein. 

Savelieff  hat  in  Kiew  während  der  Jahre  1891  und  1892  stünd- 
liche Messungen  der  Sonnenstrahlung  mit  Hilfe  eines  Cro vaschen  re- 
gistrierenden Aktinographen  ausgeführt.  Aus  diesen  hat  Hann  fol- 
gende Mittelwerte  abgeleitet: 


Zeit     .    . 

4—5 

5—6 

6—7 

7—8 

8-9 

9—10 

10—11 

11—12 

Winter    . 

— 

— 

— 

0,04 

0,12 

0,19 

0,27 

0,30 

Frühling 

0,03 

0,13 

0,30 

0,40 

0,42 

0,46 

0,48 

0,48 

Sommer  . 

0,09 

0,34 

0,54 

0,68 

0,73 

0,78 

0,79 

0,72 

Herbst     . 

— 

0,01 

0,13 

0,32 

0,43 

0,50 

0,56 

0,59 

Zeit    .    .  12-1  1—2  2—3  3—4  4—5  5—6  6—7  7-8 

Winter   .     0,31  0,28  0,23  0,15  0,05        _  _         — 

Frühling     0,51  0,48  0,44  0,43  0,41  0,30  0,15  0,03 

Sommer  .     0,69  0,64  0,62  0,60  0,54  0,47  0,30  0,09 

Herbst    .    0,59  0,54  0,52  0,44  0,31  0,14  0,01  — 

Die  Zahlen  sind  in  Kalorien  pro  cm^  und  Minute  angegeben.    Um 
den  Wärmegewinn  des  Erdbodens   zu  finden,   muss   man   diese  Ziffern 
mit  dem  Cosinus  der  Zenithdistanz  der  Sonne  multiplizieren.    Dass  die 
Werte  so  niedrig  ausfallen,  kommt  daher,  dass  die  Zahlen  Mittelwert 
sind  und  nicht  nur  ganz  klaren  Tagen  entsprechen.    Als  Beispiel  ein' 
solchen   möge  der  7.  Jan.  1899   zu  Kiew   angeführt  werden  (n.  Br.  5i> 
24',  Höhe  100  m). 

Zeit   9,5'*a  10,2     11,0     11,7     12,0     12,8?^  1,1     1,9     2,3     2,9     3,1     3,4 

cal.    0,86       1,03     1,10    1,15     1,10    1,12  1,08  0,99  0,92  0,77  0,69  0,58  i 

t 

Diese  Ziffern  gelten  für   eine   senkrecht   gegen  die  Sonnenstrahlen! 
stehende  Fläche.    Wie  die  Zahlen  für  eine  horizontale  Fläche  ausfallen, 
zeigen  folgende  Daten  von  Homen   (Mittel   der   ganz  klaren  Tage  14. 
und   15.  Aug.,  2.  und  3.  Sept.  1896,    60»  17'  n.  Br.,  23*'  40'  E.  v.  Gr.,, 
Höhe  60  m).  j 

Zeit  6a7       8       9       10       11       12       lp2       3        4       56 
cal.   0,12  0,30  0,51  0,73     0,87     0,96    0,97  0,92  0,76  0,60  0,43  0,27  0,14 

Durch  die  Eeduktion  auf  die  horizontale  Fläche  verschwindet  das  Mini- 
mum zur  Mittagszeit. 

Die  jährliche  Schwankung  zeigt   eine  sehr  ausgeprägte  Ähnlichkeit 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde.  507 

mit   der  täglichen,   wie    folgende    Daten    von   Crova   für  Montpellier 

(430  36'  n.  Br.  und  60  m  Höhe;  11  jähriges  Mittel)  belegen.  Die  Daten 
lu'ziehen  sich  auf  senkrechte  Strahlung  kurz  vor  Mittag: 


i 


n.  Febr.  März  Apr.  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 
,03    1,06     1,10   1,16 1,16  1,11   1,11   1,07    1,08    1,04  1,05    0,98    1,08 


Das  Minimum  fällt  in  den  Dezember  mit  dem  niedrigsten  Sonnenstande 
zusammen,  das  Maximum  kommt  dagegen  im  April  und  Mai  vor  dem 
höchsten  Sonnenstande.  Nach  demselben  erscheint  ein  sehr  schwaches 
Maximum  im  September.  Das  Maximum  würde  ohne  Zweifel  in  den 
Juni  fallen,  wenn  nicht  Wasserdampf  und  Staub  im  Sommer  stark  zu- 
nähmen (wie  zur  Mittagszeit).  Der  Transmissionskoeffizient  hatte  ein 
Maximum  im  Dezember  (0,71),  ein  Minimum  im  Sommer  (0,48). 

Die  mittlere  tägliche  Wärmesumme  (in  cal.  pr.  cm^  für  horizontalen 
Ih'dboden)  zu  Kiew  betrug  nach  einem  dreijährigen  Mittel: 


y 


Jan.  Febr.  März  Apr.  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 
24      67       99      122    318    325    328   306     227    125     34      13      166. 


Wenn  alle  Tage  vollkommen  klar  gewesen  wären,  so  würde  das  Jahres- 
mittel anstatt  166  cal.  pro  Tag  etwa  doppelt  so  gross  ausgefallen  sein 
(338  cal.  pro  Tag).  Diese  letzte  Ziffer  beträgt  43,9  Proz.  von  der  theo- 
retischen Einstrahlung  (770  cal.  pro  Tag),  welche  an  der  Grenze  der 
Atmosphäre  ankommt  (gerechnet  mit  2,5  cal.  pro  min.  als  Sonnen- 
konstante). Wie  wir  später  sehen  werden,  entspricht  dies  einem  Trans- 
missionskoeffizienten  von  etwa  0,65. 

Oben  haben  wir  den  Transmissionskoeffizienten  der  Luft  unter  Be- 
rücksichtigung des  Staubes  allein  auf  0,76  geschätzt.  Der  Unterschied 
zwischen  dieser  Zahl  und  den  gefundenen  wäre  der  Absorption  durch 
Wasserdampf  und  Kohlensäure  zuzuschreiben.  Diese  Absorption  würde 
demnach  für  den  Winter  in  Montpellier  einer  Schichtdicke  von  3  mm 
und  für  Kiew  im  Mittel  einer  von  8,5  mm  Wasser  entsprechen.  Die 
entsprechende  Schichtdicke  wäre  für  den  Sommer  in  Montpellier  etwa 
90  mm.  Diese  Zahlehwerte  scheinen  nicht  allzu  schlecht  mit  den  that- 
sächlich  beobachteten  Werten  der  Luftfeuchtigkeit  übereinzustimmen. 

Der  ungewöhnlich  hohe  Transmissionskoeffizient  0,85  für  Guimar 
auf  Teneriffa  scheint  anzudeuten,  dass  der  Staubgehalt  der  Luft  über 
dem  Meer  bedeutend  (mehr  als  doppelt)  geringer  ist  als  auf  kontinen- 
talen Stationen. 


508  Physik  der  Atmospliäre. 

Die  Verschiedenheit  der  Sonnenstrahlung  an  verschiede- 
nen Orten.  Der  wichtigste  Faktor  zur  Bestimmung  des  Klimas  ist  die 
Einstrahlung  von  der  Sonne.  Dabei  ist  zunächst  hervorzuheben,  dass  die 
Erde  in  der  Zeit,  in  der  sie  einen  Grad  der  Ekliptik  durchläuft,  immer 
dieselbe  Wärmemenge  erhält.  Die  Zeit,  welche  die  Erde  in  ihrer  Bahn 
zum  Beschreiben  eines  Bogens  von  l''  braucht,  ist  nämlich  zufolge  des 
zweiten  Kepler  sehen  Gesetzes  proportional  dem  Quadrat  der  Entfernung 
von  der  Sonne.  Wenn  v  den  von  der  Erde  während  der  Zeit  t  in  der 
Entfernung  r  von  der  Sonne  beschriebenen  Winkel  darstellt,  so  kann  das 
genannte  Gesetz  in  folgender  Form  dargestellt  werden  (vgl.  S.  74): 

r'^v  =  Kt, 

worin  K  eine  Konstante  bedeutet. 

Die  Strahlung  <S'  von  der  Sonne  gegen  die  Erde  in  der  Zeit  t  ist 
andererseits  durch  den  Ausdruck: 

gegeben,  wobei  Ä  eine  neue  Konstante  bedeutet.  Hieraus  folgt  durch 
Multiplikation : 

SK-t  =  Ävt  oder  S=  C-v, 

worin  C  eine  dritte  Konstante  bedeutet.  Die  auf  die  ganze  Erde  ein- 
gestrahlte Wärmemenge  ist  infolgedessen  dem  von  der  Erde  um  die 
Sonne  beschriebenen  Winkel  proportional. 

Diese  schon  seit  Newtons  Zeiten  bekannte  Überlegung  ist  von 
gTosser  Bedeutung.  Rechnet  man,  wie  gewöhnlich,  den  betreffenden 
Winkel  von  dem  Frühlingspunkt  ab,  so  kann  man  einen  ähnlichen 
Schluss,  wie  für  die  ganze  Erde,  für  jeden  beliebigen,  zwischen  zwei 
Breitekreisen  gelegenen  Teil  der  Erde  gelten  lassen.  Denn  die  Be- 
strahlung eines  solchen  Teils  hängt,  ausser  von  der  Entfernung  von 
der  Sonne,  nur  von  dem  Einfallswinkel  der  Sonnenstrahlen  ab  und  dieser 
Winkel  ist  nur  von  der  Neigung  der  Erdachse  gegen  den  Leitstrahl  von 
der  Sonne  abhängig.  Sobald  aber  der  Winkel  zwischen  diesem  Leit- 
strahl und  demjenigen  zum  Frühlingspunkt  der  gleiche  ist,  so  ist  die 
genannte  Neigung  dieselbe,  sie  ist  unabhängig  von  der  Länge  des  Leit- 
strahls. Es  folgt  hieraus,  dass,  wenn  die  Erde  denselben  Winkel  (von 
dem  Frühlingspunkt  gerechnet)  beschreibt,  so  erhält  eine  beliebige 
zwischen  zwei  Breitekreisen  gelegene   Zone   dieselbe  Wärmemenge  von 


f 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde.  509 


der  Sonne,  unabhängig  von  der  Entfernung  der  Erde  von  der  Sonne. 
Dies  gilt  z.  B.  für  das  ganze  Sommerhalbjahr  oder  das  ganze  Winter- 
halbjahr, während  dessen  die  Erde  den  Winkel  0 — 180^  bezw.  180*^ 
bis  360*^  beschreibt. 

Im  Laufe  der  Zeit  hat  (vgl.  oben  S.  273)  die  Excentrizität  der  Erd- 
bahn sich  geändert.  Infolgedessen  ist  die  Länge  des  Sommers  (der  nörd- 
lichen Halbkugel)  veränderlich  gewesen.  Aber  immer  ist,  so  lange  die 
rmlaufszeit  der  Erde  sich  nicht  geändert  hat,  die  Wärmeeinstrahlung 
während  des  Sommers  auf  eine  beliebige  Zone  der  Erde  dieselbe  ge- 
blieben und  ebenso  während  des  Winters.  Nur  ist  diese  Wärme- 
menge auf  eine  grössere  oder  kürzere  Zeit  verteilt  gewesen.  Es  kann 
liglich  durch  diese  Änderung  der  Excentrizität  nicht  die  jährliche  Ein- 
strahlung auf  eine  bestimmte  Zone,  noch  die  Ausstrahlung  davon  in 
den  Weltraum  sich  geändert  haben,  solange  die  Umlaufszeit  der  Erde 
konstant  geblieben  ist.  Es  kann  demnach  auf  diese  Weise  keine  nen- 
nenswerte Änderung  der  mittleren  Temperatur  der  betreffenden  Zone, 
wie  sie  etwa  die  Cr  oll  sehe  Hypothese  verlangt,  sondern  nur  eine  Ver- 
[rösserung  oder  Verminderung  der  Temperaturvariation  im  Jahre  ent- 
luden sein. 

Etwas  anders  verhält  es  sich,  wenn  die  Neigung  der  Erdachse  gegen 
ie  Ekliptik  sich  geändert  hat,  worauf  wir  weiter  unten  zurückkommen 
werden. 

Berechnung  der  Wärmeeinstrahlung,  wenn  von  der  Wir- 
kung der  Atmosphäre  abgesehen  wird.  Aus  den  eben  ange- 
führten Gründen  bietet  es  einen  bestimmten  Vorteil,  die  Wärmemenge 
zu  berechnen,  welche  auf  1  cm^  der  Erdoberfläche  einfällt,  während 
sie  einen  Bogen  von  l**  beschreibt,  statt  derjenigen,  welche  während 
eines  Tages  einstrahlt.  Diese  Eechnung  ist  eine  rein  mathematische, 
prinzipiell  einfache,  aber  recht  zeitraubende  Arbeit.  Es  wird  dabei  vor- 
ausgesetzt, dass  die  Stärke  der  Strahlung  dem  Cosinus  des  Winkels 
zwischen  der  Strahlungsrichtung  und  der  Normale  gegen  die  Erdoberfläche 
proportional  ist.  Die  genannte  Berechnung  giebt  Kesultate,  welche  in  der 
untenstehenden  Tabelle,  die  einer  Arbeit  von  Zenker  entlehnt  ist,  zu- 
-^aramengestellt  sind.  Dabei  wird  die  Wärmemenge  gleich  1  gesetzt, 
welche  der  betreffende  Punkt  erhalten  würde,  wenn  die  Sonne  die  ganze 
/eit_  im  Zenith  stände. 

Wenn  die  Sonne  zwischen  180*^  und  360*^  Länge  steht,  so  gelten 
dieselben  Zahlen  wie  in  der  Tabelle,  nur  gelten  diejenigen,  die  in  der 
Tabelle    für    die   nördliche    Halbkugel    angeführt    sind,    dann  für.  die 


510 


Physik  der  Atmosphäre. 


Südliche  und  umgekehrt.     In  dieser  Weise   umfasst  die  Tabelle  alle 
Fälle. 


Geogr. 
Breite 

Längen  der  Sonne 

0" 

10" 

20" 

300 

400 

500 

600 

700 

800 

(1800) 

(170») 

(160") 

(1500) 

(1400) 

(1300) 

(1200) 

(1100) 

(1000) 

900 

N.  90 



0,069 

0,136 

0,199 

0,256 

0,305 

0,345 

0,374 

0,392 

0,398 

80 

0,055 

093 

139 

196 

252 

300 

339 

368 

386 

392 

70 

109 

143 

180 

217 

254 

291 

324 

351 

368 

374 

CO 

159 

190 

221 

252 

281 

308 

330 

347 

358 

362 

50 

205 

231 

258 

283 

306 

326 

343 

355 

363 

366 

40 

244 

266 

287 

306 

324 

339 

351 

359 

365 

367 

30 

276 

295 

308 

322 

334 

343 

351 

356 

359 

3G0 

20 

299 

310 

320 

328 

334 

339 

342 

344 

345 

346 

10 

313 

319 

323 

325 

326 

326 

325 

324 

323 

323 

0 

318 

318 

315 

312 

308 

303 

299 

295 

293 

292 

S.  10 

313 

307 

299 

290 

281 

273 

266 

259 

255 

254 

20 

299 

286 

273 

260 

247 

235 

224 

216 

211 

209 

30 

276 

260 

240 

222 

206 

191 

178 

169 

163 

161 

40 

244 

221 

199 

178 

159 

.143 

129 

119 

113 

111 

50 

205 

178 

153 

130 

110 

092 

079 

069 

063 

061 

60 

159 

130 

103 

078 

060 

044 

032 

023 

019 

017 

70 

109 

078 

052 

030 

015 

004 

— 

— 

— 

— 

80 

055 

024 

005 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

90 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Um  aus  dieser  Tabelle  die  Einstrahlung  während  eines  Tages  zu 
erhalten,  muss  man  mit  einem  Faktor  Dq  '^ :  D^  multiplizieren,  worin  Do 
die  mittlere,  D  dagegen  die  thatsächliche  Entfernung  von  der  Sonne 
bedeutet.  Die  in  dieser  Weise  erfolgende  Korrektion  beläuft  sich  auf 
höchstens  etwa  3,5  Proz.  und  ist  in  unserem  Winterhalbjahr  positiv,  im 
Sommerhalbjahr  dagegen  negativ.  Im  grossen  und  ganzen  wird  dadurch 
nichts  wesentliches  an  der  Erscheinung  geändert.  Auffallend  ist.  es, 
dass  in  den  Sonnenwendezeiten  die  Einstrahlung  an  dem  bestrahlten 
Pol  ein  Maximum  besitzt  und  danach  durch  ein  schwaches  Minimum 
bei  etwa  60*^  Br.  geht.  Danach  kommt  wieder  ein  schwaches  Maximum 
bei  etwa  45^  Br.,  wonach  die  Strahlung  erst  allmählich  und  dann  ra- 
pider bis  zum  entgegengesetzten  Pole  abnimmt.  Wenn  demnach  die  Luft 
unsere  Erde  nicht  umgäbe  und  die  grossen  im  Winter  angesammelten 
Eismassen  nicht  bedeutende  Wärmemengen  bei  ihrer  Schmelzung 
konsumierten,  so  würden  die  Pole  im  Hochsommer  die  höchste  Tempe- 


I 


IL  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde. 


511 


•atur  auf  der  Erdoberfläche  besitzen.     Dies   würde   beispielsweise  ein- 
|, reffen,  wenn  die  Erde  wie  der  Mond  konstituiert  wäre. 

Um  nun  die  Wärmeeinstrahlung  während  eines  bestimmten  Teiles 

Jahres  zu  erhalten,   summiert  man  die  Strahlung  Grad  für  Grad. 

\lan  erhält  auf  diese  Weise  folgende  Tabelle,  die  von  Wiener  herrührt. 

)ie  Tabelle  giebt  die  totale  Wärmestrahlung,  während   die  Erde  einen 

iVinkel  von  45"^  beschreibt.    Um  Werte   für  die  südliche  Halbkugel  zu 

i  erhalten,  hat  man  zu  der  in  der  Tabelle  angegebenen  Länge  der  Sonne 

kso"  hinzuzufügen. 


Nördl. 

lalbkugel. 

Br. 


Längen  der  Sonne  in  der  Ekliptik 


90" -135» 
45"— 90« 


135"— 180» 
0"— 45» 


180»— 225» 
315»-360» 


225»— 270» 
270»— 315» 


Sommer 

0»- 180» 


Winter 

180»- 360» 


Jahr 


Proz. 


0,0371 
405 
429 
441 
443 
436 
423 
422 
441 
448 


0,0392 
403 
401 
388 
363 
329 
285 
238 
198 
186 


0,0392 
370 
338 
295 
244 
186 
124 
063 
015 


0,0371 
328 
276 
217 
155 
093 
036 
001 


0,153 
162 
166 
166 
161 
153 
142 
132 
128 
127 


0,153 
140 
123 
102. 
0799 
0558 
0320 
0128 
0031 


0,305 
0,301 
0,289 
0,268 
0,241 
0,209 
0,174 
0,145 
0,131 
0,127 


100 
99,2 
94,8 
87,9 
79,0 
68,5 
57,0 
47,5 
43,0 
41,6 


In  dieser  Tabelle  ist  als  Einheit  die  Wärmemenge  genommen,  welche 
3me  gegen  die  Sonnenstrahlen  senkrechte  1  cm  2  grosse  schwarze  Platte 
n  einem  Jahr  erhalten  würde.  In  der  letzten  Kolumne  ist  zur  Über- 
seht die  Strahlung  in  Prozent  derjenigen  am  Äquator  ausgerechnet. 
Wie  man  daraus  ersieht,  ändert  sich  die  Strahlung  in  der  Nähe  des 
Äquators  sehr  langsam.  Am  grössten  ist  die  Änderung  bei  etwa  50  ^  Breite, 
n  der  Nähe  der  Pole  wird  sie  wiederum  sehr  gering.  Am  Pole  selbst 
erreicht  die  Strahlung  42  Proz.  des  Wertes  am  Äquator. 

Die  Temperatur  unter  verschiedenen  Breitegraden.  Wenn 
keine  Wärmeübertragung  zwischen  den  verschiedenen  Teilen  der  Erde 
stattfände,  könnten  wir  aus  den  oben  angeführten  Daten  die  mittlere 
Temperatur  für  einen  bestimmten  Ort  in  derselben  Weise  berechnen, 
wie  wir  es  oben  betreffs  des  Mondes  gethan  haben.  Dabei  ist  zu  be- 
merken, dass  in  den  oben  gegebenen  Tabellen  keine  Kücksicht  auf  die 
Atmosphäre  genommen  ist.    Jetzt  wollen  wir  dies  insofern  thun,  als  wir 


512  Physik  der  Athmosphäre. 

den  durch  selektive  Reflexion  am  Staub  und  an  Wolken  in  der  Atnid- 
sphäre  verursachten  "Wärmeverlust  berücksichtigen.  Dieser  betrage  im 
Mittel  für  die  ganze  Erde  etwa  25  Proz.  (vgl.  S.  501)  und  die  Sonnen- 
konstante sei  gleich  2,5  angenommen.  Wir  rechnen  also  so,  als  ob  die  Sonnen- 
strahlung 1,875  cal.  pro  Minute  betrüge,  d.  h.  als  ob  die  Staubwirkun;.' 
über  die  ganze  Erde  gleich  wäre.  Die  diesbezüglichen  Unterschiede  wer- 
den wir  unten  besprechen. 

Nach  dieser  Methode,  die  zuerst  von  Christiansen  eingeschlagen 
wurde,  erhalten  wir  folgende  Werte  der  mittleren  Jahrestemperatur,; 
welche  mit  den  Werten  zusammengestellt  sind,  die  Spital  er  und  für' 
südliche  Breiten  über  60"  Dove,  der  zuerst  die  Mitteltemperaturen  fi 
die  verschiedenen  Breitengrade  untersuchte,  aus  den  Beobachtungen  er- 
mittelt haben. 

Breite         ber.  beob. 

n.  Halbk.    s.  Halbk.      Mittel.  Diff. 


0 

20,8 

25,9 

25,9 

25,9 

+    5,1 

10 

19,7 

26,4 

25,0 

25,7 

+    6,0 

20 

16,7 

25,6 

22,7 

24,1 

+    7,8 

30 

11,5 

20,3 

18,5 

19,4 

+    7,9 

40 

4,0 

14,0 

11,8 

12,9 

+    8,9 

50 

—    5,8 

5,6 

5,9 

5,7 

+  11,5 

60 

—  17,7 

—    0,8 

-    0,7 

-    0,7 

+  17,0 

70 

—  29,3 

—    9,9 

-    4,8 

-    7,3 

+  22,0 

80 

—  35,3 

—  16,5 

—    8,0 

—  12,3 

+  23,0 

90 

—  37,2 

—  20,0 

—  10,0 

—  15,0 

+  22,2 

Die  mittlere  Temperatur  beträgt  15,1",  während  6,5"  berechnet  ist, 
einer  Differenz  von  8,6"  C.  entsprechend. 

Die  Temperatur  der  Erde  ist  demnach  nicht  unbedeutend  höher 
als  die  obige  Rechnung  ergiebt.  Dies  rührt  daher,  dass  die  absorbie- 
renden Gase  in  der  Luft  die  Wärmeverluste  der  Erde  vermindern. 

Eigentlich  müsste  man  den  berechneten  Temperaturwert  in  der  Nähe 
des  Äquators  um  etwa  drei  Grad  erhöhen  und  denjenigen  in  der  Nähe 
der  Pole  um  etwa  gleich  viel  herabsetzen.  Die  durchstrahlte  Schicht 
erreicht  nämlich  beim  Äquator  bei  weitem  nicht  den  angenommenen 
Mittelwert,  in  der  Nähe  der  Pole  überschreitet  sie  ihn  dagegen.  Die  des- 
wegen einzuführende  Korrektion  kann  etwa  auf  den  obengenannten  Be- 
trag geschätzt  werden.     Dadurch  wird  der  Unterschied  zwischen  dem 


(' 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde.  513 


lechneten  und  dem  beobachteten  Wert  für  den  Äquator  nahezu  ver- 
>rliwindend,  für  die  polaren  Gegenden  dagegen  vergrössert. 

Die  starke  Ausgleichung  zwischen  den  Temperaturen  an  Pol  und 
Äquator,  welche  in  den  beobachteten  Ziffern,  verglichen  mit  den  berech- 
neten, hervortritt,  beruht  auf  dem  Wärmetransport  durch  die  Luft-  und 
Meeresströmungen.  Diese  wirken  kräftiger  auf  der  südlichen  Halbkugel, 
als  auf  der  nördlichen,  weil  jene  überwiegend  mit  Meeren  bedeckt  ist. 

Dieser  Umstand  macht  sich  noch  mehr  geltend  in  der  Amplitude 
iKr  Temperaturvariation  im  Jahre.  Der  Unterschied  der  Sonnenstrahlung 
in  verschiedenen.  Jahreszeiten  ist  wie  die  Tabelle  auf  S.  510  zeigt,  in 
den  Äquatorialgegenden  sehr  gering.  Er  nimmt  von  dort  ab  stetig  zu  und 
I  iroicht  ein  Maximum  an  den  Polen.  Eine  Temperaturberechnung  für  jede 
Jahreszeit  nach  der  oben  angewandten  Methode  würde  sehr  stark  von 
der  Erfahrung  abweichende  Kesultate  ergeben,  weil  die  Luft-  und  Erd- 
und  noch  mehr  die  Wassermassen  einen  stark  ausgleichenden  Einfluss 
in  so  kurzen  Zeitintervallen  ausüben.  Es  folgen  hier  die  mittleren  Tem- 
peraturen unter  verschiedenen  Breitegraden  im  Januar  und  Juli,  deren 
Differenzen  als  einMaass  der  jährlichen  Temperaturschwankung  angesehen 
werden  mögen.  Die  Verteilung  der  Temperatur  auf  der  Erdoberfläche 
in  diesen  beiden  Monaten  ist  durch  die  Isothermenkarten,  Figg.  179 
und  180,  leicht  ersichtlich. 


Nördliche  Halbkugel 

Südliche 

Halbkugel 

Breite 

Jan. 

Juli 

Diff. 

Jan. 

Juli 

Dift 

90 

—  36,0 

2,0 

38,0 

-    5,2        - 

-  14,0 

8,8 

80 

—  32,0 

2,6 

34,6 

—    3,2 

-  12,0 

8,8 

70 

—  25,5 

7,3 

32,8 

-    0,4         - 

-    9,1 

8,7 

60 

—  16,0 

14,1 

30,1 

2,2        - 

-    2,9 

5,1 

50 

-    7,2 

18,1 

25,3 

8,1 

3,2 

4,9 

40 

3,9 

23,8 

19,9 

16,1 

9,7 

6,4 

30 

13,9 

27,4 

13,5 

22,6 

15,3 

7,3 

20 

21,7 

28,1 

6,4 

25,5 

20,5 

5,0 

10 

25,7 

26,7 

1,0 

25,9 

24,0 

1,9 

0 

26,2 

25,5 

0,7 

26,2 

25,5 

0,7 

Eigentümlichkeiten  in  der  Temperaturverteilung.  Bei 
seinen  Berechnungen  über  die  mittleren  Temperaturen  fand  Dove  die 
beim  ersten  Anblick  sehr  eigentümlich  erscheinende  Thatsache,  dass  die 
mittlere  Temperatur  der  Erde  im  Juli  (d.  h.  während  des  Sommers  der 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  33 


514  Physik  der  Atmosphäre. 

nördlichen  Halbkugel)  viel  höher  ist,  wie  im  Januar  (Winter  der  nörd- 
lichen Halbkugel). 

Es  erreichen  nämlich  nach  Spital  er  die  Mittelwerte  der  Tempe- 
ratur für  verschiedene  Erdteile  folgende  Grössen: 

Jan.  Juli  Mittel  Schwankuiip 

Nördliche  Halbkugel    ....      8,0  22,5        15,2        14,5 

Südliche  Halbkugel      ...    .     17,5  12,4        14,9          5,1 

Die  ganze  Erde 12,7  17,4        15,1          4,7 

Diese  Eingentümlichkeit  hängt  mit  der  Verteilung  von  Land  und 
Wasser  auf  den  beiden  Halbkugeln  zusammen.  Die  nördliche  Halb- 
kugel hat  etwa  40  Proz.  Landbedeckung  und  damit  ein  mehr  kontinen- 
tales Klima,  wodurch  die  relativ  grosse  Jahresschwankung  von  14,5'^  C 
entsteht.  Die  südliche  Halbkugel  mit  nur  13  Proz.  Landbedeckung  hat 
ein  mehr  oceanisches  Klima  und  deshalb  eine  kleine  Jahresschwankuiiu 
von  nur  5,1^  C  Die  Jahresschwankung  der  ganzen  Erde  wird  demnacli 
in  derselben  Richtung  gehen  wie  diejenige  der  nördlichen  Halbkugel  und 
zwar  wird  sie  folgende  Grösse  erreichen: 

14,5  ~-  5,1  .  A'70  (^ 

2  ~    '      ^' 

Auch  die  mittlere  Temperatur  der  nördlichen  Halbkugel  übersteitit 
diejenige  der  südlichen  im  Absolutbetrag  mit  etwa  0,3*^  C.  In  der  Nähe 
des  Äquators  ist  dieser  Überschuss,  wie  die  Tabelle  auf  S.  513  zeigt, 
sehr  bedeutend,  die  mittlere  Temperatur  zwischen  Äquator  und  45**  n.  Br. 
beträgt  22,1^  C.  und  übersteigt  den  entsprechenden  Wert  auf  der  süd- 
lichen Halbkugel,  21,0'*  C,  mit  nicht  weniger  als  1,1  o  C.  Obgleich  unter 
höheren  Breiten  zufolge  ihres  oceanischen  Klimas  die  südliche  Halb- 
kugel nicht  unbedeutend  (um  etwa  0,8 •*)  wärmer  als  die  nördliche  ist, 
so  bleibt  doch  der  mittlere  Überschuss  der  nördlichen  Halbkugel  be- 
trächtlich. 

Die  Wärmeausstrahlung  auf  der  nördlichen  Halbkugel  muss  dem- 
nach grösser  sein  wie  auf  der  südlichen.  Wenn  auch  die  mittlere 
Temperatur  dieselbe  auf  beiden  Halbkugeln  wäre,  so  würde  unter 
sonst  gleichen  Verhältnissen  wegen  der  grösseren  Schwankung  auf  der 
nördlichen  die  Strahlung  grösser  sein  als  auf  der  südlichen.  Dazu  kommt 
noch,  dass  die  Strahlung  der  festen  Erdkruste  etwas  diejenige  des  Wassers 
übersteigt,  d.  h.  die  Erdkruste  ähnelt  mehr  einem  „absolut  schwarzen 
Körper"  als  die  Wasserfläche,  und  weiter,  dass  die  mittlere  Temperatur 


I 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde.  515 


(lor  Nordhälfte  höher  als  diejenige  der  Südhälfte  ist.    Der  Strahlungs- 
iinterschied  kann  auf  etwa  5  Proz.  geschätzt  werden. 

Um  ebensoviel  muss  die  Wärmezufuhr  zur  nördlichen  Halbkugel 
rösser  sein.  Teils  ist  die  Bewölkung  niedriger  auf  der  nördlichen  Halb- 
kugel als  auf  der  südlichen,  der  Unterschied  erreicht  nicht  weniger  als 
(>twa  6  Proz.  Dadurch  wird,  unter  der  Annahme,  dass  die  Wolken  40  Proz, 
iler  auffallenden  Wärmestrahlen  wieder  in  den  Himmelsraum  hinaus- 
trllektieren,  die  Hälfte  des  genannten  Effektes  erklärlich.  Der  übrige 
rcil  der  grösseren  Wärmezufuhr  auf  der  nördlichen  Halbkugel  beruht 
wohl  hauptsächlich  darauf,  dass  eine  grosse  Menge  warmen  Wassers 
über  den  Äquator  von  der  südlichen  zur  nördlichen  Halbkugel  hin- 
überwandert. Ausserdem  liegt  die  südliche  Halbkugel  für  die  von 
jr  Antarktis  kommenden  kalten  Meeresströmungen  mit  ihren  gewal- 
jen  Eismassen  offen,  während  die  nördliche  Halbkugel  zum  grössten 
jil  durch  Landmassen  von  ihrem  Eismeere  abgeschlossen  ist  (vgl. 
391). 
Infolgedessen  ist  der  wärmste  Breitegrad  nicht  der  Äquator  selbst, 
^ndern  er  liegt,  wie  die  Tabelle  auf  S.  513  zeigt,  etwa  10*^  nördlich  davon 
[itteltemperatur  26,4  gegen  25,9  am  Äquator).  Zwar  verschiebt  sich 
Tlieser  wärmste  Breitegrad,  der  „thermische  Äquator^',  mit  den  Jahres- 
zeiten, sodass  er  im  Januar  den  Äquator  nahezu  erreicht  (nach  Bat- 
ihelder),  dafür  liegt  er  aber  im  Juli  etwa  beim  22.  Breitegrad. 

Da  die  Wärmeverhältnisse  für  die  meteorologischen  Erscheinungen 
usschlaggebend  sind,  so  kann  man  behaupten,  dass  der  meteorologische 
^ijuator  der  Erde  auf  der  nördlichen  Halbkugel  (etwa  beim  10.  Breite- 
urad)  liegt. 

Das  Gegenteil  gilt  für  die  Sonne  (vgl.  S.  129). 
Veränderung  des  solaren  Klimas  durch  die  Wärmeabsorp- 
tion.   Oben  ist   angegeben,   wie   grosse  Wärmemengen   der   Erde   zu- 
•führt  würden,  wenn  die  Atmosphäre  vollkommen  durchsichtig  wäre. 
Da   dies   nicht   der  Fall   ist,   hat   Angot   mittlere  Transmissions- 
koefüzienten  von  1,0,  0,9,  0,8,  0,7  und  0,6  angenommen  und  berechnet, 
wie  grosse  Wärmemengen  unter  diesen  Annahmen  der  Erdoberfläche  unter 
verschiedenen  Breitegraden  in  verschiedenen  Jahreszeiten  zugeführt  würden. 
Er  drückt  diese  Wärmemenge  in  Äquatorialtagen  aus.     Wenn  also  die 
Sonne  das  ganze  Jahr  über  dem  Äquator  stände  und  der  Transmissions- 
koeffizient 1  wäre,  so  würde  der  Äquator  im  Jahr  365,2  Äquatorialtage 
erhalten.    Wegen   der  Neigung  der  Ekliptik  gegen  die  Äquatorialebcne 
wird  diese  Zahl  etwas  vermindert  und. sinkt  auf  350,3. 

33* 


516  Physik  der  Atmosphäre. 

Da  nun  der  Transmissionskoeffizient  0,6  den  thatsächlichen  Ver- 
hältnissen zieralicli  nahe  kommt,  möge  Angots  Tabelle  für  diesen  Trans- 
missionskoeffizienten wiedergegeben  werden. 


Breite 

Jan, 

Febr. 

März 

April 

Mai 

Juni 

Juli 

Aug. 

Sept. 

Okt. 

Nov. 

Dez. 

90^  n. 

0,0 

0,0 

0,0 

1,4 

6,7 

9,9 

7,9 

2,4 

0,1 

0,0 

0,0 

0,0 

80 

0,0 

0,0 

0,2 

2,7 

7,5 

10,3 

8,5 

3,8 

0,5 

0,0 

0,0 

0,0 

60 

0,1 

1,0 

3,9 

8,2 

12,0 

13,8 

12,6 

9,2 

4,9 

1,5 

0,2 

0,0 

40 

3,3 

5,7 

9,4 

12,9 

15,3 

16,2 

15,6 

13,5 

10,2 

6,6 

3,8 

2,7 

20 

9,0 

11,2 

13,6 

15,2 

15,8 

15,9 

15,8 

15,3 

14,0 

11,7 

9,4 

8,2 

Äqu. 

14,0 

14,9 

15,3 

14,6 

13,5 

12,8 

13,1 

14,2 

15,0 

15,0 

14,2 

13,6 

200-  s. 

16,8 

15,9 

13,9 

11,2 

8,8 

7,7 

8,3 

10,5 

13,1 

15,3 

16,6 

17,0 

40 

16,6 

13,9 

9,9 

6,0 

3,4 

2,4 

3,0 

5,2 

8,8 

12,8 

15,9 

17,3 

60 

13,4 

9,2 

4,4 

1,3 

0,1 

0,0 

0,1 

0,8 

3,4 

7,8 

12,3 

14,6 

80 

8,8 

3,5 

0,4 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

0,1 

2,3 

7,4 

11,0 

90 

8,3 

2,1 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

1,0 

6,5 

10,5 

Die  Wärmemengen  für  das  ganze  Jahr  sind  nach  Angot  für  die 
Transmissionskoeffizienten  {q)  1  und  0,6  folgende: 

Äqu.     10»  20»      30°      40»  50»  60*^      70«  80»  90« 

q  =  1        350,3  345,5  331,2  307,9  276,8  239,8  199,2  166,2  150,2  145,4 

q  =  0,6     170,2  166,5  155,1  137,6  115,2  90,6  67,4    47,7  33,5  28,4 

269,9  265,6  252,6  231,9  204,7  173,2  140,4  113,3  98,1  93,2 

Ein  grosser  Teil  der  nicht  zur  Erdoberfläche  gelangenden  Wärme 
wird  in  der  Luft  aufgespeichert.  Ich  habe  versucht,  diese  Menge  folgender- 
maassen  zu  schätzen.  Die  Wärmemenge,  welche  zur  Erde  gelangt,  be- 
trägt (für  q  =  0,6)  nur  44  Proz.  von  der  Einstrahlung  an  der  Grenze 
der  Atmosphäre.  Oben  haben  wir  den  Verlust  an  Wärme,  welche  dio 
Erde  zufolge  der  Rückstrahlung  von  Wolken  und  Staubpartikelchen  in 
der  Atmosphäre  erleidet,  auf  25  Proz.  der  Sonnenstrahlung  geschätzt. 
Da  weiter  nur  44  Proz.  derselben  zur  Erde  gelangen,  so  müssen  von 
den  56  Proz.,  welche  in  der  Atmosphäre  durch  Absorption  oder  Reflexion 
zurückgehalten  werden,  31  Proz.  in  der  Atmosphäre  bleiben,  während 
25  Proz.  zufolge  von  Reflexion  zum  Himmelsgewölbe  verloren  gehen.  Ich 
habe  in  der  letzten  Horizontalreihe  der  obenstehenden  Tabelle  die  totale 
der  Luft  und  dem  Erdboden  zugeführte  Wärmemenge  unter  der  An- 
nahme berechnet,  dass  dieses  Verhältnis  zwischen  in  der  Atmosphäre  re- 
flektierten und  zurückgehaltenen  Strahlen  überall  dasselbe  bleibt,  und  nur 
den  reflektierten  Teil  als  für  die  Erde  verloren  betrachtet. 


■ 


II.  Die  Wärmezufuhr  zur  Erde.  517 


Diese  Ziffern  sind  sehr  instruktiv.  Während  bei  Abwesenheit  der 
Atmosphäre  die  Erdpole  in  ihrem  kurzen  Sommer  ein  Temperatur- 
luaximum  aufweisen  würden,  da  sie  am  meisten  Wärme  zugestrahlt  be- 
kommen, liegt  das  Strahlungsmaximum  zufolge  der  Einwirkung  der  Atmo- 
sphäre nie  nördlicher  als  etwa  beim  30.  Breitegrad.  Auch  wenn  man 
die  von  der  Atmosphäre  zurückgehaltene  Wärme  zu  der  auf  die  Erd- 
oberfläche fallenden  hinzuzählt,  verschwindet  das  Wärmemaximum  des 
Sommers  an  den  Polen. 

Weiter  zeigt  die  Tabelle  von  Angot,   dass  auch  bei  wolkenfreiem 

Himmel  nur  44  Proz.  der  einstrahlenden  Sonnenwärme  zur  Erdoberfläche 

langt.    Dieser  Prozentsatz   erreicht  sein  Maximum  48,6  am  Äquator, 

sinkt  dann  allmählich  auf  44,7  bei  30 '^  Br.,  dann  geschwinder  auf  37,8 

bei  50»,   28,6  bei  70^  und  19,5  bei  90"  Br.    Oben  haben  wir  nach  den 

lieobachtungen  von  Saveljeff  in  Kiew  für  den  50.  Breitegrad  43,9  Proz. 

echnet.    Dieser  Umstand  scheint  anzudeuten,  dass  der  Transmissions- 

beffizient  thatsächlich  etwas  grösser  ist  als  0,6  —  etwa  0,65. 

Über  dem  Meere  ist  er  wahrscheinlich  noch  grösser.  Dafür  reflek- 
rt  aber  die  Meeresfläche  etwa  8  Proc.  der  einfallenden  Wärme  (nach 
nker). 

Die  obenstehende  Tabelle  zeigt  auch,  wie  ausserordentlich  grosse 
ngen  von  Wärme  in  der  Atmosphäre  aufgespeichert  oder  diffus  zur 
doberfläche  reflektiert  werden.  Beim  60.  Breitegrad  übersteigt  diese 
ärmemengc  die  direkt  zur  Erdoberfläche  hingestrahlte,  am  Pole  ist  sie 
sogar  2,3  mal  grösser.  Der  grösste  Teil  davon  wird  wohl  in  den  niederen 
Luftschichten,  welche  viel  Wasserdampf  und  Staub  halten,  aufgespeichert. 
Aktinograph  für  Ballonfahrten.  Arago  hat  ein  Aktinometer 
konstruiert,  das  aus  einem  „blanken"  und  einem  „schwarzen"  Thermo- 
meter besteht,  deren  Kugeln  zum  Schutze  gegen  Wärmeableitung  von 
\  akuierten  Glaskugeln  umgeben  sind.  Die  Strahlungsintensität  der  Sonne 
wird  nach  dem  Unterschied  des  Standes  der  beiden  Thermometer  ge- 
schätzt. Die  Theorie  dieses  Instrumentes  ist  noch  wenig  entwickelt,  wes- 
halb es  wenig  gebraucht  wird. 

Für  Ballonfahrten,  bei  welchen  andere  Aktinometer  versagen,  hat 
Violle  ein  Arago  sches  Aktinometer,  dessen  Thermometer  registrierend 
sind  (vgl.  S.  546)  in  Anwendung  gebracht.   . 


III.  Die  Wärmeverluste  der  Erde. 

Die  nächtliche  Strahlung.  Wenn  man  während  einer  klaren 
Nacht  stark  wärmestrahlende  aber  schlecht  wärmeleitende  Körper,  wie 
Baumwolle,  Heu,  Filz  u.  s.  w.  unter  freien  Himmel  hinauslegt,  so  findet 
man  häufig  ihre  Temperatur  bedeutend  niedriger  (bis  10^  C.)  als  die- 
jenige der  Erde  und  der  Luft.  Der  Versuch  -gelingt  um  so  besser,  je 
ruhiger  die  Luft  und  je  klarer  der  Himmel  ist,  weil  dann  die  Wärme- 
zufuhr aus  der  Luft  gering  und  die  Strahlung  gross  ist. 

Auf  dieselbe  Weise  fand  Melloni,  dass  ein  „schwarzes"  Thermo- 
meter in  klaren  Nächten  viel  (bis  3,6^  C.)  tiefer  steht  als  ein  „blankes". 
Das  mit  Russ  überzogene  „schwarze"  Thermometer  strahlt  nämlich  teil- 
weise zum  kalten  Himmel,  während  das  silberbekleidete  „blanke"  Ther- 
mometer durch  Leitung  nahezu  die  Temperatur  der  Umgebung  annimmt. 
In  grösserer  Höhe  über  dem  Meere  wird  im  allgemeinen  die  genannte 
Temperaturdifferenz  grösser  (Langley). 

Enthält  die  Luft  in  der  Nähe  eines  solchen  Körpers  Wasserdampf,-: 
so  fällt  Wasser  aus;  es  ist  dies  die  Erscheinung  des  Thaues,  den  Wells 
auf  diese  Weise  erklärte.  Er  stellte  auch  (1800)  sehr  interessante 
Versuche  über  die  Temperatur,  die  niedergeschlagene  Thaumengc  und 
die  begleitenden  meteorologischen  Umstände  an.  Die  Temperatur  des 
kalten  Körpers  (z.  B.  des  Grases)  muss  dabei  unter  dem  sog.  Thaupunkt 
liegen. 

Diese  Abkühlung  durch  Strahlung  war  schon  den  Naturvölkern  be- 
kannt. In  Indien  macht  man  in  klaren  Nächten  Eis  auf  die  Weise, 
dass  man  eine  flache  Wasserschicht,  auf  einem  auf  trocknem  Stroh 
stehenden  Teller,  der  nächtlichen  Strahlung  aussetzt.  Im  Inneren  Afrikas 
hat  man  bisweilen  wegen  der  intensiven  Strahlung  in  der  trockenen  Luft 
Nachtfröste. 

Christiansen   hat   die  Bedingungen  der  Eisbildung   untersucht. 


in.  Die  Wärmeverluste  der  Erde.  519 

Kt  legte  Teller  von  stark  versilbertem  oder  berusstem  Messing  auf  eine 
Wasseroberfläche,  die  er  der  nächtlichen  Strahlung  aussetzte.  Die  Luft- 
tiinperatur  bei  seinen  Versuchen  war  immer  unter  Null.  Nach  dem 
Ablauf  der  Nacht  maass  er  die  Dicke  der  unter  den  Tellern  gebildeten 
jsschichten  und  fand  immer  einen  bedeutenden  Unterschied  zum  Gunsten 

•s  berussten  Tellers.  Daraus  schloss  er,  dass  die  Strahlung  ein  sehr 
wichtiges  Moment  für  die  Abkühlung  ausmacht.    Dieser  Umstand  machte 

•h  um  so  mehr  geltend,  je  heiterer  die  Nacht  war.  Ausserdem  trat 
111  anderer  Einfluss  hervor,  nämlich  die  Abkühlung  durch  Konvektion 
nler  Leitung.  Diese  trat  um  so  kräftiger  auf,  je  stärker  der  Wind  war. 
!;>  beruht  dies  darauf,  dass  die  Temperatur  der  Luft  unter  Null  lag. 
Wenn  das  Gegenteil  eingetroffen  wäre,  wie  in  den  eigentlich  gefährlichen 
l'rostnächten,   so   würde   starker  Wind  die  Eisbildung  vermindert  oder 

rhindert  haben.  Die  für  den  Landmann  schädlichen  Frostnächte  treten 
daher  nur  bei  Windstille  und  klarer  Luft  auf. 

Wenn  eine  Eisschicht  sich  bildet,  so  nimmt  ihre  Dicke  zu  nach 
denselben   Gesetzen,    welche    für   Diffusion    und   Wärmeleitung   gelten 

ich  Stefan).  Damit  also  eine  1  m  dicke  Eiskruste  sich  bildet,  ist 
IUI)  mal  so  lange  Zeit  nötig,  wie  zur  Bildung  einer  1  dm  dicken  Schicht. 
Vorausgesetzt  wird  dabei,  dass  die  Gefriertemperatur  (an  der  Unterseite 
<1('S  Eises)  konstant  bleibt  und  ebenso  die  Lufttemperatur  über  dem  Eis. 
Das  erste  wird  sehr  nahe  zutreffen,  das  zweite  ist  eine  grobe  An- 
näherung. 

Dagegen  geht  der  Schmelzprozess  von  der  Oberfläche  aus  mit 
nahezu  konstanter  Geschwindigkeit  nieder,  weil  das  Schmelzwasser 
abüiesst.  Der  Schmelzprozess  ist  folglich  im  Vergleich  zum  Gefrier- 
prozess  begünstigt. 

Jedenfalls  versteht  man  auf  diese  Weise,  dass  auch  die  Eiskrusten 
im  Polarmeer  nie  eine  besonders  grosse  Dicke  (etwa  6  m,  vgl.  S.  389) 
erhalten. 

Pouillet  konstruierte  ein  eigenes  Instrument,  Aktinometer  (Fig.  172) 

nannt,  um  die  Wärme  Verluste  durch  Strahlung  zum  Himmelsgewölbe  zu 
1 1  lessen.  Dasselbebestand  der  Hauptsache  nach  aus  einem  „schwarzen"  Strah- 
hingsthermometer,  welches  auf  ein  sehr  gut  wärmeisolierendes  Material, 
Schwanendaunen,  in  einer  flachen  Dose  aufgelegt  war.  Die  Öffnung 
des  Aktinometers,  in  deren  Mittelpunkt  die  Thermometerkugel  sich  be- 
fand, konnte  nach  verschiedenen  Himmelsrichtungen  gerichtet  werden. 
Er  fand  die  Temperatur  des  Aktinometer -Thermometers  in  der  Nacht 
6—9  Grad  niedriger  als. die  Lufttemperatur. 


520 


Physik  der  Atmosphäre. 


Glaisher  fand  folgende  Unterschiede  (Grade  C.)  zwischen  der  Liitt- 
temperatur  und  den  Angaben  eines  auf  verschiedenen  Unterlagen  an  de; 
Erde  liegenden  Thermometers: 

Kies    Stein   Flusssand     Gartenerde     Kurzes  Gras    Langes  Gras    Fhichs  auf  Gra 
1,3     1,8         2,1  2,2  4,1  4,7  5,7 

Die   Bewölkung   übt   einen   grossen   Einfluss   aus,   indem  sie   dii 
Strahlung  zum  Himmelsgewölbe   vermindert.     Diese  Verminderung   ist, 
um  so  effektiver,  je   tiefer   die  Wolkendecke   liegt,   d.  h.   mit  anderen! 
Worten,  je  höher  ihre  Temperatur  ist. 

Über  den  Einfluss  der  Bewölkung  gab  Glaisher  folgende  kleim 
Tabelle: 

Grad  der  Bewölkung  4  (ganz  trüb)  3  2  10  (heiter) 

Gartenerde  ....  0.4  1,1  1,2  1,6     1,8  »C. 

Kurzes  Gras     ...  0.9  1.7  1.9  2.2    2.5    „ 

Langes  Gras    ...  1.1  2.1  2.3  2.6    2.9    „ 

Bei  bewölktem  Himmel  schmilzt  der  Schnee,  wenn  die  Temperatur 
wenig  über  Null  steigt,  bei  heiterem  Himmel  kann  er  dagegen  im  Schatten 

bei  einer  Lufttemperatur  von  + 10  bis 
11*^0.  unangegriffen  bleiben.  Dabei 
ist  es  von  grosser  Bedeutung,  dass 
die  Luft  ganz  stille  ist,  sodass 
keine  merkliche  Wärmemenge  zum 
Schnee  durch  Leitung  geführt  wird. 
Auch  unabhängig  von  der  Strah- 
lung erhält  sich  Schnee  und  Eis 
ungeschmolzen  bei  einer  Tempera- 
tur über  Null,  wenn  die  Luft  so 
trocken  ist,  dass  die  Verdunstung 
den  Schnee  und  das  Eis  unter 
Null  abkühlt,  und  zwar  um  so  mehr, 
je  stärker  der  Wind  ist.  Dieser 
Vorgang  ist  im  nordischen  Winter 
häufig  und  wird  dadurch  ange- 
Psychrometern  das  trockene  Thermometer  über 
Wenn  dagegen  die  Strahlung 


Fig.  172.    Aktinometer  von  Pouillet. 


zeigt,   dass   bei   den 

Null,  das  beeiste  aber  unter  Null  steht. 

die  Abkühlung  bewirkt,   so  ist  häufig  die  Psychrom eterdifferenz  nahezu 

Null  oder  selbst  negativ,  somit  die  Luft  sehr  feucht. 


III.  Die  Wärmeverluste  der  Erde,  521 

Neuere  Versuche,  die  nächtliche  Strahlung   experimentell  zu  be- 
■^'iramen,  sind  von  Maurer,  Pernter  und  Homen  ausgeführt  worden.  Die 
■idon  erstgenannten  benutzten  Instrumente,  welche  mit  demVi  oll  eschen 
ktinometer  grosse  Ähnlichkeit  zeigten,  die  Strahlungsöffnung  war  aber 
ht  gross. 
Maurer  fand  zu  Zürich  (in  440  m  Höhe  ü.  d.  M.)  in  klaren  Juni- 
hten  (Temperatur  15^  C.)  eine  Ausstrahlung  einer  berussten  Kupfer- 
latte von  0,13  cal.  pr.  cm^  und  Minute.    Pernter  führte  Beobachtungen 
US  auf  dem  hohen  Sonnblick  (3095  m)  und  in  Rauris  (900  m)  bei  Luft- 
^mperaturen  von  —  12  bezw.  —  6^  C.  (Febniar).    Er  fand  0,201  bezw. 
,151  cal.  pr.  cm ■^  und  Minute.    Seine  Werte  sind  hoch  gegen  Maurers 
V^erte,  was  wahrscheinlich  auf  grösserer  Reinheit  der  Luft  in  Bezug  auf 
taub  und  Wasserdampf  beruht.  Diese  Substanzen,  welche  hauptsächlich 
1  der  niederen  Atmosphäre  vorkommen  und  demzufolge  eine  von  dor- 
nigen der  Erdoberfläche  nicht  allzu  verschiedene  Temperatur  besitzen, 
erhindern  die  Ausstrahlung  in  den  freien  Raum,  von  wo  keine  Rück- 
trahlung  stattfindet. 

Nach  dem  Stefan  sehen  Gesetz  kann  man  berechnen,  wie  viel  Wärme 
ie  berusste  Platte  pro  Minute  verlieren  würde,  wenn  sie  gegen  den  Welt- 
aum  (von  —  273*^  C.  Temperatur)  gestrahlt  hätte.  Der  Unterschied 
wischen  diesem  berechneten  und  dem  beobachteten  Wert  kann  als  die 
iückstrahlung  der  Atmosphäre  (Staub,  Wasserdampf  und  in  geringem 
rrad  Kohlensäure)  betrachtet  werden.  Diese  Rückstrahlung  betrug  in 
en  drei  Fällen  pro  Minute  und  cm^:  in  Zürich  0,37,  in  Rauris  0,21  und 
uf  dem  Sonnblick  0,12  cal. 

Es  ist  auffallend,  wie  stark  die  Rückstrahlung  mit  steigender  See- 
lOhe  abnimmt.  Der  Staub  und  der  Wasserdampf  sind  auch  vornehm- 
ich  in  den  niederen  Luftschichten  konzentriert. 

I  ■-  Da  der  Weltraum  fast  nichts  zurückstrahlt,  kann  derselbe  ohne, 
aerklichcn  Fehler  als  ein  schwarzer  Körper  beim  absoluten  Nullpunkt 
iiotrachtet  werden,  welcher  Strahlen  weder  aussendet  noch  reflektiert. 
'lau  hat  in  früheren  Zeiten  viel  über  die  Temperatur  des  Weltraumes 
pekuliert.  Gewöhnlich  nahm  man  an,  dass  diese  Temperatur  der 
liedrigsten  auf  der  Erde  beobachteten  nahe  käme.  Fourier  schätzte 
iiese  Temperatur  auf  —  50^ — 60*^  C.  (In  Werchojansk,  Ost-Sibirien, 
lat  man  Temperaturen  bis  zu  etwa  —  70^  C.  beobachtet.)  Pouillet 
schloss  aus  seinen  Ausstrahlungsversuchen  auf  eine  Temperatur  von 
—  142"  C.  Diese  Spekulationen  haben  nur  noch  hauptsächlich  histo- 
isches  Interesse.    Wahrscheinlich  geht  die  Wärmestrahlung  der  Erde 


522  Physik  der  Atmosphäre. 

(und  Sonne)  zu  fein  verteiltem  Staub  und  Nebelmaterie  im  Weltrauii 
deren  Temperatur  nur  wenig  den  absoluten  Nullpunkt  übersteigt  (vg 
S.  226). 

Der  grosse  Wärmeverlust  des  Bodens  beruht  darauf,  dass  er  z 
Körpern  strahlt,  die  wegen  grosser  Kälte  wenig  Wärme  zurückstrahle  i 
Wells  spannte  ein  baumwollenes  Tuch  von  0,6  m  Seitenlänge  0,16  i 
über  Easen  in  einer  klaren  Nacht  aus.  Die  Temperatur  des  Grases  wh 
an  der  geschützten  Stelle  häufig  6**  C.  höher  als  an  nicht  geschützte  i 

Genau  so  wirken  die  Wolken,  welche  eine  allzu  schnelle  Abkühluii 
durch  Strahlung  verhindern.  Jedenfalls  kann  bei  reinem  Himmel  Fro- 
eintreten,  obgleich  die  Lufttemperatur  in  ein  paar  Meter  Höhe  mehr  al 
+  5^  C.  erreicht.  Es  sind  diese  Nachtfröste,  welche  so  verheerend  ein 
wirken,  weil  sie  häufig  in  einer  Periode  weit  vorgeschrittener  Vegetatioi 
auftreten,  besonders  in  Finnland  Gegenstand  von  wissenschaftlichen  Unter 
suchungen  geworden. 

Am  ausführlichsten  sind  die  Messungen  von  Homen,  über  derer 
Resultat  wir  im  folgenden  kurz  berichten  wollen.  Die  Strahlung  gegei 
das  Himmelsgewölbe  war  (am  15.  Aug.  1896  bei  der  Temperatur  +  6°  (V 
so  gross  wie  gegen  einen  schwarzen  Körper  von  —  38,5*^  C.  Sie  betrug 
0,22  cal.  pro  cm 2.  Min.  Gleichzeitig  sank  die  Oberflächentempcratuij 
einer  nahe  gelegenen  Moorwiese  auf  — 4^0.;  es  war  also  eine  sehij 
scharfe  Frostnacht.  | 

Die  stärkste  Strahlung  war  nach  dem  Zenith  gerichtet,  wenn  dieselbfl 
gleich  1  gesetzt  wurde,  so  war  sie  33''  vom  Zenith  0,93,  56 '^  davon  0,88^ 
79®  davon  0,61.  Dies  beruht  offenbar  auf  der  grösseren  Menge  voi| 
zurückstrahlendem  Wasserdampf  und  Staub  in  den  letzten  Fällen. 

Vom  klaren  Himmel  strahlt,  trotz  des  zerstreuten  Tageslichtes,  nie 
mals   Wärme   zur  Erde,   auch   nicht    zur    Mittagszeit.     Im   Gegenteil 
verliert  die  Erde  Wärme  gegen  den  Himmel  (die  Sonne  ausgenommen) 
und  zwar  nahezu  gleich  viel  wie  in  der  Nacht,   nämlich  bis   0,2   und 
0,3  cal.  pr.  cm 2.  Min. 

Kleine  Cirruswolken  vermögen   dieses  Verhältnis   nicht  zu  ändern. 

Ist  der  Himmel  dicht  bewölkt,  so  strahlt  er  während  des  Tages 
Wärme  zur  Erde  aus.  In  der  Nacht  geht  die  Strahlung  in  der  um- 
gekehrten Richtung.  Die  von  Homen  benutzte  Pyrheliometerplatte 
strahlte  sogar  dann  Wärme  zum  Himmel  aus,  wenn  die  Nacht  anfäng- 
lich klar  gewesen  ist,  so  dass  die  Temperatur  des  Rasens  stark  ge- 
sunken war,  und  plötzlich  Wolken  den  Himmel  bedeckten,  wobei  da^ 
im  Gras  liegende  Thermometer  während  einer  Stunde  um  3  bis  5*^  C 


i 


III,  Die  Wärmeverluste  der  Erde.  523 


r 

H^pi  konnte.    Homen   glaubt   diese  Temperatursteigerung  auf  Rech- 

"Tj  der  Wärme  setzen  zu  können,  die  aus  der  Erde  zuströmt.  Wahr- 

i  iilicherweise   gewann   das   betreffende   Thermometer  Wärme    auch 

li  Strahlung  von  dem   in   den  niederen   Luftschichten   befindlichen 

-^ordampf.     Die  Temperatur  steigt  nämlich  in  solchen  Fällen  be- 

iLütlich  mit  der  Höhe. 

Die  Wärmebilanz  des  Erdbodens.  Die  Erde  gewinnt  also 
!  arme  am  Tage  und  verliert  solche  in  der  Nacht.  Je  nachdem  die 
!•'  oder  die  andere  Wirkung  überwiegt,  steigt  oder  sinkt  die  Tempe- 
Mir  des  Bodens.  Von  der  Zuleitung  von  Wärme  aus  dem  Boden 
h'ii  wir  vorläufig  ab.  Um  einen  Begriff  von  der  Grössenordnung  dieser 
iirmebilanz  zu  geben,  führen  wir  einige  Ziffern  von  Homen  an.  Die- 
'  .n  gelten  für  Süd-Finnland  {&0^  17'  n.  Br.  23»  40'  ö.  L.  v.  Gr.)  und 
Höhe  von  50—80  m  über  dem  Meer,  und  sind  in  cal.  pro  Tag  und 
r-  horizontaler  Fläche  ausgedrückt. 

Am  14.  Aug.  1896  von  5''  50"*  V.  M.  bis  Q''  20"*  N.  M.  war  der  Wärme- 
j  wiun  durch  Sonnenstrahlung  504,2,  die  gleichzeitige  Ausstrahlung  er- 
jichte  nur  132,8  cal.,  in  der  folgenden  Nacht  war  der  Wärmeverlust 
.").  l  cal.  Mehr  als  die  Hälfte  der  Sonnenstrahlung,  nämlich  256  cal. 
iiirden  folglich  im  Erdboden  aufgespeichert  und  zu  dessen  Erwärmung 
I  -rbraucht. 

Die  Wärmeeinstrahlung  am  Tag  sank  am  1.  — 2.  September  auf 
)5  cal.,  die  gleichzeitige  Ausstrahlung  auf  HO  cal.  und  die  nächtliche 
usstrahlung  auf  etwa  60  cal.,  sodass  der  Wärmegewinn  auf  235  cal. 
irückgegangen  war.  Noch  stärker  war  diese  Abnahme  am  1. — 2.  Ok- 
ber.  Die  entsprechenden  Ziffern  waren  190,  48  und  91,  sodass  nur 
l  cal.  zur  Erwärmung  der  Erde  übrig  blieben. 

Um  diese  Jahreszeit  schlägt  die  Bilanz  um,  sodass  täglich  mehr 
Tärme  ausgestrahlt  als  von  der  Sonne  abgegeben  wird.  Diese  Unter- 
nz  nimmt  immer  mehr  zu  bis  etwa  zur  Sonnenwende.  Täglich 
jiikt  der  Wärmeinhalt  des  Bodens,  bis  im  Frühling  die  Bilanz  wieder 
mschlägt,  und  der  Boden  anfängt,  Wärme  aufzuhäufen. 

Die  Wärmeverluste  des  Bodens  im  Winter  müssen  gleich  der  Wärme- 
itiilir  im  Sommer  sein,  damit  die  mittlere  Temperatur  konstant  bleibt. 
'iil»oi  kann  man  von  der  geringfügigen  Wärmezufuhr  durch  Leitung 
'11  Wärme  aus  dem  Erdinneren  gänzlich  absehen  (vgl.  S.  165  u.  284). 
Eine  Berechnung  des  jährlichen  Wärmehaushalts  des  Bodens 
at  Schubert  für  Eberswalde  (42  m  Höhe)  und  Melkerei  (im  Elsass 
09  m  Höhe)  gegeben.    Er  fand  für  die  Wärmemenge  (in  cal.),  die  im 


524  Physik  der  Atmosphäre. 

Monat  vom  cm^  der  Erdoberfläche  aufgenommen  wird,   folgende  Wer 
(ein  — Zeichen  bedeutet  Wärmeverlust  des  Bodens). 

Jan.     Febr.    März  April  Mai    Juni  Juli  Aug.  Sept.      Okt.       Nov.      Deji 

Eberswalde. 

Feld     —300   —166  —  9   353   498    469   345   147   —133  —386  —425  —3! 
Wald  -232   —140    —41   169    294    356  277   165   —   16  —232   —298  -.V' 

Melkerei. 

Feld     -144   —108         0    148   292   232   184     84  —   76  —208   -216  —\\ 
Wald   —112   —   72   —   4   104    172    164   148      76    —   28   —148   —160  —V 

Die  Waldbedeckung  übt  einen  abstumpfenden  und  verspätende 
Einfluss  auf  den  Wärmeaustausch  der  Erdoberfläche  aus.  Die  totaj 
Wärmeschwankung  sinkt  im  Wald  auf  70  Proz.  des  Wertes  für  oflfend 
Feld  —  1261  cal.  anstatt  1812  in  Eberswalde  und  664  cal.  anstatt  94 
in  Melkerei.  Die  Waldbedeckung  wirkt  demnach  ungefähr  wie  eine  Erc 
bedeckung  (von  etwa  0,8  m  Dicke). 

Die 'Wirkung  des  Waldes  macht  sich  hauptsächlich  im  Sommt. 
geltend.  Nach  Homen  ist  in  0,5  m  Tiefe  die  Temperatur  im  Fichtei 
hochwald  während  des  Sommers  (Mai— Sept.)  um  4,5*^  tiefer  als  in  d( 
gleichen  Tiefe  unter  einer  Wiese.  Im  Winter  (Dez.— Jan.)  hat  der  Bode 
unter  dem  Fichtenhochwald  einen  Überschuss  von  0,1  ^  aufzuweisei 
Das  Jahresmittel  ist  für  den  Fichtenwaldboden  ungefähr  gleich  denn 
jenigen  der  Luft  und  um  1,8*^  niedriger  als  für  den  Boden  unter  offene 
Wiese.  Birkenwald  liegt  in  der  Mitte  zwischen  offenem  Feld  und  Fichte^ 
wald.  I 

Die  Ziffern  für  Pawlowsk  führen  zu  Werten  der  Jahresschwankun* 
von  etwa  3200  cal.  (wobei  die  Wärmekapacität  gleich  0,55  pro  cm^  an 
genommen  ist).  i 

Auf  den  regelmässigen  Gang  der  Temperatur  des  Erdbodens  übej 
verschiedene  meteorologische  Umstände,  wie  Bewölkung  und  Regen,  einej 
störenden  Einfluss  aus.  Der  Niederschlag  (im  Sommer)  erhöht  in  hohenj 
Grad  die  Temperatur  der  tieferen  Erdschichten  (0,5 — 3*^  C.  nach  HomenJ 

Grosse  Wärmemengen  werden  auch  verbraucht  zur  Verdunstung  voi 
Wasser,  zum  Aufthauen  des  gefrorenen  Wassers  —  umgekehrt  werdei 
sie  bei  Thaubildung  und  Gefrieren  des  Wassers  abgegeben  —  und  zu 
Erwärmung  der  Luft.  Wie  Hann  an  einem  Beispiel  berechnet  hat(Tiflisi 
Zunahme  der  Bodentemperatur  im  Januar  0,06"  C.  pr.  cm,  WärmeleitI 
fähigkeit  0,16  cal.  pr.  cm.  Minute),  kann  der  Boden  an  die  Luft  an  einen! 


III.  Die  Wänneverlu8te  der  Erde.  525 

.  13,8  cal.  pr.  cm 2.  abgeben,   welche  ausreichen  würden,   eine  Luft- 

mle   von  450  m  Höhe  um  einen  Grad  zu   erwärmen.     Wenn  deshalb 

le  Kälte  vor  dem  Schneefall  im  Herbst  nicht  tief  genug  gedrungen  ist, 

mn  durch  Wärmezuleitung   aus   dem   Boden   die   Schneedecke,   zum 

haden  der  Vegetation,  von  unten  abthauen. 

■r^Homen  giebt  eine  Zusammenstellung,   wie   die  Wärme   sich  ver- 

■"     Er    untersuchte    dabei    drei    verschiedene   Bodenarten,    nämlich 

raüitf eisen,  Sandhaide  und  Moorwiese.    Er  erhielt  folgende  Daten: 

Granitfelsen  Sandhaide  Moorwiese 

W       W^    W—Wi    B       L  B      V       L  B      V      L 

iig.  14.     482      120      362      202     160  89      78     195  44    232    86 

^pt.  2.       407      106      301      147     154  69     113     119  34     174     93 

kt.  2.        184        44      140        83       57  54      28       58  13       36     91 

Unter  W  steht  die  Einstrahlung  von  der  Sonne,  unter  W^  die  Aus- 

rahlung  zum  Himmel.    Die  Wärmemengen  unter  B,  V  und  L  geben 

i  ji,  wie  viele  cal.  pr.  cm  2  im  Laufe  des  Tages  zur  Erwärmung  des  Bo- 

^r",   zur  Verdunstung  von  Wasser  und  zur  Erwärmung  der  Luft  ab- 

lien  worden  sind.  Ihre  Summe  muss  für  jede  Bodenart  gleich  W —  TF^ 

in.    Für  Granitfelsen,  welcher  kein  Wasser  enthält,  ist  F=0. 

Für  die  Nacht  erhalten  wir: 

Granitfelsen  Sandhaide  Moorwiese 

I  W   TF,  TF— TFi      B       L      B      V      L        B      V      L 

Ing.  14.— 15.    37  143  —106  —164  58  —84  28  —50  —50  37  —93 
l't.  1.— 2.        18     64  —    46  —144  98  —78  12  —20  —41  14  —19 
,kt.  1.— 2.  17  102—85—86     1—34     0—51—19     0—66 

Die  Sonnenstrahlung  und  damit  W  ist  auch  hier  nicht  Null,  weil 
omen  die  Grenze  zwischen  Tag  und  Nacht  in  dem  Augenblick  zog, 
dem  Ein-  und  Ausstrahlung  genau  gleich  waren.  Die  — Zeichen  für 
-  oder  L -Werte  geben  an,  dass  die  Erdoberfläche  Wärme  von  den  tie- 
fen Schichten  des  Erdbodens  bezw.  der  Luft  erhielt  anstatt  abgab. 

Die  angeführten  Tage  waren  ganz  heiter,  die  Nächte  ebenso,  ausser 
jrjenigen  von  1. — 2.  Sept.,  die  etwas  nebelig  war.  Die  Daten  gelten 
r  diese  einfachen  Verhältnisse.  Ist  der  Himmel  bewölkt,  was  bei  uns 
enigstens  ebenso  häufig  vorkommt,  so  hat  man  am  Tage  eine  Einstrah- 
ng  von  Wärme  aus  den  Wolken,  die  (bei  60*^  n.  Br.  14.  Aug.— 2.  Okt.) 
eich  80  bis  120  cal.  pr.  cm^  horizontale  Oberfläche  gesetzt  werden  kann. 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche. 

Eindringen  der  Wärmewellen  in  den  Boden.  Wie  oben  gi 
sagt,  wird  am  Tage  und  im  Sommer  ein  grosser  Teil  der  Wäm 
dazu  aufgewendet,  den  Boden  zu  erwärmen.  Umgekehrt  giebt  der  Bode 
in  der  Nacht  und  im  Winter  einen  Teil  seiner  aufgespeicherten  Warn 
ab.  Je  tiefer  man  aber  in  die  Erde  eindringt,  desto  unbedeutender  wii 
der  Wärmeaustausch  mit  der  Oberfläche.  In  genügend  grosser  Tiefe  i' 
er  unmerklich.  Die  Tiefe,  bis  zu  welcher  die  Schwankungen  einzudrinpi 
vermögen,  ist  um  so  grösser,  je  grösser  die  Wärmeleitfähigkeit  iii 
je  geringer  die  Wärmekapazität  pro  cm^  des  Bodens  ist.  Der  Quotici 
dieser  beiden  Grössen  wird,  wie  oben  gesagt,  Temperaturleitfähigki 
genannt,  und  die  betreffende  Tiefe  sollte  der  Quadratwurzel  aus  diese 
Quotienten  und  aus  der  Periodenlänge  der  Temperaturschwankung  ])ii 
portional  sein.  Dies  setzt  aber  voraus,  dass  die  Oberfläche  den  gleicln 
Temperaturschwankungen  ausgesetzt  ist,  was  nicht  immer  zutrifft.  Wci 
die  Erdoberfläche  nass,  grasbekleidet  oder  mit  Wald  bewachsen  i> 
so  ist  ihre  Erwärmung  in  hohem  Grade  erschwert. 

Nach  Homens  Messungen  in  Finnland  ist  im  Sommer  (Mai  b 
September)  die  Temperatur  der  Erdoberfläche  (50  cm  tief)  im  dichti 
Fichtenwald  4,5*^  C,  im  Birkenwald  3,1"  C.  niedriger  als  im  freien  FeL 
Im  Winter  ist  der  Unterschied  sehr  gering  (vgl.  S.  524). 

Homen  hat  die  tägliche,  Wild  die  jährliche  Temperaturschwai 
kung  des  Bodens  genauen  Untersuchungen  unterworfen.  Schon  frii 
wusste  man,  dass  die  Temperatur  in  tief  liegenden  Kellerräunn 
sich  nicht  merklich  ändert.  Sehr  bekannt  ist  in  dieser  Beziehung  <]• 
27,6  m  tiefe  Keller  der  Pariser  Sternwarte,  wo  die  Temperatur  nid 
um  0,01"  C.  schwankt. 

Zur  Beobachtung  der  Bodentemperatur  setzt  man  Thermometer  i 
bestimmten    Tiefen    ein.     Sie   müssen   entweder   so  lange   Skalen  Ix 


I 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche.  527 

it/.on,  dass   sie   von  der  Erdoberfläche  aus  beobachtet  werden  können, 

ider  von    einer  Packimg   von  grosser  Wärmekapazität  und  schlechtem 

I .pitvermögen  umgeben  sein,   in  der  man  sie  zur  Erdoberfläche  hinauf- 

■  It  und  wieder  in  die  Erde  hineinsenkt.    Bei  der  ersten  Konstruktion, 

Che   für  die  Beobachtungen   der  täglichen  Schwankungen,   wo   also 

'l(>sungen   ziemlich   häufig  anzustellen   sind,   zu  empfehlen  ist,    muss 

;:in  natürlicherweise  wegen  des  Druckes  und  der  Temperatur  des  her- 

lagenden  Fadens  korrigieren. 

Die  jährliche  Schwankung.    Als  Beispiele  mögen  folgende  Be- 

'  K-htungen  über  die  jährliche  (periodische)  Temperaturschwankung  in 

chicdenen  Tiefen  aus  Brüssel  und  St.  Petersburg  angeführt  werden : 


Brüssel  1834- 

-37 

St.  Petersburg, 

Paw 

lowsk 

Abnahme  der 

1887- 

90 

Tiefe 

Schwankung 

Amplitude 

Schwankung 

Abnahme 

pro  m 

Luft 

25,5« 

C. 

0,19  m 

13,28» 

C. 

— 

Tiefe  0    m 

29,3 

— 

0,45 

12,44 

1,29 

0,1 

27,5 

1,89 

0,75 

11,35 

1,36 

0,2 

26,4 

1,50 

1,00 

10,58 

1,33 

0,4 

23,7 

1,72 

1,95 

7,59 

1,42 

0,8 

17,9 

2,02 

3,90 

4,49 

1,31 

1,6 

11,3 

1,78 

7,80 

1,13 

1,42 

3,2 

6,3 

1,44 

Mittel  1,36 

Mittel 

1,61 

Die  Temperaturschwankung  nimmt  allmählich  nach  unten  ab,  und 
ir  annähernd   nach   einer   geometrischen  Reihe.     Sie   folgt  also  fol- 
'  nder  Formel,   worin  A^  die  Schwankung   an  der  Oberfläche  Ap,  die- 
nige in  p  m  Tiefe  bedeutet: 

log  Ap  =  log  Aq  —  bp. 

ist  für  Brüssel  0,134,  für  St.  Petersburg  0,207.  Wie  genau  dies  zu- 
ittt,  kann  man  aus  der  letzten  Kolumne  ersehen,  worin  die  Abnahme 
r  Amplitude  der  Schwankung  pro  Meter  Tiefe  angegeben  ist.  Im 
littd  nimmt  die  Amplitude  im  Verhältnis  1:1,36  bezw.  1:1,61  für 
<lt'n  Meter  ab.  Damit  die  Amplitude  im  Verhältnis  1:2  bezw.  1:10 
''nimmt,  muss  man  in  Brüssel  2,25  bezw.  7,46,  in  St.  Petersburg  1,45, 
'ZW.  4,83  m  tiefer  in  der  Erde  messen.  Daraus  ersieht  man,  dass  die 
niplitude  aufO,l<>   bezw.  0,01»  C  in  einer  Tiefe  von  15,8   bezw.  23,3  m 


528  Physik  der  Atmosphäre. 

ZU  Brüssel   und   in  11,9   bezw.  16,7  m  Tiefe   zu   St.  Petersburg  sinki 
würde. 

Ungefähr  bis  zu  dieser  Tiefe  ist  die  jährliche  Teraperaturschwankuii 
noch  bemerkbar. 

Um  den  Einfluss  der  verschiedenen  Bodenarten  zu  veranschaulicli 
führen  wir  folgende  Daten  von  Forbes  (für  Galten  Hill  bei  Edinburgh)  ai 


Trapp 

Sand 

Sandstein 

Tiefe 

Schw.          Abn. 

Schw. 

Abn. 

Schw.         Abn. 

1     m 

10,53          — 

11,23 

9,58         — 

1,9 

6,61         1,68 

8,30 

1,40 

7,72         1,27 

3,9 

3,5          1,37 

4,19 

1,41 

5,22        1,22 

7,8 

0,8          1,46 

1,16 

1,39 

2,28        1,24 

In  den  oberen  Schichten  des  Trappsteins  scheinen  Ungleichmäs^ 
keiten  vorzukommen. 

Die  Wärmewelle  des  Sommers  dringt  allmählich  in  die  Erde 
ein,   wie  aus  folgender  Tabelle  hervorgeht,   in  der  der  Tag   angegel 
ist,  an  dem  das  Temperaturmaximum  in  verschiedenen  Bodenarten  \m\ 
Tiefen  eintrat: 

Tiefe  Trapp  Sand  Sandstein 

m  Juli  Juli  Juli 

1  6.  Aug.  =    37  —  31.  Juli  =    31  —  5.  Aug.  =    36  - 

1,9  2.  Sept.  =   64(30)  24.  Aug.  =    55(27)  19.  Aug.  =    50  (IC 

3,9  17.  Okt.  =-109(23)  7.  Okt.  =-    99(22)  11.  Sept.  =    73(12 

7,8  8.  Jan.  =  192(21)  30.  Dez.  =  183(21)  11.  Nov.  =  134  (15 

Die  Ziffern  in  Klammern  geben  an,  wie  viele  Tage  das  Maximun 
für  jeden  Meter  verspätet  ist.  In  Trapp  würde  in  einer  Tiefe  von  9  bezw; 
18  m  das  Maximum  6  Monate  bezw.  1  Jahr  gegen  das  Maximum  ai 
der  Oberfläche  verspätet  sein.  Dieselben  Ziffern  wären  auch  für  San« 
giltig,  dagegen  würde  man  für  Sandstein  12  bezw.  24  m  erhalten.  Da 
Maximum  der  Temperatur  tritt  demnach  in  der  erstgenannten  Tief 
zu  ungefähr  derselben  Zeit  ein,  wo  am  der  Erdoberfläche  ein  Tempc 
raturminimum  herrscht.  Diese  Tiefe  ist  der  Quadratwurzel  aus  der  Tem 
peraturleitungsfähigkeit  proportional. 

Die  tägliche  Schwankung.  Ganz  ähnliche  Verhältnisse  geltci 
für  die  tägliche  Schwankung,  welche  Homen  untersucht  hat.  Di 
Schwankung  der  Lufttemperatur  war  dabei  13,06°  C.  (über  dem  Granit 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche.  529 

Ifelsen).    Die  Abnahme  der  Amplitude  der  Schwankung  ist  pro  dm  ge- 
rechnet.   Die  Ergebnisse  sind  in  folgender  Tabelle  zusammengestellt: 

Granitfelsen  Sandhaide  Moorwiese 

Tiefe        Schw.     Abn.(lOcm)  Schw.         Abn.  Schw.         Abn. 

0  cm      20,24         —  34,58  —  21,36  — 

5  13,83         1,74        11,83        4,45  2,80         14,73 

10  11,65  —  7,77  —  1,45  — 


20 

7,86 

1,48 

3,90 

1,99 

0,40 

3,63 

30 

5,20 

1,51 

1,82 

2,14 

0,12 

3,33 

40 

3,38 

1,54 

0,69 

2,64 

0,05 

50 

2,13 

1,59 

0,28 

2,46 

0,03 

60 

1,36 

1,57 

0,12 

2,33 

0,04 

70  0,90         1,51 

Für   die   Fortpflanzungszeit   der   Maxima   und   Minima   berechnete 
imen  folgende  Werte: 


Granitfelsen  '■ 

Sandhaide 

Moor 

wiese 

Tiefe  cm 

Max. 

Min, 

Max. 

Min 

Max. 

Min. 

0—10 

ih^Qm 

Ih  49m 

2A  26"^ 

2^00"» 

'Jh  ^'^m 

6^' 27 

10—20 

1    15 

1    23 

3   07 

2   10 

5  53 

5   10 

20—30 

1    58 

1    12 

2   57 

2  38 

4  02 

5   40 

30—40 

1    40 

1    18 

3  38 

3  22 

6  40 

6  30 

40—50 

1    49 

1    30 

4   10 

3   16 

7  00 

6   10 

50—60 

2    03 

1    18 

3  2.5 

3   14 

6  40 

4   10 

Mittel  (für  0,1  m)  l''  46"*     i^  25'"      3^^  17"*    2^  47»«      6'»  20"'    b^"  41"* 

Die  Minima  pflanzen  sich  schneller  fort  wie  die  Maxima.  Dies 
beruht  darauf,  dass  das  Minimum  an  der  Erdoberfläche  verzögert  ist 
inohr  als  12  Stunden  nach  dem  Maximum  fällt).  Je  tiefer  unter  der 
Erdoberfläche,  um  so  mehr  verschwindet  diese  Unregelmässigkeit,  und 
um  so  mehr  nähert  sich  das  Zeitintervall  zwischen  Maximum  und  Mi- 
niraum dem  Wert  12  Stunden. 

Die  mittlere  Schwankung  der  Temperatur  beträgt  bei  der  täglichen 
"Variation  der  genannten  Sandhaide  etwa  34,6*'  C,  bei  der  jährlichen 
\  ariation  des  nahe  gelegenen  Petersburg  29,3  *',  sie  sind  demnach  ziem- 
lich gleich.  Aus  den  Petersburger  Daten  ergiebt  sich,  dass  eine  jähr- 
liehe Temperaturschwankung  von  Ojl*' C.  in  einer  Tiefe  von  11,9  m  vor- 
k'iiiimt  (vgl.  S.  527);  für  vier  finnländische  Sandfelder  giebt  Homen 
W  crte  zwischen  12,16  und  13,62  m  an.    Wie  oben  gesehen,  findet  sich 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  34 


530  Physik  der  Atmosphäre. 

eine  tägliche  Schwankimg  von  demselben  Betrag  in  einer  Tiefe  voii 
etwa  62  cm.  Nun  verlangt  die  theoretische  Wärmelehre,  dass  he' 
gleichen  Amplituden  die  betreffenden  Tiefen  sich  so  verhalten  wi 
die  Quadratwurzeln  aus  den  Periodenlängen,  d.  h.  in  diesem  Fal 
wie  y^dßb  :  1  oder  nahezu  wie  19  zu  1.  Die  Zahl  für  die  Tagesschwan- 
kung ist  offenbar  etwas  zu  niedrig  (0,62).  Dies  hängt  damit  zusammen 
dass  die  Amplitudenabnahme  in  den  ersten  10  cm  ungefähr  doppelt  si 
gross  ist,  wie  weiter  unten  (4,45  anstatt  2,32),  was  von  der  unregel- 
mässigen Erhitzung  am  Tage  herrührt.  Wäre  der  Gang  dort  normal; 
so  würde  die  Amplitudenabnahme  der  ersten  10  cm  sich  auf  etwa  18  cd 
verteilen,  und  wir  erhielten  so  einen  korrigierten  Wert  von  etwa  70  cn 
anstatt  62  cm.  Der  korrigierte  Wert  stimmt  offenbar  so  gut,  wie  mau 
in  ähnlichen  Fällen  verlangen  kann,  mit  dem  Wert  für  die  Jahres- 
variation (man  würde  daraus  13,3  m  berechnen). 

Zur  graphischen  Darstellung  der  Temperaturverhältnisse  im  Boden 
hat  Homen  nach  dem  Vorgang  von  A.  J.  Angström  sogenannte  geo- 
thermische  Linien  gezeichnet,  bei  welchen  die  Tiefe  als  Ordinate,  die 
Zeit  als  Abscisse  gewählt  ist.  Die  Linien  verbinden  die  Punkte  von 
gleicher  Temperatur,  welche  nebengeschrieben  steht. 

Die  Figur  173  zeigt  solche  Linien  für  den  10. — 11.  August  189ü 
in  Granitfelsen.  Die  schrägen  Graden,  welche  die  Extremwerte  verbinden, 
zeigen  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Wärmemaximums  und 
Wärmeminimums  nach  der  Tiefe.  Wie  ersichtlich,  ist  die  Neigung  für 
die  Minima  grösser  als  für  die  Maxima,  was  eine  grössere  Fortpflan- 
zungsgeschwindigkeit andeutet  (vgl.  S.  529). 

Wärmeaustausch  an  der  Erdoberfläche.  Da  also  die  Tem- 
peraturveränderungen sehr  wenig  tief  in  die  Erde  eindringen,  so  ist 
es  leicht,  die  Änderung  der  in  den  oberen  Erdschichten  aufgespeicherten 
Wärmemengen  zu  bestimmen,  sobald  man  nur  die  Wärmekapazität 
des  Erdbodens  kennt.  Diese  Grösse  kann  man  einigermaassen  genau 
aus  der  Zusammensetzung  des  Bodens  berechnen.  Dabei  bietet  es  eine 
gewisse  Schwierigkeit,  dass  der  Wassergehalt  des  Bodens  je  nach  der 
Verdunstung  und  den  Niederschlagsmengen  veränderlich  ist.  Homen 
erhielt  folgende  Werte,  welche  als  Beispiele  angeführt  werden  mögen. 
Die  Wärmekapazität  ist  gleich  der  Anzahl  Kalorien,  welche  zur  Erwär- 
mung eines  cm^ :  s  um  1<^  C.  nötig  sind.  Sie  ist  infolgedessen  gleich 
dem  Produkt  aus  der  spezifischen  Wärme  c  und  der  Dichte  6.  Neben- 
bei stehen  die  Werte  K  des  Temperaturleitungsvermögens  und  k  des 
Wärmeleitungsvermögens  aufgeführt. 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche. 


531 


c6 
Granitfelsen    .     .     .     .     0,511 

Sandhaide 0,537 

Moorwiese 0,971 


10.   6tM,^Vl4>t 
A 


K 

k 

1,139 

0,582 

0,3146 

0,169 

0,1331 

0,129 

H-Owg 

Fig.  173.    Geothermen  nach  Homen.     10.— 11.  Aug.  1896. 

Die  Wärmeleitfähigkeit  k  ist  hier  die  Anzahl  cal.,  welche  pro  Minute 

durch  eine  Platte  von  1  cm^  Querschnitt  und  1  cm  Dicke  passiert,  wenn 

der  Temperaturunterschied  der  beiden  Seiten  1^  C.  beträgt. 

34* 


532 


Physik  der  Atmosphäre. 


Die  von  aussen  zugefilhrte  Wärmemenge  wird  teils  im  Boden  auf- 
gespeichert, teils  auch  zur  Luft  abgegeben.  Ein  Teil  der  letzterwähnten 
Wärme  wird  zur  Verdunstung  von  Wasser  angewendet.  Um  diese  Ver- 
dunstung zu  bestimmen,  wurden  Stücke  aus  der  Erde  ausgeschnitten 
und  in  eiserne  Kasten  gelegt,  die  Kasten  dann  wieder  in  die  Löcheri 
gesenkt  und   zu    bestimmten  Zeiten   gewogen.     Auf  diese  Weise  hat; 


12 

i 

4         6        S        10       i£        2        4        6         &       10       1^        2        4        6        - 

10 

'       10 

'    12*  V 

'  16' 

1«° 

18' 

16' 14 

12°  1 

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6° 

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•161 

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8*6"   > 

fil-      J 

•   2*l' 

Fig.  174.    Aerothermen  nach  Ho  man.    11. — 12.  Aug.  1896. 


Homen  die  oben  angegebenen  Ziffern  über  den  Wärmeumsatz  go 
wonnen  (vgl.  S.  525). 

Wie  man  aus  denselben  ersieht,  nimmt  die  Luft  einen  sehr  grossen 
Teil  der  Wärme  dem  Boden  durch  Konvektion  oder  Leitung  ab.  Homen 
hat  auch  die  Wärmeverhältnisse  in  der  Luft  bis  zu  10  m  Höhe  studiert 
und  durch  Kurven,  sog.  Aerothermen,  welche  den  Geothermen  ähneln, 
darzustellen  gesucht. 

Diese  Linien  geben  aber  bei  weitem  keine  so  gute  Übersicht,  wie 
die  Geothermen,  weil  die  Bewegungen  der  Luft  die  regelmässige  Fort- 
pflanzung der  Wärmewellen  gänzlich  verhindern.  Besonders  gilt  dies 
für  die  aufsteigenden  Luftströme  am  Tage,  welche  Wärme  sehr  schnell 


p 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche.  533 


iihfahren,  während  die  Abkühlung  in  der  Nacht  besser  lokalisiert  ist, 
da  die  kalte  Luft  gegen  den  Boden  gepresst  wird.  In  Pig  174  habe 
ich  eine  der  diesbezüglichen  graphischen  Darstellungen  von  Homen 
wiedergegeben.  Die  Tagesschwankung  in  der  Zeit  vom  11. — 16.  August 
1  S9.3  ist  am  grössten  für  die  Erdoberfläche,  danach  kommt  die  Luft  un- 
mittelbar darüber  und  je  höher  in  der  Luft,  desto  geringer  ist  die 
Schwankung,  wie  folgende  Tabelle  zeigt: 

Schwankung 

Boden  21,36«  C. 

Luft  0  m  Höhe  18,86 

1  15,86 

2  14,94 
5  13,85 

10  12,51 

Dieser  Umstand  deutet  darauf  hin,  dass  die  Temperaturschwankung 
der  niederen  Luftschichten  auf  dem  Wärmeumsatz  an  der  Erdoberfläche 
beruht. 

Wärme-  und  Temperaturleitfähigkeit  des  Bodens.  Ist  Sp 
die  Schwankung  der  Temperatur  in  der  Tiefe  2h  Sq  diejenige  in  der 
Tiefe  0,  K  die  Temperaturleitfähigkeit  und  r  die  Periodenlänge  der 
Schwankung,  so  gilt  für  diese  Grössen  folgende  Beziehung: 

e  c?       —pY^cIKt 

Sp  =  Sq  e  ^ 

wo  jc  die  Zahl  3,1415  und  e  die  Basis  der  natürlichen  Logarithmen  dar- 
stellt. Man  kann  demnach  aus  Beobachtungen  von  Sp  und  Sq  bei  be- 
kanntem p-  und  T-Wert  K  berechnen. 

Auf  diese  Weise  sind  folgende  Zahlenwerte  für  die  Temperaturleit- 
f&higkeit  verschiedener  Bodenmaterialien  gefunden  (in  cal.  pr.  cm 2  und 
Minute): 

K  k 

Trapp  (Calton  Hill) 0,472  0,249 

Sand          „         „         0,523  0,157 

Sandstein  „         „        1,387  0,642 

Serpentingestein 0,356  — 

Sandiger  Lehm 0,816  — 

Porphyritischer  Trachyt  (Japan)    .    0,30  — 

Granit  (Schwarzwald) 0,902  0,47 


534  Physik  der  Atmosphäre. 

A'  k 

Granit  (Baveno)  .......  1,161  0,58 

Molasse-Sandstein 0,44—0,92        — 

Schnee  (Dichte  0,2) 0,1G  0,016 

„       (      „      0,3) 0,24    '  0,036 

Eis 0,68  0,31 

Gefrorener  Boden  (Pawlowsk)  .    .  0,56  — 

„      (Jakutsk)      .    .  0,62  — 

Nicht  gefr.  Boden  (Pawlowsk)  .    .  0,32  — 

Zu  diesen  Ziffern  sind  noch  die  von  Homen  gegebenen  oben  an. 
geführten  zuzuzählen.  Unter  k  steht  die  Wärmeleitfähigkeit,  welche 
durch  Multiplikation  von  K  mit  dem  Produkt  aus  spezifischem  Gewicht 
und  spezifischer  Wärme  gewonnen  ist.  Die  Leitfähigkeiten  sind  für  dii 
verschiedenen  Bodenarten  von  derselben  Grössenordnung,  etwas  grössoi 
für  die  kompakten  (Granit  und  Sandstein),  denen  auch  Lehm  und  ge- 
frorener Boden  sich  anschliessen,  als  für  lockere  Erdbestandteile,  wie 
Sand  und  Moorwiese.  Die  vulkanischen  Bergarten  Trapp  und  Trachyt 
zeichnen  sich  durch  schlechte  Leitfähigkeit  aus,  ebenso  Serpentin- 
gestein. Wegen  der  Porosität  nimmt  Schnee  eine  ganz  extreme  Stellunu 
ein,  was  in  klimatischer  Hinsicht  von  Bedeutung  ist. 

Die  Erwärmung  der  Erdoberfläche.  Ein  Teil  der  Sonnen- 
strahlen gelangt  zur  Erdoberfläche  und  erwärmt  sie.  Ein  anderer  Teil 
wird  in  der  Luft  zurückgehalten  und  dient  hauptsächlich  zu  deren  Er- 
wärmung. Die  beiden  Teile  sind  auf  der  Breite  von  60^  ungefähr  gleich 
gross,  in  Gegenden,  die  dem  Äquator  näher  liegen,  überwiegt  der  erste  Teil 
—  am  Äquator  selbst  ist  er  etwa  doppelt  so  gross  wie  der  zweite  Teil. 
Das  Luftmeer  hat  die  Wärmekapazität  einer  Wasserschicht  von  2,5  in 
Höhe.  Im  festen  Erdboden  dringt  die  Wärme  nur  zu  sehr  unbedeuten- 
den Tiefen  ein,  wegen  des  geringen  Temperaturleitungskoeffizienten.  In 
gewöhnlicher  Sandhaide  dringt  die  Hälfte  der  täglichen  Wärmezufuhr 
nicht  tiefer  als  etwa  5  cm  ein,  in  Granitfelsen,  der  unvergleichlich 
besser  leitet  als  alle  sedimentären  Ablagerungen,  ist  die  entsprechende 
Tiefe  etwa  10  cm.  Die  Wärmekapazität  dieser  Schichten  entspricht  einer 
Wasserschicht  von  etwa  2,5  bezw.  5  cm.  Hieraus  ist  ersichtlich, 
dass  die  Erwärmung  der  festen  Erdoberfläche  durch  die  Bestrahlung 
bedeutend  viel  höhere  Temperaturen  hervorbringen  wird  als  die  gleich- 
zeitige Erwärmung  der  Luft.  Nun  ist  es  wohl  richtig,  dass  die  am 
meisten  wärmeabsorbierenden  Agentien  in  der  Luft,  der  Staub  und  der 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche.  535 

issenlainpf  hauptsächlich  in  den  tieferen  Teilen  des  Luftmeeres  loka- 

crt  sind.    Aber  selbst  unter   der   zweifellos   übertriebenen  Annahme, 

s  sich  die  unteren  Schichten  doppelt  so  stark  erwärmen,   als  gleich- 

-siger  Teraperatursteigerung   in   der   ganzen  Atmosphäre    entspricht, 

te   man,   wenn   keine  Leitung  der  Wärme   vom  Erdboden  zur  Luft 

ittfände,   etwa    10— 30  mal  so   grosse  Schwankungen   der  Bodentem- 

I  ratur  wie  der  Lufttemperatur  zu  erwarten. 

In  der  That  beobachtet  man  auch  bedeutend  höhere  Schwan- 
Ivungen  der  Bodentemperatur  als  der  Lufttemperatur.  Dieser  Unter- 
schied würde  noch  bedeutend  grösser  ausfallen,  wenn  nicht  die  Luft 
lurch  Leitung  einen  Teil  der  Wärme  (oder  Kälte)  der  Erdoberfläche 
lufnähme.  Besonders  kräftig  ist  die  Abkühlung  durch  die  Luft,  weil 
lie  aufsteigenden  warmen  Luftströme  die  Erdbodenwärme  auch  in 
höher  liegende  Luftschichten  (bis  zu  1000—2000  m  Höhe)  bringen. 

Wenn  die  Erdoberfläche  nicht  durch  das  Luftmeer  geschützt  wäre, 

Ml  würden  ohne  Zweifel   ähnliche  Temperaturverhältnisse   wie   auf  dem 

Mond  herrschen  (vgl.  S.  166),  so  dass  die  Temperatur  bei  senkrecht  auf- 

I fallender  Sonnenstrahlung  etwa  -\-  150'^  C.  erreichen,  in  der  Nacht  unter 

IlliOOO  C.  fallen  würde. 

^^  Ganz  anders  verhält  sich  die  wasserbedeckte  Erdoberfläche.  Bei 
Temperaturzunahme  steigt  die  Verdunstung,  das  Salzwasser  wird  schwerer 
und  sinkt  hinunter.  Auf  diese  Weise  pflanzt  sich  die  tägliche  Wärme- 
welle im  Meer  bis  in  mehr  als  10m  Tiefe  fort.  Auch  in  Süsswasser  macht 
sich  die  Wärmewirkung  der  Sonne  wegen  der  Durchsichtigkeit  bis  zu 
Tiefen  von  5  m  geltend. 

Die  Tiefe,  bis  zu  welcher  die  jährliche  Wärmeschwankung  im  Meer 
j eindringt,  beträgt   nach  Aime  nicht  weniger   als   300   bis   400  m,   für 
Süsswasserseen    ist   die   entsprechende   Grösse  200 — 250  ra,    wie   oben 
I  erwähnt  wurde  (vgl.  S.  367).    Dabei  dringt  die  Nacht-  und  Winterkälte 
onders  leicht   ein,    weil   die   Dichte    der   Wasserschichten    (voraus- 
setzt, dass  sie  über  4''  warm  sind)   mit  der  Kälte   zunimmt  und  die 
ren  abgekühlten  Wasserschichten  nach  unten  sinken  und  die  Abküh- 
lung bis  in  bedeutende  Tiefe  tragen.  Die  nächtliche  Abkühlung  bedingt 
die  Entstehung  der  Sprungschicht  (vgl.  S.  409). 

Das  Wasser  hat  demnach  eine  viel  grössere  Kapazität  als  die  Luft 
und  muss  dementsprechend  viel  geringeren  Temperaturschwankungen 
unterworfen  sein. 

Dies  stimmt  auch  vollkommen  mit  der  Erfahrung.  Die  Tages- 
schwankung im  Wasser  ist  viel  geringer  als  in  der  Luft.   Im  Genfersee, 


536  Physik  der  Atmosphäre. 

weit  vom  Ufer,  fand  Forel  eine  tägliche  Schwankung  von  nur  1,5^'  ( 
In  anderen  Seen  hat  man  Schwankungen  von  im  Mittel  etwa  2^  C,  an 
sehr  heissen  Tagen  von  gegen  5—6^  C.  gefunden. 

Hann  veröffentlicht  einige  Beobachtungen  von  Homen,  die  an 
einer  40  m  tiefen  Stelle  des  Lojo-Sees  in  Finnland  angestellt  sind. 
Die  Tagesschwankung  betrug  daselbst: 

Abnahme 
pro  m 


Tiefe 

Schwankung 

Luft 

10,0 

24  cm 

1,82 

86   „ 

1,08 

149   „ 

0,68 

274   „ 

0,50 

524   „ 

0,42 

2,31 
2,10 
1,28 
1,07 

Wie  aus  diesen  Ziffern  ersichtlich,   verläuft   die  Temperatur  nach 
der  Tiefe  in  ganz  anderer  Weise  wie  im  festen  Erdboden.    Die  Wertr 
der  Amplitudenabnahme   mit   der  Tiefe   zeigen  überhaupt  keine  Ten- 
denz,   mit    zunehmender   Tiefe   konstant  zu   werden,    sondern    sinken 
asymptotisch  gegen  den  Wert  1.   Dies  beruht  darauf,  dass  das  Eindringen ; 
der  Wärme  nach   ganz   anderen   Gesetzen   als   die   Wärmeleitung    im 
Boden  erfolgt.    Je  mehr  Strahlen  weggesiebt  sind  von  der  einfallenden 
Sonnenwärme,   desto  durchsichtiger  wird  das  Wasser  für  die  übrig  ge- 
bliebenen Strahlengattungen,   und  so  kommt  es,   dass  in  3,71  m  Tiefe, 
wo  die  Temperaturschwankung,  nach   der  Abnahme   zwischen   24   und  i 
86   cm  Tiefe  zu  urteilen,    auf  0,1^   gesunken   sein   sollte,    noch    einef 
Schwankung  von  0,46^  C.  zu  konstatieren  ist.    Wenn  die  Absorption  der 
Wärme  im  Wasser  nicht  „selektiv"  wäre,  sondern  in  jeder  Schicht  (von 
1  m  Dicke)  derselbe  Bruchteil   der   einfallenden  Wärmemenge  zurück-  [ 
gehalten  würde,   so  würde,   wie  leicht  einzusehen,   die   Abnahme   der  \ 
Schwankung  mit  der  Tiefe,  ganz  wie  bei  dem  Wärmeleitungsphänomen, 
konstant  sein. 

Durch  diesen  Umstand  wird  es  auch  verständlich,  dass  die  tägliche 
Wärmeschwankung  bis  in  12  m  Tiefe  der  Seen  noch  merklich  ist,   wie 
Griesinger  für  den  Weissensee  in  Kärnthen  gefunden  hat.    Dagegen  , 
ist  die  tägliche  Wärmeschwankung  des  festen  Erdbodens  nicht  in  1  m  j 
Tiefe  merklich.  ! 

Die  tägliche  Wärmeeinnahme   des  Lojo-Sees   erreicht  an  warmen  | 
Tagen700— 800  cal.pr.cm'^,  im  Mittel  400 — 500cal.an  gewöhnlichen  schönen  | 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche. 


537 


Sommertagen,  die  Wärmeabgabe  in  der  Nacht  steigt  bis  zu  150—300  cal. 
pr.  cm'-.  Nach  kühlen  Tagen  ist  die  Wärmezunahme  natürlich  grösser, 
'besonders  wenn  die  Luft  nicht  ganz  ruhig  ist.  Dieser  Umstand  zeigt, 
dass  in  diesem  Fall  das  Wasser  Wärme  aus  der  Luft  nimmt,  und  nicht 
umgekehrt,  wie  der  feste  Erdboden. 

Das  Maximum  der  Temperatur  des  Lojo-Sees  trat  ungefähr  gleich- 
zoitig  mit  demjenigen  der  Lufttemperatur  um  3  h.  N.  M.  ein. 

Zu  ähnlichen  Schlüssen  gelangen  wir  aus  den  von  Forel  mitgeteilten 
Daten  über  die  Jahresschwankung  der  Temperatur  in  Süsswasserseen, 
wie  folgende  Ziffern  zeigen  (vgl.  S.  411). 


Loc 

li  Katrine 

V( 

3ttern 

Enare 

lottland  560  15'  N.  Br. 
28'  W.  L.  Höhe  111  ra 

Schweden  58o  N.  Br. 
140  20'  E.  L.  Höhe  90  m 

Finnland  69"  3'  N.  Br. 
270  50'  E.  L.  Höhe  150  m 

riefe 

Schwankung 

Tiefe 

Schwankung 

Tiefe    Schwankung 

0 

15,2 

0 

13,1 

0 

13,1 

MO 

9,3 

10 

12,9 

10 

12,1 

20 

8,8 

15 

8,9 

20 

11,3 

30 

2,8 

25 

6,1 

30 

11,1 

40 

2,1 

35 

5,4 

40 

10,4 

60 

1,5 

45 

4,9 

50 

9,6 

65 

4,7 

60 

8,9 

85 

4,2 

70 

8,6 

95 

4,1 

80 

8,4 

Ladoga 

Mj 

Ösen 

Russland  61 
300  42'  E.  L. 

0  22'  N.  Br. 
Höhe  18  m 

Norwegen 
110  15'E.  L 

600  22'N.  Br. 
.  Höhe  125  m 

Tiefe    Schwankung 

Tiefe    Schwankung 

0 

9,1 

0 

12,6 

10 

8,9 

5 

12,1 

20 

7,5 

10 

11,5 

30 

6,9 

20 

8,7 

40 

6,6 

30 

5,2f 

50 

6,1 

40 

3,7 

60 

5,7 

50 

2,6 

80 

4,4 

60 

1,8 

100 

3,5 

70 

1,6 

150 

2,5 

80 

1,2 

200 

2,0 

90 
100 

0,9 
0,7 

538  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  Zahlen,  welche  nach  diesen  Daten  berechnet  sind,  leiden  an 
einer  ziemlich  grossen  Unsicherheit  wegen  der  geringen  Zahl  der  Tage: 
(5—7),  in  welchen  im  Laufe  des  Jahres  Messungen  angestellt  worden  sind. 

Da  die  Jahresschwankung  in  den  von  Forel  diskutierten  Fällen  \n> 
zu  Tiefen  von  100  —  250  m  eindringt,  so  kann  nicht  angenommen 
werden,  dass  die  Leitung  und  die  direkte  Erwärmung  durch  Sonnen- 
strahlung merklich  dazu  beitragen,  sondern  der  beinahe  einzig  aus- 
schlaggebende Faktor  ist  die  Konvektionsströmung  zufolge  ungleiche) 
Dichtigkeit  und  Wirkung  des  Windes  (vgl.  S.  427). 

Forel  hat  auch  die  jährliche  Wärmeschwankung  der  Süsswasserseon 
berechnet  und  ist  zu  Eesultaten  (in  cal.  pr.  cm 2)  gekommen,  welche  sehr 
gut  mit  denjenigen  von  Homen  übereinstimmen,  indem  die  tägliche 
Wärmezunahme  zwischen  150  und  600  cal.  pr.  cm''^  und  Tag  je  nach 
der  geographischen  Breite  wechselt  (vgl.  S.  412). 

Die  Wärmeaufspeicherung  in  den  Süsswasserseen  ist  nach  diesen 
Ziffern  bedeutend  (bis  etwa  50  mal)  grösser  als  die  der  festen  Erdober- 
fläche. Dies  beruht  darauf,  dass  die  Wärme  in  die  Seen  tiefer  ein- 
dringt. Die  Ziffern  für  die  Süsswasserseen  sind  von  derselben  Grössen- 
ordnung  wie  die  unten  für  die  Nord-  und  Ostsee  gegebenen  und  tiber- 
treffen sie  sogar  bei  Seen  grosser  nördlicher  Breite,  wie  unter  den  an- 
geführten beim  Ladoga  und  Enare. 

Die  Seen  sind  also  grosse  Wärmebehälter  und  erhöhen  die  mittlere 
Temperatur,  da  sie  nur  wenig  Wärme  an  die  höheren  Luftschichten 
durch  Luftströme  abgeben. 

Weitere  grosse  Wärmemengen  speichern  die  Seen  beim  Aufthauen 
des  Eises  auf;  eine  Eisdecke  von  0,5  m  Dicke  repräsentiert  etwa  3700  cal. 
pr.  cm 2,  also  ungefähr  so  viel  wie  die  Wärmeschwankung  der  festen 
Erdoberfläche.  Der  Wärmewechsel  des  Genfersees  erreicht  pr.  cm'-^  etwa 
30000  cal.,  derjenige  Ladogas  etwa  100000  cal,  während  die  entsprechen- 
den Werte  für  die  Luft  zu  Eberswalde  2800,  für  die  Erdkruste  zu  Ebers- 
walde, Melkerei  und  Pawlowsk  nur  1812,  940  bezw.  3200  cal.  betragen 
(vgl.  S.  524). 

Der  Genfersee  zeigt  folgende  Temperaturdifferenzen  der  Oberfläche 
gegen  die  Luft. 

Winter  Frühling  Sommer  Herbst  Jahr 

-f4,8  —0,3  4-1,3  -1-3,9  -f2,4 

Vom  Juni  bis  März  giebt  dieser  See  Wärme  an  die  Luft  ab. 

Die  Seen  mildern  auf  diese  Weise  das  Klima.  Sie  erhöhen  im  Herbst 
die  Temperatur  der  Umgebung  mehr  als  sie  dieselbe  im  Frühling  er- 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche.  539 

liigen.    Der  Bodensee  erhöht  die  Jahrestemperatur  der  umgebenden 
r  um  etwa  0,4 <>  C.    Der  Januar  ist  um  etwa  0,8^  Aug.-Sept.  0,6—0,7" 
Miuer    als   im   Hinterland.     Im   Frühling   ist  der  Unterschied   nicht 
i'iklich. 

Auch  die  Temperatur  der  Flüsse  ist  etwas  (1"  C.  im  Mittel)  höher 
i>  diejenige  der  umgehenden  Luft. 

Die  Schwankung  der  Temperatur  der  Seen  ist  trotz  der  grossen 
\  iirmeaufspeicherung  so  gering,  weil  ihre  Wärmekapazität,  zufolge  der 
sen  Tiefe   der   an  der  Wärmeschwankung  teilnehmenden  Schichten, 
ii-^erordentlich  gross  ist. 

V.  Kalecsinsky  hat  neuerdings  ein  Beispiel  gegeben,  was  für  Ver- 

ältnisse  eintreten,  wenn  in  einem  See   die  Cirkulation  fehlt  und  die 

Värme  wie   im   Erdboden  in  relativ   dünnen   Schichten   aufgespeichert 

ird.    In  Ungarn   giebt  es  Salzseen  (Salzgehalt  22 — 26  Proz.),   die   mit 

iuer  dünnen  Schicht  (1,5  cm)   von   salzärmerem  Wasser,   bedeckt  sind, 

a  welchem  der  Salzgehalt  kontinuierlich  bis  zur  Oberfläche  (2 — 3  Proz.) 

bnimmt.    Dieses  Oberflächen wasser  stammt  von  zufliessenden  Bächen. 

Verden  nun  diese  Seen  von  der  Sonne  bestrahlt,   so  werden  nur   die 

iünne  Übergangsschicht  und  die  obersten  Teile  des  Salzwassers  erwärmt. 

m  eigentlichen  Salzwasser  kann  keine  Verdunstung  stattfinden,  weil  es 

"H  Süsswasser  bedeckt  ist,  und  das  erwärmte  Salzwasser  kann  infolge- 

cn  nicht  zu  Boden  sinken  und  tiefere  Schichten  erwärmen.   Auch  die 

n  der  Nacht  abgekühlten  oder  am  Tag  durch  Verdunstung  konzentrierten 

iberen  Schichten  sinken  nur  zu  sehr  massiger  Tiefe  in  der  Übergangs- 

cliicht,  die  nach  unten  durch  zunehmenden  Salzgehalt  schnell  dichter  wird 

das  spezifische  Gewicht   ändert   sich  von   1,02  bis  1,17—1,20.    Die 

/erschiedenen  Schichten  bleiben  in  nahezu  unveränderter  Lage  gegen- 

'inander.     Wir  haben  hier  ein  sehr  auffallendes  Beispiel  der  Glashaus- 

V^irkung. 

Die  sichtbaren  Wärmestrahlen  dringen  nämlich  in  das  Salzwasser 
'An  und  werden  in  dunkle  Wärme  verwandelt,  die  vom  überlagernden 
5üsswasser  nicht  hindurch  gelassen  wird.  Die  Temperatur  kann  daher 
in  der  Grenzschicht  zwischen  salzigerem  und  süsserem  Wasser  im  Sommer 
lis  zu  70^^  C.  steigen.  Folgende  Messungen  mögen  zur  Erläuterung  an- 
geführt werden. 

Medvesee  (n.  Br.  42 «  44'  E.  L.  46  »^  45')  am  25.  Juli  1901. 

riefe          0        0,10        0,42        0,52        0,72  1,00        1,32      1,82  m 

3p.  Gew.  —         1,038       1,140       1,156        —  1,176       1,180       1,186 

lemp.      21           —        39            45           50  54           56           bd^C. 


540  Physik  der  Atmosphäre. 


Tiefe 

2,32 

3,00 

5,00 

7,00 

10,00 

12,3 

41,8  ni 

Sp.  Gew. 

1,188 

1,188 

1,196 

1,197 

1,196 

1,194 

1,194 

Temp. 

47 

39 

31 

29 

23 

20 

19«  C. 

Cl 


Die  Temperatur  der  heissesten  Schicht   sank  während  des  Winto 
halbjahres  von  65«  (14.  Sept.  1898)  auf  26°  C.  (2.  April  1899). 

Auch  die  gewöhnlichen  Seen  wirken  teilweise  als  Glashäuser;  weg 
ihrer  grossen  Wärmekapazität  steigt  aber  ihre  Temperatur  nicht  sehr  hocli 
Das  Seewasser  ist  deshalb  immer  wärmer  als  die  Luft  (vgl.  oben  S.  371  i 
Schon  oben  haben  wir  gesehen,  dass  der  Bodensee  die  Temperatur  d 
Umgebung  um  etwa  0,4 <*  C.  erhöht.  Die  Temperatur  der  Meeresobi 
fläche  übersteigt  auch  diejenige  der  überlagernden  Luft  unter  35^  s.  Br 
um  1,4 0,  unter  35^  n.  Br.  um  2,4 ^  (wovon  jedoch  1,1^  dem  Golfstroin 
zuzuschreiben  sind),  unter  57 — 70^  Br.  mit  1,6.  In  den  Tropen  sinl<^ 
der  Überschuss  auf  0,8^. 

Den  täglichen  Gang  der  Temperatur  an  der  Oberfläche  des  Oceaii 
ersieht  man  aus  folgenden  Daten;  zum  Vergleich  ist  die  Lufttemperatui 
nebengeschrieben. 

Täglicher  Gang  der  Temperatur  (Abweichung  vom  Tagesmittcl 
im  atlantischen  Ocean    1)  20  — 30°  w.  L.  0  —  10»  n.  Br.    2)  30^  n.  Br. 


Sommer. 

3)  63—73« 

•  n.  Br., 

a)  Wasser, 

b)  Luft, 

c)  Tempe: 

raturdiöer 

Wasser-Luft. 

Mitternacht 

2 

4 

6 

8 

10  V.  M. 

la 

—  0,19 

-0,28 

—  0,31 

-0,26 

—  0,08 

0,15 

Ib 

—  0,43 

—  0,61 

—  0,70 

-0,54 

—  0,03 

0,45 

Ic 

—  0,83 

0,92 

0,98 

0,87 

0,54 

0,29 

2a 

-  0,15 

-0,20 

—  0,20 

—  0,15 

—  0,05 

+  0,10 

2b 

—  0,65 

—  0,70 

—  0,65 

—  0,50 

—  0,20 

+  0,30 

2c 

0,85 

0,85 

0,80 

0,70 

0,50 

0,15 

3a 

—  0,12 

—  0,21 

—  0,21 

—  0,13 

—  0,02 

0,06 

3b 

—  0,33 

—  0,37 

—  0,36 

—  0,25 

—  0,04 

0,21 

Mittag 

2 

4 

6 

8 

10  N.  M. 

la 

0,33 

0,36 

0,27 

0,12 

0,00 

—  0,11 

Ib 

0,81 

0,81 

0,52 

0,16 

—  0,17 

—  0,27 

Ic 

0,11 

0,14 

0,34 

0,55 

0,76 

0,75 

2a 

0,15 

0,20 

0,20 

0,10 

0,00 

—  0,10 

2b       +0,80      +1,00       +0,85       +0,40      —0,10      —0,45 


c 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche.  54 1 


Mittag 

2 

4 

6 

8 

10  N.  M. 

2c 

—  0,30 

—  0,45 

-0,30 

+  0,05 

0,45 

0,70 

3a 

0,09 

0,12 

0,14 

0,15 

0,11 

0,02 

3b 

0,41 

0,45 

0,36 

0,18 

—  0,04 

—  0,22 

Gemäss  der  grösseren  Wärmekapazität  des  Wassers  ist  seine  Tem- 
eraturschwankung  viel  (etwa  2,3 — 4,2  mal)  geringer  als  diejenige  der 
/uft.  Jene  erreicht  in  den  drei  Beispielen  0,67,  0,40  und  0,36*^  C,  diese 
agegen  1,51,  1,70  bezw.  0,82^  C.  Zufolge  desselben  Umstandes  treten 
uch  die  Extreme  der  Temperatur  etwa  1  —  IV2  Stunden  später  im 
Vasser  als  in  der  Luft  ein.  Der  Temperaturtlberschuss  des  Wassers  ist 
m  grössten  kurz  nach  Mitternacht,  am  geringsten  (und  bisweilen  negativ) 

8 lach  Mittag. 
>ie  Verhältnisse  zwischen  der  Temperaturschwankung  der  Luft  und 
doberfläche  sind  demnach  genau  umgekehrt  für  die  Wasseroberfläche 
r  die  feste  Erdkruste  (vgl.  weiter  unten).  (In  beiden  Fällen  zeigt  die 
(Uft  eine  niedrigere  Mitteltemperatur.)  Der  Unterschied  zwischen  Wasser 
nd  Land  beruht  darauf,  dass  die  Kapacität  der  Wasseroberfläche  grösser 
it  als  diejenige  der  Luft,  welche  ihrerseits  diejenige  der  festen  Erd- 
ruste  vielemal  tibersteigt. 

tDie  jährliche  Schwankung  der  Meerestemperatur  verläuft  ähnlich, 
folgende  Daten  zeigen. 

Jahresschwankung  der  Temperatur  des  atlantischen  Oceans:  1)  10*^ 
.  Br.— 10»  n.  Br.    2)  35«  n.  Br.  (0—50»  W.  L.)    3)  60»  n.  Br. 

Jan.   Febr.  März  April  Mai  Juni    Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 

26,3  26,4  26,8  27,2  27,0  26,4  25,7  25,2  25,5  26,0  26,3  26,1  26,2 

,     17,4  16,7    17,0  17,5  18,7  20,6  22,7  24,0  23,2  22,0  19,7  18,4  19,8 

)       6,9     6,6     6,6  7,4  8,4  10,2  11,8  12,4  11,9  10,3  8,9  7,7  9,1 

In  dem  äquatorialen  Gebiet  besteht  ein  charakteristisches  doppeltes 
laximum,  in  den  nördlichen  temperierten  Gegenden  tritt  das  Maxi- 
uiiii  im  August,  das  Minimum  im  Februar-März  ein,  also  2 — 3  Mo- 
atc  nach  den  Sonnenwenden.  Die  Schwankung  ist  sehr  gering  und  he- 
tzt ein  Maximum  in  mittleren  Breiten.  Sie  erreicht  auf  offenem  Meer 
;nli  Schott  im  Mittel: 

Breite  0  10         20         30         40         50« 

Schwankung        2,3        2,4        3,6        5,9        7,5        4,7 « C. 

In  allen  diesen  Verhältnissen  macht  sich  die  grosse  Wärmekapacität 
>  Wassers  geltend.  Dieselbe  Wirkung  zeigt  sich  in  dem  Temperatur- 


542  Physik  der  Atmosphäre. 

unterschied   zwischen  Wasser  und   Luft,   welcher  an   den   Küsten  d' 
nordatlantischen  Oceans  nach  Mohn  beträgt: 

Winter       Frühling       Sommer         Herbst  Jahr 

3,30  1,30  —0,70  2,30  1,60 

Wie  ungeheure  Wärmemengen  im  Jahr  vom  Meer  aufgenomni' 
und  abgegeben  werden,  geht  aus  folgenden  Überschlagsrechnungen  \ 
Pettersson  hervor.    Im  nördlichen  Teil  der  Nordsee  sinkt  vom  Augu 
bis  November   die  Temperatur  der  höchsten  50  m  dicken  Schicht  m 
30  C.  (von  12,20  auf  9,2  o).    Vom  November  bis  Februar  ist  der  Teiri 
peraturfall  2,7^  in  den  obersten  200  m.    Es  wird  folglich  pro  cm^  \ 
Wasser  zur  Luft  eine  Wärmemenge  von  3 .  5000  +  2,7 .  20  000  =  69  000  cü 
abgegeben.    In  den  übrigen  Jahreszeiten  wird  eine  ebenso  grosse  Wärmi 
menge   durch  Aufspeicherung  von  Sonnenstrahlung  gewonnen.    In  ahn 
lieber  Weise  wird  für  die  Ostsee,  wo  die  Temperaturschwankung  jed' 
nur  bis  zu  55  m  Tiefe  reicht,   eine  Wärmeschwankung  von  51000  ch 
pr.  cm 2  berechnet. 

Thatsächlich  wird  dieser  Wärmeaustausch  noch  dadurch  vergrössi 
dass  das  Wasser  teilweise  von  südlichen,  wärmeren  Gegenden  zustrüiu 
(Golfstrom). 

Da  nun  1  caL  33  m.  Luft  (bei  0^  C.  und  760  mm  Druck)  um  1 
zu  erwärmen  vermag,  so  würden  240  cal.  dazu  genügen,  das  ganze  Luft^ 
meer  um  1^  zu  erwärmen.  Die  im  Nordseewasser  aufgespeicherte  Wärmf 
würde  demnach  genügen,  um  die  Temperatur  der  ganzen  überlagernder 
Atmosphäre  etwa  280  0  C.  zu  erhöhen.  Den  grössten  Teil  der  Wärm( 
giebt  wohl  das  Wasser  in  latenter  Form  im  Wasserdampf  ab.  Dh 
Wärme  der  Nordsee  genügt  dazu,  jährlich  eine  Schicht  von  etwa  120  cn:| 
Tiefe  abzudunsten.  [ 

Wegen  der  latenten  Wärme  des  Wasserdampfes  ist  der  Wärme-I 
Inhalt  von  feuchter  Luft  bedeutend  grösser  als  derjenige  trockener  Luft 
Bei  140  C.  ist,  von  0^  ab  gerechnet,  der  Wärmeinhalt  von  mit  Wasser- 
dampf gesättigter  Luft  etwa  doppelt  so  gross  wie  derjenige  trockeneij 
Luft,  bei  260  etwa  2,5  mal  so  gross.  Dadurch  ist  die  vom  Meere  auf- 
steigende feuchte  Luft  imstande,  bedeutend  mehr  Wärme  zu  transpor- 
tieren,  als  die  über  einer  Wüste  aufsteigende  trockne  Luft. 

Da  nahezu  drei  Viertel  der  Erdoberfläche  von  Wasser  bedeckt  sind^ 
verdienen  die  Temperaturverhältnisse  über  dem  Meer  eine  besondere; 
grosse  Berücksichtigung,  obgleich  sie  aus  naheliegenden  Gründen  vie]| 
weniger  genau  untersucht  sind  als  diejenigen  über  der  festen  Erdoberfläche.! 


IV.  Die  Temperatur  der  Erdoberfläche.  543 

p]indringen  des  Frostes  in  den  Boden.  In  Gegenden,  wo  im 
Laufe  des  Jahres  die  Erdtemperatur  unter  0'^  sinkt,  friert  das  Wasser 
n  den  lockeren  Erdschichten,  was  für  die  Vegetation  von  grosser  Be- 
ieutung  ist.  Je  länger  die  Winterkälte  dauert  und  je  heftiger  sie  ist, 
um  so  tiefer  dringt  der  Frost  in  den  Boden  hinein.  Dabei  spielt  es 
eine  grosse  Kolle,  ob  der  Boden  von  Rasen  oder  Schnee  bedeckt  ist  oder 

■  kt.  Eine  Rasendecke  soll  nach  H.  Becquerel  ebensoviel  wie  0,5  m 
Lrde  schützen.  Eine  Schneedecke  soll  nach  Wild  ebenso  grosse 
I schützende  Einwirkung  ausüben,  wie  eine  dreimal  so  dicke  Sandschicht. 
Kiefernwald  setzt  nach  Mut tr ich  und  Schubert  (in  Preussen)  die 
Frosttiefe,  die  für  Feldstationen  im  Mittel  47  cm  beträgt,  auf  34,  Buchen- 
^\  ald  auf  38,  Fichtenwald  nur  auf  45  cm  herunter. 

Die  Frosttiefe   an   demselben  Ort  kann  in  verschiedenen  Wintern 

nach  den  äusseren  Umständen  recht  verschieden  ausfallen.  Zu  Königs- 
jerg  dringt  der  Frost  in  8  Wintern  von  14  bis  zu  63  cm  Tiefe  (unter 
lacktem  Boden).  Diese  Tiefe  kann  demnach  etwa  gleich  der  mittleren 
'rosttiefe  gesetzt  werden.    Tiefer  als   bis   zu   125  cm  dringt  daselbst 

iier  Frost  (untere  Frostgrenze).  Für  Pawlowsk  liegt  die  untere  Frost- 
ze  bei  160  cm. 
In  hohen  Breiten,  wo  die  Mitteltemperatur  des  Erdbodens  unter 
.  liegt,  ist  der  Boden  in  einigen  Metern  Tiefe  immer  gefroren  und 
t  nur  an  der  Oberfläche  während  des  Sommers  auf.  Die  Tiefe,  bis 
5U  welcher  dies  geschieht,  hängt  von  der  Dauer  und  Intensität  der 
^ommerwärme  sowie  von  der  Natur  des  Bodens  ab.  In  sehr  grossen 
riefen  steigt  wiederum  die  Temperatur,  wegen  ihrer  Zunahme  mit  der 
riefe,  über  0*^.  Die  Bodentemperatur  zu  Jakutsk  in  Ostsibirien  erreicht 
n  6,1  m  Tiefe  —10,2,  in  15,2  m  —8,3,  in  91,4  m  Tiefe  —3,9  und  in 
10,4  m  Tiefe  — 3,0*^  C.  Die  letzten  Ziffern  deuten  auf  eine  geother- 
nische  Tiefenstufe  von  etwa  30  m.  Danach  wäre  daselbst  in  einer 
Tiefe  von  etwa  210  m  und  weiter  nach  unten  der  Boden  frostfrei. 

Die  grossen  Tundren  im  Norden  von  Europa  und  Asien  haben  eine 
)M(lentemperatur  dieser  Art. 


V.  Die  Temperatur  der  Lnft. 

Täglicher  Gang  der  Lufttemperatur.  Schon  oben  ist  nacL 
Homen  ein  Beispiel  gegeben,  wie  die  Wärme  sich  von  der  festen  Erd-i 
Oberfläche  in  die  Luft  verbreitet,  so  dass  die  Schwankung  immer  geringe i 
wird,  je  höher  man  in  der  Luft  steigt.  Diese  Ziffern  gelten  für  heitenjj 
Tage.  An  trüben  Tagen  ist  diese  Erscheinung  sehr  abgestumpft,  so-i 
dass,  wenn  man  Temperaturmittel  für  längere  Zeiten  nimmt,  der  EffeM 
viel  weniger  ausgeprägt  wird,  aber  jedenfalls  in  derselben  Richtung  liegt, 
wie  für  heitere  Tage. 

Zur  Ermittelung  der  Lufttemperatur  muss  man  Thermometer  be- 
nutzen, die  nicht  wegen  Strahlung  falsche  Werte  ergeben.  Am  besten 
sind  die  ventilierten  Thermometer,  wie  sie  im  Assmann'schen  Psychro-, 
meter  verwendet  werden,  wo  die  Thermometerkugeln  durch  doppelte,: 
blanke,  röhrenförmige  Hüllen  (aus  Nickelblech)  geschützt  sind,  und  ein 
stetiger  Luftstrom  zwischen  diesen  Hüllen  und  an  dem  Thermometer  vor-; 
bei  von  einem  Centrifugalschleuderer,  der  von  einem  Uhrwerk  getrieben 
wird,  eingesogen  wird. 

In  allen  Fällen  bringt  man  das  Thermometer  an  einer  beschatteten 
Stelle  an  (häufig  in  einem  eigenen  Häuschen  mit  Jalousien,  durch  welche 
die  Luft  streichen  kann);  zu  empfehlen  ist  auch  die  Thermometerkugel: 
mit  einem  stark  reflektierenden  Metallüberzug  (gewöhnlich  aus  Silber)! 
zu  bekleiden.  i 

Als  Beispiel  des  täglichen  Ganges  der  Boden-  und  Lufttem- 
peratur mögen  folgende  Daten  für  Tiflis  angeführt  werden,  a)  Boden- 
temperatur, b)  Lufttemperatur  (3  m  über  dem  Boden),  c)  Differenz:  Boden- 
Luft.     1)  Winter,  2)  Sommer. 

13  5  7  91113  5  7  0         11   Mittel 

la     0,2 —0,2 —0,5 —Ö,S    3,010,3  13,2  10,9     4,3      1,9      1,2     0,6   3,7 
Ib     1,5      1,1      0,8      0,5    2,0   4,6     6,6    7,3      5,6      3,8      2,7     2,1    3,2 


h 

V.  Die  Temperatur  der 

F 

3 

5 

7          9      11       1         3 

tP-1,3- 

-1,3 

-1,3 

—1,3   5,0   5,7    6,6    3,6 

2  a    19,2 

18,1 

17,6 

23,134,7  45,1  49,0  45,4 

21.    18,9 

18,0 

17,5 

19,4  22,4  24,8  26,3  26,9 

Ir        0,3 

0,1 

0,1 

3,712,3  20,3  22,7  18,5 

uft.  545 

5  7  9         11    Mittel 

-1,3— Ö,,9  —1,5—1,5    0,5 

35,8    26,1    22,3   20,5  29,7 

26,3    23,8    21,5   20,122,1 

9,5      2,3      0,8     0,4    7,8 

Der  Boden  ist  im  Mittel  wärmer  wie  die  Luft.   Im  Sommer  ist  der 

unterschied  sehr  gross   und   immer  positiv,   im  Winter  ist  er  geringer 

i'iil  in  den  Nachtstunden   negativ.    Die  Sonnenstrahlung  erwärmt   die 

loberfläche  sehr  bedeutend,  und  diese  teilt  durch  Leitung  ihre  Wärme 

:  anliegenden  Luft  mit.   Sobald  aber  die  Lufttemperatur  so  hoch  ge- 

ii'gen  ist,  dass  die  unteren  Luftschichten  leichter  werden  als  die  oberen, 

v;is  bei  einem  Temperaturgefälle  nach  oben  von  0,033*^  C.  pro  Meter  ein- 

ritt  (vgl.  S.  573),   so  steigen  die  erwärmten  Luftschichten  in  die  Höhe 

md  geben  neuen  kühlen  Luftmengen  Platz.    Auf  diese  Weise  kann  der 

Pen  eine  bedeutend  höhere  Temperatur  als  die  Luft  behalten. 
In  der  Nacht  kühlt  sich  der  Boden  durch  Strahlung  ab,  und  infolge- 
iessen  sinkt  auch  die  Temperatur  der  Luft.  Die  unteren  Luftschichten 
Verden  dadurch  kälter  als  die  höher  liegenden  (sogenannte  Temperatur- 
nversion). Dadurch  wird  der  Zustand  stabiler  und  der  Boden  samt  der 
iberlagernden  Luftschicht  kann  sich  deshalb  sehr  stark  abkühlen.  Dass  auch 
n  diesem  Fall  die  Abkühlung  vom  Boden  ausgeht,  ersieht  man  daraus, 
lass  im  Winter  der  Boden  nachts  kälter  wird  als  die  Luft.  Im  Sommer  ist 
ler  Boden  so  stark  erwärmt,  dass  bisweilen  im  Mittel  (z.  B.  zu  Tiflis) 
ine  Temperatur  auch  in  den  Nachtstunden  höher  als  diejenige  der 
-uft  liegt.  Das  normale  Verhalten  ist,  dass  auch  im  Sommer  in  der 
Nacht  der  Boden  kühler  wird  als  die  Luft.  Beispiele  dafür  sind  in  den 
'ben  angeführten  Daten  von  Homen  zu  finden  (vgl.  Fig.  174). 

Die  warme  Luft  bei  Tage  steigt  in  immer  grössere  Höhen  und 
:ühlt  sich  dabei,  wie  wir  unten  sehen  werden,  um  etwa  1^  pro  100  m 
b.  Dieses  Spiel  geht  solange  vor  sich,  bis  die  ganze  Luftmasse  bis  zu 
riner  bestimmten  Höhe  ein  solches  Temperaturgefälle  zeigt.  Dies  erstreckt 
ich  im  Sommer  bis  zu  bedeutenden  Höhen  (zwischen  1000  und  2000  m). 
iUletzt  wird  die  aufsteigende  Luft  so  stark  abgekühlt,  dass  sie  nicht 
aehr  den  mitgeführten  Wasserdampf  in  Gasform  zu  erhalten  vermag, 
•s  entsteht  Kondensation  von  Wasser  in  Form  von  Wolken.  Von  da 
ib  sinkt  das  Temperaturgefälle  nach  oben. 

Aus  dieser  Darstellung  geht  hervor,  dass  die  tägliche  Temperatur- 
chwankung  mit  steigender  Höhe  abnehmen  muss  und   dass  das  Tem- 

Arrhenina,  Kosmische  Physik.  85 


546 


Phyßik  der  Atmosphäre. 


peraturmaximum  oder  Minimum  daselbst  später  eintreffen  muss,  als  ai 
der  Erdoberfläche.  Dieser  Schluss  scheint  in  der  That  berechtigt  zi 
sein,  wie  die  berühmten  meteorologischen  Beobachtungen  auf  dem  Eiffeli 
türm  zeigen,  von  welchen  einige  die  die  Temperatur  betreffen  in  fol-l 
gender  Tabelle  wiedergegeben  sind. 

( 1)  Winter,  2)  Frühling  und  Herbst,  3)  Sommer) 


Höhe 

2 

123 

197 

302 

2 

123 

147 

302  n 

Temperatu 

i' 

Eintrittszeit 

1)  Max. 

5,0 

4,2 

3,6 

2,8 

l^p 

^hp 

3,5'' i^ 

2,5'' y 

Min. 

0,8 

1,3 

1,3 

1,2 

6,5*  a 

l,b''  a 

7,5*« 

7,5''  < 

Difif. 

4,2 

2,9 

2,3 

1,6 

— 

— 

— 

— 

2)  Max. 

17,6 

16,1 

15,5 

14,9 

2V 

^^p 

3,5'' i? 

3";; 

Min. 

8,1 

9,4 

9,5 

9,8 

5'^a 

5,5'' a 

5,7'' « 

6''(/ 

Diflf. 

9,5 

6,7 

6,0 

5,1 

— 

— 

— 

— 

3)  Max. 

21,7 

20,1 

19,4 

18,5 

2^'p 

3,5V 

3,7";; 

3,5"/ 

Min. 

12,6 

13,7 

13,7 

13,5 

4,5'*  a 

4,5''« 

5,5''« 

4,5''  1 

Diff. 

9,1 

6,4 

5,7 

5,0 

— 

— 

— 

— 

Ähnliche  Messungen  mit  gleichem  Resultat  sind  in  Allahaba* 
(bis  zu  51  m  Höhe)  und  auf  dem  Turm  des  Strassburger  Münster; 
(136  m  Höhe)  angestellt  worden. 

Zu  gleichen  Schlüssen  wird  man  durch  die  Beobachtungen  voi 
Blue  Hill  bei  Boston  in  Nordamerika  geführt.  Die  beiden  grösstoi 
Höhen  sind  mit  Drachen,  die  registrierende  Thermometer  führten 
erreicht. 

Ort  Thal  Blue  Hill  Drache      Drache 

Höhe    ...       0  50  180         500         1000  m 

Schwankung .     11,6         9,9  9,3  2,4  0,17  «C. 

Als  registrierende  Thermometer  oder  Thermographen  benutzt  mai, 
jetzt  gewöhnlich  Apparate,  die  nach  demselben  Prinzip  wie  das  Bour- 
donsche  Manometer  arbeiten.  Der  wesentliche  Teil  besteht  aus  eine 
dünnwandigen  Metallröhre  von  stark  elliptischem  Querschnitt,  derei 
Achse  zu  einem  Kreisbogen  gekrümmt  ist.  Die  Enden  des  Rohres  siii' 
durch  Metallplatten  geschlossen.  Steigt  der  Druck  in  dem  Rohre,  s 
nimmt  sein  Volumen  zu,  indem  sich  die  Krümmung  der  Achse  ver 
mindert.  Wenn  das  eine  Ende  des  Rohres  dabei  an  einem  Rahmen  be 
festigt  ist,  so  bewegt  sich  das  andere  und  setzt  durch  Hebelvorrichtungei 
einen  Zeiger  in  Bewegung.    Die  Zunahme   des  Druckes  bei   steigend« 


V.  Die  Temperatur  der  Luft, 


547 


Temperatur  erfolgt  dadurch,  dass  das  Rohr  mit  einer  Flüssigkeit  von 
crosser  Temperaturausdehnung  gefüllt  ist.  Der  Zeiger  trägt  einen 
Schreibstift,  welcher  die  Temperatur  auf  einer  beweglichen  Papierrolle 
aufzeichnet,  deren  Achse  am  Rahmen  befestigt  ist. 

Aus   der  täglichen  Änderung   des  Luftdruckes  auf  Höhenstationen 
konnte  Hann  die  tägliche  Temperaturschwankung  der  Luftsäule  zwischen 
der  betreffenden   Höhenstation  und   einer  nahe   gelegenen  Thalstation 
rechnen.    Er  fand  so  die  folgenden  Temperaturschwankungen: 


Mittlere  Höhe 
Schwankung 


240 
3,3 


630 
2,2 


840     2000 
1,7       1,4 


3200  m 
1,0 


Der  tägliche  Gang  des  Thermometers  wird,  wie  Hann  hervorhebt, 
nicht  durch  eine  einfache  Sinuskurve  dargestellt.    Fig.  175,  welche  die 


10  Mttu. 


-372 


H  August.      ^ .^lecemljer. 


lig.  175.     Täglicher  Gang  der  Temperatur  zu  Wien  im  August  und  Dezember. 


mittlere  Temperaturvariation  zu  Wien  im  Dezember  und  August  darstellt, 
zeigt  dies  deutlich,  besonders  für  die  Augustkurve.  Nachdem  die  mittlere 
Tiigestemperatur  etwa  um  8'^  p  erreicht  ist,  sinkt  das  Thermometer  zu- 
folge der  Wärmeausstrahlung  fast  geradlinig  bis  etwa  zum  Sonnenauf- 
gang, ö'*  a  im  August,  7^  a  im  Dezember,  wo  die  Kurve  ein  „Knie" 
macht.  Die  stark  wachsende  Sonnenstrahlung  treibt  bald  die  Temperatur 
in  die  Höhe,  so  dass  der  Mittelwert  um  etwa  9^  a  bezw.  lO'*  30"*  a 
passiert  wird.  Die  Temperaturzunahme  wird  jetzt  etwas  vermindert, 
und  das  Temperaturmaximum  wird  einige  Stunden  nach  Mittag  {Z^  p 
bezw.  1^  p)  erreicht,  von  wo  die  Kurve  wieder  zum  Mittelwert  um 
8*;;  abfällt. 

Wie  ersichtlich,  folgt  der  Temperaturgang  der  Sonnenhöhe  und  zwar 
I  ist  die  Schwankung  im  allgemeinen  um  so  grösser,  je  mehr  der  Sonnen- 

35* 


548  Physik  der  Atmosphäre. 

stand  im  Laufe  des  Tages  sich  ändert.  Man  unterscheidet  dabei  eii^ 
periodische  tägliche  Schwankung,  welche  aus  den  Mittelwerten  für  je(]< 
Stunde  bestimmt  wird,  und  eine  aperiodische  Schwankung,  welche  da- 
für den  betreffenden  Zeitabschnitt  (Monat,  Jahreszeit,  Jahr)  gültige  Mittel 
aus  dem  Unterschied  der  Angaben  des  Maximi-  und  Minimi-Thermo- 
meters  für  jeden  Tag  darstellt.  Die  erstere  beruht  auf  der  Sonnen- 
strahlung, die  letztere  beruht  auf  verschiedenen  zufälligen  Umständcii 
und  ist  grösser,  besonders  im  Winter  oder  in  polaren  Gegenden,  überhaupt 
sobald  die  Schwankung  der  Sonnenwirkung  gering  wird.  Als  Beispiel 
möge  erwähnt  werden: 

Wint.     Frühl.    Sommer   Herbst 

Wien.  Period.  tägliche  Schwankung     2,7        7,2        8,0        5,7 
„      Aperiod.      „  „  5,2        9,2        9,9        7,6 

Die  tägliche  Amplitude  ist  von  sehr  vielen  äusseren  Umständen 
abhängig,  ausser  von  der  Jahreszeit  und  der  geographischen  Breite,  aucli 
von  den  Bewölkungs-  und  Niederschlagsverhältnissen,  der  kontinentalen 
oder  oceanischen  Lage,  der  Bodenbedeckung  der  Umgebung,  der  vor- 
herrschenden Kichtung  und  Stärke  der  Winde  und  der  Konfiguration 
des  Bodens. 

Die  wichtigsten  dieser  Faktoren  sind  die  der  jährlichen  Veränderuni:, 
welche  für  Mitteleuropa  (Mittel  aus  Paris,  Bern,  Berlin,  München  und; 
Wien)  durch  folgende  Tabelle  dargestellt  wird:  { 

Periodische        J^"-  ^^b.  März  Apr.  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr.  I 
Tngesschwankung  3^4    4^7     ßß    3^3  §^9    3^5    g^g   §^5    §^5    q^q    3^    2,8    6,56' 

und  der  Einfluss  der  geographischen  Breite,  welcher  durch  folgende  Ta- 
belle versinnlicht  werden  mag: 

Mittlere  periodische  Tagesschwankung  der  Temperatur  auf  dem  Pestlande. ' 

Ort  Nagpur       T„i-.-.p    Nnkuss    Rarnaul      ^°^'^      Ssagas-     Lady  Frank- 

^"  Jabbalpur    ^^'^^^^    JNukuss    ßarnaul       ^^^  ^y^.  ^^^^^^ 

N.  Br.     .        22,1         31,6       42,5        53,3        62,6       73,4        81,7»  C. 
Jahr    .     .        11,7         12,4       11,8  8,1  5,3         2,3  1,4^0. 

3  Monate        15,4         15,3       14,5        10,6  8,7         5,6  4,2«  C.   ' 

Im  Gegensatz  zu  der  periodischen  jährlichen  Temperaturschwankung,; 
welche  mit  der  Breite   (auf  der  nördlichen  Halbkugel)   stark  zunimmt, 
geht   die  Tagesschwankung   mit   steigender  Breite   stark   zurück.     Dei 
Grund  ist  leicht  ersichtlich:   Orte  von  hoher  Breite  haben  eine  enorme | 


r 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  549 


jährliche  Schwankung  der  Sonnenstrahlung,  dagegen  eine  sehr  geringe 
tägliche  Veränderung  derselben.  Das  umgekehrte  gilt  für  die  nahe  dem 
Äquator  gelegenen  Erdteile.  In  der  Nähe  des  Äquators  selbst  ändert 
-ich  sowohl  die  tägliche  wie  die  jährliche  Temperaturschwankung  sehr 
wenig  mit  der  geographischen  Breite,  was  ja  auch  natürlich  ist,  da  jene 
iliirch  ein  Maximum,  diese  durch  ein  Minimum  daselbst  hindurchgeht. 

Zum  Vergleich  sind  unter  den  Jahresmitteln  die  Mittel  für  diejenigen 
drei  Monate,  in  welchen  die  grössten  täglichen  Temperaturschwankungen 
ifkommen,  aufgeführt.  Der  Unterschied  dieses  Mittels  gegen  das  Jahres- 
mittel wird  erst  für  circumpolare  Stationen  bedeutend.  Für  dieselben 
fällt  die  grösste  periodische  Tagesschwankung  in  die  Zeit  der  Frühlings- 
iiaehtgleiche. 

Der  Einfluss  der  Bewölkung  beruht  auf  der  Verminderung  sowohl 
der  Einstrahlung  bei  Tage  als  auch  d(!r  Ausstrahlung  bei  Nacht  durch 
Wolken.  Sie  vermindert  daher  die  Temperaturextreme.  Als  Beispiel 
können  folgende  Daten  für  Paris  nach  Angot  angeführt  werden: 

Bewölkung 0  2  4         6         8       10 

Tagesschwankung  Dezember    .    .      6,50      5,4»      4,4'^    3,5»    2,6«     1,8^ 
April       .     .     .     15,50    13^00     10,60    8,4»    6,3«    4,3» 

Der  EinÜuss  der  Bewölkung  zeigt   sich   auch   in   der  Temperatur- 

!i wankung    für    Mitteleuropa,    indem    das    Maximum    der    täglichen 

öL-hwankung,  welches  nach  dem  Sonnenstand  im  Juni  zu  erwarten  wäre, 

auf  Mai  und  Juli  verschoben  ist  und  im  Juni  ein  sekundäres  Minimum 

auftritt  (vgl.  oben  S.  507). 

Bei  klarem  Himmel  und  schneebedeckter  Erde  kann  die  Temperatur 
zu  abnorm  niedrigen  Werten  sinken.  Die  Schneedecke  isoliert  nämlich 
Wärme  sehr  gut  (vgl.  S.  534),  sodass  die  durch  Strahlung  entstandenen 
Wärmeverluste  nicht  durch  Zuleitung  von  Wärme  aus  der  Erde  ersetzt 
rden.  Solche  Fälle  treten  häufig  im  Winter  bei  Barometermaximis  auf 
-trahlungswinter).  Durch  diesen  Umstand  werden  die  grössten  aperio- 
I tischen  Schwankungen  veranlasst. 

Die  mehr  oder  minder  kontinentale  Lage  eines  Ortes  übt  aus  leicht 

'sichtlichen   Gründen    einen    sehr    grossen   Einfluss    auf    die   tägliche 

riodische  Temperaturschwankung  aus.    Auf  dem  Ocean  selbst  erreicht, 

wie  oben  angeführt,  die  Schwankung  nur  etwa  1  bis  1,5^,  in  den  Wüsten 

kann  sie  bis  gegen  20,  in  seltenen  Fällen  sogar  30"  ausmachen.   Zwischen 

iliesen  Extremen  giebt  es  alle  möglichen  Übergänge. 


550  Physik  der  Atmosphäre. 

In  Thälern,  wo  die  Luft  staut,  ist  die  Teraperaturschwankung  be- 
deutend grösser  als  auf  Hügeln  oder  Abhängen,  von  denen  hoch  oder 
niedrig  temperierte  Luft  relativ  leicht  entfernt  wird. 

Das  Temperaturrainimum  tritt  auf  dem  Festlande  beim  Sonnen- 
aufgang ein,  etwas  früher  im  Winter,  etwas  später  (0,5  Stunden)  im 
Sommer.  Auf  dem  Meere  tritt  es  bis  zu  1,5  Stunden  vor  Sonnenauf- 
gang ein. 

Das  Temperaturmaximum  fällt  auf  dem  Meer  gleich  nach  Mit- 
tag, auf  den  Kontinenten,  wo  der  Erdboden  zu  erwärmen  ist  und 
Luftströmungen  die  Temperatur  stark  erniedrigen,  2  bis  3  Stunden 
später,  bei  heiterem  Wetter  bis  5,5  Stunden  später  (St.  Petersburg). 

Die  Temperaturschwankung  auf  Berggipfeln  ähnelt  derjenigen  auf 
dem  Ocean  mit  relativ  geringer  Amplitude,  Minimum  0,5 — 1,5  Stunden 
vor  Sonnenaufgang  und  Maximum  gewöhnlich  kurz  nach  Mittag.  Die 
Temperatur  der  Luft  ist  hier  wie  auf  dem  Ocean  sehr  wenig  von  der- 
jenigen der  Erdoberfläche  abhängig. 

Bildung  von  Temperaturmitteln.  Wenn  es  gilt  die  jährliche 
Schwankung  der  Temperatur  zu  bestimmen,  so  vergleicht  man  die  Tem- 
peraturen verschiedener  Tage  miteinander.  Dazu  muss  man  den  Mittel- 
wert der  Temperatur  des  Tages  kennen.  Zu  diesem  Zweck  beobachtet 
man  die  Temperatur  einmal  stündlich  und  nimmt  das  Mittel  aus  den 
im  Laufe  des  Tages  beobachteten  Werten. 

Man  kann  nun  fragen,  ob  es  genügt  24  Ablesungen  am  Tage  zu 
machen,  um  ein  zuverlässiges  Mittel  zu  erhalten.  Eine  nähere  Unter- 
suchung hat  gezeigt,  dass  dies  in  der  That  der  Fall  ist. 

So  häufige  Beobachtungen  werden  aber  nur  an  meteorologischen 
Stationen  ersten  Kanges  gemacht  und  um  ein  grösseres  Material,  als 
von  diesen  geliefert  wird,  zu  erhalten,  muss  man  versuchen,  einige  we- 
nige Zeitpunkte  im  Laufe  des  Tages  so  zu  wählen,  dass  man  aus  den 
Ablesungen  ein  Temperaturmittel  des  Tages  ableiten  kann,  welches  dem 
wahren  Mittelwert  so  nahe  wie  möglich  kommt. 

Die  zunehmende  Verbreitung  der  Thermographen  erleichtert  wohl 
in  hohem  Grade  die  Bestimmung  des  Temperaturganges  zu  allen 
Tageszeiten,  jedoch  sind  kleinere  Stationen  nicht  mit  solchen  Instru- 
menten versehen.  Wie  bei  den  Barographen,  ist  der  absolute  Stand 
dieser  Instrumente  wegen  ihrer  Unstetigkeit  häufig  mit  demjenigen  eines 
guten  Normal-Instruments  zu  vergleichen. 

Das  einfachste  wäre  nur  einmal  täglich  abzulesen,  z.  B.  um  8'*  Abends, 
was    ziemlich    richtige   Werte    (für   Mitteleuropa)    geben    würde    (vgl. 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  551- 

oBHi  S.  547).    Genauere  Kesiiltate   erhält  man,   wenn   man  das  Mittel 
aus  mehreren,  zu  bestimmten  Zeiten  am  Tage  angestellten,   Beobach- 
tungen nimmt.    Beobachtungen  in  der  Nacht  werden  aus  Bequemlich- 
itsrücksichten  vermieden  oder  durch  die  Ablesung  des  Minimumthermo- 
ters  ersetzt.    Die  gewöhnlichsten  Kombinationen  sind  die  folgenden: 


I 


6''«,  1^2^  und  10*/?  oder  S'*«,  2^  und  9^- 

1\  2'^p  und  9V  oder  7V  ^''P  ^nd  9^p. 

1\  2V,  9V  und  9V  oder  S'^a,  2V,  lOV  und  10*29. 

8*a,  2*j9,  8V  und  Min.  oder  9V,  3V>  9*p  und  Min. 

9*a,  9*p,  Max.  und  Min.  oder  Max.  und  Min. 


Zur  Sicherheit  vergleicht  man  die  Ergebnisse  dieser  Beobachtungs- 
uh'thode  an  einer  naheliegenden  grossen  meteorologischen  Station,  die 
ungefähr  gleiche  klimatische  Bedingungen  hat,  mit  dem  wirklichen 
Tagesmittel  und  erhält  so  ein  kleines  Korrektionsglied,  welches  man  zu 
ilf'n  betreffenden  Mittelwerten  zufügt. 

Aus  den  Tagesmitteln  berechnet  man  nachher  Monatsmittel  und  aus 
'liesen  Jahresmittel.  Wenn  es  auf  grosse  Genauigkeit  ankommt,  muss 
iium  in  Rechnung  ziehen,  dass  die  bürgerlichen  Monate  nicht  alle  gleich 
lang  sind  und  ihnen  ein  ihrer  Länge  proportionales  Gewicht  bei  der 
Mittelnahme  zuerteilen.  In  den  allermeisten  Fällen  kann  man  aber  diese 
umständliche  Rechnung  ohne  merklichen  Nachteil  unterlassen. 

Um  zuverlässige  Tages-  und  Monatsmittel  zu  erhalten,  genügt  es 
nicht,  die  Beobachtungen  eines  einzigen  Jahres  zusammenzustellen,  son- 
dern man  muss  aus  sehr  vielen  Jahrgängen  das  Mittel  nehmen.  Um 
die  Unsicherheit  zu  schätzen,  möge  angeführt  werden,  dass  der  wahr- 
scheinliche Fehler  der  118  jährigen  Tagesmittel  zu  St.  Petersburg  für 
Januar  0,47^,  für  August  nur  0,18*^  erreicht.  Die  entsprechenden  Werte 
für  das  hundertjährige  Monatsmittel  zu  Wien  belaufen  sich  für  den 
Winter  auf  0,20^  für  den  Sommer  auf  0,10^.  Diese  Fehler,  die  von  un- 
periodischen Schwankungen  herrühren  (und  deshalb  für  die  Winterzeit 
■  i  grosse  Werte  annehmen),  sind  umgekehrt  proportional  der  Quadratwurzel 
[aus  der  Zahl  der  zum  Mittelnehmen  benutzten  Jahrgänge.  Für  das 
Mittel  aus  16  Jahren  zu  Wien  ist  das  Monatsmittel  für  den  Winter 
noch  mit  einem  wahrscheinlichen  Fehler  von  0,5^  behaftet. 

Man  thut  deshalb  am  besten,  wenn  man  nur  kurze  Beobachtungs- 
perioden zur  Verfügung  hat,  das  Resultat  derselben  mit  dem  Resultat 
genau  derselben  Periode  an  einer  so  nahe  wie  möglich  klimatisch  und 


552  Physik  der  Atmosphäre. 

geographisch   ähnlich   gelegenen  Beobachtungsstation   erster  Klasse  zu 
vergleichen. 

Für  tropische  Stationen  mit  ihren  sehr  regelmässigen  meteorolo- 
gischen Verhältnissen  ergiebt  eine  viel  geringere  Zahl  von  Beobach- 
tungen genügend  genaue  Mittelwerte.  So  z.  B.  ist  die  Veränderlichkeit 
der  Monatsmittel  in  den  Tropen  nur  0,3  gegen  2,3  in  Nordruss- 
land, 2,1  in  Mittelrussland,  2,0  in  Nordamerika,  1,6  in  den  nördlichen 
Ostalpen,  1,3  in  England  und  Norddeutschland  und  1,2  in  den  Stidalpen 
und  Italien.  Unter  Veränderlichkeit  der  Monatsmittel  versteht  man 
dabei  die  mittlere  Differenz  (abgesehen  vom  Vorzeichen)  eines  einzelnen 
Monatsmittels  von  dem  generellen  Monatsmittel,  welches  aus  einti 
längeren  Beobachtungsreihe  (z.  B.  von  100  Jahren)  hervorgeht.  Die  ge- 
nannte Veränderlichkeit  ist  im  Winter  ungefähr  doppelt  so  gross  wie  in» 
Sommer. 

Auch  die  Orte  mit  oceanischem  Klima  zeigen  geringere  Veränder- 
lichkeit als  diejenigen  mit  kontinentalem  Klima  auf  gleicher  Breite 
wovon  die  erwähnten  Daten  einige  Beispiele  geben. 

Der  jährliche  Gang  der  Temperatur.  Die  wirksamsten  Fak- 
toren, die  den  jährlichen  Gang  der  Lufttemperatur  bestimmen,  sind 
die  Schwankungen  der  Sonnenstrahlung,  welche  teils  auf  der  geogra- 
phischen Breite,  teils  auf  der  Bewölkung  beruhen,  weiter  die  mehr 
oder  weniger  maritime  Lage  und  die  Seehöhe. 

Nach  der  geographischen  Breite  teilt  man  jede  Erdhalbkugel  in  drei 
Zonen  ein,  die  tropische,  die  gemässigte  und  die  kalte.  Die  erste  er- 
streckt sich  vom  Äquator  zum  Wendekreis  (23  ^2*'})  die  zweite  von  da 
bis  zum  Polarkreis  (66  ^2*^)  und  die  dritte  ist  vom  Polarkreis  einge- 
schlossen. 

Der  Stand  der  Sonne  ist  in  diesen  drei  Zonen  sehr  verschieden. 
Am  Äquator  geht  die  Sonne  zweimal  durch  den  Zenith  (zu  den  Tag- 
und  Nachtgleichszeiten)  und  zweimal  erreicht  sie  ihren  niedrigsten 
Stand  (66^2*'  Höhe)  am  Himmel  (zu  den  Sonnenwendezeiten).  Die  Ände- 
rung in  der  Stärke  der  Sonnenstrahlung  ist  jedoch  sehr  gering  (etwa 
8  Proz.,  vgl.  S.  510).  Man  hat  deshalb  daselbst  eine  sehr  geringe 
Temperaturschwankung  mit  einer  Tendenz  zu  zwei  wenig  ausgeprägten 
Maximis  um  die  Äquinoctialzeiten.  Durch  Regenzeiten  und  andere 
störende  klimatische  Faktoren  kann  die  genannte  Regelmässigkeit  ver- 
wischt werden,  sodass  nur  ein  einziges  Wärmemaximum  hervortritt. 

Nach  den  Wendekreisen  zu  nähern  sich  die  beiden  Zeiten  des 
Zenithdurchganges  der  Sonne   immer  mehr.    Die   beiden  Maxima   ver- 


I^^^^^^P  Y.  Die  Temperatur  der  Luft.  553 

chmelzen  miteinander.   Die  Jahresschwankung  der  Temperatur  ist  immer 
■h  sehr  gering. 

Je  nach  dem  ein  doppeltes  oder  ein  einfaches  Jahresmaximum  vor- 
iden  ist,  spricht  man  von  äquatorialem  bezw.  tropischem  Typus  des 
V  liinas. 

In  der  gemässigten  Zone  werden  die  Temperaturschwanlmngen  im 
;ilire  immer  grösser,  je  weiter  man  sich  vom  Äquator  entfernt.  Die 
I  inperaturextreme  werden  von  dem  höchsten  oder  niedrigsten  Stande 
'  r  Sonne  bestimmt.  In  den  mittleren  Teilen  der  gemässigten  Zone 
iften  wohl  charakterisierte  Übergangszeiten  zwischen  der  wärmsten 
ikI  der  kältesten  Jahreszeit  auf,  sodass  man  vier  Jahreszeiten,  Winter, 
riihling,  Sommer  und  Herbst,  unterscheiden  kann.  Zu  jeder  derselben 
.erden  drei  Monate  gezählt,  auf  der  nördlichen  Halbkugel  umfasst  der 
Vinter  Dezember — Februar,  der  Sommer  Juni — August,  auf  der  süd- 
iihen  Halbkugel  ist  es  umgekehrt. 

In  der  kalten  Zone  fällt  die  grösste  Winterkälte  wegen  der  langen 
'ularnacht  und  der  sehr  kurzen  Tage  nach  derselben  spät  nach  der 
Vintersonnenwende,  das  Temperaturmaximum  liegt  im  Juli.  Der  Über- 
fang von  Winternacht  zu  Sommertag  ist  plötzlich  und  die  beiden  Über- 
fangsjahreszeiten Frühling  und  Herbst  verschwinden. 

Je  nach  der  Lage  der  betreffenden  Orte  zum  Meere  unterscheidet 

nan  in  jeder  der  genannten  Zonen  kotinentales  und  oceanisches  Klima 

nit  verschiedenen   Übergängen.     Das  oceanisehe   Klima   zeichnet   sich 

lurch  geringe  Temperaturschwankung  und  spätes  Eintreten  der  Tempe- 

aturmaxima   und   Minima   aus.    In   der   gemässigten  Zone   erscheinen 

'Iben  1,5 — 2  Monate  nach  den  Sonnenwenden  bei  oceanischem  Klima, 

1  kontinentalem  Klima  dagegen  ist  die  betreffende  Zeit  nur  0,8  Monate. 

Als  Beispiele  mögen  die  Jahresschwankungen  an   folgenden  Orten 

ngeführt  werden. 

Äquatorialer    Tropischer  Gemässigter  Typus. 

Typus.  Typus.  Subtropisch  Unter  ÖO*»  n.  Br. 

Kontin.     Insular   Kontin.  Insular  Kontin. 

Central-     Bata-       Ober-  Hono-          Bag- 

afrika           via     ägypten  lulu            dad 

'ifite         8,10  N.      6^20  8.    21,9"  N.  21,3oN.  33,30N. 

11,30  E.  157,90  w.  44,40  E. 

130  15           12 

16,3  21,1  10,5 

19,2  21,3  11,7 

22,8  21,(5  16,7 


ange 

23,60  E. 

106,80] 

fr,)ie  (m) 

560 

7 

23,0 

25,3 

ebr. 

25,1 

25,4 

lärz 

28,8 

25,8 

Insular 

Kontinental 

Ber- 

mudas 

Pra^ 

Kiachta 

32,30  N. 

50,10  N. 

50,40  N. 

64,70  W. 

14,40  E. 

106,50  E. 

45 

202 

770 

16,9 

-1,2 

—  26,6 

16,6 

0,0 

-20,8 

16,5 

3,2 

-   8,4 

554 


Physik  der  Atmosphäre. 


April 

Mai 

Juni 

Juli 

Aug. 

Sept. 

Okt. 

Nov. 

Dez. 

Jahr 

Jahres- 
Schwank 


Äquatorialer 
Typus. 

Kontin.  Insular 

Central-  Bata- 

afrika  via 

29,6  26,3 

28.7  26,4 
27,5  26,0 

25.8  25,7 
24,3  25,9 

25,4  26,3 

25.6  26,4 
24,3  26,1 

22.7  25,6 

25.9  26,0 

6,9  1,1 


Tropischer 
Typus. 

Kontin.  Insular 

Ober-  Hono- 

ägypten  lulu 

27,2  22,7 


30,6 
33,0 
34,1 

33,1 

30,0 
28,4 
21,9 
18,2 
26,3 

17,8 


23,5 

24,5 

25,1 

25,3 

25,1 
24,7 
23,2 
21,9 
23,3 

4,2 


Gemässigt 

Subtropisch 

Kontin.  Insular 
Bag-        Ber- 

dad  mudas 

20.7  18,0 

27.8  20,9 
32,0  23,8 

33,8  26,0 

33.7  26,7 

29.8  25,6 
24,7  23,0 
16,7  19,8 

11.4  17,6 

22.5  20,9 

23,3  10,2 


er  Typus. 

Unter  50"  n.  B 
Kontinental 


Prag 

8,5 

13,3 

17,4 

19,3 

18,5 

14,9 

9,3 

3,1 

-   0,4 

8,8 

20,5 


Kiaclii 

1, 

l',0| 

i7,g 

19,1 

16^ 

8,9 

0; 

—  11,- 

- 19,:; 

—  i,.i 


45,^ 


Gemässigter  Typ 
Unter  50"  n.  Er.  Unter 


W.-Küste    O.-Küste 

Insular 
Sciily,  J.     Sachalin 


Breite 
Länge 
Höhe  (m) 
Jan. 
Febr. 
März 
April 
Mai 
Juni 
Juli 
Aug. 
Sept. 
Okt. 
Nov. 
Dez. 
Jahr 
Jahres- 
Schwank, 


49,90  N. 

6,30W. 

30 

7,6 

7,6 

7,8 

9,3 

11,4 

14,4 

16,0 

16,2 

14,8 

12,2 

9,8 

8,5 

11,3 

8,6 


50,8«  N. 
142,10  E. 
55 
— 18,0 

—  15,0 

—  9,0 

—  0,5 
5,2 

10,4 
15,7 
16,8 
12,0 
4,2 

—  5,3 

—  13,7 

0,2 

34,8 


Kontin. 

Ja- 
kutsk 

62,00  N. 
129,70  E. 
100 

—  42,9 
-37,2 

—  23,7 

—  9,4 
4,6 

14,7 

18,8 

15,4 

5,7 

—  9,0 

—  29,6 

—  40,6 

—  11,1 

61,7 


US 

620  N. 

Insular 

Thors- 

havn 


Pol 

Kontin, 

Nord- 
Grönland 
Grinnel- 
land 


62,00  N. 

6,70  W. 
9 

3,2 
3,4 
3,2 
5,5 
7,2 
9,7 
10,8 
10,7 
9,3 
6,6 
4,8 
3,4 
6,5 

7,6 


820  N. 
640  W, 

—  38,3 

—  40,7 

—  33,8 

—  25,4 

—  9,9 
0,3 
2,8 
1,0 

—  9,2 

—  22,3 

—  30,8 

—  33,2 

—  20,0 


artypus 

Insular 
Eismeer 

bei 

Franz- 

Josephs- 

land 

810N. 
.    720  E. 


Novajii 
Zemljii 

72,80  Nj 
560  E.  ! 


■30,2 
32,4 

■  27,4 
21,9 

•    8,7 

-  1,3 
0,6 

-  0,9 

-  6,7 
-18,2 
-25,8 

28,1 
-16,8 


-  17,7  I 
— 18,4  I 
— 18,4  1 

—  13,6! 

-  4,9 
1,1 
3,9 
3,4 

-  0,7 

—  6,5 

—  14,9 

—  17,3 

-  8,7 


43,5        33,0         22,3 


V.  Die  Temperatur  der  Luft. 


555 


Sehr  eigentümlich  ist  das  Klima  der  Sibirischen  Ostktiste,  welches 
I  wissermaassen  insular  ist  —  z.  B.  in  Bezug  auf  das  späte  Eintreten  des 
'"mperaturmaximums  —  aber  in  Bezug  auf  die  niedere  Jahrestemperatur 

die  beträchtliche  Jahresschwankung  sich  dem  kontinentalen  Klima 
jlhert.  Dieses  Klima,  welches  für  die  Ostküsten  der  nördlichen  Breiten 
liiraktcristisch  ist,  beruht  darauf,  dass  kalte  eisführende  Ströme  längs 


17G.  Jährlicher  Gang  der  Temperatur  1)  zu  St.  Anns,  Trinidad,  2)  zu  Palermo, 
3)  zu  Berlin,  4)  zu  St.  Petersburg,  5)  zu  Werchojansk,  Ost-Sibirien. 

I I  Küste  verlaufen.     Im  Winter  ist  das  Meer  weit  hinaus  mit  Eis 
'I leckt,  was  die  Wirkung  stark  herabsetzt,  die  sich  sonst  als  Mässigung 

-  Klimas  und  Verspätung  des  Temperaturminimums  zeigt.    Der  kalte 

resstrom  bringt   auch  die  grosse  Kälte  mit.     Im  Sommer  tritt  bei 

iVciiem  Meer  das  Meeresklima  in  der  Verspätung  des  Temperaturmaxi- 

III  ms  hervor. 

Eine  graphische  Darstellung  der  Veränderlichkeit  der  Lufttempe- 
iilur  mit  zunehmender  Breite  und  Kontinentalität  giebt  Fig.  176.    Die 


556 


Physik  der  Atmosphäre. 


oberste  Kurve  giebt  den  Temperaturgang  zu  S.  Anns  auf  Trinid; 
(10,20  n^  J3r_  51^50  ^^  j^  y.  Gr.),  welches  ein  ausgeprägtes  oceanischl 
Klima  von  äquatorialem  Typus  besitzt.  Kurve  2  giebt  den  Temperatn 
gang  zu  Palermo  (38,2<'  n.  Br.,  13,3<'  E.  L.  v.  Gr.)  mit  einem  weni<; 
ausgeprägt  insularen  Klima  subtropischer  Natur.  Kurve  3  giebt  n 
entsprechende  Schwankung  für  Berlin  (52,5^  n.  Br.,  13,3"  E.  L.)  m 
einem  Mittelding  von  insularem  und  kontinentalem  Klima.  Kurve  4  <s. 
für  St.  Petersburg  (59,9 <*  n.  Br.,  30«  E.  L.)  mit  einem  massig  kon! 
nentalen  Klima  und  Kurve  5  für  Werchojansk  (67,8<'  n.  Br.,  133,8"  E.  I 


Fig.  177.    Temperatur-Isoplethen  für  München  nach  Erk. 


mit  einem  excessiven  Kontinentalklima  der  kalten  Zone  (an  der  Grenz(j 
der  gemässigten). 

Zur  Versinnlichung  der  Tages-  und  Jahresschwankungen  der  Tem-« 
peratur  hat  Erk  Liniensysteme  konstruiert,  die  Thermoisoplethen  ge- 
nannt  werden.  Fig.  177  giebt  die  Thermoisoplethen  für  München  wieder 
Als  Abscissenachse  ist  die  Jahreszeit,  als  Ordinate  die  Tageszeit  ge- 
wählt. Die  Linien  verbinden  Punkte  von  gleicher  Temperatur,  ünr 
z.  B.  die  mittlere  Temperatur  um  2^  30"*  p  am  16.  April  zu  München  zi 
finden,  hat  man  eine  senkrechte  Gerade  durch  den  Mittelpunkt  zwischen 
den  mit  I.April  und  I.Mai  bezeichneten  Punkten  der  Abscissenachse 
zu  ziehen.    Diese  Gerade  schneidet  eine  in  der  Mitte  zwischen  den  mit 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  557 

und  3^^  gezogenen  horizontale  Gerade.     Die  gesuchte  Temperatur 
;im  Schnittpunkt  angegeben  (in  diesem  Fall  lljO**  C). 
Die   Thermoisoplethen   gestatten  sehr   genau  und   kompendiös   die 
inperatur Verhältnisse  eines  Ortes  darzustellen. 
Verteilung   der  Temperatur   auf  der   Erdoberfläche.     Die 
sten  Temperaturmessungen  von   meteorologischer  Bedeutung  rühren 
n  der  italienischen  Accademia  del  Cimento  in  Florenz  her  und  datieren 
US  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts.    Von   der  Mitte  des  18.  Jahrhun- 
orts  an  liegen  mehrere  Reihen  von  Temperaturbeobachtungen  aus  den 
itisseren  Städten  Europas  vor  (aus  Berlin  schon  von  1719  an).   Sehr  för- 
iilich  für  unsere  klimatischen  Kenntnisse  war   die  Arbeit   der  Mann- 
'  iuier  Akademie  von  1781  ab,  welche  ein  Beobachtungsnetz  mit  37  Sta- 
uen in  Europa,   einer  in  Grönland   und   zwei   in   Nordamerika   ein- 
itete. 
Nach  dieser  Zeit  hat  im  vergangenen  Jahrhundert  das  Beobachtungs- 
laterial    riesig    zugenommen.      Um    dasselbe    graphisch    darzustellen, 
i'iihnete  1817  Humboldt  die  erste   Isothermenkarte,  in  welcher  Orte 
lit  gleicher  Temperatur  durch  Linien,  sogenannte  Isothermen,  verbunden 
ind.  Die  neuesten  Isothermen  sind  von  Buch  an  und  Hann  gezeichnet. 
Mg.  178    giebt   die  Jahresisothermen  nach   Hann   wieder,   welche   die 
Qittlere  Jahrestemperatur  repräsentieren. 

Da  die  Temperatur  stark  mit  zunehmender  Meereshöhe  abnimmt, 
0  wäre  es  beinahe  unmöglich,  für  ein  gebirgiges  Land  eine  Isothermen- 
:arte,  ausser  in  sehr  grossem  Maassstab,  zu  zeichnen.  Die  Isothermen 
bürden  daselbst  der  Hauptsache  nach  wie  die  Linien  gleicher  Seehöhe 
Isohypsen)  verlaufen  und  wären  demnach  wenig  über  den  Temperatur- 
erlauf belehrend.  Um  dieser  Schwierigkeit  zu  entgehen,  korrigiert  man 
[ie  beobachteten  Temperaturen  so,  dass  sie  für  die  Seehöhe  Null  gelten 
i'llon.  Dies  geschieht  dadurch,  dass  man  zur  beobachteten  Temperatur 
linfmal  so  viele  Grad  Celsius  addiert,  wie  die  Seehöhe  des  Ortes  in 
vilometern  beträgt.  Ist  z.  B.  die  beobachtete  Temperatur  eines  300  m 
li'T  dem  Meere  belegenen  Ortes  7,2 ^  C,  so  ist  die  in  die  Isothermen- 
arte  einzutragende  Temperatur  7,2^  +  5  •  0,3  =  8,7**  C.  Es  ist  dann 
■iclit,  aus  der  Isothermenkarte  die  wirkliche  Temperatur  eines  Ortes 
11  ersehen,  indem  man  die  Korrektion  von  der  auf  der  Karte  an- 
'benen  Temperatur  abzieht. 

Bei  der  Konstruktion  der  Isothermen  empfiehlt  es  sich,    die   Tem- 

atur  vou  all  zu  hoch,  besonders  auf  steileren  Erhebungen,  gelegenen 

'itcn  nicht  zu  verwenden.     Die  Gründe  dafür  werden   später  gegeben. 


558 


Physik  der  Atmosphäre. 


i 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  559 


usserdem  dürfen  nicht  sogenannte  Stadttemperaturen  mitgenommen 
erden,  da  die  in  der  Nähe  von  Häuserkomplexen  beobachteten  Tem- 
iraturen  wegen  der  Stralilung  der  Häuserwände  nicht  unbedeutend 
)her  sind  als  die  auf  freiem  Felde  aufgezeichneten.  Die  betreffende 
ifferenz  beträgt  beispielsweise  für  Paris  im  Mittel  1,1 '^  C.  und  ist  am 
•n.'^sten  am  Abend  und  am  Morgen,  beinahe  Null  zur  Mittagszeit. 

Um  eine  Vorstellung  von  der  jährlichen  Veränderung  der  Tempe- 
jitur  an  verschiedenen  Orten  zu  geben,  hat  man  (zuerst  Dove  1852) 
I  othermenkarten  für  die  verschiedenen  Monate  des  Jahres  konstruiert, 
iie  wichtigsten  dieser  Karten  sind  diejenigen  für  die  Monate  mit  extremen 
jemperaturen,  nämlich  Januar  (Wintermitte  der  nördlichen  Halbkugel) 
ad  Juli  (Sommermitte  der  nördlichen  Halbkugel).  Die  Karten  für  diese 
Mden  Monate  sind  in  Figg.  179  und  180   nach  Hann   wiedergegeben. 

Diese  Karten  zeigen  besser  wie  alle  Beschreibungen  die  Wärme- 
■rt eilung  über  der  Erdoberfläche. 
|^«Die   auffallendsten   Erscheinungen    auf   der   Jahresisothermenkarte 
^^■die  folgenden. 

Hfln  höheren  Breiten  (über  40^  Br.)  erhöhen  die  Meere  die  mittlere 
Temperatur  sehr  bedeutend.  Dies  gilt  besonders  für  die  Westküsten  der 
ontinente.    In  niedrigeren  Breiten  (besonders  auf  der  südlichen  Halb- 
Qgel)  erniedrigen  dagegen  die  Meere  die  Mitteltemperatur. 

Auf  der  nördlichen  Halbkugel  giebt  es  zwei  Gegenden  der  grössten 
alte,  sogenannte  Kältepole,  eine  in  Ostasien  unter  dem  Polarkreis  mit 
-17'^  und  eine  in  Nordgrönland  mit  —  20^0. 

Der  Wärmepol  liegt  in  Centralafrika,   nördlich   vom   Äquator  mit 

r  Mitteltemperatur  von  +  30°  C. 

Die  Januarisothermen  verlaufen  zum  grossen  Teil  den  Küsten  nahezu 

arallel.    Besonders  verläuft  die  Nullgrad-Isotherme  längs  der  norwegi- 

licn  Küste  hinunter  zum  Bodensee  in  nahezu  nord-südlicher  Richtung 

nd  durchaus   nicht  parallel   mit   den  Breitekreisen.     Einen  ähnlichen 

'erlauf  hat  die  Isotherme  von  —  16°  C.  in  Ostrussland.  Der  Kältepol  in 

ilostasien(—  48°  C.)  ist  sehr  stark  ausgeprägt.  Auf  der  südlichen  Halb- 
iiucl  liegen  Wärmecentra  über  dem  südamerikanischen,  südafrikanischen 
\u\  australischen  Kontinente. 

Die  Juli-Isothermen  verlaufen  viel  mehr  parallel  den  Breitenkreisen. 
)er  Einfluss  der  Küsten  auf  den  Gang  der  Isothermen  macht  sich  auch 
iiT  geltend,  indem  im  Innern  der  Kontinente  auf  der  nördlichen  Halb- 
uucl  Wärmemaxima  liegen.  (Am  stärksten  ist  diese  Eigentümlichkeit 
iut;s  der  Nordküste  des  Stillen  Oceans  entwickelt). 


560 


Physik  der  Atmosphäre. 


■ 


V.  Die  Temperatur  der  Luft. 


561 


Arrlieniiis,  Kosmische  Physik. 


36 


562  Physik  der  Atmosphäre, 

Wie  oben  erwähnt  (S.  512)  berechnete  Dove  die  mittlere  Tempe 
ratur  für  jeden  10.  Parallelkreis.  In  neuerer  Zeit  haben  Spital  er  au 
Hanns  Karten  und  Batchelder  aus  Buchans  Karten  ähnliche  Be 
rechnungen  abgeleitet.  Man  kann  mit  Hilfe  dieser  Werte  die  Abweich 
ung  der  Temperatur  eines  gegebenen  Ortes  von  der  für  seinen  Breite 
grad  giltigen  Temperatur  ermitteln. 

Diese  Abweichung  wird  die  Temperaturanomalie  des  betreffende] 
Ortes  genannt.  Verbindet  man  nun  auf  einer  Karte  Punkte,  welch 
durch  gleiche  Anomalie  charakterisiert  sind,  so  erhält  man  Linien,  di 
Isanomalen  genannt  werden.  Man  hat  (Dove  1852)  solche  für  das  Jah 
und  für  die  verschiedenen  Monate,  besonders  Januar  und  Juli,  kon 
struiert  (vgl.  Figg.  181  — 183).  Sie  sind  zur  Ermittelung  der  Tempe 
ratur  eines  Ortes  sehr  bequem. 

Figur  181  zeigt  die  Isanomalenkarte  für  das  ganze  Jahr  (n 
Koppen).  Wie  man  daraus  ersieht,  kommt  die  grösste  Anomah 
(+  12*^  C)  an  der  Nordwestküste  von  Norwegen  vor.  Ganz  Europa  (mi 
Grönland),  sowie  Vorderasien  und  Indien  und  ganz  Afrika,  ein  Stüc 
längs  der  südlichen  Westküste  ausgenommen,  sind  zu  hoch  temperierl 
Einen  bedeutenden  Wärmeüberschuss  zeigt  auch  die  Westküste  vo] 
Nordamerika.  Australien  und  Südamerika  mit  Ausnahme  der  Nord 
und  Westküste  zeigen  etwas  positive  Anomalie.  Die  stärkste  negativ 
Anomalie  ( — 8^0.  in  der  Nähe  des  ostasiatischen  Kältepoles)  komm 
in  Ostasien  vor.  Der  östliche  und  nördliche  Teil  von  Nordamerika  habei 
auch  eine  recht  grosse  negative  Anomalie.  Kleinere  negativ  anomal 
Gebiete  liegen  an  den  Westküsten  von  Südafrika  und  Südamerika. 

Klimaveränderungen.     Es  ist   von   vielen  Seiten   die   wichtig 
Frage,   ob  das  Klima   sich   mit  der  Zeit  verbessert  oder  verschlechter 
hat,   diskutiert  worden.    Leider  sind  genaue  Temperaturmessungen  ersj 
seit   so  kurzer  Zeit  angestellt  worden,   dass   aus  ihnen  keine  Schlüssj 
für  längere  Zeit  gezogen  werden  können.     Dove   schloss  aus  der  Teni 
peraturreihe  für  Berlin,  dass  die  mittlere  Temperatur  um  die  Mitte  di 
19.  Jahrhunderts  nicht  0,01^  C.  von  dem  Mittel  aus  den  Beobachtung^ 
seit  1719  abwich.     Glaisher   glaubte   eine   allmähliche   Zunahme   d* 
Temperatur  für  London  nachweisen  zu  können,  sein  Resulat  scheint  nii 
auf  der  Ausbreitung  der  Stadt  beruht  zu  haben.   Wild  untersuchte  di 
Variation   der   Temperatur  zu   Petersburg  und   fand,    dass   sie   in  d 
Jahren  1752 — 1879  sich  nicht  stetig  verändert  hatte.     Dagegen  kamt 
abwechselnde  kältere  und   wärmere  Zeitabschnitte   mit   Schwankungei 
von  1 — 2*^  C.  in  Perioden  von  etwa  23  Jahren  vor. 


563 


36* 


564 


Physik  der  Atmosphäre. 


566  Physik  der  Atmosphäre. 

Zu  ähnlichen  Schlüssen  gelangte  Rizzo  bei  der  Diskussion  dt 
138jährigen  Temperaturangaben  für  Turin.  Er  schloss  auf  kürzere  Pt 
rioden  von  etwa  19  Jahren  Länge. 

Auch  die  Temperaturaufzeichnungen  von  Amerika  geben  kein 
stetige  Veränderung  an. 

An  der  anderen  Seite  giebt  Willaume-Jantzen  an,  dass  in  de 
letzten  110  Jahren  zu  Kopenhagen  die  Winter  etwas  milder,  die  Sommc 
etwas  kühler  geworden  sind.  Etwas  ähnliches  hat  Buch  an  für  Schot 
land  gefunden. 

In  Schweden  ist  im  vergangenen  Jahrhundert  nach  Ekholms  B( 
rechnungen  der  Januar  um  etwa  1°  wärmer,  Juli  und  August  etwi' 
kühler  geworden  (in  Lund  um  etwa  0,5*'),  wogegen  das  Jahresmittel  ni 
verändert  geblieben  ist. 

Um  Schlüsse  betreffs  klimatischer  Veränderungen  von  längerer  Daui, 
zu  ziehen,  müssen  wir  andere  Umstände,  die  mit  der  Eisbedeckun 
der  Seen,  der  Dauer  der  Schneebedeckung,  der  Ausdehnung  der  Glei 
scher,  pflanzen-  und  tiergeographischen  Daten  zusammenhängen,  in  B( 
tracht  ziehen. 

Zunächst  ist  es  durch  die  Untersuchungen  von  Pflanzengeographe 
(Hedström   und    Andersso n)    nachgewiesen,   dass  in   prähistorische 
aber  nicht  all  zu  weit  von  der  unsrigen  entfernter  Zeit  (vor  etwa  100" 
Jahren)  die  Haselnuss  in  Schweden  an  Stellen  vorkam,  wo  die  mittl 
Temperatur  jetzt    um    etwa   2*^  C.   niedriger  ist    als    an   ihren    nörd 
liebsten  jetzigen  Fundorten.  Die  Sommertemperatur,  welche  damals  di' 
Nüsse  zur  Reife  brachte,   muss  deshalb   die  jetzige  Sommertemperatw 
um  etwa  2**  C.  übertroffen  haben.     Zu   ähnlichen  Schlüssen   wird   mai 
aus  dem  prähistorischen  Vorkommen  der  Seenuss  (Trapa  natans)  in  Mitt 
Schweden  und  Südfinnland  geführt.  Diese  Pflanze  kommt  jetzt  nur  n«- 
als  Relictform  in  einem  See  (Immeln)  im  südlichsten  Schweden  lebend  vn 

Aus  prähistorischen  Funden  aus  Mitteleuropa,  die  aus  dem  p; 
läolitischen  Steinalter  stammen,  hat  Ne bring  schliessen  können,  da^ 
die  damals  lebende  Fauna  einen  vollkommenen  Steppenhabitus  besas' 
Nach  diesen  Funden,  welche  etwa  vom  Ende  der  grossen  Eiszeit  (vi 
etwa  50000  Jahren)  herrühren,  war  das  damalige  Klima  Mitteleuropa 
nicht  nur  viel  kühler,  sondern  auch  viel  trockner  (mehr  kontinenta' 
wie  das  jetzige,  ungefähr  dem  jetzigen  Klima  Sibiriens  entsprechend. 

Aus  Tycho  Brahes  auf  der  Insel  Hven  in  Öresund  geführtem  Tau' 
buch  geht  es  hervor,  dass  zu  seinerzeit  (1582—1597)  mehr  Schneetai 
daselbst  im  Spätwinter  vorkamen  wie  jetzt.     So  waren  damals  von  d( 


«a 


I 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  5^7 


lagen  mit  Niederschlag  75  Proz.  im'  Febniar  und  63  Proz.  im  März 
liirch  Schneefall  gekennzeichnet,  während  die  jetzigen  Ziffern  53  bezw. 
16  Proz.  sind.  Der  Spätwinter  müsste  demnach  damals  kühler  als  jetzt 
■wesen  sein. 

Auf  denselben  Umstand  deuten  die  Aufzeichnungen  der  alten  Chro- 
üiken.  Die  Ostsee  war  im  Mittelalter  mehreremal  so  stark  zugefroren, 
(lass  man  über  sie  von  Schweden  nach  den  Ostseeprovinzen  (1399,  1418, 
1423—24,  1426,  in  den  letzten  Fällen  ritt  man  auf  dem  Eis  zwischen 
Danzig  und  Lübeck,  auf  welcher  Koute  Herbergen  eingerichtet  waren, 
1459—60  und  1545)  oder  (1306,  1324,  1453  und  1573)  von  Dänemark 
nach  Pommern  reiten  konnte.  1636  war  die  Ostsee  zum  letzenmal 
/wischen  Schonen  und  Bornholm  zugefroren. 

Sogar  die  Nordsee  zwischen  Norwegen  und  Dänemark  war  bis- 
ilen  im  Mittelalter  (1048,  1224—25,  1294,  1394,  1399,  1407—8, 
1123—24)  so  stark  zugefroren,  dass  sie  befahren  werden  konnte  (im 
lilire  1294  ritt  man  von  Norwegen  nach  Dänemark  übers  Eis). 

Auch  von  dem  Schwarzen  Meer  erzählen  die  alten  Chroniken,  dass 

im  Mittelalter   mehreremal   stark  eisbedeckt  war   (so   in  den  Jahren 

401,   673,   763  und  800—801);  in  den  Jahren  1608  und  1621  war  der 

Bosporus  eisbedeckt,   was  jetzt   nicht   mehr   vorkommt.    Im  Jahre  250 

lag  das  Eis  auf  der  Themse  9  Wochen  hindurch. 

Das  Eis  des  Adriatischen  Meeres  war  im  Winter  859 — 60  befahr- 
liar,  im  Jahre  1234  konnte  das  Eis  um  Venedig  mit  schweren  Fuhr- 
werken befahren  werden.  In  den  Jahren  1216,  1234  und  1334 — 35 
froren  Po  und  andere  italienische  Flüsse  zu. 

Alles  deutet  demnach  darauf,  dass  die  Winter,  besonders  in  Nord- 
westeuropa im  Mittelalter  kälter  waren  als  jetzt. 

Andererseits  giebt  es  auch  Anzeichen  dafür,  dass  die  Sommer  da- 
mals wärmer  waren  als  jetzt.  Im  Mittelalter  wurde  die  Traube  in  Ge- 
genden von  Frankreich  (Normandie)  und  Deutschland  (bei  Marienburg) 
und  sogar  England  gebaut  und  trinkbarer  Wein  daraus  bereitet,  wo 
'!i»^s  jetzt  absolut  undenkbar  ist.  Dieser  Umstand  ist  häufig  so  gedeutet 
worden,  dass  bei  den  damaligen  primitiven  Kommunikationen  der  hei- 
inische  schlechte  Landwein  nicht  mit  dem  Import  besserer  Weine  zu 
]\Mnkurrieren  hatte  und  deshalb  getrunken  wurde.  Dagegen  möge  an- 
geführt werden,  dass  der  Pariser-Wein  im  Mittelalter  am  Tisch  des 
Königs  von  Frankreich  getrunken  wurde. 

Auf  Hven  fiel  zu  Tycho  Brahes  Zeit  das  Regenmaximum  in  den 
Juli,  jetzt  in  den  August.  Das  Gewittermaximum  fiel  damals  in  den  Juni, 


568  Physik  der  Atmosphäre. 

jetzt  in  den  Juli.  Beide  Erscheinungen  sprechen  für  stärker  kontinental' 
Klima  in   älteren  Zeiten.    Der  Sommer  war  also  damals  ohne  Zweiü 
wärmer.    Die  mittlere  Temperatur  war  wohl  dieselbe  wie  jetzt,  da  de] 
letzte  Frühlingsfrost  und  der  erste  Herbstfrost  damals  nur  um  1  Tag 
früher  als  jetzt  eintrafen. 

Die  Temperatur  des  Februars  war  dagegen  um  1,4^  und  diejenige 
des  März  um  1,0^  kälter  als  jetzt  (alles  nach  Ekholms  Berechnungen) 

Dufour  giebt  eine  Übersicht  über  das  Datum  der  Weinlese  ir 
einigen  schweizerischen  Landschaften  seit  dem  15.  Jahrhundert.  Axa 
derselben  geht  hervor,  dass  bis  zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts  die 
mittlere  Zeit  der  Weinlese  daselbst  immer  später  gekommen  ist.  Seit- 
dem ist  sie  etwas  zurückgewandert,  ohne  jedoch  ihren  alten  Stand  wiedr- 
zu  erreichen.  Dufour  bemüht  sich,  zu  beweisen,  dass  bis  Ende  (L 
18.  Jahrhunderts  dieselbe  Kebe  an  denselben  Orten  gebaut  worden  ist] 
Dies  deutet  auf  eine  allmähliche  Abnahme  der  Sommerhitze  vom  Mittel- 
alter bis  etwa  1800. 

Ferner  ist  die  Waldgrenze  auf  den  Schweizer  Bergen  zurückgegangen- 
Nach  Dufour  findet  man  hoch  (bis  mehrere  hundert  Fuss)  über  d(i 
jetzigen  Waldesgrenze  alte  abgestorbene  Stämme  und  Wurzeln.  Man 
hat  dieses  Zurückweichen  des  Waldes  als  ein  Werk  der  Menschen  und! 
der  Viehherden,  welche  ihre  Weideplätze  oberhalb  der  Waldgrenze  haben,! 
zu  erklären  versucht.  Diese  Erklärung  passt  aber  keineswegs  auf  diel 
Verhältnisse  in  Nordschweden,  wo  die  Waldgrenze  auf  den  Felsenhöheni 
seit  langer  Zeit  zurückweicht.  Auch  das  braucht  nicht  in  einem  Rück-i 
gang  der  Mitteltemperatur,  sondern  vielmehr  in  einer  Erniedrigung  der' 
Sommertemperatur  seinen  Grund  zu  haben.  In  Nordasien  kommen  näm- 
lich grosse  Waldungen  bei  viel  niedrigerer  Mitteltemperatur  aber  höherer 
Sommertemperatur  vor. 

Schliesslich  mögen  die  Verhältnisse  in  arktischen  Gegenden,  vor- 
nehmlich auf  Grönland,  angeführt  werden.  Die  blühenden  normannischen 
Kolonien  an  der  Südküste  Grönlands  wurden  durch  Eis  von  der  Civili- 
sation  abgesperrt  und  starben  gänzlich  aus.  Daselbst  wurde  anfangs 
bedeutende  Viehzucht  getrieben,  die  jetzt  stark  zurückgegangen  ist.  Erst 
in  neuester  Zeit  hat  man  durch  energische  Versuche  Zutritt  zu  dieser 
Küste  durchs  Eis  gefunden.  Früher  unbekannte  Eskimostämme  wurden 
dabei  entdeckt,  aber  auch  mehrere  Euinen,  welche  andeuten,  dass  die  Gegend 
früher  viel  stärker  bebaut  war.  Auch  an  der  Westküste  von  Grönland 
ist  die  Bevölkerung  zurückgegangen.  Egede  fand  da  im  Jahre  1723 
30000  Einwohner,  Giesecke  1813  nur  6583. 


!li 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  569 

ach  Hassert's  Angaben  lebten  die  Eskimos   in   alten  Zeiten   viel 

n;rdlicher  als  jetzt  in  dem  amerikanischen  Polar- Archipel  und  in  Grön- 

|and,  nämlich   nördlich   vom  75.  Breitegrad  und   bei  Kennedy 's  Kanal 

wischen  Grantland  und  Grönland  sogar  bis  zum  82.  Breitegrad.    Ver- 

uutlich  war  es  die  Kälte,  welche  die  Eskimos  in  historischer  Zeit  nach 

Süden  trieb,   wo   sie    die   früher   blühenden  norwegischen  Kolonien   zu 

i  runde    richteten.      Auch    die    neusibirischen    Inseln   waren    in    alten 

/.piten  bewohnt. 

In   Island    sind    die  Wälder    und   der   Ackerbau    des   Mittelalters 
crschwunden,  die   damals   reiche,  jetzt  verarmte  Bevölkerung  ist  auf 
■  Hälfte  zurückgegangen.    Der  kalte  Polarstrom  mit  seinen  Eisbergen 
iihm  in  den  vergangenen  Jahrhunderten  stark  zu  (nach  Egedes  Bericht 
1770 — 78  nahmen  die  Eisberge  jedes  Jahr  merklich  zu). 
Es  möge  übrigens  an  das  starke  Vorschreiten   der  Gletscher,  vor- 
nehmlich in  Norwegen  und  arktischen  Ländern,  erinnert  werden  und  be- 
-nuders  an  ihre  starke  Entwickelung  in  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts 
vMmA.  S.  397). 

v^m  Alles  das  kann  so  aufgefasst  werden,  dass  hauptsächlich  in  Nordwest- 
H^opa,  aber  auch  in  den  anderen  westlichen  Teilen  unseres  Weltteils  mit 
jier  Zeit  die  Winter  milder  und  feuchter  und   die  Sommer  kühler  ge- 
worden sind.     Das  Klima  ist  sozusagen  mehr  insular  geworden  als  in 
alten  Zeiten.    Auf  Island  und  Grönland  ist  es  kälter  geworden. 

Nach  Ekholm  beruht  diese  Klimaänderung  teilweise  darauf,  dass 
it  etwa  9000  Jahren  die  Neigung   der  Erdachse  gegen  die  Ekliptik 
immer  grösser  wird.    Stünde  die  Erdachse  senkrecht  auf  der  Ekliptik, 
"  würde  der  Pol  gar  keine  Wärme  von  der  Sonne  erhalten,   während 
izt  eine  bestimmte  Bodenfläche  (mit  überlagernder  Luft)  am  Pol  etwa 
I  42  Proz.   der  Wärmemenge  erhält,   die  auf  ein   gleich  grosses  Flächen- 
•^tick  am  Äquator  fällt.    Je  grösser  die  Neigung  der  Ekliptik  gegen  die 
.'luatorialebene  wird,  um  so  bedeutender  wird  auch  die  Sonnenstrah- 
hmg  gegen  den  Pol.    Dasselbe   gilt  auch  für  die  polaren  Gegenden  bis 
•  wa  zum  45.  Breitegrad.    Dagegen  erhalten  die  Äquatorialgegenden  bei 
ligender  Neigung  der  Ekliptik  weniger  Wärme.     Wie  leicht  ersicht- 
lich, kommt  die  erhöhte  Bestrahlung  der  cirkumpolaren   Gegenden   auf 
das  Sommerhalbjahr,  während  im  Gegenteil  die  Bestrahlung  im  Winter- 
lialbjahr  etwas  vermindert  wird.    Vor  9100  Jahren  war  nach  Ekholm s 
Berechnungen    die    Temperatur    um    folgende    Anzahl    Grade     höher 
als  jetzt. 


Geogr.  Breite 

0 

April — Sept. 

-0,2 

Okt.— März 

-0,2 

Jahr 

—  0,2 

570  Physik  der  Atmosphäre. 

30           50           60           70  80  90« 

—  1,2     —1,0     —1,1        0,0  0  00  C. 

+  0,5     +1,1     +1,4     +2,4  +3,0  +3,20  ( 

-0,35+0,05+0,15+1,2  +1,5  +  1,60( 

Damals  ging  die  Neigung  der  Erdachse  gegen  die  Ekliptik  dur( 
ein  Minimum  (vgl.  S.  275) 

Bei  erhöhter  Neigung  der  Ekliptik  wird  also  die  Temperatur- 
Schwankung  im  Jahr  grösser,  und  in  nahe  beim  Pol  gelegenen  Gegen- 
den der  Sommer  wärmer,  der  Winter  kälter.  Diese  Verhältnisse  sind 
wiederum  weniger  günstig  für  die  Gletscherbildung. 

Diese  Ursache  kann  aber  seit  dem  Mittelalter  nicht  die  oben  ge- 
schilderten Veränderungen  hervorgebracht  haben.  Sie  wirkt  viel  lang- 
samer, wenn  auch  in  derselben  Richtung. 

Es  ist  jedenfalls  beruhigend  zu  wissen,  dass  die  Gletscher  in  allerj 
jüngster  Zeit   etwas  im   Zurückschreiten  begriffen   sind,  was  vielleicht 
auf  der  stetig  wachsenden  Kohlenverbrennung  beruht  (vgl.  S.  478).  Näher. 
Untersuchungen  über  diese  äusserst  interessanten  Fragen  werden  hoffent- 
lich unsere  mangelhaften  Kenntnisse  derselben  ausbauen. 

Klimaschwankungen  von  kurzer  Dauer  und  verschiedenen  Perioden- 
längen sind  von  vielen  Forschern  nachgewiesen.  Oben  ist  schon  vonl 
dem  Einfluss  der  Sonnenfleckenperiode   die  Rede  gewesen   (vgl.  S.  140).' 

Eine  andere  Periode,  die  viel  Interesse  auf  sich  gezogen  hat,  ist  die  j 
von  Brückner  aufgefundene  35jährige.  Er  zeigte  nämlich,  dass  derj 
Wasserstand  im  Kaspischen  Meere  Perioden  von  34 — 36  Jahren  Länge  { 
hat.  Maximalstände  des  Wassers  traten  in  den  Jahren  1847  und| 
1878  ein.  Er  untersuchte  danach  den  Wasserstand  anderer  abflussloser  i 
Seen  und  der  Flüsse  selbst.  Er  fand  dabei  dieselbe  Periodizität  mitj 
Maxima  in  den  Jahren  1820,  1850  und  1880,  dagegen  Minima  1795, i 
1833  und  1863.  Auch  die  Aufzeichnungen  über  den  Niederschlag  zeigen , 
trockene  Perioden  1831  — 1840  und  1856—1870,  dagegen  nasse  Perio-f 
den  1841—1855  und  1871  —  1885.  Dies  gilt  für  die  Binnenländer,  für' 
die  Küstenstriche  ist  es  umgekehrt. 

Auch  mit  den  Barometerständen  hat  Brückner  seine  Perioden  in 
Zusammenhang  gebracht.  Es  fällt  im  allgemeinen  bei  tiefem  Luft- 
druck reichlicherer  Niederschlag  als  bei  hohem.  Das  Barometer  stand 
über  Europa  in  den  Jahren  1830  und  1860  relativ  hoch,  dagegen  relativ 
niedrig  1841—1855  und  1880.  Über  dem  Atlantischen  Ocean  waren  die 
Luftdruckverhältnisse  umgekehrt. 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  571 

Die  Schwankung  der  Niederschlagsmenge  in  den  Binnenländern  be- 

g  nach  dieser  Periode  nicht  weniger  als  24  Proz. 

Diese  Periode  tritt  auch  in  den  Temperaturaufnahmen  hervor.    Bei 

.>1  Niederschlag   (Bewölkung)   tritt    nämlich    niedere   Temperatur   als 

Begleiterscheinung  auf.   Brückner  fand  folgende  mittlere  Temperatur- 

ilnvoichungen  vom  Mittel  für  die  ganze  Erde: 


1736—40 

1746—50 

1766—70 

1791-92 

1811—15 

—  0,40 

+  0,40 

—  0,40 

+  0,50 

—  0,50 

1821—26 

1836—40 

1851—55 

1866-70 

1881—85 

+  0,60 

-  0,40 

+  0,1« 

+  0,10 

-0,1« 

Auch  die  Dauer  der  Eishedeckung  der  Flüsse  und  die  Weinlesezeit 
Imt  Brückner  in   seine   Untersuchungen   einbezogen.     Für  diese   Er- 
heinungen  liegen  viel  ältere  Beobachtungsreihen  vor.     Er  fand   aus 
nselben  ebenfalls  eine  Periodenlänge  von  etwa  35  Jahren. 
Kichter  hat  die  Ausdehnung  der  Alpengletscher  nach  der  Periode 
von  Brückner  untersucht  und  gute  Übereinstimmung  gefunden.    Die- 
selbe sollte   nach   allen    diesen   Daten   durch   folgende   Maximal-   und 
Minimalgebiete  charakterisiert  sein: 

Kalt-feucht  1700       1740       1775       1815       1845       1880 

Warm— trocken     1720      1760      1795      1830      1860       1895 

Obgleich  es  sich  hier  in  Bezug  auf  die  Temperatur  nur  um  geringe 
Differenzen  handelt,  so  sind  sie  doch  von  grösster  Bedeutung,  sobald  sie 
sicher  konstatiert  werden.  Brückners  Angabe,  dass  zuweilen  zwei 
35-Jahrsperioden  ineinander  verschmelzen  und  somit  in  eine  70jährige 
Periode  übergehen,  sowie  Richters  entsprechende  Äusserung,  dass 
manchmal  die  nach  der  Periode  zu  erwartende  Änderung  der  Gletscher- 
grössen  nur  schwach  angedeutet  ist,  sodass  scheinbar  eine  doppelt  so 
lange  Periode  daraus  hervorgeht,  scheinen  anzudeuten,  dass  zur  endgül- 
tigen Beurteilung  der  35jährigen  Periode  noch  viel  Material  gesammelt 
werden  musste.  Hann  hat  in  jüngster  Zeit  dies  gethan,  er  bestätigte 
dabei  in  der  Hauptsache  Brückners  Resultate,  die  Periodenlänge  scheint 
recht  veränderlich  zu  sein. 

Die  Ursache  dieser  Periode  ist  noch  unbekannt,  W.  Lockyer  will 
.eine  ähnliche  Periode  bei  den  Sonnenflecken  gefunden  haben. 

Eine  andere  Periode  von  sehr  kurzer  Dauer,  nämlich  eine  Abwech- 
selung  von   lang-  und  kurzdauernden  Wintern   alle   zwei  Jahre  hat 


572  Physik  der  Atmosphäre. 

Woeikoff   nachgewiesen.      Folgende    Tabelle    zeigt    die    Temperatur- 
schwankungen in  den  letzten  Jahren  zu  Örebro,  Mittelschweden. 

Temperatur  im  Januar  zu  Öreljro. 
1859      61        63        65  67         69        71        73  75  77        79        81 

+  0,4  —  8,5  +  0,7  —  3,2  —  10,7  —  2,3  —  6,2  +  1,8  —  10,0  —  6,2  —  6,6  —  7,S 

1860     62        64         66        68         70        72        74        76         78        80 

—  2,8  -  6,6  —  3,7  +  1,5  —  5,6  —  1,6  +  0,1  +  1,7  —  3,5  —  3,0  —  3,3 

1883   85   87    89   91    93   95   97    99   1901  Mittel 

—  4,7  —  5,5  —  1,7  —  1,2  —  6,5  —  9,1  —  7,3  —  6,1  —  4,9  —  3,8  —  5,0 

1882      84        86       88        90        92        94       96       98       1900      02     Mittel 
+  1,5  —  1,2  —  3,6  —  3,9  +  0,8  —  6,3  —  1,6  —  3,0  +  0,6  —  3,8  —  0,5  —  2,2 

Obgleich  einige  Abweichungen  vorkommen,  ist  die  beobachtete 
Kegelmässigkeit  sehr  auffallend.  Die  meisten  ungeraden  Jahre  haben 
eine  niedrigere  Temperatur  als  das  Mittel,  —  3,6,  die  geraden  Jahre  da- 
gegen eine  höhere.  Dass  diese  Kegelmässigkeit  nicht  ganz  allgemeiner 
Natur  ist,  erhellt  daraus,  dass  zu  Stockholm,  während  in  den  Jahren  1859 
bis  1900  die  Januartemperatur  der  geraden  Jahre  (4,1),  diejenige  der  unge- 
raden (2,0)  um  nicht  weniger  als  2,1  ^  C.  (gegen  2,8  zu  Örebro)  überstieg, 
der  Unterschied  für  die  Jahre  1799 — 1828,  ebenso  wie  für  die  Jahre  1829  bis 
1858  in  umgekehrter  Kichtung  ausfiel,  sodass  der  Januar  in  den  geraden 
Jahren  um  0,4  ^  höher  war  (mittlere  Temperatur  — 4,6  bezw.  — 4,3)  als  in 
den  ungeraden  (mittlere  Temperatur  —  4,2  bezw.  —  3,9).  Die  Einwirkung 
dieser  Periode  auf  die  Schnee-  und  Eisverhältnisse  ist  oben  berührt 
worden  (vgl.  S.  414). 

Wie  Pettersson  nachgewiesen  hat,  hängt  diese  Eigentümlichkeit 
mit  einem  wechselnden  Anschwellen  des  östlichen,  Europas  Küste  be- 
spülenden, Teiles  des  Golfstroms  zusammen.  Wenn  der  östliche  Zweig 
des  Golfstroms  stark  ist,  soll  der  westliche  nach  Island  und  Grönland 
gehende  schwach  sein  und  umgekehrt. 

Die  inneren  Teile  Kusslands,  wie  die  Landschaft  Astrachan,  zeigen 
einen  umgekehrten  Gang  wie  die  nordwestlichen  Teile  des  Keiches, 
die  sich  wie  Schweden  verhalten.     Wir  kommen  hierauf  zurück. 

Auf  alle  Fälle  ist  die  nähere  Erforschung  und  Feststellung  ähn- 
licher Regelmässigkeiten,  falls  sie  auch  nur  für  beschränkte  Gebiete 
zutreffen,  von  dem  grössten  Interesse  für  die  Kultur,  besonders  Acker- 
bau und  Schiffahrt,  der  betreffenden  Landesteile. 

Temperaturabnahme  nach  der  Höhe  in  freier  Luft.  Wie 
oben  erwähnt,   wird  die   nahe  beim  Erdboden  liegende  Luft  am  Tage, 


■ 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  573 


sonders  wenn  es  heiter  ist,  stark  erwärmt,  und  zuletzt  so  stark,  dass 
■  leichter  wird   als   die   überlagernden   Schichten,   wonach   eine   auf- 
■igende  Luftströmung  entsteht.    Da  nun  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
12'^  C.)  das  spezifische  Gewicht  der  Luft  bei  760  mm,  0,001236,  etwa 
1 1000  mal  geringer  als  dasjenige  des  Quecksilbers  (bei  0**  13,59)  ist,  so  ist 
•Irr  Druck  in  11  m  Höhe  759  mm,  wenn  er  am  Boden  760  mm  ist,  d.  h. 
iio  Dichten  verhalten  sich  wie  759  zu  760,  vorausgesetzt,  dass  die  Tem- 
peratur an  beiden  Stellen   gleich   ist.    Erwärmt   sich   nun  bei   gleich- 
Meibendem  Druck  die  untere  Luft  um  1^  C.,   so   sinkt   die  Dichte  um 
'273,  damit  sie  um  V760  sinkt,  ist  also  eine  Erwärmung  von  nur  0,36'^ 
nötig.     Wenn   also   die   Temperaturabnahme   nach   oben   0,36^   C.   auf 
11  m  erreicht,  oder  3,3^  pro  100  m,  so  kippt  die  Luftsäule  um.    Beim 
Aufsteigen  der  unteren  Luft  kühlt  sie  sich  um  etwa  1''  pro  100  m  ab, 
wie  unten  gezeigt  werden  soll.    Falls  also  unten  am  Boden  bis  zu  einer 
unbedeutenden  Höhe  der  Temperaturgradient  3,3^  pro  100  m  übertrifft 
und  in  den  überlagernden  Schichten  1^*  pro  100  m  erreicht,  so  wird  die 
vuni  Boden  aufsteigende  erwärmte  Luftmasse  beim  Aufsteigen  überall 
wärmer  ankommen  als  die  da  vorbefindliche  Luftmasse  und  infolgedessen 
kontinuierlich  steigen. 

Ist  das  Temperaturgefälle  nach  oben  in  den  höheren  Schichten  geringer 
als  1^  C.  pro  100  m,   so   erwärmt   sich    die   Luft    am  Boden   so   lange, 
bis  das  Gefälle  bis  zu  einer  gewissen  Höhe  diesen  Wert  übertrifft,  steigt 
ilann  vom  Boden  auf  und  erwärmt  die  obenliegenden  Luftschichten,  sodass 
i-  Temperaturgefälle  1^  pro  100  m  sich  etwas  höher  hinauferstreckt. 
ue   Wärme  wird  von   der   Sonne   zum   Boden   gestrahlt  und   erhöht 
Lis  Temperaturgefälle   über   1  :  100    und    neue   Strömungen   entstehen 
der  Luft,  welche  das  Gleichgewicht  wieder  herzustellen  streben  und 
>  Temperaturgefälle  1 :  100  zu  immer  höheren  Luftschichten   führen, 
ichher  kommt  eine  Abnahme  der  Sonnenstrahlung,  wobei  die  verschie- 
'ii'nen  Luftschichten,  besonders  in  der  Nähe  der  Erdobertiäche,  wo  die 
Luft  viel  Staub  und  Wasserdampf  hält,  Wärme  gegeneinander,  den  Erd- 
boden und  den  Himmelsraum  ausstrahlen.    Die  Temperaturunterschiede 
l:1<  ichen  sich  aus,   das  Gefälle  sinkt  unter  1  :  100.    Zuletzt  kommt  die 
rht,   der  Boden  strahlt  Wärme   aus  und  kühlt  sich  unter  die  Tem- 
;   ratur  der  Luft  ab.    Infolgedessen  kehrt  sich  das  Gefälle  in  der  Nähe 
<l<s  Bodens  um,  aber  nur  bis  zu  beschränkter  Höhe,  weil  die  abgekühlte 
Luft  am  Boden  liegen  bleibt.  (Wenn  die  Luft  durch  Winde  umgerührt 
wird,  bleibt  die  Temperaturinversion   aus.)     Im  Sommer  wird   infolge- 
dessen die  Luft  jeden  Tag  etwas  höher  hinauf  erwärmt  und  man  schliesst 


574  Physik  der  Atmosphäre. 

aus  Beobachtungen  bei  Ballonfahrten  und  mit  Drachen,  dass  im  Hoch 
Sommer  sich  die  genannte  Erwärmung  bis  zu  Höhen  von  über  1000  ni 
erstreckt.    Bis  zu  nahezu  gleichen  Höhen  kann  in  anticyklonischen  Gp 
bieten   die  Temperaturumkehr  im  Winter  sich  erstrecken,   im  Somnn  i 
ist  die  betreifende  Höhe  nur  200—300  m. 

Als  Beispiele  der  Temperaturabnahme  bei  Tage  mit  zunehmendti 
Höhe  mögen  folgende  Daten  aus  Paris  (Eiffelturm)  und  Blue  Hili 
(Drachenbeobachtungen)  dienen:  I 

Temperaturabnahme  pro  100  m. 
7/«a      8        9       10       11    Mittag    12         3        4        5      6'»;j 

Eiffelturm  zwischen  2  m  und  160  m  Höhe. 
April— Juli    .     .    0,68   1,22   1,48   1,62    1,65     1,57    1,58   1,50   1,33   1,10   0,90   0,ov- 

^^'''' St.' ^'^"^"      ~    ^'^^   ^'^^   ^'^'^    ^'2*    ^'25  1'^^  ^'24   ^'^^   ^'^^  ^'^^     ~ 
Okt.— Jan.     .     .      —       _      _    0,54    0,74   0,84  0,84    0,71   0,61  0,33    -      - 

Eiffelturm  zwischen  160  m  und  302  m. 
Sommerhalbjahr       —     0,47  0,70    0,86    0,84    8,88  0,86    0,86   0,88   0,90  0,92   0,i)l 
Winterhalbjahr        —     0,0.9    0,22   0,40    0,54    0,65   0,75   0,80  0,83  0,84  0,79   0,70 

Blue  Hill,  Vereinigte  Staaten,  Sommerhalbjahr. 
Höhe  vom  Boden  bis    300    460    600    90O    1200    1500    1800    2100  m  | 

Temperaturfall      .    .    1,35    1,10  0,94   0,82    0,74     0,71     0,70     0,68  o  C.  pro  100  m.j 

Die  grossen  Werte  in  der  Nähe  des  Bodens  zeigen,  dass  starke  auf-l 
steigende  Luftströmungen  vorhanden  sein  müssen.  Schon  in  einer  Höhe! 
zwischen  160  und  302  m  verschwinden  diese  Strömungen  meistens;  anj 
heiteren  Tagen  gehen  sie  viel  höher. 

Betreffs  der  nächtlichen  Temperaturumkehr  mögen  folgende  Datcii; 
ausser  den  oben  (vgl.  Fig.  174)  nach  Homen  angeführten,  erwähntj 
werden.  Juhlin  fand  in  üpsala  bei  heiterem  Himmel  über  Schnee-j 
decke,  in  welchem  Fall  die  genannte  Erscheinung  sehr  deutlich  hervortritt': 

Höhe  über  der  Schneedecke        0  0,03  0,5  7,4  m 

Temperatur —17,7    —15,7    —14,1    — 12,2  «C. 

Der  grösste  Teil  des  Effektes  findet  sich  also  in  der  unmittelbaren! 
Nähe  des  Bodens  vor.  Bei  Ballonfahrten  und  auf  Türmen  hat  man  Ge-{ 
legenheit  gehabt,  die  Temperaturzunahme  bis  zu  höheren  Luftschichtenj 
zu  verfolgen.     So  fand  man  die  Temperatur  um  4 — 5  Uhr  Morgens  anj 


^ 


p 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  575 


k 


Spitze  des  Eiffelturms  um  folgenden  Betrag  höher  als  im  Parc  St.  Maur 
Paris  (die  Höhendifferenz  ist  etwa  300  m): 

Winter        Frühling        Sommer        Herbst        Jahr 
0,45  1,1  0,84  1,1         0,87. 


Wärmeänderungen  mit  der  Höhe  im  Gebirge.  Ebenso  wie 
iu  der  freien  Luft  nimmt  die  Temperatur  in  Gebirgsländern  mit  zu- 
nehmender Höhe  der  Beobachtungsstation  ab.  Diese  Thatsache  ist  so 
Ulffallend,  dass  sie  auch  den  Naturvölkern  nicht  entgehen  konnte.  Die 
A.bnahme  der  wärmeabsorbierenden  Bestandteile,  Wasserdampf  und 
Kohlensäure,  über  den  hoch  gelegenen  Orten  betrachtet  man  häufig  als 
li'ii  Hauptgrund  dafür.  Die  Hochländer  liegen  im  allgemeinen  in  der 
Mitte  der  Kontinente  ziemlich  weit  vom  Meer;  es  würde  deshalb  da 
■ine  grössere  Trockenheit  der  Luft  herrschen,  wie  in  den  tiefer  gelegenen 
Flachländern,  wenn  die  Temperatur  in  beiden  Fällen  gleich  hoch 
wäre.  Infolgedessen  würden  durch  Strahlung  grössere  Wärmever- 
luste wie  in  der  Niederung  entstehen,  aber  andererseits  müsste  der 
Himmel  wolkenfreier  sein  und  deshalb  die  Sonnenstrahlung  effektiver. 
Es  ist,  kurz  gesagt,  schwer,  den  Anteil  des  Mangels  an  Wasserdampf 
Ml  der  niedrigen  Temperatur  der  hoch  liegenden  Orte  zu  schätzen. 
Man  kann  vielmehr  den  Satz  umkehren  und  behaupten,  dass  die  Luft 
über  den  Bergen  weniger  Wasserdampf  enthält,  weil  es  da  kühler  ist 
als  in  der  Ebene. 

Auf  alle  Fälle  schützt  die  Kohlensäure  die  höher  liegenden  Stellen 
weniger  als  die  niedrigeren.  Die  Wirkung  dürfte  aber  nicht  sehr  gross 
sein,  vielleicht  1— l.S«  C.  für  1000  m  Höhe. 

Die  wichtigste  Rolle  bei  der  Abkühlung  höher  gelegener  Orte  spielt 

|ohne  Zweifel  die  Luftzirkulation.    Wenn  diese  so  kräftig  wäre,  dass  sie 

fiie  Erscheinung   allein   beherrschte,   so  würde  die  Temperaturabnahme 

1 "  C.  pro  100  m  betragen.    Dieser  Wert  wird  in  der  Natur  nie  erreicht, 

T  je  isolierter  die  Bergspitzen   heraufragen,   desto   mehr  nähert  sich 

1  r  beobachtete  Wert  diesem  theoretischen. 

Wegen   der  Temperaturumkehrung   im  Winter   bei   anticyklonaler 

Luftverteilung    kann,    wie    oben    gesagt,    bisweilen   die   Abnahme   der 

!  Temperatur  in  einer  Zunahme  mit  steigender  Höhe  verwandelt  werden. 

I  Dieser    Fall    tritt    besonders    häufig    in    den    Alpen    und    speziell    in 

Kärnthen    ein    bis    zu    einer  Höhe    von   etvra    1000   m,    wie    folgende 

l'abelle  zeigt: 


576  Physik  der  Atmosphäre. 

Temperatur  in  den  Karawanken  Süd-Kärnthens. 

Klagenfurt    Eisenkappel    U.  SchäfFleralp      Obir  I  Obirgipfej 

Höhe  m     ...      490           .  560                 1063            1230  2140  | 

Januar  ....     —6,2           —5,2             —3,6           —4,3  —  6,8| 

Winter.    ...     —4,6           —3,9             —3,1           —3,8  —6..". 

Die  Temperaturumkehr  hängt  von  der  starken  Abkühlung  de 
Schneeoberfläche  in  abgeschlossenen  Thälern  ab.  Im  allgemeinen  is 
die  Temperaturabnahme  nach  oben  am  geringsten  im  Winter  und  anl 
grössten  im  Sommer.  Diese  Abnahme  kann  im  Sommer  unter  günstigeii 
Umständen  0,70'',  ja  sogar  0,80 <*  pro  100  m  erreichen.  Je  geringer  dij 
Neigung  der  Gebirgsabhänge  ist,  um  so  niedriger  fällt  auch  im  allgemeinem 
die  Temperaturabnahme  aus.  So  sinkt  sie  für  die  Rauhe  Alp,  die  als 
ein  Plateauland  zu  bezeichnen  ist,  auf  0,25  im  Dezember  (Min.)  un( 
0,59  im  Mai  (Max.)  mit  einem  Mittelwert  von  0,44^'  pro  100  m,  und  ii 
einem  Passübergang  im  Kaukasus,  wobei  nur  Thalstationen  mitgezähl 
sind,  auf  0,31  im  Januar  (Min.)  und  0,56  im  Juli  (Max.)  mit  einenl 
Mittelwert  0,45°  pro  100  m.  Damit  mögen  die  freiliegenden  Berge  Bei{ 
Nevis  in  Schottland  mit  den  Werten  0,59  (Jan.)  bis  0,76  (April),  Mittel 
0,67,  und  Hoher  Sonnblick  in  den  Tauem  mit  den  Extremwerten  0,53 
(Jan.)  und  0,75  (Juni)  sowie  dem  Mittel  0,65  fürs  Jahr  verglicheil 
werden.  ! 

Den  jährlichen  Gang  dieser  Temperaturabnahme  zeigt  folgende 
Tabelle. 

Temperaturabnahme   in  ^C.  pro  100  m  Höhe  in  verschiedenen  Jahres-' 

zelten. 
1)  Harz,  2)  Westalpen  Hochgebirge,  3)  Sonnblick,  4)  Aetna.         ; 
Jan.    Feb.  März  Apr.     Mai      Juni      Juli     Aug.  Sept.  Okt.   Nov.   Dez.    Jabi; 

1)  0,41  0,52  0,63  0,69   0,70     0,69    0,68    0,67  0,62  0,52  0,42  0,37  0,5^ 

2)  0,45  0,53  0,62  0,64    0,66    0,67    0,67    0,64  0,60  0,56  0,51  0,44  0,5^ 

3)  0,55  0,60  0,63  0,69    0,74    0,75    0,73    0,72  0,67  0,60  0,57  0,55  0,6.' 

4)  0,59  0,58  0,58  0,61    0,63     0,65    0,65    0,64  0,64  0,63  0,62  0,61   0,61 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  dass  die  Abnahme  bei  windigen 
Wetter  grösser  wird,  als  bei  windstillem.  Ferner  ist  sie  geringer  be! 
heiterem  als  bei  trübem  Wetter,  etwa  im  Verhältnis  2:3.  Besonder^ 
gross  ist  dieser  Unterschied  im  Winter.  Dieser  Umstand  scheint  daraui 
hinzudeuten,  dass  die  starke  Ausstrahlung  bei  geringem  Wasserdampfge-, 
halt  der  Luft  wenig  zur  Kälte  der  höheren  Luftschichten  beiträgt.        ! 


I 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  577 

Der  tägliche  Gang  der  Teraperaturabnahme  Dach  der  Höhe  zeigt 
benfalls  ein  sehr  ausgeprägtes  Minimum  zur  kältesten  und  ein  Maxi- 
üum  zur  wärmsten  Tageszeit,  wie  folgende  Tabelle  für  die  Höhe  zwischen 
volm  Saigurn  (1600  m)  und  Sonnblickgipfel  (3106  m)  andeutet. 

Mittel    2        4        6        8       10    Mittag    2        4        6        8        10    Mittel 
\  iüter    0,50  0,49  0,49  0,49  0,50  0,60  0,66  0,59  0,54  0,52  0,51  0,50  0,53 
.ommer   0,64  0,62  0,60  0,69  0,81  0,87   0,89  0,S8  0,82  0,73  0,68  0,65  0,74 
ahr         0,56  0,55  0,54  0,57  0,65  0,74  0,79  0,75  0,68  0,61  0,58  0,57  0,63 

Daher  ist  die  tägliche  Schwankung  der  Temperatur  bedeutend  ge- 
inger  auf  höher  als  auf  niedriger  gelegenen  Orten,  wie  schon  oben  er- 
ahnt ist  (vgl.  S.  549). 

In  derselben  Weise  nimmt  die  Jahresschwankung  der  Tempe- 
itur  mit  steigender  Höhe  des  Beobachtungsortes  ab.  In  den  äqua- 
irialen  Gegenden,  wo  schon  im  Meeresniveau  die  Schwankung  sehr 
11  bedeutend  ist,  ist  in  den  Bergen  die  Höhe  der  Schneegrenze  das  ganze 
ahr  konstant,  woraus  hervorgeht,  dass  die  Temperaturschwankung  im 
ahr  daselbst  verschwindend  gering  ist.  In  den  aussertropischen  Gegen- 
eu  beobachtet  man  auch  auf  den  höchsten  Bergstationen  einen  aus- 
eprägten  jährlichen  Temperaturgang,  obgleich  er  viel  geringer  ist  als 
a  tiefer  liegenden  Stellen.  So  ist  in  den  Tauern  die  Schwankung:  in 
;ell  am  See  (750  m)  22,0^  auf  Schmittenhöhe  (1940  m)  16,1  ^  auf 
"iinblick  (3106  m)  14,00,  Mit  der  Höhe  verlangsamt  sich  die  Abnahme. 
Jasselbe  gilt  für  die  nordschweizerischen  Stationen:  Altstätten  (460  m) 
9,40,  Trogen  (880  m)  17,1 »,  Gäbris  (1250  m)  15,5°,  Rigikulm  (1790  m) 
4,50  und  Säntis  (2465  m)  14,1*>. 

Schon  an  der  Spitze  des  Eiffelturms  (300  m)  ist  die  Jahres- 
h wankung  der  Temperatur  um  1*^  niedriger  als  an  der  Erdoberfläche. 

Die  adiabatische  Volumsänderung  der  Luft.     Unter  diesem 

luen  versteht   man   eine   Volumsänderung,    die    ohne   Wärmezufuhr 

aussen    stattfindet.      Wenn    im    allgemeinen    zu    der    Luftmasse 

^28,9   g   (=  1   Grammolekel,    da    das    mittlere    Molekulargewicht 

Luft  28,9  beträgt)  die  Wärmemenge  dQ  zugeführt  wird,  so  wird 
-elbe  teils  zur  Erhöhung  der  Temperatur  der  Luftmasse  um  dt'^  C, 
iis  auch  zu  äusserer  Arbeit  durch  Volumsänderung  (um  dv  cm  3)  ver- 
raucht. Die  erstgenannte  Wärmemenge  hat  den  Wert  Mcvdt,  worin  c,-  die 
l'ozifische  Wärme  der  Luft  bei  konstantem  Volumen,  also  0,17  bedeutet. 

Arbeitsmenge  wird  durch  den  Ausdruck  7?  c?i;  dargestellt,  worin  p 
1   Druck   in   g  pr.  cm'-^   angiebt.     pdv  ist   dann   in  g-cm  gemessen; 

Vrrlienius,  Kosmisclio  Physik.  37 


578  Physik  der  Atmosphäre. 

um    diesen    Ausdruck  in    cal.    umzurechnen,     muss    man    durch    da 

mechanische    Wärmeäquivalent   J  {J  -=  \  cal.  :  g  cm  =  42600)    divij 

dieren.   Wir   erhalten   auf  diese   Weise    für    die    adiabatische   Volum^' 

ander ung,  bei  welcher  dQ  =  {i  ist: 

» 

1 
c?Q  =  0  =  Mßv  dt  -\ — Y  P  ^^• 

Nun  ist  nach  den  Gasgesetzen: 

pv  =  RT, 

worin  T  die  absolute  Temperatur  darstellt.  Die  konstante  Grösse  R  wirij 
folgendermaassen  bestimmt.  Bei  0^  C.  (7'=  273)  und  760  mm.  Baro 
meterdruck  {p  ==  1033  g  pr.  cm  •^)  ist  das  Volumen  von  28,9  g  Luf 
v  =  28,9  :  0,001293,  da  das  spezifische  Gewicht  der  Luft  bei  0*^  C.  um 
760  mm  nach  ßegnault  0,001293  (verglichen  mit  Wasser  bei  4''  C 
als  Einheit)  beträgt.     Aus  diesen  Ziffern   geht  R  =  1033  •  28,9  :  273 

0,001293  =  84570  g  •  cm  pr.  »C.  und  j  =  1,985  cal.  pro  «  C.  hervor.     ! 

Aus  dem  letzten  Ausdruck  erhalten  wir,  da  dt  =  dT: 


woraus  folgt: 


oder: 


pdv  -\-  vdp  =  R  dt, 


R  1 

Mcv  dt  -{-  j  dt  — ■  -j  V  d^j  =  0, 


Mc.+   §)dt  =  j^dp. 


Hieraus  erhält  man: 


dp       ..^.dT 


Nach  neueren  Untersuchungen  von  Lummer  und  Pringsheimistdie 
Konstante  in  obenstehender  Formel  3,484.    Sie  fanden  nämlich  für  deo 

/  ji  \  \ 

Ausdruck  ^  Mcv  +    r  ]  :  Mcv  =Cp:cv  bei  10^  C.  den  Wert  1,4025,  worausj 

Mcv  H — YJ :  (-7)  =  3,484  hervorgeht.    Wir  wollen  im  folgenden  diesen| 


Wert  benutzen. 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  579 

Andererseits  nimmt  der  Druck  nach  unten  zu,  und  zwar  ist  die 
Snahme  pro  cm  gleich  dem  Gewicht  von  1  cm 3.  Wenn  M  das  mitt- 
'•'^  Molekulargewicht  (28,9)   der  Luft  darstellt  und  v  wie  gewöhnlich 

Volumen  (in  cm*)  ist,  in  welchem  Jf  gm  Luft  sich  befinden,  so  ist 

I Gewicht  von  1  cm^  Luft  Mw.     Folglich   wird   die   Druckzunahme 
Centimeter: 
dp  ^  _  M 
\  dh  V 

Das   Minuszeichen  soll  andeuten,   dass  der  Druck  mit  steigender 
lohe  (zunehmendem  h)  abnimmt.    Durch  Einführung  von: 


t 


pv  =  RT 
t  man: 

^  --  Ldh. 


p  RT 


Setzen  wir  diesen  Wert  von  —  gleich  dem  oben  erhaltenen,    so 

P 

linden  wir: 

*  =  -  3.184  f  *  =  -  JäÜüI»  *  =  -  »•»"»»««  * 

Hier  ist  dk  in  cm  ausgedrückt,  die  adiabatische  Temperaturabnahme 
nit  der  Höhe  ist  folglich  0,98 »  C.  pro  100  m. 

Wir  ersehen  aus  der  letzten  Formel,  dass  die  Wärmeabuahme  mit 
steigender  Höhe  dem  Molekulargewicht  direkt  und  der  molekularen 
^n^^zifischen  Wärme  bei  konstantem  Druck  31cp  umgekehrt  proportional  ist. 

Wie  wir  oben  gesehen  haben,  ist  die  Zusammensetzung  der  Atmo- 
sphäre bis  zu  den  bisher  untersuchten  grössten  Höhen  unveränderlich, 
d.  h.  das  mittlere  Molekulargewicht  M  ändert  sich,  so  viel  wir  wissen, 
nicht  merklich  mit  der  Höhe.  Aus  unten  näher  ausgeführten  theore- 
lien  Gründen  ist  es  zwar  denkbar,  dass  in  den  allerhöchsten  Luft- 
schichten M  etwas  abnimmt,  aber  diese  Abnahme  hat  wahrscheinlich 
keine  praktische  Bedeutung. 

Einen  ebenfalls  sehr  wenig  merklichen  Einfluss  wird  der  Umstand 
üben,  dass  nach  Le  Chatelier  der  Wert  von  Mcp  für  die  atmosphäri- 
schen Gase  (Stickstoff  und  Sauerstoff)  mit  der  absoluten  Temperatur  (T) 
nach  folgender  Formel  zunimmt: 

Mcp  =  6,6  +  0,001  T. 

37* 


580  Physik  der  Atmosphäre. 

Infolgedessen  sollte  die  Temperaturabnahme  auf  10000  m  Höh 
(^  ^  —  540  c.)  0,990  c.,  auf  20000  m  Höhe  {t  =  —  144»  C.  etwa)  l«  ( 
pro  100  m  sein.  Auch  noch  bei  der  absoluten  Temperatur  0,  welche  ii 
der  Atmosphäre  nie  erreicht  werden  kann,  würde  das  adiabatisch 
Temperaturgefälle  nur  1,02*^  C.  pro  100  m  erreichen. 

Dies  gilt  für  trockene  Luft,  es  müsste  infolgedessen  in  den  hoch 
sten  Luftschichten,  wo  kein  Wasserdampf  in  nennenswerter  Meng 
vorkommt,  die  Temperatur  um  etwa  1*^  C.  bei  100  m  Steigung  abnehmen 
falls  nicht  eine  Wärmezufuhr  durch  Strahlung  (und  Leitung)  von  de 
Erde  und  von  der  Sonne,  oder  zum  leeren  Raum  stattfände.  Diese  Be 
dingung  ist  am  ehesten  in  mittleren  Luftschichten  erfüllt.  Auch  zeige! 
die  Beobachtungen  bei  Ballonfahrten  die  grösste  Ubereinstimmuni 
mit  den  oben  ausgeführten  Berechnungen  in  den  höchsten  zugäri'j 
liehen  Luftschichten. 

Höhe  der  Atmosphäre.  Dass  die  Temperatur  der  Luft  nicht  bi: 
in  die  höchsten  Schichten  im  selben  Verhältnis  abnehmen  kann,  ersieh 
man  daraus,  dass  danach  eine  Temperatur  von  —  273*^  C.  in  einer  Höh* 
von  etwa  30  km  herrschen  würde.  Damit  wäre  also  eine  Grenze  de 
Atmosphäre  gesetzt,  welche  nicht  mit  unseren  anderen  Beobachtungei 
übereinstimmt.  Die  Meteore  leuchten  in  den  meisten  Fällen  bei  etw^ 
110  km  Höhe  auf,  einige  in  150  km  Höhe.  Nach  den  Berechnungei 
von  V.  Niessl  leuchtete  das  Meteor  vom  5.  September  1868  sogar  in  eine 
Höhe  von  780  km  auf.  Danach  muss  noch  in  solchen  Höhen  eine  At 
mosphäre  vorhanden  sein,  die  dicht  genug  ist,  um  ein  Projektil  durcl 
Reibung  zum  Glühen  zu  bringen. 

Zu  Höhen  weit  über  30  km  führen  uns  auch  die  Beobachtungei 
über  die  Dämmerungserscheinungen,  wie  wir  unten  sehen  werden 
Schmid  in  Athen  fand  auf  diese  Weise  74  km  Höhe  für  die  höchstei 
Licht  reflektierenden  Luftschichten. 

Dasselbe  gilt  auch  für  die  sogenannten  leuchtenden  Wolken,  weicht 
besonders  Jesse  beobachtet  hat.  Jesse  fand  ihre  Höhe  70—83  km 
Mohn  sogar  100 — 140  km  (die  letzten  Werte  sind  etwas  unsicher). 

Zu  noch  höheren  Werten  gelangt  man  aus  den  Beobachtungen  übei 
die  Höhe  der  Nordlichter.  Die  Mehrzahl  der  Beobachtungen  ergab  bis- 
her Höhen  zwischen  100  und  200  km.  Gj^llenskiöld  giebt  als  Mittel- 
wert 110  km.  Mehrere  Beobachter  fanden  über  200  km  (Bravai; 
227  km,  Ekama  210  km).  Die  neuerdings  ausgeführten  Messungei 
der    dänischen    Nordlichtexpedition    nach    Island    1899  —  1900    führt( 


I 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  581 


|lle  zu  enormen  Höhen  (400  km),   wobei  jedoch  nur  die  Höhen  der  re- 
itiv  ruhigen  Nordlichtbogen  bestimmt  wurden. 

j  Bei  der  Mondfinsternis  vom  28.  Januar  1888  beobachtete  Boed- 
liclrer  eine  Abnahme  des  Mondlichtes  3  Minuten  vor  dem  Eintritt 
^  Mondes  in  den  Schatten  des  festen  Erdkörpers.  Man  nimuit  deshalb 
ii,  dass  diese  Abnahme  von  einer  Schattenwirkung  der  Atmosphäre 
I errührte,  welcher  demnach  eine  Höhe  von  wenigstens  300  km  zuge- 
bhrieben  werden  müsste.    Diese  Bestimmung  scheint  unsicher. 

Nach  allen  diesen  übereinstimmenden  Anzeichen  müssen  wir  an- 
I  hmen,  dass  die  Temperaturabnahme  in  den  höchsten  Schichten  keines- 
f  js  nach  der  adiabatischeu  Gleichung  vor  sich  gehen  kann.  Dies  wird 
lir  leicht  durch  die  Wärmeabsorption  der  Sonnenstrahlen  und  die 
tiahlung  zum  leeren  Kaum  von  diesen  höchsten  Schichten  verständlich. 
)ie  magnetischen  Erscheinungen  deuten  darauf  hin,  dass  in  den  höheren 
: iUftschichten  tägliche  Bewegungen  stattfinden,  die  auf  einen  solchen 
\  ärmeaustausch  hinweisen. 

Ausdehnung  feuchter  Luft.  Wenn  Feuchtigk'eit  in  der 
lUft  vorhanden  ist,  so  ist  ihre  Menge  jedenfalls  gegen  diejenige  der 
iUft  sehr  gering.  Denn  in  gesättigter  Luft  verhält  sich  die  Menge  des 
Vasserdampfes  (in  Grammolekeln  gerechnet)  zu  derjenigen  der  Luft 
io  der  Partialdruck  (/)  des  gesättigten  Wasserdampfes  zu  demjenigen  (p) 
er  Luft.  Folgende  kleine  Tabelle  giebt  eine  Übersicht  über  die  Grösse 
on  f  und  das  entsprechende  Gewicht  des  Wasserdampfs  pro  m^  bei 
erschiedenen  Temperaturen. 


Temp. 


1000 /■ 


Druck  g  pro  m^                     760 

—  25<'  C.  0,50  mm  0,58  0,66 

—  20  0,81  0,93  1,06 

—  15  1,28  1,43  1,69 

—  10  2,00  2,20  2,63 

—  5  3,07  3,31  4,05 
0  4,60  4,88  6,05 
5  6,58  6,85  8,56 

10  9,14  9,34  12,04 

15  12,67  12,74  16,67 

20  17,36  17,15  22,84 

25  23,52  22,84  30,95 

30  31,51  30,09  41,47. 


582  Physik  der  Atmosphäre. 

Auch  bei  den  höchsten  in  der  freien  Natur  normal  vorkommende! 
Temperaturen  erreicht  der  Wasserdampf,  auch  wenn  er  gesättigt  ist,  nit 
mehr  als  etwa  4  Prozent  des  Luftdruckes,  im  Mittel  dürfte  er  (an  der  Erd 
Oberfläche)  ungefähr  ein-  Prozent  ausmachen.     Es  kann  demnach  in  di 
obenstehenden  Formel  ohne  merklichen  Fehler  so  gerechnet  werdeo,  ;i 
gälte    die    molekulare   spezifische   Wärme  Mgv  =  4,9    im    Mittel   fi 
Luft  und  Wasserdampf  (sonst  ist   für  Wasserdampf  Mcv  etwas  höh« 
nämlich  6,65). 

Ganz  anders  erscheinen  die  Verhältnisse,  sobald  die  Luft  so  staih 
abgekühlt  wird,  dass  Wasser  in  tropfbarer  oder  fester  Form  ausgeschiedei] 
wird.  Nehmen  wir  an,  die  latente  Wärme  pro  Grammolekül  (aucli 
„Mol"  genannt)  sei  W,  und  es  mögen  bei  der  Abkühlung  aus  1  M' ' 
Luft,  welche  .v  Mol  Wasserdampf  enthält,  dx  Mol  ausgeschiedv 
werden,  so  gilt: 

a.  =  /und^=f-^. 
P  X         f        p 

Weiter  wird  die  zugeführte  Wärmemenge  (vgl.  S.  578): 

dQ  =  —  Wdx  =  Mcvdt  +  ^f=:Mcpdt—^'f  ^^ ■ 

J  J   p 

Durch  Einführen  der  oben  gefundenen  Relation  für  dx  wird  diesr 

(,..|  +  *.)..  =  (rr.  +  ^l)f. 

Für  -^j  kann  man  nach  der  van' tHo  ff  sehen  Umgestaltung   der 

W 
Clapeyron'schen   Formel  ^    schreiben,  wonach: 

1 ,9o5  1 

(i;9f5V-^+^^0^'  =  (^^'^  +  ^)f- 

Diese  Differentialgleichung  ist  nicht  direkt  integrabel,   weil  x  eine 

ganz  komplizierte  Funktion  von  T  ist.     Man   kann   aber  ohne  weiteres 

Wx  W^x 

daraus    dtjdp    berechnen.      Man    kann    auch    —=-      und     ,  ^^,  ^„   für 

T  1,985  T^ 


i 


^SSSil'e  Intervalle   als   nahezu  konstant  annehmen.    Nennen  wir  diese 
Constanteu  Ä  und  B,  so  wird: 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  5g3 


[s^M,)f^U^^Y^ 


durch  Einführung  der  Werte  ~  =  1,985;  Mcp  =  6,9  (für  Luft): 


'"^  To         B+  6,9     '^^  p. 

In  diese  Formel  ist  der  Wert  von  TF,  das  heisst  die  Verdampfungs- 
Ipflrme  von  Wasser,  oder  unter  Null  diejenige  von  Eis,  einzuführen.  Für 
liese  Grösse  gelten  folgende  Formeln: 

1  IT  =  18(596,7  —  0,57^) 

!  ITj  =  18  (676,4  —  0,095  t). 

W  ist  für  Wasser,  PF,  für  Eis  giltig.  Die  Formeln  sind  auf  die 
experimentellen  Bestimmungen  von  Regnault  und  Dieterici,  Bunsen 
and  Pettersson  gegründet. 

Als  Beispiel  wollen  wir  den  Fall  berechnen,  dass  t=  15  oder  T=288 
und  f  =  760  mm  ist,  bei  welcher  Temperatur  die  Luft  mit  Wasserdampf 
gesättigt  sei,  also  f=  12,67  mm;  a:  =  0,01667.  W  wird  18.588,2  und 
W^/T=  36,76.  Hieraus  berechnet  man  ^  =  0,613  und  5=11,35, 
woraus  die  Tempei'aturabnahme  (d)  bei  einer  Steigung  von  100  m  gleich 
0,48  hervorgeht.  Die  Abnahme  ist  demnach  etwa  halb  so  gross  wie  in 
trockner  Luft. 

Auf  diese  Weise  ist  folgende  kleine  Tabelle  für  ö  bei  Luftdrucken 
von  760,  500  und  250  mm,  Höhen  von  0,  3300  und  8800  m  entsprechend, 
berechnet  worden.  Der  erste  Teil  der  Tabelle  gilt  für  Ausfällung  von 
Eis,  der  zweite  für  Ausfällung  von  Wasser. 


p.  t= 

=  —30 

—  25 

—  20 

—  15 

-  10 

—  5 

—  0 

760 

0,920 

0,890 

0,850 

0,795 

0,732 

0,660 

0,587 

500 

0,890 

0,851 

0,800 

0,736 

0,654 

0,576 

0,501 

250 

0,830 

0,756 

0,690 

0,610 

0,511 

0,441 

0,372 

584  Physik  der  Atmosphäre. 


p.  t 

=  +  0 

+  5 

+  10 

+  15- 

H-20 

+  25  0C. 

760 

0,647 

0,585 

0,526 

0,480 

0,438 

0,397 

500 

0,563 

0,507 

0,453 

0,407 

0,372 

0,339 

250 

0,430 

0,387 

0,346 

0,313 

0,292 

0,272. 

Diese  Werte  sind  im  allgemeinen  etwas  niedriger  als  die  von  Hanii 
und  Neu  hoff  gegebenen.  Zum  Vergleich  möge  folgende  Tabelle  von 
Neu  hoff  über  die  Wärmeabnahme  (pro  100  m  Steigung)  einer  bei  der 
nebengeschriebenen  Anfangstemperatur  {()  aufsteigenden  mit  Wasser- 
dampf gesättigten  Luftmasse  dienen,  welche  die  in  der  Kopfrubrik  der 
Tabelle  angegebene  Höhe  erreicht  hat.  Die  Ziffern  in  Klammern  sind 
obenstehender  Tabelle  entnommen. 

Bei  0*^  sind  zwei  eingeklammerte  Ziffern  angeführt.  Die  grössere 
(0,65)  gilt  bei  Ausscheidung  von  flüssigem  Wasser,  die  kleinere  (0,59 
bei  Ausscheidung  von  Eis. 

Höhe  0  1000  2000  3000  4000  5000  GOOO  7000  ir 

^  =  —  20  0,86  (0,85)  0,90  0,95  —  _  —  ^-  _ 

— 10  0,75  (0,73)  0,82  0,87  0,89  —  —  -       _ 

0  0,62  (0,59)  (0,65)  0,68  0,75  0,82  0,88  —  —  _ 

10  0,54  (0,53)  0,56  0,59  0.65  0,73  0,80  0,84      — 

20  0,44  (0,44)  0,46  0,49  0,51  0,57  0,59  0,63  0,72 

30  0,37  (0,36)  0,37  0,38  0,40  0,42  0,43  0,45  0,48. 

Die  Temperaturverteilung  in  höheren  Luftschichten,  Nach 
dieser  Darstellung  können  wir  die  Luft  als  aus  drei  aufeinander  ge- 
lagerten Schichten  bestehend  uns  vorstellen. 

In  der  ersten  dehnt  sich  die  Luft  beim  Aufsteigen  aus,  ohne  dass 
Kondensation  eintritt,  weil  die  Temperatur  der  Luft  immer  etwas  über 
dem  sogenannten  Taupunkte  liegt,  d.  h.  derjenigen  Temperatur,  bei 
welcher  die  wirklich  in  der  Luft  vorhandene  Wasserdampfmenge  den 
bei  dieser  Temperatur  gültigen  Maximal-  (Sättigungs-)  Druck  be- 
sitzen würde. 

Wie  oben  angeführt,  übersteigt  das  Temperaturgefälle  in  den  niederen 
Teilen  dieser  bis  zu  1000 — 1500  m  erreichenden  Schicht  im  Sommer  zur 
heissesten  Tageszeit  bedeutend  0,98^  pro  100  m.  In  der  Nacht  und  im 
Winter  herrscht  dagegen  in  dieser  Schicht  die  Temperaturumkehrung, 
so  dass  im  Mittel  das  Temperaturgefälle  sehr  niedrig  wird. 

Als  Beispiel  möge  angeführt  werden: 


I    ..._. . 

IK^Die  Wärmeabnahme  pro  100  m  zu  Paris  (Eiffelturm). 

\^m  Winter  Frühling  Sommer  Herbst  Jahr 

"m  —  123  m  Höhe  —0,12        0,19         0,23  —0,26  0,01 

m— 302  m      „  0,27        0,46  0,53  0,34  0,40 

ra— 302  m      „  0,14        0,40         0,46  0,13  0,28 

Die  Ballon-  und  Drachen-Beobachtungen  (vgl.  S.  574)  sind  bei  Tage 

bei  gutem  bezw.  windigem  Wetter  angestellt    und   geben   deshalb 

höhere  Werte. 

!  In  der  zweiten  Schicht  findet  die  Kondensation  des  Wasserdampfes 
'tatt.  In  dieser  Schicht  schwebt  deshalb  die  Hauptmasse  der  Wolken. 
)as  Temperaturgefälle  ist  dafür  nicht  durch  die  Bodentemperatur  gestört, 
md  nirgends  umgekehrt.  Es  ist  deshalb  daselbst  nicht  so  nach  Tages- 
,nd  Jahreszeit  veränderlich,  wie  in  der  ersten  Schicht,  sondern  haupt- 
ächlich  von  dem  Wasserdampfgehalt  der  Luft  abhängig.  Es  steigt  mit 
er  Höhe,  während  der  Wasserdampfgehalt  sinkt,  kontinuierlich  von 
twa  0,5"^  C.  zu  etwa  0,8*^  C.  pro  100  m,  ohne  jemals  den  theoretischen 
iVert  zu  erreichen. 

Bei  anticj'klonischem  Luftzustand  sinken  in  diesem  mittleren  Teil 
lie  Luftmassen  von  oben  herab  und  führen  keine  Wolken  mit.  In 
liesem  Fall  könnte  man  erwarten,  dass  das  Temperaturgefälle  den  theo- 
■etischen  Wert  0,98*^  C.  pro  100  m  hätte.  Im  Mittel  sollte  es  zwischen 
liesem  und  dem  für  mit  Wasserdampf  gesättigter  Luft  giltigen  Werte 
legen.  Der  wirklich  gefundene  Wert  ist  viel  niedriger,  etwa  so  gross  wie 
ler  letzterwähnte.  Demnach  scheint  in  diesem  Falle  die  Strahlung  eine 
licht  zu  vernachlässigende  Rolle  zu  spielen.  Der  Einfluss  der  Leitung 
cann  wohl  als  auf  dieser  Höhe  noch  zu  geringfügig  ausser  Acht  gelassen 
Verden. 

In  der  dritten  Schicht,  über  etwa  6  km  Höhe,  ist  die  Temperatur  so 
liedrig  (unter  —  20^C.),  dass  der  Wa'sserdampfgehalt  nicht  mehr  das 
Temperaturgefälle  der  Luft  in  nennenswertem  Grade  zu  beeinflussen  ver- 
nag.  Man  erhält  deshalb  Werte,  die  sich  dem  Wert  0,98*^  C.  pro  100  m 
nähern.  Jedoch  erreicht,  wie  wir  unten  sehen  werden,  das  beobachtete 
fcmperaturgefälle  nie  diesen  Wert.  Der  maximale  beobachtete  Wert 
erreicht  im  Mittel  0,8  ^  C.  pro  100  m. 

Diese  Temperaturabnahme  kann  mit  der  Höhe  nicht  unbegrenzt 
lange  fortgehen.  Denn  dann  würde  der  absolute  Nullpunkt  in  einer  Höhe 
?on  etwa  38  km  erreicht  werden.  Da  nun  nach  dem  vorhin  Gesagten  die 
Atmosphäre    bis    zu    wenigstens    dem    10  fachen  dieser  Höhe  hinauf- 


586 


Physik  der  Atmosphäre. 


reicht,  so  muss  in  noch  höheren  Schichten,  welche  wohl  nie  durch  Bal- 
lons oder  Drachen  zu  erreichen  sind,  das  Temperaturgefälle  gegen  eino; 
sehr  niedrigen  von  Null  wenig  verschiedenen  Wert  sinken  (vgl.  S.  58S^t 

Diese  Angaben  werden  durch  folgende  Zusammenstellung  v.  Bezold 
über    die    Resultate    der    wissenschaftlichen    deutschen    Ballonfahrten 
bestätigt,     h  giebt   darin  die  Höhe  in  Metern  über  dem  Erdboden  an. 

tm  die  mittlere  Temperatur,    ,,   das  Temperaturgefälle  pro  100  m,  ym  dio 

mittlere  Feuchtigkeit  (in  g  pro  kg  Luft),  R  die  relative  Feuchtigkeit  un 
Ym  die  zwischen  dem  Erdboden  und  der  betreffenden  Höhe  über  1  cm 
befindliche  Wassermenge  in  g,  hm  den  mittleren  Barometerstand,  ha  den 
Barometerstand,  welcher  nach  einem  Temperaturgefälle  von  1^  C.  pr 
100  m  herrschen  würde  und  schliesslich  p  den  Barometerdruck  in  Frozen 
von  demjenigen  an  der  Erdoberfläche. 


h 

tm 

dtjdh 

Vm 

B 

im 

K 

K 

P 

20 

10,3 



5,86 

0,76 



760 

760 

100 

500 

7,9 

0,50 

5,33 

0,77 

— 

717 

717 

94,3 

1000 

5,4 

0,50 

4,54 

0,73 

0,634 

675 

673 

88..8 

1500 

2,9 

0,50 

3,61 

0,65 

— 

635 

632 

83,6 

2000 

0,4 

0,50 

3,08 

0,62 

1,014 

597 

593 

78,6 

2500 

-2,3 

0,54 

2,66 

0,62 

— 

560 

555 

73,7 

3000 

—  5,0 

0,54 

2,23 

0,59 

1,260 

526 

519 

69,2 

.  3500 

—  7,6 

0,52 

1,88 

0,57 

— 

494 

485 

65,0 

4000 

-10,3 

0,54 

1,68 

0,59 

1,423 

463 

452 

61,1 

4500 

—  13,5 

0,64 

1,57 

0,67 

— 

434 

421 

57,1 

5000 

—  16,7 

0,64 

1,18 

0,62 

1,538 

406 

391 

53,4 

5500 

-20,1 

0,68 

0,81 

0,53 

— 

380 

363 

50,0 

6000 

-23,6 

0,70 

0,67 

0,55 

1,599 

355 

336 

46,7 

6500 

—  27,0 

0,68 

0,57  . 

0,61 

— 

331 

311 

43,6 

7000 

-30,4 

0,68 

0,30 

0,41 

1,630 

309 

288 

40,7 

7500 

-34,0 

0,72 

0,26 

0,48 

— 

288 

265 

37,9 

8000 

—  37,6 

0,72 

0,22 

0,52 

1,642 

267 

244 

35,1 

8500 

—  41,6 

0,80 

(0,15) 

(0,50) 

— 

249 

224 

32,8 

9000 

—  45,6 

0,80 

(0,10) 

(0,50) 

1,649 

231 

205 

30,4 

9500 

(-49,6) 

(0,80) 

(0,07) 

(0,50) 

— 

(214) 

187 

28,2 

10000 

(—  53,6) 

(0,80) 

(0,05) 

(0,50) 

1,652 

(198) 

171 

26,1 

Teisserenc  de  Bort  giebt  folgende  Daten,   die   bei  Ballonfahrten  1 
in  Frankreich  gesammelt  sind: 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  587 

=  0        1        2        3        4        5        6        7        8        9        10  km 
=  9        5        0    —4    —9  —  16—21—29—38—44    —51 

0,40   0,50    0,40    0,50    0,70    0,50   0,80    0,90    0,60      0,70 

Diese  Beobachtungen  stimmen  ganz  gut  mit  den  von  v.  Bezold 
fbeiteten  überein. 

Die  Ballonbeobachtungen  haben  noch  ein  sehr  interessantes  Resultat 
Tfeben,  nämlich,  dass  die  jährliche  Temperaturschwankung  keineswegs 
,iO  schnell  mit  steigender  Höhe  abnimmt,  wie  man  aus  den  Beobach- 
•nngen  auf  Türmen  vermuten  könnte.  So  ergeben  die  Ballonfahrten  von 
l'-isserenc  de  Bort  folgende  Daten: 


Höhe 

Min. 

Max. 

Phase 

Schwankung    Mittel 

0  km 

+  10C. 

+  170  c. 

0  Tage 

16«  C.      H-  9^  C. 

3  km 

-11,2 

+  2,2 

18     „ 

13,4           -4,5 

5  km 

-20,8 

-7,6 

33     „ 

13,2         — 14,2 

10  km 

—  52,9 

—  43,9 

40     „ 

9,0         —48,1. 

Damit  ist  zu  vergleichen,  dass  in  Paris  (Eiffelturm)  die  jährliche 
Temperaturschwankung  nahe  am  Boden  um  1^  pro  300  m  und  zwischen 
Zell  am  See  (750  m)  und  Sonnblick  (3106  m)  um  8"  auf  2356  m, 
d.  h.  1*^  C.  pro  295  m  abnimmt  (vgl.  S.  577).  Man  könnte  geneigt 
5ein,  daraus  zu  schliessen,  dass  die  jährliche  Temperaturschwankung 
m  etwa  7  km  Höhe  unmerklich  wäre.  Dies  trifft  nun,  wie  die 
oben  gegebenen  Daten  zeigen,  keinesfalls  zu.  Dieser  Umstand  deutet, 
wie  so  viele  andere,  darauf  hin,  dass  in  der  Atmosphäre  eine  bedeutende 
Wärmeabsorption  stattfindet,  und  dass  die  oberen  Luftschichten  in  merk- 
lichem Grade  direkt  durch  die  Strahlung  von  der  Sonne  und  in  ge- 
ringerem Grade  von  der  Erde  erwärmt  werden.  Wegen  der  relativ 
srrossen  W^ärmekapazität  der  Luft  geschieht  dies  langsam  und  die 
Ttinperaturextreme  treten,  wie  die  unter  Phase  stehenden  Zahlen 
zeigen,  um  so  später  ein,  je  grösser  die  Höhe  ist.  In  10  km  Höhe  beträgt 
die  Verspätung  der  Temperaturextreme  gegen  die  Erdoberfläche  nicht 
woniger  als  40  Tage.  Das  frühere  Eintreten  in  tieferen  Schichten 
;  iiht  ohne  Zweifel  auf  der  Strahlung  und  der  Wärmezufuhr  von  der  Erde. 

Zu  demselben  Schluss  werden  wir  durch  den  Vergleich  der  Tempe- 
1  'tur  in   3  km  Höhe   in   freier  Atmosphäre  und  auf  einem  Berggipfel 
imblick)  geleitet.    Er  ergiebt  nach  Hann  folgendes  Resultat: 
Temperatur  in  3  km  Höhe        Febr.  April       Aug.        Okt.  Jahr 

in  freier  Atmosphäre      —12,0      —8,7       1,4^     —2,0      —5,3 

auf  Sonnblick  —12,2      —7,6      1,8      —4,3      —5,7. 


588  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  mittlere  Temperatur  ist  in  den  zwei  Fällen  beinahe  gleich,  nu 
unterscheidet  sich  die  freie  Atmosphäre  von  der  Bergspitze  durch  einei 
kälteren  Frühling  und  wärmeren  Herbst.  Jene  hat,  so  zu  sagen,  eii 
mehr  maritimes  Klima  als  diese,  welche  wiederum  sich  in  derselbe) 
Weise  von  den  Niederungen  unterscheidet.  Dies  entspricht  völlig  doi 
bedeutenden  Wärmekapazität  der  Luftmasse. 

Falls  die  Wärmeabsorption  der  Atmosphäre  zufolge  von  Zunahm« 
der  Kohlensäure  und  des  Wasserdampfes  steigen  würde,  so  würde  aucli 
die  erwärmende  Kolle  der  Erdoberfläche  vermindert,  diejenige  der  Luft' 
vergrössert  werden.  Das  Klima  würde  überall  über  der  festen  Erd- 
oberfläche einen  mehr  insularen  Charakter  annehmen. 

Infolge  der  nach  oben  abnehmenden  Jahresschwankung  verminderi 
sich  auch  die  jährliche  Höhenschwankung  der  höher  liegenden  Isothermen - 
flächen,  welche  niedrigen  Temperaturen  entsprechen.  Nach  Teissereni 
de  Bort  mögen  folgende  diesbezügliche  Daten  angeführt  werden.  Dii 
0"- Fläche  schwankt  3100  m  (300  m  —  3400  m),  die  —  20<>-Fläclv 
2200  m   (4800-7000  m),   die  —  400-Fläche  1700  m  (7800— 9500  m 

Die  Temperatur  scheint  sich  mit  der  Höhe  in  niedereren  wie  in 
höheren  Breiten  ungefähr  in  derselben  Weise  zu  verändern,  sodass  der 
örtliche  Temperaturunterschied  in  hochliegenden  Niveauflächen  ungefähr 
ebenso  gross  bleibt  wie  an  der  Erdoberfläche.  Früher  war  man  geneigt, 
eine  schnelle  Ausgleichung  dieser  Temperaturunterschiede  mit  steigender 
Höhe  anzunehmen. 

In  den  allerhöchsten  Luftschichten  dürften  wohl  die  Unterschiede 
der  Temperatur  in  einer  zur  Erdoberfläche  parallelen  Schicht  sehr  gering 
ausfallen.  Bei  der  niedrigen  Temperatur  in  diesen  Höhen  verliert  die 
Luft  beinahe  vollkommen  das  Vermögen,  Wärme  auszustrahlen.  Die 
Luftcirkulation  vermag  deshalb  vielmehr  die  Temperaturunterschiede 
auszugleichen  als  in  niedriger  liegenden  Schichten. 

Da  die  Temperaturunterschiede  die  Triebkraft  der  grossen  atmo- 
sphärischen Bewegungen  sind,  muss  man  vermuten,  dass  sie  in  den 
höchsten  von  Ballons  erreichten  Luftschichten,  und  wahrscheinlich  noch 
weiter  hinauf,  ebenso  gross  sind,  wie  in  den  nächst  der  Erdoberfläche 
liegenden. 

Diese  Luftbewegungen  verursachen  Temperatursteigungen  oder 
-Senkungen  dynamischer  Art.  Nach  Teisserenc  de  Bort  ist  auch  die 
unperiodische  Temperaturschwankung  (aus  den  mittleren  Abweichungen 
vom  Temperaturmittel  berechnet)  ziemlich  unabhängig  von  der  Höhe. 
Sie  ist  nämlich  für: 


I, 


V.  Die  Temperatur  der  Luft.  539 


Höhe                0       12       3 

4       5       6       7       8       9  km 

Schwankung    5,5     5,2     5,6     6,1 

6,4     6,3     6,6     6,4     6,0     5,6. 

Durch   diese   Messungen  der  Temperaturen  in  den  höchsten  Luft- 

■liichten   haben  sich   die  herrschenden  Ansichten  sehr  geändert.    Man 

•  deshalb  sehr  eifrig  bemüht,  diese  Beobachtungen  zu  vermehren.  Zu 

-em  Zweck  lässt  man  nicht  nur  Ballons  mit  Beobachtern  aufsteigen, 

;Jern  auch  besonders  unbemannte  Drachen  und  Ballons,  die  mit  selbst- 

egistrierenden    Instrumenten    versehen    sind    (Teisserenc    de    Bort). 

)ie   letzten   haben  wohl   den  Nachteil,   dass  bei  dem   raschen   Aufstieg 

lie  Thermographen  nicht  der  Temperatur  der  Umgebung  folgen  können 

md  die    diesbezüglichen   Korrektionen  unsicher  sind.    Dafür  haben  sie 

len  grossen  Vorteil,   dass  sie   relativ   billig   sind   und  zu  den  höchsten 

)isher  erreichten  Luftschichten  sich  heben. 

Durch  Versuchen  mit  aus  Papier  angefertigten  „Ballons -sondes" 
viirde  Teisserenc  de  Bort  zu  dem  Schluss  geführt,  dass  in  etwa 
.1  km  Höhe  die  Temperaturabnahme  nach  oben  Null  wird.  Darüber 
legt  eine  „isotherme  Zone"  von  mehreren  km  Mächtigkeit.  Über  Baro- 
netermaxima  liegt  diese  Zone  höher  (12,5  km)  als  über  Minima  (10  km, 
b|k  S.  581). 

^^Klti  neuester  Zeit  hat  Assmann  geschlossene,  aus  Gummi  angefer- 
igte  Ballons  mit  registrierenden  Instrumenten  aufsteigen  lassen.  Die- 
;elben  platzen  in  einer  bestimmten  Höhe,  wonach  die  Instrumente  mit 
3ilfe  eines  Fallschirmes  sanft  herunterfallen.  Die  so  angestellten  Be- 
»bachtungen  zeigen,  dass  in  einer  gewissen  Höhe,  etwa  15  km,  die  Luft- 
;eraperatur  mit  der  Höhe  steigt.  In  grossen  Höhen  fliesst  demnach  ein 
■elativ  warmer  Luftstrom.  Diese  Angabe  stimmt  mit  derjenigen  von 
Teisserenc  de  Bort  überein.  In  noch  grösseren  Höhen,  man  hat  bis 
rl  km  Höhe  erreicht,  fällt  die  Temperatur  wieder. 

Die  älteren  Temperaturbeobachtungen  von  Glaisher  bis  zu  8600  m 
'he  sind  leider  nicht  zuverlässig,  weil  er  unventilierte  Thermometer 
iitzte.  Die  Strahlung  hat  ihm  viel  zu  hohe  Temperaturen  gegeben, 
Vd'lurch  auch  die  früheren  unrichtigen  Vorstellungen  befestigt  wurden. 
Die  Erforschung  der  meteorologischen  Verhältnisse  in  höheren  Luft- 
ichichten  sind  von  solcher  Bedeutung,  dass  sie  zu  internationalen  Ver- 
inbarungen  über  Beobachtungsmethoden  und  Terminen  Anlass  gegeben 
laben. 


YL  Der  Luftdmck. 

Das  Barometer.      Höhenmessung.     Das   Quecksilberbaromet' 
wurde  im  Jahre  1643  von  Vi  via  ni  konstruiert  und  nachher  von  Torn 
celli   beschrieben,   welcher  Änderungen   des  Luftdruckes    beobachtet 
Kegelmässige  Barometerablesungen  wurden  bald  danach  in  Italien  in 
etwas  später  in  England  angestellt  (Boyle  1659).     Die  ersten  barome-i 
trischen  Höhenmessungen  wurden  auf  dem  Puy  de  Dome  in  Frankreicl> 
von  Descartes  ausgeführt. 

Die  Barometerablesungen  müssen,  um  vergleichbar  zu  werden, 
verschiedener  Hinsicht  korrigiert  werden.  Wegen  der  ungleichen, 
Dichte  des  Quecksilbers,  dessen  Ausdehnungskoeffizient  pro  Grad  C! 
0,0001818  beträgt,  muss  der  abgelesene  Druck  mit  einem  Fakb" 
(1 — 0,0001818  t)  multipliziert  werden,  wo  t  die  Temperatur  des  Baro- 
meters angiebt.  Wegen  der  Ausdehnung  der  Skala  (Ausdehnungskoeffi-' 
zient  des  Messings  0,0000184,  des  Glases  0,0000092)  muss  man  einen 
anderen  Korrektionsfaktor  anbringen,  der  für  Messing,  welches  zur  Ver- 
fertigung von  Skalen  am  meisten  benutzt  wird,  den  Wert  (1+0,0000184  / 
hat.  Diese  beiden  Korrektionen  können  in  eine  einzige  zusammen- 
gefasst  werden,    sodass  der  auf  0^  reduzierte   Barometerdruck  (Bq)  den 

Wert  erhält:  4 

Bo=Bt  (1—0,000163  t),  I 

1; 

wenn  Bt  den  bei  t^  C.  abgelesenen  Barometerdruck  bedeutet.  * 

Der  Luftdruck  (in  g  pr.  cm^j  entspricht  dem  Gewicht  einer  Queofc- 
silbersäule  von  der  abgelesenen  Höhe  und  1  cm'-^  Querschnitt.  Da  niQ 
das  Gewicht  eines  Körpers  (und  damit  der  gegebenen  Quecksilbersäule) 
mit  dem  Breitegrad  sich  ändert,  so  ist  auch  der  Luftdruck  bei  gleicher 
Barometerhöhe  auf  verschiedenen  geographischen  Breiten  verschieden, 
und  zwar  ist  (vgl.  S.  256): 

B=  B^   (1—0,00259  cos  2  g)), 


VI.  Der  Luftdruck.  59 1 

fy  den   abgelesenen   unkorrigierten  Barometerdruck   am   Breitegrad 
d  B  den  auf  Normalschwere   (45^  Breite)   korrigierten  Druck   be- 
D.     Diese  Korrektion  ist  für  Breitegrade   unter  45*^   negativ,   für 
obere  positiv.    Sie  erreicht  bei  mittlerem  Barometerstande  und  bei: 


p=  45      50 

55 

60 

65 

70 

75 

80      85      90« 

p=   45      40 

35 

30 

25 

20 

15 

10        5        0^ 

'.  =  0,00  0,34 

0,67 

0,98 

1,27 

1,51 

1,70 

1,85    1,94   1,97  mm 

Diese  Korrektion,  welche  noch  nicht  allgemein  eingeführt  ist,  gilt 
lur  für  den  Luftdruck,  dagegen  nicht  für  die  Berechnung  der  Luftmasse, 
'eiche  über  dem  Beobachtungspunkt  lagert.  Dafür  ist  keine  Korrektion 
iizubringen. 

Dasselbe  gilt  für  die  Korrektion  nach  der  Höhe,  welche,  da  die 
Schwere  mit  zunehmender  Höhe  abnimmt,  immer  negativ  ist.  Sie  ist 
erschieden  für  die  freie  Atmosphäre  (z.  B.  bei  Ballonfahrten)  und  für 
gstationen  (vgl.  S,  253).    Sie  ist  sehr  gering  und  beträgt: 


löhe  in  km    .    .        1         2         3         4         5 

6         8        10 

"reie  Atmosphäre     0,13    0,23    0,31     0,36    0,40 

0,42     0,43     0,40  mm 

Jebirgsstationen  .     0,08     0,15    0,19    0,23    0,25 

0,26     0,27    0,25  mm. 

Dabei  ist  mit  dem  mittleren  Barometerstand 

in  den  verschiedenen 

löhen  gerechnet. 

Anstatt  des  Quecksilberbarometers,  das  relativ  schwer  zu  transpor- 
ieren  ist,  benutzt  man  häufig  Metallbarometer  (Anero'ide).  Bei  diesen 
■  1' wendet  man  entweder  eine  mit  einem  dünnen  Wellenblech  geschlossene 
vletalldose  oder  eine  gekrümmte  dünnwandige  Metallröhre  (vgl.  S.  546). 
Jnter  dem  Einfluss  der  Luftdruckschwankungen  verändert  das  Blech  oder 
lie  Röhre  ihre  Form  und  diese  Formänderung  wird  durch  eine  Hebel- 
orrichtung  auf  einen  Zeiger  übertragen.  Dieser  Zeiger  kann  wiederum 
nit  einem  Stift  versehen  werden,  der  auf  einer  durch  ein  Uhrwerk  ge- 
triebenen beweglichen  Papierrolle  den  Luftdruck  aufzeichnet.  Die  selbst- 
"Bgistrierenden  Barographen  sind  meist  dieser  Konstruktion. 

Die  Metallbarometer  sind  etwas  mit  der  Zeit  veränderlich  und  ihre 
Angaben  verlangen  deshalb  hin  und  wieder  Konti-olle  durch  Quecksilber- 
)arometer.  Als  Variationsinstrumente  sind  sie  sehr  brauchbar.  Eine 
lurch  besondere  Versuche  zu  ermittelnde  Temperaturkorrektion  ist  an  den 
Ablesungen  jedes  Metallbarometers  anzubringen.  Dagegen  hat  die 
Schwere  keinen  Einfluss   und  die  betreffenden  Korrektionen  fallen  fort. 


592  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  einfachste  Berechnung   der  Höhe  wäre   nach   der   Formel   fr 
adiabatische  Volumsänderung  auszuführen  (vgl.  S.  578): 

^  =  3,484  f-,  dt  =  —  0,0098  dh, 
p  1 

worin  p  der  Barometerdruck,  T  die  absolute  Temperatur  und  h  die  Hö! 
in  Metern   bezeichnen.     Erst  führt   man  die  bekannte  Höhe  dh  in  d; 
zweite  Formel  ein,  findet  so  einen  Wert  von  dt  und  führt  nun  diesen,  sowi 
die  bekannten  Werte  des  Luftdrucks  {p)  und  der  absoluten  Temperatur  ( 7 
an  der  Erdoberfläche  ein,   dann   findet   man  aus  der  ersten  Formel  d, 
woraus  der  Luftdruck  [p — dp)   in   der  Höhe   dh  hervorgeht.     In  dieseii 
Weise  sind  die  unter  ha  auf  S.  586  tabellierten  Luftdrucke  in  verschie- 
denen Höhen  gefunden.    Wie  aus  der  genannten  Tabelle  ersichtlich,  er- 
hält man  auf  diese  Weise  Werte  des  Luftdruckes,  welche  ziemlich  naL 
mit   den   beobachteten  {bm)   übereinstimmen.    Sie   sind,   wegen   der  zu 
niedrig  geschätzten  Temperatur  in  den  höheren  Luftschichten,  etwas  ge- 
ringer als  die   beobachteten,   und   zwar   bis  zu  2500  m  Höhe    um  etwa 
1  mm  für  je  500  m. 

Wegen  dieser  Abweichung  der  Temperatur  von  dem  theoretischen 
Wert  benutzt  man  für  die  Höhenmessung  lieber  folgende  Formel  (vgl. 
S.  579),  in  welche  man  die  empirisch  ermittelte  Temperatur  einführt:    i 

dp  M 


oder  integriert: 


p  RT^^ 

Ä  =  2,3025^  log  |5. 


Für  R  ist  der  Wert  845,70  g.  m  pr.  Grad  C.  zu  setzen,  für  T  setzt  m;i 
gewöhnlich  den  identischen  Wert  273  (1  +  at),  worin  a=  }-^  und  ; 
die  mittlere  Temperatur  in  den  Höhen  h  und  0  bezeichnet.  Betreffs  M' 
ist  zu  bemerken,  dass  es  für  trockene  Luft  28,9  beträgt.  Für  Wasser- 
dampf ist  M  geringer,  nämlich  18  (=  0,623  •  28,9).  Ist  deshalb  der  Par- 
tialdruck  des  Wasserdampfes  f  und  folglich  derjenige  der  trockenen 
Luft  p—f,  wenn  p  den  totalen  Druck  darstellt,  so  ist: 

M=  28,9^^"^  +  18  ^  =  28.9  f  1—0,877  ^ 
p  P  '     \  p. 

Der  Faktor  2,3025  ist   bei   der   Integrierung   durch  den   Übergang   von 
natürlichen  zu  srewöhnHchen  Logarithmen  hereinjsrekommen. 


VI.  Der  Luftdruck.  593 

Schreiben  wir  die  Formel  in  angegebener  Weise   um,   so   erhalten 

"zuletzt: 

I 

1.8400  (l  +  a  ^-^"  )  (l  +  0,377  ^-\  (1  +  0,00259  cos2  f/))  log^'Sn. 

nstatt  (1  —  0,377  flp)  im  Nenner  ist  (1  +  0,377  f]p)  im  Zähler  gesetzt, 
as  Glied  (1  +  0,00259  cos  2  (p)  ist  eingesetzt,  weil  der  Druck  von  1  g, 
eiche  Grösse  in  R  eingeht,  in  dieser  Weise  sich  mit  der  Breite  ändert. 
]ine  ähnliche  Korrektion  wegen  der  Abnahme  dieses  Druckes  mit  der 
öhe  hätte  auch  eigentlich  eingeführt  werden  sollen,  sie  ist  aber  sehr 
?ring,  sodass  sie  vernachlässigt  werden  kann). 

Für  kleine  Höhendifferenzen   kann   man  i>  als  konstant  gleich  dem 

I^ren  Druck  (2^  +  pu)  :  2  setzen  und  erhält  so: 

Bei  der  Temperatur  0*^  C.  und  folgenden  Luftdrucken  entspricht  in 
uckner  Luft  1  mm  Druckdifferenz  einer  Erhebung  (sogenannte  barome- 
ische  Höhenstufe)  von: 


Ia  =  2  ^J .  ^"^^  =  15982  ?* -=;  -?4d  +  0,004  ■  '-+^1  m. 
M    ph  +  fD  111,  +  Po  \  2 


uftdruck       760 

700 

650 

600 

550 

500 

450 

400 

350  mm 

öhenstufe     10,5 

11,4 

12,3 

13,3 

14,5 

15,9 

17,8 

20,0 

22,8  m. 

i'i  anderen  Temperaturen  {t)  als  0*^  ist  die  Höhenstufe  mit  (1  +  0,004  t) 
i  multiplizieren.    (Der  Koeffizient  0,004  ist  gleich  2I3  =  0,00366,  ver- 
mehrt um  eine  kleine  Grösse  wegen  der  Zunahme  von  f  mit  der  Tem- 
'?ratur). 

Als  Beispiel  möge  angeführt  werden:  Haun  fand  auf  dem  Pilatus 
|3öhe  2140  m)  j9  =  596  <  =  8°  C.  In  Luzern  (Höhe  454  m)  war  gleich- 
ntig  p  =  729,8;  t  =  14^  C.    Aus  diesen  Werten  erhält  man: 

h  =  15982  .  ^|g|  (1  +  0,044)  =  1684  m, 

sehr  gut  mit  der  direkten  Messung  (1686  m)  übereinstimmt. 

Die  Erfahrung  zeigt,    dass  man  bei  Nacht  und  im  Winter  zu  nie- 

-0,  bei  Tage  und  im  Sommer  dagegen  zu  hohe  Höhensverte  aus  den 

arometrischen  Messungen   erhält.     Diese   Erscheinung  wurde   am    ge-' 

auesten   von   Plantamour   und   Kühl  mann   untersucht.    Sie   beruht 

,  arauf ,  dass  die  Temperatur  der  Luftmasse  im  Winter  und  bei  Nacht 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  38 


594  Physik  der  Atmosphäre. 

(im   allgemeinen   bei  Temperaturinversionen)  höher  ist  als   das   Mit^ 
der  Werte   am   Boden   und   an   dem   Höhenpunkt,   wegen   der    stark 
Abkühlung   an   der  Erdoberfläche.    Das   Umgekehrte   gilt  für   die  Z< 
des   Sommers   und   Tages.     Der   Fehler   erreicht    um   Mittag    im  Ju 
+  1,6  Proz.,  um  4  Uhr  morgens    zur  selben  Jahreszeit  —0,4  Proz.,  \vi 
Messungen  zwischen  Genf  und  dem  St.  Bernhard  zeigen.    Im  Winter  i 
die  Schwankung  geringer  (im  Dez.  dreimal  so  klein).  Die  Messungen  gel 
die  besten  Resultate  im  Sommer  zwischen  6  und  8  Uhr  Vor-  oder  Nach 
mittags,  im  Winter  um  die  Mittagszeit. 

Die  wirkliche  Abnahme  des  Luftdruckes  in  grösseren  Höhen  könii 
wir  aus  der  Tabelle  auf  S.  586  ersehen.    Sie  hat  folgende  Werte: 

Höhe  .    .     0  2  4  6  8  10  km 

Luftdruck     762        597        463        355        267        198 
Abnahme  0,783      0,776      0,768      0,752      0,742 

Bei  einer  Höhenzunahme  von  200  m  nimmt  der  Luftdruck  im  V» 
hältnis  1:0,783  in  den  ersten  2000  m,  im  Verhältnis  1:0,742  zwiscli' 
8000  und  10  000  m  zu.  Die  langsame  Abnahme  der  Verhältniszahl  er 
folgt  nahezu  proportional  der  Höhe.  Diese  Abnahme  beruht  auf  den 
allmählichen  Sinken  der  Temperatur.  Unter  der  Annahme,  dass  di- 
absolute  Temperatur  in  geometrischer  Progression  mit  der  Höhe  abnimmt 
finden  wir  folgende  Werte  der  Temperatur  und  des  Luftdruckes  in  seli 
grossen  Höhen. 


Höhe 

0           5          10 

15 

20 

25 

30 

40        km 

Temp. 

4-10    —24    —54 

—  80,4 

- 103,5 

- 123,9 

— 141,9 

— 171,6"  C. 

Druck 

760       404       197 

92 

39,7 

16,3 

6,2 

0,74  nnii 

Höhe 

50              60 

70 

80 

100 

150 

200        km 

Temp. 

— 194,5     —  212,3 

-226 

-  236,7 

—  252,2 

-267 

—  271,3»  C. 

Druck 

0,069        5.10-3 

3.10-4 

1,2.10-5 

,1.10-8 

3.10-18 

3.10-31  mm. 

Die  rapide  Abnahme  des  Druckes   in   grösseren  Höhen   beruht   aiit 
der  sebr  raschen  Temperaturabnahme.   Hann  giebt  etwas  höhere  Werte 
die  jedoch  bis  zu  50  km  Höhe  von  derselben  Grössenordnung  sind.    T< 
100  km  Höhe  giebt  er  1,2.10-^  und  für  300  km  35.10-^'.    Aus  diesi'i 
Beispiel   ist  ersichtlich,  wie  ungenügend  unsere  Vorstellungen  über  di« 
höchsten  Schichten  der  Atmosphäre  noch  sind. 

Aus  dem  Aufglühen  der  Meteore  in  Höhen  von  200  km  und  au- 
den  Nordlichtern  in  400  km  Höhe  (nach  Pauls en)  muss  man  schliessen 
dass  auch  die  Schätzungen  von  Hann  zu  niedrig  sind. 


Vr.  Der  Luftdruck.  595 

usaminensetzung  der  Luft  in  sehr  grossen  Höhen.  Ein 
JÜetz  von  Dalton  verlangt,  dass  in  einer  in  Ruhe  befindlichen  Mischung 
on  Gasen  jedes  Gas  sich  so  verteilt,  als  ob  die  anderen  nicht  vorhanden 
ären.  Wenn  wir  also  annehmen,  dass  in  der  Luft  keine  Strömungen 
ukätnen,  so  müsste  für  jedes  Gas  das  barometrische  Gesetz: 

dp  M    „ 

11,  wobei  für  if  das  Molekulargewicht  des   betreffenden  Gases   ein- 

iiühren  wäre.    Diese  Molekulargewichte   sind   für    Sauerstoff  (O2)  32, 

ir  Stickstoff  (N2)  28,  für  Argon  (A)  40,  für  Helium  (He)  4,  für  Wasser- 

!  (H2)  2,  für  Kohlensäure  (COj)  44,  für  Wasserdampf  (H2O)  18  und 

II  Sumpfgas  (CH4)  16,  für  Luft  im  Mittel  28,9. 

1!^  Nehmen  wir  an,  ein  leichtes  Gas  wie  Wasserstoff  befinde  sich  in  der 
^^■bsphäre,  so  wird  für  denselben  dh-Werb,  da  T  und  R  dieselben  sind 
^■for  die  umgebende  Luft  die  prozentische  Abnahme  des  Druckes  (dpjp) 
IfJJSmal  geringer  sein,  als  für  die  umgebende  Luft.  Der  Prozentsatz 
er  Luft  an  Wasserstoff  wird  demnach  in  hohem  Grade  mit  der  Höhe 
-;en.    Auf  diese  Weise  werden  die  schweren  Gase  zur  Erdoberfläche 

III  konzentriert,    die  leichteren  Gase  dagegen  sind  relativ  stark  in  den 
olleren  Luftschichten  vertreten. 

Man  kann  mit  Hilfe  der  obigen  Formel  die  theoretische  Zusammen- 
ang  der  Luft  in  einer   gegebenen  Höhe   berechnen,   falls   man   die 

usanimensetzung   der   Luft   an    der    Erdoberfläche   kennt.      Auf  diese 

hhe   fand  Hann: 

Zusammensetzung  der  Luft  nach  Volumsprozenten 


Höhe.    .    . 

0 

10 

30 

50 

100  km 

Stickstott     . 

78,04 

81,05 

85,99 

89,62 

95,35 

Sauerstoff   . 

20,99 

18,35 

13,79 

10,31 

4,65 

Argon     .    , 

0,94 

0,58 

0,22 

0,07 

0,00 

Kohlensäure 

0,03 

0,02 

0,004 

0,00 

0,00 

Wie  oben  angeführt,  hat  man  in  Luftproben,  die  bei  Ballonfahrten 
jnommen  worden  sind,  den  Sauerstoff-  und  Kohlensäure-Gehalt  unver- 
■idert  gefunden.  Dies  zeigt,  dass  in  den  unteren  Luftschichten  die 
uftströmungen  viel  zu  kräftig  sind,  um  eine  Änderung  der  Zusammen- 
'tzung  mit  der  Höhe  zu  erlauben.  Die  Verteilung  der  Gase,  die  dem 
'altonschen  Gesetze  entspricht,  stellt  sich  durch  Diffusion  her,  die  in 
uft   von   gewöhnlichem    Druck  äusserst  langsam   vor  sich   gebt.     Die 

38* 


■  1 


596  Physik  der  Atmosphäre. 

Diffusion  ist  in  1  m  langen  Röhren  nach  einer  Stunde  eben  merkhcl 
bei  1000  mal  grösseren  Dimensionen  ist  eine  Million  mal  so  lange  Zeil 
nötig.    Um  bis  zu  1  km  Höhe  zu  dringen,  brauchte  die  Diffusion  mel' 
als  hundert  Jahre.    Während  dieser  Zeit  hat  sich  die  Luft  vielemal  dur 
Strömungen  umgesetzt. 

Anders  können  die  Verhältnisse  in  den  höchsten  Schichten  der  Atme 
Sphäre  liegen.  Die  Diffusionsgeschwindigkeit  ist  dem  Drucke  umgekelir 
proportional.  Zwar  ninimt  sie  auch  etwa  proportional  der  Quadratwurz 
aus  der  absoluten  Temperatur  zu.  Aber  jedenfalls  hat  die  Teraperatu, 
einen  ganz  geringen  Einfluss,  verglichen  mit  dem  Druck  bei  derselbei 
Höhenänderung.  In  Höhen  von  150  bis  200  km  ist  der  Druck  so  ver 
schwindend  gering,  dass  die  Diffusion  sich  trotz  der  Luftströmungei 
geltend  machen  kann.  Es  ist  deshalb  wohl  möglich,  dass  in  diesei 
Schichten  Wasserstoff,  Helium  und  Kohlenwasserstoffe  einen  merkliche'! 
Prozentsatz  von  den  atmosphärischen  Gasen  ausmachen.  Zwar  ist  die  ab 
solute  Menge  dieser  leichten  Gase  verschwindend  (etwa  10"^^ — 10-^*^  mu 
Druck  entsprechend),  sodass  sie,  wenn  sie  auch  die  Hauptmasse  dies»^ 
hohen  Schichten  bilden,  doch  einen  ganz  verschwindenden  Bruchteil  v(i 
der  Totalmasse  der  Luft  repräsentieren. 

Das  Nordlicht  (in  400  km  Höhe)  zeigt  zwar  das  Stickstoffspektrum 
es  ist  aber  sehr  wohl  möglich,  dass  trotzdem  der  Stickstoff  einen  gr 
ringen  Bruchteil  der  daselbst  befindlichen  Atmosphäre  ausmacht.  Dem 
bei  elektrischen  Entladungen  giebt  der  Stickstoff  ein  viel  kräftigeres 
Licht  als  die  anderen  Gase  (Wasserstoff  und  Kohlenwasserstoffe).  ' 

Wahrscheinlich  geht  die  irdische  Atmosphäre  kontinuierlich  in  eiin 
ausserordentlich  dünne  interplanetarische  Atmosphäre  über.  ZöUnei 
hat  unter  Annahme  der  Giltigkeit  des  Mariotteschen  Gesetzes  uv 
des  Newtonschen  Schwerengesetzes  versucht,  die  Dichte  der  interplaui 
tarischen  Atmosphäre  zu  berechnen.  Er  kam  zu  dem  Resultat,  dass  sit 
lO^^*^  mal  geringer  als  diejenige  der  Luft  an  der  Erdoberfläche  ist.  Zi 
noch  niedrigeren  Ziffern  kam  bei  ähnlichen  Berechnungen  neuerdiuü- 
Rogovsky.  Er  nahm  die  mittlere  Temperatur  der  Luft  gleich  —  63,5^ ' 
an,  und  schloss  daraus,  dass  die  Dichte  des  Stickstoffs  im  interplane- 
tarischen Raum  (längs  der  Erdbahn)  gleich  10— ^-^^  diejenige  des  Sauer 
Stoffs  gleich  lo-^oo  gesetzt  werden  muss,  falls  die  Dichte  dieser  Gas^ 
an  der  Erdoberfläche  als  Einheit  genommen  wird.  Für  Sumpfgas  erhrr 
man  in  ähnlicher  Weise  lO-^so^  für  W^asserstoff  lO^^^  Nach  den  S.  4b. 
angegebenen  Daten  wäre  der  Gehalt  an  Wasserstoff  im  interplanetarische) 
Raum  (in  der  Nähe  der  Erdbahn)  von  der  Grössenordnung  2.10~^''  mi 


j 


VI.  Der  Luftdruck.  597 

für  Sumpfgas  wäre  die  entsprechende  Ziffer  10"^^^  Ein  cm^ 
,nft  von  der  Erdoberfläche  würde  eine  Kugel  erfüllen,  deren  Durch- 
aesser  10^^  Lichtjahre  ausmachen  würde,  wenn  die  Dichte  in  dieser 
v'ugel  der  ZöUnerschen  Zahl  entspräche. 

Die  Dichte   der  interplanetarischen  Atmosphäre  ist  jedenfalls   be- 
'Mitend  grösser  in  der  Umgebung  der  Sonne  als  längs  der  Erdbahn. 

Nach  der  grossen  Rolle  zu  urteilen,  welche  Kohlenwasserstoffe  bei 
ien  Kometen  spielen,  scheint  diese  äusserst  dünne  planetarische  Atmo- 
phäre  hauptsächlich  aus  Kohlenwasserstoffen  zu  bestehen.  Es  ist  des- 
lalb  sehr  wohl  denkbar,  dass  ein  steter  Strom  von  Kohlenwasserstoffen 
wahrscheinlich  zum  grössten  Teil  Sumpfgas,  das  am  leichtesten  von  den 
ioraeten  sich  losreissen  kann)  unserer  Atmosphäre,  worin  sie  verbrennen 
vgl.  S.  477),  aus  dem  interplanetarischem  Raum  zuströmt.  Da  aber  die 
nolekulare  Geschwindigkeit  (bei  der  niedrigen  Temperatur  im  üuiver- 
;nm)  etwa  10^  mal  geringer  als  die  Lichtgeschwindigkeit  ist,  so  ist  der 
5ufluss  nach  den  zuletzt  angeführten  Daten  von  der  Grössenordnung 
l  mg  in  einem  Jahr  für  Wasserstoff,  in  10'''*  Jahren  für  Sumpfgas,  also 
janz  verschwindend. 
Ilft  Das  Hypsometer.  Zur  Bestimmung  des  Luftdruckes  kann  man 
fPro  Siedepunkt  eines  chemisch  einheitlichen  Körpers,  z.  B.  Wassers,  be- 
obachten. Je  niedriger  nämlich  der  Luftdruck  ist,  um  so  tiefer  liegt 
ler  Siedepunkt  der  Flüssigkeiten.  Beim  Siedepunkt  ist  der  Dampfdruck 
ier  Flüssigkeit  genau  gleich  dem  Luftdrucke.  Nun  gilt  für  den  Dampf- 
iruck  einer  Flüssigkeit  die  van't  Hoff  sehe  Umgestaltung  derClapeyron- 
5chen  Gleichung: 

dp  _  W'  J 
^  —  ET^  "^^^ 

Uorin  W  die  Verdunstungswärme  pro  Grammolekel  der  Flüssigkeit  bei 
lier  betreffenden  Temperatur  darstellt.  Andererseits  gilt  für  den  Luft- 
Irlruck  j9^  (bei  der  Temperatur  T,)  die  Barometerformel  (vgl.  S.  579): 

Aus  diesen  beiden  Gleichungen  folgt,  da   beim  Siedepunkt  der  Dampf- 
druck ;;  gleich  dem  Luftdruck  ^i  ist: 

dh= V*,^-)  ~  dt  =  kdt. 


598  Physik  der  Atmo8i)häre. 

Das  Minuszeichen  bedeutet,  dass  die  Siedetemperatur  mit  steigende 
Höhe  h  über  dem  Meer  abnimmt.    Wenn  W  sich  nicht  mit  der  Temp* 
ratur  änderte  und  T  mit  genügender  Genauigkeit  als  konstant  angeseh« 
werden   könnte,   so  würde    die  Höhe  dh  proportional   der  Differenz  [li 
des  Siedepunktes  an  den  beiden  um  dh  entfernten  Orten  sein. 

In  der  Nähe  von  100*^  C.  ist  W  für  Wasser  nach  Wiebe  =18.547 
T=373,  J'=426  gm,  ilf=28,9,  T^  möge  gleich  283  angenommen  werdci 
so  folgt  Ä;=295.   Einem  Sinken  der  Siedetemperatur  von  l/*  C.  entspricht 
demnach  eine  Steigung  von  295  m.  ' 

Auf  295  m  sinkt  T,  um  etwa  0,60C.  pro  100  m,  d.  h.  1,77*^0.  =  0,63  Pro; 
T  sinkt  1^  =  0,27  Proz.   und  W  steigt  0,09  Proz.    Die  Änderung  von  /. 
wenn  Tum  1«  sinkt,  ist  infolgedessen  0,63 —  0,09  — 2.0,27  =  0,00  Pro' 
Die   Steigung  ist   also   der  Erniedrigung   des   Siedepunktes   fast  genn 
proportional,   und    zwar  kann  mit  genügender  Annäherung  geschriebi 
werden: 

dh  =  —  285  (1  +  at)  dt  =  (285  +  0  dt, 

worin   t  die  Temperatur    an   der   Meeresoberfläche   (eigentlich    an    d<! 
Fläche,  wo  der  Druck  760  mm  herrscht)  bedeutet  und  «  =  ^1^.    Dab 
wird  mit  einer  Temperaturabnahme  in  vertikaler  Richtung  von  0,6*^  < 
pro  100  m  gerechnet.    Forbes  und  Soret  haben  die  Formel: 

dh  =  294  dt 

gegeben,  welche  aus  Messungen  in  den  Alpen  ermittelt  wurde.  Sie  ent- 
spricht einer  mittleren  Temperatur  von  +  9"  C.  an  der  Meeresoberfläche 
zur  Zeit  der  Messungen. 

Zum  gewöhnlichen  Gebrauch  rechnet  man  die  Siedepunktsbeobachtung 
mit  Hilfe  von  folgender  kleiner  Tabelle  in  Barometerdruck  um  (von 
ßroch  nach  Regnaults  Daten,  korrigiert  von  Wiebe): 

Siedepunkt    .    .     100       99         98         97         96         95         94         93         92 
Luftdruck      .    .     760     733,3    707,3    682,2    657,7    634,1     611,0    588,8    567,1 
Differenz  pro  l"         26,8      26,1      25,2      24,5      23,7      23,1      22,2      21,7      20,9 

Siedepunkt    .    .       91        90        89        88        87        86        85        84        82       80 
Luftdruck      .    .     546,3    526,0    506,3   487,3    468,8    451,0   433,7    417,0    335,0    355,3 
Differenz  pro  l»  20,3     19,7      19,0      18,5      17,8     17,3      16,7      16,0     14,9 

Nach  dieser  Umrechnung  findet  man  die  Höhe  nach  der  gewöhn- 
lichen Barometerformel. 

Die  Hypsometermessungen  geben  direkt  den  Luftdruck  und  nicht 
die   drückende  Luftmasse   an.     Man  braucht  deshalb  ebensowenig  wie 


p 


VI.  Der  Luftdruck. 


599 


den  Metallbarometern  eine  Schwerenkorrektion  anzubringen.  Damit 
las  Hjpsometer  ebenso  genaue  Angaben  giebt,  wie  das  Barometer, 
'.velcbes  man  auf  0,1  mm  genau  (1  m  Höhe  entsprechend)  ablesen  kann, 
luiss  man  die  Temperatur  auf  etwa  0,004*^  C.  genau  bestimmen.  Es 
jietet  jetzt  keine  Schwierigkeit,  Thermometer  zu  konstruieren,  die  man 
inf  0,001^  C.  ablesen  kann. 

Da  ein  gewöhnliches  Quecksilberbarometer  den  um  die  Schweren- 
Miirektion  verminderten  Luftdruck  angiebt,  und  dieser  mit  Hilfe  des 
Hypsometers  ermittelt  werden  kann,  so  erhält  man  durch  eine  gleich- 
ieitige  Barometer-  und  Hypsometermessung  einen  Wert  dieser  Schweren- 
'korrektion.  Mohn  hat  deshalb  vorgeschlagen,  diese  Methode  zur  Er- 
nittelung  der  Schwerenvariation  zu  benutzen  (vgl.  S.  247). 
-^—^  Das  Variometer  von  v.  Hefner- Alteneck.  Eine  etwa  1  1  haltende 
llf^he,  deren  Oberteil  in  Fig.  184  dargestellt  ist,  trägt  zur  Vermeidung 
Von  heftigen  Temperaturschwankungen 
3ine  Umhüllung  von  Watte  und  ist 
durch  einen  zweifach  durchbohrten 
Stopfen  geschlossen.  Die  rechte  Durch- 
bohrung enthält  ein  Glasrohr,  dessen 
nach  unten  gebogenes  Ende  in  eine 
äusserst  feine  Spitze  oder  Kapillare 
endet.  In  der  linken  Durchbohrung 
steckt  ein  mehrfach  umgebogenes  Glas- 
rohr, von  dem  ein  Teil  nahezu  hori- 
zontal liegt  und  einen  schwach  nach 
unten  konvexen  Bogen  bildet.  Das- 
selbe enthält  einen  gefärbten  Öltropfen, 
der  bei  Ruhe   der  Atmosphäre   in   der 

Mitte   des  horizontalen  Teiles   liegt,    und  dessen  Lage   auf  einer  Skala 
abgelesen  werden  kann. 

Sehr  langsame  Veränderungen   des   äusseren  Luftdruckes   gleichen 

h  durch   das   erste  Rohr  aus,   heftige  Schwankungen  dagegen   nicht, 

-lern  der  Tropfen  verschiebt  sich  nach  links  bei  einer  Steigung,  nach 

irohts  bei  einem  Sinken  des  Luftdruckes.   Die  Grösse  der  Verschiebung 

giebt  die  Heftigkeit  der  Luftdruckschwankung  an. 

Bei  Gewittern,  starken  Regen-  und  Schneefällen  zeigt  das  Vario- 
meter eine  starke  Unruhe.  In  bewohnten  Häusern  reagiert  das  Vario- 
meter auf  die  Luftdruckschwankungen  beim  Öffnen  oder  Schliessen  von 
Thüren  und  Fenstern. 


Fig.  184.    Oberer  Teil  des  Luftdruck- 
Variometers  von  V.  Hefner  Alteneck. 


600 


Physik  der  Atmosphäre. 


Die  Anwendung  dieses  einfachen  Instrumentes  ist  bisher  recht  bo 
schränkt  geblieben. 

Die  tägliche  Schwankung  des  Luftdruckes.  Diese  Schwan 
kung  ist  von  sehr  grosser  Eegelmässigkeit  und  wurde  deshalb  schon  im 
Jahre  1682  zu  Goree  in  Senegambien  entdeckt.  Dass  sie  nicht  zuerst  in 
nördlicheren  Gegenden  aufgefunden  wurde,  beruht  teils  darauf,  dass  sii 
stark  mit  steigender  geographischer  Breite  abnimmt  (vgl.  Fig.  185)  und 

teils  darauf,  dass  si 
in  höheren  Breitei 
von  den  ausserordent- 
lich kräftigen  unrege  1- 
raässigen  Luftdruck- 
schwankungen ver- 
deckt wird.  Sie  hat 
eine  halbtägige  Peri- 
ode mit  zwei  Maximi-^ 
und  zweiMinimis,  die 
da,  wo  die  Erschei- 
nung am  regelmässig- 
sten  auftritt,  nahezu 
gleich  weit  vom  Mittel 
abweichen. 

Diese  Schwankung  | 
erinnert  durch  ihre  Pe-  i 
riode  an  das  Gezeiten- 
phänomen.  Sie  richtet  sich  aber  nach  dem  Sonnenstand  und  nicht  nach 
dem  Monde,  was  sie  thun  müsste,  wenn  die  Schwerenwirkung  der  Him- 
melskörper sie  hervorriefe. 

Die  Grösse  und  der  Gang  dieser  Schwankung  ist  am  einfachsten 
aus  dem  nebenstehenden  Diagramm  zu  ersehen,  wo  die  Abweichungen 
der  Maxima  und  Minima  vom  Tagesmittel  beigeschrieben  sind.  Die 
Maxima  treten  zwischen  9^*  und  10'' Vor-  und  Nachmittag  ein,  die  Mi- 
nima gegen  4''-  morgens  und  abends. 

Die  Jahreszeiten  üben  etwas  Einfluss  auf  diesen  Gang  des  Baro- 
meters aus.  Das  Minimum  tritt  im  Winter  etwa  1—2  Stunden  später  am 
Morgen  und  2  Stunden  früher  am  Nachmittag  ein  als  im  Jahresmittel. 
Im  Sommer  verschieben  sich  die  Minima  um  etwa  1  Stunde  in  entgegen- 
gesetzter Richtung  und  auch  die  Maxima  treten  am  Morgen  2  Stunden 


Fig.  185.     Die  tägliche  Schwankung  des  Luftdruckes 
in  verschiedenen  Breiten. 


VI.  Der  Luftdruck. 


601 


ht,  am  Abend  1  Stunde  verspätet  gegen  die  Extreme  im  Jahres- 
el ein. 

In  tropischen  Gegenden  ändert  sich  die  Grösse  der  Schwankung  so, 
sie  in  den  Kegenzeiten  vermindert  wird,   dagegen   bleibt  die  Ein- 
-szeit    der   Extremwerte    ziemlich    unverändert.      Auch    in    höheren 
breiten  nimmt  die  Amplitude  im  Sommer  zu,  im  Winter  ab. 

Einen  eigentümlichen  Einfluss  hat  die  Lage  des  Beobachtungsortes 

1   Bezug    auf   die   Küste.     Auf  Küstenstationen   (z.  B.  Valentia,    vgl. 

j.  186)  ist  das  Nachmittagsminimum  sehr  schwach,  auf  Stationen  von 


^s~^t? 


186.    Tägliche  Schwankung  des  Barometers  an  einer  Binnenlandstation 
(Kew )  und  an  einer  Küstenstation  (Valentia ). 


r  kontinentaler  Lage,  die  jedoch  nicht  sehr  weit  von  der  Küste  ge- 
egen  zu  sein  brauchen  (z.  B.  Kew),  ist  das  Morgenminimum  relativ 
ichwach  entwickelt.  Ebenso  wie  Küstenstationen  verhalten  sich  Stationen 
luf  Berggipfeln,  wie  Kontinentalstationen  dagegen  Stationen,  die  in 
rhälern  gelegen  sind.  Daselbst  kann  sogar  das  Abendmaximum  und 
S'achtminimum  verschwinden  (Irkutsk).  Ebenso  entspricht  der  Gang  des 
Barometers  bei  trübem  Wetter  (nach  Lamonts  Untersuchungen  be- 
treffs München)  demjenigen  auf  Küstenstationen,  derjenige  bei  heiterem 
Wetter  dem  Gang  im  Inlande. 

Alle  diese  Verhältnisse  werden  übersichtlich  und  einfach,  sobald 
man  die  Temperaturschwankung  des  Barometers  mit  Hilfe  der  harmo- 
nischen Analyse  in  eine  ganztägige  und  eine  halbtägige  Komponente 
zerlegt.  Dies  erhellt  aus  folgenden  Beispielen,  welche  die  durch  har- 
monische Analyse  erhaltenen  Ausdrücke  der  Barometerschwankung  S 
für  einige  typische  Extremfälle  darstellt  (nach  Hann): 

Inselstation:  Jersey;  S  =  0,04  sin  (262  +  0  +  ö,27  sin  (144  +  2  t), 
Küstenstation:  Valentia;  Ä=  0,22  sin  (190  +  t)  +  0,20  sin  (146  +  2  t), 
riilandstation:  Kew;  ;S'=  0,21  sin  (20  +  t)  -{-  0,24  sin  (144  +  2  t\ 

(Kontinental-  und  Thalstation:  Irkutsk;  S  =  0,76  sin  (5  +  0  +  0,26  sin 
(157  +  2  t), 

! Thalstation:  Klagenfurt;  S=  0,58  sin  (23  +  0  +  0,27  sin  (156  +  2  t), 


()()2  Physik  der  Atmosphäre. 

Ebenenstation:   Kalocsa   (Ungarn):    S  =  0,22  sin  (357  +  /)  -]-  0,25  si 

(137  +  2«), 
Gipfelstation:    Säntis,    heitere   Tage;   45=  0,34  sin  (218  +<)  +  0,18  m 

(124  +  2  0, 
Gipfelstation:   Säntis,   trübe   Tage;    S  =  0,23  sin  (147  +  0  +  0,20  sii 

(130  +  2  t), 
Gipfelstation:  Sonnblick;  S=  0,32  sin  (182  +  0  +  0,18  sin  (110  +  2 

In  diesen  Formeln  bedeutet  t  die  Zeit,  welche  nach  Mitternacht  ver 
flössen  ist,  und  da  ein  Tag  (=  1440  Minuten)  einer  ganzen  Periodt 
(=  360  Bogengraden)  entspricht,  so  ist  die  Zeiteinheit  4  Minuten  uin 
1  Stunde  entspricht  15  Zeiteinheiten. 

Was  zunächst  die  ganztägige  Variation  betrifft,  so  ist  der  Phasenwink 
bei  kontinentalen  Stationen  (nicht  Bergstationen)  nahezu  0^'  oder  36<i 
Mit  anderen  Worten,  das  Minimum  tritt  um  6^' Abends,  das  Maxiraun 
um  6'^  Morgens  ein.  Dies  gilt  auch  in  den  Tropen  auf  dem  Ocean.  1 
höheren  Breiten  verschiebt  sich  auf  dem  Meer  der  Phasenwinkel,  sodn 
er  immer  geringer  wird  und  280^  sich  nähert  (Maximum  um  11,7'*  Voi- 
mittags). 

Die  Amplitude  nimmt  mit  steigender  geographischer  Breite  ab,  j 
doch  recht  unregelmässig,  indem  lokale  Verhältnisse  sich  stark  geltena 
machen   (sie   ist,   wie   oben  gesagt,   viel  grösser  in  Thälern  als   in  der 
Ebene).    Nach  Angot  ist  sie  im  Mittel: 

Breite 20 « 

auf  dem  Kontinent     0,75 
„      „      Ocean  .     .     0,26 

Stationen  auf  Berggipfeln  zeigen  teils  dieselbe  Schwankung  wie 
die  Ebene,  teils  auch  eine  Schwankung  in  umgekehrter  Kichtung, 
die  von  den  tagsüber  aufsteigenden  Luftströmen  herrührt.  Bei  etwa 
1200  m  Höhe  kompensieren  die  beiden  Einflüsse  einander.  Bei  höher 
Lage  ist  der  ganztägige  Gang  des  Barometers  umgekehrt  wie  in  der 
Ebene  und  der  Phasenwinkel  ist  dementsprechend  etwa  180^  (Maxinmm 
um  6'*  Abends).  Die  Amplitude  nimmt  demnach  stetig  ab  von  der  Ebene 
bis  1200  m  Höhe  und  danach  wieder  zu  und  erreicht  in  etwa  3000 
Höhe  denselben  Wert  wie  in  der  Ebene.  Diese  Ziffern  gelten  für  dcji 
Sommer. 

Die  halbtägige  Barometerschwankung  ist  im  Gegensatz  zu  der  ganz- 
tägigen äusserst  regelmässig.    Der  Phasenwinkel   beträgt  für   Stationen 


280      4^0 

450 

490     540 

0,98     0,62 

0,36 

0,22     0,15  mm 

—      0,15 

0,14 

0,14      -     „ 

I 


VI.  Der  liuftdruck.  ß03 


li  der  Ebene  über  dem  Ocean  am  Äquator  156*^  und  nimmt  sehr  wenig 
uit  steigender  Breite  ab,  indem  er  unter  50*^  Breite  auf  148*^  zurück- 
^ht,  einer  Verspätung  von  nur  einer  Viertelstunde  entsprechend. 

Die  Amplitude   dieser   Schwankung  nimmt   mit    steigender   Breite 
tark  ab   und  ist  etwa  dem  Kubus  des  Cosinus  der  Breite  proportional, 
■'  folgende  Tabelle  zeigt.    Sie  beträgt  für: 


Breite  .    .       0        10       20 

30 

40 

50        60 

Amplitude    0,98    0,92    0,81 

0,65 

0,46 

0,27     0,09  mm 

0,98.  cos  V     0,98     0,94     0,81 

0,62 

0,44 

0,26     0,13 

Diese  Amplitude  zeigt  auch  eine  sehr  merkwürdige  jährliche  Periode 
11  it  zwei  Maximis  um  die  Sonnenwendezeiten,  einem  schwachen  Mini- 
11  um  im  Dezember  (bei  der  Sonnennähe)  und  einem  kräftigen  Minimum 
tu  Juni  oder  Juli  (bei  der  Sonnenferne  der  Erde)  in  den  Tropen,  wie 
jolgende  Tabelle  zeigt: 

iMittlere  Amplitude  der  halbtägigen  Barometerschwankung  in  mm 
fpsala  590  52'  n.  Br.  2)  Leipzig  51 «  20'  n.  Br.  3)  München  48»  9'  n.  Br. 
ilagenfurt  46»  37'  n.  Br.  5)  Mailand  45»  28'  n.  Br.  6)  Rom  41»  52'  n.  Br. 
^2030'  s.  Br.    8)  lO^n.  Br. 

Feb.  März  Apr.  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 
fcl3  0,11  0,15  0,16  0,14  0,13  0,13  0,14  0,17  0,15  0,11  0,10  0,n 
il6  0,20  0,24  0,27  0,22  0,20  0,21  0,23  0,27  0,22  0,21  0,16  0,22 
121  0,23  0,28  0,29  0,28  0,26  0,25  0,26  0,28  0,27  0,21  0,21  0,25 
1,23  0,29  0,35  0,26  0,26  0,25  0,34  0,27  0,27  0,24  0,21  0,24  0,27 
bo  0,35  0,38  0,36  0,30  0,29  0,29  0,31  0,32  0,33  0,31  0,29  0,32 
|,30  0,33  0,35  0,32  0,29  0,26  0,26  0,30  0,35  0,36  0,33  0,29  0,31 
\65  0,68  0,70  0,68  0,64  0,61  0,63  0,66  0,72  0,72  0,69  0,66  0,67 
t79   0,80  0,83  0,82  0,73  0,65  0,65  0,69    0,75    0,78  0,82    0,79   0,76 

ganze  Schwankung  ist  doppelt  so  gross  wie  die  tabellierte  Am- 
ditude. 

In  den  Tropen  ist,  wie  gesagt,  das  Juniminimum  ausgeprägter 
'-    das   Dezemberminimum.    In   nördlicheren   Breiten   vermindert   sich 

Unterschied  zwischen  den  beiden  Minimis  und  in  Mailand  (45^  28' 
I.  Br.)  sind  sie  gleich.  In  noch  nördlicheren  Breiten  ist  das  Winter- 
uinimum  gewöhnlich  tiefer  als  das  Sommerminimum. 

Dieser  Gang  deutet  auf  eine  kosmische  Ursache.  Ein  ganz  ähn- 
ieher  Gang  zeigt  sich  in  der  Menge  der  negativ  geladenen  Partikelchen, 


604  Physik  der  Atmosphäre. 

die   von  der  Sonne  weggetrieben  in  die  Erdatmosphäre  gelangen  (v;j 
S.  153  und  unten  Kap.  Polarlicht). 

Auch  die  halbtägige  Periode  ändert  sich  mit  der  Höhe  der  Beob 
achtungsstation,  indem  die  Amplitude  der  Schwankung  proportional  mii 
der  überlagernden  Luftmasse  zunimmt.  Auf  Gipfelstationen  wird  d' 
Gang  ein  wenig  durch  die  unter  dem  Einfluss  der  Erwärmung  an; 
steigenden  Luftmassen  gestört,  sodass  daselbst  der  Phasenwinkel  gi 
ringer  ausfällt,  als  an  Stationen  in  der  Ebene,  wie  die  oben  angeführte; 
Beispiele  vom  Säntis  und  Sonnblick  zeigen. 

Man  hat  die  halbtägige  Schwankung  als  eine  Art  Kesonanzerschc 
nung   zu   erklären   versucht.      Die   Atmosphäre    sollte    eine    natürlic! 
Schwingungsperiode   von   nahezu   12   Stunden  besitzen   (Lord  Kelvin 
Nun  hat  die  Erwärmung  der  Luft,  mittels  harmonischer  Atialyse  unter 
sucht,   ein   Glied   von   halbtägiger  Periode  und,  obgleich  es  schwächt 
als   das   ganztägige   ist,   könnte   es   durch  Resonanz   eine  viel  stärke' 
Schwingung  der  Luft  als  dieses  hervorrufen.    Gegen  diese  durch  viel. 
interessante  Untersuchungen  gestützte  Erklärung  scheint  der  Umstand  zu 
sprechen,   dass   der  Phasenwinkel   der   halbtägigen  Erwärmungsperiodi 
an  verschiedenen  Orten  sehr  verschieden  ist,  im  Gegensatz  zum  Phasen- 
winkel der  halbtägigen  Luftdruckschwankung. 

Die  Jahresperiode  des  Luftdruckes.  Der  Luftdruck  zeigt  auch 
eine  jährliche  Schwankung,  die  eine  Folge  der  Temperaturschwankun2:' 
ist.  Dementsprechend  ist  dieselbe  in  äquatorialen  Gegenden  sehr  gerin 
In  höheren  Breiten  nimmt  sie,  obwohl  in  sehr  unregelmässiger  Weise,, 
zu.  Der  Einfluss  der  verschiedenen  Erwärmung  von  Kontinenten  und, 
Meeren  macht  sich  hier  geltend.  Da  diese  im  Winter  wärmer  sind  alsj 
jene,  so  bilden  sich  über  ihnen  Barometerminima  aus,  in  welchen  diej 
erwärmte  Luft  aufsteigt,  um  zu  den  kühlen  Kontinenten  abzufliessenl 
und  da  Maxima  hervorzurufen.  Im  Sommer  sind  die  Temperatur- 
unterschiede zwischen  Kontinent  und  Meer  umgekehrt,  das  Minimum 
liegt  über  dem  Kontinent,  das  Maximum  über  dem  Meere.  An  Küsten-; 
Stationen  treten  Mischungen  von  diesen  beiden  Typen  auf  mit  zweij 
Maximis  im  Winter  und  Sommer  und  zwei  Minimis  im  Frühling  und! 
Herbst.  In  den  arktischen  Gegenden  (nördliche  Halbkugel)  treten  um- 
gekehrt die  Maxima  im  April-Mai  und  November,  die  Minima  im  Ja- 
nuar und  Juli  auf. 

Die   erwärmte   aufsteigende  Luftsäule   bringt  auf  Gebirgsstationen 
ein  Maximum  des  Luftdruckes  im  Sommer  (Juli-August)  hervor  und  ein 


VI.  Der  Luftdruck. 


605 


606  Physik  der  Atmosphäre. 

Minimum  im  Spätwinter  (Febr.-März).    Die  Amplitude  der  Schwankuii. 
wächst,  wie  natürlich,  mit  der  Seehöhe. 

Geographische  Verteilung  des  Luftdruckes,  Um  den  Luft- 
druck an  verschiedenen  Stellen  zu  vergleichen,  muss  man,  wie  bei  d» 
Untersuchung  der  Temperaturverteilung,  den  Druck  wegen  der  Meeres- 
höhe korrigieren.  Dies  geschieht  nach  der  oben  gegebenen  Barometer- 
formel. Gewöhnlich  reduziert  man  den  Barometerstand  auf  Meere^ 
niveau. 

Durch  Verbindung  verschiedener  Orte  mit  gleichem  Luftdruck  erhäi 
man  Isobaren,  welche  von  Brandes  (I816j  und  Loomis  (1842)  zuer- 
gezeichnet  wurden.  Diese  Linien  gleichen  (auf  Meeresniveau  reduzierte!» 
Luftdruckes  bilden  den  wesentlichen  Inhalt  der  Wetterkarten. 

Die  Verteilung  des  Luftdruckes  ist  auf  den  beigegebenen  Karte 
(Fig.  187 — 188)  für  die  extremen  Monate  Januar  und  Juli  wiedergegcbei: 
Die  wichtigsten  Details  derselben  sind  folgende: 

Im  Januar  herrscht  niedriger  Luftdruck  über  der  äquatorialen  Zon^ 
von  dort  aus  nimmt  der  Druck  nach  beiden  Seiten  hin  zu  und  erreich- 
zwei  Maxima  an  den  30.  Breitegraden.   Von  30*^  s.  Br.  nimmt  der  Luft- 
druck schnell  gegen  den  Südpol  hin  ab. 

Über  Asien  (besonders  im  Nordosten)  liegt  ein  stark  ausgeprägte^ 
Maximum,  ein  etwas  schwächeres  über  Nordamerika.  Das  kräftigste 
Minimum  befindet  sich  im  Nordwestteile  des  Atlantischen  Oceans,  eir, 
schwächeres  Minimum  über  dem  Nordteil  des  Stillen  Oceans. 

Im  Juli  nimmt  der  Luftdruck  vom  Äquator,  wo  mittlerer  Druck 
(760  mm)  herrscht,  bis  etwa  30 f'  s.  Br.  zu,  von  wo  er,  wie  im  Winter, 
stetig  gegen  den  Südpol  sinkt.  Minima  liegen  über  den  mittleren  und 
südlichen  Teilen  der  nördlichen  Kontinente.  Unter  40^  n.  Br.  herrscht 
hoher  Luftdruck  über  den  Oceanen,  welche  weiter  nach  Norden  wieder 
niedrigeren  Luftdruck  aufweisen.  Um  den  Nordpol  herum  steigt  wieder- 
um der  Luftdruck  auf  mittlere  Höhe  (760  m). 

Im  Jahresmittel  hat  die  Äquatorialgegend  niedrigen  Luftdruck,  mit 
einem  Minimum  von  756  mm  über  Nordaustralien.  Dies  entspricht  dem 
dort  liegenden  Temperaturmaximum.  Der  Luftdruck  nimmt  gegen  die 
subtropischen  Breiten  der  Windstillen  (sog.  Kossbreiten)  hin  zu  mü 
Maximis  von  764  bis  766  mm  über  den  Oceanen  bei  30^  welche  Maxima 
im  Sommer  etwas  anschwellen  und  sich  etwas  weiter  vom  Äquator  ver; 
schieben.  Vom  südlichen  Wendekreis  zum  Südpol  nimmt  der  Dru( 
stetig  ab  bis  unter  745  mm  bei  60*^  s.  Br. 


607 


608 


Physik  der  Atmosphäre. 


Nördlich  vom  nördlichen  Wendekreis  nimmt  der  Druck  über  dci; 
Oeean  ab.    Barometermaxima  erscheinen  dagegen  über  den  Kontinonti 
besonders  über  Nordostasien,  entsprechend  dem  da  gelegenen  Kältepo 

Die   im  Winter  über  dem  Meere   sich   ausbildenden  Minima  sini 
häufig  von  Isobaren  umschlossen,   die  den  Küsten  entlang  oder  parall 
laufen.    Dies  wird  besonders   schön   durch   eine  Karte  von  Hann  fd 
Mittelmeer  hervorgehoben.    Eine   allgemeine  Ähnlichkeit  im  Gang  d 
Isobaren  und  Isanomalen  ist  auch  unverkennbar  (Teisserenc  de  Bor 
und  Wild).    Es   giebt   aber  Ausnahmen   von  dieser  Kegel.     Die  Bari 
metermaxima  über  dem   Meere   unter    den  Wendekreisen   entspreche 
Temperaturmaximis,    über    dem    grönländischen    Kältepol    ruht   keit 
Barometermaximum. 

Aus  den  von  Buch  an  gezeichneten  isobarischen  Weltkarten  h;i 
B aschin  den  mittleren  Luftdruck  für  jeden  5.  Breitegrad  berechni  ■ 
Die  Eesultate  der  Rechnung  sind  in  folgender  Tabelle  über  die  Ali- 
weichung  des  Barometerdruckes  vom  Mittelwert  760  mm  zusammen- 
gestellt. Die  Ziffern  sind  wie  die  in  den  Isobarenkarten  gezeichnetf  i 
für  die  Schwere  korrigiert. 


Breite 

80 

75          70           65           60 

55 

50    n.  Br. 

Januar 

-2,9 

-1,7     -0,1     +2,2     +0,9 

+  0,9 

+  2,3  mm 

Juli     . 

-1,2 

—  2,1     -2,4     —2,5    —2,5 

-2,3 

-1,3    „ 

Jahr    . 

+  0,5 

0,0     -1,4     -1,8    —1,3 

—  0,3 

+  0,7    „ 

Breite 

45 

40          35          30          25 

20 

15    n.  Br. 

Januar 

+  2,8 

+  3,7     +4,8     +4,9     +4,3 

+  2,7 

+  1,1  mm 

Juli     . 

-0,6 

—  0,1     —0,4     —1,0     -1,5 

-2,1 

-2,3    „ 

Jahr    . 

+  1,5 

+  2,0     +3,4     +1,7     +0,4 

-0,8 

-1,7    „ 

Breite 

n.  Br.  10         5         0          s.  Br.  5 

10 

15          20 

Januar 

—  0,5 

—  2,0     —2,0      —2,0 

-2,6 

—  2,8    —2,0 

Juli     . 

-2,1 

-1,4    —0,6       —0,1 

+  1,1 

+  1,7     +3,2 

Jahr    . 

-2,1 

—  2,0     —2,0      —1.7 

—  0,9 

+  02     +1,7 

Breite 

s.  B.  25 

30          35          40          45          50         Mittel 

Januar 

-0,4 

+  1,5      +2,5     +2,0    —1,2     - 

6,5       +  0,6 

Juli    . 

+  4,6 

+  5,4      +4,0     +0,3     -[ 

),5     - 

7,5       —  0,2 

Jahr    . 

+  3,2 

+  3,5      +2,4     +0,5     -^ 

1,1     - 

6,8            0,0 

Der  meteorologische  Äquator  bezüglich  des  Luftdruckes  liegt  ebenso  wie; 
bezüglich  der  Temperatur  etwa  10*^  nördlich  vom  geographischen  Äquator. j 
Charakteristisch  ist  die  rasche  Abnahme  des  Luftdruckes  von  35  ^  s.  Br.j 


VI.  Der  Luftdruck.  609 


l ^.,..,„....„. 

II  Sommermonaten  1839—43)  nimmt  der  Luftdruck  noch  in  den  süd- 
hsten  erreichten  Gegenden  stetig  ab  und  erreicht  für  60^s.Br.  740,4  mm 
11-  li^  s.  Br.  den  ausserordentlich  geringen  Wert  736,4  mm. 

Wenn  man  die  recht  unsicheren  Daten  für  die  Polargebiete  mit 
1  Rechnung    zieht,   so    erhält  man   folgende   Mittelwerte   für  den  auf 
leeresoberfläche  reduzierten  Luftdruck:   auf  der  nördlichen  Halbkugel 
i59,8  mm,  auf  der  südlichen  756,3  mm. 

Nach    den    Berechnungen    von    Base  hin   ist    der  Luftdruck    auf 

er   Halbkugel,    welche    gerade  Winter   hat,    im   Mittel  etwa    3  mm 

Öher  als  auf  der  Halbkugel,   wo  Sommer  herrscht.     Es  wandert  also 

ine    bedeutende    Luftmasse    über    den    Äquator    zu    der    Halbkugel 

lit   fallender   Temperatur,  was   ja   wegen    der   Wärmeverteilung    zu 

rwarten  ist.    Wegen  der  Korrektion    auf  Meeresniveau    sind    die  an- 

efahrten  Daten  etwas    grösser    als    der    mittlere  Druck  an  der  Erd- 

ixTfläche.      Die    mittlere    Landhöhe    beträgt    700  m,    einem    Drucke 

()U    63  mm    entsprechend.     Da   die   Landfläche    26,6  Proz,   der  Erd- 

berfläche  ausmacht,  so  findet  man,  dass   der  wirkliche  mittlere  Druck 

u    der    Erdoberfläche    um    etwa    16,7  mm   geringer   als   der   mittlere 

eduzierte  Druck   758,1  mm  ist  (vgl,  S.  347),     Demnach   sind   sowohl 

io   oben   berechneten   Werte    der  Höhe    der   reduzierten   Atmosphäre 

1-  auch  des  Totalgewichts  der  Luftmasse  um  1,8  Proz,  zu  vermindern, 

ndurch  die  Werte   auf  7854  m  bezw,  5173.10^2  Tonnen  sinken  (vgl. 

175). 

Die  Luftmasse,  welche  jährlich  über  den  Äquator  verschoben  wird, 

präsentiert  0,2  Proz,  der  ganzen  Luftmenge,  d,  h.  10,4,10 '^  Tonnen,  der 

»hisse  von  10400  km^  Wasser  entsprechend.    Auf  diese  Verschiebung 

ivill  Spitaler  die  kleinen  beobachteten  Breitenschwankungen  zurück- 

"ühren. 

Die  unperiodischen  Luftdruckschwankungen.  Viel  grösser 
jds  die  einige  Millimeter  betragenden  jährlichen  oder  täglichen  Schwan- 
mngen  des  Barometers  sind  diejenigen,  welche  mit  dem  Gang  der 
Zyklonen  verbunden  sind.  Wenn  man  die  Veränderlichkeit  des  Monats- 
aiittels  des  Luftdruckes  als  die  mittlere  Abweichung  (deren  Zeichen  unbe- 
rücksichtigt bleibt)  der  einzelnen  Monatsmittel  vom  Generalmittel  in 
einer  langen  Reihe  von  Beobachtungsjahren  berechnet,  so  erhält  man 
erhebliche  Werte,  so  z,  B.  für  Paris  und  Januar  nach  einer  120jährigen 
Reihe  nicht  weniger  als  3,5  mm.  Die  Veränderlichkeit  ist  am  grössten 
ia  den  Wintermonaten  und  in  höheren  Breiten,  am  geringsten  im  Som- 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  39 


610  Physik  der  Atmosphäre. 


mer  und  in  den  Tropen,  ungefähr  wie  die  Veränderlickeit  der  Tempi 
raturmittel.  Dagegen  zeigen  die  Oceane  in  Bezug  auf  den  Luftdnic 
ünstetigkeit,  die  Kontinente  geringere  Veränderlichkeit,  umgekehrt  W' 
für  die  Temperatur.  Besonders  der  Nordwestteil  des  Atlanten  (im  Wir 
ter)  und  das  südliche  Polarmeer  sind  durch  grosse  Unruhe  der  Lu 
gekennzeichnet.  Die  unperiodische  tägliche  Schwankung  erreicht  ii 
Winter  für  Jan  Mayen  9,1  mm  (dagegen  nur  2,7  im  Sommer),  auf  Süc 
georgien  sind  die  entsprechenden  Werte  8,8  und  7,2  mm,  während  si 
in  Lissabon  sich  auf  nur  3,5  bezw.  2,1  mm  belaufen. 

Dieselben  Unterschiede  zeigen  sich  in  den  monatlichen  unperiodischei 
Schwankungen,  für  welche  Koppen  folgende  Tabelle  entworfen  ha 
(geltend  für  die  Nordhalbkugel): 


n.  Breite    .... 

0 

10 

20 

30 

40 

50 

60 

70 

80 

Winter,  Ocean    .    . 

3 

4 

8 

16 

29 

38 

54 

40 

34  mm 

„       Kontinent 

4 

6 

9 

13 

18 

25 

31 

29 

5) 

Sommer,  Ocean  .    . 

3 

4 

6 

9 

16 

25 

28 

25 

18    „ 

„         Kontinent 

4 

5 

7 

10 

12 

14 

19 

18 

—  mm 

Das  Maximum  der  Unruhe  liegt  auf  etwa  60^  n.  Br  im  Meer  zwischi 
Island  und  Grönland. 

In  den  Tropen  gehen  die  halbtägigen  Schwankungen  in  die  nii 
periodischen  Schwankungen  ein  und  vergrössern  sie  um  etwa  2 — 3  mii 
Diese  regelmässige  Schwankung  ist  in  den  Köp penschen  Zahlen  dürr 
Korrektion  entfernt.  Die  barometrische  Unruhe  ist  auf  dem  Atlantei 
etwa  doppelt  so  gross  wie  im  Stillen  Ocean.  Ferner  ist  sie  grösser  übe' 
Amerika  als  über  Europa. 

Die  Abweichung  vom  mittleren  Barometerstand  ist  bei  weitem  nich, 
so  gross,  wenn  sie  positiv,  wie  wenn  sie  negativ  ist.  Besonders  gilt  die' 
für  Küstenstationen.  Für  Valentia  ist  das  Verhältnis  der  negativen  zi 
den  positiven  Abweichungen  wie  1,62:1,  für  Barnaul  in  Sibirien  nu 
wie  1,17:4.  Dieser  Unterschied  zwischen  hohem  und  niedrigem  Luft 
druck  rührt  davon  her,  dass  die  grossen  atmosphärischen  Störungen  ai 
die  cyklonischen  Barometerminima  gebunden  sind.  j 

Die  grössten  Abweichungen  vom  normalen  Luftdruck  findet  mai 
deshalb  in  den  Barometerminimis.  In  Eeykjavik  auf  Island  wurde  an 
4.  Febr.  1824  692,0  mm  beobachtet,  am .  26.  Jan.  1884  in  KilcreggaD! 
Schottland,  sank  das  Barometer  auf  693,9  mm.  Vielleicht  noch  einige' 
Zehntel  Millimeter  tiefer  stand  das  Barometer  über  Nordirland  an| 
S.Dez.  1886. 


■ 


VI.  Der  Luftdruck.  Qi\ 


0 


Bei  tropischen  Wirbelstürmen  werden  gelegentlich  noch  tiefere  Drucke 
ifobachtet,  so  687,8  mm  über  False  Point  an  der  Küste  von  Orissa  (Ben- 
galischer Meerbusen)  am   22.  Sept.  1885,   wobei   das  Meer  grosse  Ver- 
heerungen anrichtete  (etwa  8000  Menschenleben  gingen  verloren). 

Die  höchsten  Barometerstände  sind  in  Sibirien  im  Winter  beobachtet 
worden.  Am  16.  Dez.  1877  9  Uhr  N.M.  wurde  in  Tomsk  ein  Luftdruck  von 
792,8  mm  bei  —  45,1^  C.  beobachtet,  was  auf  Meeresniveau  und  Normal- 
•hwere  reduciert  802,4  mm  entspricht.  Gleichzeitig  beobachtete  man  in 
Semipalatinsk  bei  —  47,2 ^  C.  einen  Druck  von  784,5  mm,  was  nicht 
weniger  als  811,0  mm  im  Meeresniveau  entspricht.  (Dies  dürften  die 
höchsten  vorliegenden  Daten  sein,  indem  eine  Angabe  über  einen  sehr 
hohen  Luftdruck  am  23.  Jan.  1900,  nach  Mitteilung  vom  physikalischen 
t 'entralobservatorium  zu  Pawlowsk,  auf  einen  zufälligen  Fehler  beruht.) 
Die  unregelmässigen  Barometerschwankungen  ziehen  wie  eine  Art 
\i)n  Wellen  von  unregelmässiger  Höhe  und  Schwingungszeit  über  die 
llrdoberfläche.  Sie  befolgen  dabei  meistens  eine  östliche  Richtung. 
Einige  Versuche,  die  mittlere  Dauer  dieser  Luftwellen  zu  berechnen, 
d  ausgeführt  worden.  Sie  geben  für  Paris  (1883  bis  1892)  etwa  5  Tage 
itlere  Dauer  und  eine  mittlere  Schwankung  von  etwa  30  mm,  welche 
Daten  für  Mitteleuropa  wohl  ziemlich  zutreffen. 

Wegen  der  unperiodischen  Luftdruckschwankungen  muss  man  eine 
hr  lange  Eeihe   von   Beobachtungsjahren   der  Rechnung   zu   Grunde 
u'en,  um  ein  Monatsmittel,  das  auf  1  mm  genau  ist,  zu  erhalten.  Man 
'(■nutzt  deshalb  dieselbe  Methode,  wie  bei  der  Berechnung  der  mittleren 
Temperatur,  indem  man  die  Abweichung  von  einer  nahegelegenen  Haupt- 
Station  ermittelt.    Diese  Differenz  hält  sich  nämlich  sehr  nahe  konstant. 
1  z.  B.  schwankt  die  Differenz  der  Jahresmittel  von  München  und  Ischl, 
\v eiche  160  km  von  einander  entfernt  liegen,  um  einen  Mittelwert  5,34  mm 
mit  den  Extremen  5,48  und  5,16  mm  (1871 — 1880),  mit  einer  Veränder- 
lichkeit von  nur  0,06  mm.  Auf  diese  Weise  erhält  man  schon  in  einem 
(ahr  ein  Jahresmittel,  das  auf  0,1  mm  genau  ist,  während  sonst  in  Mittel- 
europa etwa  30 — 40jährige  Beobachtungen  dazu  nötig  wären. 

Diese  Barometerdifferenzen  dienen  deshalb  den  Meteorologen  als 
Kontrolle,  um  zufällige  Beobachtungs-  oder  Rechnungsfehler  auszuschalten 
'<lor  die  Zuverlässigkeit  und  unveränderte  Aufstellung  der  Beobachtungs- 
lustrnmente  u.  s.  w.  zu  prüfen. 


39* 


YII.  Das  Wasser  in  der  Atmosphäre. 

Eigenschaften  des  Wasserdampfes.  Die  wichtigste  Eigenschaft 
des  Wasserdampfes,  die  er  übrigens  mit  anderen  Dämpfen  teilt,  ist  die 
starke  Zunahme  seiner  Maximalspannung  mit  der  Temperatur.  Ein» 
Steigerung  der  Temperatur  um  nur  10^  genügt  (bei  0^)  dazu,  die  zur 
Sättigung  eines  bestimmten  Volumens  Luft  nötige  Wassermenge  zu  ver- 
doppeln. Die  Zunahme  ist  jedoch  stärker  bei  niederer  als  bei  höherer 
Temperatur,  sodass  bei  100*^  die  Zunahme  pro  Grad  nur  3,6  Proz.  beträgt. 
während  sie  bei  0°  7,0  Proz.  pro  ^  C.  erreicht.  Der  Wasserdampf  folgt 
bei  Maximalspannung  der  schon  mehrfach  benutzten  Formel: 

p   '~      BT''     "'^  ~  1,99 y2  "'^• 

M  ist  das  Molekulargewicht  des  Wasserdampfes  (18),  W  die  latent( 
Wärme  bei  der  Verdampfung,  welche  nach  den  zuverlässigsten  Me!<- 
sungen  für  verdampfendes  Wasser  den  Wert:  G02,7  cal.  bei  O*'  (Diete- 
rici),  579,3  bei  30«  und  573,2  bei  40,2»  (Griffiths)  sowie  536,7  bei  99,9' 
(Regnault)  besitzt,  welcher  für  verdampfendes  Eis  um  die  Schmelzwärmi 
des  Eises,  79,7  cal.  bei  0*^,  75  cal.  bei  —  10*^  C,  zu  vergrössern  ist. 

R  ist  die  Gaskonstante  und  J  das  mechanische  Äquivalent  der 
Wärme. 

Aus  der  genannten  Formel  folgt  durch  Integration: 

2,3025  log^^^  =  ^^-^^^^^-^o 


p,  1,99     V  T,  T, 

Mit  Hilfe  dieser  Formel  kann  man  W  aus  den  Beobachtungsdaten  be- 
rechnen. Dazu  sind  die  Beobachtungen  von  Juhlin  über  den  Dampf- 
druck bei  Temperaturen  unter  0^,  diejenigen  von  Regnault  bei  höheren 
Temperaturen  benutzt.    Wir  erhalten  auf  diese  Weise: 


{  Dampf  über  Eis. 

Temp.     .    .  —  40        —30        —20        —10         0«  C. 

Dampfdruck  0,118        0,312        0,806        1,997        4,60  mm 
W      ...  608  644  666  661  cal. 

Dampf  über  Wasser. 
Temp.     .    .    — 10         0         +10      +20      +30      +40^0. 
Dampfdruck    2,197      4,60        9,16        17,39      31,55       54,91  mm 

TT      ...  .  588        587         586  584        580  cal. 

Temp.     .  . .     +  40        +50        +84        +92       + 100"  C. 
Dampfdruck    54,91        91,98        417,0        611,0        760,0  mm 
W      .    .    .  575  566  553  550  cal. 

Bei  hohen  Temperaturen  (über  etwa  27*^  C.)  findet  man  TF- Werte, 
'  welche  die  direkt  beobachteten  übersteigen  —  bei  100"  C.  um  etwa  2  Proz. 
j  Man   nimmt   deshalb   an,    dass   das  Molekulargewicht    des   gesättigten 
!  Wasserdampfes  etwas  grösser,  und  zwar  bei  100"  um  etwa  2  Proz.  grösser 
als   der   theoretische  Wert  18   ist.    In   der  That  weiss  man,   dass  die 
Dampfdichte  des  Wasserdampfes  etwas  grösser  ist  als  die  theoretische, 
nach  Cahours  bei  107"  C.  3,6  Proz.  in  nahezu  gesättigtem  Dampfe,  was 
darauf  beruht,   dass   einige  Dampf molekeln   die  Formel  H4O2  besitzen. 
Schwieriger  ist   es,   die   entgegengesetzte  Abweichung,   die   bei  0" 
2,5  Proz.  erreicht,   für  Temperaturen   unter   27"  C.   zu   erklären.     Man 
kann  doch  nicht  annehmen,  dass  5  Proz.  der  Wasserdampfmolekeln  bei 
0"  C.  in  Wasserstoff  und  Sauerstoff  zerfallen.    Die  Abweichung  scheint 
auch  nicht  aus  den  möglichen  Beobachtungsfehlern  zu  erklären  zu  sein, 
lonn  man   müsste   dann  Beobachtungsfehler   von  etwa  0,4  mm  voraus- 
•  tzen.    Diese  Abweichung   verdient   die   grösste   Aufmerksamkeit    und 
ine   Neubestimmung   der  Verdampfungswärme  bei   0"  C.  scheint  wün- 
schenswert. 

Auch  die  IT-Werte  unter  Null  scheinen  eine  geringere  Verdam- 
pfungswärme als  die  von  Dieterici  gefundene  zu  verlangen. 

Mit  steigender  Temperatur  steigt  also,  infolge  der  Zunahme  der 
Maximalspannung,  der  Wasserdampfgehalt  der  Luft  rapid.  Die  Luft 
ist  zwar  nicht  gesättigt,  aber  bei  sonst  gleichen  äusseren  Um- 
ständen bleibt  die  sogenannte  relative  Feuchtigkeit,  d.  h.  das  Ver- 
hältnis zwischen  der  thatsächlich  in  der  Luft  befindlichen  Dampf- 
üienge  und  der  in  gesättigter  Luft  enthaltenen,  nahezu  konstant.  Falls 
demnach  die  Temperatur  der  Erde,   die  im  Mittel  15"  C.  beträgt,  aus 


ßj4  Physik  der  Atmosphäre. 

irgend  einem  Grunde  um  1^  C.  steigen  würde,  so  würde  der  Wasser- 
dampf an  der  Erdoberfläche  um  etwa  6,3  Proz.  zunehmen.  In  dem- 
selben Verhältnis  würden  auch  die  Wasserdampfraengen  in  höheren  Luft- 
schichten, wie  wir  unten  sehen  werden,  steigen,  d.  h.  die  ganze  Wasser- 
menge der  Atmosphäre  würde  um  6,3  Prozent  zunehmen. 

Die  Atmosphäre  würde  dadurch  ihre  Wärmeabsorption  erhöhen  und 
weniger  Wärme  würde  zur  Erdoberfläche  gelangen.  Das  Klima  würde 
an  der  Erdoberfläche  mehr  oceanisch  werden.  Die  Wärmeunterschiede 
zwischen  den  höheren  Luftschichten  am  Äquator  einerseits  und  über 
den  Polargebieten  andererseits  würden  steigen,  was  die  Ausgleichung 
der  Temperaturunterschiede  durch  kräftigere  Luftströmungen  befördern 
würde.  Da  die  wärmetransportierende  Fähigkeit  der  Luft  mit  der  Tem- 
peratur stark  zunimmt,  würde  der  Ausgleich  effektiver  sein  wie  jetzt. 
Die  Winde  würden  auch  die  Meeresströme  in  stärkere  Bewegung  setzen. 
Die  Niederschlagsmenge  würde  in  ungefähr  demselben  Verhältnis  zu- 
nehmen wie  der  Wasserdampfgehalt  der  Luft. 

Die  Wirkung  würde  qualitativ  ungefähr  dieselbe,  aber  quantitativ  viel 
bedeutender  sein,  wie  der  oben  besprochene  Effekt  der  Sonnenflecke  auf 
das  Klima  von  Westeuropa.  Ausserdem  würde  ein  kräftiger  Ausgleich 
der  Temperatur  auf  der  Erdoberfläche  zu  stände  kommen.  Ein  solcher 
Zustand  herrscht  wahrscheinlich  jetzt  auf  dem  Mars  (vgl.  S.  189) 
und  herrschte  sicher  in  vielen  früheren  geologischen  Epochen  auf  der 
Erde.  Auf  dem  Mars  kann  er  nicht  dem  Wasserdampf  zugeschrieben 
werden,  man  hat  also  ein  anderes  wärmeabsorbierendes  Gas  in  seiner 
Atmosphäre  (wahrscheinlich  Kohlensäure)  zu  vermuten.  In  den  ver- 
gangenen geologischen  Epochen,  welche  durch  eine  ziemlich  gleichmässig 
über  die  Erdoberfläche  verteilte  Temperatur  gekennzeichnet  waren,  war 
die  mittlere  Temperatur  der  Erde  jedenfalls  bedeutend  höher  wie  jetzt. 
Als  beispielsweise  Korallen  im  Meer  bei  Spitzbergen  gediehen,  muss  die 
Temperatur  daselbst  20*^  überstiegen  haben,  und  die  Temperatur  am 
Äquator  muss  noch  höher  gewesen  sein. 

Es  war  also  damals  der  Wasserdampfgehalt  der  Luft  viel  grösser 
wie  jetzt.  Obwohl  nun  der  Wasserdampf  die  Temperatur  der  Erdober- 
fläche durch  seine  „Glashauswirkung"  (vgl.  S.  171)  erhöht,  so  kann  man 
doch  nicht  die  damalige  hohe  Temperatur  (und  damit  den  hohen  Wasser- 
dampfgehalt der  Luft)  durch  die  grössere  Wasserdampfmenge  allein  er- 
klären. Dies  wäre  ebenso  unrichtig,  wie  die,  übrigens  von  namhaften 
Autoren  vertretene  Ansicht,  dass  der  Hauptgrund  der  niederen  Tem- 
peratur im   Gebirge  Mangel   an  Wasserdampf  in   der  Luft   sei.    Man 


VII.  Das  Wasser  in  der  Atmosphäre.  615 


es   nicht    der  Fall   wäre,    so   würde   vom   Weltmeer   etwas  Wasser 
1  dampfen,   der  neugebildete  Wasserdampf  würde   die  Temperatur  der 
idoberfläche  erhöhen,  es  würde  mehr  Wasserdampf  in  die  Luft  gehen 
ul  so  weiter,  bis  man  so  weit  käme,  dass  das  Klima  dasselbe,  wie 
den  besprochenen  geologischen  Epochen,  z.  B.  in  der  Eozenzeit  wäre. 
isser  giebt  es  immer  genug  im  Meere,  um  die  nötige  Dampfmenge 
•r  Luft  abzugeben.    Man  muss  also  annehmen,  dass  ein  anderer  Faktor 
ir  Erhöhung   der  Temperatur  beitrug  und   die   erste  Wärmezunahme 
■rvorrief.    Dann  konnte  diese  Zunahme  durch  Verdunstung  von  Wasser 
<tärkt  werden. 
Die   starke  Abnahme   des  Wasserdampfes   mit   der  Höhe   ist   auch 
Folge    des   Abhängigkeitsverhältnisses    zwischen  Temperatur    und 
malspannung.    Wie  die  oben  angeführte  Tabelle  (vgl.  S.  586)  zeigt, 
mmt  aber  auch  im  allgemeinen  die  relative  Feuchtigkeit  mit  wach- 
ender Höhe  ab.    Falls  die  Luft  stillstände,  würden  sich  allmählich  alle 
iUftschichten  vom  Meer  mit  Wasserdampf  sättigen.    Die  vertikale  Cir- 
ulation  führt  kalte  wenig  wasserhaltige  Luft  nach  unten,  wobei  sie  sich 
rwärmt  und    die    relative   Feuchtigkeit   sinkt.     Dieser  Effekt    ist  bei 
:leichem  Sinken  der  Luftmasse  stärker  bei  niederer  Temperatur  als  bei 
loher,  wie  aus  der  obigen  Tabelle  aus  der  prozentischen  Zunahme  der 
Jaximalspannung  zwischen  beispielsweise  —  20  und  — 15  auf  der  einen, 
i|-  10  und  +15  auf  der  anderen  Seite,  hervorgeht.    Die  Abnahme  der 
relativen  Feuchtigkeit  in  grösseren  Höhen  kann  so  erklärt  werden,  ohne 
lass  man  eine  Zunahme  der  Cirkulation  mit  der  Höhe  anzunehmen  braucht. 
Jedenfalls  zeigt  diese  Abnahme,  dass  die  Cirkulation  in  vertikaler  Richtung 
»is  zu  den  grössten  erreichten  Höhen  von  ungefähr  derselben  Grössen- 
r.lnung  wie   in   den  unteren  Luftschichten   ist.    Früher  war  man  ge- 
K'igt,  einen  relativen  Stillstand  der  höheren  Luftschichten  anzunehmen. 
Wasserdampf  hat  ein  geringeres  spezifisches  Gewicht  als  Luft  (im 
Verhältnis  18:28,9  =  0,623:1).    Feuchte  Luft  hat   deshalb   geringeres 
spezifisches  Gewicht  als  trockene,  wofür  auch  oben  in  der  Barometer- 
lormel  eine  Korrektion  angebracht  ist.    Der  Unterschied  des  Gewichtes 
i^on  einem  Kubikmeter  trockener  Luft  und  mit  Wasserdampf  gesättigter 
Luft  von  760  mm  Druck  ist  jedoch  gering.    Er  beträgt  bei: 

—  20        —10        0        +10        +20        +30        +40^0. 
0  13  6  11  18  30   g. 

Da  nun   eine  Temperaturerhöhung   von   1*^C.   einer  Abnahme   des  Ge- 
wichtes von  5  g  bei  —  5*^  C.  und  von  4  g  pro  m^  bei  25^  C.  entspricht. 


616 


Physik  der  Atmosphäre. 


SO  sieht  man,  dass  der  Einfluss  der  Wasserdampfaiifnalime  nur  h 
hohen  Temperaturen  mit  demjenigen  einer  Temperaturzunahme  in  Ver 
gleich  kommen  kann. 

Instrumente  zur  Messung  des  Wassergehaltes  der  Luft 
Die  theoretisch  einfachste  und  direkteste  Methode  ist  diejenige,  ein  be 
stimmtes  Volumen  Luft  mit  Hilfe  eines  Aspirators  über  oder  durch  eii 
Absorptionsmittel  für  Feuchtigkeit  (Chlorkalcium  in  Stücken,  Schwefel- 
säure auf  Bimstein-  oder  Glasstücken  oder  am  besten  Phosphorsäurc- 
anhydrid  in  Röhren  eingefüllt)  langsam  streichen  lässt.  Die  Gewichts- 
zunahme des  Absorptionsmittels  giebt  die  in  der  durchgesaugten  Luft- 
menge vorhandene  Wassermenge  an. 

Da  für  gewöhnlich  der  Aspirator  (meist   eine  sogenannte  Mariotte- 
sche Flasche)  mit  Wasser  gefüllt  ist,  muss  man  zwischen  ihm  und  den 

Trockenmittel  enthaltenden  Eöhren  an- 
dere Röhren  mit  Trockenmitteln  ein- 
schalten, damit  kein  Wasserdampf  vom 
Aspirator  zu  den  eigentlichen  Trocken- 
röhren hinüberdiffundiert.  Eine  kleine 
Korrektion  ist  bei  der  Berechnunü 
des  durchgesaugten  Volumens,  wegen 
der  Volumsänderung  der  Luft  bei  ihrer 
Sättigung  mit  Wasserdampf  im  As- 
pirator   anzubringen. 

Diese  Methode  ist  umständlich  und 
verlangt  relativ  grosse  Apparate  und 
eine  gute  Wage,  die  nicht  gut  auf  Ex- 
peditionen mitgeführt  werden  können. 
Dies  vermeidet  eine  andere  chemische 
Methode.    Man  führt  eine  bestimmte 
Menge    der    Luftprobe    in    eine    Pi- 
pette    ein    und    notiert    den    Druck 
des  Wasserdampfes    durch   Schwefel- 
Eine  genauere  Modifikation  dieser 
.     Nachdem    die    Probe    in   ein' 


Fig.  189.    Hygrometer  von  Sonden. 


vor  und  nach  der  Absorption 
säure  (Schwackhöfer,  Edelmann). 
Methode  ist  von  Sonden  angegeben 
Pipette  P  von  bestimmtem  Volumen  eingeführt  ist,  wird  sie  durch  Queck- 
silber in  eine  andere  Pipette  P^  (Fig.  189)  verdrängt,  wo  sie  sich  mit  Wasser- 
dampf über  Wasser  sättigt.  Sie  wird  dann  in  die  erste  Pipette  zurück- 
getrieben und  man  misst  die  Volumszunahme  (in  der  engen  Röhre  a),  die 
erfolgen  muss,  bis  der  Druck  den  ursprünglichen  Wert  annimmt.   Die  Un- 


VII.  Dfis  Wasser  in  der  Atmosphäre. 


617 


r 

f!|vmnderlichkeit  des  Druckes  wird  mit  grosser  Schärfe  von  einem  soge- 
Inannten  Kompensator  K  angegeben.  Dieser  besteht  aus  einer  konstanten 
Lüftmasse,  die  durch  einen  Ölindex  0  von  der  ersten  Pipette  getrennt 
jist  Die  geringste  Veränderung  des  Druckes  bringt  eine  Verschiebung 
^'^s  Index  mit  sich.  Hähne  erlauben  die  verschiedenen  Teile  des  Appa- 
los  voneinander  abzuschliessen.  K,  P  und  Pj  liegen  in  einem  Was- 
-trbad. 

Dasselbe  Prinzip  kann  für  die  Bestimmung  des  Sauerstoffs  oder  der 
(vohlpiisäure   in  der  Luft  benutzt  werden.     Man  verwendet   dabei   Ab- 


der 


Fig.  190. 
betreffenden   Substanzen 


(Pyrogallol    bezw.    Kali- 


tionsmittel 

e). 

Die  Luftproben  können  in  evacuierte  Köhren  von  beistehender  Form 

.  190)  genommen  werden.  Durch  Abbrechen  der  Spitze  b  wird 
lie  Röhre  mit  Luft  von  dem  zu  untersuchenden  Orte 
gefüllt,  wonach  die  Röhre  wieder  bei  b  mit  Hilfe  einer 
Stichflamme  geschlossen  wird.  Von  der  Luftprobe,  von 
etwa  200  cc  Volumen,  nimmt  man  einen  Teil  zur  Be- 
stimmung des  Wasserdampfes,  einen  zweiten  zur  Er- 
mittelung der  Kohlensäure  u.  s.  w. 

Die  einfachste  Methode  zur  Bestimmung  desWasser- 
dampfgehaltes  der  Luft  ist  die  Beobachtung  des  Haar- 
hygrometers von  Saussure  (Fig.  191).  Ein  (am  besten 
blondes)  langes  Menschenhaar,  c,  wird  mit  Sodalösung  ent- 
fettet und  an  einem  Ende,  d,  eingespannt.  Das  andere 
Ende,  das  mit  einem  Spanngewicht,  p,  versehen  ist,  wird 
um  eine  rauhe  Achse,  o,  auf  der  senkrecht  ein  Zeiger 
sitzt,  geschlungen.  Bei  Zunahme  der  relativen  Feuchtig- 
keit absorbiert  das  Haar  Wasser  und  verlängert  sich. 
Die  Verlängerung  wird  auf  einer  Skala  abgelesen,  über 
•welcher  das  Ende  des  Zeigers  spielt.  Die  Graduierung 
des  Hygrometers  geschieht  empirisch  mit  Hilfe  von 
Lösungen,  die  einen  bestimmten  relativen  Dampfdruck  zeigen  und  mit 
Ionen  das  Instrument  in  einem  dichten  Kasten  eingeschlossen  wird. 
Wasserfreie  Schwefelsäure  wird  zur  Bestimmung  des  Nullpunktes,  reines 
^\'asser  zur  Bestimmung  des  Hundertpunktes  benutzt).    Das  Haarhygro- 


Fig.  191.    Haar- 

hygrometer  von 

Saussure. 


618 


Physik  der  Atmosphäre. 


meter    wird   zur  Konstruktion   von    selbstregistrierenden  Instrumente. 

Hygrographen,  benutzt.    Es  empfiehlt   sich,   dieselben  hin  und  wied^ 

zu  kontrollieren. 

Eine   andere  Methode   ist   die  Bestimmung   des  Thaupunktes,    dt 

Temperatur,  bei   der   die  Luft  gerade   mit  Wasserdampf  gesättigt  is 

(Kondensationshygrometer    von    Daniell,    Verbesserungen     sind    vo 
Regnault  und  Crova  angegeben.)    Man  kühl 
ein  blankes,  mit  Gold,  Silber  oder  Nickel  über 
zogenes,  am  besten  metallenes,  Gefäss,  das  eiii^ 
leicht  verdampfende  Flüssigkeit,  wie  Äther,  ent 
hält,  in  der  Weise  ab,  dass  man  die  Flüssigkfi 
allmählich  verdampfen  lässt.     Am   einfachste 
geschieht   dies   durch  Durchsaugen   eines  Luft- 
stromes.   (Daniell  liess  die  Flüssigkeit  in  eiü 
damit  luftdicht  verbundenes  ziemlich  luftleere-^ 
Gefäss,  das  abgekühlt  wurde,  hinüberdestillieren 
Wenn  das  Gefäss  genügend  abgekühlt  ist,  fällti 
Wasserdampf   aus   der  umgebenden  Luft    aus.' 
Die  blanke  Oberfläche  überzieht  sich  mit  einem 
matten  Anflug.    Die  Temperatur  wird    notiert. 
Man  lässt  das  Gefäss   sich  langsam  erwärmen, 
indem    man   den  Luftstrom    abstellt,    und   be- 
obachtet   die    Temperatur    beim  Verschwinden 
des    matten    Thauüberzugs.      Der    Mittelwert 
der   beiden  Temperaturen    ist    der  Thaupunkt. 
Bei   dem   Cro vaschen  Hygrometer   saugt  man 
die  zu  untersuchende  Luft  durch  ein  inwendig 
blankes  Rohr,  das  mit  Glasplatten,  durch  welche 
man   die  Thaubildung  beobachtet,  verschlossen 
Und  von  der  abdampfenden  Flüssigkeit  in  einem 

äusseren  Rohr  umgeben  ist.  Man  erhält  auf  diese  Weise  die  genauesten 

Resultate. 

Die  Luft  enthält   so  viel  Wasserdampf,  wie   der  Maximalspannung 

beim  Thaupunkt  entspricht. 

Das   gebräuchlichste   Instrument  zur  Feuchtigkeitsbestimmung  ist 

das  Psychrometer  von  August  (Fig.  192). 

Befeuchtet  man  die  Kugel  eines  Thermometers,  B,  was  gewöhnlich  in 

der  Weise  geschieht,  dass  man  sie  mit  einem  Musselinstück,  Z>,  umwickelt, 

das  in  Wasser,  in  C,  herunterhängt,  so  sinkt  ihre  Temperatur  im  allgemeinen 


Fig.  192.    Augusts 
Psychrometer. 


VII.  Das  Wasser  in  der  Atmosphäre.  619 

uiter  die  Lufttemperatur.    Dies  beruht  darauf,  dass  das  Wasser  in  die 

imgebende    nicht    gesättigte    Luft    verdunstet,    wodurch  Wärme   ver- 

uicht  wird.    Diese  Verdunstung   ist  pro  Zeiteinheit  dem  Sättigungs- 

lizit  (E—c)  direkt  und  dem  Luftdruck,  b  mm,  umgekehrt  proportional 

ererseits   ist   die  Temperatursenkung,   d.  h.  die  Temperaturdifferenz 

Tj )  des  trocknen,  A,  und  des  feuchten  Thermometers,  B,  annähernd  der 

nhinstungsgeschwindigkeit  proportional.    Diesem  Verhalten  entspricht 

Formel: 

e  =  E  —  Ah  {x  —  Tx). 


li 


ile  Windgeschwindigkeit  macht  sich  in  dieser  Formel  nicht  geltend, 
vil  in  erster  Annäherung  die  Abkühlung  zufolge  der  Verdampfung 
urch  die  Wärmezufuhr,  welche  in  nahezu  derselben  Weise  wie  die 
erdunstungswärme  mit  der  Windgeschwindigkeit  zunimmt,  kompensiert 
ird.    Für  die  Konstante  A  hat  Sprung   den  Wert  0,00067  gefunden. 

Hnsson  fand  experimentell  die  Formel: 
e  =  E  (0,974  +  0,000442  t^)  —  0,000596  (r  —  tJ  h. 

^''onn  das  feuchte  Thermometer  mit  Eis  bedeckt  ist,  also  unter  0^,  ist 
H'  Konstante  0,000596  durch  0,000526  zu  ersetzen.  Diese  Konstante 
•i  der  0,67  Potenz  aus  der  inneren  Reibung  des  umgebenden  Gases 
111  gekehrt  proportional. 

Die  Psychrom eterformeln  gelten  zufolge  der  Wärmestrahlung  nicht 

ir  stillstehende  Luft.    Die  Konstante  A  nimmt   dann   grössere  Werte 

n.    Bei  steigender  Windgeschwindigkeit  sinkt  sie  allmählich,  erst  ziem- 

h  rasch,   dann  langsamer.    Deshalb   verwendet   man  bei   genaueren 

lessungen  das  ventilierte  Psychrometer  von  Belli  oder  Assmann,  in 

■^Ichera  ein  Luftstrom  von  konstanter  Geschwindigkeit  durch  ein  Uhr- 

rk,  das  einen  Centrifugalaspirator  treibt,  an  der  trockenen  und  der 

-en  Thermometerkugel  vorüber  gesaugt  wird. 

Unter  0^  giebt  das  Psychrometer  unzuverlässige  Resultate.  Bei 
iiior  Temperatursenkung  kann  das  Wasser  überkühlt  werden  und  beim 
aehher  eintretenden  Gefrieren  die  Temperatur  des  nassen  Thermometers 
her  diejenige  des  trockenen  steigen.  Die  Luft  kann  dabei  ausserdem 
lit  Wasserdampf  (in  Bezug  auf  Eis)  übersättigt  sein,  sodass  eine  Konden- 
ition  des  Wasserdampfes  anstatt  der  vorausgesetzten  Verdunstung  ein- 
litt.  Dabei  steht  ebenfalls  das  feuchte  Thermometer  höher  als  das 
i'ockne,  man  beobachtet  eine  „negative  Psychrometerdifferenz". 

In  solchen  Fällen  verwendet  man  mit  Vorliebe  das  Haarhygro- 
ii'ter. 


g20  Physik  der  Athmosphäre. 

Wasserdampf  giebt   einige  Absorptionsbänder,   welche  demnach 
den  „atmosphärischen  Linien"  (vgl.  S.  23  und  505j  gehören.    Nach  der  Star 
dieser  „Eegenbänder"  kann  man  die  Menge  des  Wasserdampfes  in  d 
Luft  beurteilen. 

Verdunstung  des  Wassers.  Ist  die  Luft  nicht  mit  Feuchtigkt 
gesättigt,  d.  h.  erreicht  der  Partialdruck  des  Wasserdampfes  in  der  Lu 
nicht  den  Maximaldruck  des  Wasserdampfes  bei  derselben  Temperati 
so  giebt  eine  freie  Wasserfläche  der  Luft  Wasser  ab.  Die  Geschwii 
digkeit,  mit  welcher  die  Abdunstung  vor  sich  geht,  ist  unter  übrigei 
gleichen  Umständen  proportional  dem  sogenannten  Sättigungsdefizit,  d. 
der  Quantität  Wasserdampf,  welche  bis  zur  Sättigung  von  der  Luft  au 
genommen  werden  kann.  Ausserdem  übt  die  Geschwindigkeit  des  Wir 
des,  wie  leicht  verständlich,  einen  sehr  grossen  Einfluss  auf  die  Vej 
dampfungsgeschwindigkeit  aus. 

Die  Verdunstungsgeschwindigkeit  ist  proportional  der  Geschwifl 
digkeit,  mit  welcher  der  verdunstete  Wasserdampf  weggeführt  wir* 
Bei  stillstehender  Luft  geschieht  dies  durch  Diffusion,  deren  Stärk 
umgekehrt  proportional  ist  der  Anzahl  von  Luftmolekeln  in  der  Um 
gebung,  d.  h.  dem  Druck,  dividiert  durch  die  Temperatur.  (Einfache 
wäre  die  Abdunstungsgeschwindigkeit  proportional  dem  Volumen  V  zi 
setzen,  in  welchem  eine  Grammolekel  Luft  verbreitet  ist;  dies  ist  al' 
nicht  üblich,  weil  man  Druck  und  Temperatur,  und  nicht  dieses  Vo| 
lumen,  direkt  beobachtet.)  1 

Auch  wenn  der  Wind  über  die  verdunstende  Oberfläche  weht,  bleibj 
die  Wirkung  der  Diffusion  daneben  bestehen. 

Die  Diffusionsgeschwindigkeit  (F)  entspricht  folgernder  Formel: 

worin  K  eine  Konstante,  T  die  absolute  Temperatur,  {E — e)  das  Sät- 
tigungsdetizit,  W  die  Windgeschwindigkeit  und  B  den  Luftdruck  dar- 
stellen. 

Da  der  meiste  Wasserdampf  an  der  Meeresoberfläche  gebildet  wird, 
hat  die  Verdunstung  von  Salzwasser  viel  Aufmerksamkeit  auf  sich 
gezogen  und  viele  Untersuchungen  sind  über  diesen  Gegenstand  aus- 
geführt worden. 

Das  Meerwasser  hat  (vgl.  S.  359)  einen  mittleren  Salzgehalt  von 
3,4  Proz.,  einer  Gefriertemperatur  von  2,2  ^  C,  oder  einer  Dampfdruck- 
erniedrigung von  2,1  oder  rund  2  Proz.  entsprechend.  Das  Sättigungs- 
defizit über   dem  Meere   ist   deshalb   um   2  Proz.   des   Maximaldruckes 


I 


VII.  Das  Wasser  in  der  Atmosphäre.  621 

i  der  gegebenen  Temperatur  niedriger  als  dasjenige  über  Süsswasser. 
;ri  der  Verdunstung  von  Meereswasser  hat  man  mit  diesem  Sättigungs- 
rtzit,  im  übrigen  aber  wie  bei  der  Verdunstung  von  Süsswasser,  zu 
hnen.  Ähnliche  Bemerkungen  gelten  für  die  Verdunstung  von  salz- 
cütigen  Binnenseen,  die  bei  hohem  Salzgehalt  sehr  wenig  abdampfen, 
[an  kann  demnach  keine  konstante  Zahl  für  das  Verhältnis  der  Ver- 
nnstungsgesch windigkeit  über  Meeres-  und  Seewasser  finden,  wonach 
lan  auch  vergeblich  gesucht  hat. 

Die  jährlich  in  den  Tropen  verdunstende  Wassermenge  wird  von 
(aughton  auf  216  cm  geschätzt.  Zu  ähnlichen  ZiflFern  ist  man  für  die 
•  rdunstung  von  Süsswasserteichen  in  Indien  (232  cm  bei  Madras, 
."»9  cm  bei  Bombay)  gelangt. 

Betreffs    des   Windes    sollte    man   auf  den   ersten   Blick   glauben, 
;iss  die  von  einer  kleinen  Fläche,  z.  B.  einer  Psychrometerdute,  ver- 
iunstende   Menge   der  vorbeistreichenden  Luftmenge,   d.  h.  der  Wind- 
ei hwindigkeit  proportional  wäre.   Die  Tiefe,  bis  zu  welcher  Wasserdampf 
u    die    vorbeiziehenden   Luftschichten    dringt,    ist    aber   der   Quadrat- 
vurzel  aus  der  Berührungszeit   mit  der  Wasserfläche  proportional,   mit 
linderen  Worten,  der  Quadratwurzel  aus  der  Windgeschwindigkeit  um-. 
I  gekehrt  proportional.    Die  totale  abgeführte  Wassermenge  in  einer  be- 
stimmten Zeit  ist   demnach  nur   der  Quadratwurzel   aus   der  Windge- 
(  hwindigkeit  proportional.  Die  Richtigkeit  dieses  Satzes  haben  De  Heen, 
j^chierbeck  und  Svensson  experimentell  konstatiert. 

Die  Verdunstung  über  einer  kreisförmigen  Fläche,  über  welche 
lir  Wind  streicht,  sollte  demnach  teils  proportional  ihrem  Durch- 
!;nesser  (der  Breite  der  berührenden  Windschicht),  teils  der  Quadrat- 
jffurzel  aus  dem  Durchmesser  (aus  der  Berührungszeit)  bei  konstanter 
Windgeschwindigkeit,  d.  h.  proportional  der  0,75.  Potenz  der  Oberfläche 
-i'in.  Stefan  hat  aus  den  Diftusionsgesetzen  abgeleitet,  dass  die  in 
stillstehende  Luft  verdampfende  Flüssigkeitsmenge  bei  gleichgeformten 
Flächen  dem  Umfang  der  Flächen  proportional  ist.  In  der  That  hat 
man  gefunden,  dass  kleine  Flächen  schneller  pro  cm^  verdampfen  als 
-iinsse,  der  Unterschied  ist  jedoch  nicht  so  gross,  wie  die  oben  abge- 
leiteten Beziehungen  verlangen.  Dies  rührt  daher,  dass  nicht  nur  hori- 
zontale, sondern  auch  vertikale  Luftströmungen  (durch  den  Temperatur- 
unterschied der  abdunstenden  Fläche  und  der  Luft)  ins  Spiel  kommen. 
Wären  diese  allein  vorhanden,  so  wäre  die  Abdunstung  pro  cm"^ 
bei  grossen  und  kleinen  Flächen  gleich.  Je  grösser  die  Fläche,  um 
so   grössere  Bedeutung    haben    die    vertikalen   Luftströmungen   gegen- 


g22  Physik  der  Atmosphäre. 

über  den  horizontalen.    Für  das  Meer  gilt  ohne  Zweifel,  dass  die  Vc 
dunstung  der  Oberfläche  proportional  ist. 

Um  die  Verdunstungsmenge  zu  messen,  verwendet  man  besondf 
Instrumente,  Verdunstungsmesser  oder  Atmometer.    Die  einfachste  ui 
gewöhnlichste  Vorrichtung  ist  eine  flache  Schale  mit  niedrigem  Eand,  i 
welche  man  eine  abgemessene  Menge  Wasser  nahezu  bis  zum  Kand  gies« 
Nach   einer  bestimmten  Zeit  wird   die   zurückgebliebene  Wassermeii: 
gemessen,  woraus  man  leicht  die  pro  Oberflächeneinheit  und  Zeiteinh« 
abgedunstete  Wassermenge  berechnen  kann.   Natürlich  muss  das  Instni 
ment  vor  Niederschlag  geschützt  sein.  ! 

Häufig  stellt   man  ein   mit  Wasser   gefülltes   graduiertes  Kohr  i 
das  Atmometer  hinein,  sodass  die  Öffnung  des  Kohres  dicht  unter  d( 
Oberfläche  liegt.    Der  obere  Teil  des  Kohres  ist  geschlossen.     Dadurcl 
wird  das  Niveau  konstant  gehalten,   weil   ebensoviel  Wasser  aus  dei: 
Rohr  ausfliesst,  wie  vom  Atmometer  verdunstet.    Man  kann   die  abg(  • 
dunstete  Menge  an  der  Graduierung  ablesen.     . 

Auf  diese  Weise   hat  man   für  verschiedene  Stationen  die  Wassci- 
höhe  bestimmt,  Avelche  daselbst  im  Laufe  eines  Jahres  verdunsten  würd- 
Dieselbe   ist  um  so  grösser,  je   trockener  und  wärmer   das  Klima  ist. 
Sie  übertrifft  für  gewöhnlich  die  Höhe  der  jährlichen  Niederschlags- 
menge.   In  höheren  Breitegraden,  an  Orten,  welche  nahe  am  Meere  mit! 
seinen  warmen  Strömungen  liegen,  trifft  dies  nicht  mehr  zu.    Dies  isti 
eine  Bedingung  dafür,  dass  Vergletscherung  eintreten  kann.  Einige  Zifferni 
betreffs  der  jährlichen  Verdunstung  mögen  angeführt  werden.   Sie  beträgt! 
in  Bourgogne  57,  in  Bayern  60,  in  London  38,  m  St.  Petersburg  30,  in  | 
Astrachan  74,  in  Akmolinsk,  Sibirien  (51,2°  n.  Br.,  71,4*'  ö.  L.)  104,  in! 
Peking   97,   in  Petro-Alexandrowsk   (41,4«  n.  Br.,   61,2«  ö.  L.)  232,  inj 
Alice  Springs  (Innere  Südaustraliens)  258,  in  Kimberley  (Innere  Süd-  ' 
afrikas)  247  cm.    Die  drei  letzten  Werte  sind  ungewöhnlich  hoch. 

Die  Daten  für  die  Verdunstung  fallen  sehr  verschieden  aus,  je  nach 
der  Aufstellung  der  Atmometer.  So  z.  B.  zeigte  zu  Nukuss  vom  Mai 
bis  Sept.  1875  ein  Atmometer  im  Thermometergehäuse  145  cm,  ein  im 
Flusse  aufgestelltes,  obgleich  es  von  der  Sonne  beschienen  wurde,  nur 
96  cm  an.    Die  mittleren  Temperaturen  waren  22,6"^  bezw.  21,6^  C. 

Bisweilen  beobachtet  man  sogenannte  negative  Verdunstung,  z.  B. 
auf  Spitzbergen  im  Winter.  Dufour  und  Forel  hingen  am  Rhone- 
gletscher 1810  m  ti.  d.  M.  Eisstücke  aus.  Durch  Wägung  konstatierten 
sie,  dass,  wenn  der  Taupunkt  über  0*^  C.  lag,  Wasserdampf  sich  auf  den 
Eisstücken  kondensierte  (0,24  cm  pro  Tag  beim  Taupunkt  2^  C.) 


■ 


VII.  Das  Wasser  in  der  Atmosphäre.  623 


Es  sind  nicht  nur  Meer,  Flüsse,  Sümpfe  und  Seen,  welche  zu 
jüeser  Feuchtigkeit  beitragen,  sondern  auch  das  Festland,  welches,  wo  es 
'licht  aus  unverwittertem  Stein  besteht,  immer  mehr  oder  weniger  Wasser 
nthiüt.  Am  meisten  gilt  dies  für  die  humushaltige  Erde,  sodann  auch  für 
Chon-,  Lehm-  und  Lettenarten,  und  auch  der  Sandboden  hält  einen 
riiten  Teil  Wasser  in  den  Poren  zwischen  den  Mineralbestandteilen  zurück. 

Wenn  nun  in  der  Luft  keine  Abfuhr  von  Feuchtigkeit  durch  ver- 
ikale  Luftströmungen  stattfände,  so  würde  diese  Abdunstung  dazu 
führen,  dass  die  Luft  sich  mit  Feuchtigkeit  sättigte.  Eine  Aus- 
'^hrae  würde  das  Meer  wegen  seines  Salzgehaltes  machen.  Die  relative 
uchtigkeit  über  dem  Meere  erreicht  jedoch  nicht  98  Proz.,  wie  man 
lach  dem  oben  gesagten  (S.  620)  vermuten  könnte,  sondern  am  Äquator 

Ietwa  80—84  Proz.,  näher  den  Polen  etwa  90—96  Proz. 
Die  Verdunstung  hat  einen  sehr  scharf  ausgeprägten  täglichen  und 
liehen  Gang,  welcher  hauptsächlich  von  der  Temperatur,  aber  auch 
»ugicich  in  geringerem  Grade   von   der  Windstärke  und   der  relativen 
Feuchtigkeit  abhängt.    Bei  einer  Zunahme  der  Temperatur  steigt  näm- 
ich  nicht  nur   die  Maximalspannung   des  Wasserdampfes,   sondern  im 
allgemeinen  sinkt  auch  die  relative  Feuchtigkeit,  sodass  das  Sättigungs-- 
llefizit  schneller  als  proportional  dem  Maximaldampfdruck  zunimmt.   (Die 
/junahme  des  Maximaldruckes  geschieht  ziemlich  im  Verhältnis  1:2  bei 
iner  Temperaturzunahme  von  10^  C.)   Die  Abnahme  der  Luftdichte  und 
Zunahme  der  absoluten  Temperatur  mögen  auch  etwas  beitragen.  Die  täg- 
liche Veränderlichkeit  der  Verdunstung  hat  deshalb  scharfe  Extremwerte 
gleichzeitig  mit  der  Temperatur,  wie   folgende  Zahlen  für  Kairo  zeigen 
Verdunstung  pro  Stunde  in  mm).    1)  November— Januar.   2)  Mai— Juli. 
Zeit  Mittn.    2         4         6        8        10    Mittg.     2        4         6         8        10    Mittel 

1)  1,31    1,10    0,77    0,65    1,50    3,16    4,45    4,76   3,95    2,83    1,88    1,36    2,31 
Temp.  13,0    12,0    11,5    10,8    12,9    15,9    20,1    21,1    20,5    17,2    15,0    13,2    15,28 

2)  3,00    1,51   0,91    1,75    4,39    7,19  11,88  13,87 13,47  11,18    7,09    5,19    6,96 
Teinp.  21,4    19,3  18,8    20,3    23,9    28,4    32,2    34,0    33,4    30,9    27,6    24,3    26,21 

Der  jährliche  Gang  ist  ähnlich,   wie   die   folgenden   Daten  zeigen 

1    St.  Petersburg,  2)  Tiflis,  3)  Taschkent,  4)  Kiew,  5)  Bamaul  (53,20'^ 

n.  Br.,  83«  47'  E.v.Gr.),  6)  Nertschinsk  (51«  19'  n.  Br.,  119»  37'  E.  v.  Gr.). 

Seehöhe  Jan.  Feb.  März  April  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.    Jahr 


h 

6m 

4 

5 

10 

24 

44 

63    63 

46 

31 

18 

8 

4    320  mm 

2) 

409 

16 

17 

38 

44 

51 

71     90 

84 

54 

34 

20 

18    537  mm 

490 

29 

39 

87 

97 

146 

198  215 

201 

139 

88 

57 

43  1339  mm 

183 

7 

8 

20 

45 

82 

71     86 

70 

51 

24 

10 

7    481  mm 

3) 

146 

3 

4 

13 

40 

95 

106  106 

84 

63 

39 

9 

3    565  mm 

6) 

657 

0 

1 

11 

39 

8a 

78     79 

55 

46 

25 

4 

0    420  mm 

(}24  Physik  der  Atmosphäre. 

Bisweilen  fällt  die  stärkste  Verdunstung  nicht  in  den  heissesten  Monai 
(wegen  des  Einflusses  der  Windstärke  und  der  relativen  Feuchtigkeit 
So  z.  B.  trifft  das  Maximum  der  Verdunstung  zu  Kairo  im  Mai  (17  cm 
und  Juni  (17,5  cm),  das  Minimum  im  Dezember  (5,3  cm)  ein,  obgleici 
Juli  der  heisseste  und  Januar  der  kälteste  Monat  ist.  Wegen  des  Ein- 
flusses der  relativen  Feuchtigkeit  ist  ferner  die  Verdunstung  grössii 
im  Frühling  als  im  Herbst  (bei  gleicher  Temperatur). 

Die  Änderung  des  Wasserdampfgehaltes  mit  der  Höhe. 
Wenn  sich  der  Wasserdampf  in  der  Luft  nicht  kondensierte,  so  könnti 
man  die  dritte  Formel  auf  S.  592  zur  Berechnung  seiner  Abnahmt 
nach  oben  verwenden.  Danach  würde  die  Abnahme  der  Wasserdampf- 
menge  mit  zunehmender  Höhe  im  Verhältnis  0,623 : 1  langsamer  wi 
diejenige  der  Luftmenge  erfolgen. 

Die  Erfahrung  lehrt  nun,  dass  das  Umgekehrte  zutrifft,  dass  de. 
Wasserdampfgehalt  äusserst  schnell  nach  oben  abnimmt;  eine  Foli; 
der  starken  Temperaturabnahme  mit  steigender  Höhe. 

Es  liegt  dann  nahe,  zu  versuchen,  ob  nicht  die  Beobachtungsdaten 
sich  durch  eine  ähnliche  Formel  darstellen  lassen,  wie  diejenige,  welche 
für  die  Abnahme  des  Luftdruckes  nach  oben  gilt.  Hann  zeigte,  das- 
dies  wirklich  der  Fall  ist,  indem  der  Dampfdruck  ch  in  der  Höhe  // 
durch  den  Ausdruck  dargestellt  werden  kann: 

eÄ  =  eo  10    6,3' 

wo  Co  den  Dampfdruck  an  der  unteren  Station  und  h  den  Höhenunter- 
schied in  km  bedeutet. 

Diese  Formel  giebt  die  Verhältnisse  im  Gebirge  mit  grosser  An- 
näherung wieder;  sie  beruht  offenbar  darauf,  dass  die  Temperatur  nahezu 
proportional  der  Höhe  abnimmt  und  dass  der  Dampfdruck  nahezu  einer 
Exponentialfunktion  der  Temperatur  folgt  (vgl.  S.  612). 

Für  die  Abnahme  des  Dampfdruckes  mit  der  Höhe  in  freier  Luft 
(bei  Ballonfahrten)  hat  man  gefunden,  dass  sie  noch  rapider  vor  sich 
geht.    Süring  hat  für  diese  Abnahme  die  Formel  aufgestellt: 


eh  =  eo  10 


-  U  +  '-) 

6  \       '20/ 


Die  prozentische  Abnahme,  die  für  geringe  Höhen  {h  =  0)  sehr  nahe 
derjenigen  im  Gebirge  gleich  ist,  nimmt  mit  der  Höhe  stark  zu.  Dies 
muss  in   der  That   so   sein.    Denn  in   grösseren  Höhen  ist   der  Tem- 


i 


¥ 


VlI.  Das  Wasser  in  der  Atmosphäre.  ß25 


laturfall  nach  oben  viel  grösser  als  in  den  unteren  Luftschichten. 
Ausserdem  wirkt  dieselbe  Temperaturabnahme  bei  niederen  Tempera- 
turen (in  grösserer  Höhe)  prozentisch  stärker  erniedrigend  auf  den  Dampf- 
druck als  bei  höheren  Temperaturen,  nahe  der  Erdoberfläche. 

Es  ist  jedoch  wahrscheinlich,  dass  die  Ballonfahrten,  die  hauptsäch- 
h  bei  anticyklonaler  Luft  Verteilung  angestellt  sind,  eine  raschere  Ab- 
nahme   ergeben   haben   als    diejenige,    welche   mittleren  Verhältnissen 
entspricht.    Dasselbe   gilt   natürlich  für   die   bei   diesen   Fahrten  beob- 
litete  relative  Feuchtigkeit  (vgl.  S.  586). 

Drachenbeobachtungen  aus  Amerika,  die  bei  gutem  windigen  Wetter 
angestellt  sind,  geben  eine  relative  Feuchtigkeit  von  65  Proz.  zwischen 
450  und  1200  m  Höhe,  von  58  Proz.  in  1500—1800  m  und  51  Proz.  in 
2100  m  Höhe.  Diese  Beobachtungen  entsprechen  ebenfalls  nicht  mitt- 
leren atmosphärischen  Verhältnissen.  Indessen  ist,  wie  gesagt,  eine  ge- 
ringe Abnahme  der  relativen  Feuchtigkeit  mit  steigender  Höhe  aus 
^theoretischen  Gründen  wahrscheinlich. 

Für  verschiedene  Rechnungen  ist  es  bequem,  die  Dampfmenge 
Binzuführen,  welche  in  der  Luftsäule  über  einer  gegebenen  Fläche, 
?.  B.  1  cm2  der  Erdoberfläche  befindlich  ist.  Zu  diesem  Zweck  müssen 
wh  anstatt  mit  dem  Dampfdruck  mit  der  Dampfmenge  rechnen. 
Diese  nimmt  nach  oben  etwas  langsamer  als  der  Druck  ab.  Während 
aämlich  der  Dampfdruck  in  6300  m  Höhe  ein  Zehntel  von  dem- 
jenigen an  der  Meeresoberfläche  erreicht,  ist  im  Gebirge  (6300  m) 
lie  Temperatur  um  38^  niedriger,  folglich  —  28°  C,  wenn  sie  an  der 
Meeresoberfläche  + 10*^  C.  beträgt.  Erhöht  man  die  Temperatur  des 
Wasserdampfes  von  —  28*^  C.  auf  +  10*^  C,  so  nimmt  der  Druck  im 
^^erhältnis  t  :  1,155  zu.  Folglich  nimmt  die  Wasserdampfmenge  in 
.;!00  m  Höhe  nur  im  Verhältnis  10:1,155  =  8,66  ab.  Für  eine  Ab- 
iahme im  Verhältnis  1 :  10  ist  demnach  eine  Höhenzunahme  von  6720  m 
U'üg.  Die  totale  Menge  M  über  1  m^  Fläche,  wenn  im  untersten  m^ 
'  1^  Wasserdampf  befindlich  sind,  wird  also: 


-f 


M=  I      n  •  10  dh^n  •  «-öä^v  =  2917  n. 


Mit  anderen  Worten,  die  Höhe  der  homogenen  Wasserdampfatmosphäre 
trägt  2917  m,   falls   die  Abnahme   der  Feuchtigkeit   dieselbe  wie   im 
■  1  birge  ist. 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  40 


626  Physik  der  Atmosphäre. 

Wenn  also  die  Luft  an  der  Erdoberfläche  bei  10^  C.  zu  80  Proz. 
gesättigt  ist,  d.  h.  7,47  g  Wasser  pro  m^  hält,  so  ist  der  Totalgehalt  an 
Wasser  über  1  m^  Erdoberfläche  21790  g. 

In  der  freien  Atmosphäre  ist  die  Abnahme  des  Wasserdampfes  nach 
oben   wohl   etwas   grösser,   folglich   die  Höhe   der  homogenen  Wasser- 
dampfatmosphäre geringer,  nach  den  Ballonfahrten  wäre  sie  etwa  2200  m.i 
Demnach  betrüge   in   dem  genannten  Falle   die  Wassermenge   in   der' 
Luft  über  1  m^  nur  16,5  kg  (vgl.  Tab.  S.  586).    Man  ersieht  jedenfall 
aus  diesem  Beispiele,  wie  mächtige  Kegenschauer   durch   eine  Konden- 
sation der  ganzen  Wassermenge   in   der  Atmosphäre  entstehen  können. 
Im  genannten  Falle  würde   die  Niederschlagsmenge   eine  Höhe  von  17 
bis  22  mm  erreichen. 

Diese  Berechnungen  gelten  natürlich  nur  für  mittlere  Verhältnisse. 

Welch  ein  geringer  Teil  der  Atmosphäre  die  Wasserdampfmengen 
sind,  ersieht  man  daraus,  dass  im  erwähnten  Beispiel  das  Gewicht 
des  Wasserdampfes  nur  1,2 — 1,5  mm  Quecksilberdruck  entspricht.  Bei 
mittleren  atmosphärischen  Verhältnissen  entspricht  für  die  ganze  Erde 
der  Wasserdampf  etwa  2,14  mm  Quecksilber,  macht  also  nur  etwa 
0,28  Gew.-Proz.  der  ganzen  Luftmenge  aus  (etwa  das  6  fache  der  Kohlen- 
säuremenge, aber  nur  ein  Viertel  der  Argonmenge  in  der  Luft,  vgl.  S.  475). 

Folgende  Tabelle  giebt  die  Beziehung  zwischen  Dampfdruck  und 
Höhe,  wobei  der  Dampfdruck  an  der  Erdoberfläche  gleich  1  gesetzt  ist: 

Höhe     ...1234567        8         9        10  km 
Im  Gebirge   .    0,7     0,49  0,35  0,24  0,17  0,12  0,08  0,06   (0,04)  (0,03) 
In  freier  Luft    0,66  0,43  0,27  0,16  0,09  0,05  0,03  0,014  0,007  0,003. 

Die  jährliche  Schwankung  der  Feuchtigkeit.  Auf  dem 
Meere,  wo  genug  Wasser  vorhanden  ist,  um  die  Luft  zu  sättigen,  er- 
reicht die  Feuchtigkeit  im  allgemeinen  etwa  80  —  85  Proz.  Sie  ist  im 
ganzen  Jahre  nahezu  unverändert.  Sie  würde  ohne  Zweifel  98  Proz. 
(dem  Sättigungsgrade  über  Meereswasser  von  3,5  Proz.  Gehalt  ent- 
sprechend) erreichen,  wenn  nicht  vertikale  Luftströmungen  oder  Winde 
vom  Lande  das  Gleichgewicht  stark  störten. 

Auf  dem  Kontinente  dagegen  reicht  das  Wasser  zur  Erhaltung  der 
relativen  Feuchtigkeit  bei  Temperatursteigungen  keineswegs  aus.  Die 
kälteren  Monate,  besonders  wenn  der  Boden  schneebedeckt  ist,  fallen 
relativ  feucht  aus,  die  wärmsten  dagegen  sind  trocken.  Als  Beispiele 
mögen  Barnaul,  —  relative  Feuchtigkeit  im  Januar  81  Proz.,  im  Mai 
57  Proz.  —  Sultan  Bend  (37,0"  n.  Br.,  62,4  •>  ö.  L.  v.  Gr.)  —  Januar  73, 


r 


VII.  Das  Wasser  in  der  Atmosphäre.  ß27 


Juli  24  Proz.  —  und  Alice  Springs  in  Central-Australien  —  Juni  (Winter) 

'9  Proz.  Okt. — Nov.  (Frühling)  32  Proz.  —  angeführt  werden  (vgl.  unten 

lie  Daten  für  Ghardaia  Tab.  S.  629). 

Die   absolute  Feuchtigkeit  läuft  also  über  dem  Meer  vollkommen 
irallel   dem   Maximaldruck    des  Wasserdampfes   bei   der  betreffenden 

icmperatur.    Auf  dem   Kontinente,   wo   die  Temperatur  übrigens   viel 

grösseren  jährlichen   Schwankungen  unterworfen    ist,    vermag   die   ab- 
flute Feuchtigkeit  dem   Sättigungsdruck  im  Sommer  nicht   zu  folgen, 

iber  auf  alle  Fälle  steigt  die  absolute  Feuchtigkeit  bedeutend  mit  der 

Tomperatur. 

Die  Verhältnisse  in  unseren  Gegenden  stehen  in  der  Mitte  zwischen 

den  kontinentalen  und  den  maritimen.    Als  Beispiel  mögen  die  folgenden 

Werte  für  Berlin  und  Wien  angeführt  werden. 


i 


'ucht.  mm 

3,9 

Relative 

Feucht.  Proz. 

84 

Temp.     .     .     - 

-1,3 

Absolute 

Feucht,  mm 

3,6 

Relative 

Feucht.  Proz. 

84 

Berlin. 
Monat  Jan.     Febr.  März  Apr.  Mai   Juni   Juli   Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 

p.    .    .    —2,17+  0,32  4,73  8,58  13,57  16,97  18,41 18,06  14,61  9,57  3,54  0,17  8,86 
bsolute 

4,1    4,5    5,3      7,1      9,6    10,7    10,6     8,8    7,2    5,1    4,2    6,6 

80    75     69      64      66      67       69       73     79    83    84    74 

Wien. 

0,4    4,1  10,0   15,1  18,6  20,3    19,6   16,1    10,5  3,7  -  0,8  9,7 

3,8    4,4    5,6     8,3  10,1  11,9    11,0     9,3      7,4  4,8     3,7  7,0 
79     72    63      64     64     63       66        69       76   80       83  72 

Das  Minimum  der  relativen  Feuchtigkeit  tritt  schon  im  Frühling 
lici  der  starken  Temperatursteigerung  und  relativer  Häufigkeit  der  trock- 
nen Ostwinde  ein,  ein  schwaches  Maximum  fällt  bisweilen  in  den  Juli, 
•  Icr  dann  etwas  grössere  relative  Feuchtigkeit  als  der  August  aufweist. 
Das  Hauptmaximum  fällt  in  Dez.-Jan. 

An  den  Küsten  wird  die  Schwankung  geringer.  An  der  Eismeer- 
küste liegt  das  Maximum  im  Sommer,  z.  B.  an  der  Lenamündung, 
Sommer  90,  Winter  85  Proz.;  Spitzbergen,  Kap  Thordsen,  Sommer  82, 
Winter  74  Proz. 

Im  Gebirge  bedingen  die  vertikalen  Luftströmungen  den  jährlichen 
mg  der  relativen  Feuchtigkeit.  Die  aufsteigenden  Luftströme,  die  im 
i-rühling  und  Sommer  am  häufigsten  sind,  führen  grosse  Mengen  von 
\\'asserdampf  mit,  die  sich  zum  Teil  kondensieren  und  die  relative  Feuch- 
tigkeit hoch  halten.    Im  Winter  wird  diese  Luftbewegung  häufig  durch 

40* 


(j28  Physik  der  Atmosphäre. 

eine  absteigende   mit  trockner  Luft   ersetzt.    (Vgl.  unten  die  Daten  fin 
Sonnblick  Tab.  S.  628.) 

Der  jährliche  Gang  der  relativen  Feuchtigkeit  kann  kaum  ohne  Be- 
rücksichtigung der  geographischen  Lage  verstanden  werden.  Die  fol- 
gende Tabelle  giebt  die  relative  Feuchtigkeit  für  einige  typische  Ori 
an.  Grosse  Schwankungen  können  natürlich  in  derselben  Jahreszeit  auf- 
treten, je  nachdem  der  Wind  vom  Meere  oder  vom  Kontinent  weht. 
und  je  nachdem  die  Luftverteilung  cyklonal  oder  anticyklonal  ist. 

Das  Maximum  der  relativen  Feuchtigkeit  trifft,  wie  gesagt,  in  Ei  • 
ropa  im  Winter  (gewöhnlich  Januar),  das  Minimum  im  Frühling  (gc- 
Avöhnlich  Mai)  ein.  An  der  Ostküste  Nordamerikas  sind  die  Ver- 
hältnisse ungefähr  dieselben  wie  in  Europa,  nur  ist  das  Klima  trockner. 
An  der  Stillenmeerküste  ist  die  Veränderung  sehr  gering.  Das  Maxi- 
mum liegt  da  im  Sommer.  Im  Innern  der  Kontinente  sinkt  die  re- 
lative Feuchtigkeit  stark,  wie  die  Daten  von  Sultan  Bend  {dl,0^  n, 
Br.  62,4  ö.  L.),  Merw  und  Salt  Lake  City  zeigen.  Von  den  unten  gi 
gebenen  Ziffern  beziehen  sich  die  unter  I  verzeichneten  auf  den  Wincer 
(Dez. — Febr.),  die  unter  II  auf  den  Frühling  (März — Mai),  die  unter  III 
auf  den  Sommer  (Juni — Aug.),  die  unter  IV  auf  den  Herbst  (Sept.  bis 
Nov.)  der  nördlichen  Halbkugel.  Unter  V  steht  ein  Mittelwert,  der  für 
das  Jahr  gilt. 

I 

Cap  Thordsen,  Spitzbergen  .    .    72 

Christiania 86 

Schweden,  Mittelwert ....    89 

Petersburg 88 

Paris 88 

Marseille    .....         .68 

London 87 

Hamburg 87 

Berlin .    83 

Salzburg     . 86 

Sonnblick 71 

Wien 82 

Eom 74 

Lissabon 79 

Madrid 80 

Simplon  .     .         77 

Athen 74 


II 

HI 

IV 

V 

71 

82 

80 

76 

68 

65 

81 

75 

74 

71 

85 

80 

75 

71 

84 

80 

73 

76 

86 

81 

61 

58 

67 

65 

76 

71 

83 

79 

74 

75 

84 

80 

69 

67 

78 

74 

76 

78 

84 

81 

83 

86 

82 

80 

66 

64 

75 

72 

65 

58 

70 

68 

70 

62 

73 

71 

65 

48 

69 

65 

79 

74 

80 

77 

64 

48 

63 

62 

VIT.  Das  Wasser  in  der  Atmosphäre.                                 g20 

I  II  III  IV  V 

Irkiitsk 82  59  67  76  71 

Merw 76  62  35  50  56 

Sultan-Bend 69  42  26  42  45 

Jerusalem 73  53  45  55  57 

Djeddah 69  70  70  77  72 

Bagdad 74  57  41  57  57 

Leh,  Tibet 89  42  41  46  55 

Kalkutta 70  70  84  76  75 

Ceylon 83  82  84  86  84 

Singapore 82  79  80  81  81 

Peking 58  51  71  62  61 

Tokio 67  72  82  78  75 

Manila 74  69  80  82  76 

Batavia  . 87  85  82  81  84 

Sydney 72  75  73  67  72 

Fidji-Inseln 81  84  80  76  80 

Alger 76  74  77  75  75 

Ghardaia  (inneres  Algerei) .    .  56  32  20  40  37 

Kairo 66  48  47  63  55 

Zanzibar 80  83  80  79  80 

Kapstadt 67  75  81  73  74 

Sahara  19— 30  n.Br.,  9—14  ö.L.  47  32  29  49  39 

Kamerun 86  87  89  89  88 

Funchal,  Madeira 71  67  70  69  69 

St.  Paul  (Behrings  Sund,  Alaska)  84  81  86  84  84 

Toronto  (Kanada) 82  72  75  78  71 

Newyork •.  75  67  69  71  71 

San  Francisco,  California    ..  74  72  77  74  74 

Salt  Lake  City 59  44  31  42  44 

Havanna 78  73  75  79  76 

Quito 76  79  72  74  75 

liio  de  Janeiro 79  79  77  79  78 

Santiago  de  Chile 69  79  86  79  78 

Buenos  Aires 66  76  81  74  74 

Kap  Hörn,  Orangebai  ....  82  82  82  82  82 

Süd-Georgien 72  76  74  75  74 

Die  jährliche  Veränderung  der  relativen  und  absoluten  Feuchtigkeit 
iü  den  verschiedenen  Zonen  der  p]rde  geht  aus  folgender  Tabelle  hervor. 


630  Physik  der  Atmosphäre. 


Relative  Feuchtigkeit 

Absolute  Feuchtigke 

t 

I 

II 

III 

IV 

V 

I 

II 

III 

IV 

^ 

60- 

-10^  n.  Br. 

86 

81 

77 

84 

82 

1,2 

2,1 

6,2 

2,8 

.>.  ■ 

50- 

-60 

83 

74 

76 

80 

78,2 

2,2 

3,8 

8,8 

4,7 

-1. 

40- 

-50 

78 

73 

69 

76 

74 

3,9 

6,0 

10,8 

7,2 

7.11 

30- 

-40 

73 

78 

67 

71 

69,7 

6,5 

8,6 

13,4 

10,1 

9,7 

20- 

-30 

71 

68 

70 

73 

70,5 

10,4 

13,6 

17,1 

15,0 

13> 

10- 

-20 

74 

73 

78 

77 

75,5 

15,3 

17,0 

19,6 

16,8 

17.2 

Äq.- 

-10 

77 

78 

82 

81 

79,5 

17,7 

18,9 

19,9 

19,3 

IS.' 

Äq- 

-100  s.  Br. 

81 

81 

82 

80 

81 

19,4 

19,0 

17,9 

18,3 

18,7 

10- 

-20 

79 

78 

80 

77 

78,5 

18,0 

17,1 

14,6 

16,0 

16,4 

20- 

-30 

79 

79 

80 

75 

77,2 

14,8 

14,0 

11,1 

13,0 

13,2 

30- 

-40 

75 

80 

80 

79 

78,5 

11,1 

10,4 

8,1 

9,6 

9,8 

40- 

50 

81 

81 

83 

79 

81 

8,3 

7,1 

5,9 

6,6 

7,0 

50- 

-60 

83 

79 

— 

— 

— 

5,7 

4,5 

— 

— 

— 

Die  relative  Feuchtigkeit  hat  ein  schwach  ausgeprägtes  Maximum 
(81  Proz.)  etwas  südlich  vom  Äquator,  geht  durch  ein  Minimum  bei  ctw.i 
250  s.  Br.  (77,2  Proz.)  und  30°  n.  Br.  (69  Proz.),  um  in  den  polaren 
Gegenden  wiederum  auf  über  80  Proz.  zu  steigen.  Die  absolute  Feuchtig- 
keit hat  ihr  Maximum  19  g  pr.  m^  etwas  nördlich  vom  Äquator  (wegen 
der  höheren  Temperatur  nördlich  vom  Äquator)  und  nimmt  von  da  stetig 
gegen  die  Pole  hin  ab. 

Die  mittlere  absolute  Feuchtigkeit  der  ganzen  Erde  beträgt  etwa 
11,4  g  pro  m^  an  der  Erdoberfläche.  Bei  einer  Höhe  der  homogenen 
Wasserdampf atmosphäre  von  2500  m  erhält  man  eine  Wasserdampf- 
menge von  28,5  kg  über  jedem  m'-^  der  Erdoberfläche. 

Die  tägliche  Schwankung  der  Feuchtigkeit.  Wenn  die 
Wassermenge  in  der  Luft  unveränderlich  bliebe,  so  müsste  die  relative 
Feuchtigkeit  einen  umgekehrten  Gang  zeigen,  wie  die  Lufttemperatur. 
Die  Voraussetzung  trifft  ziemlich  zu,  da  die  Menge  Wasser,  welche 
während  des  Tages  abdampft,  zum  grössten  Teil  von  der  Erdoberfläche 
weggeführt  wird.    Als  Beispiele  führen  wir  einige  Ziffern  für  Wien  an: 


Zeit    .    .    . 

3a 

6a 

9a 

12m 

3p 

6p 

9p     12mn 

Abs.  Feucht. 

10,7 

10,5 

10,7 

10,8 

10,8 

11,2 

11,4    10,9 

Kel.        „ 

75 

74 

61 

51 

48 

53 

66        72 

Auf  dem  Kontinent  erreicht  der  Dampfdruck  sein  Maximum  in  den 
Abendstunden,  sein  Minimum  zur  Zeit  der  tiefsten  Temperatur,  im 
Sommer  liegt   ein   zweites   Maximum   bei   etwa  9  Uhr  V.  M.  und   ein 


¥ 


VIT.  Das  Wasser  in  der  Atmosidiäro.  631 


-■■(utos  Minimum  bei  3 — 4  Uhr  N.  M.  Das  Naclimittagsminimum  bc- 
Miht  auf  vertikalen  Luftströmon,  welche  zur  heissesten  Tageszeit  am 
kräftigsten  entwickelt  sind. 

Die  vertikalen  Bewegungen  der  Luft  bewirken,  dass  im  Gebirge 
die  Luft  zur  wärmsten  Tageszeit  am  feuchtesten  ist,  zur  kältesten 
dagegen  am  trockensten.  Dies  gilt  für  die  absolute  Feuchtigkeit,  die 
ivlative  Feuchtigkeit  hat  ein  Maximum  am  Nachmittag  (6  Uhr  im  Som- 
iiMT,  2  Uhr  im  Winter  auf  Sonnblick),  ein  Minimum  Vormittags  (10  Uhr). 
Über  dem  Ocean  hat  die  absolute  Feuchtigkeit  ein  Maximum  kurz 
nach  Mittag,  ein  Minimum  um  4  Uhr  V.  M.  Ungefähr  dasselbe  gilt 
i-  schneebedeckte  Gegenden,  nur  fällt  das  Maximum  etwa  3,  das 
Minimum  etwa  2  Stunden  später. 

Wie  die  Beobachtungen  am  Eiffelturm  zeigen,  nimmt  die  Schwan- 
ig der  relativen  Feuchtigkeit  mit  zunehmender  Höhe  ab.  Das  Mi- 
ium  bleibt  ungefähr  konstant,  das  Maximum  sinkt  stark  mit  wach- 
lider  Höhe. 

Wie  leicht  zu  verstehen,  ist  die  Schwankung  der  relativen  Feuch- 
[eit,  ebenso  wie  diejenige  der  Temperatur,  ausserordentlich  viel  grösser 
f  heiteren  Tagen  wie  an  trttben. 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag. 

Wasserkondensation.  Wenn  wasserdampfhaltige  Luft  abgekühlt 
wird,  so  kann  der  Wassergehalt  höher  werden  als  der  Sättigung  bei  der 
betreffenden  Temperatur  entspricht.  Die  Temperatur,  bei  welcher  diese 
Grenze  überschritten  wird,  nennt  man  Taupunkt.  Unter  dem  Taupunkt 
ist  die  Möglichkeit  der  Kondensation  gegeben.  Für  den  wirklichen  Ein- 
tritt der  Kondensation  ist  es  sehr  günstig,  wenn  Kerne  oder  Nuclei  in 
der  Luft  verbanden  sind.  Solche  Kerne  sind  der  in  der  Luft  schwebeu(i 
Staub,  heruntersinkende  Wassertröpfchen  oder  Eisnadeln  oder  endlicli 
durch  Kathodenstrahlen  (Nordlicht)  oder  auf  andere  Weise  ionisierte  Luft. 

Ein  kleiner  Tropfen  hat  nämlich  eine  bedeutend  grössere  Dampf- 
spannung als  eine  ebene  Wasserfläche.  So  z.  B.  kann  man  berechnen, 
dass  die  Dampfspannung  einer  Wasserkugel  von  0,001  mm  Durchmesser 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  um  0,12  Proz.  grösser  ist  als  diejenige 
einer  flachen  Wasseroberfläche.  Die  Dampfdruckerniedrigung  wächst  in 
geometrischer  Progression,  wenn  die  Krümmung  (der  inverse  Wert  des 
Tropfenradius)  in  arithmetischer  Progression  zunimmt.  So  z.  B.  ist  die 
Dampfspannung  über  einem  Tropfen  von  0,00001  mm  Durchmesser 
(1,0012) '^0  =  1^127,  falls  diejenige  über  einer  flachen  Oberfläche  gleich  1 
gesetzt  wird. 

Nach  den  Versuchen  von  H.  Wilson  tritt  Kondensation  auch  in 
Luft  ein,  aus  der  man  durch  wiederholte  Ausfällungen  so  weit  wie 
möglich  alle  Kondensationskerne  entfernt  hat,  sobald  der  Dampfgehalt 
4 — 8  mal  so  gross  ist  wie  derjenige  gesättigter  Luft. 

Ausser  diesen  Kondensationskernen  wirken  auch  verschiedene  Dämpfe 
und  Gase,  wie  Ozon,  Dämpfe  von  Schwefelsäure  und  anderen  starken 
Säuren,  Phosphor  u.  s.  w.  auf  Wasserdampf  kondensierend  ein. 

Eine  Übersättigung  der  Luft  an  Wasserdampf  und  danach  folgende 
Kondensation  kann  durch  folgende  hauptsächliche  Umstände  eintreten. 


VTII.  Wolken  und  Niederschlag. 


633 


)  durch  Vermischung  von  zwei  verschieden  warmen  Luftmassen,  2)  durch 
vbTvühlung  zufolge  von  Strahlung  oder  Berührung  mit  kalten  Körpern, 

iurch  Ausdehnung  der  Luftmassen  bei  Aufstieg  derselben. 

Wenn  zwei  mit  Feuchtigkeit  gesättigte  Luftraassen  von  ungleicher 
omperatur  sich  mischen,  so  wird  die  Mischung  an  Wasserdampf  über-' 
äiligt.  Dies  kommt  daher,  dass  die  Kurve,  welche  den  Wasserdampf- 
ehalt gesättigter  Luft  als  Funktion  der  Temperatur  darstellt,  gegen 
io  Temperaturachse  konvex  ist,  da  sie  annähernd  mit  einer  Exponential- 
urve  zusammenfällt. 

Zur  Ermittelung  der  Wassermenge,  welche  dabei  ausgefällt  wird, 
at  V.  Bezold  folgende  Überlegung  gemacht: 

Es  stellt  im  nebenstehenden  Diagramme  die  Kurve  WW^  die  Dampf- 
lenge  in  g  pro  m^  bei  der  Temperatur  t  dar  (Fig.  193).  Zwei  Luftmassen  von 
deinem  m^  und  den  Temperaturen  t^  und  ^, 
ie  mit  Wasserdampf  gesättigt  seien,  mögen 
emischt  werden.  Die  Mischung  nimmt 
ann  eine  Temperatur  ^  an,  welche  das 
Fittel  von  /",  und  ^  ausmacht.  DieWasser- 
ampfmenge  pro  m^  ist  auch  das  Mittel 
on  den  beiden  anfänglichen  Wasserdampf- 
lengen  ^,  und  .^j.  Da  nun  der  Wasser- 
ampfgehalt  2/3  von  1  m^  gesättigter  Luft  bei 
er  Temperatur  ^  geringer  ist  als  (^1  +  2/2):  2, 
3  fällt  ein  Teil  des  Wasserdampfes  aus.  Dabei  steigt  die  Tempe- 
itur  auf  t^  und  die  ausgefällte  Menge  pro  m^  wird  (2/1 +  2/2)  =  2  —  y^. 
s  sei  die  latente  Wärme,  welche  bei  der  Ausfällung  eines  g  Wassers 
'ei  wird,  L  cal.  und  die  Wärmekapazität  eines  m^  Luft  sei  c,  so  gilt 
äfenbar: 

y\  +  2/2 


Fig.  193. 


2/4 


6(^4  —  ^3). 


m  der   Figur  ist   {yy-\-y2):2—y^  =  PR  und   t^ — t^=-QR.    Weiter  ist 
ri'R:QR=tga,  wo  a  den  Winkel  zwischen  PQ  und  der  t-A\e  darstellt, 
ijfan  erhält  auf  diese  Weise: 
;  tga  =  e:L. 

I   ist  nun  das  Produkt  von  dem  Gewicht  eines  m^  Luft  (bei  0^  1,293  g) 
I  nd  ihrer  spezifischen  Wärme  bei  konstantem  Druck  (0,238).    L  ist  bei 
j  *>,  falls   Eis   ausfriert,   etwa   677,   falls  Wasser   ausfällt   597  cal.    Mit 
»  iesen  Werten  berechnet  man  (für  0^  und  760  mm  Druck  geltend): 
«  =  27»  16,2'  (für  Wasser);  «  =  240  26,7'  (für  Eis). 


ß34  Physik  der  Atmosphäre. 

Bei  sinkendem  Druck  ebenso  wie  bei  steigender  Temperatur  sinkt  a 
wenig,  so  z.  B.  ist  es  (für  Wasser)  bei  0°  und  720  mm  26^  1,6',  bei  20' 
und  760  mm  Druck  26^  11,3'.  Für  Temperaturen  zwischen  0  und  20^0.,  scn 
Drucke  zwischen  720  und  760  mm    kann  man  a  durch  Interpolai 
berechnen. 

Um  die  ausgefällte  Wassermenge  zu  bestimmen,  ermittelt  man  ai? 
die  Lage  des  Punktes  P,   welcher  nach   der  Gesellschaftsrechnung  ai! 
dem  Wasserdampfgehalt  {ijy  und  y^)  der  beiden  sich  vermischenden  Lu! 
mengen  und  der  Temperatur  {t^  und  ^)  derselben  bestimmt  wird.    Durcj 
diesen  Punkt  P  zieht  man  eine  gerade  Linie,  die  einen  Winkel  a  (et 
11^  in   gewöhnlichen  Fällen)   mit   der   ^-Axe   bildet.    Der  Schnittpun 
dieser  Linie  mit  der  Dampfmenge-Kurve  giebt  die  Temperatur  und  d; 
Dampfmenge  der  Mischung  an.  Die  übrige  Wasserdampfmenge  wird  ausgti 
fällt.    2/^  und  2/2  brauchen  nicht  Sättigung  ( TTTF^-Kurve)  zu  entspreche^ 

Man  hat  dieser  Art  der  Wasserausscheidung  in  älteren  Zeiten  eiu 
grosse  Kolle  bei  der  Nebel-  und  Wolken-Bildung  zuerteilt.  Eine  nähci 
Untersuchung  zeigt  aber,  dass  die  auf  diese  Weise  ausgefällte  Wassci 
menge  nur  unbedeutend  ist.  Bei  einer  Vermischung  von  1  m^  gesättigti 
Luft  von  25^  C,  mit  einem  Wassergehalt  von  22,8  g,  mit  1  m^  g6 
sättigter  Luft  von  0*^,  dem  Wassergehalt  von  4,7  g  entsprechend,  enti 
stehen  2  m^  Luft  von  12,5''  und  13,75  g  Dampfgehalt.  Gesättigte  Lul 
von  12,50  enthält  aber  nur  11  g  Wasser  pro  m=^.  Es  fällt  demnacl 
Wasser  aus,  und  zwar  1,2  g  in  der  ganzen  Luftmasse,  d.  h.  0,6  g  pi 
m^,  während  die  Temperatur  sich  um  2,4*^  C.  erhöht. 

In  den  in  der  Natur  vorkommenden  Fällen  dürften  die  ausgeschie- 
denen Wassermengen  kaum  ein  Zehntel  der  oben  berechneten  Meng; 
erreichen.  Es  ist  auch  zu  beachten,  dass  in  den  meisten  Fällen  di; 
sich  mischenden  Luftmengen  nicht  gesättigt  sind.  Dabei  hat  der  Sätti 
gungsgrad  der  warmen  Luftmenge,  wegen  ihres  grösseren  Dampfgehalte> 
den  grösseren  Einfluss. 

In  den  Wolkenregionen,  wo  der  Luftdruck  viel  geringer  ist  als  ai 
der  Erdoberfläche,  wird  die  Niederschlagsmenge  entsprechend  grössei 
da  die  Wärmekapazität  von  1  m^  Luft  bedeutend  geringer  ist.  Dafü 
ist  die  Temperatur  und  damit  der  Wasserdampfgehalt  um  so  niedrigci 
was  die  Wirkung  des  niederen  Druckes  mehr  als  kompensiert. 

Auch  die  zweite  Ursache  der  Kondensation  ist  ohne  grössere  prakj 
tische  Bedeutung.  Bei  starker  Abkühlung  des  Erdbodens  durch  Strahlung! 
teilt  sich  seine  Kälte  durch  Leitung  und  Strahlung  den  niederstei 
Schichten   der  Luft   mit  und   es   entsteht  auf  diese  Weise  eine  dünnd 


I 


VIII.  Wolken  nnd  Niederschlag.  535 


|rel>elschicht,  welche  für  kalte  Wintertage,  besonders  am  Morgen,  charak- 

"i^tisch  ist.    Bei  solcher  Abkühlung  der  Luft  kommt  es  häufig  nicht 

Nebelbildung,  sondern  die  überschüssige  Feuchtigkeit  in  der  Nähe 

Erdbodens  setzt  sich  als  Tau  oder  im  Winter  als  Glatteis  ab. 

Dünne  Nebelbildungeu  entstehen  auch,  wenn  warme   feuchte  Luft- 

I '.nie  über  eine  kalte  Fläche  oder  kalte  Luftströme  über  eine  warme 

hte  B'läche  streichen.    Von  der  letzten  Art  sind  die  Nebelbildungen 

'   feuchten  Wiesen  und  über  Wässern  an  Sommerabenden  oder  im 

i)st.     Besonders   günstige    Gelegenheit    zu  Nebelbildung    geben   die 

len  des  Meeres,  wo  kalte  und  warme  Meeresströme  aneinander  grenzen. 

Bank  von  Neufundland  ist  in  dieser  Hinsicht  berüchtigt.    Ähnliche 

.oüdensationen  kommen  auch  in  der  Nähe  von  schwimmenden  Eisbergen 

fler  von  der  Polareiskalotte  vor. 

Durch  heftige  Ausstrahlung  können  sich  auch  dünne  Wolkenschichten 
'»nders  in  klaren  Winternächten)  bilden. 

RDie  unvergleichlich  ausgiebigste  Quelle  der  Wolkenbildung  rührt 
der  Ausdehnung  feuchter  Luftmassen  her.  Die  Luftdruckschwan- 
[en,  welche  an  der  Erdoberfläche  vorkommen,  sind  im  allgemeinen 
ii  gering,  um  eine  Wasserausscheidung  zu  bewirken.  Solche  Fälle 
ummen  aber  bei  der  Bildung  von  Wasserhosen  vor,  in  deren  Mitte  der 
)ruck  sehr  stark  erniedrigt  ist. 

Bei  dem  Aufstieg  von  warmen  feuchten  Luftmassen  dehnen  sich 
ieselben  aus  und  kühlen  sich  dabei  um  nahezu  l^C.  für  jeden  hundertsten 
leter  ab.  Die  geringe  Volumszunahme  ist  bei  weitem  nicht  genügend, 
m  die  Luft  gegen  Überschreitung  der  Sättigungsgrenze  zu  schützen. 

Durch  die  Ausscheidung  von  Wasser  bezw.  Eis  erwärmt  sich  die. 
iUftmasse  und  dadurch  vermindert  sich  der  Niederschlag. 

Mit  Hilfe   der  oben   gegebenen   Daten   lässt   sich  berechnen,  dass 

eim  Aufstieg  von  1  m^  gesättigter  Luft  von  10^  C.  um  1000  m   eine 

lUsscheidung  von  2,9  g  Wasser  erfolgt.    Steigt  nun  die  Luft  mit  einer 

Geschwindigkeit  von  2  m  pro  Sek.,  so  fällt  in  einer  Minute  über  jedem 

i(!>.uadratmeter  348  g.    In  einer  Stunde  entspräche  dies  einer  ausgeschie- 

n  Wassermenge  von  21  kg  pro  m^.    Dies  entspricht  einer  Nieder- 

iiiagsmenge  von  21  mm,  also  einem  sehr  starken  Regen.    Da  nun  die 

■lichten   Luftmassen    häufig    bis    gegen   3  km   aufsteigen,    können  sie 

och  grössere  Niederschlagsmengen  abgeben. 

II      Tau-Bildung.  Nur  ein  relativ  geringerTeil  des  Niederschlages  fällt 

iif  dem  erkalteten  Boden  selbst  aus.    Dies  beruht  auf  der  Langsamkeit 

Dift'usionsvorgänge,  welche  den  Wasserdampf  zum  abgekühlten  Boden 


ß36  Physik  der  Atmosphäre. 

hintreiben.    Höchstens  so  viel  Wasserdampf  wie  in  einer  ein  paar  Met 
dicken  Luftschicht  befindlich  ist,  kann  dabei  abgeschieden  werden.    Seh 
eine  sehr  schwache  vertikale  Luftströmung  kann  deshalb  eine  starke  Zunahn 
der  niedergeschlagenen  Taumenge  bewirken.    Dagegen  verhindern  starl 
Luftströmungen  die  Taubildung,  weil  die  Luft  nicht  lange  genug  am  Bod 
bleibt,  um  zum  Taupunkt  abgekühlt  zu  werden. 

Je  heftiger  die  Wärmestrahlung  des  Bodens  und  je  geringer  d 
Wärmezufuhr  vom  Boden  zur  strahlenden  Schicht  ist,  um  so  reichliche 
ist  der  Tau.  Unebene  Flächen  strahlen  heftig  Wärme  aus,  deshal 
bildet  sich  starker  Tau  auf  Käsen,  Getreidefeldern,  Wald  und  Pflanzer, 
blättern,  welche  alle  sehr  schlechte  Wärmeleiter  sind.  An  den  Blatt 
von  hohen  Bäumen  setzt  sich  selten  Tau  ab,  weil  die  an  ihnen  abge 
kühlte  Luft  meistens  herabsinkt,  bevor  sie  den  Taupunkt  erreicht  ha 
Im  Gebirge  ist  ebenfalls  die  Strahlung  relativ  kräftig,  ausserdem  geli 
die  Diffusion  daselbst  etwas  schneller  vor  sich  wie  an  der  Meeresobei 
fläche  (umgekehrt  proportional  dem  Luftdruck),  deshalb  ist  die  Taubildun, 
daselbst  relativ  stark.  Auch  im  Gebirge  setzt  sich  viel  mehr  Tau  da  ai 
wo  die  abgekühlte  Luft  nicht  entweichen  kann  (in  den  Hochthälern),  a! 
wo  dies  geschieht  (an  den  Bergabhängen). 

Dass  die  gebildete  Taumenge  bei  gleicher  Abkühlung  des  Bodt  i, 
unter  die  Lufttemperatur  mit  dieser  zunehmen  muss  (falls  die  relativ 
Feuchtigkeit  die  gleiche  ist),  ist  selbstverständlich.  Der  Tau  i- 
infolgedessen  in  tropischen  Küstenländern  viel  ausgiebiger  als  in  höhere: 
Breiten.  In  unseren  Gegenden  ist  der  Tau  am  kräftigsten  in  Küsten 
gebieten  und  im  Spätsommer,  wenn  die  Luft  noch  warm  ist  und  di 
Nächte  durch  ihre  zunehmende  Länge  eine  relativ  kräftige  Abkühiiiii: 
des  Bodens  gestatten.    Die  Blätter  können  dann  von  Wasser  triefen. 

Wegen  der  starken  Wärmezuleitung  im  nackten  Felsen  setzt  sie] 
nur  selten  Tau  daran  ab. 

Da  die  Oberfläche  eines  gegen  den  Nachthimmel  strahlenden  Basen, 
niedrigere  Temperatur  besitzt  als  sowohl  die  darüberliegende  Luft,  wie  äh 
Luftschicht  unterhalb  in  den  Poren  des  Bodens,  so  diffundiert  Feuchtiu 
keit  sowohl  von  oben  wie  von  unten  zur  Taubildungsstelle  hinzu 
Es  kann  die  Menge  des  Taus,  der  von  unten  stammt,  dabei  viel  grosse 
sein,  als  die  von  oben  aus  der  Luft  stammt;  denn  die  Strecken,  durch  di 
der  Wasserdampf  diffundieren  muss,  sind  oft  nur  kurz  und  aus  dem  warmoi 
feuchten  Boden  dunsten  immer  neue  Mengen  ab.  Mehrere  Forscher  au 
diesem  Gebiet,  wie  Aitken  und  Wollny,  wollen  sogar  so  weit  gehen 
dass  sie  die  Bodenfeuchtigkeit  als  die  alleinige  Quelle  des  Taus  ansehen 


b 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  637 

-  sicher  übertrieben  ist.    Man  sieht  ja  beispielsweise  Dächer  in  ganz 

reren  Nächten  sich  mit  Tau  oder  noch  häufiger  mit  Reif  bedeclien, 

>ei   von   einer  Wasserdampfzufuhr  vom  Boden  kaum  die  Rede   sein 

.111, 

Die  Menge  des  in  einer  Nacht  fallenden  Taus  wird,  wenn  sie  sehr 

Wich  ist,  von  Homen  auf  0,1— 0,2  mm  Höhe   geschätzt  (für  Finn- 

.1).    So  grosse  Mengen  entstehen  nur  bei  schwacher  vertikaler  Luft- 

i;kulation;   wenn   die   Luft   still  stände,  könnte  kaum   ein  Fünfzigstel 

avon   abgesetzt   werden.     Zu   ähnlichen   Zahlen   wie  Homen   (0,1  bis 

"  mm)   ist  Dines   für  England   gekommen.    Die   mittlere  Taumenge 

iner  Taunacht  bei  Turin  beträgt  im  Sommer  nur  0,13  mm,  welche 

r  jedoch  unzweifelhaft  beträchtlich  höher  ist  als  die  für  unser  Klima 

eltenden.     In   den   Tropen   kann   der   Tauabsatz   in   einer  Nacht   den 

n  fachen  Betrag   erreichen.    Die    ganze  Taumenge   im  Jahr  wird   von 

)va  (für  Montpellier)  auf  8  mm,  von  Wollny  (für  München)  auf  30  mm 

eschätzt.     Obgleich   diese  Schätzungen  recht   unsicher  sind,   so  zeigen 

ie  doch,  dass  diese  Form  des  Niederschlages  gegen  andere  (Schnee  und 

legen)   sehr    unbedeutend    ist.     Dass    sie    trotzdem    bei    Regenmangel 

on  der  grössten  Bedeutung  für  die  Vegetation  sein  kann,  wird  damit 

icht  bestritten. 

Wenn  die  Temperatur  des  abgekühlten  Bodens  unter  den  Gefrier- 
unkt sinkt,  so  schlägt  sich  der  Tau  in  fester  Form  nieder  und  wird  dann 
leif  genannt.  Er  setzt  sich  häufig  in  schönen  federförmigen  Bildungen 
b,  die  dem  Luftzug  entgegen  wachsen.  Nach  Assmann,  der  sie  mi- 
roskopierte, sollen  dieselben  nicht  krystallinisch  sein,  sondern  aus  an- 
inandergelagerten  Eiströpfchen  bestehen. 

Eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  dem  Reif  zeigt  der  Rauchfrost,  der 
idoch  eine  bedeutend  grössere  Masse  als  jener  besitzt.  Derselbe  setzt 
ich  aus  Nebeln,  die  aus  überkälteten  Wassertröpfchen  bestehen,  an  kalten 
lervorragenden  Gegenständen,  besonders  Drahtleitungen,  auf  der  Wind- 
elte ab.  Diese  Erscheinung  ist  dem  Winter  der  kälteren  Gegenden 
igentümlich.  Sie  verleiht  häufig  dem  Wald  die  grösste  Pracht  der 
yinterlandschaft,  besonders  wenn  die  Sonne  die  glitzernden  Eisnädelchen 
eleuchtet.  Bisweilen  ist  die  Masse  des  Rauchfrostes  so  bedeutend,  dass 
Ji  den  Bäumen  oder  Drahtleitungen  Schaden  entsteht. 

In  den  Bergen  können  die  Rauchfrostbildungen  ganz  enorme 
Mmensionen  annehmen,  so  dass  davon  getroffene  Gegenstände,  wie 
Jftume  und  Telegraphenstangen,  von  dicken  Eisablagerungen  bedeckt 
werden.     Dies   rührt  von   der  starken   Nebel-   oder  Wolkenbildung   in 


638  Physik  der  Atmosphäre.  , 

diesen  Höhen  her  (1000—2000  m).  —  In  noch  grösseren  Höhen,  wo 
Luft  wasserarm  ist,  sind  die  Verhältnisse  wiederum  ungefähr  dieselb« 
wie  in  der  Niederung  (so  z.  B.  auf  Sonnblick,  3100  m).  —  Omond  h! 
obachtete  auf  Ben  Nevis  (1300  m),  also  in  der  Nähe  des  vom  Golfstro 
erwärmten  Meeres,  dass  der  Kauchfrost  einmal  gegen  starken  Wh 
um  3,2  cm  pro  Stunde  zunahm. 

Grosse  Ähnlichkeit  mit  dem  ßauchfrost  zeigt  das  Glatteis,  welches  si 
am  Boden,  Mauern,  Bäumen  u.  s.  w.,  die  stark  abgekühlt  sind,  bei  starV 
Luftfeuchtigkeit  (bei  plötzlicher  Temperatursteigerung  der  Luft)  abset2 
Überkälteter  ßegen  kann  ebenfalls  solche  Bildungen  hervorrufen.  Glat 
eis  ist  in  Amerika,  besonders  an  der  Westküste,  recht  gewöhnlich  wegc 
der  daselbst  häufig  eintretenden  heftigen  Umschläge  der  Temperatu 
Ungefähr  ein  Viertel  von  Frankreich  wurde  am  22. — 23.  Jan.  1879  vq 
einer  Glatteisbildung  betroffen,  welche  zu  Fontainebleau,  Vendome  uii 
Orleans  den  Boden  mit  einer  2—3  cm  dicken  Eiskruste  überzog.  Dj 
Telegraphendrähte  zu  Fontainebleau  wurden  dabei  mit  einem  Eisüberzu 
von  3,8  cm  Durchmesser  bekleidet. 

Geschieht  der  Eisabsatz  langsam,  was  besonders  bei  niedriger  Tein 
peratur  eintrifft  (bei— lö'' C.  und  darunter  nach  Assmann),  so  scheifl^ 
sich    der  Reif   oder  Rauchfrost    in   Form    von   zierlichen    hexagonale, 
Eiskryställchen  aus,  welche  häufig  federförmig  wie  die  Schneekryställchei 
angeordnet  sind.  I 

Bei  der  Bildung  aller  dieser  Arten  von  Niederschlag  wird  latent} 
Wärme  frei  (etwa  600  cal.  pro  g  Wasser,  680  cal.  pro  g  Eis)  und  dei 
Erdboden  nimmt  daher  bedeutende  Wärmemengen  auf,  die  sein' 
Temperatur  merklich  erhöhen  können.  So  z.  B.  beobachtete  Ham 
berg,  wie  vor  einer  Reifbildung  die  Bodentemperatur  auf  —2^0.  sau 
um  nach  derselben  sogleich  auf  0^  zu  steigen.  Ein  starker  Taufall  (0, 
bis  0,2  mm)  führt  dem  Boden  6—12  cal.  pro  cm^  zu  (Homen). 

Nebelbildung.  Findet  die  Kondensation  des  Wasserdampfes  it\ 
der  Nähe  der  Erdoberfläche  statt,  so  nennt  man  das  Produkt  Nebel 
zum  Unterschied  von  Wolken,  welche  in  höheren  Luftschichten  vorkom^ 
men.  Einen  wirklichen  Artunterschied  zwischen  Nebeln  und  Wolken  giebl 
es  eigentlich  nicht.  Die  Nebel  entstehen  gewöhnlich  durch  Wärmeab- 
gabe an  den  kalten  Erdboden,  wogegen  die  Wolken  meist  durch  Aus- 
dehnung von  feuchter  Luft  hervorgerufen  werden. 

Die  Stärke  eines  Nebels  wird  aus  der  Entfernung  beurteilt,  in! 
welcher  noch  Gegenstände  sichtbar  sind.  In  Städten  entwickeln  sichl 
häufig  Dämpfe  (besonders  Schwefeldioxyd  und  Schwefelsäure  durch  Ver- 


p 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  539 


nnung  von  Pyrit  enthaltenden  Kohlen),  welche  durch  chemische 
Wirkungen  eine  Kondensation  des  Wasserdampfes  zustande  bringen. 
:  so  entstandene  Nebel,  „Stadtnebel"  genannt,  besteht  aus  kleineren 
pfchen  als  der  gewöhnliche  Nebel,  Landnebel,  welcher  sich  an  chemisch 
ifferenten  Staubteilchen  kondensiert.  Gewöhnlich  ist  die  Luft 
Stadtnebel  nicht  mit  WasserdampT  gesättigt.  In  diesem  Falle 
rtzt  der  Nebel  nicht,  es  ist  ein  sogenannter  trockner  Nebel.  Auch 
Landnebel  kann  bisweilen  „trocken"  sein.  Dies  beruht  nach  Aitken 
Ulf,  dass  der  betreifende  Nebel  viele  Wärmestrahlen  von  der  Sonne 
hlässt,  sodass  darin  befindliche  Gegenstände  erwärmt  werden  und 
auf  sie  niederfallenden  Tröpfchen  wieder  verdunsten. 
Die  Tröpfchen  des  Landnebels  sind  grösser  als  diejenigen  des  Stadt- 
ols,  sie  fliessen  auch  leichter  zusammen  wie  diese,  sie  fallen  deshalb 
hter  hinunter.  Ferner  verdunsten  die  Stadtnebel  wegen  der  darin 
en  Körper  schwerer  wie  die  Landnebel.  Mit  einem  Wort,  die 
nebel  lösen  sich  leichter  auf  wie  die  Stadtnebel. 
Ein  Teil  der  Stadtnebel  zeichnet  sich  durch  seine  gelbe  bis  braun- 
schwarze Farbe,  welche  von  Russpartikelchen  herrührt,  aus.  Sie 
en  in  Fabrikstädten,  besonders  in  England  (London,  Glasgow,  Man- 
r),  vor.  Sie  sind  am  gewöhnlichsten  im  Winter  am  Vormittag. 
Häufigkeit  wird  dadurch  gekennzeichnet,  dass  in  den  Wintermonaten 
k— Febr.)  das  Centrum  von  London  (City)  etwa  dreimal  weniger 
onnenstunden  hat  als  Eastbourne  85  km  SSE.  von  London  an  der 
.'ttste  und  etwa  halb  so  viel  wie  Kew,  an  der  Aussenseite  der  Stadt. 
1  diesen  Nebeln,  die  wegen  der  dabei  unentbehrlichen  künstlichen  Be- 
iuchtung  sehr  grosse  Kosten  (bis  100000  Mk.  pro  Tag)  verursachen, 
iJ^nieren  die  ungesunden  Gasausscheidungen  der  Grossstadt;  der  Kohlen- 
•iuregehalt  kann  dabei  von  0,04  auf  0,14  Vol.-Proz.  steigen. 

Die  Häufigkeit  der  Nebel  ist  mit  dem  Steinkohlenkonsum  stark  ge- 
legen, und  zwar  fällt  die  Zunahme  fast  ausschliesslich  auf  den  Herbst 
nd  Winter.    Den  Stadtnebeln  ähnliche  Bildungen  entstehen  über  Vul- 
lUicn,  Solfataren,  Mofetten  u.  s.  w.,   welche   saure  Ausdünstungen  aus- 
'nden,  sowie  über  Wald-  und  Grasbränden,   zufolge  deren  über  dem 
lachen  Afrika  zur  Trockenzeit  ununterbrochen  eine  Trübung  liegt. 
In  der  Ebene  kommen  die  Nebel  am   häufigsten  bei  Windstille  in 
kalten  Jahreszeit  und  am  Morgen  vor.    Diese  Zeit  ist  durch  starke 
1  'iiiperaturumkehr"  gekennzeichnet.    Gewöhnlich  sind  sie  von  geringer 
'icke   bei   heftigem   „Strahlungswinter".     Bei   anhaltenden   Barometer- 
laximis  können  sie  bis  gegen  1000  m  Mächtigkeit  erreichen. 


640  Physik  der  Atmosphäre. 

In  den  Bergen  beruhen  die  Nebel,  wie  die  Wolken,  meist  auf  Ai 
dehnung  feuchter  Luft;  sie  werden  deshalb  durch  Luftbewegung  ] 
günstigt. 

Auf   dem  Meere   und  an  den  Küsten   sind   häufig   die  Nebel  ii! 

Sommer  gewöhnlicher  als  im  Winter,  wie  folgende  Tabelle  nach  Ha 

zeigt: 

Häufigkeit  der  Nebeltage  in  England. 

Jan.  Febr.  März  Apr.  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.   J 

Küste    ..84       7      7     11    17     15    17      11      5      4       4    11« 
Binnenland  37    21      16      6       3      2      ö      6      10     33    33     39    20/ 

Über  den  Polarmeeren,  deren  Nebelreichtum  bekannt  ist,  komm 
die    Nebel    ebenfalls    im    Sommer     häufiger     wie    im    Winter    ^ 
Über    der    Ostsee    sind    die    Nebel    im   Frühling    am    gewöhnlichst»  i 
Starke    Nebel    finden    sich    an    der   Grenzlinie    zwischen    kalten    un^ 
warmen  Meeresströmungen,  wie  an  der  Küste  von  Neufundland,  an  de 
Bäreninsel,  am  Kand  des  Polareises.    Ebenso  sind  Küsten,   an  welche) 
kalte  Wasserströmungen  vorbeistreichen,  häufig  in  anhaltende  Nebel  i 
hüllt  (Marokko,  Walfischbay,  Peru,  Kalifornische  Küste). 

Wolken.  Die  Partikelchen  der  Wolken  können  flüssig  oder  fesj 
sein;  man  unterscheidet  in  dieser  Hinsicht  Wasser-  und  Eiswolkei]| 
Diese  sind  meist  dünner  und  hauptsächlich  (besonders  im  Sommer)  aul 
die  höheren  Luftschichten  beschränkt.  j 

Um  das  Schweben  der  Wolken  zu  erklären,  nahm  man  früher  alli 
gemein  an,  die  Tröpfchen  seien  hohl.  Direkte  Beobachtungen  derselber 
haben  diese  Ansicht  widerlegt.  Dieselbe  war  auch  deshaE 
unhaltbar,  weil  im  Innern  des  Tropfens  ein  viel  höhereij 
Druck  als  der  Luftdruck  herrschen  muss.  Es  sei  Fig.  194  deij 
Durchschnitt  einer  kleinenWasserblase  von  0,02  mm(vgl.S.641^ 
Durchmesser  und  sehr  dünner  Wasserhaut,  und  es  sei  der 
äussere  Luftdruck  p  mm,  so  ist  der  Druck  in  der  flüssigen  Haut! 

p -\-  .^-^  :  r)  mm,  worin  15,1   die  Steighöhe  des  Wassers   (bei  11**  C.)| 

in  einer  Köhre  von  1  mm  Halbmesser  bedeutet.    Der  Druck  in  der  in 


1  '^  1  / 1         1  \ 

neren  Luftmasse  wird  p  +  77^  ( 1 )•    Setzen  wir  der  Einfachheit 

13,6  \r         rj 

halber   den   äusseren  Halbmesser  r  gleich   dem   inneren  r,  und  gleich 

0,01  mm,  so  wird  der  innere  Druck  p  +  223  mm.    Unter  diesem  hohen 

Überdruck  von  etwa  einem  Drittel  Atmosphäre  würde    die   innere  Luft 

in  sehr  kurzer  Zeit,  einigen  Minuten,  hinausdiffundieren. 


i 


■ 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  Q^\ 

Die  Grösse  der  Tropfen  in  den  Wolken  ist  teils  direkt  beobachtet 
[•den  von  Assmann  und  Dines,  teils  aus   der  Grösse  der  Höfe  um 
u  Mond  von  Kämtz  berechnet  worden.     Sie  fanden  folgende  Zahlen 
lir  den  Durchmesser: 

V  Dines   .     .    0,006— 0,027  mm 

Assmann      0,006— 0,117  mm 
Kämtz.    .    0,014-0,035  mm. 

Die  von  Dines  beobachteten  Tröpfchen  gehörten  einer  Wolke  an, 
■lehe  sich  gerade  im  Übergangszustand  zum  Kegen  befand.  Als  Mittei- 
lt nimmt  man  gewöhnlich  0,02  mm  an. 

Für  die  Fallgeschwindigkeit  von  sehr  kleinen  Kugeln,  gab  Dutton 

iift  Formel: 
IB  R  =  0,0000286  v'^d^s, 

I^Bi  R  den  Luftwiderstand  (=  Gewicht  des  Tropfens  in  Grammen),  v  die 
l^fthwindigkeit  in  m  pr.  Sek.,   d  den   Durchmesser  in   mm   angiebt. 
■»S  das  spezifische  Gewicht  der  Luft,  verglichen  mit  demjenigen  bei 
1  *.  und  760  mm  Druck.   Das  Gewicht  einer  Kugel  von  1  mm  Dureh- 
aesser  ist  0,000  524  j?  g,  worin  p  das  spezifische  Gewicht  der  Kugel  an- 
hiebt.   Folglich  ist  R=  0,000524^  c?^  und  man  erhält  so: 

0,000  b2ip  d  =  0,0000  286  v'^s. 

Für  Wasser  ist  ^  =  1;  setzen  wir  auch  s  =  1,  so  erhalten  wir  für 
— -  0,02  mm,  v  =  0,605  m  pr.  Sek.  In  Wirklichkeit  sinken  die  Tropfen 
angsamer,  weil  bei  sehr  kleinen  Tropfen  der  Widerstand  bedeutend 
grösser  ist  als  die  Duttonsche  Formel  angiebt. 

Nach  einer  Formel  von  Stokes,  die  für  sehr  kleine  Tröpfchen  gilt, 
vürde  die  Geschwindigkeit  nahezu  proportional  der  Oberfläche  des 
rnpfens  zunehmen  und  für  die  hier  genannten  Tropfen  gleich  4  cm 
T.  Sek.  sein.  Jedenfalls*  sieht  man,  dass  aufsteigende  Luftströme  von 
ehr  unbedeutender  Geschwindigkeit  genügen,  um  diese  Tropfen  schwe- 
)end  zu  erhalten. 

Die  obenstehende  Formel  ergiebt  für  die  kleinen  von  Dines  beob- 
ichteten  Regentropfen  v  =  0,b  —  1,5  m,  für  Regentropfen  von  1,  2,  4 
md  7mm  v  =  4,3  bezw.  6,  8,5  und  11,2m.  Hagelkörner  von  lern 
)urchmesser  {p  =  0,9)  haben  danach  eine  Fallgeschwindigkeit  von  13  m. 

Die  Wolken  nehmen  je  nach  ihrer  Bildungsweise  recht  verschiedene 
\-iuien  an.  Man  ist  übereingekommen,  folgende  Klassifikation  einzu- 
ühren  (vgl.  Fig.  195): 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  41 


642 


Physik  der  Atmosphäre. 


Cirrus  oder  Federwolken.  Weisse,  schattenlose,  zarte  Wolkenfascr 
die  häufig  bandförmig  angeordnet  sind  (Polarbänder). 

Cirro-Stratus.  Weisse  Wolkenschleier,  bisweilen  fasrig,  bisweiL 
mehr  diffus.  Sie  geben  dem  Himmel  ein  milchiges  Aussehen.  Di( 
beiden  Klassen  sind  Eiswolken. 

Cirro-Cumulus,  Schäfchenwolken.  Flockenförmige,  schattend 
weisse  Wölkchen,  in  Gruppen  oder  Reihen  geordnet. 


Fig.  195.     Verschiedene  Wolkenformen.     Rechts  oben  Cirrus, 

darunter  Cumulus,   unter  diesen  wieder  horizontale  Streifen   von  Stratus-Wolkeuj 

Links  Regenwolken,  Nimbus. 


Altü-Cumulus.  Dickere  und  grössere  in  Gruppen  angeordnetej 
Wolkenballen,  die  Schatten  werfen,  häufig  sehr  dicht  liegend,  weiss  oder 
weiss-gräulich. 

Alto-Stratus.  Hohe  Schichtwolke.  Grauer,  bräunlicher  bis  bläu- 
licher dichter  Wolkenschleier,  niemals  faserig. 

Strato-Cumulus.    Dichte  Ballen   oder  Eollen  von  Wolken,  die. 


VlII.  Wolken  und  Niederschlag.  643 

häufig,  besonders  im  Winter,   den  ganzen  Himmel   mit  einer  dunklen 
woj^enförmigen  Schicht  bedecken. 

Nimbus.    Kegenwolke.    Dicke  Schichten  von  dunklen  Wolken  mit 
ifetzten  Rändern,  aus  denen  gewöhnlich  Schnee  oder  Regen  fällt.   Oft 
lien  die  Fetzen  sehr   niedrig   mit  grosser   Geschwindigkeit  (Trakto- 
\imbus). 

Cumulus.    Haufenwolke.    Unten  horizontale,  oben  kuppenförmig 

l)egrenzte,  dicke,  häufig  sehr  mächtige  Wolken,  an  der  sonnenbeschienenen 

ite  blendend   weiss,   an   den   Schattenseiten  dunkelblau.    Sie   ähneln 

, -weilen  den  Nimbus,  werden  aber  als  Cumulus  angesehen,  solange  sie 

keinen  Regen  geben.    Vom  Winde  zerrissene  Cumuli  haben  den  Namen 

Frakto-Cumuli. 

Cumulo-Nimbus.  Gewitterwolke.  Gewaltige  Wolkenmassen,  die 
l)orgen.  Türmen  etc.  ähneln.  Im  allgemeinen  sind  sie  von  einer  Girre- 
st ratus-Schicht  überlagert  und  unten  gehen  sie  in  Nimbusformen  über. 
Sie  geben  kurzdauernde  lokale  Regen  oder  Hagelschauer. 

Stratus.  Hochgehende  graue  Nebel  von  horizontaler  Schichtung, 
ilie  keinen  Regen  geben.  Sie  liegen  häufig  über  den  Bergabhängen.  Bei 
stiller  Luft  und  hohem  Barometerstand  bilden  sie  den  grauen  Winter- 
bimmel. 

Die  Wolken  bei  schönem  Wetter  sind  durch  ihre  abgerundeten 
Formen,  diejenigen  bei  schlechtem  Wetter  durch  ihre  diffuse  schleier- 
förmige  Begrenzung  gekennzeichnet. 

Gegen  den  Horizont  gehen  alle  Wolkenformen  mehr  oder  weniger 
in  Wolkenbanken  über. 

Bildungsweise  der  Wolken.     In   vielen  Fällen  kann   man   die 

Bildungsweise   der   Wolken   verfolgen.     Besonders  leicht  ist   die   Ent- 

^^phung  der  Haufenwolken  zu  beobachten.  Während  der  wärmsten  Tages- 

it  steigen  feuchte  Luftströme  mit  grosser  Geschwindigkeit  von  der  Erd- 

iterfläche   auf.    Wenn  sie  in  eine  bestimmte  Höhe  kommen,  wird  der 

Taupunkt  erreicht.  Wegen  der  Gleichförmigkeit  der  Bodenerwärmung  ist 

diese  Höhe  für  benachbarte  Orte  gleich.    Jetzt  beginnt  eine  starke  Kon- 

ilinsation  um  die  aus  den  niederen  Luftschichten  mitgeschleppten  Staub- 

rtikelchen.     Der  Luftstrom   steigt  noch  weiter   auf  und  seine  Ober- 

•  ite  ist  von  jetzt  an  durch  die  Kondensation   aus  der  immer  gesättigt 

'»leibenden  Luft  gekennzeichnet.    Dieselbe  erhält  dadurch  eine  gewölbte 

I'nrm,  während  die  Unterseite  ganz  eben  bleibt. 

Ist  die  Wolkenbildung    sehr   massig    und    erstreckt   sie   sich   über 
'ssere  Gebiete,  so  entstehen  auf  diese  Weise  Gewitterwolken.    Ley 

41* 


ß44  Physik  der  Atmosphäre. 

beobachtete  über  dem  Montblanc  eine  Gewitterwolke  von  4500  m  Dick 
Die  dicksten  Gewitterwolken  liefern  Hagel  und  ihre  Dicke  erreicht  bis- 
weilen 8000—10000  m.  , 

Je  dicker  die  Wolken,  um  so  heftiger  ist  naturgemäss  der  Nieder- 
schlag. Nach  Clayden  geben  Wolken  von  unter  600  m  Dicke  keinen 
oder  sehr  leichten  Kegen.  Bleibt  die  Dicke  unter  1200  m,  so  sind  die 
Regentropfen  massig  gross.  Sie  wachsen  mit  derselben  unter  gleicli- 
zeitiger  Temperaturabnahme,  weil  die  mittlere  Höhe  ihres  Entstehung 
oites  steigt.  Aus  Wolken  von  mehr  als  2000  m  Mächtigkeit  kann  Ha^ 
fallen. 

Über  dem  Feuersee  Kilauea  bildet  sich  bei  den  Eruptionen  eine; 
stillstehende  Cumuluswolke,  die  in  der  Nacht  durch  fortwährende  Blitze 
erleuchtet  ist. 

Über  den  Gewitterwolken  bildet  sich  ein  Schirm  von  Cirro-Stratus. 
Man  stellt  sich  ihre  Bildungsweise  nach  Hildebrandsson  folgender- 
maassen  vor.  Die  Köpfe  der  Gewitterwolken  dunsten  unter  der  Ein- 
wirkung der  heftigen  Sonnenstrahlung  in  die  kalte  umgebende  Luft  ab 
und  geben  zu  einem  aufsteigenden  Luftstrom  Anlass,  dessen  Gehalt  an 
Wasserdampf  wegen  der  niedrigen  Temperatur  massig  ist.  In  noch  höheren 
Gegenden  tritt  Kondensation  ein,  und  zwar  wegen  der  niederen  Tempe- 
ratur in  Gestalt  feiner  Eisnadeln.  Die  aufwärts  gerichtete  Strömung 
breitet  sich,  wenn  die  Luftmassen  genügend  abgekühlt  sind,  mit  grosser 
Geschwindigkeit  (14 — 16  m  pr.  Sek.  nach  Clayton)  zur  Seite  aus.  Auf 
diese  Weise  entsteht  der  Cirro-Stratusschirm. 

Die  Cirruswolken  haben  wahrscheinlich  eine  ähnliche  Entstehungs- 
weise. Sie  treten  deshalb  meist  im  Sommer  auf.  Im  Winter  kommen 
sie  in  unseren  Gegenden  nur  bei  starken  aufsteigenden  Luftwirbeln  vor. 
Auch  an  der  Grenze  zwischen  zwei  verschieden  warmen  und  feuchten  Luft- 
schichten können  sie  sich  durch  Vermischung  bilden. 

Die  Stratuswolken,  die  an  Nebel  erinnern,  verdanken  wohl  auch 
wie  diese  in  vielen  Fällen  ihre  Entstehung  der  Abkühlung  in  der 
Nähe  der  Erde  bei  starker  Strahlung.  Bisweilen,  z.  B.  in  klaren 
Winternächten  oder  im  Sommer  nach  feuchten  Tagen  bei  scharfer  Ab- 
kühlung in  der  Nacht,  entstehen  sie  in  höheren  Luftschichten.  Andere 
Schichtwolken  entstehen,  wenn  der  Wind  heftig  gegen  einen  Gebirgszug 
weht,  durch  die  Hebung  der  Luftmassen,  welche  mit  den  ausfallenden 
Wassertröpfchen  sich  auf  der  Leeseite  in  einer  horizontalen  Schicht 
ausbreiten.  Ähnliche  Bildungen  können  durch  das  Wehen  des 
Windes  gegen  eine  Küste  entstehen.    Dabei  verursacht  die  vergrösserte 


r 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  645 


It 


Reibung  eine  Aufstauung  der  Luftmassen,  die  von  Kondensation  begleitet 
ist  Die  so  gebildeten  Schichtwolken  können  eine  bedeutende  Mäch- 
tigkeit erlangen.  Strato  -  Cumuli  von  5— 6  km  Dicke  sind  bei  Ballon- 
fahrten beobachtet  worden. 

Mit    ihrer    Bildungsweise    hängt    die    periodische    Häufigkeit    der 

chiedenen  Wolkenformen  eng  zusammen.    Je   niedriger  die  Wolken 

i;en,  um  so  früher  am  Tage  erreichen  sie  ihr  Maximum.  Die  Stratus- 

Iken  sind,  wie  die  Nebel,  am  gewöhnlichsten  am  Morgen.   Die  anderen 

Welkenformen,  die  auf  aufsteigenden  Bewegungen  beruhen,  sind  dagegen 

am  Nachmittag  am  häufigsten,  wie  folgende  Tabelle  über  die  Bedeckung 

des  Himmels  in  Prozent  mit  verschiedenen  Wolkenarten  zeigt: 

V.  M.  7  Uhr  9  Uhr  11  Uhr  N.  M.  1  Uhr  3  Uhr  5  Uhr  7  Uhr  9  Uhr 

latus  ...            30       27       26  24       22      23       24       26 

Uumulus     .    .            U       VI       24  31       30       26      20      16 

Alto-Cumulus             29       26       21  27       30      26      25      22 

<:irro-Cumulus            24      22      23  24      27      26      26       28 

■krus    ...            i7       17       21  22      23      26      22       19 

^K   Im  Winter  sind  die  Stratusformen  am  häufigsten,  im  Sommer  die 

^Äniulus-rormen  (mit  Girren). 

^B  Die  Stratuswolken  sind  auch  für  höhere  Breiten,  die  Cumulus-  und 
^^fenisformen  für  niedere  Breiten  typisch.  Auch  auf  dem  Meere  und 
■^n  den  Küsten,  wo  die  tägliche  Erwärmung  massig  ist,  sind  die  Stratus 
häufiger  als  über  dem  Kontinent,  die  Cumulus  umgekehrt  seltener.  In 
mittleren  Breiten,  besonders  über  der  See,  kommen  gemischte  Wolken, 
wie  Strato-Cumulus  und  unregelmässiger  Cirro-Stratus,  am  häufigsten  vor. 
Wenn  die  Wolkengebilde  beständig  wären,  so  würden  sie  durch  die 
ungleichmässigen  Luftbewegungen,  sowie  durch  das  Sinken  der  Wasser- 
trOpfchen  ein  faseriges,  zerfetztes  Aussehen  erhalten.  Dies  triff"t  auch 
ein,  sobald  die  umgebende  Luft  feucht  ist.  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so 
dunsten  die  kleinen  Fetzen  ab,  und  man  erhält  die  schönen  abgerundeten 
J'ormen.  Deshalb  sind  diese  abgerundeten  Formen  für  schönes  Wetter 
'  harakteristisch,  während  die  zerfetzten  Wolkenformen  windiges,  feuchtes 
Wetter  angeben.  Die  Faserung  ist  bei  den  Girren  besonders  stark  ent- 
wickelt, was  auf  der  geringen  Verdunstung  in  den  betreffenden  hohen 
kühlen  Luftschichten  beruht. 

Die  auffallende  wellenförmige  Anordnung,  welche  besonders  bei 
hulien  Wolken  vorkommt,  ist  von  v.  Helmholtz  erläutert  worden.  Sie 
!i<iuht   auf  einer  Wellenbildung   zwischen  zwei  Luftschichten,   die  sich 


646  Physik  der  Atmosphäre. 

übereinander  bewegen,  sodass  sie  eine  relative  Geschwindigkeit  be- 
sitzen. An  der  Stelle,  wo  die  Geschwindigkeit  sich  plötzlich  ändert, 
die  gewissermaassen  als  Gleitfläche  bezeichnet  werden  kann,  entstehen 
Wellen,  ganz  wie  an  der  Gleitfläche  zwischen  Luft  und  Wasser.  Der 
eigentliche  Unterschied  ist  nur  der,  dass  im  erstgenannten  Fall,  wegen 
dem  geringen  Unterschied  der  Dichte  der  beiden  übereinander  gleitenden 
Schichten,  die  Wellen  unvergleichlich  viel  länger  werden  wie  im  zweite' 
Fall,  wo  der  Dichtenunterschied  sehr  bedeutend  ist.  Dementsprechen 
werden  auch  die  Wellenhöhen  bei  den  Luftwellen  ausserordentlich  viel 
grösser  als  bei  den  Wasserwellen.  Nehmen  wir  jetzt  an,  die  untere 
Schicht  sei,  wie  gewöhnlich,  die  feuchtere,  so  werden  die  Luftmassen 
derselben  an  jedem  Wellenkamm  stark  in  die  Höhe  gehoben,  in  jedem 
Wellenthal  dagegen  ebenso  stark  nach  unten  verschoben.  Die  Welleii- 
kämme  zeichnen  sich  deshalb  durch  Kondensation  aus,  die  Wellenthälei 
durch  Auflösung  der  Wolken.  Der  Himmel  erscheint  in  solchen  Fällen 
mit  langen  parallelen  Wolkenstreifen  überzogen.  Bisweilen  können  zwei 
solche  Wellenzüge,  wie  bei  den  Wasserwellen,  zufolge  einer  Art  Dünung 
einander  kreuzen,  es  entsteht  dann  ein  charakteristisches  rautenförmige- 
Gewölk  am  Himmel. 

Dieses  Problem  ist  später  von  W.  Wien  sehr  eingehend  behandelt 
worden. 

Für  die  Wellenlänge,  /,  einer  Wellenbewegung  an  der  Grenzfläche 
zwischen  zwei  Flüssigkeiten  (Gase  einbegriffen)  von  den  Dichten  q  und 
Qi,  die  mit  der  relativen  Geschwindigkeit  v  übereinander  weggleiten  gilt 
die  Beziehung: 

l  =  2jt 


9     Q\—Qi^ 

worin  g  wie  gewöhnlich  die  Beschleunigung  der  Schwerkraft  bedeutet. 
Setzen  wir  einmal  q  =  l,  ()i  =  0,001293,  ein  zweitesmal  q  =  \  0,001293 
d  =  i  0,001 247,  so  entspricht  diese  Annahme  im  ersten  Falle  Wasser 
und  Luft  bei  0«,  im  zweiten  Luft  bei  0»  und  bei  +  lO''  C.  in  5500  m 
Höhe.  Angenommen  weiter,  dass  in  beiden  Fällen,  t?  =  1  m  pr.  Sek.  und 
(7  =  9,81  m  pr.  Sek 2,  so  wird  l  im  ersten  Falle  gleich  0,00083  m,  im 
zweiten  dagegen  gleich  8,8  m.  Allgemein  ist  die  Wellenlänge  bei 
gleichem  v-Wert  10630  mal  grösser  in  Luft  unter  diesen  Bedingungen, 
wie  bei  Wasserwellen. 

Da  die  Länge  der  Luftwellen  unter  übrigens  gleichen  Um- 
ständen dem  Dichtenunterschied  umgekehrt  und  dem  Quadrate  r^ 
der    Geschwindigkeit    direkt    proportional    ist    und    der    Dichtenunter- 


VITT.  Wolken  und  Niederschlag.  ß47 

diied  der  beiden  übereiliandergleitenden  Luftscliichten  wohl  selten  so 
ross  ist,  wie  oben  angenommen,  so  muss  man  nicht  allzu  grosse  Ge- 
I  hwindigkeiten  v  annehmen  (etwa  0,2 — 5  m),  um  zu  Dimensionen  der 
\  olkenwellen  zu  gelangen,  welche  den  gewöhnlichen  Fällen  ent- 
1  irechen. 

Die  Wolkenwellen   unterscheiden   sich   in   einer  Hinsicht  von  den 

\  asserwellen.    Bei  diesen  sind  die  Wellenkämme  sehr  schmal  im  Ver- 

Itich  zu  den  Wellenthälern,   bei  jenen   trifft   das  Gegenteil  zu.    Dies 

ruht  darauf,  dass  bei  den  Luftwellen  der  Schaum  der  Wellenkämme, 

iiher  ausgefällte  Wassertröpfchen  enthält,  in  der  darüb  erliegenden  Luft 

[tendiert  bleibt,  während   bei  Wasserwellen  der  Schaum   gleich   ins 

\  asser  zurückfällt. 

Höhe  und  Geschwindigkeit  der  Wolken.  Die  Wiukelgeschwin- 
ligkeit  der  Wolken  misst  man  mit  dem  Nephoskop.    Dieses  Instrument 

Reht  aus  einer  kreisrunden  glatten  Scheibe  aus  schwarzem  oder  unten 
hwärztem  Glas,  um  deren  Mittelpunkt  mehrere  konzentrische  Kreise 
lehnet  sind.  Ausserdem  sind  durch  den  Mittelpunkt  mehrere  Durch- 
iiesser  gezogen,  welche  nach  den  Himmelsrichtungen  auf  der  horizontal 
jiufgelegten  Scheibe  orientiert  sind.  Am  Rand  der  Glasscheibe  steht  ein 
ertikaler  Stab,  der  oben  mit  einer  Spitze  oder  Öse  versehen  ist.  Der 
jitab  kann  dem  Rande  entlang  verschoben  werden  und  sein  oberes  Ende 
.'ermittelst  einer  Zahnstange  mit  Schraube  in  beliebiger  Höhe  eingestellt 
.Verden.  Man  blickt  über  die  Spitze  oder  durch  die  Ose  auf  den  Mittel- 
•unkt  des  Spiegels  und  stellt  so  ein,  dass  man  dabei  eine  bestimmte 
^t'lle  einer  Wolke  sieht.  Dann  folgt  man  bei  feststehendem  Stab  mit 
Itiii  Auge  dem  Bild  des  mit  der  Stabspitze  zusammenfallendem  Wolken- 
'  iis,  bis  es  durch  einen  Kreis  passiert.  Die  Zeit,  welche  von  der  Ein- 
-ii'Uung  des  Nephoskops  an  verstrichen  ist,  ebenso  die  Richtung  des 
l)urchmessers,  dem  entlang  das  Bild  gezogen  ist,  werden  notiert.  Aus 
diesen  Angaben  kann  man  leicht  die  Winkelgeschwindigkeit  berechnen 
uid  erhält  direkt  die  Zugrichtung  der  Wolke. 

Um  die  absolute  Geschwindigkeit  aus  der  Winkelgeschwindigkeit  zu 
berechnen,  muss  man  ausserdem  die  Entfernung  der  Wolke  kennen, 
woraus  dann  ihre  Höhe  leicht  zu  berechnen  ist.  Die  Entfernung  be- 
stioimt  man  gewöhnlich  vermittels  Triangulierung  (vgl.  S.  236) 
von  einer  Basis  von  geeigneter  Länge  (100  m  — 1000  m).  Aus  den  von 
den  beiden  Endpunkten  der  Basis  gleichzeitig  beobachteten  Azimuten 
"nd  Höhen  eines  bestimmten  Wolkenteils  kann  man  seine  Entfernung: 

cchnen     Durch   fortgesetzte  Beobachtung   dieser  Grössen   kann  man 


g48  Physik  der  Atmosphäre. 

danu  auch  die  Bewegungsrichtung  und  Geschwindigkeit  des  Wolkenteil 
ermitteln. 

In  neuerer  Zeit  nimmt  man  statt  dessen  häufig  den  betr.  Wolken 
teil  mit  zwei  nach  bestimmten  Richtungen  eingestellten  Kameraen  ai 
und  bestimmt  die  Lage  des  Bildes  auf  den  beiden  Platten. 

Die  meisten  solchen  Messungen  sind  in  Schweden  (üpsala)  unt 
Amerika  (Blue  Hill  bei  Boston)  ausgeführt  worden.  Sie  führten  z\ 
folgenden  Ergebnissen  betreffs  der  mittleren  Höhe  folgender  Wolken 
gattungen.  Die  Messungen  gelten  für  den  Sommer,  und  die  Höhe  i- 
in  Metern  über  dem  Beobachtungsort  angegeben. 

Upsala  Boston 

Cirrus 8500  m        9900  m 

Cirro-Stratus,  hohe  .    . 
„  niedrige  . 

Cirro-Cumulus      .    .    . 
Alto-Cumulus,  hohe 

„  niedrige 

Strato- Cumulus    .    .    . 

Cumulo-Nimbus,  Gipfel 

„  Basis 

Cumulus,  Gipfel  .    .    . 

„         Basis    .    .    . 

Nimbus 1600 

Stratus    

Die  Cirro-Stratus-  und  Cumulo-Nimbus -Wolken  haben  sehr  ver-i 
schiedene  Höhen,  die  sich  um  zwei  Mittelwerte  gruppieren.  Dement- 
sprechend sind  diese  beiden  Wolkengattungen  in  zwei  Unterabteilungen, 
hohe  und  niedrige,  eingeteilt.  (Gegen  die  Einteilung  der  Alto-Cumuli,i 
die  in  allen  Höhen  zwischen  800  und  9000  m  beobachtet  sind,  in  hohe] 
und  niedrige  hat  jedoch  Hann  Einsprüche  erhoben.) 

Die  Maximal-  und  Minimalwerte  der  Wolkenhöhen  können  ganz 
bedeutend  von  den  Mittelwerten  abweichen.  So  z.  B.  wechselte  die  Höhe 
der  Strato- Cumuli  zu  Upsala  zwischen  470  und  4400  m,  diejenige  der 
Cirri  zwischen  3600  und  13400  m. 

Abgesehen  von  den  niedrigsten  Wolkenformen,  Nimbus  und  Stratus, 
liegen  die  Wolken  nach  den  Messungen  bei  Boston  etwas  höher  wie 
nach  denjenigen  von  Upsala.  Dies  rührt  daher,  dass  im  Sommer  die 
relative  Feuchtigkeit  in  Upsala  etwas  grösser  als  in  Blue  Hill  bei 
Boston  ist. 


9250 

8750 

5200 

6480 

6400 

7610 

5700 

6410 

2750 

3170 

2060 

2000 

2670 

1400 

1200 

2020 

2180 

1390 

1470 

1600 

710 

810 

580 

■ 


"VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  549 


Dieser  Umstand  giebt  sich  auch  in  der  jährlichen  Schwankung  der 

j  Wolkenhöhen  kund,   indem  die  verschiedenen  Wolkenarten  im  Sommer 

in  Upsala  im  Mittel  etwa  700  m,   zu  Blue  Hill   etwa  900  m  höher  wie 

im  Winter  liegen.    Am  grössten  ist  der  Unterschied  für  Cirrus- Wolken 

!200  bezw.  1900  m),  am  geringsten  für  Alto-Cumuli  (200  m). 

Auch  eine  tägliche  Schwankung  der  Wolkenhöhe,  welche  mit  der 

ativen  Feuchtigkeit  zusammenhängt,  tritt  sehr  deutlich  hervor,  indem 

liese  Höhe  während   des  Tages  zunimmt,   und   am  Abend   und   in  der 

Nacht  wieder  abnimmt.     Diese  Änderung   geht  aus  folgender  Tabelle 

liervor. 

Mittlere  Höhe  der  Wolke  um 
8  ühr  V.  M.    1  Uhr  N.  M.    7  Uhr  N.  M. 
Cirrus     .    .    .      8700  8760  9500 

Cirro-Cumulus      6020  6570  6230 

Alto-Cumulus .      3780  4260  4000 

Nimbus  .    .    .      1180  1550  2160 

Ferner  nimmt  die  Mächtigkeit  (Gipfel-Basis)  der  Cumulus- Wolken 
am  Vormittag  zu,  bis  zu  einem  Maximum  kurz  nach  Mittag  (etwa  um  1  Uhr) 
and  nimmt  dann  ab.  So  wurde  diese  Mächtigkeit  um  8  Uhr  V.  M.  zu 
210  m,  um  12  Uhr  und  2  Uhr  N.  M.  zu  570  bezw.  540  m  und  um  5  Uhr 
X.  M.  zu  60  m  im  Mittel  geschätzt. 

Die  Kondensation  des  Wasserdampfes  findet  hauptsächhch  in  zwei 
verschiedenen  Höhenlagen  statt,  von  welchen  die  niedrigere  durch  die 
Cumuli,  die  höhere  durch  Cirri  und  Cirro-Strati  charakterisiert  ist.  Dies 
hängt  mit  der  Bildungsweise  der  Wolken  zusammen,  indem  die  Cumuli 
als  Produkte  einer  ersten,  die  Cirri  und  Cirro-Strati  als  Produkte  einer 
zweiten  Kondensation  angesehen  werden  können. 

Die  Messungen  des  nordamerikanischen  Wetter-Bureaus  über  die 
prozentische  Verteilung  der  Wolken  in  verschiedenen  Höhen  ergaben 
folgende  Resultate: 

Höhe    .    .    .  0—1200— 2800— 4400— 6000-7600-9200— 10800— 12400— 14000  m 
Proz.Wolken    4,0      21,8      11,5       8,0       7ß       12,8     18,9       10,0        5,4 

Wolken  von  mehr  als  15  km  Höhe  werden  nur  selten  beobachtet. 
Die  Wasserdampfmengen  in  dieser  Höhe  sind  so  verschwindend  gering 
(vgl.  S.  626),  dass  man  keine  merkliche  Kondensationen  zu  erwarten  hat. 
Jedoch  sind  unter  günstigen  Beleuchtungs-Verhältnissen  „leuchtende 
Nachtwolken"  von  Jesse,  Mohn  und  anderen  beobachtet  worden,  deren 
Höhe  bis  gegen  100  km  oder  mehr  emporreichte  (vgl.  S.  580). 

Die  Geschwindigkeit   der  Wolken   ist   sehr   nahe    derjenigen    der 


ß50  Physik  der  Atmosphäre. 

umgebenden  Luftmassen  gleich.  Dass  dieser  Satz  nicht  streng  giltig  ist, 
kann  man  daraus  ersehen,  dass  eine  Wolke  auf  der  einen  Seite  (Luv- 
Seite)  zuwachsen,  auf  der  anderen  Seite  sich  auflösen  kann.  So  sieht 
man  Wolken,  die  sich  über  einen  Bergkamm  hinahwälzen,  in  einer  be- 
stimmten Höhe  sich  auflösen.  Die  Wolkenbank  liegt  fest,  obgleich  die 
Luftmassen  sich  fortbewegen.  Für  in  horizontaler  Richtung  sich  be- 
wegende Wolken  dürfte  jedoch  die  Geschwindigkeit  ohne  merklichen 
Fehler  gleich  der  Windgeschwindigkeit  in  der  Umgebung  gesetzt  werden 
können. 

Die  Geschwindigkeit  der  Wolken  in  horizontaler  Richtung  steigt  mit 
ihrer  Höhe.  Sie  ist  im  Winter  grösser  wie  im  Sommer,  wie  die  nach- 
stehende Tabelle  zeigt.  In  den  Tropen  verschwindet  dieser  Unterschied 
der  Jahreszeiten  aus  leicht  ersichtlichen  Gründen. 

Wolkengeschwindigkeit  in  m  pro  Sek.  (W.  =  Dez.— Febr.,  S.  =  Juni— Aiii 
Höhe  der  Wolken  .     .     500—2000—4000-6000—8000—10000-140(1' 

Upsala  (60^  n.  Br.) 
Blue  Hill  (42,50  n.Br.) 
Manila  (15«  n.   Br.) 

Die  maximale  Geschwindigkeit  der  Cirrus- Wolken  kann  nach  ameri- 
kanischen Messungen  etwa  100  m  pro  Sek.  erreichen,  diejenige  der 
Cumulus- Wolken  nur  ein  Drittel  davon. 

Bewölkung.     Da   die    Bewölkung    von    grösster    meteorologischer; 
Bedeutung  ist,  indem  dieselbe  die  Grösse  der  Sonnenstrahlung  und  der 
nächtlichen    Ausstrahlung    beeinflusst,    hat    man    bei    allen    meteoro- 
logischen Beobachtungen  eine  Angabe  über  den  Bruchteil  des  Himmels,  [ 
welcher  von   Wolken   bedeckt  ist,    vorgeschrieben.     Die   Grösse    dieses  1 
Teils  wird    nach  Augenmaass   geschätzt  und   in  Zehnteilen  angegeben.! 
Der    Bewölkung    am    Horizont,    welche    aus    perspektivischen   Gründen 
zu  stark  erscheint,   soll  dabei   ein  geringeres  Gewicht  beigelegt  werden. 
Auf  die  Dichte  der  Bewölkung  wird  dabei  keine  Rücksicht   genommen, 
sondern  dieselbe  wird  durch  eine  eigene  Angabe  (0  sehr  dünn,  2  dicht) 
gekennzeichnet. 

An  Stelle  der  Bewölkung  kann  man  die  Dauer  des  Sonnenscheins 
als  Bruchteil  der  Tageslänge  angeben.  Dabei  benutzt  man  für  gewöhn- 
lich eine  kugelförmige  Linse,  die  ein  Sonnenbild   auf  ein  Papier  wirft 


w. 

9,0 

10,8 

19,9 

20,5 

33,5 

— 

s. 

9,3 

6,6 

12,0 

20,3 

19,7 

— 

w. 

11,3 

17,9 

26,3 

31,0 

41.8 

50,4 

s. 

8,5 

11,7 

13,9 

19,0 

29,8 

32,8 

w. 

5,7 

7,2 

4,9 

7,5 

17,0 

12,2 

s. 

5,3 

7,1 

8,0 

8,5 

10,2 

14,1 

irftL 

I 


p 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  g5| 


-t  der  Himmel  rein,  so  verkohlt  das  Papier  an  der  entsprechenden  Stelle. 

'  11  kann  natürlich  ebenso  gut  photographische  Registrierung  verwenden. 

In  der  Nacht  wird  die  Bewölkung  aus  der  Sichtbarkeit  der  Sterne 

bätzt.    Bei  photographischen  Aufnahmen  stellt  man  die  Camera  auf 

circumpolaren  Sterne   ein,   welche  Kreise   auf  der  Platte   zeichnen, 

,u  bei  Bewölkung  abgebrochen  sind. 

Die  Bewölkung  zeigt  eine  deutliche  Periode  sowohl  nach  den  Jahres- 
nach  den  Tageszeiten.    Als  Beispiele  mögen  folgende  Angaben  an- 
führt werden. 

Tägliche  Periode  der  Bewölkung  (in  Zehnteln) 
V.M.  2  6  10   N.M.  2  6  10 

»ffener  Ocean  5,9        6,2        5,8  5,8        5,7        5,7 

Allahabad  2,7        3,3        3,2  3,6        3,5        2,5 

Wien,  Okt.— Febr.         +  0,33  +  0,48  +  0,34  0      —  0,06  -  0,43 

„      Mai— Juni  —  0,33  —  0,18  +  0,21      +  0,58  +  0,35  —  0,63 

.,     Apr.,  Juli— Sept.  —  0,3 1  +  0,25  +  0,11      +  0,37  +  0,12  —  0,54 
Die  Ziffern  für  Wien  geben  die  Schwankungen  um  den  Mittelwert, 
nächste  Tabelle,  an. 

Jährliche  Periode  der  Bewölkung  (in  Zehnteln) 

Jan.  Febr.  Mä.  Apr.  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 

[M-England         7,8  7,5  7,4  7,6  6,6  6,8  6,9  6,7   6,8  6,7   7,1    7,1  7,1 

psala  8,1   7,7  7,2  6,1   5,7  5,8   5,2  5,3    5,5  5,8   7,0    7,5  6,9 

l[Onchen  7,3  6,9  5,9  5,4  6,9  6,3    6,3  6,0   5,9  6,2    7,2    7,2  6,5 

u  7,3   7,2   6,7   6,2   5,2  5,1    4,9   4,5   4,5  4,5    5,4    7,4  5,7 

.  ()rweg.,S.-Küste  6,9  7,2  6,9  6,3   6,0  6,2   6,0  6,9  6,5  7,0   6,9   6,8  6,6 

Istl.  Mittel- 

^,0     1^      4,9  4,6  3,8  3,7   2,8   1,3    1,1  1,3   1,8   2,5   4,0   4,7    3,0 
meer  34"  n.  Br.     ?'''''''''''' 

j.lpengipf.  2600  m 

470nBr  ^'^  ^'^  ^'^  ^'^  ^'^  ^"^   ^'^   ^'^  ^'^    ^'^    ^'^    ^'"^    ^'^ 

l'amerun,  Gabun 
„30  „Bj.  -^4  6,3  7,0  7,2   7,4  7,7  8,9  8,6  8,4   8,0    7,4  8,6  7,4 

'stasien 

561/  0  n.  Br.       "^'^  ^'^  ^'^  ^''^    ^'"^  ^'^  ^'^  ^''^  ^'^    ^'^   ^'^   ^'^    ^'^ 

In  kontinentalen  Gebieten  ist  der  tägliche  Gang  relativ  einfach, 
lin  Minimum  tritt  am  Abend  um  10—11  Uhr  ein,  wonach  die  Bewöl- 
'^^'■\g  steigt,  zur  Mittagszeit  oder  kurz  danach  erreicht  sie  ein  Maxi- 
liim.  Die  Schwankung  ist  im  Winter  gering,  in  Paris  zwischen 
r»  und  7,2,   im   Sommer  bedeutender,   in  Paris  zwischen  4,2  und  6,2. 


ß52  Physik  der  Atmosphäre. 

Auf  dem  Ocean  ist  die  Schwankung  sehr  gering,  zwischen  5,6  am  Mitta 
und  6,2  um  6 — 8  Uhr  V.  M.  Die  Veränderung  der  Periodizität  mit  de 
Jahreszeiten  zeigen  die  Daten  aus  Wien.  Im  Vorsommer  verhält  sie' 
die  Bewölkung  wie  in  Paris;  im  Frühling  und  Nachsommer  tritt  eii 
sekundäres  Maximum  um  6  Uhr  Vormittags  hinzu,  welches  in  den  Winter 
monaten  zum  Hauptmaximum  wird,  während  das  Mittagsmaximum  Vr 
schwindet. 

Der  jährliche  Gang  der  Bewölkung  zeigt  in  unseren  Gegenden  eii 
Maximum  im  Winter,  ein  Minimum  im  Hochsommer  mit  geringere 
Variationen.  Dieser  Gang  gilt  für  höher  gelegene  Punkte  in  Gebirg* 
nicht,  weil  im  Winter  ein  grosser  Teil  der  Wolken  unter  ihn 
liegt.  Daselbst  kann,  wie  das  oben  angeführte  Beispiel  (Alpengipfel 
zeigt,  sogar  der  Gang  nahezu  umgekehrt  werden,  indem  das  Minimunj 
im  Januar,  das  Maximum  im  Vorsommer  liegt.  Einen  ähnlichen  Gan^ 
zeigen  die  kältesten  und  die  äquatorialen  Gegenden. 

Alle  diese  ziemlich  komplizierten  Erscheinungen  finden  in  jedem  ein-j 
zelnen  Falle  ihre  Erklärung  aus  der  täglichen  und  jährlichen  Veränderung;' 
der  Wolkenmenge. 

Aus  der  Zeit  des  Sonnenscheins  kann  man  die  Zeit  berechnenj 
während  welcher  die  Sonne  von  Wolken  verdeckt  gewesen  ist.  Diese  Zeit' 
in  Prozenten  der  Tageslänge  ausgedrückt,  stimmt  nicht  völlig  mit  dei 
mit  10  multiplizierten  Zahl  der  Bewölkung  überein.  Diese  Abweichungj 
welche  auf  der  Ungleichheit  der  Bewölkung  zu  verschiedenen  Tages-| 
Zeiten  und  an  verschiedenen  Himmelsteilen  beruht,  ist  jedoch  ziemlicl? 
unbedeutend.  Als  Beispiele  der  Ziffern  für  die  Sonnenstrahlung  mögen 
folgende  Daten  angeführt  v/erden. 

Sonnenschein,  Prozent  von  der  möglichen  Bestrahlungszeit  i 

Jan.  Febr.  März  April  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Mittelj 
Valentia  18  22  22  35  43  51  39  31  34  33  25  26  32  j 
Petersburg  9  20  29  35  51  43  54  48  46  39  23  ^  34  j 
Wien  27     33     31     37     35    47     50     59    43    45    22    27     38   I 

New  York      54     52    60     59     62     61     73    75     73     71     68     56    64 

Der  tägliche  Gang  der  Insolation  zeigt  in  Mitteleuropa  im  Winterj 
einen  umgekehrten  Gang  wie  im  Sommer,  indem  im  Winter  die  Nach-, 
mittage  mehr  Sonnenschein  aufweisen  wie  die  Vormittage.  Dies  gilt; 
auch  für  das  Jahr  besonders  in  küstennahen  Orten,  nicht  aber  im  Hoch-j 
gebirge.  Im  Hochsommer  ist  es  umgekehrt,  besonders  im  Gebirge.  Das-^ 
selbe  trifft  für  die  Tropen  im  ganzen  Jahr  zu.  Der  Grund  ist,  dassi 
in  kälteren  Jahreszeiten  und  Gegenden  die  Nebel  und  niedrigen  WülkenJ 


f 


Vni.  Wolken  und  Niederschlag.  §53 


[otwiegen,  welche  ihr  Maximum  am  Morgen  aufweisen,  in  wärmeren 
Jahreszeiten  und  Gegenden  dagegen  die  im  Nachmittag  häufigen  Cumulus- 
wolken die  Hauptmasse  der  Bewölkung  bilden. 

Die  Verteilung   der   Bewölkung   über    der   Erdoberfläche    ist   von 
iMSserenc  de  Bort  durch  Linien  der  gleichen  Bewölkung,  Isonephen, 
■rgestellt.     Aus   seinen  Daten   sind    folgende   Mittelwerte   in   Prozent 
Lohnet. 


Breite 

0 

Land 

Meer 

Mittel 

70-60  N. 

58 

66 

60 

60-50 

56 

68 

62 

50-40 

46 

63 

55 

40—30 

36 

52 

46 

30—20 

29 

47 

41 

20—10 

28 

47 

42 

10— Äq. 

50 

57 

55 

Äq.-lO  S. 

55 

60 

58 

10-20 

48 

54 

53 

20-30 

30 

50 

43 

30-40 

39 

51 

49 

40—50 

62 

61 

62 

50—60 

71 

72 

72 

ie  Bewölkung  zeigt  ein  Maximum  zwischen  dem  Äquator  und 
s.  Br.  und  nimmt  von  da  nach  beiden  Seiten  stark  ab  bis  zu  etwa 
0^  n.  Br.  und  25°  s.  Br.  Von  da  ab  nimmt  sie  mit  der  Breite  zu  und 
rreicht  wohl  erst  am  Pol  ihr  Maximum.  Die  Bewölkung  ist,  wie  natür- 
'li,  geringer  über  dem  Kontinent  als  über  dem  Meer.  Hauptsächlich 
eshalb  zeigt  die  nördliche  Halbkugel  eine  geringere  Bewölkung  als  die 
üdliche. 

Die  mittlere  Bewölkung  für  die  ganze  Erde  erreicht  etwa  52  Proz. 
)ie  Dauer  des  Sonnenscheins  beträgt  für  Italien  52  Proz.,  für  Deutsch- 
md  38  Proz.,  für  die  britischen  Inseln  nur  30  Proz.  der  möglichen 
)auer.  Auf  Berggipfeln  ist  sie  geringer  als  in  der  Ebene  (Ben  Nevis 
6  Proz.,  Sonnblick  34,  gegen  40  im  Thal).  Hochthäler  zeigen  dagegen 
äufig  mehr  Sonnenschein  wie  die  Niederung  (z.  B.  Davos).  Grosse  Städte 
üssen  durch  Rauch  und  Nebel  viel  Sonnenschein  ein,  so  z.  B.  London 
in  Drittel,  Hamburg  ein  Viertel. 

Die  Entstehungsweise  der  Regentropfen.  Wilson  hat  be- 
'-« linet,  dass  die  Tropfen,  welche  ohne  Kondensationskerne  sich  bei  Aus- 
ehnung  bilden,  einen  Durchmesser  von  1,7.10-^  mm  besitzen.  So  kleine 


554  Physik  der  Atmosphäre. 

Tropfen  können  nicht  beobachtet  werden,  und  in  der  Natur  komm 
wohl  immer  Kondensationskerne  vor,  die  Tropfenbildung  bei  geringet 
Übersättigung  herbeiführen,  wobei  auch  die  Tropfen  grösser  sind.  Bocl 
hat  aus  den  Beugungserscheinungen  in  dem  durch  einen  Dampfstrali 
hindurchgegangenen  Licht  berechnet,  dass  darin  Tropfen  von  1—2 
vorkommen.  In  der  Nähe  der  kleinen  Tropfen  ist  der  Dampfdruck  grössel 
als  in  der  Nähe  der  grossen,  deshalb  destilliert  Wasser  hinüber  und  di; 
grossen  Tropfen  wachsen  auf  Kosten  der  kleinen. 

K.  V.  Helmholtz  hat  einen  interessanten  Versuch  gemacht.  Wem 
man  auf  eine  Glasplatte  atmet,  auf  welcher  ein  paar  grössere  Wasser 
tropfen  liegen,  so  bedeckt  sie  sich  mit  einem  Anflug,  welcher  v. 
der  Nähe  der  grossen  Tropfen  bald  verschwindet,  sodass  dieselben  vni 
einem  klaren  Kand  umgeben  sind.  Die  kleinen  Hauchtröpfchen  siin 
in  der  Nähe  der  grossen  Tropfen  zu  diesen  hinüberdestilliert. 

Wenn  der  Durchmesser  der  Tröpfchen  gegen  0,1  mm  oder  meli; 
erreicht,  ist  jedenfalls  der  Unterschied  in  ihrer  Dampfspannung  zu  un 
bedeutend,  um  eine  nennenswerte  Destillation  herbeiführen  zu  können 
Trotzdem  sind  die  Regentropfen  viele  Male  grösser  als  die  Nebeltropfen 
deren  mittlere  Grösse  auf  0,02  mm  Durchmesser  geschätzt  worden  ist 
Dies  beruht  ohne  Zweifel  auf  einem  rein  mechanischen  Zusammenfliessei 
der  Nebeltropfen  beim  Herunterfallen.  Im  Gebirge  beobachtet  man  häufig 
wie  ein  am  Fusse  des  Berges  heftiger  Regen  höher  hinauf  durch  feinen 
Regen  und  noch  höher  durch  einen  Nebel  ersetzt  wird,  aus  dem  langsam 
mikroskopische  Tropfen  herausfallen. 

Man  hat  schon  lange  (Kant)  vermutet,  dass  elektrische  Entladungen! 
bei  dem  Zusammenfliessen  der  Wassertropfen  eine  grosse  Rolle  spielenl 
Ein  fallender  Wasserstrahl,  der  sich  in  Tropfen  auflöst,  hält  bis  zu 
einem  tieferen  Punkte  zusammen,  wenn  man  ihm  eine  geriebene  Siegel- 
lackstange  nähert  (Rayleigh).  R.  v.  Helmholtz,  Richarz,  Aitken] 
Shelford  Bidwell,  Barus  u.  a.  haben  eine  ähnliche  Erscheinung 
studiert.  Ein  Dampfstrahl  wird  undurchsichtiger  und  dadurch  eine  län- 
gere Strecke  sichtbar,  sobald  er  elektrischen  Ausströmungen  ausgesetzt 
wird,  was  auf  eine  kondensierende  Einwirkung  hindeutet.  Es  scheintj 
jedoch,  dass  die  elektrische  Ladung  nicht  selbst  wirksam  ist,  sondern 
die  durch  ihre  Ausströmung  in  die  Luft  entstehenden  Produkte.  Luft.| 
in  welche  die  Elektrizität"  ausgeströmt  ist,  kann  nämlich  lange  Strecken! 
durch  Röhren  geleitet  werden,  ohne  die  kondensierende  Eigenschaft' 
zu  verlieren.  Ähnliche  Eigenschaften  zeigt  Luft,  welche  mit  Röntgen-; 
oder  Kathodenstrahlen  durchstrahlt  ist.    Man  nimmt  von  solcher  Luft; 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  g55 

'%U,^  dass  sie  positive  und  negative  Ionen  enthält.   Diese  können  in  einem 

iBlektrostatischen  Feld  voneinander  getrennt  werden.   Es  zeigt  sich  dabei 

nach  Wilson,  dass  die  negativen  Ionen  eine  bedeutend  stärker  konden- 

rcnde  Eigenschaft  besitzen  als  die  positiven.  Mit  Sonnenlicht  beleuch- 

BLuft  zeigte  diese  Eigentümlichkeit  nicht.  Lenard  fand  bei  ünter- 
ung  des  Niederschlages  in  ultraviolett  bestrahlter  Luft  keine  Eigen- 
Dg  desselben. 

Physikalische  und  chemische  Eigenschaften  der  Eegen- 
ropfen.    Die  Grösse   der  Regentropfen   ist   sehr  verschieden  je   nach 
idi  äusseren  Umständen.    Je  dichter  und  mächtiger  die  regengebenden 
W'ulken  sind,  um  so  grösser  werden  sie  im  allgemeinen.    Die  Mächtig- 
it  der  Wolken   hängt   aber  von   der  Wasserdampfmenge   in  der  Luft 
.  und  die  Regentropfen  wachsen  deshalb  im  allgemeinen  mit  der  Luft- 
iperatur,  sodass  die  grössten  Tropfen  in  den  Tropen  vorkommen.  Die 
fen  können  jedoch  eine  gewisse  Grösse  wegen  des  Luftwiderstandes 
Wra  Herunterfallen  nicht  überschreiten.     Lässt   man  nämlich  grössere 
'Wassermassen  als  von  etwa   0,2  g  Gewicht  durch  die  Luft  fallen,   so 
n  sie  sich  in  kleinere  Tropfen  auf  (Wiesner;  nach  Ritter  ist  das 
kVIaximalgewicht  0,14  g).    Danach   dürften  Regentropfen   von  grösserem, 
'^'irchmesser  als  etwa  7  mm  nicht  vorkommen.    Die  Tropfen  bei  Platz- 
en erreichen  einen  Durchmesser  von  etwa  5  mm,   bei  gewöhnlichem 
-len  2—4  mm  und  bei  feinem  Regen,  wie  Nebelregen,  noch  weniger. 
Bei  einem  Gewitter  bemerkt  man  leicht,  dass  die  zuerst  fallenden, 
gewöhnlich    spärlichen  Tropfen    sehr    gross    sind    und    kleinere    ihnen 
x)lgen,   bis   der  eigentliche  Regenschauer   aus   ziemlich   gleichmässigen 
Tropfen  besteht.    Dass   die   grössten  Tropfen  zuerst  hinunter  kommen, 
st  eine  Folge  des  Luftwiderstandes  (vgl.  S.  641). 

Die  Regentropfen  haben,  wegen  ihrer  Herkunft  aus  höheren  kühlen 
i>uftschichten,  im  allgemeinen  eine  niedrigere  Temperatur  als  die  Luft 
in  der  Erdoberfläche.  Passerini  in  Florenz  fand,  dass  im  Juni— Sept. 
1er  Regen  um  3,1^  im  Mai  und  Okt.— Nov.  um  1,1  <>  kälter  als  die  Luft 
im  Erdboden  Avar.  Dies  hängt  mit  der  starken  Abnahme  der  Luft- 
I  inperatur  nach  oben  an  Sommertagen  und  der  grossen  Höhe  der 
^\\»lken  zu  dieser  Zeit  zusammen. 

Die  Herkunft  der  Regenwolken  spielt  dabei  auch  eine  Rolle,  indem 
liif-h  Breitenlohner  die  in  Lobositz  (Böhmen)  aus  dem  Südwestqua- 
Iranten  stammenden  Gewitterwolken  eine  Regentemperatur  von  nur 
),8^  C.  unter  der  Lufttemperatur  am  Erdboden,  diejenigen  von  N.,  NE 
md  NW  dagegen  d^  C  unter  derselben  zeigten. 


656  Physik  der  Atmosphäre. 

Bisweilen  kann  der  Eegen  wärmer  sein  als  die  niedere  Luft  imq 
der  Boden.  In  diesem  Fall  entsteht  auf  gefrorenem  Boden  Glattei^ 
(vgl.  S.  638).  ; 

Der  Kegen  und  der  Schnee  nehmen  alle  Körper,  die  in  der  Luft 
schweben,  auf.  An  der  Meeresküste  enthält  der  Kegen  Spuren  von 
Salzen  aus  dem  Meerwasser,  welches  als  Wellenschaum  der  Luft  Tröpf- 
chen abgegeben  hat.  In  der  Nähe  von  Fabrikstädten  enthält  der  Nieder- 
schlag Schwefelsäure,  die  bei  der  Verbrennung  von  kieshaltigen  Kohlen 
entstanden  ist.  Ausserdem  schleppt  der  Niederschlag  alle  Arten  von 
Staub  mit  sich,  darunter  allerlei  Mikroorganismen,  wie  Bakterien,  Pilz- 
sporen u.  s.  w.  Aus  diesem  Grunde  ist  das  Regenwasser  nicht  als  Trink- 
wasser zu  empfehlen.  Bisweilen  fällt  mit  dem  Regen  der  gelbe  Pollen 
blühender  Nadelhölzer,  er  wird  dann  Schwefelregen  genannt. 

Ausser  diesen  festen  oder   gelösten  Bestandteilen  enthält  der  Regt 
alle  atmosphärischen  Gase  aufgelöst. 

Unter  diesen  Gasen  ist  das  Ammoniak  das  wichtigste  wegen  seind 
landwirtschaftlichen  Bedeutung.  Ausser  Ammoniak  enthält  der  Nieder- 
schlag auch  normal  einige  andere  für  die  Landwirtschaft  wichtige  Stick- 
stoffverbindungen, Nitrit  und  Nitrat  von  Ammoniak.  Ammoniak,  sowie 
seine  Verbindungen,  entsteht  unter  Einwirkung  von  stillen  elektrischen 
Entladungen  (zufolge  des  luftelektrischen  Potentialfalles)  in  der  Luft. 
Der  Ammoniakgehalt  des  Regens  ist  etwa  doppelt  so  gross  im  Januarl 
wie  im  Juli  (3,7  bezw.  1,5  mg  pr.  Liter  in  der  Nähe  von  Paris,  das  Mittel! 
ist  2,0  mg).  Durch  Niederschlag  wird  bei  Paris  dem  Boden  jährlich  pro 
m^  1,04  g  Ammoniak-Stickstoff  und  0,4  g  Nitrat-  und  Nitritstickstoff  zu- ' 
geführt.  Die  Stickstoffzufuhr  zum  Boden  ist  in  England  (Rothamsted") 
und  auf  dem  Lande  in  Frankreich  nur  etwa  zwei  Drittel  so  gross. 

Für  Belgien  haben  Petermann  und  Graftiau  sowie  Spring  sehr] 
eingehende  Untersuchungen  ausgeführt. 

Zu  Gembloux  enthält  der  Regen  1,41  mg  Stickstoff  pr.  Liter,  einer; 
Stickstoffzufuhr  von  1,03  g  pr.  m^  und  Jahr  entsprechend.    Das  Verhältnis 
vom  Stickstoff  im  Ammoniak  zum  Stickstoff  in  Nitraten  oder  Nitriten  kann 
sehr   stark  veränderlich  sein  (von  1,5:1   bis  zu  15:1),  im  Mittel  ist  es 
ungefähr  3:1.    Für   die  .  deutschen  Stationen  sind   sehr  variable  Ver- 
hältnisse  gefunden.     Die  Beobachtungen  von   Regenwalde   1864 — 1867 
geben  im  Mittel  2,06  mg  NH3 -Stickstoff  und  0,61  mg  sauerstoffgebundenen  j 
Stickstoffpr.  Liter  Regen,  einer  jährlichen  Zufuhr  von  1,56  g  Stickstoff  pr.m^i 
zum  Boden  entsprechend.    Beobachtungen  in  Florenz  (1870—1872)  ergaben  | 


■ 


VII  [.  Wolken  und  Niederschlag.  657 


entsprechenden  Ziffern  0,93,  0,31  und  1,34.  Die  älteren  Messungen 
Rothamsted  1853—1856  gaben  0,93,  0,12  bezw.  0,75. 

Schnee  und  Keif  enthalten  etwa  5  mal  mehr  Stickstoffverbindungen 

Regen. 

Der  Stickstoffgehalt  ist  in  Städten  und  ihrer  Umgebung  bedeutend 

er  als  auf  dem  Lande.    So  z.  B.  fand  man  für  die  Städte  in  Schott- 

3,7  mg  Ammoniak-  und  0,26  mg  sauerstoffgebundenen  Stickstoff  pr. 

,  für  Glasgow  sogar  7,5  bezw.  0,6  mg,   für   das  Land  dagegen  nur 

bezw.  0,15  mg.    Der  Ammoniakgehalt  ist  in  den  Tropen  nur  wenig 

er  als  bei  uns,  so  z.  B.  zu  S.  Denis  auf  Reunion  21"  s.  Br.  1,6  mg 
toffpr.  Liter  (nach  Munt z).    Der  Gehalt  an  Nitraten  und  Nitriten 

teigt  dagegen  daselbst  denjenigen  in  gemässigten  Zonen  bedeutend, 

tspricht  2,7  mg  Stickstoff  pr.  Liter.  Die  Stickstoffzufuhr  zum  Boden  ist 
)rt  etwa  4  mal  so  gross  wie  bei  Montsouris.  Zu  Caracas,  11"  n.  Br.,  wurden 
23  mg  oxydierter  Stickstoff  pr.  Liter  gefunden.  Diese  Zunahme  der 
auerstoffverbindungen  des  Stickstoffs  gegen  die  Tropen  wird  den  Blitzen 
igeschrieben,  welche  dort  viel  häufiger  und  intensiver  wie  bei 
ns  sind. 

Fester  Niederschlag.  Bei  grosser  Kälte  sieht  man  bisweilen  in 
«r  Luft  glänzende  Eisnadeln  langsam  heruntersinken.  Dieselben  kommen 
ach  in  höheren  Luftschichten  nach  Berichten  von  Ballonfahrern  recht 
äufig  vor.  Sie  sind  wahrscheinlich  durch  langsame  Kondensation  des 
Vasserdampfes  entstanden.  Sie  kommen  nur  bei  sehr  niedrigen  Tempe- 
ituren  vor,  bei  welchen  der  Wasserdampfgehalt  der  Luft  äusserst  ge- 
ingfügig  ist. 

Bei   grösserem   Dampf gehalt   der   Luft   bilden   sich    die   zierlichen 

lechsstrahligen   Schneesterne,   welche  bisweilen,   wenn   die   Temperatur 

! licht   allzu   niedrig  ist,   sich   zu  Schneeflocken  durch  Zusammenfrieren 

lerbinden.    Unter  — 23"  kommen  solche  Schneeflocken  nicht  vor,   weil 

i''  Schneesternchen  dann  trocken  sind  und  nicht  aneinander  haften. 

Die  Schneesternchen  (Fig.  196)  sind  regelmässig  längs  der  Achse 
1er  Strahlen  mit  kapillaren  Hohlräumen  versehen,  die  ausser  Luft  bis- 
v  ilen  Wasser  (auch  bei  —  8"C.  nach  G.  Nordenskiöld)  einschli essen. 

Die  Schneeflocken  können   einen  bedeutenden  Durchmesser  (3  bis 

l  era)  erreichen.  Ihre  Fallgeschwindigkeit  beträgt  nach  Maille  bei  1  cm 

'  uchmesser  0,8  m,  bei  3—4  cm  Durchmesser  nur  0,25—0,35  m  pr.  Sek. 

3ies  hängt  damit  zusammen,  dass  in  den  grossen  Schneeflocken  viel  Luft 

'wischen  dem  Netzwerk  der  Strahlen  mitgeschleppt  wird. 

Der  meiste  Schnee   fällt  in  Mitteleuropa  bei  Temperaturen  um  0" 

AriLenius,  Kosmische  Physik.  42 


658 


Physik  der  Atmosphäre. 


hemm.    Obgleich   ein  Fall   beobachtet  worden  ist  (im   oberen  Engad 
am  9.  Juni  1829),    dass   Schnee    bei   einer  Temperatur  von  +  10,9^'  > 
fiel,  kann  man  behaupten,  dass  Schneefälle  nur  in  äusserst  seltenen  Am 
nahmefäUen  bei  Lufttemperaturen  oberhalb  3^  vorkommen.    Sie  kunnfl 
dagegen  bis   zu  Temperaturen  von  unter  — 40*^0.  beobachtet  werd 
wenn  sie  auch  unter  solchen  Umständen  sehr  wenig  ergiebig  sind. 

Wegen  der  Verästelungen  der  Schneeflocken  legt  sich  die  Schii' 
decke  sehr  locker.    Die   Menge   des  gefallenen  Schnees   wird   als  Hol: 
der  Wassermenge  angegeben,   welche  beim  Auftauen   der  Schneema 
entstehen  würde.  Die  Höhe  des  frisch  gefallenen  Schnees  ist  im  Mit 


Figg.  löG  und  197.     Schneekrystalle. 


etwa  10  mal  grösser  als  diese  Wasserhöhe.  Diese  Zahl  kann  zwischci 
sehr  weiten  Grenzen  schwanken  (7 — 30).  Alter  Schnee,  der  zusammen-i 
gesintert  ist,  liegt  viel  dichter.  So  ist  die  obengenannte  Zahl  („spezitische: 
Schneehöhe")  des  1  Monat  alten  Schnees  im  Gebirge  etwa  3,  des  6—9 
Monate  alten  und  des  Firnschnees  etwa  2.  Sie  sinkt  zuletzt  für  die 
Gletscher  auf  1,1 — 1,15. 

Starker  Wind  kann  auch  den  frischgefallenen  Schnee  bedeutend  zu- 
sammendrücken. 

Ganz  anders  wie  der  aus  dünnen  Ästchen  bestehende  Schnee  ver- 
hält sich  der  Graupel,  welcher  aus  runden,  schneeweissen  Körnern  be- 
steht, deren  Undurchsichtigkeit  auf  einer  grossen  Menge  von  Luftbläs- 
chen beruht.     Die  Einzelkörner,  welche  einen  Durchmesser  von  1  bis  3, 


f 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  659 


elten  5  mm  besitzen,  sind  wegen  der  Luftbläschen  bröckelig  und  können 
wischen  den  Nägeln  leicht  zerquetscht  werden.  Die  Luftbläschen  deuten 
■rauf  hin,  dass  die  Graupelkörner  aus  zusammengesinterten Eiskry stallen 
,„  r  aus  Regentröpfchen  entstanden,  welche  schnell  gefroren  sind,  wobei 
iabsorbierten  Gase  als  Bläschen  ausgeschieden  wurden. 
Von  besonderem  Interesse  sind  die  Hagelkörner,   welche   bisweilen 
rosse  Schäden  anrichten,  besonders  sind  einige  Länder  vorzugsweise  von 
men  heimgesucht  —  unter  anderen  Steiermark  und  Kärnthen.    Sie  be- 
ll on  aus  einem  graupelkornähnlichen  Kern,  um  welchen  konzentrische 
-chichten  von  verschiedener  Beschaffenheit  gelagert  sind.    Die  Hagei- 
ter sind  eine  spezielle  Form  von  Gewittererscheinungen,  weshalb  wir 
ter  auf  dieselben  zurückkommen  werden. 
Die  Grösse  der  Niederschlagsmenge.    Zur  Messung  des Nieder- 
(hlags  stellt  man  einen  Blechtrichter  auf,  der  oben  in  einem  niederen  cylin- 
rischen  Ring  von  gemessenem  kreisförmigem  Durchschnitt  endet.  Unter 
lein  Trichter  steht  ein  Auffangegefäss,  gewöhnlich  ein  graduierter  Glas- 
\  linder.    Dieser  Apparat,  Regenmesser  oder  Pluviometer  genannt,  wird 
iiit   seinem   Ring   ganz   horizontal   auf  einer   von  Gebäuden,   Mauern, 
Jäumen    und   anderen    in    die  Höhe   ragenden  Gegenständen  ziemlich 
ntfernten  Stelle,  sodass  der  Niederschlag  nicht  von  diesen  Gegenständen 
lufgefangen  werden  kann,   in   einer  Höhe   von   1  bis  1,5  m  über   dem 
3oden  aufgestellt.  Man  verlangt  auch,  dass  der  Regenmesser  eine  gegen 
leftige  Winde  geschützte  Lage  besitzt. 

Man  fand  schon  früh,  dass  die  von  dem  Regenmesser  aufgesam- 
iielte  Regen-  und  noch  mehr  die  Schneemenge  um  so  geringer  wird, 
0  höher  der  Regenmesser  aufgestellt  ist.  So  fiel  in  dem  Garten  von 
leb  erden,  der  diese  Eigentümlichkeit  zuerst  wahrnahm,  in  einem 
fahre  (1766—1767)  574  mm,  auf  dem  Dache  seines  Hauses  461  mm 
ind  auf  dem  Dachfirst  des  nahegelegenen  Westmünsters  Abbey  nur 
in?  mm.  Diese  Beobachtung  wurde  an  verschiedenen  Stellen  mit  gleichem 
Ergebnis  wiederholt. 

Diese  Zunahme  der  Regenmenge  gegen  den  Boden  hin,  welche  man 
uirst  einer  Kondensation  von  Wasserdampf  auf  den  fallenden  Regen- 
lopfen  zuschrieb  (Dove),  ist  nur  scheinbar.  Über  dem  Regenmesser 
'iMot  sich  zufolge  seines  Widerstandes  gegen  die  Luftbewegung  ein 
A  irbel,  um  welchen  herum  die  Windgeschwindigkeit  vergrössert  wird. 
Viif  diese  Weise  werden  die  leichten  Regentropfen  und  noch  mehr  die 
Schneeflocken  zum  grossen  Teil  von  dem  heftigen  Windzug  um  den 
Wirbel  herum  mitgerissen  und  verhindert,  in  den  Regenmesser  zu  fallen. 

42* 


660  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  Windgeschwindigkeit  ist  in  der  Nähe  des  Erdbodens  geringer  als  ii 
grösserer  Höhe.  Dadurch  wird  die  eigentümlich  erscheinende  Thatsach 
erklärlich.  Daher  kommt  auch  die  Forderung,  dass  der  Regenmesser  gegei 
heftige  Winde  geschützt  sein  soll. 

Die  Heftigkeit  der  Regengüsse  hängt  von  ungefähr  denselben  Ui 
ständen  ab,  wie  die  Grösse  der  Regentropfen.     Sie  beruht  auf  der  G 
schwindigkeit  des  Aufsteigens  von  feuchten  Luftmengen.    Starke  Regiji 
werden  Platzregen  genannt,  sie  fehlen  bei  uns  im  Winter  und  sind  starl 
auf  den  Sommer  konzentriert  (Juni — Aug.  etwa  70  Proz.).  Nach  Riggeii 
bach  sollte  man  als  Platzregen  nur  solche  Regen  bezeichnen,  die  mehi 
als  5  Minuten  dauern  und  einen  Niederschlag  von  wenigstens  0,33  mii 
pro  Minute   (im  Mittel)   bringen.     Steigt  diese  Ziffer  über  1,67  mm  1 
wenigstens  30  Minuten  Dauer,  so  spricht  man  von  Wolkenbruch. 

Die  heftigen  Regen  sind  meist  mit  Gewittern  verbunden  (zu  Paw 
lowsk  60  Proz.). 

Die  grösste  Tagesmenge  eines  Regens  ist  bei  Cherrapundji  in  dri 
Khasibergen  zu  Assam  am  14.  Juni  1876  mit  1036  mm  beobachtet  worden 
Danach  kommen  Crohamhurst,  1480  m,  26 «  50'  s.  Br.,  1520  9'  E.  L.  ir 
Queensland,  Ostküste  von  Australien,  mit  907  mm  am  2.  Febr.  189^ 
(1963  mm  31.  Jan.— 3.  Febr.)  und  Tanabe,  Japan,  mit  902  mm  an 
19.  Aug.  1 889.  Fünf  andere  Fälle  von  über  500  mm  Niederschlag  ir 
24  Stunden  sind  bekannt,  darunter  25.  Okt.  1822  bei  Genua  812  mml 
Alexandria,  Louisiana  15.  Juni  1886  544  mm  und  Honkong  30.  Mai  1889 
521  mm  (in  den  Tagen  29.— 30.  Mai  fielen  886  mm  in  36  Stunden).    | 

Die  grössten  Niederschlagsmengen  in  24  Stunden  in  Mitteleuropa 
sind:  Neuwiese  im  Riesengebirge  29.  Juli  1897  345  mm  (Höhe  780  mj 
50°  49'  n.  Br.,  15»  O'  E.  L.),  Schneekoppe  im  Riesengebirge  30.  Juli  189?! 
239  mm,  Buchenberg,  südlich  von  Wernigerode  im  Harz,  22.  Juli  18SE 
238  mm,  Reichenhall  und  Alt-Aussee  242  mm,  Langbathsee  255  mm. 
Mühlau  bei  Admont  287  mm,  alle  am  12.  Sept.  1899.  Trentschin  (Un-! 
garn)  wies  am  7  Juni  1873  267  mm  Regen  auf,  Joyeuse,  Dep.  Ardeche 
in  den  Cevennen  9.  Okt.  1827  792  mm  in  22  Stunden,  Molitg-les-Bains.| 
Pyren6es- Orientales,  20.  März  1868  313  mm  in  anderthalb  Stunden] 
Perpignan  und  Montpellier  11.  Okt.  1862  233  mm  in  7  Stunden.  Diehöchstci 
Ziffer  für  Grossbritannien  ist  Ben  Nevis  6.  Febr.  1894  169  mm,  2.  Okt.  9*/i 
bis  3.  Okt.  9^^  a  1890  205  mm,  für  das  europäische  Russland,  Gouv.  KhersoD 
22.  Okt.  1885  160  mm.  I 

Die  ergiebigsten  dieser  Tagesregen  rührten  von  grossen  Luftwirbelnj 
her.  Sie  stehen  in  Bezug  auf  Heftigkeit,  welche  durch  die  Niederschlags- 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  QQl 


^Me  pro  Minute  gemessen  wird,  vielen  Kegengüssen  von  kurzer  Dauer 

iiach,  bei  welchen  bisweilen  5,  ja  sogar  10  mm  Regen  pro  Minute  (Ru- 

nSnien,  45^  10'  n.  Br.,   24»  41'  E.  L.   7.  Juli  1889)   gefallen   sind.    Be- 

( Inders  in  Amerika  kommen  solche  heftige  Regengüsse  nicht  selten  vor. 

e  schweren  Regengüsse   sind  häufig  rein  lokaler  Natur  und  treten 

der  stark  erhitzten  Niederung  am  Nachmittag  der  heissen  Sommer- 

13  auf.    Dagegen  sind  die  tagelangen  ergiebigen  Regen  meist  in  den 

l)irgsgegenden  anzutreffen,  wie  die  vorhin  gegebenen  Beispiele  zeigen, 

uid  sie  ergiessen  sich  über  grosse  Flächen. 

Die  Menge  flüssigen  Wassers  in  einer  Wolke  ist  zuerst  von  den 
iriidem  Schlagintweit  bestimmt  worden.  Man  saugte  dabei  eine  be- 
stimmte Menge  Wolkenluft  durch  ein  chemisches  Hygrometer  und  kor- 
•igierte  den  so  gefundenen  Wert  für  den  Dampfgehalt,  der  unter  An- 
mhme  von  Sättigung  ermittelt  wurde.  Diese  Methode  giebt  zu  niedrige 
U'orte,  weil  die  Wassertröpfchen  (nach  F.  Exner)  an  der  Einsaugeröhre 
nrbei  fliegen.  Vermeidet  man  diesen  Fehler,  so  erhält  man  höhere  Werte. 
\.  Konrad  fand  auf  dem  Schafberg  bei  Wien,  dass  in  einem  Nebel 
iiit  30—40  Schritt  Sehweite  3,0  g  Wasser  pro  m^  enthalten  waren.  Sank 
iie  Sehweite  auf  26  Schritt,  so  war  die  Wassermenge  4,4  g  pro  m^.  Man 
kann  wohl  daher  annehmen,  dass  in  einer  dichten  Cumuluswolke  höchstens 
10  g  Wassertropfen  pro  m^  vorhanden  sind.  Diese  Zahl  dürfte  vielleicht  in 
len  Tropen  überschritten  werden,  wogegen  sie  ohne  Zweifel  für  höhere 
Breiten  viel  zu  gross  ist.  Wenn  die  Tröpfchen,  wie  oben  angenommen 
wurde,  einen  Durchmesser  von  0,02  mm  besitzen,  so  enthält  1  m^  Wolke 
?on  4,4  g  Wassergehalt  1050  Millionen  solche  Tröpfchen,  deren  gegen- 
seitige Entfernung  demnach  etwa  1  mm  ist,  d.  h.  50  mal  den  Durch- 
oaesser  übersteigt. 

Aus  diesen  Messungen  geht  hervor,   dass   auch   eine   5  km   mäch- 
■   Wolkenbank   von   der   grössten    oben    angenommenen    Dichtigkeit 
all  ht  mehr   als  50  mm  Niederschlag  geben  könnte.     Die   ergiebigsten 
1' "uengüsse  müssen  demnach  von  lange  andauernden  aufsteigenden  Be- 
dungen feuchter  Luftmassen  herrühren. 
Solche  aufsteigende  Bewegungen  von  grossem  Umfang  sind  in  den 
iqiiatorialen  Gegenden  beständig,   wo   sich  deshalb  ausserordentlich  in- 
tensive   Regen   zeigen.     Ferner    kommen    starke    aufsteigende   Luftbe- 
^\ (jungen    in    Gebirgen    vor.      Dieselben    zeichnen    sich    auch    durch 
starken  Niederschlag  aus,  und  detaillierte  Karten  über  die  Regenmenge 
''^'ben  deshalb  grosse  Ähnlichkeit   mit   Höhenkarten.     Die  Regenmenge 
iLjt  im  allgemeinen  mit  der  Meereshöhe,   aber  nur  bis  zu  einer  be- 


ßß2  Physik  der  Atmosphäre. 

stimmten  Grenze,  wo  wegen  der  stark  abnehmenden  Temperatur  aiK 
der  Niederschlag  abzunehmen  anfängt.  •  Das  Maximum  fällt  im  Him:i 
laya  auf  etwa  1300  m  Höhe,  in  den  Bergen  von  Java  auf  1000  m  ui! 
in  dem  englisch-indischen  Seedistrikt  auf  nur  500  m  Höhe. 

Falls  die  Gebirgskette   eine   sehr  hohe  Temperatur,  verglichen  mij 
den  vorbeistreichenden  Luftmassen,    besitzt,    kann   sie   ihnen    so  vi' 
Wärme  abgeben,  dass  sie  den  Thaupunkt  nicht  erreichen.     Der  Eeg 
bleibt  in    solchen  Fällen   aus,    wovon   Spanien  und  Algerien  Beispiel 
darbieten. 

Etwas  Ähnlichkeit  mit  den  Gebirgen  zeigen  die  Küstenzonen.    DI 
Winde  vom  Meere  werden  daselbst  durch  Keibung  aufgestaut  und  geh- 
ihre  Feuchtigkeit  ab.    In  beiden  Fällen  hängt  sehr  viel  von  der  Kichtuih 
des  Windes  ab.    So  z.  B..  gilt,  was  oben  von  den  Bergen  gesagt  wurd 
nur  von  der  Windseite.    Auf  der  Leeseite  herrscht  dagegen  Trockenh( 

Dieser  Unterschied  ist  im  Winter,  bei   dem   niedrigen  Gang  di 
Wolken,  viel  grösser  als  im  Sommer. 

Die  grossen  Luftwirbel  bieten  einen  anderen  Fall  von  langdauerii 
den  aufsteigenden  Luftströmen.  Dieselben  führen  auch  Kegen  mit.  Dii 
Gegenden,  wo  diese  Cy klone  ihre  grossen  Zugstrassen  haben,  weisei 
deshalb  grosse  Niederschlagsmengen  auf.  Dies  ist  z.  B.  der  Fall  für  dii 
britische  und  die  norwegische  Westküste,  sowie  für  das  Gebiet  dri 
grossen  Seen  in  Nordamerika. 

Die  von  Süden  kommenden  Winde  führen  im  allgemeinen  wegci 
ihrer  hohen  Temperatur  und  damit  folgender  Feuchtigkeit  Kegen  mit 
Dagegen  sind  die  Nordwinde  durch  Kälte  und  Mangel  an  Kegen  aus- 
gezeichnet. Dies  gilt  für  den  Nordteil  der  Erde;  für  den  Südteil  ist  i- 
umgekehrt. 

Im  Winter  fliesst  der  Wind  vom  Kontinent  zum  Meer,  im  Sommci 
umgekehrt.  Die  erstgenannten  Winde  steigen  herab,  die  zweitgenannten 
hinauf.  Deshalb  besitzen  die  grossen  Kontinente  im  Sommer  im  allge- 
meinen eine  Regenzeit,  im  Winter  eine  trockne  Zeit.  Dies  ist  z.  B.  der 
Fall  für  das  indische  Monsunengebiet. 

Die  Verteilung  des  Niederschlages  auf  der  Erde.  Zahl- 
reiche Beispiele  der  oben  angeführten  Sätze  findet  man  in  den  Karten, 
welche  die  Niederschlagsmenge  in  den  verschiedenen  Weltteilen  angeben 
(Tafel  II).  Die  grössten  Kegenmengen  in  Europa  kommen  an  der 
Nordwestküste  Englands  (Cumberland)  vor,  wo  am  Styehead-Pass 
(490  m  Höhe)  4310  mm,  zu  Seathwaite  (129  m)  3430  mm  pro  Jahr  be-| 
obachtet  wurden.   Auch  die  Westküste  von  Schottland  zeigt  hohe  Werte,! 


l^O«  ijÖ*  K^ 


Airlicnins,    Kosmische  Pkysik. 


S.  062-663. 


T^rppTtt 


Isis  250  mia. 
250-500  y, 
500-700  „ 
750-1000  y 
lOOO'SOOO, 
lüber  2000  , 


h)iia. 


;ih  Aiu.i.^dii,:  Rinkfiardl,'i,v';fi.ig 


r 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag.  ßß3 


Ben  Nevis  (1343  m)  3800  mm  und  Glencoe  (160  m)  3240  mm. 
Mfise  Stellen,  ebenso  wie  die  norwegischen  Küstenstationen  (FlorÖ, 
940  mm,  Bergen  1850  mm)  erhalten  ihren  Niederschlag  vom  Golfstrom. 
Joch  grössere  Regenmengen  fallen   in   einigen  Teilen  Südeuropas,   wie 

Crkvice  (hinter  Cattaro)  4360  mm;  auf  der  Südseite  des  Krainer 
ihncebergs  (Henneburg)  fallen  noch  3190  mm  jährlich.  In  dem  por- 
ngiesischen  Gebirge  (Serra  da  Estrella)  hat  man  2970  mm  beobachtet. 
11  Mitteleuropa  wechselt  die  Niederschlagsmenge  zwischen  500  und 
0(10  mm  jährlich  (Gebirgsgegenden  ausgenommen). 

Die  grösste  beobachtete  Regenmenge  kommt  Cherrapundji  in  Assam 
lit  11790  mm  zu  (1250  m).  In  der  nächstliegenden  Niederung  erreicht 
ii'  Niederschlagsmenge  nicht  mehr  als  den  vierten  Teil  dieses  Betrages 
14  Proz.  der  Regenmenge  zu  Cherrapundji  fällt  im  Sommer,  Juni— Aug., 
ir  1,2  Proz.  im  Nov.— Febr.).  Grosse  Regenmengen  (5000— 7000  mm) 
if^n  auch  andere  Stationen  im  indischen  Monsunengebiete  und 
n  der  Westküste  Hinterindiens.  Auch  das  ostindische  Archipel 
cisst  grosse  Regenmengen  auf  (z.  B.  Batavia  4350  mm),  ebenso  Neu- 
luinea. 

Die  zweitgrösste  Regenmenge  auf  der  Erde  ist  am  Südwestfuss  des 
v;unerun  Piks  mit  9460  mm  beobachtet  worden.  Sierra  Leone  und  Ka- 
iHTun  haben  430Ö  und  4160  mm. 

Die  Inseln  im  Stillen  Ocean  besitzen  auch  reichlichen  Niederschlag 
die    Fidschiinseln    (Quara   Walu)   6280  mm,    Samoa   (Utu   mapu) 
\:u)  mm. 

Andererseits  giebt  es  Gegenden,  wo  Regen  äusserst  selten  sind, 
-leich  sie  wohl  nirgendswo  vollkommen  ausbleiben.  Diese  Gegen- 
i  sind  durch  Wüstennatur  charakterisiert.  Daselbst  beobachtet 
i.in  nicht  selten,  dass  Regen  fällt,  bisweilen  unter  Gewittererschei- 
iiiiigen,  in  der  trockenen  Luft  aber  verdunstet,  bevor  er  den  Boden 
ncicht.  In  dem  Polargebiet  giebt  es  manche  Gegenden,  wo  die  Nieder- 
'  hlagsmenge  nur  100—200  mm  pro  Jahr  erreicht.  Trotzdem  können 
ii'  nicht  als  trocken  bezeichnet  werden,  da  zufolge  der  niederen  Tem- 
'  latur  die  Verdunstung  im  selben  Maassstab  wie  die  Niederschlags- 
n-nge  herabgesetzt  ist. 

Der  meiste  Regen  stammt  vom  Ocean.  Ebensoviel  Niederschlag 
Inuss  von  diesem  zum  Festland  transportiert  werden,  wie  Wasser  durch 
jlie  Flüsse  zum  Ocean  zurückbefördert  wird  (vgl.  S.  429). 

John  Murray  hat  versucht,   den  mittleren  Regenfall  für  die  ver- 


ßg4  Physik  der  Atmosphäre. 

schiedenen  Breiten  zu  schätzen.    Er  kam   zu  folgenden  Ziffern  (in  cn 
pro  Jahr): 

N.  80    70    60    50    40    30    20     10  Äq.  10    20    30    40     50     60     70  ^ 
38    40    59    61    59    73    102  212  203  132  71    75    113  112  107 

Die  Ziffern  gelten  für  das  Festland.  Im  allgemeinen  ist  die  südliche  Hall, 
kugel  die  niederschlagsreichere,  besonders  bei  Breiten  über  30^.  Südlicl 
von  30^  s.  Br.  fehlen  auch  die  grossen  trockenen  Kontinentalflächen 
Wie  der  Mittelwert  des  Luftdruckes  und  der  Temperatur,  ^ 
schwankt  auch  die  jährliche  Regenmenge  von  Jahr  zu  Jahr,  und  zw; 
in  sehr  hohem  Grade.  So  z.  B.  schwankte  die  Regenmenge  für  dif 
zwölf  Jahre  1881—1892  in  Luzern  zwischen  1012  (1884)  und  1453  mii 
(1882),  um  den  Mittelwert  1191  mm.  In  Basel  war  die  gleichzeitiu' 
Schwankung  zwischen  563  (1884)  und  979  mm  (1882)  um  das  Mitt 
783  mm. 

Wie  aus  diesen  Ziffern  ersichtlich,  ist  eine  sehr  grosse  Anzahl  voi 
Beobachtungsjahren  nötig,  um  einen  einigermaassen  richtigen  Mittelwer! 
zu  erhalten.  Das  erwähnte  Beispiel  zeigt  auch,  dass  die  beiden  Stationci 
Basel  und  Luzern,  die  um  76  km  voneinander  entfernt  sind  und  einei 
Höhenunterschied  von  180  m  haben,  dieselben  Extremjahre  des  Nieder- 
schlages besitzen.  Im  Jahre  1882  lag  die  Niederschlagsmenge  zu  Luzeri; 
22  Proz.,  diejenige  zu  Basel  25  Proz.  über  dem  Mittel.  Im  Jahre  188  J 
war  das  Regendefizit  für  Luzern  15  Proz.,  für  Basel  28  Proz.  In  der 
That  durchlaufen  grössere  Landstrecken  gleichzeitig  Abweichungen  im 
gleichen  Sinne  und  von  nahezu  derselben  Grössenordnung  (in  Prozent  vom 
Mittel).  Falls  man  also  für  einen  Ort  nur  die  Regenmenge  während  einer  ge- 
ringen Anzahl  von  Jahren  kennt,  kann  man  die  mittlere  jährliche  Regen- 
menge dieses  Ortes  mit  recht  grosser  Annäherung  so  berechnen,  dass  man 
annimmt,  die  prozentische  Abweichung  vom  Mittelwert  sei  daselbst  während 
der  Beobachtungszeit  dieselbe  gewesen  wie  in  der  nächstliegenden  me- 
teorologischen Station,  für  welche  durch  eine  längere  Reihe  von  Beob- 
achtungsjahren der  Mittelwert  genügend  genau  festgestellt  ist.  In 
derselben  Weise  kann  man  fehlende  Jahrgänge  der  Regenmessungen  durch 
Umrechnung  aus  den  Daten  einer  nahegelegenen  Station  vervollständigen. 

Häufig  sind  ältere  und  neuere  Jahrgänge  von  derselben  Station 
nicht  miteinander  vergleichbar.  Dies  kann  von  Veränderungen  d^- 
Regenmessers  oder  seiner  Aufstellung,  schlecht  graduierten  Mess- 
gläsern u.  s.  w.  herrühren.  Auf  diesen  Umstand  hat  man  Acht  zu  geben 
bei  Berechnungen  über  Klimaänderungen  und  anderen  ähnlichen  Unter- 


VIII.  Wolken  und  Niederschlag. 


665 


I 

BHchiingen.    Als  Beispiel  möge  angeführt  werden,  dass  die  Kegenmenge 
^m  Padua  in  den  90  Jahren,   1725 — 1814,  909  mm,  in  den  81  Jahren, 
1815—1895,  dagegen  800  mm  pro  Jahr  betrug.    Man  hat  allen  Anlass, 
anzimehmen,  dass  diese  Veränderung  nur  scheinbar  gewesen  ist. 

Tägliche    und   jährliche    Periode    der  Regenmenge.      Der 

liehe  Gang  der  Regenmenge  ist  sehr  kompliziert.   Dies  beruht  darauf, 

s  er  an  vielen  Orten  im  Winter  anders  ist  als  im  Sommer,  ebenso  wie 

Bewölkung  zu  verschiedenen  Jahreszeiten  verschieden  ist.    Am  ein- 

hsten  verhalten   sich  der  Ocean  und  die  Küstenstationen  (vgl.  unten 

Valentia),    bei  welchen  keine   heftigen    aufsteigenden  Luftbewegungen 

mit  starken  Kondensationen  vorkommen.    Das  Maximum  liegt  dort  kürz 

nach  Mitternacht,   das  Minimum  kurz   nach  Mittag.    Denselben  Gang 

haben  im  Winter  viele  Stationen,  wie  z.  B.  Paris.    Im  Sommer  dagegen 

lallt  das  Maximum  für  die  meisten  kontinentalen  Stationen  sehr  deutlich 

auf  den  Nachmittag,   weil   dann  die  Cumulus-Regen  vorherrschen  (vgl. 

Prag  und  Batavia  Sommermonate).    Für  das  ganze  Jahr  hat  man  häufig 

lind  speziell  in  Mitteleuropa  zwei  Maxima,   wovon  jedoch  meistens  das 

Xachmittagsmaximum   überwiegt,    und   zwei   Minima.     Beispiele    giebt 

tilgende  Tabelle. 

Tägliche  Periode  des  Niederschlages  (in  Tausendteilen  der  Tagessumme) 
VM.    2468    10  12    2      4      6      8      10   0    NM. 


Wien   .... 

Prag  Dez.-Febr. 

Juni-Aug. 

Matavia  Dez.-Febr. 
März-Sept 

<  »it'ener  Ocean 
\  alentia  .  . 
Tiikio  .  .  . 
Piiwlowsk  .  . 
ütTlin  .  . 
\Viishington . 

<  iilcutta  .    . 


90  70  58  73  78  63    96  155 

67  68  87  82  67  81  106  120 

61  57  54  61  65  73 
113  92  90  78  72  69 

70  35  32  28  38  44  104  164  168  143 

97  88  87  86  84  82     77     71     75     84 

88  93  93  90  84  76 

90  92  91  81  84  78 

76  71  86  79  70  76 

76  83  74  69  62  68 

63  75  73  76  79  86 

50  71  65  71  58  92  111  110  120  128 
Eigentümlicherweise  zeigen  einige  Stationen  mit  ausgesprochen  kon- 
tinentaler Lage,  wie  Irkutsk  und  Tiflis,  sowie  auch  Mailand  einen 
'■;ing  ähnlich  dem  der  Küstenstationen  mit  einem  einzigen  stark  aus- 
i' prägten  Maximum  kurz  nach  Mitternacht.  Das  Minimum  fällt  kurz 
nach  Mittag,  für  Mailand  schon  zwischen  6 — 8  Uhr  morgens.  Dieser 
' '  ang  zeigt,  dass  auch  in  diesen  Fällen  wie  auf  dem  Meer  die  nächtliche 


98     81     73  64 
74     89     75  83 
81  HO  133  104  111  90 

83  79  87  75  66  97 
88  86 
85  84 

82  83 

78  77 

79  78 

83  78 
99  70 
73  45 


74  75  80  82 
74  86  86  83 
92  109  95  89 

85  105  104  113 

86  105  88  100 


666  Physik  der  Atmosphäre. 

Abkühlung  unvergleichlich  mehr  zur  Niederschlagsbildung  beiträgt,   als 
die  aufsteigende  Bewegung  der  Luft  am  Tage. 

Die  jährliche  Periode  des  Niederschlags.  In  dem  Äquatorial- 
gebiet tritt  zweimal  jährlich,  wenn  die  Sonne  imZenith  steht,  ein  Maximum 
der  aufsteigenden  Luftbewegung  und  damit  der  Regenmenge  ein.  Im 
Grenzgebiet  der  Tropen  und  subtropischen  Zonen  zieht  sich  die  Regen- 
zeit auf  eine  einzige  Jahreszeit,  vier  Sommermonate,  zusammen,  di( 
ganze  übrige  Zeit  ist  trocken.  In  dem  Subtropengürtel  zeigt  sich  häuii 
ein  Minimum  des  Regens  im  Sommer,  wenn  die  herabsteigenden 
Luftströme  der  Rossbreiten  sich  bis  dahin  erstrecken.  Diese  Stellen 
haben  deshalb  Winterregen.  Sie  sind  auf  die  Westseite  der  Kon- 
tinente beschränkt,  auf  der  Ostseite  herrschen  die  Sommerregen  der 
Monsune  (z.  B.  Bombay).  Das  Mittelmeergebiet  gehört  zum  Typus  der 
Winterregen  (Beispiel  Jerusalem).  In  mehr  gemässigten  Breiten,  wie  in 
Europa  nördlich  der  Alpen,  treten  wiederum  die  Sommerregen  auf;  di* 
Kondensation  im  Winter  ist  zu  unbedeutend,  um  sich  geltend  zu  machen.  Di 
Küstenregionen  machen  hier  eine  Ausnahme.  Wegen  der  Nähe  des  Meeres. 
das  im  Frühling  kalt  ist,  im  Herbst  dagegen  stark  erwärmt,  wird  der  Frühling 
trocken,  der  Herbst  und  Anfang  des  Winters  regenreich.  Dies  trifft  für 
Nordwesteuropa  und,  obgleich  weniger  ausgeprägt,  für  die  nordameri- 
kanische Atlantenküste  zu.  Folgende  Beispiele  mögen  angeführt  werden. 
Die  Ziffern   geben  Tausendstel   der  jährlichen  Niederschlagsmenge   an. 

Breite    Jan.  Febr.  März  Apr.  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez. 
Südafrika  .     .         6»  S.      8G     SO    123    195    91      10       7     17      37      61  188    105 


Mexiko .    . 
Jerusalem  . 


19,4"  N.        7       9     26      26    85    174    180  207    179     79     20       8 
31,70  N.    203  230    176      63      7       0       0       0       4     23     84   210 


Mittel-Europa  50»  N.  57  56  68  71  92  115  121  117  82  75  74  72 

Moskau     .     .  55"  N.  51  40  55  69  91  100    131  146  98  67  77  75 

Nordasien.     .  55»  N.  20  17  18  35  75  133  235  215  122  .58  40  32 

Brest     .    .    .  48,5»  N.  102  91  69  66  59  62     64  66  95  110  116  100 

N.W.-Europa  60»  N.  100  80  72  56  58  64     70  80  102  110  102  106 

Bombay     .     .  19o  N.  2  1  0  0  5  263  342  201  146  33  6  1  | 

N-Amer.  E.Küste  400  N.  84  77  85  70  80  81     96  87  84  91  86  79 

Mailand    .    .  45,4o  N.  54  50  83  100  95  88     57  77  97  115  112  72 

Mailand  zeigt  eine  Übergangsform  zwischen  dem  Mittelmeer-Typus 
und  dem  Typus  des  europäischen  Kontinents. 

Die  Winterniederschläge  nehmen  im  Gebirge  mit  der  Höhe  zu,  so 
dass  in  höheren  Lagen  im  Winter  mehr  Regen  fällt  wie  im  Sommer* 
Dies  gilt  auch  in  Mittel-Europa  (z.  B.  Klausthal  im  Harz,  590  m  Höhe 
52  Proz.  Niederschlag  im  Winter). 


IX.  Die  Winde. 

Richtung  und  Stärke  der  Winde.  Die  Windrichtung  wird 
nach  der  Weltgegend  bezeichnet,  von  der  der  Wind  zum  Beobachter 
strömt. 

Die  Windrichtung  wird  von  der  Windfahne  angegeben,  welche,  um 
gute  Resultate  zu  geben,  sich  um  ihren  Schwerpunkt  drehen  muss.  Ihre 
Achse,  die  genau  vertikal  stehen  muss,  ist  häufig  in  ein  darunter- 
liegendes Zimmer  verlängert,  wo  ein  Zeiger  auf  einer  Scheibe  die 
Windrichtung  zeigt.  Offeabar  kann  diese  Achse  leicht  mit  einer  Vor- 
richtung zur  Registrierung  der  Windrichtung  verbunden  werden.  Die 
Windfahne  muss  auf  einem  frei  gelegenen  Platze  aufgestellt  sein. 

Auf  der  See  wird  die  Windrichtung,  welche  durch  die  Eigenbewe- 
gung des  Schilfes  nicht  direkt  auf  der  Windfahne  abgelesen  werden 
kann,  durch  Korrektion  für  diese  Bewegung  berichtigt.  Die  Korrektion 
wird  ganz  einfach  so  ausgeführt,  dass  zu  der  scheinbaren  Windgeschwin- 
digkeit, deren  Richtung  angegeben  ist,  die  Geschwindigkeit  der  Bewegung 
des  Schiffes  nach  dem  Gesetz  des  Kraftparallelogrammes  hinzugefügt 
wird.  Ist  also  die  auf  der  Windfahne  abgelesene  scheinbare  Wind- 
geschwindigkeit durch  die  Länge  von  OW  (Fig.  198) 
und  ihre  Richtung  diejenige  von  0  nach  W,  und 
stellt  in  ebenderselben  Weise  OS  die  Geschwindig- 
keit und  Bewegungsrichtung  des  Schiffes  dar,  so 
|giebt  die  Resultante  OR  dieser  beiden  Komponenten 
OW  und  OS  die  wirkliche  Windgeschwindigkeit  und  Windrichtung  an. 

Die  Windgeschwindigkeit  kann  teils  direkt  mit  dem  Robinson- 
schen  Schalen -Anemometer,  teils  indirekt  durch  ihre  Druckwirkung  ge- 
messen werden. 

Das  Robinson  sehe  Anemometer  besteht  aus  einem  horizontalen, 
an  einer  vertikalen  Achse  AB  befestigten  Kreuz,  an  dessen  vier  Armen 
hohle  Halbkugeln  angebracht  sind,  wie  Fig.  199  andeutet.     Der  Wind 


668 


Physik  der  Atmosphäre. 


drüclit  immer  stärker  auf  die  konkave  als  auf  die  konvexe  Fläche  de 
Schale.  Die  Schalen  drehen  sich  deshalb  immer  in  derselben  Richi 
tung  mit  der  konvexen  Seite  voran.  Die  Geschwindigkeit  der  Schale! 
ist  geringer  als  die  Windgeschwindigkeit  und  zwar  etwa  2,5  bis  3ma| 
je  nach  den  Umständen.  Dieser  Korrektionsfaktor  des  Anemometer 
wird  in  bestimmten  Central -Anstalten  (z.  B.  in  der  Seewarte  zu  Hami 
hurg)  in  der  Weise  bestimmt,  dass  das  Anemometer  an  einem  langei 


Fig.  199. 


Fig.  200. 


Arm  befestigt  wird,  der  dann  mit  verschiedenen  bestimmten  Ge- 
schwindigkeiten gedreht  wird.  Der  Korrektionsfaktor  ist  im  allgen 
meinen  etwas  mit  der  Windgeschwindigkeit  veränderlich.  Unter  einer] 
bestimmten  Windgeschwindigkeit  dreht  sich  das  Anemometer  überhaupt 
nicht.  Die  Anemometer  haben  häufig  den  Fehler,  dass  sie  zu  schwer  undj 
daher  zu  trag  sind.  Man  konstruiert  sie  deshalb  jetzt  häufig  inj 
kleineren  Dimensionen.  Es  gelang  Langley  mit  Hilfe  solcher  äusserst! 
leichter  Anemometer  zu  beweisen,  dass  der  Wind  in  der  Nähe  der! 
Erdoberfläche   gewöhnlich  nicht  stetig  ist,  sondern   aus   einer  Unmassel 


■ 


IX.  Die  Winde.  ßgg 


u  kleinen  Windstössen  (die  vielleicht  von  Wirbelbewegungen  herrühren) 
zusammengesetzt  ist. 

Die  Achse  des  Anemometers  ist  mit  einem  Zählerwerk  verbunden, 
welches  die  vom  Winde  in  einer  bestimmten  Zeit  durchlaufene  Strecke 
angiebt. 

Eine  andere  Methode  die  Windstärke  zu  messen  besteht  darin,  dass 

an  eine   leichte,   um    eine  horizontale  Achse  drehbare  Platte  c  d  e  f 

11?.  200)   dem   Anlaufe  des  Windes   aussetzt.     Damit   die   Drehungs- 

iise  der  Platte  immer  auf  der  Windrichtung  senkrecht  steht,  ist  sie 
an  einer  Windfahnenstange  senkrecht  zur  Fahnenrichtung  ah  befestigt. 
Diese  Platte  kann  entweder  durch  Drehung  um  die  Achse  cd  gehoben 
werden,  wobei  der  Winddruck  aus  dem  Ausschlagswinkel  auf  einer  Skala 
\m  g  gemessen  wird,  oder  die  Platte  drückt  gegen  eine  Feder,  wobei 
der  Druck  direkt  aus  der  Deformation  der  Feder  abgelesen  wird.  Diese 
Platten  sind  ziemlich  unpraktisch,  indem  die  für  schwache  Winde  einge- 
i  richteten  durch  ihre  Empfindlichkeit  zur  Messung  starker  Winde  nicht 
uigen.  Man  muss  deshalb  mit  zwei  oder  mehreren  solchen  Platten- Anemo- 

"tern  ausgerüstet  sein. 

Das  Verhältnis   zwischen  Windgeschwindigkeit  und  Winddruck  ist 

!i  Langley  u.  a.  experimentell  untersucht  worden.  Er  prüfte  ein 
|L'iatten -Anemometer  in  ungefähr  derselben  Weise  wie  oben  die 
'Prüfung  der  Robinsonschen  Anemometer  angegeben  ist.    Er  fand,  dass 

1  eine  vertikale  Platte,  gegen  welche  der  Wind  senkrecht  stiess,  der 
iLuftdruck  P  in  g  pro  cm^  bei  736  mm  Druck  und  +  10^  C.  der  Formel 
gehorcht: 

P  =  0,00870  F2, 

V  die  Windgeschwindigkeit  in  m  pro  Sek.  bedeutet.    Bei  einer  Wind- 
hwindigkeit  von  beispielsweise  10  m  pro  Sek.  war  der  Druck  0,88  (her. 
)  g  pro  cm2.    V  wurde  zwischen  5  und  30  m  pro  Sek.  variiert. 
War    die    Windrichtung    nicht    senkrecht    zur    Platte,    sondern 

bildete   sie    damit    einen  Winkel  et,    so    zeigte    sich   eine   Formel   von 

Duchemin: 

2sina 


1  +  sin^a 


als  sehr  nahe  richtig.  P„  bedeutet  den  Druck  senkrecht  gegen  die 
Platte  von  einem  Winde,  dessen  Richtung  den  Winkel  a  mit  der 
Platte  bildet  (vgl.  die  folgende  Tabelle). 


g70  Physik  der  Atmosphäre. 

Als  Beispiel  mögen  folgende  Beobachtungen  angeführt  werden: 
a  5         10        15       20       25       30        35       40       45 

l\r.l\Q     0,15     0,30     0,46    0,60     0,71     0,78     0,84     0,89     0,93 
„    her.     0,17     0,34     0,49     0,61     0,72     0,80     0,86     0,91     0,94 

Ein  anderes  Prinzip  ist  in  neueren  Zeiten  zur  Konstruktion  vui 
Anemometern  verwendet  worden.  Wenn  der  Wind  gegen  die  Öffnurf 
einer  horizontalen  Glasröhre  hläst,  die  mit  einem  Flüssigkeitsmanomet 
verbunden  ist,  so  wird  die  Manometerflüssigkeit  hinaufgepresst.  Di 
Steighöhe  ist  dem  Quadrate  der  Windgeschwindigkeit  proportional.  Mi 
solchen  Vorrichtungen  kann  man  die  Windgeschwindigkeit  in  zwei  auf 
einander  senkrechte  Komponente  zerlegen. 

Anstatt  des  Druckes  des  Windes  kann  man  zur  Verschiebung  de 
Manometerflüssigkeit  seine  saugende  Wirkung,  wenn  er  an  einer  Öff 
nung  vorbeistreicht,  ausnutzen.  Auch  in  diesem  Falle  ist  die  VerschiebuDi 
dem  Quadrate  der  Windgeschwindigkeit  proportional. 

Auch  ohne  Anemometer  kann  man  die  Windgeschwindigkeit  nari 
ihren  mechanischen  Wirkungen  schätzen.  Auf  dem  Festland  verwendi 
man  gewöhnlich  eine  sechsteilige  Skala  von  0  oder  Windstille  bis  6  od' 
Orkan  gehend.  Auf  dem  Meer,  wo  der  Wind  im  allgemeinen  kräftig! 
ist  und  mehr  gleichmässig  als  auf  dem  Festland  weht,  benutzt  man  eiii' 
zwölfteilige  von  Admiral  Beaufort  eingeführte  Skala. 

Nach  einiger  Übung  begeht  man  bei  der  Schätzung  der  Windstärki 
nicht  grössere  Fehler  als  eine  Einheit  der  Be  au  fort  sehen  Skala. 

um  eine  Vorstellung  von  der  Beaufortschen  Skala  zu  er- 
halten, führen  wir  nach  van  Bebber  folgende  Tabelle  an  über  die  Be- 
zeichnungen der  Windgeschwindigkeiten  nach  dieser  konventionellen 
Skala  und  den  Angaben  der  Anemometer.  Die  Schätzungen  weicheri 
recht  stark  von  einander  ab.  Die  Zahlen  von  Scott  sind  die  höchsten.; 
Sie  sollen  für  die  Verhältnisse  auf  dem  Meer  gelten,  wo  wegen  der  ge- 
ringen Reibung  die  Windstärke  im  Mittel  bedeutend  grösser  ist  als  aul 
dem  Lande.  Auch  sollen  Scott  und  Chatterton  die  mit  dem  Ane- 
mometer gemessene  Windstärke  etwas  überschätzt  haben.  Die  Wind- 
geschwindigkeit ist  in  Metern  pro  Sek.  angegeben. 

Die  ersten  Zahlen  von  Koppen  sind  aus  demselben  Zahlenmater i 
wie  diejenigen  von  Scott  abgeleitet,  nur  ist  der  ßeduktionsfaktor  ci 
Anemometers  etwas  niedriger  geschätzt.  Die  späteren  Zahlen  von  Koppen] 
sind  Beobachtungen  an  den  deutschen  Küstenstationen,  Borkum,  KeitumJ 
Swinemünde  und  Neufahrwasser  entnommen.    Unter  Mittel  stehen  Mittel- 


J 


I 


IX.  Die  Winde.  Q^i 


1,3 

1,9 

2,1 

— 

— 

0-1 

2,0 

3,5 

2,7 

2,9 

2,1 

— 

1-2 

2,6 

5,8 

4,0 

4,2 

3,8 

— 

2-4 

4,0 

l  8 

5,4 

5,3 

5,4 

5,2 

4-6 

5,4 

10,3 

6,8 

6,9 

7,2 

7,6 

6-8 

7,0 

12,5 

8,2 

8,7 

9,0 

10,8 

8—10 

8,6 

15,2 

9,8 

10,7 

11,6 

12,5 

10—12 

10,7 

18,6 

10,7 

12,7 

13,3 

15,8 

12—14 

12,2 

21,5 

12,4 

14,5 

15,8 

18,6 

14-16 

14,2 

25,0 

14,9 

15,7 

— 

— 

16-20 

15,3 

29,1 

— 

— 

— 

— 

20-25 

— 

33,5 

— 

— 

— 

— 

25-30 

— 

40,2 

— 

— 

— 

■  — 

über30 

— 

werte  der  Sprungschen  und  der  beiden  Köppenschen  Berechnungen. 
Die  nach  Angot  angegebenen  Zahlen  stellen  das  Eesultat  eines  weit 
getriebenen  Versuches  zur  Ausgleichung  der  empirischen  Daten  dar. 

Beauforts  Skala  Scott  Sprung  Kopp enl  Koppen  II  Chatterton  Angot  Mittel 

0  Windstille 

1  Leiser  Zug 
L'  Leichter  Wind 

-  chwacher  Wind  8 
■1  Massiger  Wind   10,3 
5  Frischer  Wind 
starker  Wind 
il  arter  steifer 

Wind 
"Stürmischer 

Wind 
^turm 
_  >tarker  Sturm 
il  Heftiger  harter 

Sturm 
12  Orkan 

Wenn  man  die  Geschwindigkeit  und  Kichtung  des  Windes  in 
'■m  Zeitabschnitt  einer  längeren  Periode,  z.  B.  Tag,  Monat  oder  Jahr, 
mit,  ist  es  nicht  schwer,  die  mittleren  Zahlen  für  diese  Periode  zu 
erechnen.  Das  einfachste  ist:  man  berechnet  die  nördliche  und  östliche 
vumponente  jeder  Windgeschwindigkeit,  und  nimmt  das  Mittel  dieser 
\oinponenten  für  die  bestimmte  Zeit,  wobei  südliche  oder  westliche 
vomponenten  als  negativ  zu  rechnen  sind.  Aus  den  beiden  Mittel- 
ablen  bildet  man  dann  die  Resultate.  Es  giebt  auch  Instrumente 
z.  B.  der  Wind-Integrator  von  v.  Oettingen  — ,  welche  mechanisch 
ufse  Arbeit  ausführen. 

In  derselben  Weise  verfährt  man,  wenn  man  beispielsweise  die 
iiittlere  Richtung  und  Geschwindigkeit  des  Windes  zu  einer  bestimmten 
-;esstunde  während  eines  Monats  oder  Jahres  bestimmen  will. 
Eine  andere,  graphische  Methode,  die  eigentlich  auf  dasselbe  hinaus- 
"inmt,  ist  folgende:  man  trägt  von  einem  Ausgangspunkt  (Origo)  alle 
»eobachteten  Windgeschwindigkeiten  in  ihren  Richtungen  ab  und  nimmt 
ie  Resultante  derselben  nach  dem  Prinzip  des  Kräfteparallelogrammes 
liier  Kräftepolygons). 

Die  tägliche  Veränderlichkeit  des  Windes.    An  den  meisten 

llen  ist  es  schwer,  die  tägliche  Veränderlichkeit  des  Windes,  unab- 

iigig  von  lokalen  Einflüssen,  wie  Land-  und  Meereswinden,  Berg-  und 


672 


Physik  der  Atmosphäre. 


Thalwinden,  sowie  von  durch  topographischen  Umständen  hervorgerufene: 
Störungen,  zu  beobachten.   Wenn  man  eine  feste  Station  im  Meere  weitj 
vom  Ufer  besässe,  so  würde  dieselbe  eine  günstige  Gelegenheit  zur  Be-{ 
obachtung  dieser  Veränderlichkeit  darbieten.  ' 

Unter  den  vorhandenen   Beobachtungsstationen    ist  in   dieser  Be- 
ziehung diejenige  auf  dem  Eiffelturm  am  günstigsten  gelegen.    Sie  liegt 
hoch  über  den  Häuser massen  (gegen  300  m),  dass  dieselben  und  andere  Un-, 

ebenheiten  des  Bodens 
nicht  störend  einwirken. 
Die  nebenstehende  Figur 
201  stellt  die  tägliche 
Veränderung  desWindesi 
daselbst  dar. 

Die  Windgeschwin- 
digkeit ist   durch    eine 
Gerade  vom  Punkte   0 
zu  einem  der  betreffenden 
Stunde    entsprechenden 
Punkte  u4  dargestellt.  Die 
Stunden     sind      durch 
nebengeschriebene    Be- 
zeichnungen      gekenn-i 
zeichnet.    Die  Linie  OA 
stellt  demnach  die  Windgeschwindigkeit  um  1  Uhr  45  Minuten  am  Morgenj 
dar.    Die  Windrichtung  ist  rein  westlich  um  7  Uhr  30  Minuten  m.orgens 
und  um  14  Uhr  d.  h.  2  Uhr  nachmittags. 

Die  Windgeschwindigkeit  kann  als  die  Summe  von  zwei  Kompo- 
nenten dargestellt  werden,  einer  Oif,  welche  gleich  der  mittleren  täg- 
lichen Geschwindigkeit  ist  und  einer  anderen  MÄ,  deren  Endpunkt  A.  m 
Laufe  eines  Tages  eine  geschlossene  Kurve  beschreibt.  Das  charak- 
teristische ist,  dass,  auf  der  nördhchen  Halbkugel,  der  Leitstrahl  MÄ 
sich  in  derselben  Richtung  wie  ein  Uhrzeiger  bewegt,  d  h.  sich  mit  der 
Sonne  dreht. 

Eine  ähnliche  Regelmässigkeit  hat  Hann  für  Madrid,  Nukuss  uü! 
Wien  nachgewiesen.  Dieselbe  besteht  auch  für  Gebirgsstationen,  wie  diej 
Gipfel  von  Obir,  Säntis,  Pic  du  midi,  Puy  de  Dome  u.  s.  w.  Als  Bei- 
spiel möge  nach  Pernter  folgende  Tabelle  der  täglichen  Periode  dei 
Windhäufigkeit  (der  Mittelwert  ist  gleich  100  gesetzt)  auf  dem  Säntis- 
gipfel  dienen. 


Fig.  201. 


IX,  Die  Winde 

N 

NE 

E 

SE 

S 

SW 

W 

NW 

5— 7^« 

44 

80 

60 

38 

67 

202 

248 

61 

7—9 

43 

82 

64 

50 

60 

221 

219 

50 

9—11 

15 

64 

82 

62 

98 

264 

168 

46 

11— l'^  2? 

13 

44 

63 

64 

136 

312 

140 

28 

1—3 

16 

44 

56 

42 

126 

332 

156 

27 

3—5 

28 

56 

44 

42 

86 

282 

221 

40 

673 


5—7 


34   65   50  34        82   230   248   59 


Zu  Blue  Hill,  in  Frankreich  (Departement  Dröme)  und  zu  Cordoba 
in  Argentinien  folgen  die  oberen  Winde  ebenfalls  der  Sonne.  Im 
'letzten  Falle  ist  demnach  die  Drehungsrichtung  umgekehrt  wie  diejenige 
ides  Uhrenzeigers,  da  Cordoba  auf  der  südlichen  Halbkugel  gelegen  ist. 

Der  Wolkenzug  folgt  einem  ähnlichen  Gang.  Eicht  er  fand 
lür  die  Grafschaft  Glatz  in  Schlesien,  dass  im  Sommer  die  unteren 
;  Wolken  ihren  Zug  im  Laufe  des  Tages  von  N  über  E  und  S  nach  W 
I  drehen.  Dasselbe  gilt  für  die  Wolken  von  1,5  bis  8,5  km  Höhe  zu 
Blue  Hill  nach  folgender  Tabelle. 

I  Maximum  der  Häufigkeit  des  Wolkenzuges  bei  verschiedenen  Richtungen 


!  Richtung  aus 

Zeit  des  Maximums 


N       NE 

11'»  j9     2'»« 

Die  Windgeschwindigkeit  hat 
in  der  Nähe  der  Erdoberfläche 
■io  Maximum  etwa  um  1^  p.  In 
höheren  Luftschichten  ist  der 
Gang  nahezu  umgekehrt  mit  einem 
^faximum  kurz  vor  Mitternacht  , 
lud  einem  Minimum  im  Laufe 
s  Tages,  wie  nebenstehendes 
Diagramm  (Fig.  202)  zeigt,  in 
welchem  die  voll  ausgezogenen 
Linien  die  Tagesvariation  der 
Windgeschwindigkeit  beim  Bureau 
neteorologique  in  Paris  (21m  über  > 
ier  Erdoberfläche),  die  punktierten 
Linien  dagegen  die  entsprechende  z 
jrösse  auf  dem  Eiffelturm  (305  m 
iber  der  Erdoberfläche)  darstellen. 


E       SE        S       SW      W     NW 

h^  a     8*a     11*  a     l*"  p     6^  p     S'' p 


MUtagie*' 


MtMern. 


,. 

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Jul 

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MiHag      \ 
Fig.  202. 


20*- 


In  der  Nähe  der  Erdoberfläche  ist  die  Tagesvariation  im  Sommer 

Arrlienius,  Kosmische  Physik.  43 


674  Physik  der  Atmosphäre. 

etwa  doppelt  so  gross  wie  im  Winter.    In  höheren  Luftschichten  ist  dii 
Amplitude  am  grössten  bei  den  Äquinoctien,  am  geringsten  im  Wintt 

Diese  Unterschiede  lassen  sich  durch  die  grosse  Euhe  der  Luft  naln 
der  Erdoberfläche  in  den  Nachtstunden  erklären,  w^elche  durch  der! 
relativ  stabilen  Zustand  der  Temperaturumkehr  in  dieser  Zeit  hervor- 
gerufen wird.  Besonders  stark  tritt  dies  im  Winter  hervor.  Die  Ur- 
sache der  Luftbewegungen  an  der  Erdoberfläche  ist  in  der  Sonnenwirkuii 
zu  suchen,  wodurch  die  niederen  Luftschichten  mit  den  höheren,  d 
durch  eine  grosse  Windgeschwindigkeit  gekennzeichnet  sind,  vermiscM 
werden.  Demzufolge  hat  der  Wind  höherer  Luftschichten  (um  300  m ' 
am  Tag  ein  Minimum,  derjenige  niederer  Luftschichten  kurz  nach  den; 
Mittag  ein  Maximum  der  Geschwindigkeit. 

Dass   das  Minimum   in   höheren  Schichten  im  Sommer   schon  um 
10^  a  und  nicht  wie  im  Winter  erst  kurz  nach  Mittag  {2^  p)  eintrifft: 
beruht  darauf,   dass  die  starke  Sonnenwirkung  im  Sommer  selbst  ei» 
Zunahme    der   Windgeschwindigkeit   an    der   Erdoberfläche    kurz    nacli 
Mittag  hervorruft. 

Der  tägliche  Gang  beim  Bureau  meteorologique  entspricht  demjenigen 
auf  anderen  Stationen,  ausser  den  auf  Berggipfeln  gelegenen.  Diese  zeigen 
Verhältnisse  von  derselben  Art  wie  die  Beobachtungen  vom  EifiFelturm.i 

Die  Windgessh windigkeit  ändert  sich  im  Laufe  des  Jahres  so,  dass! 
sie  in  unseren  Gegenden  ein  Maximum  im  Winter,  ein  Minimum  im 
Sommer  besitzt.  Im  Winter  sind  nämlich  im  allgemeinen  die  Tempe-j 
raturunterschiede  nahe  gelegener  Orte  grösser  wie  im  Sommer.  Diesel 
Veränderlichkeit  geht  aus  folgender  Tabelle  hervor,  welche  die  mittlere' 
Windgeschwindigkeit  in  Metern  pro  Sek.  angiebt.  B.  M.  bedeutet 
Bureau  meteorologique,  E.  T.  Eiffelturm. 

Jan.   Febr.  März  Apr.   Mai    Juni  Juli   Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr, 

B.  M.  2,38  3,47  2,48  2,16  2,09  2,06  2,08  2,01  1,66  1,90  2,15  2,32  2,15 

E.  T.         10,48  9,72  9,35  8,09  7,92  7,33  7,90  8,09  7,47  9,39  9,41  9,34  8,7 ij 

Verhältnis  4,4    3,94  3,77  3,75  3,79  3,56  3,80  4,02  4,50  4,94  4,38  4,03  4,05 

„  Nachts  2,74  2,43  2,03  1,98  1,89  1,81  1,76  1,83  2,12  2,28  2,60  2,48  2,16 

Bei  den  in  der  Nähe  des  Erdbodens  aufgenommenen  Beobachtungen 
des  Bureau  meteorologique  hat  die  Sonnenwirkung  zur  Mittagszeit  einem 
störenden  Einfluss,  wodurch  das  Minimum  auf  September  verschoben  wird.j 
Nimmt  man  nur  die  Nachtstunden  (0 — 4^*  a)  zum  Vergleich,  so  sinktj 
die  mittlere  Windgeschwindigkeit  im  Sommer  auf  1,5  m  pro  Sek.  g^.gQw 
2,2  m  im  Winter. 


■ 


IX.  Die  Winde. 


"675 


Die  starke  Zunahme  der  Windgeschwindigkeit  mit  der  Höhe,  welche 
aus  den  Eiffelturmbeobachtungen  hervorgeht,  ist  nicht  auf  die  niederen 
i".nftschichten  beschränkt,  sondern  erstreckt  sich  bis  zu  den  Eegionen 
r  Cirruswolken.  Nach  den  Geschwindigkeiten  der  Wolken  zu  urteilen, 
steigt  die  mittlere  Geschwindigkeit  des  Windes  (gleich  derjenigen  des 
Wolkenzuges  angenommen)  in  8—10  km  Höhe  auf  nicht  weniger  als 
30  m  pro  Sek. 

Der  Grund  für  diese  in  der  Nähe  der  Erdoberfläche  besonders 
schnelle  Abnahme  der  Windstärke  ist  die  starke  Reibung  zwischen  der 
Liift  und  den  Unebenheiten  der  Erdoberfläche.  Deshalb  ist  auch  der 
\v'ind  auf  dem  Meer  bedeutend  kräftiger  als  auf  dem  Festland. 


Damit  hängt  auch,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  zusammen, 
•s  die  Windrichtung  in  höheren  Luftschichten  gegen  die  an  der  Erd- 
rfläche  nacb  rechts  gedreht  ist.  So  z.  B.  liegt  die  Windrichtung  am 
l^iffelturm  im  Mittel  25''  rechts  von  der  an  der  Erdoberfläche  gleich- 
zeitig vorhandenen.  Wenn  also  diese  im  Mittel  westlich  ist,  so  weht  der 
Wind  am  Eiffelturm  im  Mittel  von  WNW. 

Die  Ursache  der  Winde.  Die  Bewegungen  der  Luftmassen 
rühren  von  Druckkräften  her,  d.  h.  der  Druck  in  derselben  Horizontal- 
-^'•hicht  ist  nicht  überall  gleich.  Diese  Druckdifferenzen  hängen 
^viederum  ursprünglich  mit  ungleichmässiger  Erwärmung  zusammen. 
Üiirch  eine  Erhöhung  der  Temperatur  dehnen  sich  die  Luftmassen  aus 
und  zwar  um  0,367  Proz.  des  Volumens  bei  0  <>  für  jeden  Grad  C. 
Vf'hmen  wir  z.  B.  an,  eine  Luftschicht  werde  bei  C  vom  Boden  erwärmt 
1  ig.  203).   Die  durch  die  gestrichelten  Linien  angedeuteten  horizontalen 

43* 


676  Physik  der  Atmosphäre.  j 

Luftschichten  nehmen  über  C  eine  grössere  Dicke  an,  so  dass  die  Linien 
gleichen  Druckes,  welche  vorhin  durch  die  gestrichelten  Linien  darge- 
stellt wurden,  jetzt  mehr  wie  die  voll  ausgezogenen  Linien  verlaufen. 
Es  sei  ef  die  maximale  Erhebung  der  Isobarenfiäche  aa^  über  C,  so  ist 
in  f  der  Druck  pro  cm 2  etwas  höher  als  in  a  oder  a',  und  zwar  um  - 
viel  wie  das  Gewicht  einer  Luftsäule  von  1  cm^  Querschnitt  und  dfi 
Höhe  e/*  beträgt.  Diese  Kraft,  welche  durch  die  Druckdifferenz  pro  cm-  in  / 
und  ai  gemessen  wird,  wirkt  nun  auf  eine  Luftsäule  verschiebend,  dii 
einen  Querschnitt  von  1  cm^  und  eine  Länge  gleich  fa^  besitzt.  "Wenn 
das  Gewicht  der  Luftsäule  von  der  Höhe  ef  die  Masse  derselben  Luft- 
säule treiben  würde,  so  würde  die  Beschleunigung  dieselbe  wie  bei 
freiem  Fall,  d.  h.  g,  sein.  Bei  freiem  Fall  wird  nämlich  eine  Körper- 
masse von  ihrem  eigenen  Gewicht  getrieben.  In  dem  vorliegenden 
Fall  ist  aber  die  getriebene  Masse  eine  Luftsäule  von  dem  Durchschnitt 
1  cm2  und  der  Länge  fa^  anstatt  ef.  Die  Beschleunigung  (a)  wird 
demnach  e/":/'a'mal  geringer  als  im  vorigen  Fall,  d.h. 

ef  h 

Falls  zwischen  e  und  a  eine  schiefe  Ebene  gelegen  wäre,  längs  der 
ein  schwerer  Körper  hinunterfallen  könnte,  so  würde  seine  Beschleuni- 
gung gleich  g  '  ef:  ea^  sein.  Da  nun  ea^  nicht  merklich  von  fa^  ver- 
schieden ist,  weil  die  Neigung  von  ea^  gegen  fa^  äusserst  gering  ist,  so 
kann  man  sagen,  dass  die  Beschleunigung  der  Luftmassen  ebenso  gros.^ 
ist  wie  diejenige  eines  längs  der  Isobarenfläche  fallenden  schweren 
Körpers.  Dabei  wird  das  betrachtete  Stück  der  Isobarenfläche  so  geriui: 
genommen,  dass  es  ohne  Fehler  als  eine  Ebene  angesehen  werden  kann. 

Um  nun  diese  Kräfte  zu  messen,  verwendet  man  nach  Stevenson 
den  sogenannten  Luftdruckgradienten  oder  kurzweg  Gradienten,  welcher 
angiebt,  um  wie  viel  der  Luftdruck  in  horizontaler  Richtung  längs  einer 
gegebenen  Strecke  sich  ändert.  Als  Einheit  nimmt  man  dabei  denjenigen 
Gradienten,  bei  welchem  der  Luftdruck  sich  um  1  mm  Quecksilber  in 
einer  Entfernung  von  111,11km  (einem  Breitengrad)  ändert.  Die  Er- 
fahrung lehrt,  dass  massige  Winde  einem  Gradienten  unter  1  ent- 
sprechen; bei  Gradienten  von  4  bis  5  wehen  heftige  Stürme. 

Ein  mm  Quecksilber  übt  einen  ebenso  grossen  Druck  aus  wie  eini 
Luftsäule  von  1052  cm  Höhe  bei  0^  oder  von  1129  cm  Höhe  bei  20''  C 
(dabei  wird  ein  mittlerer  Druck  von  760  mm  Quecksilber  angenommen, 
vgl.  S.  593).    Bei  15^0.  ist   die  betr.  Höhe  Uli  cm,   es   ist   also   die 


■ 


IX.  Die  Winde.  677 


Xeigung  der  schiefen  Ebene,  welche  derselben  Beschleunigung  entspricht 
wie  der  Einheits-Gradient  Uli  :  Hill  .  1000  =  1  :  10000. 

Mit  Hilfe  der  oben  abgeleiteten  Ähnlichkeit  der  Wirkung  des  Gra- 
jiienten   mit   einer  schiefen  Ebene   ist   es  leicht  die  Windgeschwindig- 
it  zu  berechnen,   welche   nach   einer  bestimmten  Wirkungszeit,  oder 
ichdem   die  Luftmasse   sich   eine   bestimmte  Strecke   verschoben   hat, 
der  Luftmasse   herrscht.     Für  die    schiefe  Ebene    gilt  nämlich   die 

^l'ormel:  

v  =  Y2g  .h, 

worin  v  die  Endgeschwindigkeit  des  Fallkörpers  und  h  die  vertikale  Fall- 
höhe, sowie  g  die  Beschleunigung  der  Schwere  bedeuten.  Da  nun 
eine  DruckdiflFerenz  von  1  mm  bei  760  mm  Druck  einer  Fallhöhe  von 
10,52  m  bei  0*^  und  10,52  (1  +  at)  bei  t^  C.  entspricht  und  bei  einem 
Druck  b  die  entsprechende  Zahl  760  :  b  mal  grösser  ist,  so  wird  die  End- 
ireschwindigkeit  in  Metern  pro  Sek.  bei  der  Druckdifferenz  ö  am  Anfang 
und  Ende: 


=  y  lg.  10,52  (1  +  at)  -^-  6  =  14,36  j/ d  (1  +  «0 


760     _m_ 

h    '  Sek. 


ibei  wird  vorausgesetzt,  dass  keine  ßeibungswiderstände  wirken. 

Um  die  Zeit  zu  berechnen,  welche  die  Luftmasse  zur  Verschiebung 
zwischen  zwei  Punkten  braucht,  braucht  man  nur  die  Entfernung  der 
l)oiden  Punkte  durch  die  mittlere  Geschwindigkeit  des  Luftstroms  an 
den  beiden  Endpunkten  zu  dividieren. 

Der  Gradient  an  der  Erdoberfläche  erreicht  bei  Stürmen  in  Europa 
nur  äusserst  selten  den  Wert  20;  bei  dem  Orkan  zu  Edinburgh 
am  24.  Jan.  1886  war  er  23,8.  In  Wirbelstürmen  der  Tropen 
können  noch  grössere  Gradienten  vorkommen.  Bei  starken  Stürmen  in 
'1er  gemässigten  Zone  beträgt  der  Gradient  gewöhnlich  nur  5—10  mm 
pro  Breitegrad. 

Die  Trägheitskurve.  Wie  wir  in  dem  vorhergehenden  Abschnitt 
•sehen  haben,  wird  auf  der  nördlichen  Halbkugel  ein  Körper,  welcher  sich 
I  .irallel  der  Erdoberfläche  ohne  Reibung  bewegt,  durch  die  Achsendrehung 
'lor  Erde  aus  seiner  Bewegungsrichtung  relativ  zur  Erdoberfläche  nach 
rechts  abgelenkt.  Auf  der  südlichen  Halbkugel  wirkt  die  Ablenkung  nach 
links  von  der  ursprünglichen  Bewegungsrichtung.  Wenn  9)  die  geo- 
graphische Breite  ist,  auf  welcher  der  mit  der  Geschwindigkeit  v  be- 


678 


Physik  der  Atmosphäre. 


wegte  Körper  sich  befindet,   so  ist  die  Grösse  der  Ablenkung  ÖA  (vgl. 
S,  267),  nach  't  Sekunden: 

einer  scheinbaren  Beschleunigung  jp  entsprechend,  wo: 

p  =  '2  .  7.29  .  10-5  V  sin  g). 

Andererseits  gilt  für  Centralkräfte,  falls  der  Krümmungshalbmesser  der 
Bahn  gleich  R  gesetzt  wird: 

«,2 


p=. 


R 


Polglich  ist: 
oder: 


v^lR=2  .  7,29  .  10-5«;  sin  93 
6860  V 


R-= 


sm  g) 


Der  Krümmungsradius   der  Bahn   des  bewegten  Körpers   auf  der 
Erdoberfläche    ist    demnach    proportional    der    Geschwindigkeit.    Wenn 

diese  nicht  all  zu  gross  ist,  so  ent- 
fernt sich  der  Körper  nicht  in 
nennenswertem  Grade  von  dem  Breiten- 
grad %  so  dass  g)  als  konstant  ange- 
sehen werden  kann.  Der  bewegte 
Körper  beschreibt  dann  einen  Kreis, 
dessen  Krümmungsradius  der  Ge- 
schwindigkeit direkt  und  dem  sin  g) 
umgekehrt  proportional  ist.  Falls  ^ 
nicht  mehr  als  konstant  angesehen 
werden  kann,  wird  der  Kreis  auf  der  | 
nördlichen  Halbkugel  in  eine  Kurve 

Fig.  204.  Die  Trägheitskurve  der  nörd-    ^0^  ^^^  i^  ^ig.  204  angegebenen  Form 
lichenHalbkugel;  für  die  südliche  Halb-    umgewandelt.    Diese  Kurve  wird  die 
kügel  ist  N  gegen  S  zu  vertauschen.      Trägheitskurve  genannt. 

Es  wurde  bei  der  obigen  Ab- 
leitung angenommen,  dass  der  bewegte  Körper  keine  Eeibung  er- 
fährt. Auch  wenn  derselbe  aus  einer  Luftmasse  besteht,  so  ist 
diese  Annahme  nicht  richtig.  Die  bewegte  Luftmasse  erfährt  eine 
merkliche    Eeibung    sowohl    von    der    Erdoberfläche,     wie     von    an- 


■ 


TX.  Die  Winde.  679 


lenzenden  Luftmassen,  die  eine  andere  Bewegung  besitzen.  Die 
erlorene  Energie  wird  dabei  hauptsächlich  für  die  Bildung  von 
Wirbeln  verbraucht.  Die  hemmende  Kraft  ist  bei  solchen  Bewegungen 
nach  der  Erfahrung  (vgl.  unten)  der  Geschwindigkeit  proportional. 
Bei  sehr  grossen  Geschwindigkeiten,  die  wohl  nicht  in  Frage  kommen, 
würde  wahrscheinlich  die  hemmende  Kraft  nach  einer  höheren  Potenz 
der  Geschwindigkeit  zunehmen.  Auf  alle  Fälle  nimmt  die  Ge- 
hwindigkeit  v  zufolge  der  Reibung  ab  und  damit  auch  der  Krüm- 
mungsradius der  Trägheitsbahn.  Mit  anderen  Worten,  die  Luftmasse 
beschreibt  eine  Spirale,  deren  Windungen  immer  enger  werden.  Für 
den  Fall,  dass  der  Widerstand  der  ersten  Potenz  der  Bewegung  pro- 
portional ist,  wird  diese  Kurve  eine  sogenannte  logarithmische  Spirale, 
deren  Bogen  immer  einen  gleichen  Winkel  mit  dem  Radiusvektor  aus 
dem  Mittelpunkt  einschliesst.  In  anderen  Fällen  werden  die  Spiralen 
andere  Formen  haben. 

Damit  also  die  Luftsäule  von  der  Masse  m  sich  auf  einer  kreis- 
förmigen Trägheitskurve  mit  der  Geschwindigkeit  v  bewegt,   muss   sie 
\ (»n  einer  in  der  Bewegungsrichtung  wirkenden  beschleunigenden  Kraft  F 
zogen  werden,  welche  dem  Widerstände  der  Reibung  Gleichgewicht 
liiilt,  für  welche  demnach  gilt: 

F  ^=  k  mv. 

Wie  wir  oben  gesehen  haben,  ist  die  mittlere  Windgeschwindigkeit 
auf  dem  Eiffelturm  8,7  m  pro  Sek.,  eine  Geschwindigkeit,  welche  jeden- 
falls nicht  diejenigen  in  höheren  Luftschichten  im  Mittel   übersteigen 
ilürfte.    Wenn   wir  mit   einem  Wert  von   10  m  pro  Sek.  rechnen,   so 
iinmt  der  Krümmungsradius  i2  folgende  Werte  an: 

ßreitegrad   ...         20        30        40      50      60      70      90  Grad 
Krümmungsradius       200      137      107      90      79      73      ö9  km. 

Am  Äquator  ist  der  Krümmungsradius  unendlich.   Für  andere  Wind- 
"schwindigkeiten  als  10  m  pro  Sek.  kann  man  leicht   durch  Propor- 
innierung  den  Krümmungsradius  finden,  so  z.  B.  müsste  er  auf  50*^  Br. 
und  bei  der  Geschwindigkeit  5  m  pro  Sek.  45  km  erreichen.    In  gewöhn- 
lichen Fällen  ist  der  Krümmungsradius  von  der  Grössenordnung  eines 
Breitegrades  (111,1  km). 

Das  Buys-Ballotsche  Gesetz.    Angenommen  jetzt,  wir  hätten 
eine  Luftströmung,   die   eine  weniger  gekrümmte  Bahn  ÄDB  als  die 


680 


Physik  der  Atmosphäre. 


Trägheitskurve  ÖDE  beschriebe  (Fig.  205),  so  mtisste  zur  Erreichung 
einer  solchen  Krümmung  eine  Kraft  DH  m  der  Eichtung  des  Krüm- 
mungsradius nach  aussen  wirksam  sein.  Wenn  keine  Kraft  in  dieser 
Eichtung  wirkte,  würde  nämlich  der  Luftstrom  nach  dem  vorhin  gesagten  der 
Trägheitskurve  GDE  folgen.    Die   Kräfte   (pro  Masseneinheit),   welch« 

Krümmungen  mit  den  Eadien  R  und  B^  ent- 
iB  sprechen,  sind  gleich: 


/•  = 


R' 


f  —^ 


Diejenige  Kraft,  welche  den  Krümmungshalb- 
messer von  R  auf  R^  zu  ändern  vermag,  'ist 
infolgedessen  pro  Masseneinheit: 


h=f-U 


Fig.  205. 


R  Y 


Wenn  also  die  Krümmungsradien  von  GL}. 
und  ABB  vcii  Punkte  B  durch  R  und  R^  dargestellt  sind,  so  wird  /;, 
der  Ausdruck  für  die  die  Masseneinheit  nach  aussen  treibende  Kraft  B  IL 
Durch  Einführung  des  Wertes  von  R  erhält  man  für  die  Masse  m : 


B  H  =  fo  =^  (  V.  2  w  sin  <p  — 


w, 


A/ 


falls  w  =  7,29.10^^  gesetzt  wird. 

Andererseits  wirkt  eine  Kraft  D  G,  deren  Wert  oben  angegeben  ist. 
die  die  Geschwindigkeit  {v)  des  Windes  erhält  und  ihm  die  Beschleuni- 
gung a  erteilt;  dieselbe  wird  ausgedrückt  durch: 

BG  =^  m  {kv  -\-  a). 

a  kann  positiv   oder  negativ   sein.    Wenn   die  Geschwindigkeit  gerade 
aufrecht  gehalten  wird,  bei  sogenannter  stationärer  Bewegung,  ist  «==0. 

Die  ganze  Kraft,  welche  auf  die  bewegte  Luffcmasse  wirkt,  ist  die 
Eesultante  BJ  von  den  genannten  D  ZT  und  D  G'.  D/ist  die  treibende 
Kraft  und  beruht  auf  dem  Unterschied  des  Luftdruckes  in  den  Punkten  D 
und  /.    BJ  ist  der  früher  genannte  Gradient  in  der  Eichtung  BJ. 

Diese  Eichtung  der  treibenden  Kraft  fällt  keineswegs  mit  der 
Eichtung  B  G  der  bewegten  Masse  zusammen,  sondern  bildet  mit  dieser 
einen  Winkel  F,  welcher  Ablenkungswinkel  genannt  wird.    Je  grösser 


I 


■ 


IX.  Die  Winde.  681 


'lieser  Winkel  ist,  um  so  geringer  ist  DG  verglichen  mit  dem  Gra- 
dienten DJ. 

Die  Wetterkarten  zeigen,  dass  die  Windbahnen,  wie  die  Fig.  an- 
hiebt, beinahe  ausnahmslos  weniger  nach  rechts  (anticyklonal)  gekrümmt 
-ind  als  die  Trägheitsbahnen.  Hieraus  folgt  das  Gesetz  von  Buys- 
ßallot,  welches  aussagt,  dass  auf  der  nördlichen  Halbkugel  der  Gra- 
ilient  so  gerichtet  ist,  dass,  wenn  man  den  Kücken  dem  Winde  zukehrt, 
die  linke  Hand  etwas  nach  vorne  gehoben  die  Kichtung  des  Gradienten 
angiebt.  Dieser  Satz  wurde  schon  von  Coffin  (1853)  ausgesprochen.  Die 
Stärke  des  Windes  wächst  mit  dem  Gradienten  (unter  übrigens  gleichen 
l'inständen).  Auf  der  südlichen  Hemisphäre  ist  links  gegen  reclits  aus- 
zutauschen. 

Wenn  der  ßeibungswiderstand  und  die  Beschleunigung  Null  wären, 
'  würde  die  tangentiale  Komponente  DQ  der  Kraft  Null  sein,  d.  h.  der 
Gradient  ganz  senkrecht  zur  Windrichtung  liegen.  Je  geringer  also  die 
Reibung  bei  stationärer  Bewegung,  um  so  grösser  ist  der  sogenannte 
Ablenkungswinkel  F.  Ebenso  ist  der  Ablenkungswinkel,  wie  aus  den 
obigen  Ableitungen  hervorgeht,  von  der  ablenkenden  Kraft  der  Erd- 
drehung abhängig;  er  ist  demnach  um  so  grösser,  je  weiter  man  sich 
vom  Äquator  entfernt.  In  der  Nähe  des  Äquators  bewegen  sich  die 
Luftteilchen  gradlinig  dahin,  wo  eine  Luftdruckverminderung  entstanden 
ist.  Da  keine  ablenkende  Kraft  durch  die  Erddrehung  hinzukommt,  so 
werden  die  Druckdifferenzen  bald  ausgeglichen  und  damit  die  Quelle 
der  Luftbewegungen  vernichtet. 

Im  allgemeinen  gilt  (für  die  Breite  go): 


v.lw  sin  (p 
tgF=^ 


R 


kv  -\-  a 

Guldberg  und  Mohn  haben  in  einer  grundlegenden  Arbeit  die 
Bedeutung  dieser  Formel  untersucht.  Sie  setzten  a  gleich  Null  und  be- 
rechneten den  Wert  des  Reibungskoefticienten  /.•  aus  den  bekannten 
Daten  der  Windgeschwindigkeiten  (v)  und  Ablenkungswinkel  (F).  Der 
Einfachheit  halber  beschränkten  sie  sich  auf  solche  Fälle,  vfo  R=oc 
gesetzt  werden  konnte.  Sie  fanden  auf  diese  Weise  folgende  Werte  von  /.; 
(welches  dieselbe  Dimension  1 ;  Sek.  und  Grössenordnung  wie  w  erhält). 

Auffallend  ist  der  grosse  Unterschied  der  Reibung  zwischen  den  Küsten- 
nnd  den  Binnenlandstationen  unter  derselben  Breite  in  Westeuropa.  Die 
Koibung  über  der  festen  Erdoberfläche  ist  etwa  2,5  mal  grösser  als  die- 


532  Physik  der  Atmosphäre. 

jenige  über  dem  Meer.  Dementsprechend  ist  auch  der  Ablenkungs- 
winkel F  auf  dem  Meer  bedeutend  grösser  und  nähert  sich  dem  Wertj 
90*^,  dem  Wert  für  /(;=0.  Die  Reibung  ist. im  Winter  grösser  als  im 
Sommer. 

Beobachtungsort 

Nordamerika 

Norwegen 

Binnenstationen  Westeuropas  (Oxford,l         ^ 

Nottingham,  London,  Brüssel,  Paris)) 
Küstenstationen  Westeuropas   (Brest,^ 

Scilly,Yarmouth,Pembroke,Holyhead)j 
Atlantischer  Ocean 15— 50*^  35. 


N.  Br. 

F 

k  (Mittf 

370 

42» 

80.10 

61 

56 

85.   ., 

64. 
51  77  26. 


am  Äquator  20. 


Die  Zunahme  der  Reibung  über  dem  festen  Land  rührt  von  den 
vielen  Unebenheiten  her,  über  die  der  Wind  dort  streicht.  Es  ist  danacli 
zu  vermuten,  dass  in  höheren  Luftschichten  der  Ablenkungswinkel  grösser 
wird,  da  jedenfalls  die  grösste  Reibung  in  der  Nähe  der  Erdoberfläch(> 
zu  finden  ist.  Wie  wir  oben  gesehen  haben,  ist  in  der  That  auf  dem  Eiffel- 
turm die  Windrichtung  gegen  diejenige  am  Boden  nach  rechts  abgelenkt. 
Wahrscheinlich  beruht  aber  der  grosse  Winkelunterschied  (25^)  zum 
grössten  Teil  auf  lokalen  Störungen  an  der  unteren  Station. 

Die  Cirrus -Wolken  zeigen  einen  sehr  grossen  Ablenkungswinkel 
der  höheren  Luftströme  an.  Diese  Wolken  ziehen  nämlich  den  Iso- 
baren nahezu  parallel,  also  senkrecht  zum  Gradienten.  Dies  entspricht 
der  Reibung  Null,  d.  h.  in  diesen  oberen  Luftschichten  ist  die  Reibung 
sehr  gering. 

Bei  konstanter  Reibung  ändert  sich  der  Ablenkungswinkel  am 
Äquator  sehr  stark  mit  der  Breite,  danach  aber  sehr  langsam.  Als 
Beispiel  mögen  einige  Ziffern  über  die  Grösse  des  Ablenkungswinkels 
von  Mohn  und  Guldberg  angeführt  werden. 


Breite      0 

5 

10 

15 

20 

30 

40 

60 

900 

2.10-5,  F=0 

32,4 

51,7 

62,1 

68,2 

74,7 

78,0 

81,0 

82,2  »^ 

6.10-5,  iT-^o 

12,0 

22,9 

32,2 

39,7 

50,6 

57,4 

64,6 

67,6" 

8.10-5,  F=0 

7,3 

14,2 

20,7 

26,5 

36,1 

43,2 

51,6 

55,6» 

Die  Windgeschwindigkeit  wächst  mit  dem  Gradienten,  nimmt  da; 
gegen  bei  zunehmender  Reibung  ab.    Nun  wächst  im  allgemeinen  de 


TX.  Die  Winde.  683 

Iradient  mit   zunehmender  Höhe,    wenigstens    in   den    unteren   Luft- 
-liiehten  (vgl.  Fig.  203).  Ausserdem  ist  in  höheren  Schichten  die  Keibung 
iringer  als  in  der  Nähe  der  Erde.   Es  folgt  daraus,  dass  die  Geschwindig- 
keit des  Windes  mit  der  Höhe  zunimmt,  wie  auch  der  Gang  der  Wolken 
ndeutet  (vgl.  S.  650). 

Zur  weiteren  Erläuterung  berechnen  wir  die  Grösse  des  Gradienten  O. 

Da  bei  0*^  C.  und  760  mm  Druck  1  mm  des  Luftdruckes  einer  Steighöhe 

11  10,52  m  entspricht,  bei  der  absoluten  Temperatur  T  dagegen  einer 

:  273  mal  so  grossen,   und  bei  dem  Druck  h  mm  einer  760: 6  mal  so 

.rossen  Höhe,  so  ist  die  Grösse  von  Q  bei  einem  Dmckunterschied  von 

ö  mm  (vgl.  S.  676): 

A=      10>52       ,    760  •  T ^    ö      T    m_ 
^  —  9^—9  iiiiii  ■  ^■&.273  ~387    &  ■  Sek.' 

)nach  {für  F=90^)  die  vorletzte  Formel  auf  S.  680  übergeht  in: 

Diese  Formel  giebt  eine  Beziehung  zwischen  dem  Gradienten  6  und 
der  Windgeschwindigkeit  v.  Setzt  man  R  unendlich  gross,  so  erhält 
man  bei  i^=90^  r=273  (0«  C.)  und  5  =  760  mm  Druck  folgende 
Werte  von  v :  ö  unter  der  Breite  g) : 


(p  =  0 

10 

20 

30 

40 

50 

60 

70 

80 

90 

V.Ö  =  X, 

36,7 

18,6 

12,7 

9,9 

8,3 

7,3 

6,8 

6,5 

6,4 

Der  oc-Wert  am  Äquator  hat  nur  die  Bedeutung,  dass  F=90^ 
dort  nicht  vorkommen  kann.  Wenn  nun  in  niederen  Breiten  F  auch 
nicht  90 **,  d.h.  sin  F  nicht  den  Wert  1  erreicht,  so  können  wir  doch 
för  g)  ;>  20*^  dies  mit  ziemlicher  Annäherung  annehmen.  Wir  finden 
so,  dass  ein  Gradient  von  z.  B,  3  mm  am  50.  Breitegrad  eine  Wind- 
stärke von  25  m,  am  20.  dagegen  eine  von  56  m  pro  Sek.,  d.  h.  eine 
2,24  mal  grössere  hervorruft. 

Die  Erfahrung  zeigt  nun,  dass  die  so  berechneten  Werte  für  die 
Winde  auf  dem  Meere  gute  Übereinstimmung  ergeben,  dagegen  viel  zu 
-iross  (etwa  doppelt)  für  die  Winde  auf  dem  Land,  besonders  im 
Binnenland,  ausfallen.  Wahrscheinlich  würde  auch  für  das  Binnenland 
<lie  Kechnung  gute  Werte  ergeben,  wenn  man  die  Windgeschwindigkeit 
in  einiger  Entfernung  vom  Boden  (wie  z.  B.  am  Eiffelturm)  messen 
würde. 


ßg/f  Physik  der  Atmosphäre. 

Man  hat  aus  diesem  Grund  empirische  Werte  des  Quotienten  v :  d 
ermittelt.  Einige  solche  folgen  hier  (sie  betreffen  Beobachtungen  von  8'*  " 
im  ganzen  Jahr). 


Deutsche  Küsten 
1,19      1,44    1,81    2,14      2,62 


3,1        4,8      6,7      8,8      10,7 
(2,6)       3,3      3,7      4,1        4,1 


Stonyhurst  und  Kew  (g)  =  52,5^) 

6    0,76     1,36     1,98    2,60      3,04 
V    2,5      4,8      7,0      9,4       11,0 
V.ö    3,6       3,5       3,5      3,6        3,6 

An  Stelle  des  theoretischen  Wertes  von  v:6  =  8,0  erhält  man  Werte 
3,6  bezw.  3,8,  die  etwa  doppelt  geringer  sind.  Im  Sommer  ist  der  Wert 
etwa  20  Prozent  grösser  als  im  Winter,  weil  im  Sommer  die  Sonnen- 
strahlung die  unteren  Luftschichten  mit  etwas  höher  liegenden  vermischt, 
so  dass  die  Verhältnisse  sich  den  theoretischen  nähern. 

Winde  die  von  NNE  und  E  kommen,  zeigen  bei  gleichem  Gra- 
dienten eine  etwa  35  Proz.  grössere  Windgeschwindigkeit  als  Windi 
von  SSW  und  W.  Die  Grösse  von  v.ö  erreicht  in  diesen  Fällen  für  dit 
deutsche  Küste  nach  Sprung  4,5  bezw.  3,2.  Die  Beobachtungen  voi, 
Stonyhurst  und  Kew  sind  ähnlich:  für  Winde  zwischen  NNW  und  SE 
beträgt  v:d  =  4,0,  während  für  solche  zwischen  SSE  und  NW  v.ö  =  3,0 
ist.  Im  Mittel  kann  man  also  für  England  und  die  deutsche  Küste 
v.ö=  4,2  für  Nord-  und  Ost -Winde,  dagegen  v.ö  =  Z,l  für  Süd-  und 
West- Winde  setzen. 

Vermutlich  beruht  der  beobachtete  Unterschied  auf  der  stärkeren 
absteigenden  Bewegung  der  kalten  Luft  bei  Nord-  und  Ostwinden,  die 
die  niedere  Luft  stark  mit  höheren  Luftschichten  vermischt. 

Bei  der  theoretischen  Behandlung  dieser  Fragen  setzt  man  ge- 
wöhnlich voraus,  dass  die  Centrifugalkraft  im  Vergleich  mit  der  Ab- 
lenkungskraft der  Erddrehung  zu  vernachlässigen  ist.  Dies  gilt  jeden- 
falls für  massige  Windgeschwindigkeiten,  weil  die  erstgenannte  Kraft 
dem  Quadrat,  die  zweite  nur  der  ersten  Potenz  der  Windgeschwindigkeit 
proportional  zunimmt. 

Für  grössere  Windstärken  mag  das  anders  sein.  Hann  bi- 
rechnet  für  einen  WNW-Sturm  zu  Wien  am  26.-27.  Jan.  1874,  wo 
t;  =  23  m  pro  Sek.  und  R  =  1630  km  (Minimum  in  Petersburg,  ö  =  3,2), 
sowie  g)  =  48^  und  F  =  80°  war,  das  Verhältnis  der  beiden  Kräfte 
gleich  0,13  zu  1.  Für  einen  tropischen  Wirbelsturm  vom  Okt.  1876 
findet  er  dagegen,  bei  ^  =  35  m  pro  Sek.,  R  =  130  km,  ö  =  13,8  und 
9)  =  22,50,  sowie  i^=60^  das  Verhältnis  4,86:1.  Bei  den  tropischen 
Stürmen    spielt   also  bisweilen   die   gewöhnliche  Fliehkraft    eine   über- 


IX.  Die  Winde. 


685 


i 

"legende  Rolle,    sie  tritt  dagegen  bei  den  aussertropischen  gegen  die 
'Ablenkungskraft  der  Erdrotation  zurück. 

Aus  dem  oben  angeführten  gehen  ausser  dem  Buys-Ballot'schen 
L'setz  (vgl.  S.  679)  folgende  allgemeine  Sätze  hervor. 
j        Zufolge  der  Achsendrehung  der  Erde  wird  der  Wind  auf  der  nörd- 
lichen Halbkugel   nach   rechts,   auf  der   südlichen  nach  links  von  der 
Kichtung  des  Gradienten  abgebogen. 

Der  Ablenkungswinkel  wächst  mit  der  Breite,  nimmt  dagegen  mit 
steigender  Reibung  ab. 

Die   Windgeschwindigkeit    wächst    mit    der    in    die  Windrichtung 
'ill enden  Komponente  des  Gradienten  und  ist  dieser  annähernd  propor- 
■  iiial,    der  Reibung   dagegen    umgekehrt   proportional.     Hieraus   folgt, 
dass  die  Windgeschwindigkeit  ungefähr  proportional  mit  der  Grösse  des 
Gradienten   ausfällt;   der  Proportion ali- 
'  tätsfaktor  nimmt  mit  steigender  Breite 
sowie  mit  steigender  Reibung  ab. 
I^p  Cyklonen    und    Anticyklonen. 
■^Nehmen  wir  an,  wir  haben  im  Punkte  C 
'  (Fig.  206)  an  der  Erdoberfläche  XY  ein 
barometrisches  Minimum,  das  der  Ein- 
fachheit halber  eine  kreisförmige  Aus- 
breitung in   horizontaler  Richtung  be- 
sitzen   möge.     Die   Luft   bewegt    sich 
'lauu    in    der  Nähe    der  Erdoberfläche 
11  allen  Seiten  gegen  Chin.  Wegen  der 
vblenkung  durch  die  Erddrehung  ist  der 
Wind  nicht  längs  des  Gradienten  nach  C 
richtet,    sondern,    falls    C    auf   der 
nördlichen  Halbkugel  gelegen  ist,  nach 
loehts    von    C.      Die    Luftströmungen 
werden    auf   diese  Weise    eine  Spirale    beschreiben,    welche   gegen   C 
liin  konvergiert,  ungefähr  wie  die  voll  ausgezogenen  Pfeile  in  der  unteren 
Figur  andeuten.    Die  gegen  C  hineingezogenen  Luftmassen  müssen  aber 
irgendwo  einen  Abfluss  finden,  damit  das  barometrische  Minimum  fortbe- 
stehen kann,  was  gewöhnlich  der  Fall  ist.    Dieses  Entweichen  kann  weder 
nach  unten  noch  nach  der  Seite  vorsichgehen,  es  muss  also  nach  oben  statt- 
linden und   erst   in  der  Höhe   kann   ein  Abfliessen  zur  Seite  zustande 
'mmen. 


Fig.  20G. 


6S6 


Physik  der  Atmosphäre. 


Die  Luftströmungen  erhalten  danach  eine  Bewegung  wie  die  Pfeile 
in  der  oberen  Figur  andeuten.  Die  nach  oben  angehäufte  Luft  verur- 
sacht eine  Krümmung  der  isobarischen  Linien  nach  oben  in  den  höheren 
Luftschichten,  Sie  haben  also  da  eine  umgekehrte  Krümmung  wie  in 
den  nahe  am  Boden  gelegenen  Schichten  und  in  einer  mittleren  Höh« 
giebt  es  eine  sogenannte  „neutrale  Fläche",  eine  isobarische  Fläche,  die 
eben  ist  (MN).  Oberhalb  derselben  fliesst  die  Luft  hinaus,  unter  derselben  in 
den  Wirbel  hinein.  Die  Kichtung  der  oberen  Winde  ist  in  der  unteren 
Figur  durch  gestrichelte  Linien  gekennzeichnet. 

Der  gewöhnlichste  Fall  ist  der,  dass  sich  ein  solcher  cyklonischer 
Wirbel  über  einem  heissen  Centrum  entwickelt,  wo  die  Temperatur  nach 
allen  Seiten  von  C  sinkt.  Man  stellt  sich  dies  am  einfachsten  so  vor, 
dass  anfangs  die  neutrale  Fläche  MN  snoa.  Boden  liegt  und  dass  die 
Isobaren  wegen  der  höheren  Temperatur  über  C  einen  nach  oben  kon- 
vexen Verlauf  haben  mit  der  grössten  Krümmung  über  C  (vgl.  Fig.  203).  Zu- 
folge des  Abfliessens  der  Luft  in  den  höheren  Schichten  sinkt  dann  überall 

in  der  Mitte  der  Luftdruck,  die  neutrale  Fläche 
hebt  sich  und  der  Verlauf  der  Isobaren 
bildet  sich  so  wie  in  der  Figur  206  aus.  Durch 
die  adiabatische  Ausdehnung  der  aufsteigen- 
den Luft  sinkt  die  Temperatur  in  der  Cyklont 
gewöhnlich  so  weit,  dass  sie  unter  diejenige  der 
Umgebung  kommt. 

Genau  umgekehrt  verhalten  sich  die 
anticyklonischen  Wirbel,  welche  gewöhnlich 
über  einem  Kältecentrum  entstehen.  Durch 
die  nach  unten  konvexe  Krümmung  der 
Isobaren  über  dem  Centrum  G  (Fig.  207)  wird 
ein  Zufluss  von  Luft  in  den  höheren 
Schichten  hervorgerufen,  der  eine  Steige- 
rung des  Luftdrucks  über  G  veranlasst.  Die 
neutrale  Fläche  rückt  auch  hier  in  die  Höhe 
und  die  isobarischen  Linien  zeigen  einenVerlauf 
wie  in  der  oberen  Fig.  207.  In  diesem  Fall 
üiesst  die  Luft  unten  zur  Seite  und  es  entsteht  eine  Luftcirkulation  in  ent- 
gegengesetzter Eichtung  wie  in  den  Cyklonen,  wie  die  Pfeile  der  Figur 
andeuten.  Die  Winde  werden  auch  in  diesem  Fall  auf  der  nördlichen 
Halbkugel  nach  rechts  gebogen.  Sie  wehen  in  Richtungen,  die  von  den 
Pfeilen  in  der  unteren  Figur  angegeben  werden  und  zwar  bezeichnen 


Fig.  2Ü7. 


■ 


IX.  Die  Winde.  687 


wie  vorhin  die  gestrichelten  Pfeile  die  oberen  Winde.  Zufolge  des 
Mnkens  der  Luft  erwärmt  sich  das  Centrum  der  Anticyklone  gewöhnlich 
iier  die  Temperatur  der  Umgebung. 

Die  Luftteile  besehreiben  demnach  in  diesen  Wirbeln  eine  Art  von 
Spiralen  von  einer  Form  etwa  wie  die  Fig.  208   andeutet.    Die  Figur 
^r,-\\t  die  Luftbewegung  in  einer  Cyklone  dar.    Nur  ist  die  betreffende 
pirale    in    der    Wirklichkeit    ausser    im 
Falle  der  Tromben  und  ähnlicher  Wirbel, 
ausserordentlich   viel   flacher   wie   in   der 
Zeichnung,  indem  die  Höhendimension  nur 
wenige  Kilometer   (höchstens  etwa  zehn), 
die  horizontale  Ausdehnung    der    Spirale  Fig.  208. 

dagegen  gewöhnlich  mehrere  hundert,  bis- 
weilen tausende  von  Kilometern   erreicht. 

Solche  Cyklonen  können  auch  unter  anderen  Umständen  als  über 
pfhitzten  Stellen  der  Erdoberfläche  entstehen;  ebenso  ist  die  Bildung  von 
\nticyklonen  nicht  notwendig  an  kalte  Stellen  der  Erdoberfläche 
bunden. 
Die  allgemeine  Cirkulation  der  Atmosphäre.  Wegen  der 
itzung  des  Äquators  durch  die  Sonne  verhält  sich  der  äquatoriale 
1  der  Erde  wie  ein  heisses  Centrum.  Es  ist  dabei  zu  bemerken,  dass 
Erhitzung  des  Bodens  durch  die  Sonne  nicht  augenblicklich  ent- 
ht  noch  verschwindet,  sondern  eine  gewisse  Trägheit  besitzt.  Dies 
gilt  ganz  besonders  für  die  wasserbedeckten  Teile  der  Erde,  die  den 
grössten  Teil  der  Erdoberfläche  ausmachen,  —  die  äquatorialen  Gegenden 
20^  n. —  20^  s.  Br.  sind  zu  etwa  76,5  Proz.  mit  Wasser  bedeckt.  Ausser- 
dem entwickeln  sich  die  Luftströmungen  über  dem  Wasser  mit  grosser 
Begelmässigkeit  und  Stärke,  weil  keine  Störungen  und  starke  Kei- 
buiigen  wie  über  der  Landoberfläche  dieser  Entwickelung  im  Wege 
stehen.  Unsere  Betrachtungen  über  die  Windverhältnisse  in  der  Nähe 
der  Erdoberfläche  beziehen  sich  deshalb  zum  grössten  Teil  auf  die 
Luftströmungen  über  dem  Meer.  Zufolge  der  grossen  Wärmekapacität 
des  Meeres  bleiben  die  Verhältnisse  am  Äquator  ziemlich  konstant  und 
die  Winde  folgen  nur  in  beschränktem  Maasse  dem  Gang  der  Sonne 
auf  den  beiden  Seiten  des  Äquators.  Infolgedessen  spielt  auch  die  ganze 
A(|uatorialgegend  und  nicht  nur  der  Punkt,  über  welchem  die  Sonne 
■rade  steht,  die  Kolle  des  heissen  Centrums. 

Längs  des  ganzen  Äquators  steigen  deshalb  Luftmassen  hinauf,  die 
in  der  Höhe  nach  der  Seite  zu  den  Polen  hin  ausweichen.    Gleichzeitig 


) 


688  Physik  der  Atmosphäre. 

strömen  von  höheren  Breiten  neue  Luftmengen  hinzu.  Die  Achsen- 
drehung der  Erde  erteilt  diesen  gegen  den  Äquator  gerichteteni 
Luftströmungen  eine  starke  Komponente,  die  von  Osten  nach  Westen' 
gerichtet  ist.  In  der  Nähe  des  Äquators  seihst  herrscht  Windstille. 
Die  oberen  Luftströmungen  behalten  eine  kleine  Weile  eine  ost-westliclu 
Richtung,  gehen  aber  unter  dem  Einfluss  der  Erddrehung  (in  etwa: 
10''  Br.)  durch  eine  gerade  gegen  den  Pol  gerichtete  zu  einer  Richtung 
von  SW  nach  NE  auf  der  nördlichen,  zu  einer  von  NW  nach  SE  auf} 
der  südlichen  Seite  des  Äquators  über. 

Diese  konstanten  Winde  in  der  Nähe  des  Äquators  werden  Passat' 
genannt.  Sie  treten  über  dem  Atlanten  zu  allen  Jahreszeiten  sehr 
deutlich  auf.  Im  Indischen  Ocean  werden  sie  durch  die  südasiatischen 
Landmassen  gestört,  durch  deren  Wärmeverhältnisse  die  unten  näher  zu 
betrachtenden  Monsune  entstehen.  Im  südlichen  Teil  dieses  Ocean- 
sind  sie  dagegen  kräftig  entwickelt  und  im  grossen  Ocean  ebenfalls. 

Der  obere  Passat,  der  sogenannte  Gegenpassat,  zeigt  sich  in  dem 
Gang  der  oberen  Wolken  von  etwa  4000  m  Höhe  aufwärts,  sowie  in  der 
Richtung,  in  welcher  vulkanische  Aschen  von  den  Winden  geführt 
werden.  Besonders  bekannt  in  dieser  Hinsicht  ist  der  Staub  vom 
Krakatau- Ausbruche,  welcher  in  der  Nähe  des  Äquators  sich  von  Westen 
nach  Osten  mit  einer  Geschwindigkeit  von  30 — 40  m  pro  Sek.  verschob. 
um  in  grösserer  Entfernung  vom  Äquator  erst  eine  polwärts  gerichtete 
später  mehr  westöstliche  Bewegung  anzunehmen.  Der  Gegenpassat  wehl 
auf  hohen  Bergen  wie  Mauna-Loa  (4170  m)  auf  Hawai  oder  dem  Pic  von 
Teneriffa  (3  720  m)  als  stetiger  westlicher  oder  südwestlicher  Wind. 

Man  könnte  nun  erwarten,  dass  diese  Cirkulation  sich  von  dem 
Äquator  bis  zu  den  Polen  erstreckte.  Dies  würde  auch  eintreten., 
falls  nicht  durch  die  Achsendrehung  der  Erde  in  der  Nähe  von  35^  Br. 
eine  starke  Anhäufung  von  Luft  stattfände,  welche  die  Gegenströmung 
vom  Äquator  aufstaut  und  teilweise  gegen  die  Erdoberfläche  niederpresst. 
Ein  andrer  Teil  strömt  in  den  höchsten  Luftschichten  gegen  den  Pol 
mit  zunehmender  westlicher  Ablenkung  weiter. 

Diese  von  sehr  hohem  Luftdruck  gekennzeichneten  Gegenden  werden 
„die  Rossbreiten"  genannt.  Sie  zeichnen  sich  durch  eine  herabsteigende 
Bewegung  der  Luft,  durch  Windstille  und  wolkenfreien  Himmel  aus.  Unter 
den  Rossbreiten  sind  deshalb  die  grössten  Wüstengegenden  der  Erde 
gelegen. 

Ein  Teil  der  an  den  Rossbreiten  niedersinkenden  Luft  verschiebt 
sich  längs  der  Erdoberfläche  hin  gegen  die  Pole  und  nimmt  dadurch  eine 


b 


IX.  Die  Winde.  ß^Q 


stliche  Richtung  an.  Diese  Richtung  ist  auf  der  übrigen  Erdhälfte  (die 
Gegend  von  30^  n.  bis  30^  s.  Br.  nimmt  die  Hälfte  der  Erdoberfläche 
ein)  die  vorherrschende,  aber  in  den  Gegenden  weiter  vom  Äquator 
sind  die  Winde  nicht  stetig;  ihre  Richtung  ist  sehr  veränderlich 
und  beruht  auf  der  Lage  der  barometrischen  Depressionen,  die  in 
«liesen  Weltgegenden  am  häufigsten  sind.  Auf  der  südlichen  Halb- 
kugel, wo  die  Kontinente  keine  grössere  Störung  auszuüben  vermögen, 
sind  kräftige  von  Westen  kommende  Luftströme  stark  vorherrschend, 
A  eiche  ein  ungeheures  Barometerminimum  um  den  Südpol  umkreisen. 
Auf  der  nördlichen  Halbkugel  ist  die  Abnahme  des  Barometerdruckes 
L;egen  den  Pol  hin  viel  weniger  ausgeprägt  und  die  Westwinde  sind 
viel  weniger  konstant  und  kräftig  wegen  des  störenden  Einflusses  der 
Landoberflächen. 

Die  mittlere  Windrichtung  in  den  niedrigen  und  höchsten  atmosphäri- 
M.hen  Schichten  könnte  nicht  bestehen  bleiben,  wenn  nicht  in  einer  anderen 
Luftschicht  eine  Rückströmung  von  Luft  gegen  den  Äquator  stattfände.  In 
mittleren  Luftschichten  ist  sie  in  der  That  zu  finden.  Diese  gegen 
den  Äquator  gerichtete  Strömung  hat  nicht,  wie  man  vermuten  könnte, 
eine  östliche  Komponente,  sondern  im  Gegenteil  eine  stark  westliche.  Sie 
'\<t  als  eine  Abzweigung  zu  betrachten  von  den  über  und  unter  ihr  ver- 
laufenden westlichen  Winden  mit  südlicher  Komponente,  welche  zufolge 
fler  Erddrehung  gegen  den  Äquator  gerichtet  worden  sind  und  zwar  in 

I  ehern  Grade,  dass  die  südliche  Komponente  in  eine  schwache  nörd- 
.iclie  verwandelt  worden  ist.    Diese  von  Nordwesten  kommende  Strömung 

lacht  sich  auf  isoliert  liegenden  Berghöhen  bemerkbar.    So  z.  B.  weht 
if  dem  Gipfel  von  Ben  Nevis  (1300  m)  in  Schottland  ein  Wind,  dessen 

mittlere  Richtung  N  60^  W  ist.   Auf  dem  Gipfel  von  Pic  du  Midi  (2  880  m) 

:  den  Pyrenäen  ist  die  mittlere  Windrichtung  N87^  W;  die  nach  Süden 

richtete  Komponente  ist  also  äusserst  schwach.   Schon  in  recht  massiger 

Höhe  über  dem  Boden  scheint  diese  nördliche  Komponente  bemerklich 
1  sein,  indem  die  mittlere  Windrichtung  auf  dem  Eiffelturm  (306  m) 

-.  iiau  WNW  ist  (vgl.  Fig.  201),  während  daselbst  am  Boden  der  Wind 

im  Mittel  eine  schwache  südliche  Komponente  besitzt. 

An  den  Polen  selbst  scheint   wieder  Windstille    (im  Mittel)    zu 

'  ■  iTschen. 

Die  theoretische  Behandlung  dieser  Windverhältnisse  wurde  zuerst 
n  Hadley  (1735)   versucht.     Die   moderne  Theorie   derselben   rührt 

II  James  Thomson  (1857)  her;  in  noch  höherem  Grade  hat  sich 
-VmFerrel  (1856,  1886)  darum  verdient  gemacht. 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  44 


690 


Physik  der  Atmosphäre. 


Die   eben   geschilderten  Verhältnisse   würden   sich  ohne  Zweifel  in 
typischer  Eegelmässigkeit  ausbilden,  falls  die  Kontinente   nicht  störend 


180    ISO     120     90     80     30      0     30      60     90 


120  90  60  30 

Fig.  209.  Die  Winde  des  Atlantischen  Oceans  im  Januar  und  Februar  (nach  Koppen). 

einwirkten.  In  den  äquatornahen  Gegenden  sind  die  Kontinente 
wärmer  als  das  Meer.  Das  Maximum  unter  den  Kossbreiteu  ist 
deshalb  über  den  afrikanischen  und  amerikanischen  Kontinenten  durch- 


f 


IX.  Die  Winde. 


691 


brochen,   wogegen    die  Maxima   über   den   naheliegenden  Meeren   ver- 
stärkt sind.     Infolgedessen    entstehen   über    diesen  Barometermaximis 


180  150  120  90  60  30 


30  60  »0 


VO  90  SO  30  0  30 

Kg.  210.    Die  Winde  des  Atlantischen  Oceans  im  Juli  und  August  (nach  Koppen). 

niticyklonale  Luftbewegungen,  welche  sich  teilweise  den  oben  gekenn- 
zeichneten Luftbewegungen  entgegensetzen.  Dies  tritt  auf  den  bei- 
gefügten  Kartenskizzen    von    Koppen    sehr    deutlich   hervor.     Diese 

44* 


(592  Physik  der  Atmosphäre. 

Karten  (Figg.  209—210)  geben  die  mittleren  Windrichtungen  über  dem 
Atlanten  im  Jan. — Febr.  und  im  Juli— Aug.  wieder.  Die  Länge  dei 
Pfeile  soll  die  Stabilität  der  Winde  andeuten,  ihre  Dicke  dagegen  die 
Windstärke.  Die  Zonen  der  Windstille,  die  Calmen,  unter  30*^-35"^  Br 
zeigen  auf  der  Westküste  von  Afrika  eine  äquatorwärts,  auf  der  Ost- 
küste  von  Amerika  eine  polwärts  gerichtete  Komponente, 

Ferner  bemerkt  man  auf  diesen  Karten  eine  Störung  der  e'm- 
fachen  Verhältnisse,  indem  die  Passate  der  südlichen  Halbkugel  üb 
den  Äquator  hinübergreifen,  was  darauf  beruht,  dass  der  thermisclK 
Äquator  etwas  nördlich  von  dem  geographischen  liegt.  Diese  Ver-i 
Schiebung  ist  natürlich  im  Juli — Aug.  grösser  wie  in  den  Wintermonateü! 
der  nördlichen  Halbkugel. 

Dasselbe  zeigt  sich  über  dem  grossen  Ocean,  wie  aus  folgendenj 
Ziffern  hervorgeht,  welche  für  die  Monate  März  und  September  gelten,  ini 
welchen  die  Verschiebungen  ihre  Extremwerte  besitzen. 

März  September 

Atlant  Stiller  Ocean  Atlant  Stiller  Oceani 

NE-Passat    .    .    .   260-3«  N.    250— 5«  N.    35»— U^N.    30«— lO^N. 

Äquatorial-Calmen     S^-O«  N.      5«— 3»  N.     ll»— 3»  N.     10^—1^  N. 

SE-Passat     .    .    .     0»— 25«  S.  30^.-28»  S.  30N.-250  S.  1^.-20^  S. 

Der  Gradient  des  mittleren  Teiles  vom  atlantischen  NE-Passat  er- 
reicht den  Wert  2,5  und  die  Windgeschwindigkeit  6 — 7  m  pro  Sek. 

Winde  von  täglicher  und  jährlicher  Periode,  Monsun^. 
Die  ungleichmässige  Erwärmung  der  Erdoberfläche  führt  an  manchen 
Stellen  zu  regelmässigen  Schwankungen  des  Luftdruckes,  wodurch  Winde 
von  periodischer  Natur  entstehen.  Am  bekanntesten  unter  den  Winden 
mit  täglicher  Periode  sind  die  Land-  und  See-Winde  an  der  Küste,  sowit 
die  Berg-  und  Thal -Winde  im  Binnenland. 

Durch  die  Sonnenstrahlung  am  Tage  erwärmt  sich  die  feste  Erd-i 
kruste  viel  stärker  als  die  Wasserfläche.  Es  entsteht  deshalb  über  dei^ 
Küste,  in  deren  Nähe  die  Temperaturunterschiede  am  kräftigsten  ent- 
wickelt sind,  ein  aufsteigender  und  über  den  naheliegenden  Teilen  dt^ 
Meeres  ein  herabsteigender  Luftstrom,  welcher  nachher  gegen  die  Küsd 
als  Meeresbrise  weht. 

In  der  Nacht  ist  es  umgekehrt,  die  Luft  steigt  über  dem  Meeij 
hinauf  und  sinkt  über  der  Küste,  von  wo  sie  über  das  Meer  hinausfliesst.{ 
Diese  Landbrise  ebenso  wie  die  Seebrise  wurden  in  alten  Zeiten  viel-' 
fach  von  den  Seglern  benutzt. 


J 


IX.  Die  Winde.  593 

Diese  kurzdauernden  Winde,  die  durch  Windstillen  unterbrochen  sind, 
können  sieh  nur  in  unbedeutender  Entfernung  von  der  Küste  geltend 
machen.  40  km  weit  davon  sind  sie  im  Binnenland  kaum  merklich. 
Ihr  Wirkungsfeld  auf  dem  Meer  dürfte  noch  beschränkter  sein.  Die 
Mächtigkeit  dieser  Luftströmungen  ist  ebenfalls  sehr  unbedeutend,  nach 
Messungen  in  Ballon  -  captif  auf  Coney- Island  bei  New -York  erstreckt 
sich  daselbst  die  Meeresbrise  nur  bis  zu  130  m  Höhe,  in  160  m  Höhe 
weht  schon  der  obere  Luftstrom  in  entgegengesetzter  Eichtung.  Andere 
Bestimmungen  aus  Teneriffa  und  Toulon  haben  eine  Mächtigkeit  der  See- 
brise von  400 — 500  m  gegeben.  Bisweilen  kann  jedoch  die  Meeresbrise 
600—800  m  Mächtigkeit  erreichen. 

Man  findet  gewöhnlich,  dass  die  Meeresbrise  zuerst  über  dem  Meer 
ifcmerkbar  wird  und  sich  von  dort  aus  aufs  Land  ausbreitet.  Man  nimmt 
lieshalb  an,  dass  sich  die  Luft  bei  der  ersten  Erwärmung  nach  allen 
liichtungen  ausdehnt,  es  muss  ja  auch  nach  der  nächtlichen  Temperatar- 
uinkehr  über  dem  Land  ein  Temperaturgefälle  von  1^  C.  auf  100  m 
entstehen,  bevor  eine  regelmässige  aufsteigende  Bewegung  der  Luft 
stattfinden  kann.  Demnach  fliesst  die  Luft  oben  über  der  Küste  zum 
Meer  ab  und  sinkt  da  hinunter,  bevor  noch  die  regelmässige  auf- 
■  igende  Luftbewegung  über  der  Küste  in  Gang  gekommen  ist.  Bei 
iiesem  Vorgang  dürfte  auch  von  Bedeutung  sein,  dass  die  Keibung  auf 
iler  Landfläche  viel  grösser  ist  als  auf  dem  glatten  Meer. 

Der  Landwind  ist  aus  diesem  Grund  viel  schwächer  entwickelt  als 
r  Seewind.    Auch  sinkt  im  Sommer  die  Temperatur  der  festen  Erd- 
uerfläche  nachts   nicht  so   stark  unter  diejenige  der  Meeresoberfläche, 
wie  am  Tage  das  umgekehrte  der  Fall  ist. 

Die  Land-  und  See -Winde  entwickeln  sich  am  kräftigsten  in  den 
Tropen,  wo  die  Tagesschwankung  der  Temperatur  am  grössten  ist  und 
wo  die  Regelmässigkeit  der  Luftbewegungen  sie  ungestört  hervortreten 
lÄsst.  Falls  ein  bestimmter  Wind  an  einem  Orte  vorherrscht,  kann 
«der  Land-  oder  See -Wind  denselben  in  hohem  Grade  verstärken  und 
auf  diese  Weise  Stürme  verursachen  oder  umgekehrt  ihn  ausgleichen. 
iSo  z.  B.  weht  der  Wind  zu  Valparaiso  im  allgemeinen  vom  SW;  der 
'Landwind,  welcher  entgegengesetzt  gerichtet  ist,  bringt  in  der  Nacht 
>t  Windstille  zustande,  bei  Tag  dagegen  wird  der  See-Wind  sehr 
H'ftig  und  bisweilen  so  kräftig,  dass  keine  Verbindung  von  den  Schiffen 
um  Quai  aufrecht  zu  erhalten  ist. 

Auch  an  den  Ufern  grösserer  Seen,  wie  z.  B.  des  Genfer  Sees, 


694 


Physik  dei'  Atmosphäre. 


machen  sich  die  Land-  und  See- Winde  geltend.    An  den  grossen  nord 
amerikanischen  Seen,  z.  B.  zu  Chicago,  sind  sie  stark  entwickelt. 

Diese  Winde  bringen  häufig,  besonders  da,  wo  das  Land-  und  das 
See-Klima  stark  verschieden  sind,  grosse  Umschläge  der  Temperatur  und 


8 

e   9  Mi 


Febr.  9  Febn 

H.  15    18   21  3      B     9  MUL  15     18    ?1 


10  Febn 

3     6     9  Mitl.  15    1B    21    ?o 


30? 


20° 
100 


Tf 

m 

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Latmc. 

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309 

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0 

6     9  Mitl    15    18    21 


3     6     9  Mitt    15    18    21  3     6     9  Mltt.   15    18    21    2>» 


Fig.  211. 


Feuchtigkeit  mit  sich,  wie  das  nebenstehende  Diagramm  aus  Joal  an 
der  Küste  von  Senegal  von  den  Tagen  8.— 10.  Febr.  1893  zeigt.  Die' 
Temperatur  und  relative  Feuchtigkeit  würden  sehr  regelmässig  nach  den 

punktierten  Kurven  verlaufen,  wenn 
der  Seewind  nicht  den  Gang  morgen- 
zwischen  4  und  1 0  Uhr  störte  (Fi g.  2 1  ] 

Wenn  die  Sonne  auf  einen  Berg- 
abhang und  in  ein  Thal  scheint,  so 
erwärmt  sich  die  Luft  besonders  in 
der  Nähe  des  Erdbodens;  die  anfangs 
horizontalen  Isobarenflächen  AB,  Ä  /  ' 
heben  sich  und  nehmen  eine  Neigun_ 
wie  Ä^B  und  A^' B'  gegen  den 
B^rgabhang  an  (Fig.  212).  Am  Bergabhang  selbst,  der  sich  besonder> 
auf  der  der  Sonne  gegenüber  liegenden  Seite  stark  erwärmt,  entsteht  ein 
aufsteigender  Luftstrom.   Die  Folge   ist   ein  Luftstrom  im  Thale  von  A 


Fig.  212. 


IX.  Die  Winde.  (595 


"I  nach  B  und  von  da  besonders  an  den  am  stärksten  sonnenbeschienenen 

j  Seiten  ein  Aufstieg  der  Luft  längs  des  Bergabhanges  BBK    Dies  ist  der 

'  sogenannte  Thalwind.    In  der  Nacht  kühlen  sich  die  Bergabhänge  und 

'Sonders  der  Thalboden,  wo  die  Luft  staut,  ab,  die  Luft  fliesst  von  ß^ 

nach  B  und  von  da  nach  A  umgekehrt  wie  am  Tag,  es  herrscht  Berg- 

uiud. 

Die  Berg-  und  Thal- Winde  machen  sich  besonders  stark  in  engen 
Thälern  von  relativ  grosser  Längsausdehnung  bemerklich.    Sehr  bekannt 
in    dieser  Hinsicht    sind    das   Engadin-Thal   und   das   Bregaglia-Thal 
zwischen  Chiavenna  und  dem  Maloja-Pass.    Die  bei  Tag  herrschenden 
Thalwinde  sind  wie  die  Seebrisen  kräftiger  entwickelt  als  die  nächtlichen 
IJerg-  bezw.  Land-Winde. 
I^B    Im  Himalaja   sind   die  Berg-  und  Thal -Winde  sehr  kräftig. 
I^K    Der  Walliser  Thalwind  weht  vom  Genfer  See  und  ist  gewissermaassen 
I^P  eine  Mischung  von  Thal-  und  See  -Wind  anzusehen.    Die  Luftdruck- 
^nfferenz    zwischen   Siders    und  Montreux,    deren    Entfernung    in    der 
Luftlinie  etwa  50  km,  längs  des  RhOne -Thaies  77  km  beträgt,   erreicht, 
reduziert  auf  gleiche  Seehöhe  am  Nachmittag  (2 — 4  Uhr)  nahezu  1  mm 
(hrther  in  Montreux)  und  in  der  Nacht  (4—6  Uhr)  0,72  mm  (höher  in 
Siders).    Um  lO'*  früh  und  8^  40  abends  ist  der  Unterschied  Null. 
Die   mittlere  Windstärke  (um  1^  nachmittags)  zeigt  zu  Siders  fol- 
nden  jährlichen  Gang  (nach  Beauforts  Skala): 


März 

April 

Mai 

Juni 

Juli 

Aug. 

Sept. 

Okt. 

1,5 

1,8 

2,2 

2,0 

2,2 

1,7 

1,5 

1,0, 

welcher  genau  der  Sonnenstrahlung  folgt. 

In  höheren  Breiten  machen  sich  die  Winde  von  täglicher  Periode 
nur  im  Sommer  geltend;  in  den  Tropen  sind  sie  das  ganze  Jahr  hin- 
durch kräftig. 

Am  Tag  hüllt   der  aufsteigende  Luftstrom   die  Berge  nachmittags 

in  einen  Wolkenschleier,  während  sie  in  den  Morgenstunden  klar  sind. 

Die  Thalwinde  üben  auf  die  relative  Feuchtigkeit  an  den  Bergabhängen 

denselben  Einfluss  aus  wie  die  Seebrise  auf  die  Feuchtigkeit  der  Küsten- 

'  Stationen. 

Im  Winter  sind  die  Kontinente  kälter  als  die  Meere  und  umgekehrt. 
Dieser  Umstand  veranlasst  eine  jährliche  Periodicität  der  Windrichtung. 
Diese  ist  an  der  Küste  des  indischen  Oceans  am  stärksten  entwickelt, 
nnd  der  Name  „Monsune",  den  die  Winde  mit  jährlicher  Periode  in  diesen 
Gegenden  führen,  ist  auf  die  ganze  Erscheinung  übertragen.  Sie  sind  auch 


696  Physik  der  Atmosphäre. 

an  der  asiatischen  Ostküste  sehr  kräftig  entwickelt  und  lassen  sich  sogar; 
an  der  sibirischen  Küste  nachweisen.  Auch  an  den  Küsten  des  kas- 
pischen  Meeres  sind  Monsunwinde  typisch  entwickelt.  Australien  (be- 
sonders der  nördliche  Teil),  sowie  die  afrikanischen  Küsten  besitzen 
Monsunwinde,  ebenso  Texas  und  die  kalifornische  Küste.  In  Europa 
treten  sie  ausser  in  Südost-Eussland  an  der  spanischen  Küste  auf. 

Über  dem  indischen  Ocean  an  der  Südküste  Asiens  weht  der  Wind 
während  des  Winters  in  derselben  Richtung  wie  der  Passat,  also  von 
Nordost.  Der  Passatwind  wird  dadurch  so  verstärkt,  dass  er  den 
Äquator  überschreitet,  wobei  er  zufolge  der  Erddrehung  eine  mehr 
west-östliche  Richtung  erhält.  Die  Zone  der  Calmen  fällt  dann  südlich 
vom  Äquator.  Während  des  Sommers  der  nördlichen  Halbkugel  weht 
der  Monsun  vom  Südwest  nach  der  asiatischen  Südküste.  Durch  seine 
Heftigkeit  verhindert  er  die  Entwickelung  des  Passatwindes  nördlich 
vom  Äquator;  der  Südost -Passat  von  der  südlichen  Halbkugel  über- 
schreitet den  Äquator  und  wendet  sich  dann  gegen  Osten,  wobei 
er  direkt  in  den  Südwest -Monsun  übergeht,  sodass  keine  Wind- 
stillengegend in  dieser  Jahreszeit  im  Indischen  Ocean  sich  ent- 
wickelt. Dieser  Sommermonsun  ist  viel  heftiger  als  der  Wintermonsun. 
weil  die  Temperaturdifferenz  zwischen  Land  und  Meer  in  diesen  Gegenden 
im  Sommer  viel  stärker  als  im  Winter  ist. 

Wegen  ihrer  langen  Dauer  entwickeln  sich  die  Monsunwinde  zu 
viel  grösserer  Stärke  und  Mächtigkeit  als  die  Land-  und  See -Winde. 
Untersuchungen  darüber  sind  hauptsächlich  in  Indien  unternommen 
worden.  Der  Wintermonsun  reicht  da  bis  zu  etwa  1500  bis  2000  m 
Höhe  und  der  Gradient  vom  Himalaja  bis  Ceylon  erreicht  im  Mittel 
etwa  0,13  bis  0,14  mm  pro  Grad  (im  Januar  0,18  mm).  In  2100  m  Höhe 
ist  der  Gradient  umgekehrt. 

Beim  Sommermonsun  ist  der  Gradient  etwa  doppelt  so  gross 
(0,3  mm).  In  2100  m  Höhe  herrscht  derselbe  Gradient  mit  2— 3  mal 
geringerer  Stärke.  Der  Sommermonsun  reicht  demnach  zu  noch  grösseren 
Höhen,  die  zu  3,5  bis  4,5  km  berechnet  sind. 

Auf  Java  überschreitet  der  Monsun  nicht  2000  m  Höhe. 


X,  Luftwirbel. 

Allgemeines  über  Luftwirbel.    Im   allgemeinen  ist  jede  Be- 
"jung  der  Luft  ein  Teil  eines  Luftwirbels,   denn  sonst  würde  die  Be- 
uung  irgendwo  zu   einer  Aufstauung  der  Luft   führen,   was  nur  auf 
;ize  Zeit  und  für  unbeträchtliche  Luftmassen  möglich  ist.    Die  zuletzt 
iM'trachteten   Winde   können    auch    als    Luftwirbel    angesehen   werden, 
die  sich  um  eine  horizontale  Achse  drehen.    Dabei   ist  im  allgemeinen 
die  obere   rückfliessende  Bewegung   der  Luft  den  Beobachtern  an  der 
Erdoberfläche  weniger  bemerkbar,  so  dass  die  Wirbelnatur  erst  bei  einer 
genaueren  Untersuchung  hervortritt.    Wenn  man  von  Luftwirbeln  spricht, 
meint  man  deshalb  auch  gewöhnlich  nur  solche  mit  mehr  oder  weniger 
j vertikaler  Achse,    in  welchen   die   wirbelnde   Bewegung  bei  Beobach- 
tungen  an   mehreren  Stellen   rund   um  die  Achse   des  Wirbels  an  der 
Erdoberfläche  deutlich  hervortritt. 

'  Schon  oben  haben  wir  gesehen  (vgl.  S.  685),  wie  um  ein  Barometer- 
Minimum  oder  -Maximum,  zu  welchem  die  Luftmassen  an  der  Erd- 
I Oberfläche  hin  oder  von  welchem  sie  wegströmen,  zufolge  der  Erd- 
•Irehung  eine  wirbelnde  Bewegung  entsteht.  Die  kreisende  Bewegung 
l'T  Luft  ist  gewöhnlich  viel  heftiger  rund  um  die  Minima,  bei  welchen 
auch  der  Gradient  im  Mittel  viel  höher  ist  wie  bei  den  Maximis,  die 
Mch  durch  massige  Winde  auszeichnen.  Unter  Luftwirbeln  versteht  man 
it'shalb  häufig  nur  die  Bewegung  der  Luft  um  solche  Minima,  welche 
i'h  Cy klonen  genannt  werden. 

Diese  bilden  sich  in  der  gemässigten  Zone  an  Stellen  aus,  wo  ein 
starker  Auftrieb  der  Luft  an  der  Erdoberfläche,  gewöhnlich  infolge 
eines  lokalen  Temperaturmaximums,  herrscht.  Sie  wandern  dann 
liauptsächlich  längs  bestimmter  Zugstrassen,  die  mehr  oder  weniger  von 
Westen  nach  Osten  gerichtet  sind.  Dabei  können  sie  allmählich  an 
;  Stärke  zu-  oder  abnehmen. 


ä 


698  Physik  der  Atmosphäre. 

Der  Gradient  in  diesen  Cyklonen  übersteigt  selten  4  oder  5,  mail 
hat  aber  einen  Fall  (in  Schottland  am  14.  Okt.  1881)  beobachtet,  b( 
welchem   der   Gradient    den  Wert   13    erreichte.     Noch  viel    grösser 
Gradienten  kommen  bei  den  kleinen  Wirbeln,  Typhonen  oder  Trorabci 
vor,  welche  unerhörte  Verwüstungen  verursachen. 

Die  Eichtung  der  Winde  an  der  Erdoberfläche  in  der  Nähe  eine! 
solchen  Cyklone  folgt  dem  Buys-Ballot sehen  Windgesetz.  Eiii<i 
nähere  Untersuchung  der  Luftbewegungen  in  der  Nähe  dieses  „Sturm 
Centra"  ist  von  Hildebrandsson  und  Clement  Ley  für  Europa,  vf.i 
Clayton  für  die  Vereinigten  Staaten  Nord-Amerikas  ausgeführt  wordeui 
Sie  bedienten  sich  dabei  der  synoptischen  Karten,  in  welche  die  Tso-f 
baren  und  Windrichtungen  eingezeichnet  sind. 


Fig.  213.  Fig.  214. 

Folgende  Tabelle  und  Diagramme  (Figg.  213  u.  214)  enthalten  eine| 
Wiedergabe  der  Resultate  einer  grossen  statistischen  Untersuchung! 
von  Gl.  Ley.  Das  Feld  um  das  Centrum  (Barometerminimum)  ist  im 
8  Sektoren  eingeteilt,  von  welchem  der  erste,  mit  I  bezeichnet,  sichj 
22,5  Grad  nach  rechts  und  22,5  Grad  nach  links  von  der  Zugrichtungi 
des  Centrums  erstreckt.  Das  Centrum  kommt  demnach  von  der  Mitte  des 
Sektors  V  und  zieht  durch  die  Mitte  des  Sektors  I,  so  dass  in  den  Dia- 
grammen die  Zugrichtung  des  Centrums  durch  die  horizontale  Linie  V — I 
dargestellt  wird.  Die  Umgebung  des  Centrums  ist  in  eine  äussere, 
weiter  vom  Centrum  gelegene,  und  eine  innere,  dasselbe  umgebende 
Zone  geteilt.  Das  erste  Diagramm  giebt  die  Richtung  der  Winde  an 
der  Erdoberfläche,  das  zweite  die  Zugrichtung  der  Cirrus -Wolken  an. 
In  der  Tabelle  geben  die  Winkelgrössen  die  Richtung  des  Windes  nacli 
rechts  vom  Gradienten  an. 


i 


X.  Luftwirbel.  599 

Mittlerer  Winkel  zwischen  Gradient  und  Windrichtung 

Niedere  Winde  Hohe  Winde 

Innere  Zone    Äussere  Zone    Innere  Zone    Äussere  Zone 


I 

580 

480 

135^ 

1520 

II 

53 

52 

130 

.163 

III 

65 

62 

172 

355  (?) 

IV 

81 

80 

106 

99 

V 

77 

79 

90 

26 

VI 

74 

76 

51 

101 

VII 

64 

66 

73 

124 

VIII 

55 

54 

102 

146 

Ke  mit  einem  Fragezeichen  bezeichnete  Ziffer  ist  sehr  unsicher,  da 

auf  wenige  sehr  verschiedenartige  Messungen  begründet  ist.  Mit 
Ausnahme  dieser  einen  zeigen  alle  übrigen  Ziffern  einen  sehr  ausgeprägten 
regelmässigen  Gang.  Die  niederen  Winde  weichen  alle  um  weniger  als 
',)(jo,  im  Mittel  66^  für  die  innere,  65^  für  die  äussere  Zone,  nach  rechts 
\on  dem  Gradienten  ab.  In  den  Sektoren  III  und  VII  kommt  die  Ab- 
weichung nahe  an  diesen  Mittelwert,  in  den  Sektoren  I,  II  und  VIII 
auf  der  Vorderseite  der  Cyklone  ist  die  Abweichung  geringer,  im  Mittel 
550  bezw.  510,  auf  der  Hinterseite  grösser,  77"  bezw.  780. 

Die  höheren,  durch  den  Gang  der  Cirrus -Wolken  angegebenen 
Winde,  divergieren  vom  Centrum  im  Gegensatz  zu  den  niederen  konver- 
gierenden Winden.  Nur  die  inneren  Winde  in  den  Sektoren  VI  und  VII 
haben  eine  Komponente  gegen  das  Centrum  gerichtet. 

Die  oberen  Winde  wehen  demnach  meist  vom  Centrum  hinaus.  Sie 
weichen  dabei  nicht  wie  ein  direkt  vom  Centrum  fliessender  Luftstrom 
nach  rechts  vom  Leitstrahl  vom  Centrum  ab;  das  beweist,  dass  sie  mit 
"iner  starken  Geschwindigkeit,  die  nach  links  vom  Leitstrahl  gerichtet 
t,  in  die  höheren  Schichten  hinaufkommen.  Die  Luft  rund  um  das 
'  t-ntrum  bewegt  sich  nämlich  in  einer  Art  Schraubenlinie  (vgl.  S.  687). 
Die  Luft,  welche  oben  ankommt,  besitzt  demnach  eine  Bewegung  mit 
hier  starken  Komponente  zur  linken  Seite  des  Leitstrahls  vom  Centrum. 
in  einer  bestimmten  mittleren  Höhe,  wo  die  Schraubenlinie  ihre  stärkste 
Krümmung  besitzt,  wehen  die  Winde  senkrecht  zu  dem  Leitstrahl. 

Wegen  der  starken  Abnahme  des  Luftdruckes  mit  der  Höhe  können 
•liese  Wirbel  keine  grosse  Höhe  besitzen.  Damit  nämlich  die  Wirbel  unge- 
schwächt bleiben,  muss  ebenso  viel  Luft  oben  abfliessen  wie  unten  hin- 
strömt.   Der  Luftdruck  sinkt  auf  380  mm  in  5,5,  auf  190  mm  in  10,3, 


700  Physik  der  Atmosphäre. 

auf  95  mm  in  etwa  15  und  auf  76  mm  in  etwa  16,6  km  Höhe.    In  33  ]<i 
Höhe  ist  der  Druck  auf  ein  Prozent  desjenigen   an   der  Erdoberfläe])« 
vermindert.    Da  nun  keine  ganz  ausserordentliche  Geschwindigkeiten  II, 
den    höchsten   Luftschichten   beobachtet  worden  sind,    so    können    difJ 
betreffenden    Strömungen    nicht   genug  Luft    vom   Centrum    abfühn 
sondern   man    muss   annehmen,    dass    schon    in    10    bis    15  km  Höhi 
die  Schraubenlinie  der  Luftbewegung  parallel  zur  Erdoberfläche  verläuft.! 
Eine  Cy klone,  deren  horizontaler  Durchmesser  mehrere  hunderte,  bis- 
weilen sogar  tausende  von  Kilometern  erreicht,  hat  im  Vergleich  eine  sebii 
massige  Höhenerstreckung,   höchstens   einige   wenige  (2  bis  5)  Prozent' 
der  horizontalen  Dimensionen.    Daraus  ist   ersichtlich,   wie   gering  dii 
vertikalen  Luftbewegungen  im  Vergleich  mit  den  horizontalen  sind. 

Es  wäre  unrichtig  sich  vorzustellen,  dass  dem  Wirbel,  während  i 
sich  fortbewegt,  immer  dieselben  Luftteile  angehören.  Im  Gegenteil,  au 
der  unten  konvergierenden  Bewegung  der  Luftmassen  geht  hervor,  clas^ 
immer  neue  Luftmassen  an  der  Bewegung  teilnehmen,  woraus  auch  mitj 
Notwendigkeit  folgt,  dass  sie   oben  wieder   aus   der  Cjklone  austreten.' 
falls  dieselbe  weiter  fortbesteht. 

Die  zuströmende  Luft  fallt  die  Barometer -Depression  aus,  die  ab- 
strömende verstärkt  sie;  nach  der  Seite,  wo  diese  Verstärkung  am  meisten' 
die  ausfüllende  Wirkung  der  zuströmenden  Luft  übertrifft,  bewegt  sich 
das  Centrum  der  Cyklone  hin.  Es  ist  selbstverständlich,  dass  die  ßeibun 
der  Winde  an  der  Erdoberfläche  die  Bewegung  der  Cyklone  hemmt  und 
ihre  Ausfüllung  beschleunigt.  Die  Cyklonen  behalten  auch  ihre  Kraft 
beim  Gang  über  dem  Meer,  sie  werden  dort  sogar  verstärkt,  falls  die 
Temperaturverhältnisse  dafür  günstig  sind,  sobald  sie  aber  über  feste  Erd- 
oberfläche hingewandert  sind,  nehmen  sie  gewöhnlich  an  Stärke  ab  und 
vergehen  allmählich. 

Das  Wetter  in  derNähe  der  Cyklonen.  Bevor  die  Gesetze  der  Be- 
wegungen der  Cyklonen  bekannt  waren,  suchte  man  alle  meteorologischen 
Erscheinungen,  wie  Barometerdruck,  Temperatur,  Feuchtigkeit  u.  s.  w., 
die  sogenannten  meteorologischen  Elemente,  mit  der  Windrichtung  in 
Zusammenhang  zu  bringen.  Es  war  ja  selbstverständlich,  dass,  sobald 
der  Wind  aus  einer  wärmeren  Gegend  weht,  welche  nicht  allzu  trocken  ist, 
er  höhere  Temperatur  und  Feuchtigkeit  mitführen  muss,  und  bei  Abkühlung 
zu  Wolkenbildung  und  Niederschlag  führen  kann.  Man  konstruierte  fiXr 
die  verschiedenen  ßeobachtungsstationen,  um  die  gefundenen  Kegelmässig- 
keiten  darzustellen,  eigenartige  Diagramme,  sogenannte  Wind -Rosen 
z.  B.  die  barische  Wind-Eose,  die  thermische  Wind-Rose  u.  s.  w.,  welche 


i 


X.  Luffcwirbel.  70  j[ 


■II  Zusammenhang  zwischen  der  Windrichtung  und  den  meteorologischen 

!,iomenten,   wie  Barometerdruck,   Temperatur  u.  s.  w.  angeben   sollten. 

Diese  Wind-Bosen  können  wohl  zur  Kennzeichnung  des  Wetters  dienen; 

itdem  aber  die  Windrichtungen  als  von  dem  Barometerdruck  abhängig 

kannt  worden  sind,  benutzt  man  die  Wind-Rosen  zur  Charakterisierung 

,  s  Wetters  ziemlich  wenig,  und  man  hat  statt  dessen  angefangen,  die  Ver- 

rilung  der  meteorologischen  Elemente  in  der  Umgebung  der  barome- 

1  tischen  Maxima  und  Minima,  welche  als  primäre  Erscheinung  betrachtet 

werden,   zu   studieren.    Als  Beispiel  der  alten  Do ve sehen  Darstellung 

mögen  die  barischen  und  thermischen  Wind-Bosen  für  Mittel -Europa 

angeführt  werden,   welche   die  Abweichungen  des  Luftdruckes  in  mm, 

der  Temperatur  in   Grad  C,    von  dem  Mittelwert   bei    verschiedenen 


w 


indrichtungen  angeben. 


E 

SE 

S 

SW 

W 

NW 

Schwankung 

1,9 

-0,1 

-2,0 

-2,7 

-1,8 

0,0 

5,4  mm 

0,8 

—0,6 

-1,7 

-1,8 

-0,8 

0,9 

3,8    „ 

-3,2 

-1,3 

1,3 

3,1 

2,4 

-0,4 

7,00  C. 

1,7 

2,2 

1,7 

0,2 

—1,0 

-1,0 

3,2  „ 

N       NE 

irische       (  Winter        1,9      2,7 

Rose        \  Sommer     2,0      1,9 

thermische  /  Winter    —3,0  —3,9 

Rose      \  Sommer  —0,1      0,9 

Wenn  man  jetzt  die  Lage  eines  Ortes  in  Bezug  auf  die  nächstliegende 

'klone  kennt,  so  ist  damit  auch  die  Windrichtung  am  selben  Ort  mit 

■cht   grosser   Genauigkeit   gegeben  und   ebenso    die   Abweichung    der 

Tomperatur,  Feuchtigkeit  u.  s.  w.  von  dem  für  den  Ort  und  die  Jahres- 

zi'it    normalen  Wert.     Weiter    kann    man    mit    recht    grosser  Wahr- 

M-heinlichkeit   die  Bewegungsrichtung  des  Sturm  -  Centrums  und  damit 

'i"  wahrscheinliche  Änderung  des  Wetters  in  der  nächsten  Zeit  vorher- 

^en. 

Eine  kurzgefasste  Übersicht  dieses  Zusammenhanges,   welche  sehr 
trk  von  lokalen  Umständen,  wie  Lage  des  Meeres  oder  Bergketten  in 
^vr  Nähe,  abhängt,  möge  hier  gegeben  werden. 

Die  Form  der  Isobaren  um  ein  Minimum  ist  meistens  elliptisch 
mit  einem  Verhältnis  der  Achsen  gleich  etwa  1,8.  Die  mittlere  Richtung 
'l'T  längeren  Achse  geht  in  Nordamerika  und  über  dem  Atlanten  nach 
X  35 "^  E,  in  Europa  nach  NE  bis  E.  Der  mittlere  Durchmesser  des 
-Minimums,  von  760  mm  ab  gerechnet,  ist  in  Nordamerika  über  1200,  auf 
'i'm  Atlanten  etwa  1600km.  Durch  Aufeinanderfolge  mehrerer  Minima 
'nnen  Depressionsgebiete  von  10000  km  Weite  entstehen. 

Die  Isobaren  liegen  in  Westeuropa  gewöhnlich   am   dichtesten  auf 
r  Südseite  der  Cyklonen,  in  Amerika  und  Russland  dagegen  auf  der 


7(32  Physik  der  Atmosphäre. 

Westseite.    Der  Gradient  ist  im  Mittel  am  grössten  in  einer  kleinen  Ent- 
fernung vom  Centrum,  wie  folgende  Tabelle  von  Kassner  zeigt. 

Entfernung  vom  Centrum  0—111,    111—222,  222—333,    333-444,   444-555  ki 

Mittlerer  Gradient  2,7            3,2  2,9               2,7               2,8        nr 

Entfernung  vom  Centrum  555-667,    667—778,  778-889  km 

Mittlerer  Gradient  2,3            2,3  2,2  mm 

Die  Windstärke  hängt  von  der  Grösse  des  Gradienten  ab,  ist  al 
im  allgemeinen  am  grössten  auf  der  Süd-  und  West-Seite  der  Cyklon 
Die  Windstärke  ist  ferner  da  am  grössten,  wo  die  Zugrichtung  der  Cyklou 
mit   der  vorherrschenden  Windrichtung   zusammenfällt  (im  Sektor  VIIj 
der  Figg.  213  und  214). 

Der  Ablenkungswinkel  der  unteren  Winde  ist  oben  in  Bezug  aiit 
die  Lage  zur  Zugrichtung  der  Cyklone  angegeben.  Für  die  verschie- 
denen Weltgegenden  gelten  folgende  Daten. 


N 

NE 

E 

SE 

s 

sw 

W 

NW 

Mitb 

Nordatlant     .    .    .     .    . 

76 

71 

74 

81 

79 

90 

90 

79 

80" 

West-  und  Nord-Europa 

63 

59 

61 

61 

67 

70 

72 

76 

68" 

Mittel-Europa    .... 

34 

43 

45 

48 

56 

51 

40 

33 

44' 

Vereinigte  Staaten     .    . 

31 

— 

43 

— 

58 

— 

40 

— 

43" 

Schneekoppe  1600  m.    . 

66 

98 

100 

81 

67 

66 

52 

51 

740 

Der  Ablenkungswinkel  ist  um  so  grösser,  je  geringer  die  Reibun<j. 
am  grössten  über  den  Atlanten  (80^)  und  danach  auf  Höhenstationen 
(Schneekoppe  74°),  am  geringsten  über  dem  Binnenland  (Vereinigte 
Staaten  43°  und  Mitteleuropa  44°);  die  Küstenländer  nehmen  ein' 
Mittelstellung  ein.  Kassner  fand  den  grössten  Ablenkungswinkel  über 
dem  Land  in  der  westlichen,  über  dem  Meer  in  der  östlichen  und  süd- 
lichen, an  der  Küste  indem  südlichen  Quadranten.  Dies  hängt  offenbar 
mit  der  Grösse  des  Gradienten  in  den  verschiedenen  Quadranten  zu- 
sammen. 

Der  Ablenkungswinkel  ändert  sich  wenig  mit  der  Entfernung  vom 
Centrum  (vgl.  S.  698),  er  ist  meistens  im  Sommer  etwas  grösser  als  im 
Winter  (in  Europa  im  Mittel  um  etwa  3°),  er  wächst  mit  der  Windstärke 
und  folglich  mit  dem  Gradienten,  so  z.  B.  fand  Spin  dl  er  für  Liban: 

Mittlerer  Gradient  .  .  . 
Mittlere  Windstärke  .  .  . 
Mittlerer  Ablenkungswinkel 


1,54 

1,99 

2,56  mm 

7,2 

13,3 

21,4  m  pro  Sek 

61 

64 

70° 

p 


X.  Luftwirbel. 


703 


Im  Schwarzen   und  Azowschen  Meer  ist   der   Gradient   im  Herbst 
[iid  Winter  bedeutend  grösser  als  im  Frühling  und  Sommer  (2,3  bezw. 
1.7  mm),  womit   auch  entgegen   der  oben  angeführten  ßegel  der  Ab- 
ukungswinkel  parallel  geht  (80°  bezw.  78°). 

Auf  der  Äquatorseite  (Sektoren  VI— VlII)  der  Cyklonen  dreht  sich 
r  Wind  mit  der  Sonne  (nach  rechts),  auf  der  Polarseite  (Sektoren  II — IV) 
I  gegen  gegen  die  Sonne  (nach  links)  (vgl.  Fig.  213). 

Die    Minima    sind    von    charakteristischen   Wolkenbildungen    und 
Xiederschlägen  begleitet.  Ihre  Verteilung  um  das  Minimum  herum  hängt 


«ehr  von  lokalen  Umständen  und  den  Jahreszeiten  ab.    So  z.  B.  führen 

die  östlichen  Winde  auf  der  Ost-  und  Nordseite  des  Minimums  an  der 

amerikanischen  Ostküste  Niederschlag  mit,  weil  sie  vom  Atlanten  kommen. 

JJa  Europa   sind   dagegen   die  Südwinde   und  Westwinde  (besonders  im 

jWinter)  warm  und  feucht  und  führen  Niederschlag  auf  der  Südwest-, 

Süd-  und  Südostseite  der  Depression  mit.    Auf  der  Nordseite  der  Alpen 

itl  die  Süd-  und  Südostwinde  trocken,  auf  der  Südseite  dagegen  die 

rd-  und  Nordostwinde  wie  gewöhnlich  in  Europa.  Fig.  215  stellt  die  Ver- 

■  Umg  der  meteorologischen  Elemente  um  ein  nach  NE  hinwanderndes 

Harometerminimum  dar.    Mit  Hilfe  dieser  Figur  ist  es  leicht,  sich  über 


704  Physik  der  Atmosphäre. 

die  Wolken-   und  ISiederschlagsverhältnisse  beim   Vorüberziehen   eiiü 
Minimums  zu  orientieren. 

Das  Minimum  ist  von  einer  Wolkendecke  begleitet,  welche  in  Eu 
ropa  die  grösste  Ausdehnung  nach  SE  besitzt,  wo  die  warmen  feuchtei 
Süd-  und  Westwinde   aufsteigen.   Auf  der  Vorderseite  ist  es  von  einen 
Cirrus-Schirm  umgeben,  welcher  schon  vor  dem  Barometerfall  als  Vor-i 
böte  des  annahenden  Minimums  erscheint.    Näher  beim  Minimum  gehei! 
die  Cirri  in  Cirro-Strati  und   weiter   hinein  in  dicke  Alto-Strati  über 
Unter  diesen  erscheinen  dann  Fracto-Nimbi,  die  weiter  gegen  das  Cei 
trum  in  Regenwolken,  Nimbi,  übergehen.    Der  Niederschlag  fällt  in  d( 
Mitte   und   auf  der  Vorderseite   der   Depression.     Auf  der  Hinterseiti 
strömen  kühle,  trockne  Winde  herein,  welche  die  Wolken  auflösen. 

Da  der  Ablenkungswinkel  mit  der  Höhe  zunimmt,  wandern  dh 
Wolken,  wenn  man  dem  Winde  den  Rücken  dreht,  etwas  nach  recht > 
und  dies  um  so  mehr,  je  höher  sie  gehen.  Der  mittlere  Winkel  zwischei. 
Windrichtung  und  Wolkenzug  beträgt  für  Cumuli  14,5^,  für  Cirro-Stra 
23^  und  für  Cirri  30°.  Die  Cirruswolken  divergieren  von  dem  Baroraetei 
minimum  hinaus.  Die  mittlere  Bewegungsrichtung  der  Luftmassen  fälli 
nahezu  mit  derjenigen  der  Isobaren  zusammen.  Das  Fehlen  der  Cirri 
auf  der  Hinterseite  der  Cyklonen  deutet  auf  eine  absteigende  Bewegen- 
der Luft  hin. 

Lokale  Winde:  Föhn,  Bora,   Mistral,  Scirocco  u.  s.  w.     Di« 
Luftdruck  Verteilung,  welche  von  der  Lage  der  Cyklonen  und  Anticy  klonen  | 
abhängig  ist,  kann  bisweilen  heftige  Stürme  verursachen,   denen  lokale 
Verhältnisse,  besonders  Richtung  und  Höhe  der  Gebirgsketten,   Eigen- 
tümlichkeiten erteilen. 

Sie  unterscheiden  sich  von  den  oben  genannten  periodischen  Winden 
dadurch,  dass  die  Bedingungen  für  ihre  Entstehung  nur  gelegentlieli 
verwirklicht  sind  und  nicht  zu  regelmässigen  Zeiten  wiederkehren. 

Der  bekannteste  dieser  lokalen  Winde  ist  der  in  den  Alpen  häufig 
vorkommende  Föhnwind.  Wenn  über  Deutschland  ein  Minimum,  über 
der  lombardischen  Ebene  ein  Maximum  des  Luftdruckes  liegt,  so  fliesst 
die  Luft  nach  Norden  über  die  Alpen  hinüber.  Beim  Aufstieg  an 
den  südlichen  Abhängen  der  Alpen  kühlt  sich  die  meist  sehr  feuchte 
Luft  ab  und  giebt  gewaltige  Regenschauer  ab.  Die  Abkühlung  be- 
trägt dabei  etwa  0,4— 0,5 o  C.  pro  100  m.  Wenn  dieselbe  Luft  auf  der 
Nordseite  der  Alpen  wieder  hinunter  sinkt,  steigt  ihre  Temperatur  aber  viel 
schneller  — um  etwa  l*^  C.  pro  100  m  —  als  sie  auf  der  Südseite  gesunken. 
Die  Luft  kommt  demnach  in  den  mittleren  und  nördlichen  Thälern  der ! 


^ 


X.  Luftwirbel. 


705 


Alpen,  besonders  Wallis,  Nordostschweiz  und  Vorarlberg,  wärmer  an  als 
V  am  Südabhang   dieser  Bergkette  aufgestiegen  ist.    Auf  diese  Weise 
iitstehen  plötzliche  Temperatursteigungen  von  bis  10 — 12^  C.  und  mehr, 
welche  bei  der  Trockenheit  der  Luft  eine  ausserordentlich  starke  Ver- 
hmstung  und  ein  geschwindes  Abschmelzen   des   Schnees   hervorrufen. 
Die  Temperatur   steigt   dabei   mitten   im  Winter  auf  15 — 22^  C,    die 
Feuchtigkeit  sinkt  häufig  auf  30  Proz.,  bisweilen  sogar  unter  10  Proz. 
Hludenz  31.   Jan.   1869   6'*  V.  M.  6  Proz.).     Die    starken,    plötzlichen 
hneeschmelzen   verursachen    häufig   verheerende   Überschwemmungen 
iid   bisweilen  noch   gefährlichere  Erdrutsche.    In   den  engen   Thälern 
s  Kheius,  der  Linth,  der  Reuss  und  der  Rhone  entwickelt  sich  der 
Föhn  bisweilen  zum  Orkan.    Durch  seine  Wirkungen  und  durch  die  Be- 
rührung mit  dem  kalten  Boden  verliert  der  Föhn  bald  seine  Eigentüm- 
lichkeit und  beim  Austritt  in  die  deutsche  Ebene  ist  er  gewöhnlich  in 
inen  normalen  Südwind  verwandelt. 

Der  Föhn  kann  auch  entstehen,  ohne  dass  der  Wind  von  jenseits 
der  Alpen  kommt,  es  genügt  häufig,  dass  er  unter  dem  Einfluss  einer 
■■■nvöhnlich  im  Nordwesten  liegenden  Barometerdepression  von  den  Berg- 

iinmen  der  Alpen  hinunterfliesst.  Im  Frühjahr,  der  Jahreszeit,  in  der 
ler  Föhn  am  gewöhnlichsten  auftritt,  ist  der  Temperaturunterschied  in 

rschiedenen  Höhen  in  den  Alpen  relativ  gering  und  ein  Herabsinken 

r  Luft  genügt,  um  ihr  eine  hohe  Temperatur  zu  verleihen.  Aus  diesem 
ifrund    ist    der  Föhn   im  Frühling    am    gewöhnlichsten,    im    Sommer 

!i  seltensten.  So  kommen  in  der  Schweiz  auf  40,9  Föhntage  pro  Jahr 
'.I  im  Winter,  17,3  im  Frühling,  4,9  im  Sommer  und  9,6  im  Herbst 
vor.    Zu  Bludenz  sind  die  entsprechenden  Ziffern  10,6,  8,2,  3,1  und  10,0, 

i-ammen  31,9  und  zu  Innsbruck  9,5,  17,0,  5,0  und  11,1,  zusammen  42,6. 

Auch  auf  der  Südseite  der  Alpen  tritt  sogenannter  Nordföhn  auf, 
Us  über  dem  Mittelmeer  niedriger  Luftdruck  oder  in  den  nördlichen 
iien  hoher  Luftdruck  herrscht. 

Der  Föhnwind  verläuft  oft  stossweise  oder  in  kleinen  Wirbeln,  wo- 
'  Kirch  in  den  Wäldern  mächtige  Verheerungen  entstehen. 

Föhnähnliche  Winde  kommen  in  mehreren  Gegenden  vor,  beispiels- 
woise  in  dem  Felsengebirge  Nordamerikas,  an  der  Westküste  Grönlands. 

Der  Scirocco-Wind  auf  Nord-Sicilien,  in  Süd-Italien  und  besonders  an 
l'T  Nordküste  Algiers  und  Tunesiens,  zeigt  grosse  Ähnlichkeit  mit  dem 
Fiihn ;  er  steigt  die  Bergabhänge  herunter  und  ist  sehr  trocken  und  ausser- 
»identlich  heiss.     In  anderen  Fällen,   wenn   der   Föhn- ähnliche  Wind 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  45 


706  Physik  der  Atmosphäre. 

direkt  von  dem  Meer  kommt,  ist  er  feucht  und   verdankt   seine  Hit?j 
den  heissen  Gegenden,  aus  welchen  er  stammt. 

Bisweilen  kommt  die  herabsteigende  Luft  aus  einem  so  stark  ab- 
gekühlten Hinterlande,   dass   sie   trotz  ihrer  Erwärmung  beim  Abstii 
starke  Kälte  mitbringt,    dann  nämlich,   wenn  ein  kaltes  Hochland  ab 
gegen  ein  warmes  (auf  der  nördlichen  Halbkugel)  südlich  davon  gelegen  i 
Meer  abfällt.    Dies  ist  an  der  istrianischen  Küste  unter  dem  Karst,  b^ 
Novorossisk  am  schwarzen  Meer,  unter  dem  Kaukasus  und  an  der  pro- 
venyalischen  Küste  unter   den  Seealpen  und   den  Cevennen  der  Fall 
Die  betreffenden  Winde  werden  Bora  und  Mistral  genannt.    Sie  tret< 
besonders  häufig  dann  auf,  wenn  über  dem  Hinterland  ein  Barometer- 
maximum mit  starker  Kälte  liegt.    Diese  Winde  kommen  mit  heftigen 
Stössen,  Mazelle  hat  solche  von  50—60  m  Geschwindigkeit  pro  Sek. 
zu  Triest  konstatiert,  obgleich  die  damals  beobachtete  Bora  nicht  unter 
den  heftigsten  war.    Der  heftige  Wind  treibt  alles  ins  Meer,  Eisenbahn- 
wagen werden  bisweilen  von  dem  Mistral  umgestürzt;   bei  Bora  spanntj 
man  in  Triest  Seile  längs  des  Hafens  aus,  um  zu  verhüten,  dass  Menschen 
ins   Meer   geweht  werden.     Die   heftigen   Windstosse   zerpeitschen   die, 
Wellen,  sodass  über  dem  Meer  eine  Art  von  Nebel  liegt.    Bei  NovorossiskI 
frieren   die   hinaufgeschleuderten  Wellen  bei   der  starken  Kälte  in  dci' 
Takelung  der  Schiffe  und  bringen  sie  fast  zum  Versinken  im  Hafen. 

Diese  Winde  haben  ein  Maximum  am  Vormittag,  ein  Minimum  um 
Mitternacht;  sie  laufen  dem  Temperaturunterschied  zwischen  dem  warmen 
Meer  und  dein  kalten  Land  parallel.  Sie  sind  dementsprechend  anclt 
im  Winter  am  heftigsten. 

Diese  Winde  erstrecken  ihre  Wirkungen  nicht  sehr  weit  auf  da- 
Meer  hinaus.  Eine  niedrige  Küstenstrecke  von  einiger  Breite  vermildert 
sie  auch  beträchtlich. 

Tropische  Cyklonen  und  Typhonen.  In  den  Tropen  ist  der  Garn; 
des  Barometers  sehr  regelmässig,  er  wird  nur  äusserst  selten  durch  das 
Vorüberziehen  eines  Barometerminimums  gestört.  Die  Barometerminima 
in  diesen  Gegenden  haben  eine  relativ  geringe  seitliche  Ausdehnung,  di^ 
Wirbelbewegung  in  ihnen  ist  dafür  um  so  heftiger  und  sie  stellen  grosse , 
Verheerungen  auf  dem  Meer  und  an  den  Ufern  an.  Sie  werden  Cyklonen 
oder  Typhonen  genannt,  den  letzten  Namen  tragen  sie  in  den  ostasiatischen 
Fahrwassern.  Sie  sind  sehr  selten.  In  Westindien  kommen  jährlich 
2  bis  3  vor,  im  bengalischen  Meerbusen  2,  im  südindischen  Ocean  9,  im 
südlichen  Stillen  Ocean  (neue  Hebriden  bis  Samoa)  4.    Doberck  rechnet]. 


i 


X.  Luftwirbel.  707 

jahrlich  19  Typhonen.    Die  Häufigkeit  der  Stürme  ist  nach  Maury  fol- 
^nde  (auf  1000  Beobachtungen): 


Breite 

Häufigkeit 

0—5  0 

0,6 

5-10 

1 

10—15 

8 

15—20 

11 

20—25 

19 

25—30 

32 

30—35 

77 

35—40 

131 

40—45 

105 

45—50 

140 

50—55 

160 

55—60 

265 

Es     ist     nur     ein     quantitativer     Unterschied     zwischen     diesen 
eng  begrenzten  Wirbeln  und  den  in  unseren  Gegenden  gewöhnlichen 
von  etwa  10  mal  so  grosser  Ausbreitung.    Man  hat  auch  Fälle  verfolgt, 
in    welchen    von   Süden    kommende    heftige    Cyklonen    sich    zu    weit- 
umfassenden  Barometerminimis    in    nördlicheren   Gegenden    entwickelt 
liaben.    Man  hat  deshalb  auch  den  Namen  Cyklone  auf  die  in  tempe- 
rierten  Gegenden   gewöhnlichen  Wirbelstürme   übergetragen.     Die   ur- 
-^nrünglich  sogenannten  Cyklonen  werden  jetzt  als  „tropische  Cyklonen" 
zeichnet. 
Zufolge  ihrer  starken  Konzentration  weisen  die  tropischen  Cyklonen 
ingewöhnlich  grosse  Gradienten  auf.    In  einer  Cyklone,  die  am  1.  Okt. 
1S66  die  Bahama-Inseln  passierte,  war  der  Druck  im  Centrum  703  mm 
und  in  460  km  Entfernung  754  mm,  das  Barometer  sank  18  mm  in  einer 
'unde   und  Gradienten  bis   zu   13 — 14   wurden  beobachtet.    In   einer 
.\  klone   vom   Mai  1881,   die   im   arabischen   Meer   auftrat,   wurde   ein 
Maximalgradient  von  38  mm  berechnet  (in  56  km  Entfernung  vom  Cen- 
trum).   Für  andere  Entfernungen  wurden  folgende  Mittelwerte  gefimden. 

i^ntfernung.    .    .  0—80  80—160  160—240  240—320  300— 500  km 
Gradient      .    .    .     16,3        7,9  3,7  2,3  2,0       mm 

.»lenkungswinkel      77  51  53  61  62       ^ 

Windstärke      .    .     10,1        9,7  8,5  6,8  7,5Beaufort. 

Nach  den  Wirkungen  der  Cyklonen  zu  urteilen  —  Gebäude  werden 
umgestürzt.  Bäume  entlaubt  und  entwurzelt,  die  ganze  Vegetation  wie  vom 

45* 


708  Physik  der  Atmosphäre. 

Feuer  weggefegt  —  erreicht  in  ihnen  die  Windgeschwindigkeit  mehr  al^ 
50  m  pro  Sek.    Am  20.  Okt.  1882  ging  eine  Cyklone  über  Manila,  wo  da 
Barometer  in   anderthalb  Stunden   von   745  auf  728  mm  fiel,  und  dn 
Anemometer  eine  Windgeschwindigkeit  von  54  m  pro  Sek.  registriert! 
bevor  es  durch  eine  vom  Sturm  losgerissene  Palme  zerbrochen  wurde. 
Bei   der   Cyklone   vom   22.  Sept.  1885   zu   Falsepoint  wurde  689,2  mm 
Druck  beobachtet,   zu  Apia   am   6.  April  1850   sogar  687  mm,   woran 
jedoch  eine  unbekannte  Korrektion  anzubringen  ist.    Dies  sind  die  nied- 
rigsten an  der  Meeresoberfläche  beobachteten  Luftdrucke. 

Ebenso  wie  die  gewöhnlichen  Cyklonen  enthalten  diese  heftigen  eine 
mittlere  Gegend  der  Windstille,  welche  das  „Auge  des  Sturmes"  ge- 
nannt wird.  Der  Durchmesser  dieses  Windstillengebietes  erreicht  25  bi- 
50  km.  Nur  in  der  Mitte  desselben  herrscht  vollkommene  Windstille. 
die  anderen  Teile  sind  durch  eine  relative  Windstille  oder  durch  Wind- 
stösse  aus  verschiedenen  Richtungen  ausgezeichnet. 

Die  Luftmassen,  welche  sich  dem  Centrum  des  Sturmes  nähern, 
werden  zufolge  der  stetig  zunehmenden  Krümmung  ihrer  Bahn  durch 
eine  immer  zunehmende  Centrifagalkraft  von  der  Mitte  abgelenkt  und 
ziehen  sich  während  des  Kreisens  um  den  Mittelpunkt  in  die  Höhe. 

Auch  in  diesem  Fall  sind  trotz  der  im  Vergleich  zu  den  gewöhn- 
lichen Cyklonen  stark  reduzierten  Querdimensionen  des  Wirbels  die  ver- 
tikale Komponente  der  Bewegung  im  Verhältnis  zur  horizontalen  recht 
unbedeutend,  Trotzdem  ist  die  aufsteigende  Bewegung  sehr  schnell,  denn 
wenn  z.  B.  die  vertikale  Geschwindigkeit  nur  5  Proz.  von  der  horizon- 
talen ausmacht,  und  diese  40  m  pro  Sek.  beträgt,  so  wird  sie  2  m  pro 
Sek.  In  einer  Stunde  wären  demnach  über  7  km  —  das  ist  nach  der 
Schätzung  von  Doberck  die  mittlere  Höhe  der  tropischen  Cyklonen. 
vermutlich  erreichen  sie  diese  Höhe  aber  selten  —  in  vertikaler  Richtuni: 
zurückgelegt.  Diese  aufsteigende  Bewegung  veranlasst  eine  ausserordent- 
lich starke  Wolkenbildung  rund  um  das  Centrum  herum  und  damit  ver- 
bunden, äusserst  heftige  Regengüsse.  Im  Centrum  selbst  ist  bisweilen 
der  Himmel  heiter  oder  die  Wolken  sind  viel  weniger  dicht  als  in  der 
Umgebung. 

Die  starke  Kondensation  des  Wasserdampfes  bewirkt,  dass  die  ver- 
tikale Abnahme   der  Temperatur  in   der  Cyklone   sehr  gering  ist  und 
sich  geringer  erhält  als  in  der  Umgebung,  wodurch  eine  stetige  saugend 
Wirkung  der  Cyklonenmitte  beibehalten  wird,  und  die  Cyklone  sich  erhält, 

Diese  Dauerhaftigkeit  der  tropischen  Cyklonen  ist  übrigens  recht 
unbedeutend,  sobald  sie  festen  Erdboden  mit  grösserer  Reibung  erreichen. 


X.  Luftwirbel.  7Q9 

Auch  sind  relativ  unbedeutende  Höhenzüge  so   grosse  Hindernisse   für 

ie,  dass  sie  sich  daran  bald  auflösen.    Man  schliesst  hieraus,  dass  die 

ropischen  Cyklonen  eine  erheblich  geringere  Mächtigkeit   in  vertikaler 

Richtung  als  die  aussertropischen  besitzen.   Wenn  sie  nach  höhere  Breiten 

I 'langen,  vergrössern  sich  auch  ihre  Höhendimensionen. 

Die  tropischen  Cyklonen  entstehen,  wie  die  Beobachtungen  der  in- 
dischen Meteorologen  zeigen,  wenn  über  dem  Meer  die  Luftdruck- 
Verteilung  kein  entschiedenes  Gepräge  besitzt.  Nach  den  Beobachtungen 
über  bengalische  Cyklonen  entstehen  sie  in  einem  Windstillengebiet,  das 
zwei  verschiedene  Windsysteme  trennt.  Es  können  unter  solchen  Ver- 
hältnissen ungleichmässig  gerichtete  Gradienten  vorkommen,  wodurch 
die  Luftmassen  in  eine  drehende  Bewegung  geraten.  Dadurch  ent- 
wickeln sich  Fliehkräfte,  welche  eine  saugende  Wirkung  im  Centrum 
hervorrufen,  wodurch  neue  Luftmassen  hineingezogen  werden.  Wegen 
•  r  geringen  ablenkenden  Wirkung  der  Erddrehung  in  den  äquatorialen 
Gegenden  können  die  Luftmassen  ganz  nahe  an  das  Centrum  heran- 
kommen, und  zufolge  der  lange  wirkenden  Beschleunigung  durch  die 
Gradienten,  auch  wenn  diese  unbedeutend  sind,  eine  starke  Geschwindig- 
keit erhalten. 

Helmholtz  hat  ein  sehr  anschauliches  Bild  gegeben,  wie  er  sich 
die  Entstehungsweise  der  Cyklonen  vorstellte.    Ein  cylindrisches  Gefäss, 
dessen  Boden  in  der  Mitte  mit  einem  Loch  versehen  ist,  ist  mit  Wasser 
I »füllt;  man  bringt  das  Wasser,  während  das  Loch  durch  einen  Pfropfen 
^'Schlössen  sein  mag,  in  massige  Drehung  und  zieht  nun  den  Pfropfen 
US,  so  fliesst  das  Wasser  in  der  Nähe  des  Lochs  aus.    Dasselbe  wird 
durch  Wassermassen  von  mehr  peripherischen  Teilen  des  Gefässes  er- 
i'tzt,    welche   grössere   Geschwindigkeiten    besitzen,    die    während   des 
"irömens  noch  zunehmen.    Wenn  diese  Wassermassen  im  Centrum  ange- 
kommen sind,  haben  sie  eine  solche  Fliehkraft,  dass  sich  über  dem  Loch 
f'iue  wasserleere  Röhre  bildet,  die  sich  oben  trichterförmig  erweitert.   Nur 
^ehr  wenig  Wasser  fliesst  durch  das  Loch  hinaus,  und  zwar  solches,  das 
durch  Reibung  am  Boden  seine  Geschwindigkeit  und  damit  Fliehkraft 
ingebüsst  hat. 

In  den  Cyklonen  steigt  ein  Teil  der  Luft  in  der  Nähe  des  Centrums 
auf,  da  die  heftige  Kondensation  in  den  oberen  centralen  Schichten  relativ 
hohe  Temperatur  hervorbringt. 

Die  tropischen  Cyklonen  bewegen  sich  in  der  Nähe  des  Äquators 
nach  W  mit  einer  polwärts  gerichteten  Komponente.  In  der  Nähe  der 
Wendekreise   geht  die  Richtung  nach  W  in  eine  solche  nach  E  über. 


710  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  polwärts  gerichtete  Komponente  bleibt  bestehen.  Die  Folge  davon 
ist,  dass  die  Bahnen  der  tropischen  Cyklonen  eine  gebogene  Gestalt,  dii 
derjenigen  einer  Parabel  ähnelt,  erhalten. 

Die  nach  dem  Pole  gerichtete  Komponente  erklärt  Ferrel  so,  dass 
auf  der  polaren  Seite  der  Cyklone  die  zuströmende  Luft  stärker  durcli 
die  Erddrehung  abgelenkt  wird  als  auf  der  äquatorialen  Seite.  Die 
Cyklone  füllt  sich  deshalb  auf  der  äquatorialen  Seite  rascher  mit  Luft 
als  auf  der  polaren,  woraus  eine  gegen  den  Pol  gerichtete  Bewegunf; 
des  Barometerminimums  resultiert.  Die  andere  Komponente  rührt  voi 
der  vorherrschenden  Windrichtung  in  der  Umgebung  her,  ist  also  in  dem 
Gebiete  der  Passaten  nach  Westen  gerichtet,  in  höheren  Breiten  da- 
gegen nach  Osten. 


W 


Der  Ablenkungswinkel  erreicht  in  den  tropischen  Cyklonen  ungefähr 
denselben  Wert  wie  in  den  aussertropischen.  Er  wechselt  etwas  mehr, 
zwischen  etwa  36*^  und  92 o,  je  nach  der  Lage  des  Quadranten,  um  einen 
Mittelwert  von  etwa  60°  nach  den  Messungen,  die  in  Cyklonen  am 
bengalischen  Busen  gemacht  worden  sind.  Wegen  der  relativ  geringen 
Ausbreitung  der  tropischen  Cyklonen  sind  sie  ziemlich  gleichmässig  nach 
allen  Seiten  ausgebildet  und  speziell  ist  die  Temperaturverteilung  um 
das  Centrum  eine  symmetrische.  Aus  diesem  Grund  sind  sie  leichter 
theoretisch  zu  behandeln,  wie  die  aussertropischen  Wirbel.  Die  Iso- 
baren können  nach  Abercromby  als  Ellipsen  dargestellt  werden  mit 
einem  Achsenverhältnis  3:2  (Fig.  216). 

Die  tropischen  Cyklonen  führen  durch  die  Heftigkeit  ihrer  Winde 
und  durch  den  stürmischen  Aufruhr  der  Wellen  die  Schiffe  in  ernstliche 


X,  Luftwirbel.  71  ■[ 

efahren.  Bei  dem  regelmässigen  Gang  des  Barometers  in  den  Tropen 
<t  jedes  abnorme  Sinken  des  Luftdruckes  ein  Warnungszeichen,  das  die 
\ahe  einer  Cy klone  verkündet.    Nach  Piddington  entspricht: 

Barometerfall  Entfernung 

pro  Stunde  vom  Centrum 

0,5—1,5  mm  500—300  km 

1,5—2      „  300—200   „ 

2  —3      „  200—150   „ 

3  —3,8    „  150—90     „ 

Aus  der  Windrichtung  bildet  man  sich  nach  dem  Buys-Ballot- 
chen  Windgesetz  eine  Vorstellung  über  die  Lage  des  Cjklonen-Centrums 
;)abei  achtet  man  auch  auf  den  Gang  der  Wolken  in  mittlerer  Höhe, 
welche  sich  nahezu  tangential  zum  Umkreise  der  Cyklone  bewegen. 
(Irras -Wolken  umgeben  die  tropischen  Cyklonen  auf  allen  Seiten, 
während  sie  ausserhalb  der  Tropen  nur  auf  der  Vorderseite  vorkommen.  Die 
irrus-Streifen  gehen  bei  den  tropischen  Cyklonen  radial  vom  Centrum 
aus,  was  für  die  Beurteilung  seiner  Lage  sehr  wertvoll  ist.  Das  Wolken- 
schild über  der  Cyklone  hat  einen  Durchmesser  von  1000—1500  km, 
wobei  die  Cirrus- Wolken  weiter  verbreitet  sind  als  das  niedere  Gewölk. 
Die  Wolkenbank  ist  dem  Segler  in  500—600  km  Entfernung  sichtbar. 
Die  indischen  Cyklonen  führen  starke  Gewitter  an  allen  Seiten,  die  west- 
indischen sehr  selten  auf  der  Vorderseite.  Auf  der  Nordhalbkugel  wehen 
die  Winde  auf  der  rechten  Seite  der  Cyklonenbahn  in  derselben  Kichtung, 
wie  die  Cyklone  sich  bewegt,  deren  Bahn,  wie  oben  angegeben,  recht 
regelmässig  verläuft  und  deshalb  ziemlich  genau  berechnet  werden  kann. 
Lenzt  man  also  auf  dieser  Seite  vor  dem  Winde,  so  läuft  man  Gefahr,  in 
die  Cyklonenbahn  hineinzugeraten.  Diese  Seite  wird  deshalb  die  „gefähr- 
liche" genannt.  Das  Centrum  der  Cyklone  ist  für  den  Segler  sehr  ge- 
fährlich, teils  durch  die  heftige  Kreuzsee,  die  infolge  des  verschieden 
gerichteten  Wellengangs  dort  herrscht,  teils  wegen  der  Windstille,  die 
die  Segelschiffe  vollkommen  hilflos  lässt. 

Auf  der  linken  Seite   der  Cyklone   dagegen   wehen  die  Winde  in 

ntgegengesetzter  Richtung   zu   derjenigen,    in    der    die   Cyklone    fort- 

'  lireitet.    Diese  Seite  wird  deshalb  die  „fahrbare"  genannt.    Die  Wind- 

4ärke  ist  dort  auch  viel  geringer  als  auf  der  rechten  Seite.    Wenn  ein 

"''gier  in  die  geföhrliche  Seite  hineingeraten  ist,  muss  er  bestrebt  sein, 

ich  in  senkrechter  Richtung  zur  Cyklonenbahn  zu  entfernen.     Er  muss 

deshalb  den  Wind  von   der  rechten  Seite    des   Schiffes  nehmen.    Auf 


712 


Physik  der  Atmosphäre. 


der  linken  Seite  der  Cyklonenbahn  ist  es  jedenfalls  auch  ratsam,  von 
dieser  abzusteuern,  wobei  der  Wind  von  der  linken  Seite  des  Schiffes 
wehen  muss.  Auf  der  südlichen  Halbkugel  sind  die  Steuerregeln  um 
gekehrt. 

Bei  dem  Nahen  einer  Cyklone  gegen  die  Küste  steigen  die  Wellen 
über  die  Küstenniederung  und  können  viel  schlimmer  verheerende  Über- 
schwemmungen hervorrufen  als  der  eigentliche  Wolkenbruch  in  der 
Cyklone,  der  bisweilen  250—400  mm  Eegen  giebt.  So  z.  B.  hoben  sich 
die  Wogen  unter  einer  Cyklone  vom  1.  Nov.  1876  3 — 14  m  hoch  über 
das  grosse  Ganges -Delta,   wobei  7800  km^  überschwemmt  wurden  und 


1301?OTI0100  90    80  10  60  5»  W  30  20  10  0    10  JO  M  W  SO  60  10 


Fig.  217. 

mehr  als  100  000  Menschen  den  Tod  fanden.  Noch  mehr  Menschen  (125  000) 
starben  später  an  Hunger  und  Cholera.  Eine  ähnliche  Sturmwelle 
zerstörte  Galveston  in  Texas  am  8.  Sept.  1900.  Als  Vorboten  der  tro- 
pischen Cyklonen  gelten  Barometerfall,  schwüle  Luft,  eine  eigentümliche 
Ziegel-  bis  kupferrote  Farbe  des  Himmels,  Cirrus- Schleier  mit  Höfen, 
Dünungen  an  der  Vorderseite  oft  mehrere  Tage  vorher,  Wolkenbänke 
mit  Blitzen,  bis  2—3  Tage  vorher. 

Die  Zugstrassen  der  Barometerminima.  Vergleicht  man  die 
synoptischen  Karten  von  verschiedenen  kurz  nacheinander  folgenden 
Zeiten,  so  findet  man  gewisse  Kegelmässigkeiten  in  der  Art,  wie  die 
Cyklonen  sich  bewegen. 

Fig.  217  giebt  nach  Koppen  eine  Karte  über  die  nördliche  Halb- 
kugel zwischen   dem   nordamerikanischen  Felsengebirge  und  Ural,   auf 


X.  Luft  Wirbel.  713 

welcher  die  Häufigkeit  des  Vorkommens  von  Minimen  durch  Schraffierung 
und  die  Richtung  und  Frequenz  der  Zugstrassen  durch  Pfeile  von  ver- 
schiedener Stärke  angegeben  sind.    Als  Oberflächeneinheit  ist  dabei  die 
11    zwei   Meridiankreisen,    die   10  Längengrade    voneinander    entfernt 
lud,  und  den  50.  und  55.  Breitegraden  eingeschlossene  Fläche,  als  Zeit- 
inheit  das  Jahr  genommen.    Aus  dieser  Karte  ersieht  man,  dass  die 
lometerminima  südlich  vom  30.  Breitegrad  äusserst  selten  sind  (unter 
,.  ]^ro  Jahr),   dass   sie   ebenfalls   nördlich   vom  50.  Breitegrad   auf  dem 
iierikanischen  Kontinent  und  im  Osten  des  europäischen  relativ  selten 
ikommen. 
Dagegen  giebt  es  recht  scharf  begrenzte  Maximalgebiete  (Häufig- 
keit über  30):  1)  westlich  von  den  grossen  amerikanischen  Seen,  2)  über 
Neu-Braunschweig  (an  der  Südküste  von  Canada),  3)  westlich  von  der 

e"-"^-3stküste  Grönlands  in  der  Davis-Strasse,  4)  zwischen  der  Südspitze 
ands  und  Islands  in  der  Dänemarkstrasse,  5)  im  Atlanten  51°  n.  Br. 
18°  w.  L.,   G)  ausserhalb   der  Lofoten-Inseln  an  der  Nordwestküste 
IiNorwegens  und  7)  über  Dänemark  und  Südschweden.    Sekundäre  Maxima 
^B  einer  Häufigkeit  zwischen  20  und  25  pro  Jahr  liegen  südwestlich  von 
'«Ingland  und  Irland,  im  Golf  von  Genua  und  im  Norden  des  Adria- 
hen  Meeres. 
Die  Hauptzugstrassen  sind  folgende:  1)  die  am  meisten  frequentierte 
in  beinahe  westöstlicher  Kichtung  in  Nordamerika  längs  des  46.  Breite- 
s.  In  der  Nähe  von  Neufundland  teilt  sich  dieselbe;  ein  Teil  2)  biegt  ab 
en  Norden  zur  Davis-Strasse,  die  Mehrzahl  der  Cyklonen  setzt  aber  den 
Weg  3)  nach  Nordosten  gegen  Island  fort,  von  wo  die  Hauptmenge  4)  weiter 
nach  Nordosten  gegen  die  Nordküste  von  Norwegen  sich  begiebt,  während 
■n  geringerer  Teil  5)  gegen  ESE  über  der  Nordsee  und  5  a)  Mittelschweden 
r  5  b)  Jütland  und  Südschweden  gegen  die  Ostsee  hinwandert.    Eine 
lativ  geringe  Zahl  von  Cyklonen  fängt  ihre  Laufbahn  6)  an  der  ameri- 
winischen  Küste  zwischen  30°  und  40°  n.  Br.  an,  läuft   dann   längs  des 
-!.  Breitegrads  über  des  Atlanten  bis   zu   45°  w.  L.,   danach   geht   die 
i'rwiegende  Mehrzahl  dieser  Cyklonen  7)  nach  Nordosten  ausserhalb 
u  Küsten  von  Schottland  und  Norwegen,  während  eine  geringe  Zahl 
rselben  8)  durch  den  englischen  Kanal  zur  Ostsee  hinaufdringt  oder 
nach  Osten  gegen  den  Busen  von  Biscaya  oder  Bretagne  und  von  da 
^.iim  Golfe  von  Genua  und  dem  Nordteil  des  Adriatischen  Meeres  sich 
iiinbewegt,  um  von  da  10)  zum  Schwarzen  Meere   oder  11)  nach  den 
Ostseeprovinzen  (im  Sommer)  hinzuwandern. 

Die  Zugstrasse  4)  wird  im  Herbst  und  Winter  bevorzugt,  ebenso  die 


CI 


'7J4  Physik  der  Atmosphäre. 

nahe  damit  zusammenfallende  7).  Die  Zugstrasse  5)  wird  auch  im  Winte 
5a)  im  Vorwinter,  5b)  im  Spätwinter  am  meisten  besucht,  die  8)  dagegc 
im  Sommer  und  Herbst,  während  9)  im  Winter  die  grösste  Rolle  spiel 

Die  Cyklonen  meiden  die  Gebirgsketten.  Die  Alpen  und  sogar  d 
hochgelegene  Teil  Skandinaviens  wird  von  ihnen  umgangen,  dagegi 
laufen  sie  durch  die  Nordsee  über  Kattegat  und  die  schwedischen  Se« 
oder  über  die  niedrig  liegenden  Gegenden  Jütlands  und  Schönens  ge^i 
die  Ostsee  und  die  finnländischen  Seen  zum  Weissen  Meer,  oder  sie  werdi 
nach  dem  Golf  von  Genua,  dem  Adriatischen  und  Schwarzen  Meer  abgelenlu 

Die  Portpflanzungsgeschwindigkeit  der  Barometerminima  ist  je  nach 
den  Umständen  höchst  verschieden  und  an  den  Stellen,  wo  ihre  Prequeii> 
Maxima  besitzt,  zeigen  sie  eine  Neigung  zu  stocken.    Sie  beschreibt 
in  diesen  Gegenden  bisweilen  geschlossene  Kurven.    Für  die  mittler* 
Bewegungsgeschwindigkeiten  hat  man  jedoch  einige  recht   ausgeprägt 
Regelmässigkeiten  gefunden. 

So  ist  diese  Geschwindigkeit  in  den  Vereinigten  Staaten  grösser. 
11,6  m  pro  Sek.  (=  41,8  km  pro  Stunde),  auf  dem  Atlanten  und  in  West- 
Europa  viel  geringer,  7,8  bezw.  7,5  m  pro  Sek.  (28,1  bezw.  26,9  km  pm 
Stunde),  nach  Osten  wiederum  grösser,  in  Russland  9,4,  in  Japan  1 0,5  m 
pro  Sek.  (33,9  bezw.  37,8  km  pro  Stunde.)  Sie  ist  grösser  im  Winter^ 
14,2  m  in  den  Vereinigten  Staaten,  12,4  m  in  Japan,  8,2  m  im  Nord-' 
atlanten,  8  m  in  West -Europa,  10,8  m  in  Russland,  als  im  Sommer 
9,7  bezw.  7,8,  7,4,  6,6  und  8,0  m  pro  Sek.  Man  hat  stationäre  Minima; 
und  solche  mit  einer  Geschwindigkeit  von  35  m  pro  Sek.  beobachtet. 
Im  allgemeinen  ist  die  Geschwindigkeit  auf  den  frequentiertesten  Zui 
Strassen  am  grössten. 

Die  meisten  Barometerminima  erscheinen  in  der  kalten  Jahreszeit. 
Von  100  Minimen,  die  über  dem  mittleren  Atlanten  zwischen  45*^  und 
60*^  n.  Br.  auftreten,  fallen  auf: 

Jan.    Febr.   März   April    Mai   Juni    Juli    Aug.  Sept.    Okt.   Nov.   Dez. 
20       17       11       5        2      2       2       3        2        6       13      17 

Unter  den  Minimen,  welche  nördlich  von  Schottland  sich  den  Küsten 
Europas  zuM'enden,  kommen  36  Proz.  auf  den  Winter,  29  Proz.  auf  den 
Herbst,  19  Proz.  auf  den  Frühling  und  16  Proz.  auf  den  Sommer. 

Die  jährliche  Periode  der  Cyklonen  von  langer  Dauer  ist  folgend 

Wint.  Frühl.  Sommer  Herbst  Jahr 
Vereinigte  Staaten  5,3  3,9  1,2  2,6  13,0 
Atlant  ....  8,0  3,9  4,2  5,9  22,0 
Europa      ....        6,0       3,9         1,8        3,6      15,3 


■ 


X.  Luftwirbel. 


715 


Die  tiefsten  Depressionen  kommen  im  Winter,  die  flachsten  im 
lumer  vor. 

Wegen  des  grossen  Einflusses   der  Cyklonen  auf  das  Wetter  hat 
(11  sich  eifrig  bemüht,   ihre  Tendenz   die  eine  oder  andere  Bahn  ein- 
(hlagen  in  Zusammenhang  mit  der  Verteilung  meteorologischer  Ele- 
iite   zu   setzen.    Van  Bebher  hat  folgende   Regel  gegeben:  Liegen 
iior  Luftdruck  und  hohe  Temperatur  in  derselben  Richtung  vom  Baro- 
lerrainimum,  so  verschiebt  sich  dasselbe  in  einer  zum  Druck-  und 
ICmperaturgradienten   senkrechten  Richtung,   sodass   hoher  Druck  und 
i\  ;lrme  auf  die  rechte  Seite   der  Bahn  zu  liegen   kommen.     Fallen  die 
iradienten  des  Druckes  und  der  Temperatur  in  entgegengesetzte  Rich- 
ungen,  so  bewegen  sich   die  Minima  nur  schwach,    werden  stationär 
iiul  ziehen   sich   in  längliche   Formen   aus.     Falls   der   eine  Gradient 
hwach  ausgeprägt  ist,  so  richtet  sich  die  Bewegung  der  Cyklone  nach 
II   anderen   stärker  wirksamen  Gradienten.     Cl.  Ley   bemerkt  eine 
udenz  der  Richtung  der  Cyklonenbewegung,  einen  Winkel  von  etwa 
'  mit   dem   Gradienten   des  Temperaturgefälles   zu  bilden.    Bei  der 
Wendung  der  van  B  ebb  ersehen  Regel  muss  man  nicht  nur  auf  den 
ickgradienten   in  niedrigeren  Luftschichten,   sondern  auch  auf  den- 
en in  höheren  Luftschichten  Rücksicht  nehmen. 


Weil  die  Temperatur  im  Mittel  nach  Süden  zunimmt,  haben  die 
ahnen  der  Cyklonen  eine  allgemeine  Tendenz  nach  Osten  zu  gehen. 
m  Winter  liegt  für  Europa  die  hohe  Temperatur  nach  Südwesten,  senk- 
ht  zu  dieser  Richtung  liegt  die  Zugstrasse  9  über  Frankreich  oder 
I  den  Biscayabusen  hinein,  die  im  Winter  häufig  eingeschlagen  wird. 
iii  Sommer  ist  dagegen  Russland  stark  erwärmt,  was  der  Zugstrasse  11 
p.tspricht.  Der  Verlauf  der  Isobaren  im  Winter  zeigt  einen  ausge- 
sehenen Parallelismus  mit  den  winterlichen  Zugstrassen  über  dem 
Planten  und  längs  der  norwegischen  Küste. 

Die  tropischen  Cyklonen  entstehen  gewöhnlich  an  der  Grenze  zwischen 
m  äquatorialen  Windstillengebiet  und  den  Passatgegenden.  Sie  folgen 
u  atmosphärischen  Bewegungen  in  den  unteren  Luftschichten.  Im 
rdatlanten  weht  der  Wind  in  einem  grossen  Wirbel,  die  Cyklonen 
-;en  dieser  Bewegung  und  folgen  an  der  westindischen  Seite  den  Iso- 
ren, die  das  südatlantische  Barometermaximum  umschliessen.  Dadurch 
i'hält  ihre  Bahn  eine  parabolische  Krümmung  (vgl.  S.  709).  Dieselbe 
rra  zeigen  auch  die  Cyklonen  im  Indischen  Ocean  häufig.  Bisweilen 
-ehreiben  sie  aber  Bahnen  von  sehr  verwickelter  Form,  z.  B.  mit  ge- 


716     -  Physik  der  Atmosphäre. 

sclilossenen  Schlingen  (z.  B.  die  Cyklone,  welche  Manila  am  5.  Nov.  \S' 
überschritt). 

Die   Bahngeschwindigkeit   der  tropischen  Cyklonen   ist  sehr  wec' 
selnd;  im  allgemeinen  ist  sie  geringer  als  diejenige  der  aussertropiscli' 
Wirbeln.    Sie   erreicht  im  Mittel   etwa  6,5  m  pro  Sek.  bei   den  W( 
indischen,  4  m  pro  Sek.  bei  den  asiatischen  Cyklonen. 

Die   tropischen  Cyklonen   zeigen  im   allgemeinen  einen   sehr   an 
geprägten  jährlichen  Gang  mit  einem  Maximum  zur  heissesten  Jahi 
zeit,  wie  die  folgende  Tabelle  zeigt: 

Br.     Jan.  Feb.  März  Apr.  Mai  Juni  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  I' 
Antillen    .     .     .  200N.    2     1      3     —   —     2    13    27     24    19     6 
Chinesische  See  lö^N.     1    —    —      2     4     6    19    22    26    11     6      : 
Golfv.  Bengalen  150  N.    2   —      1      8   18     9      3      3      5    27    16 
OmanschesMeer  I50N.     3   —      1     15   20  28    —      2      5      7    16 
Südind.  Ocean  .  200  s.   24    25    18     12     4     1    —    —     —      1     5    K 

Südteil  d.  Stillen  2^,  g^   29    19    28      5     1 114    1: 

üceans 

Über  den  beiden  Meerbusen  östlich  und  westlich  von  der  vorder 
indischen  Halbinsel  ist  die  allgemeine  Kegel  durchbrochen,  es  zeit-v 
sich  dort  zwei  Maxima  im  Frühling  und  Herbst.  Dies  beruht  darauf,  du- 
in  diesen  Jahreszeiten  ein  Übergangszustand  zwischen  den  entgegen 
gesetzt  gerichteten  Winter-  und  Sommer-Monsunen  mit  häufiger  Wlndi 
stille  besteht.  Die  anderen  Cyklonenmaxima  begleiten  den  Eintritt  dej 
äquatorialen  Calmen  in  den  betreffenden  Gegenden  im  Sommer.  Iiij 
Atlanten  südlich  vom  Äquator  kommen  keine  Cyklonen  vor,  weil  dij 
äquatorialen  Calmen  sich  nie  dahin  erstrecken.  Die  anticyklonalen  Calmei 
der  Eossbreiten  geben  aus  leicht  verständlichen  Gründen  zu  Cyklon'  i 
keinen  Anlass. 

Anticyklonen.  Wie  rund  um  ein  Barometerminimum  eiiu 
Cyklone  mit  auf  der  Nordhalbkugel  linksdrehenden,  nach  innen  konver- 
gierenden Winden  entsteht,  so  bildet  sich  um  ein  Barometermaximun 
eine  sogenannte  Anticy klone  mit  rechtsdrehenden,  an  der  Erdober- 
fläche divergierenden  Winden  aus,  die  im  Gegensatz  zu  den  Windec 
im  Cyklonensystem  recht  schwach  sind.  Dies  beruht  darauf,  dass  dei 
Gradient  in  den  Anticyklonen  meistens  (besonders  im  Centrum)  rela' 
gering  ist,  oder  mit  anderen  Worten  daselbst  die  Isobaren  wenig  diu!;, 
liegen,  was  mit  der  gewöhnlich  grossen  Ausbreitung  der  Anticyklonoi! 
zusammenhängt).      Die    gut    begrenzten    Anticyklonen    besitzen    nv 


X.  Luft  Wirbel.  717 

eine  elliptische  Form  mit  dem  mittleren  Achsenverhältnis  1,8  bis  1,9. 

Die  Richtung    der    grossen   Achse    ist    in  Amerika    im   Mittel  NE,  in 

Europa  und   über   dem  Atlanten  N  75*^  E,   also  nahezu  nach  Ost.    Die 

Entfernung    zwischen    den   Centren   benachbarter   Cyklonen   und  Anti- 

cyklonen  ist  in  Amerika  und   auf  dem  Atlanten   etwa  3800  km.    Der 

mittlere  Durchmesser  der   europäischen  Anticyklonen   (von  762  mm  ab 

iTcrechnet)  beträgt  nicht  weniger  als  5000  km  in  nordsüdlicher,  7800  km 

\vestöstlicher  Richtung.  Sie  treten  am  häufigsten  im  Winter  (Dez.— Jan. 

ist  79  Proz.  derselben   auf,   dabei  wurden  nur  Maxima  von  787  mm 

'  mitgerechnet). 

Die  Anticyklonen  verleihen  oft  der  Witterung  einen  ausgesprochenen 

ijirakter,  weshalb  ihre  Eigenschaften  eingehenden  Studien  unterworfen 

wardeil.    Man   unterscheidet  zwei  Arten   von   Anticyklonen.    Einerseits 

k'ömmen  grosse  Anticyklonen  vor,  in  denen  die  Luft  langsam  über  einer 

issen  Fläche  hinabströrat,  oft  zufolge  starker  Kälte.    Sie  sind  relativ 

tig  und  lagern  häufig  während  mehrerer  Tage  oder  Wochen  über  der- 

■  iben  Gegend.     Von   dieser  Art  sind  die  grossen  Winter-Anticy klonen 

11  Nord-Asien  und  solche  Erscheinungen  sind  in  Europa,   besonders  im 

Winter,  nicht   selten.     Es   sind  dies   die    eigentlichen   typischen  Anti- 

yklonen. 

Andererseits  giebt  es  auch,  besonders  in  Nord-Amerika,  kleine  Anti- 

yklonen,  ausgebildet  zwischen  zwei  Cyklonen,  die  sich  in  kurzem  Abstand 

eigen.    In  diesen  Maximis  strömt  die  Luft  herunter,  welche  in  den  nahe 

gelegenen  Minimis  hinaufströmt.    Sie  sind  deshalb  als  eine  Art  Folge- 

?rscheinungen    der  Minima   anzusehen,     deren    Charakter,    recht    dicht 

.renden  Isobaren  und  relativ  heftige  Winde,  sie  teilen.     Sie  wandern 

h  relativ  schnell  mit  den  Cyklonen  vorüber.    Sie  haben  meist  eine 

.regelmässige,  oft  bandförmige  Gestalt. 

In  den  eigentlichen  grossen  Anticyklonen  herrscht  eine  grosse  Ruhe 
it  r  Luft  und  in  ihren  mittleren  Teilen  vollkommene  Windstille.  Der 
iimmel  ist  bei  der  absteigenden  Bewegung  der  Luft  ganz  heiter  und  die 
^uft  trocken,  was  im  Winter  eine  heftige  Ausstrahlung  der  Wärme  zur 
"olge  hat.  Die  abkühlende  Wirkung  der  Ausstrahlung  erstreckt  sich  auf 
lie  niederen  Luftschichten,  und  dort  bilden  sich,  wenn  die  Verdunstung;^ 
ler  Bodenfeuchtigkeit  Wasserdampf  hingeführt  hat,  Nebel  und  niedrige 
kVolken,  ohne  dass  jedoch  Niederschlag  eintritt.  Die  Bergkämme  ragen 
ius  diesem  Nebelmeer  heraus  und  haben  zufolge  der  adiabatisch  sich 
rwärinenden  Luft  warmes  und  zugleich  schönes  Wetter. 

Anticyklonen,  die  durch  strenge  Kälte  charakterisiert  sind,  kommen 


718  Physik  der  Atiuosphäre. 

häufig  nach  Schneefällen  vor,  weil  der  schlecht  leitende  Schnee  die  K 
wärmung   der  Erdoberfläche   durch  Zuleitung  von  Wärme  aus  tiefer- 
Erdschichten  verhindert.    In  diesem  Fall  verdunstet  auch  kein  Wassi 
dampf  aus   dem  Boden  in    die  niedere  Luft    und    man    erhält   uni 
solchen  Umständen  weder  Nebel-  noch  Wolkenbildung.    Die  Temperati 
sinkt  dabei  sehr  tief  unter  die  normale,  besonders  in  der  Nacht.    Dio 
Kälte- Anticyklonen  sind  nicht  so  stabil  wie  die  vorhin  genannten  grosse 
Maxima.   Ein  Minimum,  das  in  die  Nähe  kommt,  saugt  die  untere  star 
abgekühlte  Luft   ab,  die  starke  Kälte,  welche  sich  nie  sehr  weit  hinai 
erstreckt,  verschwindet  und  damit  auch  das  Maximum  selbst. 

Die  Centra  der  Anticyklonen  wandern  wie  diejenigen  der  Cykloii' 
gegen  Osten,  aber  weniger  regelmässig  wie  diese.  In  Nord-Amerik 
kommen  sie  aus  Nordwesten,  einige  aus  Westen  und  ziehen  nac 
Osten  oder  Südosten.  In  Europa  ist  ihre  ZugricMung  folgendermaasst 
verteilt: 

Nach   .      N     NE      E      SE       S     SW    W    NW 
Prozent       3      13      37      30      10      3        2      2 

Im  Winter  liegt  die  Richtung  mehr  nach  Süden,  im  Sommer  meh 
nach  Norden. 

Die  meisten  europäischen  Anticyklonen  entstehen  in  Europa. 

Ihre  Wanderungsgeschwindigkeit  ist  geringer  als  diejenige  del 
Cyklonen.  Sie  beträgt  im  Mittel  in  km  pro  Stunde  in  folgende! 
Ländern: 

Wint.  Frühl.  Sommer  Herbst    Jahr 
Vereinigte  Staaten    42,0    37,6     55,7     38,9     38,6  (=  10,7  m  pro  Sek. 
Europa     ....    24,5    26,4    25,5     26,4     25,7  (=    7,1  „      „ 

Nach  Rüssel  wandern  die  australischen  Cyklonen  über  dem  Indischer 
Ocean  mit  einer  Geschwindigkeit  von  13,7  m,  über  Australien  mit  einei 
von  12  m  pro  Sek.  von  West  nach  Ost.  Diese  Geschwindigkeit  entspricht 
der  mittleren  Geschwindigkeit  der  atmosphärischen  Strömung  in  diesefl 
Gegenden. 

Cyklonen  wie  Anticyklonen  wandern  in  Amerika  schneller  als  in 
Europa  vorüber,  deshalb  ist  dort  der  Witterungswechsel  viel  heftiger 
als  hier. 

Der  Ablenkungswinkel  (nach  rechts  vom  Gradienten)  und  die  mitt- 
lere Windstärke  in  der  Umgebung  des  anticyklonischen  Centrums  geht; 
aus  folgender  Tabelle  hervor:  \ 


1 


r 


X 

.  Luftwirbel 

719 

N 

NE 

E 

SE 

S 

SW  W  NW  Mittel 

59 

53 

30 

27 

42    0 

2,7 

2,9 

2,7 

2,3 

2,65  m 

pro 

Sek 

59 

44 

44 

46 

60 

67   62 

60 

55    0 

1,9 

1,9  1,7 

2,0  2,4  2,6  2,3 

2,0 

2,1    m 

pro 

Sek 

3,7 

3,2 

3,0  2,8  3,6  3,7  3,4 

3,5 

3,4     „ 

» 

„ 

Sektor  der  Anticy klone 

N.- Amerika,  Ablenkungswinkel 

„      Windgeschwindigkeit 

West-  und /^  Ablenkungswinkel 

Mittel-    <  Windstärke,  Ebene 

Europa    '■  „      Höhenort 

In  Europa  ist  der  Ablenkungswinkel  und  die  Windstärke  im  südwest- 
lichen Teil  der  Anticyklone  am  grössten,  am  geringsten  im  östlichen,  ferner 
"Ti  Sommer  grösser  als  im  Winter,  wie  bei  den  Cyklonen.    Der  Zusam- 
enhang  der  Windstärke  mit  der  Entfernung  vom  Centrum  ist  wie  folgt: 


litfernung  vom  Centrum   111     222     333     444    556    667 
Windgeschwindigkeit    .    .    2,4      2,7      2,9      3,0      3,0      2,9 


778  km 
2,9  m:Sek. 

Der  kontinuierliche  Übergang  des  Gradienten,  der  Windstärke,  des 
Vblenkungswinkels,  des  Krümmungshalbmessers  der  Isobaren  und  der 
Temperatur  der  Erdoberfläche  in  Europa  und  Amerika  geht  aus  folgender 
Zusammenstellung  von  Loomis  hervor.  Dabei  ist  zu  beachten,  dass  der 
Krümmungshalbmesser  an  der  Grenze  zwischen  Cyklone  und  Anticyklone 
unendlich  gross  wird. 

Atlantischer  Ocean  und  Europa.    Mittlere  Breite  51 — 56*^  N. 


Luftdruck  .  .  740-45,45-50,50-55,55-60 
iradient.  .  .      3,5  3,4  3,1     3,1 
Windstärke  .    12,5  12,4  12,2  11,3 
Ablenkungs- 
winkel   .  .     57  56  56      55 
liimmungs- 
halbm.   .  .  1030  1190  1360  1540 


Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika. 

tdruck  .  .  732-37,37-42,42-47,47-52,52-57,57-62 
lOradient.  .  .     3,7      3,4      3,1      2,9      2,8      2,7 


60-65, 65-70, 70-75, 75-80, 80-85, 85-90  mm 
2,9      2,7      2,5      2,3      2,1     1,9     „ 


9,7 

8,4 

7,3 

6,3 

5,5 

4,8  m  pro  Sek 

53 

49 

46 

42 

39 

38  Grad 

1540 

1340 

1130 

901 

050 

370  km 

Windstärke.    12,2     11,8 

Ablenkungs- 
winkel   .  .     53       52 

vrümmungs- 
halbm.    .  .    250     410 

l'emperatur  .  —2,1  — 2,1  ■ 


11,4    11,1     10,6    10,3 

50       49       48       47 


Mittlere  Breite  45»  N. 

62-67,67-72,72-77,77-82  mm 

2.6  2,5      2,3     2,1     „ 

9.7  9,0      8,2      7,2  m  pro  Sek. 

46       45       43       41  Grad 


580     770     970    1180  1  1060    840    610     350  km 
-1,9  _i,7  _i,9  _3,2  I  -6,2  -10,1  -14,1  -17,4  Grad  C. 


Die  niedrige  Temperatur  und  ihre  starke  Abnahme  mit  steigendem 
iarometerdruck  beruht  darauf,  dass  weitaus  die  meisten  untersuchten 
alle  auf  den  Winter  fallen. 

Die  vom  Centrum  divergierende  Windrichtung  geht  schon  in  einer 
löhe  von  einigen  km  in  eine  zum  Centrum  konvergierende  über.    Die 


720  Physik  der  Atmosphäre. 

neutrale  Fläche  liegt  in  den  Anticyklonen  tiefer  als  in  den  Cyklonei 
Nach  den  Angaben  des  "Wetterbureaus  in  Nord -Amerika  erstreckt  sie] 
die  cyklonische  sowie  die  anticyklonische  Luftbewegung  nur  auf  ein« 
dünne  Schicht  von  4—5  km  Höhe  und  bis  zu  einer  Entfernung  voi 
750  bis  1500  km  vom  Centrum  (sie  sind  jedenfalls  höher  in  Europa). 

Die  Temperaturverteilung  in  den  Cyklonen  und  Antij 
cyklonen.  Im  Winter  sind,  wie  Loomis  Tabelle  zeigt,  die  cyklonischeil 
Gebiete  wärmer  als  die  anticyklonischen.  Dies  hängt  mit  der  Bewölkuni 
im  Cyklonengebiet  und  der  Heiterkeit  des  Himmels  in  dem  anticyklo- 
nischen eng  zusammen.  Diese  Überlegenheit  der  cyklonischen  Gebiet- 
erstreckt  sich  jedoch  nur  auf  ein  par  km  Höhe  und  ist  gewissermaassi 
als  eine  störende  Folge  der  Nähe  der  Erdoberfläche  anzusehen,  li 
höheren  Schichten  ist  zufolge  der  adiabatischen  Volumsveränderuug  die; 
Cyklone  meist  kalt,  die  Anticyklone  warm.  I 

Damit  hängt  zusammen,  dass  die  Abnahme  der  Temperatur  mit 
der  Höhe  in  den  Cyklonen  sehr  viel  schneller  vor  sich  geht  als  in  den 
Anticyklonen.  Dies  tritt  in  folgenden  Angaben  über  die  Temperatur- 
abuahme  mit  der  Höhe  (von  500  bis  3500  m)  im  Winter  in  den  Ost- 
alpen {T^  a)  hervor: 

Centrum  der 

Quadrant  des  Minimums      .      E       S       W      N      Anticyklone     Cykloi 
Temperaturabnahme  pro  km     4,0     4,1     6,3     4,7  1,5  5,8 

Die  Abnahme  ist  im  Anticyklonencentrura  sehr  gering  (es  herrschtj 
Temperaturumkehr  bis  zu  2000  m  Höhe),  danach  kommen  die  östlichen^ 
und  südlichen  Quadranten  des  Minimums  (in  welche  relativ  warme  Luft 
hineinströmt),  dann  der  Nordquadrant  und  das  Centrum  der  Cyklor; 
und  zuletzt  der  Westquadrant,  in  welchen  kalte  Luft  hineinströmt.  D^. 
Temperaturunterschied  zwischen  anticyklonischem  und  cyklonischem  Ge- 
biet, sowie  zwischen  deren  Centra  in  folgenden  Höhen,  beträgt: 


Höhe     . 

500 

1000 

1500 

2000 

2500 

3000 

3500 

Gebiet   . 

-5,9 

+  0,5 

+  4,3 

+  7,7 

+  8,6 

+  7,5 

+  4,8 

Centrum 

—  10,5 

-2,8 

+  2,7 

+  5,9 

+  7,1 

+  6,0 

+  2,6 

Von  1000  m  ab  sind  die  anticyklonischen  Gebiete  wärmer  als  die! 
cyklonischen  (im  Winter,  im  Sommer  sind  sie  durchweg  wärmer).  Zui 
denselben  Resultaten  führen  die  Messungen  in  Ballons  oder  mit  Drachen.  [ 
Unten  (Kap.  XI)  finden  sich  einige  bezügliche  Ziffern.  j 

Wegen  der  ungleichmässigen  Temperaturverteilung  rund  um  das  i 
Barometerminimum,    Kälte    gegen   Westen   und  Wärme    gegen   Osten  t 


X.  Luftwirbel. 


721 


I  nimmt   der  Druck  mit   steigender  Höhe    im  Westen  schneller  als  im 
I  Osten  ab.    Aus  diesem  Grund  muss   das  Centrum  sich  mit  steigender 
Hnhe  nach  Westen  verschieben.    Ebenso  verschiebt  sich  gleichzeitig  das 
Lotrum   mit  steigender  Höhe  gegen  Norden.    Angot  hat  diese  Ver- 
hiebung in  1500,  3000  und  4500  m  Höhe  aus  den  vorhandenen  Daten 
j  berechnet  und  durch  nebenstehende  Zeichnungen  (Fig.  218—221)  versinn- 
licht.     Dabei  hat  jedoch  Angot   mit  einer  gleichmässigen  Temperatur- 
abnahme von  0,6*^  C.  pro  100  m  gerechnet.    Falls  er  die  stärkere  Tem- 


Fig.  218.  (Erdoberfläche.) 


Fig.  219.  (1500  m  Höhe.; 


Fig.  220.  (3000  m  Höhe.) 


Fig.  221.  (4500  m  Höhe.) 


Iraturabnahme  auf  der  nördlichen  und  speziell  auf  der  westlichen  Seite 
Irglicheu  mit  der  östlichen  und  südlichen)  berücksichtigt  hätte,  so 
pde  das  Centrum  mit  steigender  Höhe  sich  mehr  gegen  Nordwest 
behoben  haben. 

Die  Pfeile  in  Fig.  221  deuten  an,  dass  die  Winde  in  4500  ni  Höhe 
nur  eine  schwache  Beeinflussung  von  der  Cj'^klone  erleiden.    In  grosser 
Höhe  verschwinden  die  Gradienten  auf  der  Nordseite   der  Cyklone  bei- 
nahe gänzlich.    Der  Gang  der  Cirri  in  oberen  Schichten  in  Amerika 
»•weist  das.    Die  stark  ausgeprägten  Cyklonen  bestehen  deshalb  nur  bis 
u  massigen  Höhen. 

Arrheuius,  Kosmische  Physik.  4ö 


722 


Physik  der  Atmosphäre. 


Grenzgebiete  der  Cyklonen  und  Auticyklonen.  Die  Fig.  22: 
stellt  nach  Abercromby  die  gewöhnlichsten  und  wichtigsten  Typen  de, 
Luftdruck  Verteilung  dar.  Dieselben  sind  ausser  Cyklone  und  Anticyklone 
Teilminimum,  Y-förmige  Kinne,  beide  als  Abzweigungen  der  Minima  an- 
zusehen, Keil,  welcher  ein  Verstoss  eines  Maximums  ist,  Sattel,  ein  G 
biet  von  etwas  niedrigerem  Luftdruck  zwischen  zwei  Maximis,  und  du 
geradlinige  Isobare. 

Ebenso  wie  die  Cyklonen  im  allgemeinen  die  Witterung  beherrschen 
so  haben  auch  ihre  obengenannten  Abzweigungen  unter  den  genannter 
„Typen"  die  grösste  Bedeutung. 

Die  Teilminima  entstehen  gewöhnlich  an  der  westlichen  oder  süd4 
östlichen  Seite  der  grossen  Cyklonen,  welche  von  Amerika  nach  Euro});i 


N'yjs 


/^I^lonlß  1 


geradlinige  Jsobaren 

Fig.  222. 


760 


wandern.  Die  Teilminima  an  der  Westseite  wachsen  häufig  an  Stärko 
und  treten  dann  bisweilen  mit  starken  Gradienten  und  heftigen 
Winden  auf,  die  um  so  gefährlicher  sind,  als  sie  oft  nicht  vorausgesehen 
werden  können.  Sie  bewegen  sich  parallel  dem  Hauptminimum,  oft  mit 
einer  der  Hauptwindrichtung  in  demselben  gleichgerichteten  links- 
drehenden Bewegung. 

Diese  Teilminima  sind  für  die  europäischen  Verhältnisse  von  grosser 
Bedeutung  und  ihr  plötzliches  Auftreten  erschwert  die  Wetterprognosen 
in  hohem  Grade.  Sie  erstrecken  sich  meist  nur  auf  die  niedrigen  Luft- 
schichten, sodass  die  Bewegung  der  oberen  Wolken  nicht  von  ihnen  be- 
einflusst  wird. 

Die  Teilminima   auf  der  Südostseite   der  Hauptminima  haben  gC' 
wohnlich   eine  geringere  Bedeutung.    Sie  führen  in  Europa  häufig  G^ 
Witterbildung,  in  Amerika  Entstehung  von  Tromben  herbei. 


X.  Luftwirbel.  723 

Die  V-förmigen  Rinnen,  die  in  eine  Spitze  auslaufen,  haben  ge- 
wöhnlich eine  nordsüdliche  Richtung  mit  der  Spitze  gegen  den  Äquator. 
\uf  der  Vorderseite  herrschen  Winde  vom  Äquator,  auf  der  Hinterseite 
Iche  vom  Pol,  beide  mit  einer  westlichen  Komponente.  In  der  Mitte 
reten  Böen  auf.  Sie  spielen  in  Australien  und  Südamerika  eine  grosse 
iiolle,  und  bringen  dort  plötzliche  Veränderungen  der  Windrichtung,  be- 
irleitet  von  starkem  Temperaturvvechsel,  gewöhnlich  mit  Gewitter  und 
Regen  verbunden,  hervor.  In  Europa  sind  die  Wechsel  viel  weniger  schroff. 

Die  keilförmige  Verteilung  des  Luftdrucks  bietet  gewissermaassen 
einen  Gegensatz  zu  der  V-förmigen  Rinne.  Die  Gradienten  und  Winde 
dabei  sind  jedoch  viel  schwächer,  sodass  der  Umschlag  der  Witterung 
beim  Vorüberstreichen  der  „Zunge"  recht  unbedeutend  ist.  In  der  Mitte 
der  Zunge  herrscht  bisweilen  schönes  Wetter  bei  relativ  niedrigem 
Luftdruck. 

Auch  in  dem  Sattel  zwischen  zwei  Anticyklonen  sind  die  Gradienten 
und  Winde  schwach.  Im  Sommer  bilden  sich  daselbst  häufig  lokale 
Gewitter  aus. 

Bei  den  geradlinigen  Isobaren,  welche  häufig,  in  nord- südlicher 
Richtung  verlaufend,  in  Europa  vorkommen,  herrschen  im  Westen  süd- 
liche Winde  mit  warmem  Wetter  vor,  sobald  der  Luftdruck  im  Osten 
hoch  ist.  Gegen  Osten  herrscht  im  Winter  grosse  Kälte,  im  Sommer 
dagegen  grosse  Hitze,  der  anticyklonalen  Luftdruckverteilung  ent- 
sprechend. Sobald  der  Luftdruck  im  Westen  hoch  ist,  führen  dagegen 
nördliche  und  nordwestliche  Winde  kaltes  nasses  Wetter  über  West- 
und  Süd- Europa.  Im  Winter  kommen  dabei  häufig  Schneefälle  in  der 
Xähe  von  kleinen  von  Nord  nach  Süd  wandernden  sekundären  Depres- 
sionen vor.  Im  Frühling  kommen  bei  dieser  Luftdruckverteilung  starke 
Kälterückfälle  besonders  an  der  Mittelmeerküste  vor.  Im  Sommer  kann 
Kngland  unter  diesen  Umständen  schönes  Wetter  haben,  wenn  die  Anti- 
<  vklone,  die  gewöhnlich  über  den  Azoren  liegt,  sich  dahin  ausbreitet. 
Die  Trockenheit  kann  sich  von  da  bis  nach  Frankreich  erstrecken, 
während  Mittel -Europa  von  starken  Regengüssen,  oft  mit  Überschwem- 
mungen (z.  B.  auf  der  Nordseite  der  Ostalpen  1890,  1893,  1897,  1899) 
heimgesucht  wird.  Dabei  ist  der  Barometerstand  recht  hoch.  Diese 
Witterung,  die  in  letzter  Zeit  nicht  selten  vorgekommen  ist,  zeigt  eine 
recht  grosse  Beharrlichkeit. 

Die  Entstehung  und  Erhaltung  der  Wirbel.  Die  einfachste 
Art,  sich  die  Entstehung  eines  Minimums  vorzustellen,  ist  diejenige, 
welche  oben  (S.  686)  erörtert  wurde.    Über  einer  stark  erhitzten  Stelle 

46* 


724  Physik  der  Atmosphäre. 

steigt  die  Luft  in  die  Höhe  und  von  allen  Seiten  fliesst  neue  Luft  zu, 
um  die  so  entstandene  Leere  auszufüllen.  Wenn  die  Luft  trocken  wäre, 
so  würde  sie  sich  für  jede  100  m  um  1*^  C.  abkühlen  und  bald  aufhören 
zu  steigen.  Deshalb  erreichen  beispielsweise  die  Seebrisen,  welche  aut 
der  Erwärmung  der  Küste  beruhen,  nur  einige  hundert  Meter  Höhe.  Tu 
der  umgebenden  Luft  beträgt  die  Teraperaturabnahme  mit  steigender 
Höhe  etwa  0,6*^  pro  100  m  und  eine  Temperaturerhöhung  von  4*^  C.  am 
Boden  würde  schon  in  1  km  Höhe  ausgeglichen  sein. 

Ganz  anders  liegen  die  Verhältnisse,  wenn  die  aufsteigende  Luft  mit 
Feuchtigkeit  gesättigt  ist.  In  solchen  Fällen  kann  (vgl.  S.  584)  die 
Temperaturabnahme  pro  100  m  gegen  0,4°  C,  folglich  unter  den  nor- 
malen Betrag  in  der  freien  Atmosphäre  sinken.  Die  Temperaturdifferenz 
an  der  Erdoberfläche  wird  sich  dann  mit  der  Höhe  steigern  und  der 
Auftrieb  der  Luftmasse  um  so  gewaltiger  werden,  je  höher  sie  steigt. 
Nun  ist  wohl  die  Luft  nicht  mit  Feuchtigkeit  gesättigt,  über  dem  Meer 
kommt  aber  eine  relative  Feuchtigkeit  von  90  Proz.  nicht  selten  vor. 
In  einem  solchen  Fall  sinkt  die  Temperatur  beim  Aufstieg  der  Luft  erst 
um  1°  pro  100  m,  die  Luft  wird  aber  dabei  bald  gesättigt  (nach  der  Ab- 
kühlung um  etwa  2°  C),  und  danach  tritt  das  langsame  Sinken  der 
Temperatur  mit  zunehmender  Höhe  ein.  Angot  hat  ein  Beispiel  be- 
rechnet, in  welchem  die  Temperatur  der  heissen  Stelle  gleich  25*^,  die- 
jenige der  Umgebung  gleich  20°  C.  und  der  Feuchtigkeitsprozentsatz  gleich 
90  gesetzt  wurde.  Die  Temperaturdifferenz  sank  dabei  von  5°  beim  Boden 
auf  4,1°  in  220  m  Höhe,  stieg  dann  von  diesem  Minimum  auf  4,6°  in 
500,  5,4°  in  1000,  7,0  in  2000  und  8,5°  C.  in  3ü00  m  Höhe. 

Die  Luft  befindet  sich  unter  solchen  Umständen  gewissermaassen 
in  einem  labilen  Zustande  und  wenn  nur  einmal  die  aufsteigende  Be- 
wegung eingeleitet  ist,  so  wächst  sie  mit  riesiger  Gewalt  und  ruft  einen 
Sturm  hervor.  Infolge  der  Erddrehung  wird  der  Sturm  zum  Wirbel. 
dessen  Fliehkraft,  vereint  mit  der  Wirkung  der  Erddrehung,  die  Aus- 
gleichung des  eingeschlossenen  Barometerminimums  verhindert. 

Diese  Theorie,  die  von  Espy  und  Ferrel  entwickelt  ist,  scheint  im 
Ganzen  sehr  gut  auf  die  tropischen  Cyklonen  zu  passen.  Die  Bildung 
derselben  über  dem  bengalischen  Meerbusen  ist  Gegenstand  sehr  fleissiger 
Beobachtungen  von  Seite  der  indischen  Meteorologen  gewesen.  Als 
Beispiel  möge  die  verheerende  Cyklone  vom  Ende  Oktober  1876  ange- 
führt werden. 

Vom  10.  bis  20.  Oktober  herrschte  schönes  Wetter  und  eine  aus- 
geprägte Windstille  über   dem    bengalischen    Meerbusen,    Im  Küsten- 


I 


X.  Luftvrirbel.  725 


gebiete  im  Norden  wehten  sehr  schwache  Nordostwinde   und   über  dem 
j  indischen    Ocean    im   Süden    wenig    ausgeprägte   Südwestwinde.     Diese 
Winde  waren  so  gerichtet,  dass  sie  der  Luft  eine  schwache  cyklonische 
l)ewegung  erteilten.    Die   Windstille   herrschte   bis   zu   grossen  Höhen, 
l^k  die  Beobachtungen  von  den  Bergstationen  auf  Ceylon  zeigten. 
1^*    Durch  den   heftigen  Sonnenschein  und  die  Windstille  bildete  sich 
eine   ungewöhnlich   hohe   Temperatur  über   dem   Meerbusen   aus.    Am 
I  20.  fiel  im   Süden   etwas   Kegen.    Ein    schwaches    Barometerminimum 
!  entwickelte  sich   darauf  in  der  Mitte  des  Meerbusens,  westlich  von  den 
',  Andamanen.    Der  Regen  entwickelte  sich   zu  einem  Wolkenbruch,  das 
'  Minimum  wuchs  an  Stärke,  die  Winde  nahmen  zu.    Am  29.  Okt.  befand 
■  b  an  derselben  Stelle  eine  wohl  entwickelte  Cyklone,  die  erst  lang- 
sam, dann  geschwinder  nach  Norden  wanderte  und  in  dem  Centrum  einen 
Druck  von  nur  715  mm  aufwies.    Am  1.  Nov.  um  'S'^  früh  erreichte  sie 
:  das  Delta  der  grossen  indischen  Flüsse  und  erzeugte   eine  Sturmwelle, 
I  die    ausserordentlich    grossen    Schaden    anstellte.      Nach    einstündigem 
I  Wandern  über  Land   stiess   die  Cyklone   gegen  die   nur  1000  m  hohen 
I  Berge  von  Tipperah,  welche  sie  nicht  zu  überschreiten  vermochte.    Auf 
der  anderen  Seite  des  Gebirgszuges  in  Katschkar  und  Assam  bemerkte 
man  nur  eine  schwache  Senkung  des  Barometerstandes. 

Dieser  Umstand  lässt  erkennen,  wie  gering  die  vertikale  Mächtigkeit 
dieser  Cyklone  war,  was  auch  daraus  hervorgeht,  dass  während  der  Cy- 
klone auf  den  Höhenstationen  Ceylons  Windstille  herrschte. 

Von  der  Temperaturverteilung  in  senkrechter  Richtung  weiss  man 
nichts,  dieselbe  verstösst  also  nicht  gegen  die  Theorie,  wie  diejenige  der 
aussertropischen  Cyklonen,  die  meist  im  Centrum  kühler  sind  als  in  der 
Umgebung.  Nur  in  Amerika  hat  mau  in  letzter  Zeit  einige  Cyklonen 
aufgefunden,  die  ein  warmes  Centrum  hatten  (etwa  5,5^  C.  über  der 
Temperatur  in  den  nachfolgenden  Anticyklonen). 

Die  aussertropischen  Cyklonen  treten  auch  in  der  kalten  Jahreszeit 

auf,  wo  man  keine  starke  Erhitzung  der  Erdoberfläche  als  erste  Ursache 

voraussetzen  darf,   und  in  der  die  Luft  in  der  grössten  Unruhe  ist,  was 

eine  lokale  Aufspeicherung  der  Hitze  verhindert.    Man  hat  sich  daher 

i  genötigt  gesehen,  die  Ferrelsche  Theorie  zu  verlassen.   Sie  enthält  jedoch 

I  sehr  vieles,  was  auf  die  Cyklonen  passt.    Sie  entstehen  zum  grössten  Teil 

■über  den  Meeren,   die  eine   hohe  Temperatur  im  Winter  aufgespeichert 

haben  und   daher  sehr   viel  wärmer   als  die   nahehegenden  Kontinente 

sind  und  über  denen  die  Luft  sehr  feucht  ist.     Bei  ihrer  Fortbewegung 

;  wandern  die  Cyklonen  mit  VorUebe  über  Meere,  Seen  oder  andere  feuchte 


726  Physik  der  Atmosphäre. 

Gegenden,  wo  die  Wirbelbewegung  neue  Nahrung  findet.  Endlich,  wenn 
sie  sich  in  kalte  und  trockne  Gegenden  verirrt  haben,  sterben  si< 
meistens  bald  aus. 

Wenn  demnach  auch  die  Wärme  und  Feuchtigkeit  in  der  Cjklon- 
nicht  genügend  ist,  um  die  Temperatur  des  Centrums  über  derjenigen 
der  Umgebung  zu  erhalten,  so  scheinen  doch  diese  beiden  Bedingungen 
günstig  zu  sein,  indem  sie  eine  all  zu  starke  Abkühlung  der  Cyklone 
verhindern,  welche  sie  bald  vernichten  würde. 

Es  muss  also  eine  andere  Ursache  vorhanden  sein,  welche  die  auf-i 
steigende  Bewegung  in  den  Cjklonen  hervorbringt,  wenn  auch  die 
Wärme  und  die  Feuchtigkeit  diese  Bewegung  unterstützen,  sodass  sie 
hauptsächlich  an  solchen  Stellen  zum  Vorschein  kommt,  wo  diese 
sekundären  Bedingungen  vorhanden  sind.  Man  hat  diese  primäre  Ur- 
sache in  mechanischen  Umständen  gesucht.  Es  möge  genügen,  die  Dar- 
stellung des  hervorragendsten  Autors  auf  diesem  Gebiet  wiederzugeben. 

„Man  muss  demnach  nach  anderen  Ursachen  (als  die  von  deri 
Ferrelschen  Theorie  gegebenen)  für  die  Mehrzahl  der  atmosphärischen! 
Wirbel,  namentlich  der  langlebigen  grossen  Wintercyklonen,  suchen,  und 
es  scheint  uns  kein  Zweifel  darüber  zu  bestehen,  dass  dieselben  in 
Störungen  der  atmosphärischen  Cirkulation  zu  suchen  sind.  Grössere 
Temperaturunterschiede  in  der  Richtung  der  Breitekreise,  wie  sie  nament- 
lich im  Winter  in  hohem  Grade  zwischen  Kontinent  und  Ocean  sich! 
einstellen,  ändern  das  obere  meridionale  Temperaturgefälle  und  damiti 
den  meridionalen  Gradienten.  Dadurch  werden,  je  nachdem  dasselbe! 
vermindert  oder  gesteigert  wird,  die  rasch  rotierenden  Luftmassen  des 
Polarwirbels  entweder  gestaut  oder  in  ihrem  Abfiuss  gegen  den  Fol  hin 
beschleunigt.  Die  dadurch  bedingten  Druckänderungen  pflanzen  sich 
an  der  Erdoberfläche  fort  und  erzeugen  daselbst  Barometermaxima  und 
Barometerminima  mit  den  sie  begleitenden  Luftcirkulationen.  Die  der- 
art eingeleitete  Störung  schreitet  dann  mit  der  allgemeinen  oberen  Luft- 
bewegung über  die  Erdoberfläche  fort,  wobei  ihre  Fortpflanzung  nach 
Richtung  und  Geschwindigkeit  von  der  daselbst  präexistierenden  Luft- 
druck- und  Temperaturverteilung  wesentlich  beeinflusst  wird.  Die  Energie 
dieser  atmosphärischen  Störungen  findet  ihr  Äquivalent  in  der  Abnahme 
der  Rotationsgeschwindigkeit  der  oberen  Luftcirkulation,  der  Polarwirbel 
leistet  Arbeit  auf  Kosten  seiner  Rotatiousgeschwindigkeit." 

„Aber  nicht  bloss  die  Temperaturdiflferenzen  zwischen  Ost  und  West. 
auch  Anomalien  der  vertikalen  Temperaturverteilung  können  die  atmo- 
sphärische Cirkulation  zu  Kraftäusserungen  an  der  Erdoberfläche  anregen 


p 


X.  Luftwirbel.  727 


indem  sie  labile  dynamische  Gleichgewichtszustände  schaffen  und  eine 
Massenmischung  der  unteren  ruhenden  und  der  oberen  rasch  bewegten 
Luftmassen  veranlassen,  welche  die  letzteren  retardiert  und  ihnen  dann 
gestattet,  polwärts  abzufliessen,  was  an  der  Erdoberfläche  zur  Bildung 
einer  Barometerdepression  Veranlassung  giebt.  Zwischen  den  kälteren 
oberen,  aus  höheren  Breiten  kommenden,  und  den  wärmeren  unteren, 
IS  niedrigen  Breiten  stammenden  und  polwärts  fliessenden  Luftraassen, 
Missen  häufig  labile  Gleichgewichtszustände  eintreten,  welche  ein  Ein- 
greifen der  oberen  Cirkulation  in  die  untere  veranlassen,  und  damit 
Wirbelbildungen,  denn  alle  lokalen  Störungen  der  Luftbewegung  müssen 
wegen  der  ablenkenden  Kraft  der  Erdrotation  in  der  Form  atmosphä- 
rischer Wirbel  auftreten.  Es  ist  geradezu  undenkbar,  dass  bei  den  Un- 
gleichheiten der  horizontalen  Temperaturverteilung  im  Sinne  der  Breite- 
kreise und  den  Verschiedenheiten  der  Temperaturschichtung  in  vertikaler 
Richtung  Störungen  der  atmosphärischen  Cirkulation  zwischen  den  höheren 
und  niedrigeren  Breiten  ausbleiben,  und  diese  Störungen  zugeben,  heisst 
auch  die  Mehrzahl  der  atmosphärischen  Wirbel  und  ihren  Ursprung  auf 
die  grossen  atmosphärischen  Störungen  zurückzuführen,"  (Hann,  Lehr- 
buch der  Meteorologie  S.  585.) 

Die  unten  näher  besprochene  Cirkulationstheorie  hat  keine  Schwierig- 
keit, diese  Lücke  zu  füllen.  In  höheren  Schichten  (über  3000  m)  ziehen 
die  Wolken  in  aussertropischen  Gegenden  mit  grosser  Regelmässigkeit 
in  östlicher  Richtung  mit  einer  schwachen  Komponente  gegen  Norden. 
Die  Geschwindigkeit  ihrer  Bewegung  ist  etwa  anderthalb  mal  so  gross 
im  Winter  wie  im  Sommer.  Andererseits  giebt  es  in  unteren 
Schichten  eine  Rückströmung  aus  Nordwest,  deren  Geschwindigkeit  nach 
den  Wolken  zu  urteilen,  ziemlich  konstant  und  viel  geringer  als  die- 
jenige der  höheren  Strömung  ist  (etwa  35  Proz.  derjenigen  der  Wolken 
im  Winter  in  8000  m  Höhe).  Die  relative  Bewegung  der  oberen  zur 
unteren  Luftströmung  wird  demnach  im  Winter  etwa  doppelt  so  stark  wie 
im  Sommer  und  ist  im  Winter  nach  E  NE,  im  Sommer  mehr  nach  NE  ge- 
richtet. Zufolge  der  Erddrehung  besteht  ein  starkes  Bestreben,  die  Luft 
der  oberen  Schichten  im  rechten  Winkel  zu  dieser  relativen  Bewegungs- 
richtung, d.  h.  nach  SSE  zu  treiben.  In  tieferen  Schichten  treibt 
die  Kraft  die  Luft  in  entgegengesetzter  Richtung,  Diese  Kraft  hält 
im  sogenannten  stationären  Zustand  der  Wärmewirkung  das  Gleich- 
gewicht. Die  Hitze  in  niederen  Breiten  strebt  nämlich  die  Luft  zu 
heben  und  zum  Pole  zu  treiben,  wo  sie  heruntersiuken  und  zurück- 
fliessen  würde,  wenn  es  die  Erddrehung  nicht  hinderte.    Beim  Aufstieg 


*728  Physik  der  Atmosphäre. 

der  Luft  in  der  polaren  Gegend  nnd  beim  Heruntersinken  in  der 
Nähe  der  Kossbreiten  entstellt  eine  Gegenkraft  gegen  die  Bewegung, 
Diese  Gegenkraft,  die  sehr  stark  an  die  gegenelektromotorische  Kraft  der 
Polarisation  erinnert,  ist  an  der  Stelle  des  Hinuntersinkens  nahezu  kon- 
stant, dagegen  an  dem  Platze  des  Aufstieges  um  so  geringer,  je  feuchter 
die  Luft  daselbst  ist,  sowohl  absolut  als  relativ.  Bei  geringer  relativer 
Feuchtigkeit  muss  nämlich  die  Luft  hoch  steigen,  bevor  Kondensation 
eintritt,  bei  geringer  absoluter  Feuchtigkeit  wird  die  Kondensation  un- 
bedeutend und  daher  die  Abkühlung  der  Luft  beim  Aufsteigen  gross. 

Die  Luft  wird  infolgedessen  in  höheren  Breiten  einer  eventuellen 
Treibkraft  an  denjenigen  Stellen  am  ehesten  nachgeben,  wo  die  grösste 
absolute  und  relative  Feuchtigkeit  herrscht,  d.  h.  über  dem  Meer  oder 
über  grossen  Seen,  wie  den  amerikanischen,  und  vorzugsweise,  avo  das 
Wasser  relativ  warm  ist. 

Es  kommt  nun  zu  diesem  Umstand  ein  anderer.  Die  Treibkraft 
der  Erddrehung  ist  der  relativen  Windgeschwindigkeit  in  den  oberen 
Luftschichten  proportional.  Zufolge  der  Trägheit  der  in  Bewegung  ge- 
setzten Luftmasse  und  zufolge  der  bei  eventuell  eintretenden  Stauungen 
auftretenden  Druckkräfte,  sowie  zufolge  des  beinahe  vollkommenen 
Mangels  an  Reibung  wird  die  nach  Osten  gerichtete  Strömung  der 
höheren  Luftschichten  auf  jedem  Breitekreis  einen  nahezu  konstanten 
Wert  annehmen. 

Die  Kraft,  welche  die  obere  Luft  nach  Süden  treibt,  ist  deshalb 
sehr  nahe  konstant.  Ganz  anders  liegen  die  Verhältnisse  mit  der  Wärme- 
wirkung, welche  der  Temperaturdififerenz  proportional  gesetzt  werden 
kann. 

Betrachten  wir  demnach  zwei  Punkte,  die  in  einer  bestimmten  Ent- 
fernung von  einander  in  nord-südlicher  Richtung  liegen,  so  wird  auf  der 
nördlichen  Halbkugel  die  Triebkraft  in  höheren  Luftschichten  von  Süd 
nach  Nord  da  überwiegen,  wo  die  Isothermen  am  dichtesten  liegen,  die- 
jenige von  Nord  nach  Süd  dagegen  wo  sie  am  entferntesten  von  einander 
liegen.  Wie  die  Isothermenkarten  Figg.  179  und  180  zeigen,  ist  dieser 
Unterschied  im  Winter  am  ausgeprägtesten,  und  die  Stellen,  wo  die 
Isothermen  sehr  entfernt  von  einander  sind,  liegen  über  dem  Meer, 
sowie  Europa  und  Westsibirien,  und  in  geringerem  Maasse  in  der 
Nähe  der  grossen  Seen  Amerikas.  Es  sind  dies  die  Weltgegenden, 
welche  trotz  hoher  nördlicher  Lage  relativ  viel  Wasserdampf  aufweisen. 

An  diesen  Stellen  entstehen  infolgedessen  aufsteigende  Luftströme 
und  damit  Cyklonen  und  zwar  vorzugsweise  im  Winter.  Südlich  von  diesen 


b 


X.  Luffcwirbel.  729 


Gegendon  breiten  sich  die  Antieyklonen  aus,  welche,  da  sie  nicht  durch 
die  Feuchtigkeit  der  Luft  begünstigt  werden,  einen  mehr  diffusen 
Charakter  besitzen.  Andere  Anticj^klonen  bilden  sich  über  den  kältesten 
Stellen  der  Kontinente  aus. 

Die  Cyklonen  folgen  nun  der  Richtung  der  höheren  Luftströme,  wie 
wir  schon  von  den  tropischen  Cyklonen  bemerkt  haben.  Man  erklärt 
das  so,  dass  der  herrschende  Luftstrom  den  Wirbel  mit  Luft  ausfüllt, 
wo  er  in  denselben  hineinweht,  dagegen  auf  der  anderen  Seite  Luft  aus 
dem  Wirbel  heraussaugt.  Das  Luftdruckminimum  verschiebt  sich  auf 
diese  Weise  in  der  Richtung  der  vorherrschenden  Luftströme.  Da  in 
höheren  Breiten  die  hauptsächliche  Luftbewegung  in  den  oberen  Schichten 
\t)rsichgeht  und  zwar  in  der  Richtung  von  West  nach  Ost,  so  haben 
auch  die  Wirbel  das  Bestrehen,  sich  in  dieser  Richtung  zu  bewegen. 
Dabei  muss  der  Wirbel  aber  auch  die  feuchtesten  Wege  wählen, 
denn  wenn  Feuchtigkeit  fehlt,  so  wächst  die  Gegenkraft  und  der 
Wirbel  erlischt.  So  hat  Loomis  bewiesen,  dass  die  nordamerika- 
nischen Wirbel,  auf  deren  Vorderseite  Regen  fällt,  im  Mittel  dahin 
wandern,  wo  die  grösste  Regenmenge  fällt.  Auch  die  Geschwindigkeit 
der  Fortbewegung  des  Wirbels  wächst  mit  der  Länge  der  Strecke, 
auf  welcher  Regen  fällt.  Wenn  diese  Länge  beispielsweise  590,  845  und 
950  km  betrug,  so  wurde  eine  mittlere  Verschiebungsgeschwindigkeit 
des  Cyklonencentrums  von  24,  40  bezw.  63  km  pro  Stunde  beobachtet. 

In  Europa,  besonders  im  Westen,  fällt  der  Regen  nicht  auf  der 
Vorderseite  der  Cyklone,  sondern  auf  ihrer  Rückseite  (West-  und  Süd- 
westseite). Es  liegt  nahe,  hierin  den  Grund  zu  sehen,  dass  die  ameri- 
kanischen Cyklonen  schneller  und  regelmässiger  wandern  als  die  west- 
europäischen. 

Die  Hauptwege  der  Cyklonen  folgen  auch  den  Hauptzweigen 
des  Golfstromes  nach  der  Davis -Strasse,  nach  Island  und  nach 
den  Küsten  von  Schottland  und  Norwegen.  Wegen  der  Wärme  des 
Golfstromes  ist  daselbst  die  absolute  Feuchtigkeit  die  grösstmögliche. 
Die  Zugstrasse  über  Frankreich  gegen  das  Mittelmeer  und  das  schwarze 
Meer  wird  im  Winter  eingeschlagen,  wahrscheinlich  weil  die  absolute 
Feuchtigkeit  in  Mitteleuropa  dann  zu  gering  ist. 

Andererseits  sieht  man  die  Cyklonen  in  Gegenden,  wo  die  Feuchtig- 
keit schnell  (nach  Osten)  abnimmt,  wie  an  der  Nordwestseite  Norwegens 
nder  in  der  Ostsee,  stocken  bleiben,  sich  allmählich  ausfüllen  und  ver- 
M-liwinden. 

Man  kann  auch  nach  dem  oben  gesagten  leicht  verstehen,  warum 


730  Physik  der  Atmosphäre. 

die  Cyklonen  die  Gebirgsgegenden  mit  ihre;n  geringen  Gehalt  an  Wasser- 
dampf meiden. 

Wie  oben  (S.  721)  gezeigt  worden  ist,  neigt  sich  die  Achse  der 
Cyklone  nach  ihrer  kalten  Seite.  In  Amerika  ist  dies  die  Westseite,  in 
West -Europa  die  Nordwestseite.  Demzufolge  trifft  das  Centrum  der 
Cyklone  in  Amerika  auf  den  Bergen  später  ein  als  in  den  Thälern.  So 
erscheint  es  um  drei  Stunden  verspätet  auf  Mount  Washington  (Höhe 
1900  m),  auf  Pikes  Peak  (4300  m)  sogar  um  nahezu  sechs  Stunden 
gegenüber  der  umgebenden  Ebene. 

Es  ist  auch  oben  erwähnt,  dass  in  höheren  Luftschichten  der  Gra- 
dient immer  mehr  dem  Teraperaturgradienten  an  der  Erdoberfläche 
parallel  gerichtet  wird  (S.  721).  Die  höheren  Luftströme  haben  einen 
Ablenkungswinkel  von  nahezu  90^  und  verlaufen  daher  nahezu  senk- 
recht auf  den  Luftdruckgradienten.  Wenn  demnach  schon  an  der  Erd- 
oberfläche die  Isobaren  mit  den  Isothermen  parallel  verlaufen,  so  das^ 
Temperatur  und  Druck  in  derselben  Eichtung  abnehmen,  so  wird  dies  in 
allen  Höhen  der  Fall  sein.  Die  Cyklonen,  welche  im  Mittel  der  Wind- 
richtung folgen,  verschieben  sich  dann  parallel  mit  den  (unteren)  Iso- 
baren mit  dem  niederen  Druck  auf  der  linken  Seite.  Geht  dagegen 
das  Temperaturgefälle  unten  in  entgegengesetzter  Eichtung  wie  das 
Luftdruckgefälle,  so  verläuft  der  Luftdruckgradient  unten  in  entgegen- 
gesetzter Eichtung  wie  oben;  die  Bewegungsrichtung  des  Wirbels  wird 
davon  bestimmt,  welche  Eichtung  des.  Gradienten  die  überwiegende  ist. 
Im  allgemeinen  wird  die  Cyklone  eine  Eichtung  einschlagen,  die  senk- 
recht liegt  auf  einer  Eichtung,  die  zwischen  derjenigen  des  Temperatur- 
gefälles und  derjenigen  des  Druckgefälles  liegt  (vgl.  S.  715).  Dabei  wird 
vorausgesetzt,  dass  die  Feuchtigkeit  rund  um  die  Cyklone  symmetriscli 
verteilt  ist. 

Zusammenhang  der  Witterung  in  verschiedenen  Teilen 
der  Erde.  Hoffmeyer  untersuchte  die  Cyklonen  auf  dem  Atlanten 
und  fand,  dass  die  hohe  Wintertemperatur  West-Europas  in  dem  engsten 
Zusammenhange  mit  den  barometrischen  Depressionen  im  nordöstlichen 
Zweig  des  Golfstromes  steht.  Eine  Erhöhung  der  Mächtigkeit,  Aus- 
dehnung nach  Nordosten  und  Temperatur  dieses  Zweiges  des  Golfstroms 
muss  deshalb  einen  bedeutenden  Einfluss  auf  das  Winter-  und  Vor- 
frühlingsklima des  Westen  von  Europa  ausüben.  Schon  Sabine  hat 
Schwankungen  des  Golfstromes  nachgewiesen.  Wird  der  genannte,  an 
Schottland  und  Norwegen  vorbeistreichende  Teil  des  Golfstromes  ver- 
stärkt, so  nehmen  die  West-  und  Südwestwinde  in  West-Europa  zu  und 


I 


IV 


X.  Luftwirbel.  731 


führen  (in  der  kältesten  Jahreszeit)  eine  milde  Temperatur  mit.  Wegen 
des  grossen  Wärmeinhalts  des  Meeres  müssen  diese  Schwankungen  eine 
gewisse  Dauerhaftigkeit  zeigen. 

Petterssan  zeigte  nun,  dass  ein  sehr  enger  Zusammenhang 
zwischen  der  Stärke  des  nord-östlichen  Golfstromes,  welche  durch  hohe 
Temperatur  und  niedrigen  Barometerstand  gekennzeichnet  wird,  und  der 
Temperatur  von  West-Europa  herrscht.  Dagegen  zeigt  die  Temperatur 
von  Island  und  West -Grönland  einen  entgegengesetzten  Gang,  was 
darauf  zurückgeführt  wird,  dass  der  westliche  Teil  des  Golfstromes  (der 
Irmingerstrom)  zurückgeht,  wenn  der  nordöstliche  Teil  des  Golfstromes 
anschwillt.  Aus  leicht  verständlichen  Gründen  kann  in  diesem  Fall 
die  Folgeerscheinung  (die  Temperaturschwankung  auf  dem  Festland)  viel 
stärker  ausgeprägt  sein  als  die  primäre  Ursache  (die  Temperatur- 
schwankung über  dem  europäischen  Nordatlanten).  Jene  beruht  nämlich 
auf  dem  gesteigerten  Zufluss  der  erwärmten  Meeresluft  zum  Konti- 
nent, welcher  im  Winter  bedeutend  kälter  ist,  Meinardus  hat 
Petterssons  Untersuchungen  weiter  fortgesetzt  und  speziell  das  Ver- 
halten Mittel -Europas  untersucht,  ebenso  Dickson  dasjenige  von  Eng- 
land (Oxford).  Folgende  Tabelle  giebt  einige  Resultate  für  die  Jahre 
1881  und  1882.  Die  Temperatur  des  europäischen  Atlanten  wurde  als 
Mittel  der  Beobachtungen  zu  Thorshavn  auf  den  Färöer,  Ona  und  Papey 
bestimmt. 

Die  mittlere  Abweichung  der  Lufttemperatur  der  Monate  Januar 
lind  Februar  betrug: 

Europ.  ^..  Nord-  Mittel-  ^    , 

Nord-     Schweden  ,      deutsche     deutsches     p  ..  i      i 

Atlant  '  Ebene      Hügelland 

1881  —1,7      —3,5      —2,0     —1,2       —0,3        +3,2 

1882  +  0,9       +  4,2      +  2,6     +  1,9       +  1,2        —  3,5 

Man  ist  zu  folgenden  wichtigen  Schlüssen  gelangt:  Einer  hohen 
Temperatur  des  Golfstromes  an  der  norwegischen  Küste  im  Vorwinter 
.\(jvember— Januar)  folgt  eine  hohe  Temperatur  in  Mittel-Europa  in 
Ion  Monaten  Februar  bis  April. 

Je  grösser  die  Luftdruckdifferenz  zwischen  Dänemark  und  Island  in 

'1er  Zeit  September  bis  Januar  ist,  um  so  höher  ist  auch  die  Temperatur 

'les  östlichen  Golfstromes  in  derselben  Zeit  und  um  so  höher  ist  sie  in 

Mittel-Europa  in  den  darauf  folgenden  Monaten  Februar  bis  April.   Da- 

■^en  gilt  nichts  ähnliches  für  die  Temperatur  Mittel -Europas  von  Sep- 

niber  bis  Januar  oder  in  den  darauf  folgenden  Monaten  Mai  und  Juni. 


732  Physik  der  Atmosphäre. 

Pettersson  zog  bei  seinen  Untersuchungen  die  eigentümliche 
Regelmässigkeit,  welche  vonWoeik  off  bezüglich  der  Temperatur  der  paaren 
und  unpaaren  Winter  (vgl.  S.  572)  gefunden  ist,  im  Betracht.  Pettersson 
fand  den  Grund  dieser  Variation  in  der  gleichzeitigen  Schwankung  der 
Stärke  und  Temperatur  des  europäischen  Golfstromes  und  auch  die  Ab- 
weichungen von  der  Wo eikoff sehen  Regel  klärten  sich  in  dieser 
Weise  auf.  Meinardus  hat  eine  entsprechende  Änderung  im  Gange 
des  Barometers  in  geraden  und  ungeraden  Jahren  nachgewiesen.  In  fol- 
gender Tabelle  bedeutet  I  das  Mittel  aus  den  Daten  für  die  geraden  Jahre 
1874,  1876,  1878,  1880  und  1882,  II  dagegen  das  Mittel  für  die  ungeraden 
Jahre  1875,  1877,  1879,  1881  und  1883. 

I     II     I— II 

Luftdruckdifferenz  Kopenhagen — Stykkisholm  (Island)  Nov.— Jan.    16,3    5,3    11,0  mm 
Wassertemperatur  an  der  norwegischen  Küste  Nov. — Jan.      .     .     7,0   6,5     0,5"  C. 
Lufttemperatur  zu  Berlin  März— April  (Normalmittel -f  60  C.)     .    .     7,6  4,3     3,30C. 

Man  könnte  die  Schwankungen  in  der  Stärke  des  Golfstromes  oder 
vielmehr  der  Temperatur  des  Nordatlanten  folgendermaassen  zu  erklären 
versuchen.  Wenn  der  Nordostatlant  warm  ist,  so  entsteht  eine  starke 
Luftströmung  von  Norden  und  Osten  längs  der  grönländischen  Küste 
und  längs  der  Bahn  des  kalten  Nordpolarstromes.  Infolgedessen  wandert 
viel  Eis  in  den  Nordatlanten  hinein,  dadurch  sinkt  wiederum  seine  Tem- 
peratur, die  nordatlantische  Cy klone  und  der  Eistrift  an  ihrer  West-  und 
Nordseite  nimmt  ab.  Dann  kommt  wieder  eine  Zeit  geringerer  Abfuhr 
von  Eis,  eine  Zunahme  der  Temperatur  u.  s.  w.  Es  erscheint  so  aber 
nicht  nötig,  dass  die  Periode  gerade  zwei  Jahre  umfassen  muss.  Die  Schiffer 
des  Eismeeres  sagen,  dass  drei  relativ  eisfreie  Jahre  auf  drei  schwere 
Eis -Jahre  folgen;  die  Periode  sollte  danach  sechs  Jahre  umfassen 
Beides  verträgt  sich  miteinander  sehr  gut,  man  kann  auch  verstehen, 
dass  die  Regelmässigkeit  bisweilen  aussetzt  und  kaum  für  längere 
Zeiten  gelten  kann,  wie  auch  oben  betreffs  der  Temperatur  zu  Stock- 
holm nachgewiesen  wurde.  Dass  indessen  diese  interessanten  Unter- 
suchungen wegen  ihrer  ausserordentlichen  praktischen  Bedeutung  im 
höchsten  Grade  verdienen,  weiter  verfolgt  zu  werden,  kann  man  nicht 
bestreiten. 

Ähnliche  Regelmässigkeiten  gelten  für  die  Sonnenfleckenjahre  (vgl. 
S.  145),  in  denen  man  wohl  ein  gleichzeitiges  Anschwellen  sowohl  des 
östlichen  wie  des  westlichen  Zweiges   des  Golfstromes   annehmen  muss. 

Wie  oben  erwähnt  entspricht  ein  kalter  Sommer  in  West -Europa 
einem  warmen  in  Grönland  und  umgekehrt.    Diese  Regelmässigkeit  er- 


I 


X.  Luftwirbel.  733 


streckt  sich  ziemlich  weit  hin,  sowohl  auf  der  amerikanischen  wie  auf 
der  europäischen  Seite.  So  hat  Hann  nachgewiesen,  dass  die  kältesten 
Winter  in  Wien  von  Wintern  mit  positiver  Temperaturabweichung  zu 
:obshavn  auf  Grönland  begleitet  sind.    Dagegen  sind  die  wärmsten 

iter  in  Wien  nur  in  sechs  Fällen  von  neun  mit  kalten  Wintern  in 
:obshavn  gleichzeitig. 

Auf  diese  Weise  kann  man  den  Gegensatz  in  klimatischer  Hinsicht, 
welchen  Dove  zwischen  Nord -Amerika  und  Europa  gefunden  hat,  ver- 
stehen. Die  amerikanischen  Beobachtungen  stammten  hauptsächlich  aus 
den  östlichen  Teilen  Nord- Amerikas,  die  europäischen  dagegen  aus  den 
westlichen  Gegenden  unseres  Weltteils. 

Es  ist  ja  selbstverständlich,  dass,  da  die  Luftmasse  konstant  ist, 
eine  Zunahme  des  Luftdruckes  an  einer  Stelle  von  einer  Abnahme  an 
einer  anderen  Stelle  begleitet  sein  muss.  Wir  haben  schon  oben  auf 
solche  Schwankungen  der  Luft  zwischen  der  nördlichen  und  der  süd- 
lichen Halbkugel  hingewiesen  (vgl.  S.  609). 

Eine  ähnliche  Schwankung  im  kleineren  Umfang  fand  Blanford 
/wischen  dem  indo-malayischen  Gebiet  und  Sibirien.  Man  kann  sich 
schon  vorstellen,  dass  bei  ungewöhnlich  niedriger  Temperatur  in  Nord- 
Asien  oder  bei  ungewöhnlich  hoher  in  Süd-Asien  eine  Verschiebung  der 
Luft  nach  Norden  stattfindet  und  umgekehrt,  wenn  der  Norden  unge-. 
wohnlich  warm  oder  der  Süden  ungewöhnlich  kalt  ist. 

Diese  Untersuchungen  hat  Hildebrandsson  fortgesetzt.  Er  rich- 
tete seine  Aufmerksamkeit  hauptsächlich  auf  die  sogenannten  Aktions- 
centra,  d.  h.  Gegenden,  wo  stationäre  Maxima  oder  Minima  liegen. 
Er  wies  nach,  dass  ein  scharf  ausgeprägter  Gegensatz  besteht  zwischen 
dem  Barometergang  auf  Island,  wo  gewöhnlich  Minima  liegen,  und  in 
dem  azorischen  Hochdruckgebiet.  Ähnliche  aber  weniger  sichergestellte 
und  ausgeprägte  Gegensätze  finden  sich  zwischen  dem  Minimum  zu 
Alaska  und  dem  ostasiatischen  Maximum,  zwischen  Feuerland  und 
Tahiti,  zwischen  Grönland  und  Key  West,  sowie  zwischen  West-Sibirien 
und  Indien.  Diese  Eegelmässigkeit  ist  im  Winter  am  deutlichsten  aus- 
prägt. 

Wir  haben  schon  oben  einen  ähnlichen  Gegensatz  zwischen  den 
westeuropäischen  und  den  kaspischen  Gegenden  nach  Woeikoff  kennen 
gelernt.  Dieser  Unterschied  bezog  sich  auf  die  Woeikoffsche  zwei- 
jährige Periode  (vgl.  S.  572). 

Oben  sind  die  Luftströme  besprochen  worden,  welche  hauptsächlich 
nii  Winter  von  der  Ungleichheit  des  Temperaturgefälles  in  verschiedenen 


734  Physik  der  Atmosphäre. 

Weltteilen  nach  den  Polen  getrieben  werden.  Die  Luft,  die  sie  mit- 
führen, fliesst  an  Stellen,  wo  ein  geringes  Temperaturgefälle  gegen  di' 
Pole  zu  herrscht,  nach  dem  Äquator  zurück.  Die  im  Cy klonengebiet  in 
die  Höhe  getriebene  Luft  wird  nach  dem  Äquator  geführt,  staut  sicli 
auf  dem  Wege  und  fliesst  allmählich  zur  Seite  ab.  Auf  diese  Weise  i^i 
es  verständlich,  dass  zwischem  dem  Gebiet,  wo  die  Maximalfrequenz  der 
Cyklonen  vorkommt,  und  dem  Äquator  eine  Gegend  mit  hohem  Luft- 
druck sich  befindet,  und  wo  die  Luftdruckveränderung  den  entgegen- 
gesetzten Verlauf  nimmt  wie  an  der  Bildungsstelle  der  Cyklone. 
Dass  dabei  viele  Störungen  stattfinden,  braucht  nicht  erwähnt  zu 
werden.  Jedenfalls  stimmt  der  Gang  in  Island  und  auf  den  Azoren 
vorzüglich  mit  dieser  Voraussetzung,  ebenfalls  derjenige  von  West- 
Grönland  und  Key  West.  Zu  diesen  wäre  auch  der  entgegengesetzt  ^ 
Gang  an  der  Ost-See  und  am  Kaspischen  Meere  zu  zählen.  Ebenfall 
stimmt  im  ganzen  damit,  das  West-Sibirien  (Astrachan,  Barnaul  und 
Jenisseisk,  im  Mittel  52°  n.  Br.,  Tl^E.  L.)  gegen  Indien  den  entgegen- 
gesetzten Gang  besitzt. 

Eine  weitere  Untersuchung  dieses  Gegenstandes  verspricht  sehr  viel. 

Wettervoraussage.  Die  in  dem  letzten  Abschnitt  behandelten 
Erscheinungen  erlauben  in  einigen  wenigen  Fällen  (für  den  Vorfrühling 
in  Nordwest -Europa)  den  allgemeinen  Charakter  des  Wetters  einige 
Monate  vorauszusagen.  Durch  weitere  Entwickelung  dieser  Studien  wird 
man  vielleicht  noch  viel  weiter  kommen  und  davon  den  grössten  Nutzen 
ziehen  können. 

Die  gegenwärtige  Methode,  das  Wetter  für  die  kommenden  24  h[> 
48  Stunden  vorauszusagen,  beruht  hauptsächlich  auf  dem  Studium  der 
Cyklonen.  Diese  nähern  sich  von  Westen  her,  und  da  man  für  jed*- 
Jahreszeit  ihre  gewöhnlichen  Zugstrassen  und  ihre  mittlere  Geschwindig- 
keit kennt,  kann  man  berechnen,  wie  der  Wind  und  damit  das  Wettci' 
in  der  nächsten  Zukunft  sich  wahrscheinlich  ändern  wird.  Dabei  spielen 
so  viele  lokale  Umstände  mit,  dass  für  jeden  Ort  eingehende  Unter- 
suchungen von  älteren  ähnlichen  Fällen  nötig  sind,  um  nicht  allzu  grossei' 
Unsicherheit  ausgesetzt  zu  sein. 

Eine  stark  störende  Rolle  spielen  dabei  die  sekundären  Minima,  die 
auf  dem  Atlantischen  Ocean  entstehen,  ohne  dass  man  ihr  Auftreten  voraus- 
sehen könnte.  Hoffmeyer  hat  eine  diesbezügliche  Statistik  aufgestellt 
und  gefunden,  dass  unter  100  Cyklonen  nur  44  aus  Canada  und  den 
Vereinigten  Staaten  stammen,  sodass  sie  in  Europa  vor  ihrer  Ankunft 
gemeldet  werden  können,  8  kommen  aus  dem  arktischen  Nord-Amerika, 


X.  Luftwirbel.  735 

9  aus  den  äquatorialen  Teilen  des  Atlanten  und  2  sind  spontan  auf  dem 
Atlanten  entstanden,  37  endlich  sind  Teilminima,  die  auf  dem  Atlanten 
sich  von  grösseren  Cyklonen  abtrennten. 

Anderereits  erreicht  der  grösste  Teil  der  aus  Amerika  kommenden 
Cyklonen  die  Westküste  von  Europa  nicht,  wenigstens  nicht  in  merklicher 
Starke.  Ferner  haben  sie  zur  Überschreitung  des  Atlanten  zwischen  drei 
und  zehn  Tagen  Zeit  gebraucht,  ohne  dass  man  diese  Verschiedenheit 
irgendwie  voraussehen  könnte. 

Aus   allen  diesen  Umständen  ersieht  man,  mit  welchen  grossen 

Schwierigkeiten    die   Voraussage    des   Wetters    zu    kämpfen    hat.     Bei 

litem  am  besten  sind  die  östlichen  Teile  unseres  Weltteils  daran,  dort 

sind  aber  die  Sturmwarnungen  von  relativ  geringer  praktischer  Bedeutung, 

weil  die  Schiffahrt  eine  untergeordnete  Rolle  spielt. 

Bei  der  Voraussage  des  Wetters  nimmt  man  viel  Rücksicht  darauf, 

dass  das  Wetter  eine  bestimmte  Neigung  zeigt,  den  einmal  erhaltenen 

Typus  beizubehalten.    Je  länger  eine  bestimmte  Wetterlage  angehalten 

hat,  um  so  unwahrscheinlicher  ist  eine  Änderung  derselben  im  Verlaufe 

iiies  Tages. 

Von  den  verschiedenen  Witterungstypen  zeigen  die  anticyklonalen 
die  grösste  Beständigkeit.  Unter  diesen  Umständen  ist  es  natürlich, 
dass  man  besonders  auf  die  unseren  Weltteil  beherrschenden  Anti- 
eyklonon  achtet.  Dieselben  werden  von  Teissercnc  de  Bort  zu  den 
Aktionscentren  gezählt.  Sie  sind  zwei,  nämlich  das  grosse  asiatische 
Alaximum  und  das  azorische  Maximum,  das  sich  bis  Nordwest -Afrika 
; streckt.  Dieselben  senden  bisweilen  Ausläufer  über  Europa  hin,  die 
unter  Umständen  miteinander  verschmelzen. 

Diese  anticyklonischen  Wirbel  geben  der  Witterung  ein  bestimmtes 
I  präge,  das  nach  der  Jahreszeit  sich  ändert.  Es  würde  zu  weit  führen, 
nif  dieses  recht  verwickelte  Spiel  hier  näher  einzugehen. 


XL  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation. 

Die  dynamische  Meteorologie.  Die  ausserordentlich  grosse 
Bedeutung  der  Luftbewegiingen  hat  natürlich  Versuche  hervorgerufen,  si( 
einer  theoretischen  Behandlung  zu  unterwerfen.  Dadurch  wollte  man  eine 
tiefere  Einsicht  in  die  Natur  der  Winde  gewinnen;  die  so  ent- 
standene Abteilung  der  Meteorologie  wird  die  dynamische  Meteorologi 
genannt.  Die  Behandlung  dieses  Problems,  das  in  das  Gebiet  der  Hydro- 
dynamik fällt,  ist  mit  bedeutenden  Schwierigkeiten  verknüpft  und  man 
hat  sich  deshalb  auf  bestimmte  einfachere  Fälle  beschränken  müssen. 
wovon  oben  mehrere  Beispiele  gegeben  sind. 

Sehr  bedeutsame  Beiträge  zu  dieser  Behandlung  verdanken  wir 
J.  Thomson,  Ferrel,  Oberbeck,  Helmholtz,  Guldberg,  Mohn, 
Ekholm,  Sprung,  De  Marchi  und  in  letzter  Zeit  Bjerknes  und 
Sandström. 

Die  gewöhnliche  Behandlungsweise,  die  oben  teilweise  ange- 
wandt worden  ist,  besteht  darin,  dass  man  die  aus  der  Mechanik 
übernommenen  Bewegungsgleichungen  auf  die  Bewegung  einer  Luft- 
masse, welche  als  ein  Massen-Partikel  betrachtet  wird,  anwendet.  Ändert 
Methoden  haben  Helmholtz  und  Lord  Kelvin  eingeschlagen.  Der 
erste  betrachtet  in  seiner  Wirbeltheorie  eine  aus  Flüssigkeitspartikeln 
zusammengesetzte  Fläche  und  ihre  Deformationen,  Lord  Kelvin  dagegen 
in  seiner  Cirkulationstheorie  eine  aus  Luft-  oder  Flüssigkeitspartikeln 
zusammengesetzte  geschlossene  Kurve. 

Die  letzte  Behandlungsweise  ist  von  Bjerknes  aufgenommen  und  von 
Sandström  weitergeführt  worden.  Da  sie  zu  relativ  einfachen  und 
übersichtlichen  Schlüssen  führt,  wollen  wir  ihr  folgen.  j 

Die  Cirkulation.  Denken  wir  uns  eine  Reihe  von  bewegten  Luft- 
partikelchen, die  eine  geschlossene  Kurve  s  bilden,  und  betrachten  wir 


I 


XI.  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  737 


die  Geschwindigkeitskoraponente  Us  längs  der  Tangente  zu  s  an  jeder 
Stelle  der  Kurve,  so  wird  das  Integral  dieser  Geschwindigkeitskomponente 
längs  s: 

C  =  I  Us  (Is 


.fu. 


von  Lord  Kelvin  die  Cirkulation  der  Kurve  s  genannt.  Sie  ist  offenbar 
gleich  dem  Produkt  aus  der  mittleren  Geschwindigkeit  längs  s  und  der 
Länge  der  Kurve  s.  Ihre  Dimensionen  sind  infolgedessen  Länge-: Zeit. 
Aus  der  obigen  Formel  erhalten  wir  durch  Differentiierung,  falls 
ilie  längs  der  Tangente  von  s  gerichtete  Komponente  der  Beschleuni- 
gung an  einer  Stelle  von  s  bedeutet: 

dC      r ,    , 
jj=Ju.ds, 

welche  Cirkulationszunahme  von  den  Dimensionen  Länge- tZeit^  oder 
Geschwindigkeitsquadrat  ist.  (Das  zweite  Glied  im  Werte  von  dCjdt 
zufolge  der  Variation  der  Integrationsgrenze  fallt  weg,  weil  die  beiden 
Grenzen  zusammenfallen.) 

Die  Beschleunigung  us  rührt  von  folgenden  Kräften  her:  Schwere, 
Druckgradient,  ablenkende  Kraft  der  Erddrehung  und  Reibung,  und  ist 
gleich  der  Summe  der  längs  s  gerichteten  Komponente  der  entsprechenden 
Beschleunigungen,  welche  wir  gs  ps  ds  und  r«  nennen  wollen.  Folg- 
lich gilt:  • 

dC 

dt 


=  I  gs  ds  -\-  1 2)s  ds  -{-  I  ds  ds  -\-  I  Vü  ds. 


Die  von  Lord  Kelvin  eingeführte  Behandlungsweise  bietet  vor 
anderen  die  beiden  grossen  Vorteile,  dass  dabei  die  Fliehkräfte,  welche 
senkrecht  auf  die  Kurve  s  gerichtet  sind,  in  die  Rechnung  nicht  ein- 
gehen, dass  dagegen  die  Bedeutung  der  ablenkenden  Kraft  ds  in  sehr 
ieutlicherj Weise  zur  Geltung  kommt. 

Wenn  man  sich  eine  Vorstellung  von  der  Grösse  von  C  machen  will, 
»0  thut  man  dies  am  einfachsten  durch  sogenannte  mechanische  Quad^ 
:atur.  Mit  anderen  Worten,  man  setzt  (Fig.  223)  die  Länge  s  als  Ab- 
jcissenachse  an,  wobei  man  mit  einem  beliebigen  Punkt  0  als  Nullpunkt  an- 
Ungt,  und  zeichnet  die  Grösse  von  us  als  Ordinate.  Diese  Ordinate 
nuss  in  0  und  S  denselben  Wert  haben,  da  diese  beiden  Punkte  auf 
1er  S-Kurve  aneinander  grenzen.  Das  Integral  C  ist  dann  gleich  der 
Fläche,  welche  von  der  durch  die  Ordinaten-Endpunkte  gebildeten  Kurve, 

Ariiienius,  Kosmische  Physik.  47 


738  Physik  der  Atmosphäre. 

den  beiden  End-Ordinaten  in  0  und  S  und  der  Linie  OS  eingeschlossen 
ist.    Diese  Fläche  ist  in  der  Fig.  223  schraffiert.    Da  die  Windgeschwin- 
digkeit gewöhnlich  in  m  pro  Sek.  gerechnet  wird,  verwendet  man  auchi 
bei  diesen  Berechnungen  mit  Vorteil  den  Meter  als  Längeneinheit  und 
die   Sekunde   als  Zeiteinheit.    In  derselben  Weise  berechnet    man    di 
übrigen  oben  vorkommenden  Integrale. 

Wir   wollen   nun   die  vier  Teilintegrale,   welche   zusammen  dCldi 
bilden,  jedes  für  sich  betrachten. 

Das  Integral /^'s  ds  stellt  die  Arbeit  dar. 
welche  gegen  der  Schwerkraft  geleistet  wird, 
falls  man  die  Masseneinheit,  also  ein  Gramm- 
stück längs  der  Kurve  s  von  dem  Nullpunkt 
^^^*  ^^^-  zum  Punkte  S,  welcher  neben  dem  Nullpunkt 

liegt,  einmal  herumführt.  Da  die  Schwere  ein  Potential  besitzt,  so  ist 
diese  Arbeit  und  damit  auch  das  Integral /V«  ds  gleich  Null. 

Das  zweite  Teilintegral  fps  ds  ist  gleich  dem  Quotienten  aus  dem 
Unterschied  dhjds  von  dem  Drucke  an  zwei  1  m^  grossen  auf  s  senk- 
rechten Flächen,  welche  um  1  m  voneinander  entfernt  sind  und  der 
Masse  q  (in  Grammen),  welche  in  1  m^  sich  befindet.  Die  Einheit  von 
h  ist  100  Dynen  (m:Sek.2).  An  Stelle  der  Masse  q  (Dichtigkeit)  kann  man 
das  Volumen  {v)  in  m^  einführen,  in  welchem  die  Masseneinheit  sich 
befindet.    Es  ist: 

/»s  ds  =  —  /  — r--  ds  =  —  I  vdb. 
J  Q  ds  J 

Das  negative  Vorzeichen  soll  andeuten,  dass  die  betreffende  treibende 
Kraft  zum  abnehmenden  Druck  hin  gerichtet  ist. 

Wir  kommen  jetzt  zum  dritten  Teilintegral  fds  ds,  welches  von  der 
Drehung  der  Erde  herrührt.  Falls  wir  die  Lage  der  Kurve  s  auf  ein 
festes  Koordinatensystem  im  Kaume  beziehen  würden,  so  würde  ds  aus 
der  Kechnung  verschwinden.  Diese  scheinbare  Kraft  kommt  nur  da- 
durch zu  Stande,  dass  wir  die  Lage  von  s  in  Bezug  auf  feste  Achsen 
im  Erdkörper  (geocentrische  Koordinaten)  bestimmen,  von  welchen  zwei  in 
einem  Sterntag  (=86164  Sek.)  einen  Winkel  von  dQO^  beschreiben. 

Denken  wir  uns  jetzt  eine  Kurve  längs  eines  mit  der  Erde  fest 
verbundenen  Breitenkreises,  so  ist  ihre  Cirkulation,  wenn  r  den  Halb- 
messer des  Breitenkreises  bedeutet: 

J       ^6164"^*  "86164- 


I  ^  . 

^m     Führen  wir  jetzt  die  Winkelgeschwindigkeit  der  Erde  w  =^2jr:  86164 
ein,  so  erhalten  wir: 

C==2jtwr^  =  2wO. 

1   worin  0  =  Jir"^  die  von  dem  Breitekreis  eingeschlossene  Oberfläche  be- 

'    deutet. 

Es  ist  nun  leicht  einzusehen,  dass  für  eine  Kurve,  welche  ein  in  der 
Ebene  des  Parallelkreises  gelegenes  Oberflächenelement  d  0  einschliesst, 
das  von  zwei  Kreisen  um  die  Erdachse  und  zwei  Durchmessern  durch 
den  Kreismittelpunkt  begrenzt  ist,  der  Ausdruck  C=  2w  d  0  gilt  und 
dass  folglich  der  Ausdruck  C  =  2  w^  0  für  jede  Kurve  zutrifft,  die  in 
einer  mit  der  Äquatorialebene  parallelen  Ebene  liegt.  Es  ist  ebenfalls 
leicht  einzusehen,  dass  für  ein  Kurvenstück,  welches  in  einer  (auf  der 
Äquatorialebene  senkrechten)  Meridianebene  mit  der  Erde  fest  verbunden 
liegt,  das  Integral  /w«  ds  zufolge  der  Erddrehung  gleich  Null  ist,  denn 
überall  längs  diesem  Kurvenstück  ist  die  Geschwindigkeit  senkrecht  auf 
dasselbe  gerichtet  und  infolgedessen  us  =  o.  Hieraus  folgt,  dass  für  eine 
Kurve,  welche  aus  vier  Stücken  besteht,  von  welchen  zwei  in  Meridian- 
ebenen liegen  und  die  übrigen  zwei  Stücke  von  Kreisen  ausmachen, 
deren  Mittelpunkte  auf  der  Erdachse,  aber  in  verschiedener  Entfernung 
vom  Erdmittelpunkt  liegen,  die  Cirkulation  zufolge  der  Erddrehung  genau 
ebenso  gross  ist  wie  für  ihre  Projektion  auf  die  Äquatorialebene.  Nun 
kann  jede  mit  der  Erde  fest  verbundene  Kurve  mit  einem  Netz  von 
Flächenelementen  gefüllt  werden,  die  von  Kurvenstücken  begrenzt  sind, 
welche  entweder  in  Meridianebenen  liegen  oder  Kreisbogen  um  die  Erd- 
achse bilden.  Die  Cirkulation  um  die  ganze  Kurve  ist  gleich  der- 
jenigen um  alle  Flächenelemente,  folglich  gleich  der  Cirkulation  um 
alle  Projektionen  dieser  Flächenelemente  auf  die  Äquatorialebene, 
deren  Summe  gleich  der  Projektion  der  Kurve  selbst  in  diese  Ebene 
ist.  Daraus  folgt,  dass  die  von  der  Erddrehung  herrührende  Cirku- 
lation Ce  längs  einer  geschlossenen,  fest  mit  der  P]rde  verbundenen 
Kurve  s  gleich  dem  Produkt  von  der  doppelten  Winkelgeschwindigkeit 
der  Achsendrehung  und  der  von  der  Projektion  der  Kurve  s  auf  der 
Aquatorialebene  eingeschlossenen  Fläche  0  ist,  oder  mathematisch  aus- 
'  «.'drückt: 

Ce  =  2wO 
und: 


dCe  ['  ,  ^  dO 
-T—  ^=  Ids  ds=2w  -• 
dt         j  dt 


47* 


740  Physik  der  Atmosphäre. 

Dieses  Glied,  das  in  sehr  einfacher  Form  den  Einfliiss  der  Erd- 
drehung darstellt,  ist  zu  den  übrigen  Gliedern  des  Ausdrucks  dCjdf, 
welche  sich  auf  ein  mit  der  Erde  fest  verbundenes  Koordinatensystem 
beziehen  (als  Korrektionsglied  wegen  der  Beweglichkeit  der  Koordinaten- 
achsen), hinzuzufügen,  damit  man  den  absoluten  Wert  von  dCjdt  (in 
Bezug  auf  ein  im  Raum  festes  Koordinatensystem)  erhält. 

Das  vierte  Glied  des  Ausdruckes  dCjdt,  nämlich /r»  ds,  welches 
den  Einfluss  der  Reibung  darstellt,  ist  nach  dem  oben  gesagten  an  jeder 
Stelle  der  Geschwindigkeit  der  Luft  (w«)  proportional  oder: 


I  Vs  ds  =  —  R  I  Us  ds  =  —  RC. 


Das  Minuszeichen  bedeutet,  dass  die  Reibung  immer  der  Bewegung  ent- 
gegenwirkt und  dieselbe  zu  hemmen  strebt. 

Es  möge  aber  hier  hervorgehoben  werden,  dass  zufolge  der  Reibung 
die  Cirkulation  bisweilen  zunehmen  kann.  Es  bewege  sich  beispielsweise 
ein  Luftstrom  längs  der  Erdoberfläche  in  einem  Breitenkreise  von  West 
nach  Ost  parallel  der  Erdoberfläche.  Die  Luftströmung  möge  anfangs 
bis  zu  einer  gewissen  Höhe  überall  die  gleiche  Geschwindigkeit  besitzen. 
Eine  in  diesem  Luftstrome  gezogene  geschlossene  Kurve  hat  die  Cirku- 
lation Null.  Durch  Reibung  gegen  die  Erdoberfläche  sinkt  die  Ge- 
schwindigkeit an  der  unteren  Seite,  demzufolge  steigt  die  Cirkulation 
längs  der  Kurve. 

Wir  erhalten  demnach  als  endgiltigen  Ausdruck  der  Cirkulations- 
zunahme : 


-  I  V  djy  —  2  iv-^~  —  RG. 


dt  ./        ^  dt 

Aus  unten  angegebenen  Gründen  benutzt  man  das  Minuszeichen  vor  2w    ,~  . 

Von  diesen  Gliedern  hat  das  erste  die  grösste  physikalische  Be- 
deutung, da  in  ihm  die  Ursache  der  Luftbewegungen  ausgedrückt  ist;  die 
zwei  übrigen  Glieder  vermögen  keine  Luftströmungen  hervorzurufen,  nur 
schon  bestehende  zu  deformieren.  Es  ist  deshalb  von  besonderem  Inter- 
esse,  den  Ausdruck  fvdp  zu   studieren,   was   Bjerknes   gethan  hat. 

Zur  Erläuterung  dieses  Begriffes  möge  folgendes  Beispiel  dienen. 
Wir  wollen  das  Glied  fvdp  für  eine  in  einer  Meridianebene  der  Erde 
gelegenen  Kurve  s  berechnen.  Dazu  brauchen  wir  die  Kenntnis  des 
spezifischen  Volumens  (v)  der  Luft  und  des  Luftdruckes  in  jedem  Punkte 


I 


XI.  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation. 


741 


der  Meridiauebene.  Graphisch  mögen  diese  beiden  Grössen  durch  zwei 
Kurvensj'steme  dargestellt  werden,  nämlich  Isobaren  oder  Linien  gleichen 
Druckes  und  Isosteren,  d.  h.  Linien  gleichen  spezifischen  Volumens 
(gleicher  Dichte)  der  Luft  (Fig.  224;  die  s-Kurve  ist  darin  punktiert). 

Die  ausgezogenen  Isobaren  laufen  unten  an  der  Erdoberfläche 
nahezu  parallel,  konvergieren  aber,  wegen  der  grösseren  Luftdichte  ein 
wenig  am  Pol,  während  sie  beim  Äquator  weiter  voneinander  entfernt  sind 
(proportional  der  absoluten  Lufttemperatur).  Die  gestrichelt  gezeichneten 
Isosteren  liegen  aus  demselben  Grunde  am  Pol  höher  als  am  Äquator, 
weil  wegen  der  Kälte  am  Pol  die  Luft  (unter  gleichem  Druck  an  der 
Erdoberfläche)  dichter  ist  als  am  Äquator.    Am  Pol  ist  deshalb  die  Dichte 


V-1150 


■p-700000  ,fOec,- 
cm? 
9 


Poim 


60 


*Q 


ZO 


-pioooooo 

0(AequatJ 


Fig.  224. 


I  der  Luft  erst  in  der  Höhe   ebenso  gross   (und   damit    das   spezifische 

Volumen  dasselbe)  wie  an  der  Erdoberfläche  in  der  Nähe  des  Äquators. 

Das  Integral  fv  dp  kann  nun  auf  die  Weise  berechnet  werden,  dass 

wir  in   ein   rechtwinkliges  Koordinatensystem  mit  p  als  Abscisse  und  v 

als    Ordinate,    eine    geschlossene    Kurve     s^     einzeichnen   (Fig.  225), 

welche   den   Zusammenhang   zwischen  p   und  v  in  jedem   Punkte   der 

Kurve  s  darstellt.    Diese  s, -Kurve  ist  eine  Art  Abbildung  (Verzerrung) 

■r  S-Kurve  in  Fig.  224.    Die   Grösse   des  Integrals  y'^y  c?^  wird  nun 

iurch  die  Anzahl  innerhalb  s^  liegenden  Flächenelemente  dargestellt,  die 

von  zwei  benachbarten  Isobaren  und  zwei  benachbarten  Isosteren  einge- 

hlossen  sind.    Weil  aber  die  s^ -Kurve  in  Fig.  225  eine  Abbildung  der 

o-Kurve  in  Fig.  224  ist,  so   fallen  genau  gleich  viele  solche  Flächen- 

k  i  elemente  innerhalb  s,  in  Fig.  225,  wie  innerhalb  s  in  Fig.  224,  indem 


742 


Physik  der  Atmosphäre. 


jedes  rektangüläre  Flächenelement  in  Fig.  225  einem   rhomboedrischen 
Fläohenelement  in  Fig.  224  entspricht. 

Man  hat  infolgedessen  nicht  nötig  die  letzte  Kurve  zu  zeichnen, 
um  das  Glied  fvdp  zu  berechnen,  man  braucht  nur  die  Anzahl  der  von 
der  S-Kurve  in  Fig.  224  eingeschlossenen  rhomboedrischen  Flächen- 
elemente zu  zählen. 


^ 


— 

-- 

\- 

:-^-^ 

— 

-— -] 

__. 

- 

-- 

— 

._. 

-- 

-- 

-- 

1 

-- 



"''■. 



SSO 



'■•, 

— 

-- 

--■ 

— 

-- 

__ 

-- 

--, 

-- 

--■ 

--- 

.-_-_ 

900 

U_- 

!"  ~" 

-- 

-  — 

fi^O 

--- 

: 

aoo 

--- 

-- 

85000 


90000 

Fig.  225. 


96000 


P 

100000 


Wenn  wir  nun  uns  nicht  auf  eine  Meridianebene  beschränken, 
sondern  die  ganze  Atmosphäre  betrachten,  so  bilden  die  Punkte  gleichen 
Druckes  nicht  eine  Linie,  sondern  eine  Isobare  Fläche.  Zur  Versinn- 
lichung  der  Grösse  des  Luftdruckes  erhalten  wir  demnach  eine  Schar 
von  isobarischen  Flächen  und  zur  Versinnlichung  der  spezifischen  Vo- 
lumina der  Luft  eine  Schar  von  isosteren  Flächen.  Diese  beiden  Flächeu- 
systeme  durchschneiden  einander  und  schliessen  zwischen  zwei  Paaren 


XL  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  743 

m  benachbarten  Flächen  längliche  Streifen  von  rhomboedrischem  Quer- 
schnitt ein.  Diese  Streifen  werden  von  Bjerknes  „Solenoide"  genannt. 
Daraus  geht  hervor,  dass  das  Integral  fvdp  längs  einer  beliebigen  in 
der  Atmosphäre  liegenden  Kurve  s  gleich  der  Anzahl  (A)  der  von  dieser 
Kurve  umschlossenen  Solenoide  ist. 

Es  ist  infolgedessen  mathematisch  ausgedrückt: 

— fvdp ==  A 

und  wir  erhalten  auf  diese  Weise  folgenden   einfachen  Ausdruck  von 

'i  Cldt: 

-TT  =-  A  —  2w  -rr  —  E C. 
dt  dt 

Um  nun  den  Sinn  zu  bestimmen,  in  welchem  diese  verschiedenen 
Einfltlsse  wirken,  wollen  wir  zuerst  das  Glied  A  betrachten.  Zu  diesem 
Zweck  nehmen  wir  in  Fig.  226  aus  der  Fig.  224  einen  vergrösserten 
Durchschnitt  abcda  eines  Soleno'ids  heraus,  der  zwischen  den  Isobaren 
Flächen  j;  =  1 010  000  und  _p  =  1 000  000  und 
zwischen  den  isosteren  Flächen  v  =  800  und  ^  n-w^  a.  ^ 
«=810    eingeschlossen    ist.     Längs    ab    ist         ^^^-^  "^^ 

V  =  810  und  dp  =  10^  längs  bc  ist  (ij3  ==  0,    t^^     **  ^^  p-iot.w^    "^ 
längscfi?istv  =  800  undc?p  =  — lO^undlängs  ^"^ 
da  ist  wiederum  d-p  =  0.  Das  Integral  fv  dp  ist  ^^' 

infolgedessen  gleich  +  10^  Die  Cirkulation  wird  in  Richtung  adcba,  d.h. 
in  linksdrehendem  Sinne  beschleunigt.  Die  Luft  wird  nämlich  von  den 
Soleno'iden  da  aufwärts  getrieben,  wo  die  Dichte  gering  ist,  und  da  hin- 
untergedrückt, wo  grosse  Dichte  herrscht.  Mit  anderen  Worten,  die 
Solenoide  streben  die  Luft  so  zu  verteilen,  dass  die  spezifisch  schweren. 
Schichten  nach  unten,  die  spezifisch  leichten  nach  oben  kommen,  wie  es 
ja  natürlich  ist. 

Wenn  man  den  Druckgradienten  Q  in  Fig.  226  nach  sinkendem 
Druck  gerichtet  hineinzeichnet  und  ebenfalls  den  Dichtegradienten  D 
nach  abnehmender  Dichte  gerichtet,  so  wird  die  Cirkulation  von  den 
Sülenoiden  im  Sinne  des  Pfeiles  C  gerichtet,  d.  h.  vom  Dichtegradienten 
den  kürzesten  Weg  zum  Druckgradienten. 

Zur  Beurteilung  der  Richtung,  in  welcher  die  Erddrehung  wirkt, 
schreiben  wir  folgende  Beziehung  zwischen  der  absoluten  Cirkulation  Ca, 
der  zur  Erde  als  feststehend  sich  beziehenden  Cirkulation  C  und  der 
absoluten  Cirkulation  der  drehenden  Erde  Cc  : 


744  Physik  der  Atmosphäre. 

Nehmen  wir  nun  an,  dass  keine  anderen  Umstände  auf  die  Cirkulation 
Einiiuss  üben  als  die  Erddrehung,  so  ist  C«  als  konstant  anzusehen,  da 
auf  dieselbe  die  Erddrehung  keinen  Einfluss  ausübt.  Ce  ist  gleich  2  w  0 
und  die  Richtung  derselben  ist  von  der  Erddrehung  gegeben.  Diese 
Richtung  kann  als  „cyklonisch"  bezeichnet  werden,  da  sie  auf  den  beiden 
Halbkugeln  mit  der  Richtung  der  Winde  in  einer  Cyklone  übereinstimmt 

Wächst  nun  0,  so  nimmt  auch  Ge  und  zwar  in  cyklonischer  Richtung 
zu.  Da  nun  Ca  konstant  ist,  so  muss  die  auf  die  Erde  bezogene  Cirku- 
lation C  um  ebensoviel  „cyklonisch  abnehmen"  oder,  was  dasselbe  ist. 
„anticyklonisch  wachsen".  Da  wir  immer  die  Cirkulation  C  in  Bezug 
auf  die  Erde  berechnen,  so  folgt  hieraus  die  Regel,  dass,  wenn  die  Pro- 
jektion 0  der  von  der  Kurve  s  eingeschlossenen  Fläche  auf  der  Äqua- 
torialebene wächst,  so  nimmt  auch  die  anticyklonische  Cirkulation  längs 
der  Kurve  s  zu.  Diese  Richtung  wollen  wir  als  negativ  bezeichnen  (mit 
dem  gewöhnlichen  geometrischen  Gebrauch  stimmt  diese  Bezeichnung 
für  die  nördliche  Halbkugel  überein).  Das  Minuszeichen  wird  für  dieses 
Glied  benutzt,  weil  es  im  allgemeinen  wie  die  Reibung  dahin  wirkt,  die 
Luftbewegungen  zu  verlangsamen.  Ebenso  wie  betreffs  der  Reibung 
können  aber  Fälle  vorkommen,  in  welchen  die  Erddrehung  auf  die  Cir- 
kulation beschleunigend  wirkt. 

Betreffs  der  Reibung  R  scheint  es  nicht  wohl  möglich,  dieselbe 
experimentell  zu  bestimmen,  sondern  wir  müssen  uns  wie  Guldberg 
und  Mohn  damit  begnügen,  solche  relativ  einfache  Fälle  in  der  Natur 
aufzusuchen,  bei  welchen  die  übrigen  Glieder  in  der  Cirkulationsgleichung 
einigermaassen  leicht  bestimmt  werden  können  (vgl.  S.  681).  Dies  ge- 
schieht wohl  am  besten,  wenn  die  Cirkulation  konstant  ist,  also  bei 
sogenanntem  stationären  Zustande,  wobei: 

-,-  =  0  =  ^  —  2  w;  j'  —  RC. 

dt  dt  ^ 

Verwendung  der  Theorie.  Sandström  hat  auf  eine  Anwendungs- 
weise der  Bjerknesschen  Theorie  die  Aufmerksamkeit  gerichtet,  bei 
welcher  noch  weitere  Vereinfachungen  von  selbst  sich  ergeben. 

Bei  Anwendung  der  Theorie  ist  es  natürlich,  die  Kurve  s  so  zu  legen, 
dass  die  Rechnungen  so  übersichtlich  wie  möglich  werden.  Dies  ge- 
schieht am  einfachsten  dadurch,  dass  man  die  Kurve  s  aus  zwei  Isobaren- 
stücken {p  =P(i  und  p  =^Px\  längs  welchen  dp  =  Q  und  folglich  auch 
fvdp  =  0,  und  zwei  senkrechten  Linien,  die  durch  zwei  Punkte  a  und  h 


XI.  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  745 

l^eiien   mögen   und   die   Isobarenstücke   verbinden,   zusammensetzt.     Es 
wirtl  dann: 


—  (        vdpj  +  (  /    vdp\ 


Po  "-  Po 

Nun  ist  in  diesem  Fall  die  Masse  von  einem  m^  i'.vg,  und  der  Luft- 
druck pro  m^  (p)  nimmt  danach  mit  der  Höhe  nach  folgender  Formel  ab 


dp  ==  —  -  d%, 


I.  S.  579)  woraus  folgt: 


V 


-f  "'"  =/ 


gdx. 


Po 


Beschleunigung  der  Schwerkraft  g  nimmt  wohl  etwas  mit  steigender 
Höhe  %■  ab,  aber  jedenfalls  so  wenig,  dass  wir  in  erster  Annäherung 
iiese  Abnahme  vernachlässigen  oder  einen  Mittelwert,  ga  bezw.  gb  be- 
nutzen können.  x,q  ist  die  Höhe,  wo  der  Luftdruck  p^,  %^  diejenige,  wo 
der  Luftdruck  p^  herrscht.  Diese  Werte  sind  in  a  und  h  verschieden,  was 
durch  die  Indices  a  und  h  unten  angedeutet  wird.    Man  erhält  also: 

^  =  gb  {%i  —  H)h  —  ga  {%\  —  r.f^  a=  Eh  —  Ea. 

Kb  bezw.  Ea  ist  die  Arbeit,  welche  nötig  ist,  um  die  Masseneinheit  1  g 
von  der  Isobarenfläche  p=Po  zu  der  Isobarenfläche  p  =  Pi  bei  den 
Punkten  b  und  a  zu  heben. 

Weiter  gilt  für  trockne  Luft  (Masse  lg): 

pv  =  kT, 
las  Gasgesetz,  worin  Je  =  84750:28,9  =  2933  erg  pro  «C. 
Durch  Einführen  dieses  Wertes  erhält  man: 

Pi 

Ea  =  -kf    T~P  =  kTa\Og^^    , 

J  P  Ih 

Po 

Aorin  Ta  eine  mittlere  absolute  Temperatur  längs  der  Vertikale  in  a  be- 
It'utet.    Ferner  gilt: 

Eb=-krb\og^''^  =  '^'  Ea 
md  man  erhält  für  A  den  Wert: 


Ta  "  273  +  tb   ' 

/  wie  gewöhnlich  die  Temperatur  in  Celsiusgraden  darstellt. 


746  Physik  der  Atmosphäre. 

Feuchte  Luft  hat  ein  etwas  grösseres  spezifisches  Volumeu  (bezog« 
auf  1  g  Substanz)  als  trockne  Luft  bei  derselben  Temperatur.  Für  di 
selbe  gilt  (vgl.  S.  592): 

(p  — 0,377/-)  ^;  =  /c(273  +  0, 

worin  f  den  Dampfdruclv  des  Wasserdampfes  angiebt.  Nun  können  wi 
nach  Guldberg  und  Mohn  eine  andere  Temperatur,  die  sogenannt 
virtuelle  Temperatur  ^  einführen,  sodass  für  feuchte  Luft  die  Beziehuni 
gilt: 

^i;  =  Ä;(273  +  d-). 

0-  ist  offenbar  ein  wenig  höher  als  t  (um  0,377  f-v.k). 

Für  feuchte  Luft  gilt  demnach  folgender,  ein  wenig  abgeändert« 
Wert  von  A: 

^a  —  d-b 


Ea 


21d  +   d^a 


Wenn  wir  wüssten,  in  welcher  Höhe  die  Isobarenflächen  auf  ver-| 
schiedenen  Breitegraden  verlaufen,  so  brauchten  wir  natürlich  keine 
solche  Transformationen  wie  die  oben  benutzten  zur  Berechnung  von  A. 
Wir  kennen  aber  ihren  Verlauf  nicht  mit  genügender  Genauigkeit,  sondernj 
müssen  vielmehr  denselben  aus  der  Temperatur  der  Luft  auswerten,  wie 
es  oben  geschehen  ist. 

Um  aber  weiter  zu  kommen,  führen  wir  nach  Sandström  nochj 
eine  Vereinfachung  ein.  Es  scheint  nach  den  neuesten  Messungen  diei 
Temperatur  der  niedrigsten  Luftschichten  in  allen  Breiten  mit  der  Höhel 
in  gleichem  Maasse  abzunehmen,  nicht,  wie  man  früher  glaubte,  vieli 
schneller  am  Äquator  als  in  höheren  Breiten.  Dies  kann  aber  nicht  bis; 
zu  sehr  grossen  Höhen  fortgehen  (vgl.  S.  588 — 589),  sondern  zuletzt  mussj 
eine  Höhe  kommen,  in  welcher  der  Unterschied  der  Temperatur  zwischen: 
Pol  und  Äquator  sehr  gering  ist.  Mit  Hrn.  Sandström  wollen  wir  deshalb' 
die  vereinfachende  Annahme  machen,  dass  die  Temperaturdifferenz 
zwischen  zwei  Punkten  auf  verschiedener  geographischer  Breite  in  der- 
selben Isobarenfläche  dem  absoluten  Wert  der  virtuellen  Temperatur  inj 
dieser  Fläche,  z.  B.  am  Äquator,  proportional  ist.  Falls  dies  für  die  vir- 
tuelle Temperatur  am  Äquator  gilt,  so  gilt  es  offenbar  auch  für  alle 
anderen  geographischen  Breiten.  Diese  Annahme  stimmt  mit  der  Beob- 
achtung, dass  die  vertikale  Temperaturabnahme  in  den  unteren  Luft- 
schichten unter  allen  geographischen  Breiten  ungefähr  gleich  gross  ist. 
Sie  ergiebt  weiter,  dass  in  sehr  grosser  Höhe  der  Temperaturunterschied 
Null  wird  und  entspricht  demnach  sehr  gut  der  Erfahrung. 


1 


XI.  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  747 

Es  möge  also  für  die  Temperaturdifferenz  zweier  Punkte,  die  in  den 
;  Vertikalen  durch  a  und  h  auf  derselben  Isobarenfläche  gelegen  sind,  der 
Ausdruck: 

d-a  —  d-b 


273  +  ^a 


=  K 


»äoerall  denselben  von  der  Höhe  unabhängigen  Wert  besitzen,  so  können 
»vir  die  Grösse  von  K  aus  den  Daten  über  Temperatur  und  Feuchtigkeit 
für  die  Meeresfläche  berechnen,  denn  der  Druck  im  Meeresniveau  kann 
m  Mittel  überall  als  gleich  gross  angenommen  werden.  Die  so  be- 
rechneten Daten  sind  in  folgender  Tabelle  gesammelt. 

Jurchschnittliche  Beträge  der  Temperatur,  relativen  Feuchtigkeit  und  virtuellen 
Temperatur  in  der  Meeresoberfläche. 


Jah] 

[■ 

Winter 

S 

ommer 

Jeogr. 
Breite 

rr             Rel. 
^«^P-  Feucht. 

Virtuelle 
Temp. 

„            Rel. 
^"^P-   Feucht. 

Virtuelle 
Temp. 

Temp. 

Rel. 
Feucht. 

Virtuelle 
Temp.. 

') 

') 

') 

') 

') 

') 

^.-P.  ■ 

-20,0 

(83) 

-20,0  ( 

—38,0) 

(87) 

(-38,0) 

(0,0) 

(77) 

(0,5) 

80  - 

-16,7 

(83) 

—  16,6 

—  33,5 

(87) 

—  33,5 

1,8 

(77) 

2,3 

70  - 

-10,0 

83 

-  9,8 

—  26,0 

87 

—  26,0 

7,0 

(77) 

7,8 

60  - 

-   1,0 

80 

—  0,6 

—  15,8 

84 

—  15,6 

14,0 

76 

15,3 

r)0 

5,8 

76 

6,5 

-   7,0 

80 

-  6,7 

18,1 

73 

19,7 

40 

14,0 

72 

15,2 

4,9 

76 

5,6 

24,0 

68 

25,5 

30 

20,2 

70 

22,0 

14,6 

72 

15,8 

27,3 

69 

30,1 

20 

25,2 

73 

27,8 

21,9 

73 

23,0 

28,3 

74 

31,5 

10 

26,7 

77 

29,7 

25,8 

76 

28,5 

26,9 

80 

,30,1 

iq.O 

26,3 

80 

29,3 

26,4 

79 

29,3 

25,6 

82 

28,6 

-10 

25,3 

80 

28,2 

26,3 

80 

29,3 

23,9 

81 

26,6 

-20 

23,0 

78 

25,4 

25,4 

77 

28,2 

20,9 

80 

22,9 

:'.() 

18,4 

78 

20,2 

21,8 

75 

23,9 

14,6 

80 

16,0 

10 

12,0 

80 

13,2 

15,6 

78 

17,1 

9,0 

81 

10,0 

50 

5,6 

81 

6,4 

8,3 

82 

9,2 

2,9 

(83) 

3,6 

-00 

-  0,4 

(81) 

+  0,1 

1,6 

83 

2,2  ( 

-3,8) 

(83) 

(-3,4) 

')  nach  Spitaler  und  Batchelder. 
2)  nach  Arrhenius. 

Zur  Ausführung  der  Berechnung  legen  wir  die  Pusspunkte  a  und  b 
5U,  dass  a  auf  45^'  n.  Br.,  b  dagegen  nacheinander  auf  jeden  zehnten  Breite- 
kreis vom  Nordpol  bis  zu  60^  s.  Br.  zu  liegen  kommt.  Die  obere  Isobarenfläche 


748  Physik  der  Atmosphäre. 

lassen  wir  in  1000  m  Höhe  die  Vertikale  in  a  schneiden.  Die  Grösse  / 
ist  danach,  weil  ga  =  9,8  und  («^  —  %)«  =  1000,  Ea  =  9800  ui'^  pro  Sek. 
Diese  Zahl  braucht  nur  mit  dem  Wert  K  multipliziert  zu  werden,  so  ei 
hält  man  die  Anzahl  Ä  der  Solenoide  zwischen  45^  n.  Br.  und  der  Breit 
des  Punktes  b  und  zwischen  der  Meeresoberfläche  und  der  Isobarenflächi 
die  in  1000  m  Höhe  über  dem  Meer  auf  45 ^  n.  Br.  liegt. .  Aus  dei 
Differenzen  berechnet  man  die  Solenoidenzahl  zwischen  zwei  um  10*^  voni 
einander  entfernten  Breitegraden.  Die  so  erhaltenen  Daten  sind  in  de 
folgenden  Tabelle  zusammengestellt  (worin  also  &  =  aH-10^). 

»a  —  ^b  ,  -r.        »u  —  ^b 


u> 

ji.  — 

^45»  +  273 

-O.  J 

450^45'' +273 

N.-P. 
80 

Winter 
0,0165 

Sommer 
0,0061 

Jahr 
0,0120 

Winter 
162 

Sommer 
00 

Jahr 
118 

70 

0,0275 

0,0186 

0,0239 

270 

182 

234 

60 

0,0382 

0,0254 

0,0324 

374 

249 

318 

50 

0,0327 

0,0149 

0,0250 

320 

146 

'  245 

40 

0,0451 

0,0196 

0,0306 

442 

192 

300 

30 

0,0374 

0,0155 

0,0239 

367 

152 

234 

20 

0,0264 

0,0047 

0,02Q4 

259 

46 

200 

10 

0,0202 

—  0,0047 

0,0067 

198 

46 

66 

Äq.O 

0,0029 

—  0,0051 

—  0,0014 

28 

50 

14 

—  10 

0,0000 

—  0,0068 

—  0,0039 

0 

67 

38 

—  20 

—  0,0040 

—  0,0125 

—  0,0099 

39 

122 

97 

—  30 

—  0,0158 

—  0,0233 

-  0,0183 

155 

228 

179 

—  40 

—  0,0250 

—  0,0203 

—  0,0246 

245 

201 

241 

—  50 

—  0,0290 

—  0,0216 

—  0,0239 

284 

212 

234 

—  60 

—  0,0257 

—  0,0237 

—  0,0222 

252 

232 

218 

Denselben  ^- Wert  erhält  man  für  die  Zahl  der  Solenoide  zwischen 
den  Isobarenflächen,  die  in  1000  m  Höhe  und  2000  m  Höhe  durch  diei 
Lotlinie   in  45 ^  n.  Br.  gehen.    Dabei  wird  von  der  unbedeutenden  Ver- 
änderung  von  g  mit   der  Höhe   abgesehen.    Dasselbe   gilt  betreffs   der 
Isobarenflächen  in  2000  m  und  3000  m  u.  s.  w. 

Die  Stabilität  der  Atmosphäre.  Wie  oben  hervorgehoben,  sinkt 
die  Lufttemperatur  im  allgemeinen  bedeutend  weniger  mit  der  Höhe 
als  die  Berechnung  nach  Annahme  einer  adiabatischen  Ausdehnung  ver- 
langt. Wird  demnach  eine  trockne  Luftmasse  ohne  Wärmezufuhr  ge- 
hoben, so  nimmt  ihre  Temperatur  in  allen  Luftschichten  gegen  die  nor- 


XI.  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  749 


male  ab.  Die  Isosteren  sinken  alle  auf  dieser  Strecke,  wodurch  neue 
Solenoide  entstehen,  die  einem  weiteren  Steigen  der  Luft  entgegen- 
wirken. Ebenso  wird  ein  Sinken  der  Luft  durch  die  damit  verbundene 
Erhöhung  der  Temperatur  gehemmt.  Durch  diesen  Umstand  erhält  die 
Luft  eine  bedeutende  Stabilität  gegen  Verschiebungen  in  vertikaler 
liichtung,  besonders  nach  unten. 

Mit  dieser  Stabilität  hängt  eine  Tendenz  der  Luftbewegungen,  einen 
lonären  Zustand  anzunehmen,  nahe  zusammen.  Wenn  z.B.  eine  in 
ier  Luft  verlegte  s- Kurve  ihre  Projektion  auf  der  Äquatorialebene  ver- 
Indert,  so  entstehen  dadurch  Beschleunigungen,  welche  sich  in  dem 
Ausdruck  dCjdt  kundgeben.  Dieselben  rufen  eine  aufsteigende  Bewegung 
Ier  Luft  in  einem,  eine  absteigende  Bewegung  derselben  in  einem  anderen 
Teile  der  Luft  längs  der  s- Kurve  hervor.  Die  dadurch  entstehenden 
.diabatischen  Temperaturveränderungen  bringen  ein  Solenoidensystem 
.  astande,  welches  in  entgegengesetzter  Kichtung  wie  die  Erddrehung 
drkt  und  dieses  Solenoidensystem  nimmt  an  Mächtigkeit  zu,  bis  es  der 
)rehung  genau  Gleichgewicht  hält,  sodass  die  Cirkulationszunahme  Null 
rird,  d.  h.  die  Bewegung  stationär  wird. 

Zufolge  der  Erddrehung  kann  also  die  Lufttemperatur  an  einigen 
Itellen  stark  zu-,  an  anderen  ebenso  stark  abnehmen,  ohne  dass  eine 
iufuhr  von  Wärme  durch  Wasserkondensation,  Strahlung  oder  andere 
Imstande  dazu  nötig  ist.  Unter  solchen  Verhältnissen  wäre  es  in  hohem 
rrade  zu  empfehlen,  diese  Einwirkung  bei  der  Bestimmung  der  Luft- 
sraperatur  in  hohen  Luftschichten,  z.  B.  bei  Beobachtungen  mit  Hilfe 
on  Ballons  oder  Drachen  zu  berücksichtigen,  was  bisher  nicht  geschehen 
Man  wird  vermutlich  auf  diese  Weise  eine  Erklärung  für  die 
ielen  unerwarteten  Temperaturverhältnisse  bei  diesen  Beobachtungen 
iiffinden. 

Berechnung  der  Lufttemperatur  aus  den  Windgeschwin- 
igkeiten.  Wegen  der  hervorgehobenen  Bestrebung  der  Cirkulation, 
aen  konstanten  Wert  anzunehmen,  kann  man  für  Luftbewegungen, 
ie  einige  Zeit  angehalten  haben  oder  für  Durchschnittszustände  der  Luft- 
'wegung  voraussetzen,  dass  sie  sich  recht  nahe  dem  stationären  Zustand 
•liliessen.    Dabei  ist: 

Ist  die  Bewegung  der  Luft  bekannt,  so  kann  man  daraus  C  und 
O'idt  berechnen.    Kennt  man  nun  auch  i?  aus  älteren  Beobachtungen, 


750  Physik  der  Atmosphäre. 

SO  erhält  man  die  Differenz  d-a  —  &b  der  virtuellen  Temperatur  in  d( 
Vertikalen  a  und  b  aus  folgender  Gleichung: 

Diese  Berechnung  ergiebt,  dass  niedrigere  Temperatur  zufoli 
adiabatischer  Ausdehnung  da  herrscht,  wo  die  Luft  von  der  Cirkulatici 
in  die  Höhe  gehoben  v^ird. 

Eine  grosse  Vereinfachung  tritt  ein,  wenn,  wie  oft  der  Fall,  EC  geg 
^w  dOjdt  vernachlässigt  werden  darf.  Einige  solche  Fälle  mög 
unten  näher  erläutert  werden. 

Nehmen  wir  an,  dass  wie  gewöhnlich  die  Wolken  sich  schneller  lit 
wegen  als  der  Wind  an  der  Erdoberfläche.  Stellen  wir  uns  zur  Oriei 
tierung  dann  so,  dass  das  Gesicht  nach  der  Richtung  der  Bewegung  d( 
Wolken  relativ  zu  den  unteren  Luftschichten  eingestellt  ist.  Denke 
wir  uns  danach  eine  s-Kurve  in  der  Luft  so  gelegt,  dass  sie  aus  ein( 
senkrechten  Linie  in  einiger  Entfernung  auf  der  rechten  Seite  und  eine 
anderen  ähnlichen  Linie  ebensoweit  nach  links,  sowie  aus  isobarische 
Linien  in  der  Nähe  der  Erdoberfläche  und  in  einer  bestimmten  Höh 
zusammengesetzt  ist.  Diese  Kurve,  deren  Projektion  auf  der  Äquatorial 
ebene  anfangs  Null  ist,  verändert  sich  durch  die  Luftbewegung  so,  da^ 
sich  die  beiden  Lotlinien  nach  vorne  biegen  und  sich  dabei  stetig  vei 
längern.  Es  herrscht  also  längs  dieser  Kurve  zufolge  der  Erddrehuni 
eine  anticyklonische  Luftbewegung,  wodurch  die  Luft  auf  der  recht» 
Seite  heruntersinkt  und  sich  erwärmt,  auf  der  linken  dagegen  aufsteig 
und  sich  abkühlt.  Bei  Annahme  einer  stationären  Bewegung  ist  dies' 
Temperaturverteilung  schon  seit  einiger  Zeit  vorhanden.  ' 

Aus  dieser  Betrachtung  erhält  man  folgende  Regel.  Wenn  man  i^ 
der  Richtung  der  Wolkenbewegung  relativ  zu  den  niederen  Luftschich teil 
blickt,  so  ist  die  Temperatur  rechts  höher,  links  niedriger  als  am  Standorte 

Oft  ist  die  Geschwindigkeit  der  niederen  Luftschichten  so  gering 
verglichen  mit  derjenigen  der  höheren,  dass  man  die  Wolkenbewegun^^ 
ohne  nennenswerten  Fehler  auf  die  stillstehende  Erdoberfläche  beziehe! 
kann.  Es  kann  aber  auch  vorkommen,  dass  der  obere  Wind  wenige 
kräftig  ist  als  der  untere.  Wehen  dabei  beide  in  nahezu  gleicher  Richtung' 
wie  in  der  Nähe  einer  Cyklone,  so  tritt  der  eigentümliche  Zustand  eini 
welcher  in  Amerika  bisweilen  beobachtet  worden  ist,  dass  die  Temperatui 
nach  links  von  der  Windrichtung  zunimmt,  das  heisst,  dass  die  Cyklon' 
ein  warmes  Centrum  besitzt.  In  derselben  Weise  können  die  Wind- 
geschwindigkeiten auf  Anticyklonen  mit  kaltem  Centrum  hindeuten. 


XI.  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  75 1 


Um  diese  Betrachtungen  an  einem  konkreten  Beispiel  durchzuführen, 
wollen  wir  die  Daten  der  wissenschaftlichen  deutschen  Ballonfahrten  be- 
nutzen. Bei  den  Auffahrten  bei  cyklonischer  Wetterlage  wurde  die 
mittlere  Windgeschwindigkeit  in  der  Nähe  der  Erdoberfläche  gleich 
4,6  m  pro  Sek.  gefunden.  Die  Windgeschwindigkeit  in  5000  m  Höhe 
war  durchschnittlich  4,3  mal  grösser,  d.  h.  19,8  m  pro  Sek. 

Denken  wir  uns  nun  die  s- Kurve  so  gelegt,  dass  die  Lotlinie 
j  durch  a  im  Centrum  der  C3'klone  liegt,  diejenige  durch  h  in  1000  km 
I  Entfernung  davon,  so  erhalten  wir  unter  der  Annahme,  dass  die  oberen 
und  unteren  Winde  gleichgerichtet  sind,  einen  Wert  you.  dOj dt  = 
12,16.10'"' m2  pro  Sek.  Ea  ist  5000.9,80  =  49000  m2  pro  Sek. 2,  w  = 
7,29.10-5  pro  Sek.  Nehmen  wir  die  virtuelle  Temperatur  d-a  in  dem  Cy- 
klonencentrum  gleich  +  10'' C.  an,  so  erhalten  wir  d-a  —  d-b  =  —  10,2''C. 

11^   Die  Cyklonen  in  Mittel -Europa  sind  danach  bis  zu  5  km  Höhe  im 
mttel  etwa  lO'^  C.  kälter  als  die  Umgebung,  bei  Annahme  eines  mitt- 
leren Halbmessers  der  Cjklone  von  1000  km,  was  ungefähr  den  thatsäch- 
lichen  Verhältnissen  entspricht. 

In  derselben  Weise  kann  man  aus  den  Angaben,  dass  bei  anti- 
cyklonischer  Wetterlage  die  Windgeschwindigkeit  unten  4,4  m  pro  Sek., 
in  5000  m  Höhe  dagegen  15,8  m  pro  Sek.  beträgt,  berechnen,  dass  die 
Differenz  der  virtuellen  Temperatur  im  Centrum  der  Anticyklone  und 
1000  km  davon  im  Mittel  7,7 »  C.  beträgt. 

Dass  die  Temperatur  in  auticyklonischen  Gebieten  wärmer,  in  cy- 
kionischen  d^egen  kälter  als  in  der  Umgebung  ist,  hat  Hann  nach- 
gewiesen; ebenso  hat  er  richtig  die  Ursache  dieser  Erscheinung  in  der 
adiabatischen  Volumsveränderung  der  Luft  in  diesen  Gebieten  gesucht. 
Bei  den  wissenschaftlichen  Ballonfahrten  von  Berlin  aus,  fand  man 
i'-lgende  durchschnittliche  Temperaturen  in  •^  C. 

Höhe  Winter  Sommer 

Meter      Cyklone    Anticyklone    Cyklone    Anticyklone 
+    1,5 
+    1,3 

—  2,0 

—  6,7 
— 10,9 

—  16,0 

—  25,8 
(-30,2) 
(-37,9) 


0 

+  3,0 

1000 

-  2,2 

2000 

—  8,0 

3000 

—  15,1 

4000 

-20,8 

5000 

—  27,5 

6000 

—  34,0 

7000 

(-44,4) 

8000 

(-48,5) 

+  15,7 

+  20,6 

+  9,1 

+  13,6 

+  3,0 

+  7,7 

—  0,8 

+  2,1 

-  7,0 

—  3,3 

—  15,3 

-  9,1 

— 

—  17,2 

— 

(-22,0) 

— 

(-30,7) 

752  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  eingeklammerten  Zahlen  entsprechen  je  einer  einzigen  Beobach' 
tungsfahrt. 

Wie  aus  dieser  Tabelle  ersichtlich,  sind  die  Anticyklonen  besonder 
im  Winter  bedeutend  wärmer  als  die  Cyklonen.    Der  Unterschied  schein 
wenigstens   anfangs   mit   der  Höhe   zu  steigen.    Sieht  man  wegen   d* 
störenden  Einflüsse  der  Strahlung  und  der  Erwärmung  durch  von  dei 
Erdoberfläche  aufsteigende   Luftströmungen   von   der  untersten   1000  u| 
hohen  Schicht  ab,  so  ist  der  mittlere  Temperaturüberschuss  der  AntiJ 
cyklonen    über    die   Cyklonen   im   Winter   8,0  ^    im   Sommer  4,2^,    im 
Mittel   6,1*^  C.    Diese  Zahl   stimmt  dem  Sinn  und  der  Grössenordnung 
nach  mit  der  vorhin  ausgeführten  Rechnung,  wonach  der  Temperatur-I 
unterschied  zwischen  dem  Centrum  einer  Cyklone  und  demjenigen  einer 
Anticyklone  etwa  17,9^  C.  betragen  sollte.    Danach  wäre  eine  Temperatur- 
differenz zwischen  cyklonischen  und  anticyklonischen  Gebieten  von  im 
Mittel   etwa   6^  C.    zu    erwarten.    (Dabei  ist   ein  kreisförmiger  Durch- 
schnitt derselben,  ein  gleichmässiger  Temperaturfall  vom  Centrum  zum 
Rand  und  ein  mittlerer  Halbmesser  der  Cyklonen  und  Anticyklonen  voj] 
1000  km,   d.  h.  eine  Entfernung   des  Centrums   der  Cyklone   von   dem-i 
jenigen   der  nächstfolgenden   Anticyklone   von   2000  km    angenommen.' 
Diese  Zahl  wäre  nach  dem  vorhin  gesagten  (vgl.  S.  717)  mit  etwa  1,9 
zu  multiplizieren.    Danach  käme  der  Wert  11,3  heraus,  welcher  1,9  mal 
grösser  als  der  beobachtete  ist.    (Wegen  der  ständigen  Bestrebung  deri 
Temperaturen    sich   auszugleichen,    wird    wohl    der    theoretische   Wert! 
nie  erreicht.) 

Die  Verteilung  der  Temperatur  in  der  angeführten  Weise  führt, 
eine  entsprechende  Verteilung  des  Luftdruckes  mit  sich.  Da  wo  die. 
Temperatur  höher  ist,  ist  auch  die  Luft  leichter  und  die  Isobarenflächen  i 
liegen  weniger  dicht  als  da,  wo  die  Temperatur  niedriger  ist.  Daraus] 
folgt,  dass,  wenn  man  sich  so  hinstellt,  dass  man  in  der  Richtung! 
der  Bewegung  der  Wolken  relativ  zu  den  unteren  Luftschichten  i 
hinblickt,  die  Isobarenflächen  nach  rechts  divergieren  und  nach  links 
konvergieren. 

Wenn  die  obere  und  untere  Luftbewegung  in  derselben  Richtung 
erfolgen  und  die  obere  Windgeschwindigkeit  die  grössere  ist,  so  liegen  die 
isobarischen  Flächen  im  Centrum  der  Cyklonen  dichter  aneinander  als 
weiter  hinaus,  dagegen  weniger  dicht  im  Centrum  der  Anticyklonen  als 
in  seiner  Umgebung.  Das  Gegenteil  würde  eintreffen,  wenn  die  Wind- 
geschwindigkeit oben  geringer  als  unten  wäre. 


L »-., 

zwei  Stationen  a  und  b  benutzen  wir  die  Formel: 


XI.  Theorift  der  atmosphärischen  Cirkulatioii. 


753 


9"  («I  —  «o) 


'0,'a 


gb  {%i  —  XQ)b  =  Ea  —  Eb=2w         -j-  EC. 


dO 


I  in  oben  angeführten  Beispiel  betrug  das  Glied  2  w  "^,y  für  die  Cyklonen 

177(1,  für  die  Anticyklonen  1330  m^  pro  Sek.^.  Vernachlässigen  wir  das 
j  Glied  RC  und  nehmen  wir  ga  =  gb  =  9,80  m  pro  Sek,^  an,  so  erhalten 
wir  das  Resultat,  dass  an  der  Aussenseite  der  Cyklone,  in  1000  km  von 
ihrem  Centrum  die  Isobarenflächen  um  180  m  weiter  voneinander  liegen 
als  im  Centnim,  falls  ihre  Entfernung  dort  5000  m  beträgt.    1000  km  vom 


(J 

ji 

warm 

rzA 

kalj 

T) 

halt 

_,^'' 

■ß 

-  —  <-"  ^ 

warm 

"    ~     E 

F 

Fig.  227. 


Fig.  228. 


|Centrum  der  Anticyklone  liegen  sie  dagegen  um  135  m  näher  aneinander 
als  im  Centrum,  wenn  sie  dort  um  5000  m  voneinander  entfernt  sind. 

Die   Verhältnisse   in    grösseren   Höhen    bei   Cyklonen   und 

Anticyklonen.    Man  kann  eine  Cyklone  oder  Anticyklone  in  mehrere 

lachten  von  z.  B.  je  1000  m  Höhe  zerlegen  und  jede  dieser  Schichten 

derselben  Weise,    wie  wir   oben    den  ganzen  Luftwirbel  behandelt 

aben,   einer  Analyse  unterwerfen.    Dabei  hat  man  die  Differenz   der 

Windgeschwindigkeiten  an  der  oberen  und  unteren  Seite  jeder  Schicht 

für  sich  zu  betrachten.    Man  erhält  auf  diese  Weise  eine  Vorstellung 

jvon  der  Verteilung  der  Temperatur  und  des  Luftdruckes  in  jeder  Schicht 

für  sich.    Leider   fehlen   noch   die   Daten,  um   eine   solche   detaillierte 

ütersuchung  auszuführen. 

Soviel   kann    man   jedenfalls    behaupten:    wenn,    wie    dies    ohne 
Zweifel  zutrifft,   die   cy klonische  Cirkulation  von  der  Erde  ab  gerechnet 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  48 


7f)4  Physik  der  Atmosphäre. 

bis  zu  einer  gewissen  Höhe  zunimmt,  um  von  da  ab  wieder  abzunehmen 
so  besitzt  die  Cyklone  unten  ein  kaltes,  oben  ein  warmes  Centruni  mii 
unten  dichter,  oben  weniger  dicht  geschaarten  Isobarenflächen  als  in  deij 
Umgebung.    Die  Verhältnisse  in  der  Cyklone  wären  danach  schematiscl' 
durch  Fig.  227  dargestellt. 

Entsprechend  werden  in  einer  Anticyklone  die  unteren  Luft- 
schichten warm,  die  oberen  kalt  sein.  Eine  solche  Anticyklone  wird  durch 
eine  Umkehrung  von  Fig.  227  dargestellt.  i 

Die  wissenschaftlichen  deutschen  Ballonfahrten  haben  wohl  ergeben, 
dass  die  DrehungsgcschAvindigkeit  der  Luftbewegung  in  Cyklonen  sowohlj 
als  in  Anticy klonen  mit  der  Höhe  zunimmt,  dies  gilt  aber  natürlich  nur 
für  die  bisher  erreichten  Höhen,  und  es  ist  kaum  denkbar,  dass  diesej 
Zunahme  bis  zur  Grenze  der  Atmosphäre  fortgehen  kann.  Die  Beobacli- 
tungen  des  Ganges  der  Cirrus -Wolken  haben,  besonders  in  anticyklo- 
nischen  Gebieten,  auch  zu  dem  Schluss  geführt,  dass  die  Wirbelbewe- 
gung in  höheren  Schichten  abnimmt  und  zuletzt  aufhört. 

Die  Verhältnisse  in  der  Umgebung  eines  horizontalen 
Luftstromes.  Wir  wollen  zuletzt  einen  horizontalen  Luftstrom  in  Be- 
tracht ziehen,  welcher  grössere  Geschwindigkeit  besitzt  als  die  um- 
gebende Luft. 

Die  Fig.  228  möge  in  ABC  DA  den  Querschnitt  eines  solchen  Luft- 
stromes darstellen,   der  in  der  Richtung  der  Pfeile,   senkrecht  auf  die 
Ebene  des  Papieres,  in  der  als  stillstehend  angenommenen  umgebenden 
Luft  hinfliesst.    Wir  legen   zwei   s-Kurven  GHBAG  und  DCFED  in 
der  umgebenden  Luft  so,  dass  zwei  horizontale  Seiten  ^5  und  CD  an 
der  Grenze   des  Luftstromes  liegen.    Da  die  Projektionen  dieser  beiden 
S-Kurven  auf  die  Äquatorialebene  zunehmen,  entsteht  in  jeder  derselben 
eine  von   oben  gesehen  (auf  der  nördlichen  Halbkugel)   rechtsdrehende 
anticyklonale   Cirkulation,   wodurch  Luftströme  in  den  Pfeilrichtungen ' 
hervorgerufen  werden.    Dadurch  erwärmt  sich  die  Luft  über  A  und  unter- 
halb C,  kühlt  sich  dagegen  oberhalb  B  und  unter  D  ab.    Dadurch  wird , 
wiederum  eine  Verteilung  der  Isobaren  hervorgerufen,  welche  von  den' 
punktierten  Linien  in  der  Figur  angegeben  ist. 

Diese  Verteilung  von  höherem  Luftdruck  auf  der  rechten  Seite, 
niedrigerem  auf  der  linken  Seite  eines  Luftstromes  entspricht  der  That- 
sache,  dass  die  Anticyklonen  rechts,  die  Cyklonen  links  von  der  Wind- 
richtung (auf  der  nördlichen  Halbkugel)  liegen.  In  derselben  Weise 
wird  der  hohe  Druck  in  den  unteren  Luftschichten  unter  den  soge- 
nannten Kossbreiten  verständlich.  . 


i 


I 


XT.  'nieorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  755 


Untersuchen  wir  jetzt,  zu  welchen  Schh'lssen  wir  konmien,  wenn  wir 
3ine  S-Kurve  in  ähnlicher  Weise  rechts  von  dem  Luftstrom  legen. 
Wenn  der  Luftstrom  in  gen.au  nord-stidlicher  Richtung  verläuft,  so  ändert 
•lieh  die  Projektion  der  s-Kurve  auf  die  Äquatorialebene  nicht,  denn  sie 
lüdet  ein  Parallelogramm  von  konstanter  Basis  und  konstanter  Höhe. 
Verläuft  dagegen  der  Luftstrom  von  West  nach  Ost,  so  wächst  die 
Projektion  von  dem  Anfangswert  Null.  Es  entsteht  eine  rechtsdrehende 
.uftbewegung,  wodurch  die  Luft  im  östlichen  vertikalen  Teil  der  s-Kurve 
linaufsteigt.  Der  östliche  Teil  ist  derjenige,  welcher  vom  Luftstrom 
lach  Osten  mitgeführt  wird.  Die  Lnft  wird  demnach  auf  der  rechten 
^eite  des  Luftstromes  in  die  Höhe  getrieben.  Dasselbe  gilt  für  die 
inke  Seite.  Der  Auftrieb,  welchem  in  dieser  Weise  der  Luftstrom  aus- 
tzt  wird,  wächst  vom  Pol  zum  Äquator  (er  ist  offenbar  dem  Cosinus 
ier  geographischen  Breite  proportional)  und  mit  der  Geschwindigkeit 
'les  Luftstromes.  Diesen  Auftrieb  hat  Dr.  Ekholm  in  anderer  Weise 
libgeleitet. 

Zufolge   des   Auftriebes  steigt   der   Luftstrom   und   kühlt    sich   ab. 
»it's  gilt  für  einen  Luftstrom  mit  nach  Osten  gerichteter  Komponente; 
'iir  einen  Luftstrom  mit  nach  Westen  gerichteter  Komponente   gilt  das 
/enteil,  er  sinkt  und  erwärmt  sich  dabei. 

Es   ist   leicht,   die  Temperaturdifferenzen   für  diesen  Fall  in   ähn- 
],or  Weise    wie    oben    für    die   Cyklonen    und   Anticyklonen   zu   be- 
ulen. 

Die  Entstehung  von  Cyklonen  und  Anticyklonen.    Wie  oben 

jugedeutet  strebt  die  Bewegung  der  Atmosphäre   sich  dem  stationären 

!  ustand    anzunähern.     Ein    ursprüngliches    Solenoidensystem    erweckt 

nie  Beschleunigung  der  Cirkulation,   wodurch  eine   Gegenkraft  zufolge 

Erddrehung  und   der  Reibung   erzeugt  wird,   oder  die  Erddrehung 

M 1  Reibung  rufen  eine  Beschleunigung  der  Cirkulation  hervor,  wodurch 

111  Solenoidensystem,  das  in  entgegengesetzter  Richtung  wirkt,  sich  aus- 

ildet.    Der  stationäre  Zustand  tritt  bald  ein,  wie  auch  die  anfängliche 

rcibkraft  der  Cirkulation  beschaffen  sein  mag. 

Die   oben   abgeleiteten   Sätze,   bei   welchen   der  Einfluss   der  Erd- 

rehung  als  das  ursprüngliche  Moment  betrachtet  wurde,  können  infolge- 

^en  umgekehrt  werden.    So  z.  B.  kann  man  anstatt  des  Satzes  auf 

7r)0,  in  w^elchem  eine  bestimmte  Temperaturverteilung,  steigende  Tem- 

-itur  nach  rechts,    sinkende  nach   links,    als  Folgeerscheinung  der 

ichtung  der  Luftströme  abgeleitet  wurde,  folgenden  Satz  aussprechen: 

venn  man  sich  so  stellt,   dass  die  Temperatur  von  links  nach  rechts 

48* 


756  Physik  der  Atmosphäre. 

steigt,  so  ist  die  Bewegung  der  oberen  Luftströme  relativ  zu  den  unter 
nach  der  Sichtlinie  gerichtet.    Als  Beispiel  dieses  Satzes  möge  die  That 
Sache    dienen,    dass    wegen  der    höheren    Temperatur    der    tropische 
Gegenden  gegenüber  den  polaren  die   oberen  Luftströme  relativ  zu  de 
unteren  nach  Osten  gerichtet  sind. 

Die  Wärmeverluste  oder  -Gewinne  bei  Aus-  oder  Einstrahlun: 
an  der  Erdoberfläche,  die  Wärmezufuhr  in  den  mittleren  Luftschichte 
bei  Wasserkondensation  und  die  dynamische  Einwirkung  der  Erd 
drehung,  die  besonders  durch  die  starke  relative  Bewegung  der  höchste 
Luftschichten  gegen  die  niedrigen  zu  Stande  kommt,  üben  einen  modi 
fizierenden  Einfluss  auf  die  schon  stationär  gewordene  Luftbewegung  aui 

Wenn  die  Luft  unten  an  der  festen  oder  flüssigen  Erdoberfläch 
erwärmt  wird,  so  umgiebt  sich  die  warme  Luftmasse  mit  einem  Sole 
noidensystem,  welches  sie  in  die  Höhe  treibt.  In  einer  5-Kurve,  die  an 
der  senkrechten  Achse  an  der  erwärmten  Stelle,  zwei  Isobaren  und  eine! 
mit  der  Achse  parallelen  Geraden  ausserhalb  der  erwärmten  Stelle  br 
steht,  wird  die  Bewegung  längs  der  unteren  Isobare  gegen  die  Achsj 
beschleunigt.  Legt  man  nun  eine  kreisförmige  s-Kurve  unten  rund  un 
die  erwärmte  Stelle,  so  zieht  sie  sich  zusammen  und  es  entsteht  länp 
ihr  eine  cyklonale  Bewegung  der  Luft. 

Solche  Cyklonen,  die  über  der  festen  Erdoberfläche  entstehen,  habe; 
keine  lange  Dauer.  Nachts  entsteht  nämlich  durch  Ausstrahluii: 
ein  Solenoidensystem ,  das  die  Luft  in  entgegengesetzter  Richtung  be 
schleunigt.  Die  über  dem  Land  aufsteigende  Luft  ist  auch  relati 
trocken,  sodass  die  adiabatische  Ausdehnung  derselben  sehr  hemmeiv 
wirkt. 

Günstiger  sind  die  Cyklonen  gestellt,  welche  über  warmen  Wasser 
flächen  entstehen,  die  Tag  und  Nacht  wärmer  als  ihre  Umgebung  sind 
In  der  ersten  Zeit  der  Cyklone  findet  die  stärkste  cyklonische  Beweguns 
unweit  der  Meeresoberfläche  statt.  Die  Cyklone  hat  so  lange  ein  warme 
Centrum.  Die  Isobaren  Flächen  verlaufen  wie  in  Fig.  206.  Nach  den 
Carnotschen  Satz  wird  Wärme  hier  in  Bewegungsenergie  verwandelt 

Durch  die  Kondensation  der  aufsteigenden  Wasserdämpfe  wird  ein 
Ausbreitung  der  cyklonischen  Bewegung  in  höhere  Luftschichten  be 
fördert.  Zuletzt  ergreift  sie  Luftmassen,  die  so  hoch  liegen,  dass  sie  vom  weR* 
liehen  Trift  beherrscht  sind.  Dieser  Trift  strebt  die  Cyklone  gegen  Ost- 
zu  verschieben.  Unten  ist  das  Solenoidensystem  durch  den  Aufstieg  de 
ungesättigten  Luft  abgeschwächt  und  die  stärkste  Bewegung  findet  i^ 
dem   Kondensationsgebiet  statt,   das  zwischen   1000   und  3000  m  Höh 


"lieff 


XI.  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  757 


egt.  Zu  dieseai  Resultat  trägt  auch  die  grosse  Reibung  der  Luft  an 
der  Erdoberfläche  bei.  Zufolge  der  Schwächung  der  Cyklone  in  dem 
unteren  Teil  bekommt  der  obere  Trift  das  Übergewicht  über  das 
schwache  untere  Solenoidensystem  und  die  Cyklone  verschiebt  sich  gegen 
Osten.  Sie  hat  aber  nur  dann  eine  längere  Lebensdauer,  wenn  die  längs 
der  Erdoberfläche  einströmenden  Luftmassen  stark  feucht  sind  (vgl.  S.  728). 

Der  horizontale  Querschnitt  der  Cyklone,  in  welchem  die  cyklonale 
Bewegung  am  heftigsten  ist,  steigt  immer  mehr  in  die  Höhe.  Auch  in 
dem  Kondensationsgebiet  ist,  wie  unten  gezeigt  wird,  die  Reibung  sehr 
bedeutend,  während  sie  nach  oben  stark  abnimmt.  Bei  den  deutschen 
wissenschaftlichen  Ballonfahrten  hat  man  nur  den  kalten  unteren  Teil 
der  Cyklone,  in  welchem  noch  nicht  die  maximale  Drehuugsgeschwindig- 
keit  erreicht  ist,  beobachtet,  obgleich  man  bis  zu  Höhen  von  6000  m 
gestiegen  ist.  Der  obere  warme  Teil  der  Cyklone  entzog  sich  gänzlich 
der  Beobachtung. 

Ganz  anders  verhält  es  sich  mit  einigen  amerikanischen,  von  Helm 
Clayton  beobachteten  Cyklonen,  bei  welchen  die  drehende  Bewegung 
schon  in  3000  bis  4000  m  Höhe  auf  Null  gesunken  war.  Cyklonen,  die 
dem  in  Amerika  gewöhnlichsten  Typus  anzuhören  scheinen,  hatten  ihre 
Fläche  der  grössten  cy klonischen  Bewegung  in  etwa  1000  m  Höhe.  Sie 
sind  nach  allem  als  einem  früheren  Entwickelungsstadium  als  die  euro- 
päischen angehörig  zu  betrachten. 

Als  Beispiel,  wie  die  Temperaturverhältnisse  in  einer  solchen  Cyklone 
>ich  ausnehmen,  mögen  folgende  Daten  der  Cyklone  zu  Blue  Hill  am 
^1.-24.  Sept.  1898  angeführt  werden. 

Temperaturbeobachtungen  zu  Blue  Hill,  21.— 24.  Sept.  1898. 
21.  Sept.        22.  Sept.        23.  Sept.        24.  Sept. 


Anticyklone 

Cyl 

klone 

rf                     Aussen- 

Aussen 

Centrum            „      , 
Rand 

Centrum 

Rand 

0 

16,2              19,2 

22,8 

9,4 

500 

11,7              14,7 

19,2 

6,1 

1000 

6,7              15,8 

18,4 

4,8 

1500 

7,0             15,3 

16,4 

7,8 

2000 

5,6             12,5 

12,5 

9,4 

2500 

9,4 

10,6 

3000 

7,0 

7,2 

3400 

4,4 

y 


758 


Physik  der  Atmosphäre. 


Nach  diesen  Betrachtungen  gewinnt  das  Studium  der  Cyklonen  eii 
erhöhtes  Interesse;  besonders  grosses  Interesse  beansprucht  die  Lage  de 
Schicht  von  maximaler  cyklonischer  Drehung  und  die  Temperaturver 
teilung  in  ihrer  Umgebung. 

In  der  Auflösungszeit  der  Cyklone  vermindert  sich  die  Bewegunjj 
energie  immer  mehr,  wobei  sie  in  Wärme  übergeht.  Die  Entwickeluj 
ist  also  die  entgegengesetzte  wie  im  Anfangsstadium. 

Wenn  wir  uns  zwei  horizontale  Ströme  denken,  die  in  entgegenge- 
setzten Richtungen  parallel  und  neben  einander  fliessen,  wie  Fig.  229  dar- 
stellt, so  sinkt  zwischen  ihnen  die  obere  Luft  hinunter  und  erwärmt  sich 
die  untere  dagegen  steigt  unter  Abkühlung  hinauf  (vgl.  Fig.  228).  Di' 
Bewegung  der  Luftströme  giebt  zu  einer  cyklonischen  Drehung  Anlass 
Diese  Cyklonen  haben  unten  kaltes,  oben  warmes  Centrum. 


Fig.  229. 


Fig.  230. 


Wenn  die  Ströme  dagegen  wie  in  Fig.  230  fliessen,  so  wird  diej 
höhere  Luft  zwischen  ihnen  hinaufgepresst,  die  untere  hinunter  getrieben.1 
Die  Verschiebungsrichtung  giebt  zu  einer  anticyklonischen  Bewegung 
Anlass,  welche  den  gewöhnlichen  entsprechend  oben  kalt,  unten  warm 
ist.  Die  Anticyklonen  des  Sommers  dürften  in  unseren  Breiten  autj 
diese  Weise  entstehen. 

In  diesen  beiden  Fällen  wird  Bewegungsenergie  in  Wärme  umge- 
setzt. Durch  Zufuhr  äusserer  Wärme  durch  Kondensation  kann  dir 
Aufzehrung  der  Bewegungsenergie  beträchtlich  verzögert  werden,  die 
Cyklone  also  sich  erhalten.  Bei  starker  Sonnenstrahlung  oder  wenn! 
eine  kalte  Luftschicht  über  einer  wärmeren  hinströmt,  kann  es  vor- 
kommen, dass  die  Temperatur  nach  oben  schneller  als  um  1*^  C. 
pro  100  m  (wie  bei  adiabatischer  Ausdehnung)  abninmit.  Die  Abnahme 
braucht  jedoch  nicht  so  gross  zu  sein  (3,3*^  pro  100  m,  vgl.  S.  573 
dass  die  Luft  umkippt.    Ein  paar  schwache  Windstösse,  welche  wie  iu 


XL  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  759 

\g.  229  gerichtet  siud,  können  einen  kleinen  cyklonischen  Wirbel  her- 
vorrufen.    Die  warme  Luft  wird   unten  aufgesaugt,   sie  bleibt   immer 
wärmer  wie  die  Umgebung,  so  hoch  wie  sie  auch  steigen  mag.    Es  ent- 
eht  ein  kräftiges  Solenoidensystem,  das  eine  heftige  Umwälzung  in  der 
Luft  hervorbringt  (vgl.  S.  709). 

Auf  diese  Weise  können  Gewitter,  Hagelwetter  und  Tromben  ent- 
>tehen.  Die  riesige  Umdrehungsgeschwindigkeit,  die  nicht  von  der  Erd- 
drehung in  kurzer  Zeit  hervorgebracht  sein  kann,  bei  diesen  letzten 
Wirbeln  sowie  der  Umstand,  dass  mehrere  Hagelwetter  nacheinander 
dieselbe  Bahn  einschlagen,  deuten  an,  dass  in  diesem  Falle  heftige  ent- 
gegengesetzt gerichtete  Luftströme  aneinander  vorbeiziehen  und  in  ihrer 
Grenzfläche  die  Hagelwetter  bezw.  Tromben  entstehen. 

Die  grosse  atmosphärische  Cirkulation.     Wir  betrachten  erst 
u  einfachen  Grenzfall,  dass  die  Luftbewegung  keine  merkliche  Reibung 
ileidet.    Es  gilt  dann  die  Gleichung: 

(1.  h.  geschlossene  s-Kurven,  welche  keine  Solenoide  umschliessen  (^  =  0), 
j  schliessen  eine  Oberfläche  ein,  deren  Projektion  auf  der  Äquatorialebene 
lygastant  bleibt  (//  Oldt  =  0). 

Iiy    Die  Luft  bewegt  sich  längs  der  Solenoide  und  da  diese  die  Erde 
umkreisen  und  in  sich  selbst  zurücklaufen,  ungefähr  wie  die  Breitekreise, 
i  findet  kein  Luftaustausch  zwischen  Pol  und  Äquator  statt. 
Nehmen  wir  nun  weiter  an,  dass: 

d-a  —  d-b  _  ^ 
273  +  ^a 

von   der  Höhe   unabhängig   ist,    so   wächst   die   Zahl  A   der   Solenoide 
zwischen  zwei  Vertikalen  in  derselben  Meridianebene  der  Höhe  propor- 
tional.   dOjdt  muss  dann  auch  in  demselben  Verhältnis  zunehmen,  d.  h. 
lic  Geschwindigkeit  der  Luftbewegung  nimmt  proportional  der  Höhe  zu. 
\Venn  man  die  Anzahl  der  Solenoide  bis  zu  1000  m  Höhe  kennt,  ist  es 
It.'icht,   die  Geschwindigkeit   der  Luft   in  1000  m  Höhe   auf  einem  be- 
iiumten  Breitegrade  zu  berechnen.    Folgende  kleine  Tabelle  giebt  diese 
schwindigkeit  in  Metern  pro  Sek. 

N.  Br.  90   80    70   60    50   40    30   20  20    30    40    50    60^  s.  Br. 
Wkiter.    1,0  1,7  2,6  2,4  3,9  3,9  3,8  2,2  2,6  2,5  1,9 

Sommer   0,4  1,2  1,7  1,1  1,7  1,0  0,7  3,3  2,2  1,9  1,7 

Jahr  .  .   0,7  1,5  2,3  1,8  2,6  2,5  2,9  2,6  2,6  2,1  1,6 


760 


Physik  der  Atmosphäre. 


Um  die  Geschwindigkeit  in  der  Höhe  A;,  ausgedrückt  in  km,  zu  er- 
halten, braucht  man  nur  die  Zahlen  der  Tabelle  mit  k  zu  multipli- 
zieren. 

In  der  Nähe  des  Äquators  ist  die  Geschwindigkeit  sehr  gering,  di 
Erddrehung  hat   sehr  geringen   Einfluss.    Die    Luft  bewegt    sich   dori, 
wie  wenn  die  Erde   still   stände.    Sie  steigt  am  Äquator  in  die  Höhe, 
fliesst  polwärts,  sinkt  hinunter  und  kehrt  längs  der  Erdoberfläche  zurück. 

Dies  alles  gilt,  wenn  die  Reibung  in  der  Luft  vernachlässigt  werden 
kann.  Dies  ist  nun  nicht  der  Fall.  Wenn  man  die  virtuelle  Temperatur 
und  die  Reibung  in  verschiedenen  Höhen  kennt,  so  kann  man  leicht 
die  Geschwindigkeit  der  stationären  Luftbewegung  berechnen. 

Der  uragehrte  Weg,  die  Reibung  aus  den  Geschwindigkeiten  zu  be- 
rechnen, ist  der  ausgiebigere,  denn  diese  sind  mehr  der  Beobachtuni: 
zugänglich.    Wir  haben  dabei  von  der  Formel: 


1w 


dO 

It 


RG 


Km. 


auszugehen.  Betrachten  wir  jetzt  zwei  Luftschichten,  die  um  1  km  von 
einander  entfernt  sind,  so  ist  A  immer  gleich  (bei  konstanter  Lage  von 
a  und  b).  Die  Differenz  der  Geschwindigkeit  in  den  beiden  Luftschichten, 
welche  dOldt  proportional  ist,  würde  bei  konstantem  E  in  allen  Höhen 

gleich  sein,  d.  h.  die  Windgeschwindig- 
keit würde  der  Höhe  proportional  wachsen 
wie  die  gestrichelte  Lnie  OD  in  Fig.  23 L 
Die  gewöhnliche  Ansicht  ist,  dass  die 
Reibung  unten  am  Boden  am  grössten 
ist  und  von  da  ab  kontinuierlich  nach 
oben  abnimmt,  um  sich  allmählich  einem 
Grenzwert  anzunähern.  Falls  dies  zuträfe, 
so  müsste  die  Windgeschwindigkeit  an- 
fangs langsamer  und  dann  geschwinder 
mit  der  Höhe  wachsen,  ungeföhr  wie  die 
Kurve  OE  andeutet. 

Nun  zeigt  aber  die  Erfahrung,   dass 
die    Windgeschwindigkeit     einem    ganz 
anderen  Gesetz  folgt  (vgl  S.  650  und  674). 
Erst  nimmt  sie  sehr  stark  mit  der  Höhe 
zu,  wie  das  Kurvenstück  OA  anzeigt,  dann  aber  in  dem  Kondensations- 
gebiet 1000  —  3000  m  sehr  langsam ,  dem  wenig  geneigten  Kurvenstück  AB 


Fig-  231. 


I 


¥ 


XI.  Theorie  der  atmosphärischen  Cirkulation.  761 


entsprechend   und    schliesslich    wächst    sie  wiederum   stärker  mit    der 
Höhe,  ungefähr  wie  das  Stück  BC  angiebt. 

Die   Reibung    muss    demnach    in    den    Höhen    zwischen  A  und  B 

H)0— 3000  m)  als  sehr  gross  angenommen  werden.    Dies  beruht  darauf, 

üass  in  diesen  Höhen  zufolge  der  Kondensation  die  Temperaturabnahme 

'^iner   aufsteigenden    Luftmasse    ungefähr    der    normalen    Temperatur- 

iiahme   mit   der  Höhe   gleich   kommt.     Daher   enthält   diese  Schicht 

iie  grosse  Zahl  aufsteigender  Luftströme  (und  gleich  viele  absteigende), 

\VL'lche    ihre   Geschwindigkeiten    ausgleichen.      Sie    beschleunigen    die 

Luftströmungen  bei  Ä  ebensoviel  wie  sie   diejenige  bei  B  zurückhalten. 

Deshalb    scheint   die    Reibung   in    der   Nähe    der   Erdoberfläche  (dem 

Kurvenstück  OA  entsprechend)  ausserordentlich  viel  geringer   als  sonst 

zu  erwarten  wäre.    Es  ist   gewissermaassen  die  Solenoidenzahl  bis  zur 

Höhe   von  F,   welche   auf  die  Geschwindigkeit  der  unteren  Schicht  bis 

zur  Höhe  von  A  beschleunigend  wirkt. 

Kehren  wir  jetzt  zur  grossen  atmosphärischen  Cirkulation  zurück 
und  betrachten  wir  erst  die  Verhältnisse  in  höheren  Breiten.  Wir  ver- 
fahren so,  dass  wir  s-Kurven  bilden,  die  aus  zwei  festen  vertikalen 
Linien  (in  den  Punkten  a  und  b  derselben  Meridianebene  und  Isobaren  in 
den  Punkten  0  und  A,  A  und  B,  B  und  C)  bestehen. 

Für  die  unterste  s-Kurve  ist  die  Anzahl  der  Solenoide  viel  geringer 
als  der  Bewegung  dOjdt  entspricht.  Es  herrscht  also  die  von  der  Erd- 
drehung bestimmte  Windrichtung  gegen  den  Äquator  in  der  Höhe  A, 
gegen  den  Pol  an  der  Erdoberfläche  bei  0.  Wie  wir  oben  gesehen  haben, 
ergiebt  auch  die  Erfahrung,  dass  die  unteren  Luftströme  eine  gegen  den 
Pol,  die  oberen  dagegen  eine  gegen  den  Äquator  gerichtete  Komponente 
'-'-'Sitzen  (vgl.  S.  688—689). 

Die   mittlere  «-Kurve,  in  welcher  die  Solenoide   stark  zunehmen, 
t spricht  einer  Bewegung  in  derselben  Richtung,  wie  wenn  keine  Erd- 
drehung stattfände.    Unten  herrscht  eine  gegen  den  Äquator  gehende 
Strömung,  oben  eine  gegen  Norden  gerichtete  Komponente.    Dies  stimmt 
auch  vollkommen  mit  der  Erfahrung  überein. 

In  der  höchsten  s- Kurve  ist  die  Reibung  so  gering,  dass  nahezu 

dieselben  Verhältnisse  obwalten  wie  für  reibungslose  Bewegung.    A  und 

1ivilO\dt  sind  untereinander  gleich,  die  Bewegung  verläuft  parallel  den 

ienoi'den,  d.h.  in  nahezu  west-östlicher  Richtung.  In  allen  Schichten,  aus- 

iionmien  denjenigen,  welche  dicht  an  der  Erdoberfläche  liegen,  überwiegt 

i  folge  der  Erddrehung  die  westliche  Komponente  die  übrigen. 

Zwischen  dem  Äquator  und  etwa  Zh^  Breite  ist  der  Einfluss  der 


762  Physik  der  Atmosphäre. 

Erddrehung  bedeutend  gerioger,  sodass  daselbst  die  Luftströmungen  haupt- 
sächlich von  den  Solenoiden  und  der  Reibung  bestimmt  werden. 

Die  Soleno'ide  bewirken  einen  Aufstieg  am  Äquator  und  ein  Her- 
untersinken an  den  Rossbreiten.  Da  die  horizontale  Ausbreitung  der  Luti 
so  viel  grösser  als  ihre  vertikale  Ausdehnung  ist,  geschieht  die  Luft-1 
Strömung  im  horizontalen  Querschnitt,  d.  h.  beim  Auf-  und  Abstieg 
ausserordentlich  langsam. 

Die  Luft  verharrt  lange  in  derselben  flöhe  und  Entfernung  vom  Äquator, 
and  die  Reibung  an  der  Erdoberfläche  bringt  sie  vollends  so  gut  wie  zum  Still- 
stand. Es  herrscht  deshalb  in  diesen  beiden  GegendenWindstille  (die  Calmen). 

Legen  wir  nun  eine  s-Kurve  in  den  niederen  Luftschichten  rund 
um  den  Äquator,  so  steigt  diese  Kurve  mit  der  Luft  in  die  Höhe.  Die 
Kurve  erweitert  sich  dabei,  sodass  eine  nach  West  gerichtete  Bewegung 
der  Luft  in  den  oberen  Schichten  entsteht. 

Man  beobachtet  in  der  That  eine  ost-westliche  Strömung  in  den  höheren 
Schichten  am  Äquator.  So  z.  B.  wurde  der  Staub  von  Krakatau  mit 
einer  Geschwindigkeit  von  30—40  km  pro  Sek.  nach  West  geführt.  Die 
aufsteigende  Bewegung  am  Äquator  würde  eine  westliche  Komponente 
von  etwa  2  m  gegeben  haben,  also  nicht  genügend  für  diese  grosse  Ge- 
schwindigkeit. Dieselbe  ist  nicht  anders  verständlich  als  in  der  Weise, 
dass  nicht  nur  die  Luft  vom  Boden  in  die  Höhe  steigt,  sondern  auch 
Luft,  die  mit  dem  Passat  aus  höheren  Breiten  in  grösserer  Höhe  über 
dem  Boden  zum  Äquator  hingeführt  wird.  In  diesen  grossen  Höhen 
herrscht  keine  merkliche  Reibung,  die  Luft  in  grösseren  Höhen  über 
dem  Äquator  erhält  demzufolge  eine  starke  westliche  Komponente. 

Legen  wir  nun  in  dieser  Höhe  eine  5- Kurve,  so  entfernt  sie  sich 
vom  Äquator,  sie  zieht  sich  dabei  immer  mehr  zusammen,  die  nach 
Westen  gerichtete  Komponente  nimmt  immer  mehr  ab,  wird  auf  einer 
bestimmten  Breite  (etwa  10*^)  Null  und  geht  in  höheren  Breiten  in  eine 
west-östliche  über  (Gegen-Passat).  Die  Windrichtung  ist  deshalb  am 
Äquator  östlich,  geht  dann  in  süd-östliche  und'  südliche  (lO*^  n.  Br.)  und 
zuletzt  in  süd- westliche  über.  Auf  der  südlichen  Halbkugel  ist  Süd 
gegen  Nord  zu  vertauschen. 

Beim  Heruntersinken  unter  den  Rossbreiten  schwächt  sich  allmählich 
die  östliche  Komponente  durch  Reibung  ab,  sodass  sie  an  der  Erdober- 
fläche Null  wird  (Calme).  Dann  wandert  die  Kurve  zum  Äquator  zurück 
und  dehnt  sich  dabei  aus,  sodass  die  Luftströmung  eine  nach  Westen 
gerichtete-  Komponente  erhält  und  folglich  Nordost -Wind  weht  (auf  der 
südlichen  Halbkugel  Südost).    Dieser  Wind  ist  der  Passat- Wind. 


■ 


lII.  Einwirkung  des  Windes  auf  die  feste  Erdoberfläche. 

Allgemeines.     Die    nivellierende  Thätigkeit    der  Luft   und    des 
Hassers  sind  von  sehr  ungleicher  Bedeutung,  so  dass,  wo  beide  wirk- 
sam sind,  die  letzte  im  allgemeinen  so  stark  überwiegt,  dass  die  Spuren 
''  r  Windwirkung  verschwinden.    Man  hat  deshalb   die  typischen  Er- 
M  heinungen  der  Windwirkung    hauptsächlich    in    trockenen   Gegenden 

R  suchen. 
Eine  Ausnahme  in  dieser  Beziehung  machen  gewisse  Küstengegenden. 
r  vom  Meer  wehende  Wind  verhindert  die  Vegetation,  sich  in  verti- 
. er  Richtung  zu  entwickeln.    Die  Ufer  bedecken  sich  deshalb  nur  mit 

itier  Grasdecke,  welche  sich  dicht  am  Boden  hält  und  sich  bis  dahin 
erstreckt,   wo   das  Ufer   zeitweilig   zufolge   von   Gezeiten   oder  anderen 
I  Wellen  von  Wasser  bedeckt  ist.    Von  dort  ab   ist  das  Ufer  meist  von 
^^eeressand  bedeckt.    Pflanzen  können  dort  nicht  mehr  gedeihen. 

Auf  Inseln  von  massiger  Ausdehnung  macht  sich  die  Wirkung  des 
i  Windes  so  stark  geltend,  dass  nur  die  niedrig  wachsenden,  am  Boden 
]  kriechenden  Pflanzen   noch   fortkommen.    Dies   ist   z.  B.   der  Fall   auf 
l<n  Füröer-  und  den  Shetlands- Inseln.     Nur  in  Felsenklflften  können 
I  Sträucher  sich  entwickeln.    Ähnliche  Verhältnisse  sind  an  den  meisten 
1  Ideinen  Inseln  längs  der  Küsten  zu  finden.     An  der  Küste  von  Schott- 
land sieht  man  häufig  Gärten,   die  von  dichten  Mauern  umgeben  sind. 
In  der  Höhe  der  Mauer  sind   die  Gartenbäume  wie  mit  einer  Scheere 
\on  dem  Wind  abgeschnitten.    Im  Gebirge  sieht  man  durch  eine  ähn- 
liche Wirkung  des  Windes   die   Bäume  in  kriechendes  Gesträuch  ver- 
handelt und  den  Pflanzen  einen  niedergedrückten  Habitus  aufgezwungen. 
Die   heftigen  Winde   beschränken   ihre  schädliche  Wirkung    nicht 
larauf,   dass  sie  den  Höhenwuchs  der  Bäume  verhindern,   sondern   sie 
üleppen  auch  alle  lockeren  Erdablageningcn  weg.    Hohe  Felsen  sind 


764  Physik  der  Atmosphäre. 

meistens  von  ihren  Verwitterungsprodukten  entblösst.  Auch  wo  frühei 
Wälder  standen  und  vom  Menschen  abgeholzt  worden  sind,  wachsen  sie 
jetzt  nicht  wieder,  weil  der  lockere  Erdboden  fehlt. 

Bekannte  Beispiele  dafür  sind  Island,  das  bei  der  Ansiedeluni; 
durch  Norweger  hohen  Wald  besass  —  in  Island  ist  vielleicht  nebenbei 
eine  starke  Klimaverschlechterung  eingetreten  (vgl.  S.  569)  —  gross( 
Teile  von  Schottland  und  der  Westküste  von  Schweden,  welche  früher 
üppigen  Wald  trugen.  Am  meisten  haben  wohl  die  Landschaften 
am  gascognischen  Meerbusen  und  die  Karst  in  Österreich  unter  dei- 
Entholzung  gelitten,  die  im  Mittelalter  u.  a.  Bauholz  für  die  fran- 
zösische und  venezianische  Flotte  lieferten.  In  dem  letzterwähnten 
Fall  ist  es  nicht  der  Seewind,  welcher  so  verheerend  wirkt,  sondern  der 
heftige  Landwind  Bora.  Eine  ähnliche  Wüstenlandschaft,  Cran,  die 
„französische  Sahara",   in   der  Provence  hat  der  Mistral  hervorgebracht. 

Ein  grosser  Teil  dieser  Verwüstung  rührt  von  einer  schlechten, 
kurzsichtigen  Wirtschaft  her  und  die  jetzigen  Verwaltungen  sind  be- 
müht, die  verlorenen  Länder  dem  Wald  und  der  Kultur  zurückzuerobern. 
Dies  geschieht  nur  „Zoll  für  Zoll",  weil  der  Anbau  nur  von  schon  kulti- 
vierten Gegenden  aus  sich  langsam  in  das  Innere  der  verwüsteten  Land- 
schaft ausbreiten  kann. 

Steppen  und  Wüsten.  Wie  gesagt,  zeigt  sich  die  Wirkung  des 
Windes  in  den  trocknen  Gegenden  am  stärksten,  d.  h.  im  Gebiete  der 
Steppen  und  der  Wüsten.  Nach  den  seltenen,  aber,  häufig  sehr  aus- 
giebigen Kegengüssen  bedecken  sich  die  Steppen  und  teilweise  die 
Wüsten  mit  einem  Pflanzenwuchs,  der  nach  einer  kurzen  Vegetations- 
periode der  Vertrocknung  anheimfällt. 

Der  Unterschied  zwischen  Steppe  und  Wüste  ist  nur  graduell  und 
alle  Übergangsstufen  zwischen  diesen  beiden  und  von  der  Steppe  zur 
Wiese  kommen  vor.  Die  Steppe  wird  als  grasbekleidetes  Trockengebiet 
definiert.  In  unsrem  Weltteil  gehören  die  russischen  Steppen,  die  un- 
garische Puszta  und  die .  nördliche  Tundra  dazu.  Die  Steppe  und  die 
Tundra  sind  als  Vorposten  der  asiatischen  Gebilde  von  ähnlicher  Art 
anzusehen.  In  Nord -Amerika  gehören  die  Savannen,  in  Süd- Amerika 
die  Llanos  und  Pampas  zu  derselben  Formation.  (Dagegen  gehören 
die  Heiden  Dänemarks  und  Nordwest- Deutschlands  nicht  zu  den 
Steppen,  die  niedrige  und  verkümmerte  Vegetation  —  Heidekraut  — 
rührt  nicht  von  Mangel  an  Niederschlag,  sondern  von  Kargheit  des 
Bodens  her.  Der  Wind  trägt  auch  noch  dazu  bei,  den  Wuchs  von 
niederem  Kraut  zu  begünstigen.) 


I 


XII.  Einwirkung  des  Windes  auf  die  feste  Erdoberfläche. 


765 


Die  Stoppe  ist  eine  grosse  Ebene,  auf  welcher  der  Wind  Staub  ab- 
ttzt  und  so  die  vorhandenen  Niveau-Unterschiede  allmählich  ausgleicht. 
Die  wässerigen  Salzlösungen,  die  nach  dem  Kegen  entstehen,  finden 
keinen  Abfluss,  und  daher 'ist  der  Steppenboden  durch  relativ  grossen 
t  Ichalt  an  löslichen  Salzen  gekennzeichnet,  die  bei  grosser  Trockenheit 
.,p]ffloreszenzen,  Ausblühungen"  bilden.  Auch  der  Wüstenboden  ist  aus 
lemselben  Grund  sehr  salzreich.  ; 

Die  auf  der  Steppe  angesammelten  Luftsedimente  bilden  den  soge- 
nannten Löss,  der  besonders  in  China  und  manchen  Teilen  Central- Asiens 


Fig.  232.    Chinesische  Lösslandschaffc. 

i'ine  aussorordentliche  Entwickelung  gefunden  hat,  und  dort  von  v.Eicht- 
hofen  und  v.  Middendorff  untersucht  worden  ist.  Jeder  Staubsturm 
ilberzieht  diese  Teile  mit  einer  sehr  dünnen  Schicht;  im  Laufe  der  Zeit 
liaben  diese  Absätze  sandige,  kalkhaltige  Lager  von  Thon,  die  bisweilen 
l'is  700  m  Dicke' besitzen,  gebildet.  Dieser  Thonboden  ist  von  feinen 
\i^rtikalen  Haarröhrchen  durchsetzt,  welche  eine  vertikale  Zerklüftung 
itegünstigen.  Das  hineinsickernde  Wasser  hat  an  Stellen,  wo  es  sich 
unter  den  lockeren  Ablagerungen  gesammelt  hat,  dieselben  unterge- 
-iraben,  sodass  durch  Einstürze  Schluchten  mit  vertikalen  Wänden  ent- 
standen sind.    Die  Flussthäler  erinnern  auf  diese  Weise  an  die  Caüons, 


yßj]  Physik  der  Atmosphäre. 

(Wo.  abor  in  oii>er  rogenarmen  Go^end  von  (>])en  in  das  Gostoin  oini>:ofltzt 
sind  (Fie^.  232). 

Schicliton  von  härteren  Mergelknollen  („Lössmännchen"),  die  in  den 
Luftsedimenten  —  durch  Zusammensinterang  nnter  Vermittelnng  von 
Wasser  —  sich  entwickelt  haben,  veranlassen  häufig  eine  terrassenförmig! 
Ausbildung  der  Lösswände. 

Die  europäischen  Lössbildungen,  die  z.  B.  in  dem  Eheinthal  und  in 
der  Donauniederung  blossliegen,  besitzen  bei  weitem  nicht  die  Mäclitig- 
keit  der  asiatischen.  Sie  zeigen  aber  immerhin  eine  Neigung  zur  BildiniLj 
von  senkrechten  Abstürzen  und  Hohlwegen. 

Der  Löss  zeigt  nicht  wie  die  Wassersedimente  eine  ausgeprägte 
Schichtung.  Schalen  von  Land -Schnecken  und  Knochen  von  Tieren,  di' 
der  eigentümlichen  Steppen -Fauna  angehören,  finden  sich  darin  ein- 
gebettet. Aus  dem  Vorkommen  solcher  Schichten  in  Europa  hat  Nehrini; 
geschlossen,  dass  in  unserem  Weltteil  nach  Ende  der  grossen  Eiszeit  ein 
trockenes  Steppenklima,  das  von  dem  jetzigen  stark  verschieden  war 
lange  Zeit  herrschte  (vgl.  S.  566).  In  den  kälteren  Gegenden  ging  di< 
Steppe  in  Tundren  über.  Die  Funde  aus  dieser  Zeit  —  der  jüngeren 
palöolitischen  —  beweisen,  dass  Menschen  damals  in  Europa  lebten,  welche 
einen  nicht  unbedeutenden  Kulturgrad  erreicht  hatten. 

Wo  die  Trockenheit  gross  ist,  geht  die  Steppe  in  Wüste  über. 
Die  grösste  Wüste  —  sie  bedeckt  beinahe  eine  so  grosse  Oberfläche  wie 
Europa  —  ist  die  Sahara.  Ausserdem  befindet  sich  in  Afrika  im  süd- 
lichen Teil  die  Kalahari  -Wüste.  An  die  Sahara  schliessen  sich  die  sinai- 
tische und  die  syrisch-arabische  Wüste  an.  Andere  grosse  asiatisch»' 
Wüsten  sind  das  iranische  Wüstenplateau  und  die  grosse  Gobi -Wüste, 
in  Nordwest -Indien  liegt  die  Tharr-Wüste.  Bekannt  ist  die  grosse 
Wüste,  welche  das  Innere  Australiens  erfüllt.  Die  Wüstengebiete  Nord- 
Amerikas  —  der  „Grosse  Bassin"  zwischen  dem  Sierra  Nevada  und  dem 
Felsengebirge,  sowie  seine  Ausläufer  nach  Mexiko  —  haben  zum  Teil 
ihren  Charakter  durch  die  Kultur  verloren.  Süd -Amerika  schliesst  die 
Atacama -Wüste  ein. 

Der  grösste  Teil  der  Wüsten  liegt  unter  den  Rossbreiten,  die  wegen 
des  herabsteigenden  Luftstromes  sehr  wasserarm  und  den  brennenden 
Sonnenstrahlen  ausgesetzt  sind.  Wo  sie  an  die  Küste  hinreichen, 
wie  die  Sahara  an  der  Küste  des  Atlantischen,  die  Atacama  an  der- 
jenigen des  Stillen  Oceans,  herrschen  kalte  Winde,  die  nur  selten  etwa|| 
Regen  abgeben.  J| 

Die  Sahara,  welche  wohl  als  die  typische  Wüste  betrachtet  werden 


■ 


XII.  Einwirkung  des  Windes  auf  die  feste  Erdoberfläche. 


767 


kann,  bostoht  hauptsächlich  aus  zwei  verschiedenen  Gebieten,  der  Stein- 
Wüste  und  der  libyschen  Sand -Wüste.  In  der  Stein -Wüste  erheben  sich 
Gipfel  bis  /ai  2500  m  Höhe.  Sie  besteht  aus  grossen  Ebenen,  die  von 
sogenannten  Zeugen  oder  Inselbergen  umgeben  sind,  welche  den  Über- 
gang zu  einer  niedrigeren  Terrasse  bilden,  die  wiederum  von  neuen 
Tn>!elbergen  umgeben  sein  kann. 

Die  starke  Hitze  am  Tag,  welche  mit  einer  heftigen  Abkühlung 
11!  der  Nacht  —  noch  im  Mai  kommen  Fröste  vor  —  abwechselt,  zer- 
klüftet das  Gestein  an  der  Oberfläche  und  giebt  zur  Bildung  von  Sand 


Fig.  233.  Inselberge  in  der  Sahara. 


\nlass.    Der  Wind  führt  diesen  Sand  mit  und  an  den  Abhängen  der 
'"  Isen,   welche   aus   abwechselnden   härteren  und  weicheren  Schichten 

tehen,  schneidet  er  in  den  weicheren  Teilen  Hohlkehlen  aus,  bis  die 

nliegenden  härteren  Schichten  abbröckeln.  Auf  diese  Weise  ent- 
eilen amphitheatralische  Einschnitte  in  die  Felsenwand,  welche  sich 
lann  bei  weiterer  Abtragung  vereinigen  können  und  so  zur  Bildung  von 
nselbergen  (Fig.  233)  Anlass  geben.    Die  horizontale  Fläche  der  Terrassen 

teht  aus  einer  härteren  Schicht,  welche  der  Wirkung  der  Sonne  und 

>  Sandgebläses  relativ  grossen  Widerstand  bietet. 
In  dem  Hochgebirge  fällt  stellenweise  reichlich  Kegen,  sogar  Schnee 

^t  in  den  höchsten  Teilen  hie  und  da  drei  Monate  im  Jahr.  Wenn 
las  Wasser  hinunterfliesst,  versickert  es  bald  in  dem  trockenen  und 
•issigen  Boden. 


768  Physik  der  Atmosphäre. 


Tliäler  im  Gebirge  beherbergen  teilweise  eine  reiche  Vegetation  im 
die  Bäche  und  Seen,  die  sich  dort  finden. 

Die  Sandwtiste  ist  von  Dünen  erfüllt,  die  auf  der  einen  Seite,  d( 
Luvseite  sanft,  auf  der  anderen,  der  Leeseite,  steil  abfallen.  Ihre  La.ü. 
ändert  sieh  nur  langsam  und  die  Araber  bezeichnen  sie  mit  Eigen] 
namen.  Sie  liegen  wie  lange  Kämme  von  70 — 80  km  Länge  und  1  biij 
2  km  Breite.  Ihre  Höhe  beträgt  meist  etwa  30  m;  ausnahmsweise  trifft 
man  solche  von  100  m  Höhe  und  mehr  an. 

Bei  Stürmen  wirbelt  der  lockere  Sand  in  der  Luft  auf,  die] 
Konturen  der  Dünen  verschwinden  und  ein  alles  durchdringendes  Sand-I 
gebläse  entsteht.  Harte  Steine,  die  dem  Sandstrom  ausgesetzt  sin<! 
spalten  ihn  und  erhalten  auf  diese  Weise  zwei  (oder  mehrere)  glatt- 
geschliffene Wände,  die  zuletzt  ^einander  begegnen  und  dann  da^ 
charakteristische  „Facettengeschiebe"  geben.  (Solche  „Dreikanter 
kommen  auch  im  norddeutschen  Flugsandgebiet  vor.)  Steine,  die  aii^ 
verschieden  harten  Schichten  zusammengesetzt  sind,  werden  vom  Sand^. 
gebläse  zerfasert  und  zerfallen  zuletzt.  Solche  Faserungen  treten  deutlich 
an  dem  Sphinx  von  Djiseh  hervor. 

In  der  Sahara  kommen  stellenweise  Trockenthäler  oder  sogenannte 
Wadis  vor.  Man  glaubt,  dass  es  alte,  vom  Wasser  ausmodellierte  ver-j 
sandete  Thäler  sind.  Das  Wasser  aus  der  Umgebung  fliesst  hineirj 
und  versickert  dann  im  Sande.  Beim  Bohren  von  Brunnen  trifft  mani 
in  geringer  Tiefe  auf  Wasser  und  diese  Thäler  sind  es,  wo  die  Fran- 
zosen grossen  Erfolg  mit  ihren  artesischen  Brunnen  gehabt  haben. 

Vieles    deutet   darauf  hin,    dass    das  Klima    der  Sahara    in   sehij 
später,   sogar  in    historischer   Zeit,    viel   besser   (regenreicher)  gewesen! 
ist    wie   jetzt;    mit    anderen   Worten,    eine    beständige   Verschlechte 
rung  desselben  scheint  in  jüngster  Zeit  stattgefunden  zu  haben.    Jeden 
falls  findet  man  Spuren  von  alter  Kultur  an  Stellen,  die  jetzt  unbe- 
wohnbar sind, 

Dünen  und  ihre  Wanderung.  Die  Art  und  Weise,  wie 
die  Dünen  entstehen,  ist  sehr  leicht  zu  verstehen.  Der  Sand  der 
Küste  wird  vom  Wind  ins  Land  hinaufgetrieben.  Wäre  das  I^and  ganzi 
eben,  so  würde  sich  der  aufgetriebene  Sand  gleichmässig  darüber 
verteilen.  Findet  er  aber  ein  Hindernis,  wie  einen  in  den  Boden  ein- 
geschlagenen Pfahl,  so  wird  der  Wind  vor  und  hinter  dem  Pfahl  PI' 
(Fig.  234)  geschwächt  und  lässt  dort  einen  Teil  des  mitgeschleppten 
Sandes  fallen.  Vor  dem  Stab  entstehen  Wirbel,  und  eine  Vertiefung 
bildet  sich.   Hinter  dem  Stab  setzt  sich  der  Sand  mehr  gleichmässig  ab. 


XII.  Einwirkung  des  Windes  auf  die  feste  Erdoberfläche. 


769 


Zuletzt  bedeckt  der  Sand  den  ganzen  Pfahl,  wie  bei  7"P',  das  einen 
früher  eingeschlagenen  Pfahl  bezeichnen  mag.  Die  so  entstandene  Düne 
ist  hügelförmig;  durch  Eintreiben  von  mehreren  Pfählen  in  einer  Reihe 
l^n  man  rückenförmige   Dünen  erhalten.    Ihre  Böschung  ist  auf  der 

Seite  viel  weniger  steil  als  auf  der  Leeseite.  Da  der  Wind  zu  ver- 
ötiiedenen  Zeiten  verschieden  stark  ist,  können  ungleiche  Schichten 
'■■<n  mehr  oder  weniger  feinem  Korn  vorkommen,  wie  in  der  Figur 
\  A. 

Die  Dünenbildung  geht  genau  so  vor  sich  wie  die  Schneeanhäufung 
durch  den  Wind,  man  hat  daher  reichliche  Gelegenheit,  diese  Er- 
scheinung zu  studieren. 

Die  Dünen  folgen  einander  in  bestimmten  Entfernungen,  wie  in  der 
ara.  In  Gegenden,  wo  die  Dünen  sich  nur  über  eine  massige  Breite  der 


Fig.  234.  Bildung  von  Dünen. 


iste  erstrecken,  z.  B.  in  Holland,  wo  diese  Breite  zwischen  400  und 
11)00  m  wechselt,  kommen  nur  wenige  Dünenkämme  vor.  In  den 
genden,  wo  der  Passatwind  herrscht,  erreichen  sie  bisweilen  bedeu- 
ifiide  Höhen,  so  an  der  madagassischen  und  tunesischen  Küste  140  m 
und  mehr.  An  der  südspanischen  und  der  gascognischen  Küste  können 
-u'  90,  an  der  holländischen  60,  an  der  jütländischen  30  und  auf  der 
Ivurischen  Nehrung  70  m  Höhe  erreichen. 

Die    gewöhnliche    Form    der  Düne    ist    die    eines   langgestreckten 
Hügels.    Diese  Form   kommt   in  Europa  und   in  der  Sahara  allgemein 
v(tr.    Daneben  giebt  es  rundliche  und  sichelförmige  Dünen,  die  letzten 
llen  in  Turkestan  die  Regel  sein. 

Die  Dünen  wandern  ins  Land  hinein.    Dabei  können  sie  sehr  grossen 
'  liaden  anrichten,  indem  sie  bebauten  Boden,  Waldungen  und  Woh- 
nungen mit  Sand  bedecken.    Nach  dem  Vorüberziehen  des  Sandhügels 
kommen  die  Bäume  als  schwarze,  morsche  Skelette,  die  Wohnungen  als 
Ruinen  wieder  zum  Vorschein.     Auf  der  Kurischen  Nehrung   ist   die 

A  r  r  li  e  11  i  11  d  ,  Kosmische  Pliysik.  49 


770  Physik  der  Atmosphäre. 

Wanderungsgeschwindigkeit  auf  6  bis  9  m  pro  Jahr  geschätzt  worden 
So  müssen  beim  Nahen  der  Düne  Dörfer  verlassen  und  an  anderei! 
Stellen  aufgebaut  werden.  Im  Jahre  1757  wurde  die  Kirche  zu  Kantuir 
auf  Sylt  abgebrochen,  weil  die  Düne  sie  erreichte.  35  Jahre  später  wai 
die  Düne  darübergewandert,  die  Kuinen  der  Kirche  lagen  frei  am  Ufer 
Sie  wurden  bald  vom  Meer  weggespült,  das  im  Jahre  1841  210  m  weit»  i 
ins  Land  eingedrungen  war  und  über  den  Ruinen  der  alten  Kirche 
eine  Tiefe  von  3,6  m  besass.  Die  zweite  Kirche  von  ßantum  war  damaW 
auch  schon  längst  unter  der  Düne  verschwunden. 

Staub  fälle.      Bisweilen    führt    der    Wind    grosse    Mengen    von{ 
Staub  mit,  welcher  sich  allmählich  absetzt.    Sehr  häufig  ist  dieser  Stanli 
vulkanischen  Ursprungs.    Die  bekanntesten  Fälle  sind  die  Aschenreg' 
die  den  Ausbruch  des  Coseguina  in  Central- Amerika  1835  und  den  ü> 
Krakatau  1883  begleiteten.    Die  Asche  fiel  damals  in  Entfernungen  vi 
1400  bezw.  4500  km  von  der  Ausbruchsstelle  nieder.    Ein  anderer  solch* 
Fall  trat  im  März  1875  ein,  als  Bimsteinstaub  aus  Island  etwa  2000  km 
entfernt,  in  Stockholm  niederfiel. 

Aber  auch  gewöhnlicher  Staub,  welcher  von  der  Brdoberfläche  aul- 
gewirbelt ist,  kann  vom  Winde  sehr  weite  Strecken  getragen  werden. 
Der  merkwürdigste  Fall  dieser  Art  ist  der  grosse  Staubfall  über  Europa 
am  9.— 12.  März  1901,  welcher  von  Hellmann  andMeinardas  genau 
untersucht  wurde.  Das  Feld,  auf  dem  der  Staub  niederfiel,  erstreckte! 
sich  von  dem  südlichen  verwüsteten  Teil  der  Algerei  bis  zu  den  dä- 
nischen Inseln,  eine  Strecke  von  etwa  2800  km  mit  einer  Breite  von| 
etwa  800  km.  Der  Staub  fiel  in  Algier  und  Tunis  bei  stürmischem: 
trocknen  Wetter,  in  Italien  ausserdem  mit  Regen.  In  nördlicheren 
Gegenden  war  der  Staubfall  mit  Niederschlag  verbunden. 

Die  Staubkörner  erwiesen  sich  als  Wüstensand  aus  Quarz,  Glimmer,, 
Feldspath,  Kalkspath  und  eisenhaltigen  Mineralien.  Keine  vulkanischen 
Bestandteile  waren  darin  aufzufinden,  sondern  der  Staub  als  Löss  zu  be- 
zeichnen. An  einigen  Stellen  fiel  der  Staub  zufolge  von  Stauungen 
reichlicher  nieder  als  in  der  Umgebung,  so  auf  der  Südseite  der  Ost- 
alpen und  in  Holstein.  An  anderen  Stellen  zeigte  das  Staubfeld  Lücken, 
wie  in  grossen  Teilen  Süddeutschlands. 

Dass   der  Staub   aus  der  afrikanischen  Wüste  stammte,    geht   mi' 
Deutlichkeit  aus  der  Zeit  seines  Auftretens  hervor.    Am  Vormittag  d« 
9.  März   füllte   dichter  Wüstenstaub   die   Luft   zu   Biskra.    Am  Abend 
des  9.  März  trat  ein  trockner  Scirocco  mit  heftigem,   rotgelbe  Wolken 
mitführendem  Südostwind  in  Tunis  auf.  Am  folgenden  Tag  fiel  dort  dichtei 


XII.  Einwirkung  des  Windes  auf  die  feste  Erdoberfläche.  771 


Staub,  welcher  die  Sonne  vollkommen  verfinsterte,  bis  zu  einer  Tiefe  von 
0,5  mm.  Ähnlich  waren  die  Erscheinungen  auf  der  Sttdküste  Siciliens, 
wo  (in  Catania)  der  staubgemengte  Regen  am  10.  um  9  Uhr  V.M.  an- 
fing. Derselbe  hatte  sich  gegen  den  Mittag  bis  nach  Neapel,  um  4  Uhr 
N.M.  bis  Rom  und  um  11  Uhr  Nachts  bis  Livorno  und  Fiume  ver- 
breitet. In  den  Alpenländern  fiel  der  Staub  bei  Regen,  Schnee  oder 
Hagel  unter  heftigem  Gewitter  in  der  Nacht  vom  10.— 11.  März,  in  den 
nördlichsten  Teilen  erst  am  Morgen  des  11.  An  diesem  Tage  ver- 
breitete sich  der  Staubregen  bis  Schemnitz  in  Ungarn  um  12  Uhr,  er 
erreichte  den  Thüringer  Wald  um  7 — 8  Uhr  V.  M.,  Potsdam  um  10  Uhr 
V.M.,  Mecklenburg-Strelitz  um  11—12  Uhr  V.M.,  die  Ostseeküste  um 
2—3  Uhr  N.M.;  in  Bremen  und  Hamburg  fiel  am  Spätabend  und 
in  der  Nacht  rötlicher  Schnee.    Die  mittlere  Geschwindigkeit  der  Ver- 

lebung  betrug  etwa  50  km  pro  Stunde. 
Die  mittlere  Grösse  der  Staubkörner  wurde  auf  0,02  mm  geschätzt, 

wechselte  zwischen  0,001  und  0,08  mm.  Der  Staubfall  pro  m^  wurde 
in  Taormina  (Sicilien)  auf  2,1,  in  Livorno  auf  4,5,  in  Görz  auf  11,2,  im 
westlichen  Kärnthen  auf  8,  in  Klagenfurt  auf  1,5,  in  Schemnitz  auf  1,9, 
in  Hamburg  auf  1,7  und  in  Lütjenburg  (Holstein)  auf  4,2  g  geschätzt. 
Die  ganze  niedergefallene  Staubmenge  wird  auf  etwa  4  Millionen  Meter- 
tonnen geschätzt. 


4<J' 


XIII.  Die  Gewitter. 

Elektrische  Natur  der  Gewittererscheinungen.  Die  gross- 
artigen  Phänomene,  welche  sich  bei  den  Gewittern  entfalten,  üben  ein» 
mächtige  Wirkung  auf  Menschen  und  Tiere  aus.  Schon  in  den  ältesten 
historischen  Zeiten  suchte  man  deshalb  nach  Erklärungen  für  das  Zu- 
standekommen des  Blitzes  und  des  Donners.  Bis  vor  etwa  150  Jahren 
herrschte  die  Ansicht,  dass  dieselben  von  der  Explosion  fetter  odei 
schwefelhaltiger  Dünste  in  der  Luft  herrührten. 

Sobald  etwas  grössere  elektrische  Maschinen  konstruiert  wurden 
und  man  lange  elektrische  Funken  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte, 
war  die  Ähnlichkeit  des  Blitzes  mit  dem  elektrischen  Funken  auf- 
gefallen. Schon  Wall  (1698)  hat  diese  Ähnlichkeit  hervorgehoben  und 
nach  ihm  andere,  darunter  Winkler  (1746)  mit  grosser  Ausführlich- 
keit und  Bestimmtheit.  Wall  zog  einen  Funken  aus  geriebenem  Bern- 
stein und  verglich  das  Knistern  dabei  mit  dem  Donner,  den  Funken 
selbst  mit  dem  Blitz.  Franklin  schlug  bald  danach  einen  Versucli 
vor,  mit  Hilfe  von  in  grosser  Höhe  angebrachten  Spitzen  die  Elektrizitüt 
der  Gewitterwolken  aufzufangen  (1749).  Dieser  Versuch  wurde  von 
Dalibard  in  der  Nähe  von  Paris  und  einen  Monat  später  von  Franklin 
selbst  bei  Philadelphia  ausgeführt.  Er  benutzte  dabei  Drachen,  die  mit 
Spitzen  versehen  waren.  Die  Elektrizität  wurde  durch  die  Schnur  des 
Drachens  zum  Beobachter  geführt,  welcher  Funken  aus  einem  am  Schnur 
angehängten  Metallgegenstand  (einem  Thürschlüssel)  zog.  De  Bornas 
erhielt  auf  diese  Weise  Funken  von  3 — 4  m  Länge  und  3  cm  Dicke,  die 
heftige  Licht-  und  Schall-Erscheinungen  hervorriefen.  Diese  Versuche, 
welche  die  ganze  Aufmerksamkeit  der  gebildeten  Welt  auf  sich  zogen, 
wurden  jedoch  wegen  der  grossen  damit  verbundenen  Gefahr  nicht  oi 
wiederholt.  Der  Petersburger  Physiker  Kichmann  wurde  von  dem  ele] 
trischen  Funken  bei  einem  solchen  Versuch  getötet. 


Xni.  Die  Gewitter.  773 

Nachdem  in  jüngster  Zeit   den   oscillierenden  Entladungen   immer 

I  mehr  Aufmerksamkeit  geschenkt  wurde,  ist  man  zu  der  Ansicht  gelangt, 

'  dass  die  Blitze  wie  die  gewöhnlichen  Funken  einer  Elektrisiermaschine 

rillierenden   Entladungen   zuzuschreiben   sind.     Besonders   haben    die 

[  ntersuchungen  von  Oliver  Lodge  zu  diesem  Schluss  geführt. 

Verschiedene  Arten  von  Blitzen.  Arago,  der  die  Gewitter- 
/scheinungen  sehr  eingehend  beschrieb,  hat  folgende  vier  Arten  von 
I  Blitzen  aufgestellt:  Linienblitze,  Flächenblitze,  Perlenschnurblitze  und 
Kugelblitze.  Sogenanntes  Wetterleuchten  rührt  von  Blitzen  her,  die  so 
weit  entfernt  sind,  dass  der  Donner  nicht  gehört  wird.  Es  kommt  nur 
in  der  Nacht  vor  und  wird  deshalb  in  der  Gewitterstatistik  nicht  unter 
dpn  gewöhnlichen  Gewittern  aufgeführt. 

Die  Linienblitze   sind   die  gewöhnlichsten.    In  älteren  Abbildungen 
»><rden  sie  als  zickzackförmig  dargestellt.    In  neuerer  Zeit  hat  man  viele 
llfc>tographien  dieser  Blitze  aufgenommen.    Diese  Photographien  zeigen 
(jpwöhnlich  einen   stark   verästelten   krummlinigen  Verlauf  des  Blitzes, 
welcher  mit  einem  Baum  oder  einem  Strom  vergleichbar  ist.    Die  Ver- 
j  ästelungen  sind  bei  Entladungen  zur  Erde  gewöhnlich  von  dem  Punkte, 
wo  sie  in  der  Luft  sich  verzweigen,  nach  unten  gerichtet.    Ebenso  haben 
j  die  Verästelungen   bei   einem   gewöhnlichen   Funken   einer    Elektrisier- 
maschine  eine   bestimmte   Richtung,   nämlich   von   dem  positiven  zum 
negativen  Pol  hin.  •  Die  Verästelungen  der  Linienblitze   scheinen   dem- 
nach  darauf  hinzudeuten,    dass  in   den   meisten   Fällen   die   Gewitter- 
i  wölken,  deren  Blitze  die  Erde  treffen,  positiv  gegen  sie  geladen  sind. 
■'        Die  Photographien  zeigen  häufig  mehrere  einander  parallele  Bahnen 
-  Funkens.    Man  ist  darüber  einig,  dass  dieselben  den  verschiedenen 
.  uscillierenden    Entladungen    entsprechen.      Wenn    die    Spannung    ge- 
'  iiügend  gross  geworden  ist,  um  die  zwischen  den  beiden  Wolken  oder 
d(^r  Wolke  und  der  Erde  liegende  Luftschicht  durchzuschlagen,  so  bildet 
h  ein  Funkenkanal,  durch  den  schon  eine  schwächere  Spannung  sich 
Hiszugleichen    vermag.      Die     späteren    Entladungen    folgen    deshalb 
recht  getreu  der  alten  Entladungslinie.    Kayser,  der  zuerst  einen  mehr- 
fachen Blitz   mit  feststehender  Kamera  photographierte,   erklärt   diese 
! Erscheinung  so,  dass  in  der  Zwischenzeit  zwischen   den  verschiedenen 
lEntladungen   der  Funkenkanal   sich   mit   dem  Wind   verschoben   hatte. 
Man   hat   sogar  künstlich   diese  Verschiebungen  auf  die  Weise  hervor- 
rufen,  dass   man   die  Kamera  während   der  Aufnahme   langsam  be- 
wegte.   Auf  diese  Weise  hat  Brecht  eine  fünffache  Entladung  photo- 
graphiert  (Fig.  235).    Er  schätzte  die  Zeit  der  Bewegung  der  Kamera 


i 


774 


Physik  der  Atmosphäre. 


auf  1,2  Sek.,  wonach  die  Dauer  einer  einzelnen  Oscillation  0,3  Sek.  be- 
tragen würde.  Diese  Oscillationszeit  ist  wohl  bedeutend  grösser  als  die-i 
jenigen,  mit  welchen  wir  durch  physikalische  Versuche  bekannt  sind' 
Es  liegt  aber  nichts  unmögliches  darin,  Oscillationen  von  so  langt  i 
Dauer  für  die  Blitze  anzunehmen.  Eine  lange  Dauer  kommt  besonder^ 
den  Blitzen  zu,  welche  durch  Entladungen  von  einer  Wolke  zu  einer, 
anderen  zustande  kommen.  Entladungen  von  einer  Wolke  zur  Erde  sind 
häufig  von  sehr  kurzer  Dauer,  sodass  (nach  Dove)  in  ihrer  Beleuchtung 

ein  schnell  gedrehter  Kreisel 
still  zu  stehen  scheint.  Einige 
Blitze  gehen  auch  von  den 
Wolken  in  den  reinen  Him-j 
mel  hinauf.  Sie  ähneln  ganz 
einem  in  der  Wolke  wurzeln 
den  entlaubten  Baum. 

Das  Spektrum  der  Linien-i 
blitze  ist  von  Kundt  unter-j 
sucht  worden.  Dasselbe  ist 
ein  stark  ausgeprägtes  Linien-j 
Spektrum,  dessen  Linien  die; 
Anwesenheit  von  glühendem 
Stickstoff,  Sauerstoff  und 
Wasserstoff  im  Funkenkanal 
angeben.  Pickering  hat^ 
jüngst  das  Spektrum  d 
Blitzes  photographiert.  Yon; 
19  Linien  in  demselben,  die 
er  genau  messen  konnte,  ge- 
hörten nur  zwei  zu  Stickstoftj 
und  Sauerstoff,  drei  zu  Wasser- 
stoff (aus  Wasserdampf),  elf  entsprechen  Argon,  Krypton  und  Xenon,  eine 
Neon  und  eine,  die  kräftigste,  die  zufälligerweise  mit  einer  Calcium- 
Linie  zusammenfällt,  liegt  zwischen  einer  Linie  des  Argons  und  einer 
des  Neons  ganz  nahe  an  beiden.  Die  Farbe  der  Blitze  wird  dadurcli' 
verständlich.  Wie  alle  intensive  Lichtentwickelungen  geben  sie  cini  i 
Eindruck  von  weissem  Licht.  Häufig  zeigen  sie  einen  Stich  ins  pur-i 
purne,  wie  das  Licht  bei  Entladungen  in  Stickstoff.  Auch  andere  Farben-! 
töne  sind  bei  den  Linienblitzen  wahrgenommen,  wie  blau,  gelblich,  gold- 
gelb   und    grün.     Nach   Elster  und   Geitel    sind    die   Blitze    rötlich 


Fig.  235. 

Fünffacher  Linienblitz  nach  P recht. 


i 


IB 


XIII.  Die  Gewitter.  775 


m 


* 


gefärbt,  wenn  sie  von  der  Erde  ausgehen,  also  die  Wolke  negativ  ge- 
laden ist,  bläulich  dagegen,  wenn  sie  in  umgekehrter  Richtung  ver- 
laufen. Diese  Färbung  entspricht  derjenigen  der  elektrischen  Funken. 
Die  Linienblitze  können  ganz  beträchtliche  Längendimensionen  auf- 
isen.  Wenn  sie  zwischen  Wolke  und  Erde  überschlagen,  ist  ihre 
ge  von  der  Höhe  der  Gewitterwolke  bestimmt,  und  beträgt  selten 
mehr  als  2 — 3  km.  In  Toulouse  hat  Petit  Blitze  beobachtet,  die  13  bis 
17  km  Länge  erreichten.  Frank  hat  sogar  von  Grimming  am  Enns- 
thal  einen  längs  der  Wolken  verlaufenden  Blitz  beobachtet,  dessen  Ge- 
imtlänge  er  zu  49  km  berechnete.  Vielleicht  sind  diese  langen  Blitze 
IS  mehreren  kleinen  Partialentladungen  zusammengesetzt. 

Die  Flächenblitze  bestehen,   wie  der  Name  sagt,   darin,   dass  eine 
_ rosse  Fläche,  z.  B.  von  einer  Wolke,  auf  einmal  aufleuchtet.    Sie  können 
s  nur    scheinbar  sein,   indem   eine   Wolke 
n  einem   entfernten,   durch   andere  Wolken 
\  erdeckten  Linienblitze  erleuchtet  wird.     Teils 
können   sie  auch  von  schwachen  Entladungen 
herrühren,  welche  dem  Büschellicht  bei  Elek- 
trisiermaschinen    entsprechen.       Diese     Ent- 
ladungen   geschehen    gleichzeitig    über     einer     pig.  236.  Perlenschnurblitze 
lossen  Wolkenfläche  und  sind  wohl  als  Folgen         nach  Riggenbach. 
11  starken  elektrischen  Störungen  in  der  Nähe 

T  Wolke  anzusehen.    So  sind  diese  Entladungen  nach  einem  Linien- 
i»litze  sehr  gewöhnlich. 

Das  Spektrum  dieser  bläulichweiss  oder  violett  gefärbten  Blitze 
zeigt  Banden  auf,  welche  dem  Bandenspektrum  des  Stickstoffs  nach 
Kun dt s  Untersuchungen  entsprechen.  Sie  rühren  offenbar  von  schwachen 
Partialentladungen  zwischen  den  verschiedenen  Teilen  der  Wolke  her. 
Die  Perlenschnurblitze  sind  relativ  selten.  Die  Funkenbahn  zeigt 
an  verschiedenen  Stellen  starke  Erweiterungen,  sodass  sie  wie  eine 
Perlenschnur  erscheint.  Fig.  236  zeigt  eine  Photographie  solcher  Blitze 
nach  Riggenbach. 

Die  eigentümlichste  Erscheinung  auf  diesem  Gebiet  sind  die  Kugel- 
Itlitze.  Vielfache  Versuche  von  Plante,  Lepel,  Toepler  und  Hesehus, 
>ie  künstlich  nachzuahmen,  sind  ohne  entscheidenden  Erfolg  geblieben. 
Hesehus  verband  den  einen  Pol  einer  Wechselstrommaschine  von 
10000  V.  mit  einer  Wassermasse,  den  anderen  Pol  mit  einer  Kupfer- 
platte 2 — 4  cm  über  der  Wasseroberfläche.  Die  Entladung  bildete  einen 
Funken,  der  bisweilen  die  Form  einer  Kugel  annahm,  welche  sich  leb- 


776  Physik  der  Atmosphäre. 

haft  bewegte  und  den  Luftströmungen  folgte.  Derselbe  entwickelte  brauiu 
Dämpfe  und  teilte  sich  bisweilen  wie  die  Kugelblitze.  Ähnliche  Ver- 
suche wurden  von  Plante  mit  Akkumulatoren,  von  Lepel  und  Toeplei 
mit  Influenzmaschinen  ausgeführt.  Ein  Kugelblitz  wurde  von  v.  Hai- 
dinger  abgebildet  (Fig.  237). 

Als  typisches  Beispiel  möge  ein  Kugelblitz  angeführt  werden,  dei- 
in  der  Nähe  von  Upsala  am  2.  Juli  1883  durch  ein  Haus  ging,  worüber 
gleich  nachher  Bericht  aufgenommen  wurde.  Er  stieg  während  eine? 
Gewitters  schräg  vom  Himmel  ungefähr  in  der  herrschenden  Wind- 
richtung nieder  und  ging  dann  in  dem  schmalen  Riss  zwischen  dem 
Fensterpfosten  und  einem  als  Ersatz  einer  Fensterscheibe  angenagelten 
Tuch  in  ein  kleines  Haus  hinein,  wo  drei  Personen  ihn  beobachten 
konnten.    Beim  Eintritt  machte  er  einen  etwa  0,2  cm  tiefen,  0,5  bis  1  cm 

breiten  Riss  quer  etwas  schräg  nach 
unten  im  Fensterpfosten.  Ferner  stürzte  j 
er  einige  Holzgeräte  um,  die  auf  dem! 
Fenstertisch  aufgestellt  waren.  Der 
Blitz  war  goldgelb  und  eiförmig,  etwa! 
1  m  nach  dem  längsten  Durchmesser.' 
Er  folgte  dem  Zug  im  Zimmer  in 
einem  nach  unten  konvexen  Bogen  mit 
Flg.  237.  ^gy  Greschwindigkeit   eines   gehenden 

Kuffelblitz  nach  v.  Haidinger.  ^^  ,  .  i       ,       .  •,  Tir 

Mannes,  bis  er  durch  emen  mit  Moos 
zugestopften,  etwa  0,8  cm  hohen  und 
10  cm  breiten  Spalt  hinaustrat,  wobei  er  das  Moos  herausriss.  Die  Zeugen, 
von  welchen  einer  etwa  1  m  von  der  Bahn  des  Blitzes  sass,  fühlten  keine 
Wärme,  die  von  dem  Blitz  berührten  Gegenstände,  wie  der  Fensterpfosten  und 
das  ausgerissene  Moos,  zeigten  keine  Brandmarken.  Der  Blitz  verbreitete 
auch  keinen  Geruch.  Er  war  selbstlcuchtend,  denn  seine  Farbe  wurde 
beschrieben  als  diejenige  von  sonnenbeschienenem  Gold.  Bald  nach 
seinem  Austritt  aus  dem  Haus  geschah  eine  heftige  Detonation. 

Die  Farbe  der  Kugelblitze,  welche  von  vielen  als  optische  Täuschun- 
gen (Nachbilder)  angesehen  werden,  was  in  diesem  wie  in  mehreren 
anderen  Fällen  ausgeschlossen  erscheint,  wird  wechselnd  als  rot,  gelb 
und  purpurn  angegeben.  Ihre  Grösse  ist  auch  verschieden,  meist  wie 
diejenige  eines  Kopfes  oder  einer  Faust,  bisweilen  sind  sie  nur  eiergross. 
Der  von  Haidinger  beschriebene  Kugelblitz  muss  dagegen  riesige 
Dimensionen  besessen  haben.  Sie  üben  starke  mechanische  Wirkungen 
aus.    Nach  Cadenat  können  sie  durch  geschlossene  Thüre  oder  Fenster 


I 


XTII.  Die  Gewitter.  777 


gehen,  wobei  sie  Lücher  durch  das  Holz  bohren  oder  dasselbe  zer- 
splittern und  kreisförmige  Löcher  mit  glattem  Eand  in  den  Glasscheiben 
ausschneiden.  (18. — 19.  Aug.  1890  zu  St.  Claude.)  Wenn  sie  in  der 
Nähe  von  festen  Körpern  detonieren,  verursachen  sie  grossen  Schaden 
wie  ein  gewöhnlicher  Blitzschlag,  zerreissen,  schmelzen  Metalle  und 
/Hnden.  Bisweilen  senden  sie  dabei  gewöhnliche  Blitze  aus.  An  elek- 
;schen  Drahtleitungen  scheinen  sie  bei  Gewittern  nicht  selten  aufzu- 
treten, meist  in  Form  von  kleinen  leuchtenden  Eiern,  die  von  den 
Drahten  hinunterspringen. 

Der  Donner.    Die  Blitze  sind  von  einem  Donner  begleitet,  welcher 

ist   in  ein  langes  Rollen  mit  abwechselndem  Auf-   und  Abschwellen 

übergeht.    Wenn   der  Blitz   niederschlägt,    giebt   er    gewöhnlich   einen 

viel    schärferen,    trockneren   Knall,    gegen    welchen    der    nachfolgende 

Donner  zurücktritt.    Das  Rollen  des  Donners  rührt  daher,  dass  die  Blitz- 

l>ahn  lang  ist  und  viele  Verästelungen  hat,  sodass  der  Schall  zu  recht  ver- 

hiedenen  Zeiten  zum  Ohr  des  Beobachters  gelangt,   teils   auch  daher, 

ISS  der  Schall  an  verschiedenen  Gegenständen  am  Boden  oder  an  Wolken 

reflektiert  wird.   Schliesslich  können  auch  mehrere  kleinere  Entladungen 

der  Hauptentladung  vorangehen  oder  nachfolgen. 

Wegen  der  geringeren  Dichte  der  Luft  in  höheren  Schichten  ist  der 
I  »onner  der  in  diesen  Schichten  erfolgenden  Entladungen  weniger  kräftig 
ils  derjenige  von  Blitzen,  die  zur  Erde  hingehen.  Die  Hörweite  wird 
auf  etwa  16  und  höchstens  30  km  geschätzt,  ist  also  viel  geringer  als 
diejenige  von  Kanonensalven. 

Von  der  Entfernung   der  Gewitter  macht  man  sich  in  der  Weise 

11c  Vorstellung,   dass   man  die  Zeit  in  Sekunden  zwischen  Blitz   und 

i>unner  durch  3  teilt,  wobei  die  Entfernung  in  Kilometer  herauskommt. 

Der  Schall   braucht  nämlich   im  Mittel  3  Sek.  zur  Zurücklegung  eines 

Kilometers. 

Die  geringe  Hörbarkeit  der  Gewitter  erklärt  sich  daraus,   dass  der 

>ihall   zufolge   von   hoher  Temperatur   an   der  Erdoberfläche  oder  vom 

Winde  abgelenkt  wird  (vgl.  unten).    Darum  ist  das  Wetterleuchten  auch 

häufig. 

Diese  P^rklärung  gilt  aber  offenbar  nicht,  wenn  das  Gewitter  sehr 

liüch  am  Himmel  oder  gar  im  Zenith  steht.    Trotzdem  kommen  in  den 

Tropen    häufig    und    bei    uns    bisweilen,    besonders    bei    Hagelwetter, 

■witter  mit  Blitzen  in  der  Nähe  des  Zeniths  vor,  welche  nicht  hörbar 

iid.    Die  Entladungen   sind   dabei    vermutlich   sehr   schwach   wie  bei 

l'lächenblitzen. 


778  Physik  der  Atmosphäre. 

Wirkungen  des  Blitzes,  Die  Energie  des  Blitzes  ist  ganz  be- 
deutend. Was  zunächst  das  Potential  der  Wolken  gegenüber  der  Erdober- 
fläche betrifft,  so  schwebt  man  in  grosser  üngewissheit  über  seinen  Bi- 
trag. Mit  elektrisch  geladenen  Kugeln  von  6  cm  Durchmesser  hat  man 
Versuche  angestellt,  welche  zeigen,  dass  zur  Entstehung  eines  Funkens 
von  0,1  cm  Länge  eine  Potentialdifferenz  von  etwa  4500  Volt  nötig  ist! 
Für  grössere  Längen  der  Funken  wächst  die  nötige  Potentialdifferen/ 
ungefähr  der  Länge  proportional,  jedoch  etwas  langsamer,  sodass  ein 
1  cm  langer  Funke  einer  Potentialdifferenz  von  etwa  29400  Volt  ent- 
spricht. Die  grösste  Potentialdifferenz  bei  solchen  Versuchen  ist  neuer- 
dings von  Trowbridge  angewendet  worden,  welcher  mit  3  Millionen 
Volt  einen  Funken  von  2  m  Länge  erzeugte.  Man  kann  demnach  wohl 
nur  behaupten,  dass  die  Potentialdifferenzen,  welche  zu  kilometerlangen 
Funken  Anlass  geben,  wahrscheinlich  hunderte  bis  tausende  von  Millionen 
Volt  erreichen.  Die  Stromstärke  des  Blitzes  ist  aus  ihrer  magneti- 
sierenden  Wirkung  geschätzt  worden.  Um  diese  zu  messen,  legtoi 
Pockels  Basaltstäbe  in  7,4  cm  Entfernung  vom  Fusse  eines  Blitz- 
ableiters auf  die  Erde.  Nach  Blitzschlägen  wurden  ihre  magnetisch"  i 
Eigenschaften  untersucht  und  mit  denen  verglichen,  die  ähnliche  Stähf. 
unter  J]inwirkung  bekannter  elektrischer  Ströme  annehmen.  Auf  diese 
Weise  erhielt  Pockels  Werte  von  6000  bis  20000  Ampere.  Zu  ähn- 
lichen Kesultaten  waren  schon  früher  W.  Kohlrausch  und  L.  Weber; 
gekommen,  weshalb  die  Grössenordnung  von  10000  Ampere  wohl  al-^' 
richtig  angesehen  werden  kann. 

Toepler  untersuchte   Blitzspuren   an   verschiedenen  Gesteinsarti 
und  fand,  dass  in  den  meisten  Fällen,  59  von  92,  die  Erde  den  positive 
Pol  gebildet  hatte.    Er  erklärt  das  so,  dass  am  positiven  Pol  der  Fun]^• 
nicht  verästelt  ist  und  deshalb  kräftigere  Spuren  hinterlässt. 

Die  Wärmewirkungen  der  Blitze  sind  wohlbekannt.  Sie  vermögen] 
starke  eiserne  Ketten  zu  schmelzen  und  teilweise  zu  verdampfen.  So 
z.  B.  traf  der  Blitz  am  19.  April  1827  den  Blitzableiter  des  Dampfer- 
New  York,  der  oben  aus  einem  1,1  cm  dicken  Eisenstab,  unten  aus  einerj 
Kette  bestand,  deren  Einge  aus  0,6  cm  dickem  Eundeisen  verfertigtl 
waren.  Das  obere  Ende  des  Stabes  schmolz  in  einer  Länge  von  30  oml 
und  die  Kette  wurde  in  feurig-flüssige  Kugeln  verwandelt,  die  herum- 
geschlendert wurden  und  das  Schiff  auf  etwa  50  Stellen  trotz  einer 
dichten  schützenden  Hageldecke  in  Brand  setzten. 

Wenn   die  Blitze  in   Sandboden   fahren,   so   schmelzen   häufig   di» 
Sandkörner    zu    langen    Eöhren    zusammen,    welche    Blitzröhren    odci 


h 


XIII.  Die  Gewitter.  779 


Fulguriten   genannt  werden.    Die  Spitzen  der  Felsen  in  den  Gebirgen 
<ind  häufig  vom  Blitz  getroffen  und  verglast. 

Sehr  gewöhnlich  ist,  dass  der  Blitz  gewaltsame  mechanische  Ein- 
wirkungen  ausübt.     Er   durchbohrt,   spaltet,   zerbricht  und   schleudert 
troffene  Nichtleiter  herum.    In  Swinton  bei  Manchester  hob  der  Blitz 
iie  26  Tonnen  wiegende  Mauer  von  0,9  m  Dicke  und  3,3  m  Höhe  und 
jrschob  das  eine  Ende  um  2,7,  das  andere  um  1,2  m,   ohne   die  7000 
Backsteine  auseinanderzureissen. 

Am  schwersten   scheinen   diejenigen  Stellen  beschädigt  zu  werden, 
wo  die  Elektrizität  aus  Nichtleitern  in  Leiter  oder  umgekehrt  übergeht. 
Dahin  kann  man  auch  rechnen,   dass  die  Spitzen   der  Blitzableiter   am 
ichtesten  vom  Blitz  geschmolzen  werden. 

Schlägt  der  Blitz  in  einen  Baum  ein,  der  nicht  allzu  gut  leitet, 
verwandelt  er  häufig  den  ganzen  Baumstamm  in  kleine  Holzsplitter. 
Die  Bäume  sind  in  sehr  verschiedenem  Maass  der  Blitzgefahr  aus- 
j, gesetzt.  Am  meisten  werden  Pappeln,  Birnbäume  und  Eichen  ge- 
^^Ten.  FAne  Pappel  kann  als  Blitzableiter  dienen,  wenn  man  eine 
^^Herne  Stange  am  unverzweigten  Teil  des  Stammes  entlang  führt. 
^"  Prohaska  schätzte,  dass  in  den  niederösterreichischen  Waldungen 
Inlgende  Zahl  Bäume  vom  Blitze  getroffen  waren: 

Eiche   32     Proz.  Birke  1,4  Proz. 

Lärche   9,5     „  Föhre  unter  1  Proz. 

Tanne    3,8     „  Buche      „      1     „ 

Fichte    1,8     „  Erle  „      l     „ 

Einige  Forscher  sind  der  Ansicht,  dass  die  Blitzgefahr,  welcher  ein 

j  Baum  ausgesetzt  ist,   mit  der  Tiefe  seiner  Wurzel  wächst.     Der  Birn- 

;  bäum   hat   z.  B.   tiefere  Wurzel   als   der   Apfelbaum   und   soll   deshalb 

'  häufiger  getroffen  werden.    Die  Höhe  dürfte  jedoch  den  grössten  Einfluss 

ausüben. 

Der  Blitz  zündet  bisweilen  die  Bäume  an,  gewöhnlicher  zersplittert 
i  er    sie    oder    bricht    sie    ab,    in    den    meisten    Fällen    unterhalb    der 
Laubkrone.     Der    Blitz    läuft    wie    oscillierende    Entladungen    im    all- 
lueinen  der  Oberfläche  der  getroffenen  Gegenstände  entlang,  die  Laub- 
j  masse  und  die  kleinen  Zweige  bieten  mm  dem  Blitz  eine  grosse  Ober- 
fläche,  auf  welcher   sich  seine  Wirkung  verteilt  und  deshalb  nicht  so 
heftig  ist.    Beim   Eintritt  in   den   unverzweigten   Baumstamm  dagegen 


780  Physik  der  Atmosphäre. 

konzentriert  sich  die  ganze  Gewalt  des  Blitzes  und  zerbricht  oder  zer 
kleinert  ihn,  ungefähr  wie  beim  Übergang  von  einem  guten  zu  einen 
schlechten  Leiter.  Wenn  dies  nicht  geschieht,  folgt  der  Blitz  gewöhn- 
lich den  saftigen  Teilen  zwischen  Rinde  und  Holz,  wodurch  die  Flüssig- 
keit verdampft  und  die  Rinde  abgeschleudert  wird. 

Auch  die  verschiedenen  Materialien  des  Erdbodens  werden  in  ver- 
schiedenem Maasse  von  dem  Blitzschlag  getroffen,  wobei  sehr  viel  von  den 
Wassergehalt  des  Bodens  abhängt.  So  ist  die  Blitzgefahr  für  gewöhn- 
lichen Thonboden  22,  für  Sandboden  9,  für  Töpferthon  7,  für  Keuper- 
mergel  2,  wenn  sie  für  Kalkboden  gleich  1  gesetzt  wird. 

Nach  von  Szalay  sind  Sumpfboden  und  lockere  alluviale  Bildungen 
dem  Blitzschlag  mehr  ausgesetzt  als  härtere  Bodenarten. 

Wenn  der  Blitz    lebende  Tiere   oder  Menschen   trifft,   werden   sii 
häufig  getötet,  häufig  nur  gelähmt  oder  betäubt.    Bisweilen  kann  mai 
scheinbar  Getötete  wieder  zum  Leben  erwecken,  wenn  man  ihnen   Be- 
wegungen erteilt,  welche  eine  künstliche  Atmung  hervorrufen.    Die  Be-i 
handlung    der   vom   Blitz   oder   von    starken    elektrischen   Entladungen! 
Betroffenen  ist  genau  dieselbe  wie  diejenige  von  Ertrunkenen. 

Ein  Mensch  oder  Tier  kann  sehr  wohl  bei  Gewittern  tötlich  ver-j 
letzt  werden,  ohne  direkt  vom  Blitz  getroffen  zu  sein.  Wenn  em 
Blitz  in  der  Nähe  überspringt,  können  so  starke  Induktionserscheinungen 
in  dem  lebenden  Körper  auftreten,  dass  er  getötet,  gelähmt  oder  betäubti 
wird.  Solche  Fälle  werden  Rückschlag  genannt.  Metallische  Gegen- i 
stände,  wie  Uhren,  Uhrketten,  Münzen  etc.,  die  der  vom  Blitze  Ge- 
troffene getragen  hatte,  sind  häufig  zerrissen  oder  geschmolzen,  bi 
weilen,  wenn  sie  dünn  sind,  verdampft.  An  den  Stellen,  wo  der  Blitz , 
aus  dem  relativ  gut  leitenden  Körper  zur  häufig  schlechtleitenden  Unter-' 
läge  (Holz,  Stein,  trockene  Erde)  übergeht,  entstehen  oft  starke  Ver- 
wüstungen. Sehr  oft  werden  die  Schuhsohlen  zerfetzt.  Die  Zahl  den 
vom  Blitze  getöteten  Personen  ist  nicht  so  gering,  wie  man  sichl 
häufig  vorstellt.  Auf  eine  Million  Menschen  kommen  pro  Jahr  folgende- 
Anzahl  vom  Blitz  getötete  Personen: 

In  Steiermark  und  Kärnten  .    .  10,6  In  Baden    .    .  3,S 

„   Ungarn .  10  „  Schweden    .  3,1 

„   den  Vereinigten  Staaten  N.-A.    5  „  Frankreich  .  3 

„   Sachsen 5  „   Belgien  .    .2,1 

,.    Preussen 4,4  ,,  England.     .  1 

,,   Bayern 4 


i 


XIIL  Die  Gewitter.  781 


|,..„ .„....,....,„.,.. 

1  Hkufig  getroffeij,  besonders  solche  von  grösserer  Höhe,  welche  die  nied- 
riger liegenden  in  der  Umgebung  gewissermaassen  schützen.  So  werden 
z.  B.  Kirchtürme  besonders  häufig  vom  Blitz  getroffen,  der  Strassburger 
Dom  wurde,  bevor  er  einen  Blitzableiter  hatte,  jährlich  mehrere  male 
vom  Blitz  getroffen  und  häufig  stark  beschädigt;  so  z.  B.  erreichten 
die  Schäden    bei    einem   Blitzschlag  im   Juli    1759    einen   Betrag   von 

I  100000  Franken.    Im  Mittel  betrug  der  Schaden  3000  Franken  jährlich. 

j  Nachdem    der  Blitzableiter    aufgesetzt    war,    wurden    die    Blitzschläge 

:  seltener  und  der  Schaden  sehr  stark  herabgesetzt. 

I        Der  Blitz  zündet  ein  Haus  viel  leichter  (etwa  7— 8  mal)  an,  wenn 

I  das  Dach  aus  weichem  Material,   wie  Stroh  oder  Holzspänen,    verfertigt 

ist,  als  wenn  es  hart  ist,  d.h.  aus  Ziegel,  Schiefer  oder  Blech  besteht. 

Die  Blitzschläge  haben  eine  stark  ausgesprochene  tägliche  und  jähr- 

e''  '  (Periode  wie  die  Gewitter  selbst.    59,5  Proz.  aller  Blitzschläge  fallen 
ie  Zeit  zwischen  Mittag  und  6'*  Nachm.    Das  Jahresmaximum  fällt 
in  den  wärmsten  Teil  des  Jahres. 

I  Die  Küstengegenden  der  Nordsee,  wo  die  Gewitter  zu  anderen  Zeiten 
lauftreten,  haben  auch  eine  ganz  andere  Verteilung  der  Blitzschläge.  Es 
lindet  sich  dort  ein  Maximum  nach  Mitternacht  und  neben  dem  Haupt- 
luaximum  im  August  (241)  treten  kleinere  Maxiraa  im  Mai  (133)  und 
im  Oktober  (144)  auf  (nach  der  Statistik  für  Schleswig  -  Holstein  von 
Hell  mann). 

Mau  hat   eine  sehr  starke  Zunahme  der  Blitzgefahr  in  den  letzten 

^•fhren    sowohl    in    Bayern    und   Württemberg    als    auch    in    Sachsen 

ustatiert.    So  hat  beispielsweise   die  Zahl   der  Schadenblitze   auf  die 

iVIillion  versicherter  Gebäude  pro  Jahr  in  Baj^ern  von  der  Dekade  1841 

j)is  1850  bis  za  der  Periode  1891—1897  kontinuierlich  von  27,5  auf  186,2 

;iicrenommen.     Dies   ist   ganz   sonderbar,    da   die   Zahl    der    vom   Blitz 

töteten  Personen  pro  Million  p]inwohner   sich  nicht  nennenswert  ge- 

lert  hat.    Die  Statistik  für  Württemberg  zeigt  auch  die  auffallende 

iiatsache,  dass  die  Anzahl  der  Brandschäden  aus  anderen  Gründen  pro 

nilion  versicherter  Gebäude   in   nahezu   demselben  Verhältnis   wie  die 

meldeten    Schäden    durch  Blitzschläge    zugenommen   hat.     Es    liegt 

halb  nahe,   mit  A.  Schmidt   anzunehmen,   dass   die   Zunahme   nur 

Heinbar  ist  und  auf  eine  fleissigere  Meldung  der  Schäden  als  in  früheren 

■iten  zurückzuführen  ist. 

Die    aus    Schornsteinen    aufsteigenden    warmen   Verbrennungsgase 
leichen   die   elektrischen  Spannungen   zwischen    der   Erde    und   oben- 


782  Physik  der  Atmosphäre. 

liegenden  Wolken  aus,  sie  vermindern  demnach  die  Blitzgefahr.  Nat 
Hellmann  fallen  von  1000  Blitzschäden  in  Deutschland  6,3  auf  Kirchen 
8,5  auf  Windmühlen,  dagegen  nur  0,3  auf  Schornsteine.  In  Ungarn 
sind  nach  v.  Szalay  nur  solche  Schornsteine  vom  Blitz  getroffen  worden, 
aus  denen  kein  Eauch  aufstieg.  In  manchen  Gegenden  soll  man  auch 
von  Alters  her  zum  Schutz  gegen  den  Blitz  bei  annahendem  Gewittei 
Feuer  in  den  Herden  anzünden. 

Auch  die  vielen  Drähte,  welche  zum  telegraphischen  oder  Ferii- 
sprech  -  Betrieb  in  und  über  den  Städten  ausgespannt  sind,  schützei 
gegen  den  Blitz.  Diese  Drahtnetze  und  die  vielen  rauchenden  Schoni 
steine  bewirken,  dass  über  grossen  Städten  die  Blitzschläge  relati\ 
selten  sind. 

Blitzableiter.    Zur  Vermeidung  der  Unglücksfälle  und  materiell 
Schäden,  welche   von  dem  Einschlagen   des  Blitzes  verursacht  werdei, 
schlug  Franklin  vor,  hohe  mit  der  Erde  leitend  verbundene,  metallen« 
gewöhnlich  eiserne  Stangen  neben  und  über  den  Häusern  aufzustellen 
Diese    Stangen,    die   sogenannten   Blitzableiter,    müssen    oben    in    eint 
scharfe  Spitze  enden,   deren  Aufgabe  es  ist,  die  Ausströmung  der  Elek^ 
trizität  in  die  Luft  zu  vermitteln.    Aus  einer  feinen  Nadelspitze  ströini 
die   Elektrizität   um   so   leichter   aus,  je  feiner  sie  ist  und  je  höher  ilu 
Pontential  über  demjenigen  der  Umgebung  liegt.     Um  die   Schärfe  dei 
Blitzableiterspitzen  zu  erhalten,  muss  man  sie  aus  einem  Material  ver- 
fertigen,   welches    von    den  Gasen    der  Atmosphäre    nicht    angegriftei 
wird.    Daher  die  Vorschrift,  dass  die-  Spitze  aus  Gold  oder  Platin  vei- 
fertigt  oder  vergoldet  sein  soll. 

Je  höher  die  Spitze  über  das  Haus,  das  sie  schützen  soll,  hinaul- 
ragt,  um  so  grösser  ist  der  Unterschied  zwischen  ihrem  Potential  und  dem- 
jenigen der  Umgebung,  um  so  leichter  strömt  sie  die  Elektrizität  au.> 
um  so  sicherer  wirkt  sie.  Man  drückte  dies  früher  so  aus,  dass  dei 
Blitzableiter  eine  um  so  grössere  Fläche  schützt,  je  höher  er  liegt  un< 
nahm  als  Regel  an,  dass  ein  Gegenstand,  dessen  Entfernung  von  dei 
durch  die  Spitze  gelegten  Lotlinie  geringer  ist  als  ihr  doppelter  Vertikal- 
abstand von  der  Spitze,  der  Blitzgefahr  nicht  ausgesetzt  ist.  Mit  anderei 
Worten,  die  Gegenstände,  welche  unter  einem  Conus,  dem  sog.  Schutz 
Conus,  von  120^  Winkel  liegen,  dessen  Spitze  mit  derjenigen  des  Blit 
ableiters  zusammenMlt,  sind  geschützt.  In  England  nimmt  man  d( 
Radius  des  geschützten  Kreises  nur  gleich  dem  Vertikalabstand  an.  (De 
Winkel  des  Schutzconus  ist  dabei  nur  gleich  90  *'  angenommen.) 

Um  die  Ausströmung  der  Elektrizität  aus  dem  Blitzableiter  zu  ei 


I 


XIII.  Die  Gewitter.  783 


leichtern,  befestigt  man  häufig  am  oberen  Ende  der  Blitzableiterstange 
nicht  eine,  sondern  mehrere  Spitzen.  Am  weitesten  in  dieser  Richtung 
ist  Meisen s  gegangen,  welcher  an  den  Kanten  des  Daches  eine  Reihe 
von  eisernen  Stangen  von  unbedeutender  Länge  anbringt,  welche  in 
Bündel  von  divergierenden,  nach  oben  gerichteten  Spitzen  endigen. 
Dieses  System  wurde  sehr  gelobt,  es  wurde  am  Hotel  de  Ville  in  Brüssel 
mustergiltig  ausgeführt,  trotzdem  wurde  dieses  Haus  durch  einen  Blitz- 
schlag angezündet  und  brannte  nieder.  Der  Hauptfehler  des  Systems 
liegt  vielleicht  in  den  allzu  niedrigen  Stangen. 

Der  Blitzableiter  hat  einen  doppelten  Zweck,  erstens  und  hauptsächlich 
durch  Ausströmung  von  Elektrizität  die  entgegengesetzte  Ladung  der 
Wolken  zu  neutralisieren,  zweitens  aber,  wenn  dies  nicht  gelingt, 
sondern  der  Blitz  zur  Erde  schlägt,  ihm  eine  gutleitende  Bahn  zu  bieten, 
und  zu  verhindern,  dass  er  den  Weg  durch  andere  Gegenstände  nimmt. 
Damit  die  Stange  nicht  schmilzt,  muss  man  ihr  einen  nicht  all  zu 
geringen  Querschnitt  geben;  man  hat  gefunden,  dass  dieser  nicht 
geringer  als  0,5  cm-^  sein  darf,  wenn  die  Stange  aus  Eisen  oder  Kupfer 
besteht.  Gewöhnlich  verwendet  man  eiserne  Stangen  von  etwa  2  cm 
Durchmesser. 

Man  muss  mit  peinlicher  Sorgfalt  verhüten,   dass  der  Blitzableiter 

rgendwo  unterbrochen  ist.  An  solchen  Stellen  muss  nämlich  der  Blitz  einmal 

fOü  einem  guten  Leiter  zu  einem  Nichtleiter  übergehen,  einmal  umgekehrt. 

Daher  tritt  an  solchen  Stellen  starker  Schaden  ein,  so  dass  der  Blitzableiter 

nehr  schädlich   als   nützlich  wirkt.    Ebenso   muss   die  Verbindung   zur 

^]rde   gut  sein.     Es  wird  deshalb   gewöhnlich  vorgeschrieben,   man  solle 

len  Blitzableiter   bis  zu  einem  Brunnen,   oder  überhaupt  zum   Grund- 

vasser  führen.    Da  diese  Leitung  häufig  grosse  Kosten  verursacht,  schlägt 

?indeisen  vor,   man  solle  sich  damit  begnügen,   das  untere  Ende  des 

■Blitzableiters  zu  verzweigen  und  die  Zweige  ein  Stück  unter  den  Rasen 

eiten.    Häufig  lässt  man  den  Unterteil  des  Blitzableiters  in  eine  grosse 

'latte  aus  Eisen  enden,  damit  der  Übergangswiderstand  zur  Erde  nicht 

1  gross  wird.    Diese  Platte  wird  gewöhnlich   mit   Holzkohle    umgeben, 

Iche  sie  gegen  Verrostung  schützt. 

Bei  einer  heftigen  Entladung  im  Blitzableiter  können  durch  Induktion 

II  Metallmassen,  Gasröhren  u.  s.  w.,  im  Inneren  des  Hauses  elektrische 

itröme  entstehen,  welche  zu  Funken  Anlass  geben,  genau  wie  in  elek- 

rischen  Resonatoren.    Diese  Entladungen  können  ebenso  gefährlich  sein 

äe  die  Blitze  selbst.    Es  war  ein  solcher  Funken  an  einer  Gasleitung, 

iiid  die  dadurch  entstandene  Entzündung  des  Gases,  der  das  Hotel  de 


784  Physik  der  Atmosphäre. 

Ville  in  Brüssel  zerstörte.    Es   hilft  in  solchen  Fällen  nicht,  dass  di 
Gegenstände   mit  der  Erde  verbunden   sind.     Um  diesem  Übelstand 
weit    "wie    möglich    vorzubeugen,    wird    vorgeschrieben,   dass   man   all 
grösseren  Metallinassen  und  Rohrleitungen  für  Wasser,   Gas  und  Spül- 
wasser,   ebenso    wie    Dachrinnen,    mit    dem    Blitzableiter    verbind' 
wenigstens  wenn  sie  nahe  beim  Blitzableiter  verlaufen.    Die  Dachrinnen 
sollen  an  ihrem  unteren  Ende  mit  der  Erde  verbunden  sein,  damit  ih 
kein  Funke  überspringt. 

Oliver  Lodge  hat  eine  grosse  Zahl  von  Versuchen  angesteli 
welche  die  Blitzableiterfrage  berühren.  So  z,  B.  brachte  er  die  inneri 
Belegungen  von  zwei  Leydnerflaschen  in  Verbindung  mit  den  Polen  eint. 
Influenzmaschine  und  verband  die  äusseren  Belegungen  teils  mit  einer 
Funkenstrecke  (B),  teils  mit  einer  metallischen  Leitung.  Er  konnte  dir 
Funkenlänge  verändern  bis  die  Funken  ebenso  häufig  durch  die  Funken- 
strecke B,  wie  durch  die  metallische  Leitung  gingen.  Die  Grösse  dieser 
„kritischen  Distanz"  diente  als  ein  Maass  der  Schwierigkeit,  mit  welcher 
die  metallische  Verbindung  die  elektrischen  Oscillationen,  welche  von 
den  Leydnerflaschen  ausgingen,  abzuleiten  vermochte. 

Die  Leitfähigkeit   des  Drahtes  ist  ohne   Belang,   seine  Länge  oder 
richtiger  seine  Selbstinduktion  ist  maassgebend.    Eisen  wirkt  etwas  besser 
als  Kupfer.    Ein  Band  wirkt  besser  wie  ein  Draht  von  gleicher  Längi 
und  Querschnitt,   was   zu   erwarten   ist   wegen   der  oscillierenden   Ent- 
ladung.   Die  kritischen  Funkenlängen  waren  6,12  bezw.  8,34  cm.    Ganz 
ausserordentlich    wurde   die   Leitung   durch   einen   Stanniolstreifen    ver- 
schlechtert,  der   in   eine   Spirale   gewickelt    war    (wodurch   die  Selbst- 
induktion bedeutend  erhöht  wurde;   die  kritischen  Funkenlängen  war"! 
0,6  bezw.  6,4  cm).    Einführung   eines  Eisendrahtbündels  in   die  Spira 
gab  keine  Veränderung,    woraus    geschlossen    wurde,    dass  die  Magn 
tisierung  des  Eisens  zu  langsam  erfolgt,  um  die  Selbstinduktion  zu  er- 
höhen.   Dies  ist  von  Wichtigkeit  für  die  Brauchbarkeit  der  Eisenstangen 
als  Blitzableiter. 

Gegen  Kugelblitze  vermögen  die  Blitzableiter  nicht  zu  schützen 
B abinet  sprach  die  Ansicht  aus,  dass  die  meisten  Schäden  in  Häusern 
von  Kugelblitzen  verursacht  werden,  eine  Ansicht,  die  wohl  stark  über- 
trieben ist. 

Elmsfeuer.  Bei  genügend  starkem  Potentialfall  strömt  die  Elelv- 
trizität  aus  Spitzen  und  Unebenheiten  aus.  An  einer  gewöhnlichen 
p]lektrisiermaschine   ist   diese   Erscheinung    sehr    leicht    wahrzunehmen 


I 


XtIT.  Die  (".ewitter. 


785 


(Fig.  238  und  239).  Die  Ausströmung  positiver  Elektrizität  ist  durch  einen 
büschelförmigen  Funken  am  Ende  der  Spitze  gekennzeichnet,  bestehend 
aus  einem  leuchtenden  Stiel,  ein  bis  mehrere  cm  lang,  von  dessen  Ende  eine 
divergierende  Garbe  von  Lichtfäden  ausstrahlt.  Die  negative  Entladung  ist 
viel  weniger  auffallend,  sie  giebt  sich  meist  nur  durch  ein  winziges  punkt- 
förmiges Fünkchen  kund.  Wenn  das  Potential  der  Umgebung  Null  ist,  so 
beginnt  die  Entladung  bei  um  so  niedrigerem  Potential,  je  schärfer  die  Aus- 
strömungsspitze ist.  Für  sehr  feine  Stahlnadeln  von  0,35  mm  Dicke, 
I  deren  Spitze  einen  Krümmungshalbmesser  von  etwa  0,015  mm  besitzt, 
fnngt  die  Entladung  bei  positiver  Ladung  bei  5050  Volt  und  bei  nega- 


Fig.  238. 


Fig.  239. 


,i\  er  Ladung  bei  4450  Volt  in  Luft  von  70  cm  Druck  an.  Die  Aus- 
strömung steigt  stark  mit  der  Ladung,  z.  B.  für  positive  Ladung  von  0,12 
)is  1,2  Millionstel  Ampere,  während  E"  von  5800  auf  9500  Volt  zunimmt. 
3ei  niedrigem  Druck  geht  die  Entladung  leichter  vor  sich  als  bei  hohem, 
io  z.  B.  ist  bei  40  cm  Druck  das  Entladungspotential  im   vorliegenden 

alle  4000  bezw.  3100  Volt  für  positive  bezw.  negative  Ausströmung.  Wie 
jvir  unten  sehen  werden,  ist  die  Erdoberfläche  meistens  negativ  geladen 
imd  die  Ladung  ist  in  den  Bergen  höher  als  in  der  Ebene.  Besonders 
'lohe  Werte  nimmt  die  Ladung  an,   wenn   geladene  Wolken   der  Erd- 

'•erfläche  nahe  kommen.  Dementsprechend  beobachtet  man  Elms- 
jeuer  beinahe  nur,   wenn  Wolken  sehr  niedrig  stehen.    Meistens  treten 

ie  bei  Schneegestöber,  überhaupt  gewöhnlich   bei  Niederschlägen  auf. 

>iese  sind  besonders  häufig  in  den  Bergen,  deshalb  sind  Elmsfeuer- 
ibachtungen  auf  Höhenstationen  (wie  Blue  Hill  bei  Boston,  Sonnblick 

ud  Ben  Nevis)  nicht  selten. 


Arrbenius,  Kosmisclie  Physik. 


50 


7gß  Physik  der  Atmosphäre. 

Schon  in  der  Römerzeit  war  diese  Erscheinung  unter  dem  Namoi 
Castor  und  PoUux  bekannt  und  galt  als  ein  glückliches  Vorzeichen,  Sii 
zeigte  sich  bisweilen  auf  den  Lanzenspitzen  der  Soldaten  und  galt  dann 
als  Siegesvorbote.  Zur  See  zeigen  sich  nicht  selten  Flämmchen  auf  den 
Spitzen  der  Masten  und  Raaen.  Auf  ebener  Erde  gehen  sie  von  Blitz- 
ableitern, Fahnenstangen,  Turmspitzen,  Dachfirsten  und  Baumgipfeln 
aus.  Bei  einem  heftigen  Schneegestöber  auf  dem  Sonnblick  leuchtott 
nach  V.  Obermayer  der  ganze  Blitzableiter  hinter  dem  Beobachtungs- 
turm so  stark,  dass  man  glaubte,  ein  Beobachter  habe  Licht  im  Turni' 
angesteckt.  Windfahne  und  Anemometer  leuchteten  ebenfalls,  ebcus. 
die  Hüte,  die  Kopfhaare  bei  unbedecktem  Kopf  und  der  Bart,  sow: 
die  Lodenkleidor  der  Beobachter.  Besonders  schön  war  die  Ausstrahluii:^ 
aus  der  Hand,  wenn  sie  gehoben  wurde.  Häufig  hört  man  bei  solchen  Ge- 
legenheiten ein  zischendes  Geräusch. 

Die  elektrische  Ausströmung  wechselt  häufig  ihr  Zeichen  (wie  dir 
Liiftelektrizität).  In  der  Zeit  Nov. — Febr.  kam  auf  dem  Sonnblick  in 
91  von  100  Fällen  negatives  Elmsfeuer  vor,  während  im  März— Sejv 
positives  Elmsfeuer  in  55  Proz.  beobachtet  wurde.  Da?  Zeichen  (h 
Elektrizität  bei  Niederschlag  scheint  von  dessen  Natur  abhängig  zu  sein. 
So  fanden  Elster  und  Geitel  auf  dem  Sonnblick  positives  Elmsfeuer 
während  folgenden  Prozenten  der  Beobachtungszeit: 

Grossflockiger  Schnee  92  Proz. 

Hagel  und  Graupen  .  52      „ 

Regen 44      „ 

Staubschnee ....  15      „ 

Auf  dem  Sonnblick  hatte  Lechner  beobachtet,  dass  bei  positiven 
Elmsfeuer  die  Gewitterblitze  zur  Erde  rötlich,  bei  negativem  bläulich  er- 
scheinen. Ähnliche  Färbungen  zeigte  ein  Funke,  welcher  von  einci 
stumpfen  Metallspitze  sich  gegen  eine  positiv  oder  negativ  geladenr 
Wasserfläche  entlud. 

Auf  dem  Schafberg  (Salzkammergut)  hat  man  häufig  Elmsfeuer  b( 
Gewittern  auf  dem  Fiaggenstock  vor  dem  Hotel  beobachtet,   sie  sahen 
w^ie  kleine  blassblaue  birnförmige  Flammen  aus  und  verschwanden  an 
kurze  Zeit  nach  jeder  Entladung  des  Gewitters.   Als  einst  der  Blitz  iii 
g/«  3QWI  Yorm.  ins  Hotel  einschlug,  loderten  im  Inneren  desselben  gross- 
artige Elmsfeuerflammen  von  2  m  Höhe,  die  unten  grell  weiss,   in  der 
Mitte  gelb  oder  gelblich  grün  und  oben  lichtblau  bis  dunkelblau  waren 
Diese  erschienen  „in  Zwischenräumen  von  je  einer  Sekunde  an  der  Stieg 


XTIT.  Die  Gewitter. 


787 


zum  1.  Stock  und  aiicli  zaliUos  im  hinteren  gegen  die  Bergwand  ge- 
legenen Teil  desselben  bis  2''  Nachm.",  während  es  noch  zweimal  in  das 
Gebäude  und  sehr  oft  um  dasselbe  einschlug.  „Diese  grossen  Feuer 
stiegen  blitzartig  auf,  blieben  eine  bis  zwei  Sekunden,  ohne  an  farhiger 
Intensität  zu  verlieren,  ruhig  stehen  und  verschwanden  auch  blitzartig". 

Das  Elmsfeuer  ist  bei  uns  am  gewöhnlichsten  im  Winter,  auf  der 
'  scheint  es  nach  einer  Statistik  von  Haltermann  am  häufigsten  im 
Irühling  und  Herbst  (je  33  Proz.),  danach  im  Winter  (24  Proz.)  und 
;iiu  seltensten  im  Sommer  (10  Proz.)  zu  sein. 

Die  meteorologischen  Erscheinungen  bei  Gewittern.  Den 
wittern   geht  auf  dem  Land   ein  rasches  Ansteigen  der  Temperatur 


^?^^l    8    9    10   11   M   In   ;;!    3 


700. 
758- 


P^ 


^ 


Fig.  240. 


der  absoluten  Feuchtigkeit,  ein  Sinken  aber  der  relativen  Feuchtig- 
voran.    Der  Luftdruck  sinkt  vor  dem  Gewitter.    Beim  Beginn  des 

ritters  tritt  ein  heftiger  Umschlag  ein,  sodass  die  ersten  beiden 
)ren   ein   Maximum,   die   letzten   ein   Minimum   durchlaufen.    Das 

Igen  des  Barometers  beim  Beginn  des  Gewitters  geschieht  sehr  rapid 
ihm  folgt  ein  mehr  allmähliches  Sinken,  wodurch  sogenannte  „Ge- 
jrnasen"  in  den  Barogrammen  entstehen  (vgl.  Fig.  240),  welche  den 

jbungen  der  Barogramme  nach  dem  Krakatau -Ausbruch  etwas  ähneln. 
Der  Wind  ist  unmittelbar  vor  dem  Gewitter  durch  Stille  und  Un- 

igkeit  gekennzeichnet.    Alle   diese  ßegelmässigkeiteu   gelten  für  die 

mannten  Wärmegewitter,  welche  als  eine  Folge  starker  Einstrahlung 
Wärme  zu  betrachten  sind.  Das  Umgekehrte  trifft  dagegen  häufig 
eine  andere  Klasse  der  Gewitter,  die  sogenannten  Nacht-  und  Winter- 

fitter,  zu,  welche  von  einer  heftigen  Wärmeausstrahlung  verursacht  sind. 
Es  giebt  besondere  Wolken,  die  sogenannten  Gewitterwolken,  welche 

50* 


788  Physik  der  Atmosphäre. 

durch  ihr  Aussehen  sich  als  Träger  der  Elektrizität  kundgehen.  Sie  sind 
dicke  Cumuli,  welche  sich  auf  der  oheren  Seite  eines  heftig  aufsteigenden! 
warmen  und  feuchten  Luftstromes  ausbilden.  Von  der  Sonne  beleuchtet, 
erscheinen  sie  glänzend  weiss,  vor  der  Sonne  stehend,  dagegen  sehr 
dunkel,  was  eine  starke  Kondensation  andeutet.  Sie  treten  in  grösserer 
Zahl  auf,  und  vereinigen  sich  zu  Cumulo-Nimbi.  Für  gewöhnlich  sind  sie; 
von  einem  Cirro-Stratus- Schirm  bedeckt.  Wenn  die  Cumulo-Nimbi  sich( 
in  Eegen  aufgelöst  haben,  bleibt  die  Cirro-Stratus-Decke  noch  bestehen. 
und  löst  sich  erst  allmählich  auf. 

Die  Höhe  der  Gewitterwolken  kann  man  sowohl  direkt  messen,  alS: 
auch   nach  ihrer  Lage  auf  oder  über  den  Bergen  oder  nach  dem  Zeit-I 
unterschied  zwischen  Blitz  und  Donner  beurteilen.    Die  untere  Grenz 
der  Gewitterwolken  scheint  meistens  etwa  2  km  hoch  zu  liegen.    Sie  er- 
reichen  aber  häufig  3 — 4  km   oder  sogar  6  km  Höhe  (nach  einer  Be- 
obachtung von  Bergs ma  zu  Batavia).    Am  Gipfel  des  grossen  Ararat 
(3300  m)  kommen  keine  Gewitter  vor;  er  liegt  oberhalb  der  Region  d' 
Gewitterwolken.    Bei  Schneeböen  reicht  die  untere  Seite  der  Wolke  bit 
weilen  bis  zum  Erdboden. 

Die  Gewitterwolken  liegen  im  Sommer  höher  als  im  Winter,  udu 
um  so  höher  über  der  Meeresoberfläche,  je  höher  die  unten  liegendi 
Landfläche  liegt. 

Gewitter  sind  vom  Äquator  bis  Spitzbergen  (78 '^  n.  Br.)  beobachtet 
worden,  aber  in  so  kühlen  Gegenden  sind  sie  äusserst  selten.  Im 
allgemeinen  nehmen  sie  stetig  mit  wachsender  Entfernung  vom 
Äquator  ab.  Es  giebt  aber  auch  ganz  nahe  am  Äquator  recht  gewitter- 
arme Gegenden,  speziell  wo  die  Regen  selten  sind,  z.  B.  an  den  Küsten 
von  Peru,  Chile  und  Marokko,  sowie  in  den  Wüsten,  aber  auch  eigen- 
tümlich genug,  die  sehr  regenreiche  Ostküste  Süd-Amerikas  von  Pernaoi- 
bucco  bis  Bahia  (Brasilien). 

Die  Zahl  der  Gewittertage  pro  Jahr  erreicht  für  einen  gegebenen 
Ort  höchstens  167  (Buitenzorg  auf  Java,  Bismarckburg  im  Togoland i. 
Eine  noch  höhere  Ziffer,  180,  ist  jedoch  für  Kamerun  gefunden.  Auch  Mexiko 
zeigt  einen  hohen  Wert,  139,  Leon  in  Mexiko  141.  Die  Gewitterfrequenz 
ist  in  den  Bergen  meistens  viel  grösser  als  in  der  Ebene.  Dabei 
ist  besonders  der  Rand  des  Gebirges  bevorzugt,  die  inneren  und  höher 
gelegenen  Teile  des  Berglandes  zeigen  häufig  wieder  eine  vermindert 
Gewitterfrequenz. 

Über  dem  Meere  sind  die  Gewitter  relativ  selten,  und  nehmen 
gegen  die  Küste  hin  stark  zu.    Ln  oceanischen  Passatgebiet  sind  sie^ 


J 


I 


XIII.  Die  Gewitter.  739 


zieailich  selten  und  häufen  sich  dort,  wo  warme  Meeresströmungen  ver- 
laufen. Als  Beispiel  mögen  folgende  Ziffern  über  die  Prozentzahl  der 
Gewittertage  von  allen  Beobachtungstagen  im  Indischen  Ocean  dienen: 
Südl.  Breite  .  .  .  34—36"  36— 40«  40— 44»  44— 48«  48— 50« 
Prozent  Gewittertage  1,2  4,5  4,3  2,5  0,0 

Die  Gewitterperioden.  Die  Gewitter  haben  bei  uns  eine  sehr 
aasgeprägte  jährliche  Periode.  Das  Maximum  fällt  für  die  Kontinental- 
stationen in  den  Juni  oder  Juli.  In  der  Nähe  des  Golfstromes  ist  der  Gang 
umgekehrt,  was  sich  am  deutlichsten  auf  Island  und  den  Fär-Inseln 
sowie  zu  Bergen  zeigt,   wo    die  maximale  Häufigkeit  der  Gewitter  im 

ter  liegt,  wie  folgende  Daten  über  die  Zahl  der  Gewittertage  zeigen : 

Winter    Frühling    Sommer     Herbst        Jahr 

d  1876—93 

ylnseln  1876—93     .... 

ci  i-  ii.1     j    (  N-  und  W- Küste 
bchottland 

;i_93       I^^e^e^    .... 

\  Ostküste  .... 

Bergen,  Norwegen 2,25 

Stockholm 0 

An  den   schottischen  Ziffern   sieht   man,    dass   die  Wintergewitter 

recht   häufig    sind,    obgleich    das    Hauptmaximum    in    den    Sommer 

fällt.    Besonders  für  die  vom  Golfstrom  beeinflusste  N-  und  W- Küste 

ist  das  Auftreten  von  Wintergewittern  sehr  deutlich  ausgeprägt.     Je 

■iter  die  Beobachtungsorte  vom  Golfstrom  entfernt  liegen,  um  so  mehr 

■len  die  Wintergewitter  zurück. 

Die  jährliche  Periode  der  Kontinentalstationen  tritt  in  den  ersten 

Reihen   der  folgenden  Tabelle    deutlich   hervor.    Weiter  unten   stehen 

Stationen  mit  einer  mehr  vom  Golfstrom  beeinflussten  Lage. 

Jan,  Feb.  März  Apr.  Mai    Juni   Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 

\Iittel-J*:uropa     .  0,0    0,02  0,21  1,11  2,9G   4,36   3,99  3,59   1,42  0,53  0,18  0,02  18,4 

■  ieu     .    ...  0,0    0,0    0,1    0,9  3,0     4,2     4,2     3,2     0,7    0,2    0,0    0,1    10,0 

isdam     .     .     .0,0    0,0    0,2    1,3  2,5     4,2     4,2     4,1     1,4    0,3    0,0    0,1     18,3 

lis 0,1    0,1    0,3    0,8  2,G     3,0     2,0     2,1     1,2    0,6    0,1    0,1    13,0 

'  men ....  0,2    0,3    0,2    0.0  2,3      2,6      3,8     2,2     0,8    0,2    0,1    0,3    13,6 

Martin  de Hinx  1,5    0,7    1,7    2,6  4,3     6,3      5,6     4,9     4,3    2,3    1,5    1,5    37,2 

■orwegen,ln]and  0,06  0,03  Ö,(>i?  0,02  0,33   1,20    2,09  1,55  0,23  0,09  0,06  0,05   5,7 

Küste  0,27  0,11  0,06  0,04  0,22   0,55    1,22   1,26  0,45  0,38  0,29  0,15    5,0 

lien   ....  7,37  7,2019,0617,1616,4614,57  100,0 

•st-Sibirien     .  0,8511,54  28,02  36,2620,11    2,96  100,0 

0,3  4,6   27,2  84,4   21,1     9,7  100 


0,6 

0,1 

0,1 

0,3 

1,1 

0,5 

0,3 

0,4 

0,3 

1,5 

1,65 

1,68 

2,64 

1,73 

7,7 

0,50 

1,98 

4,50 

1,12 

8,1 

0,18 

141 

3,59 

0,82 

5,7 

2,25 

0,25 

1,75 

0,75 

5,0 

0 

0,75 

7,32 

0,33 

8,4 

790 


Physik  der  Atmosphäre. 


Das  Maximum  der  Kontinentalstationen  liegt  im  Juni  oder  an  der 
Grenze  zwischen  Juni  und  Juli.  Bei  näherer  Untersuchung  zerfällt 
dieses  Maximum  in  zwei,  von  welchen  gewöhnlich  das  eine  am  Anfang 
Juni,  das  andere  am  Ende  Juli  liegt.  Diese  doppelte  Periode  scheint 
besonders  stark  bei  den  von  W,  SW  oder  NW  kommenden  Gewitterii 
ausgeprägt  zu  sein.  Die  Ostgewitter  zeigen  keine  solche  DoppelperiodeJ 
Der  Einfluss  der  Wintergewitter  macht  sich,  obgleich  schwach,  schon  in' 
den  Ziffern  für  Bremen  bemerklich  (ein  kleines  Sekundärmaximum  iiu 
Dez.).  Noch  deutlicher  treten  die  Wintergewitter  in  den  Daten  füi 
St.  Martin  de  Hinx  an  der  Küste  des  Departement  Landes,  Südwest- 
Frankreich,  und  besonders  in  den  Daten  für  Norwegen,  speziell  dem 
Küstenlande  hervor,  wo  das  Wintermaximum  sehr  stark  ausgeprägt  ist. 
An  der  Küste  ist  der  Frühling  sehr  gewitterarm,  der  Herbst  zeigt  da- 
gegen relativ  viele  Gewitter,  für  Kontinentalstationen  ist  das  Verhältni^ 
umgekehrt.  Die  Konzentration  der  Gewitter  auf  den  Sommer  ist  in 
Sibirien  noch  viel  grösser  als  in  Europa.  (Auf  den  Sommer  fallen  iii 
Mittel-Europa  65,  in  Mittel-  und  Süd-Eussland  68,  im  Ural  79  und  '■ 
Sibirien  84  Proz.  aller  Gewitter.)  Die  Wintergewitter  folgen  den  heftige 
Winterstürmen  und  geben  wenige  Blitze,  die  aber  sehr  häufig  sich  gegi 
die  Erde  entladen  und  zünden,  weil  die  Wolken  sehr  niedrig  gehen. 

Die   tägliche  Periode   der  Gewitter  in   Europa  geht   aus  folgend t'i 
Zusammenstellung  der  prozentischen  Häufigkeit  hervor: 


Mittn.  — 2— 4-Ü-8  — 10— Mittag— 2  —  4  —  6  —  8— 10— Mitt' 


Mittel-Europa  ...  2,9  2,5  2,1  1,9  2,5 
Europ.  Russland  .  .  2,4  2,1  1,7  1,6  2,1 
Bayern,  Württemberg   3,0  2,5  2,1  1,5  2,0 


Mittel-Deutschland    . 

Schweden     .... 

Norwegen,  Inland 
„  Küste  .     . 

Schottland,  Ostküste  . 
„         Westküste 
1—3   Stdn. 
4-6       „ 
7-9       „ 
über  9    ,, 


Italien 


2,4  2,3  1,7  1,5  1,7 

2.2  2,1  2,3  2,6  3,1 

1.4  1,1  1,7  2,5  4,8 

4.5  4,0  5,6  6,7  7,2 

5.6  4,5  4,7  3,5  3,5 
7,5  5,4  4,4  3,5  4,1 

1.3  1,6  1,5  2,0  3,0 
2,1  2,4  2,1  1,5  2,0 
5,3  5,7  4,9  4,U  4,1 
7,1  6,9  6,9  7,8  8,2 


7.1  15,3  21,0  19,3  13,0  8,5  3,9 
5,9  12,7  20,0  21,215,6  10,7  3,8 

5.8  14,0  21,8  19,5  14,2   9,6  4,5 

6.3  14,2  20,8  21,5  14,9   8,1  4,6 

8.2  15,2  21,9  20,4  11,1    6,9  4,0 

8.4  17,2  23,1   20,3  11,9    5,1  2,3 

7.9  9,8  13,5  13,3  11,8   9,1  6,6 

9.4  14,5  16,4  14,1  9,4  8,4  6,1 
6,0  9,2  12,7  12,813,5  12,1  9,1 

8.5  19,5  26,5  16,6  9,8  8,3  1,5 
5,5  13,4  19,3  19,1 15,6  11,0  5,9 
5,9  9,2  14,2  15,8  13,1 10,5  7,2 
8,0  9,1  10,2  10,6    9,3   8,0  7,4 


Das  Maximum  fällt  kurz  nach  der  heissesten  Tageszeit  etwa  uii 
3—4  Uhr  Nachmittags.  Eine  kontinentale  Lage  der  Stationen  befördo 
die  Konzentration  der  Gewitter  zur  Zeit  nach  Mittag.  Der  Gull 
ström  macht  sich  durch  eine  gleichmässigere  Verteilung  der  Gewitti 


i 


Xni.  Die  Gewitter.  79] 


auf  die  verschiedenen  Tageszeiten  geltend.  Speziell  belehrend  in  dieser 
Hinsicht  ist  der  Vergleich  der  Daten  fürs  Inland  und  für  die  Küste  in 
Xorwegen. 

Das  Minimum  fällt  auf  etwa  6  Uhr  Vormittag.  Häufig  ist  das 
Minimum  durch  ein  sehr  schwaches  Maximum  geteilt.  Dieses  Sekundär- 
niaximum  tritt  nicht  in  den  oben  gegebenen  Ziffern  hervor,  wohl  aber 
'.venu  die  Daten  für  jede  einzelne  Stunde  gegeben  werden.  Die  Winter- 
witter  an  der  schottischen  Westküste  zeigen  dagegen  kurz  nach 
Mitternacht  ein  sehr  ausgeprägtes  Hauptmaximum,  wie  folgende  Daten 
•in  geben: 

Mittn.  —  3  —  6  —  9  —  Mittag  —  3  —  6  —  9  —  Mittn. 
iottland,  Westküste       17,9  12,8  10,0  9,7  8,1  12,0  12,8  16,7 

Eine  ebensolche  Periode  besitzen  auch  die  isländischen  Gewitter, 
che  ja  hauptsächlich  aus  Wintergewittern  bestehen.  Da  fällt  das 
aximum  (6)  zwischen  2  und  5  Uhr  vormittags;  ein  zweites  Maximum  (5) 
kommt  zwischen  5  und  8  Uhr  nachmittags;  das  ganze  Material  umfasst 
nur  23  Gewitter. 

Die  Wintergewitter  treten  beim  niedrigsten  Temperaturstande  des 
l'ages  auf  im  Gegensatz  zu  den  Sommergewittern. 

In  den  schweizerischen  Hochstationen  (Righi,  St.  Bernhard,  Säntis) 
liegt  das  Tagesmaximum  um  ungefähr  6  Uhr  nachmittags,  also  etwa  zwei 
!  luden  später  wie  in  der  Ebene. 

Die  Neu-England-Staaten  Nord-Amerikas  zeigen  denselben  Gang 
wie  die  europäischen  Länder  mit  einem  stark  ausgeprägten  Nachmittags- 
iiiaximum  um  5  Uhr  (3'*  30"^  im  Westen,  O'*  30"»  im  Osten).  Das  sekun- 
ire  Morgenmaximum  um  5  Uhr  tritt  deutlich  hervor. 

Die  Gewitter  auf  dem  Ocean  haben  wie  die  Wintergewitter  ihr 
^laximum  in  der  Nacht,  etwas  nach  Mitternacht,  ihr  Minimum  fällt 
lurz  vor  Mittag. 

Auch  die  Jahresperiode  dieser  Gewitter  zeigt,  dass  sie  den  Charakter 
von  Wintergewittern  besitzen,  indem  die  Anzahl  Gewittertage,  dividiert 
durch  die  Anzahl  Beobachtungstage  betrug:  für  den  Sommer  0,02, 
Herbst  0,08,  Winter  0,10  und  Frühling  0,05.  Diese  Statistik  f)ezieht 
-'•h  auf  den  südlichen  Teil  des  Indischen  Oceans  zwischen  34°  und  50^ 
Br.  (vgl.  S.  789). 

Der  Mond  scheint  nach  mehreren  Untersuchungen  einen  Einfluss 
auf  die  Gewitter  auszuüben.  Nach  Köppens  Zusammenstellung  ist  die 
tiewitterhäutigkeit  in  Proz.  bei:  Neumond  29,  erstem  Viertel  29,  Voll- 


792  Physik  der  Atmosphäre. 

mond  21  und  letztem  Viertel  21.  Nach  den  Untersuchungen  von  Ek- 
holm  und  Arrhenius  haben  die  Gewitter  in  Schweden  ein  stark  aus- 
geprägtes Maximum  (32  Proz.  über  dem  Mittelwert)  vier  Tage  vor  dem 
Vollmond,  das  Minimum  ist  sehr  flach  und  von  einem  schwachen  Se- 
kundärmaximum (6  Proz.  unter  dem  Mittel)  am  Tage  des  letzten  Viertels 
in  zwei  kleinere  Minima  (18,3  Proz.  unter  dem  Mittel  vier  Tage  nachi 
Vollmond  und  13  Proz.  unter  dem  Mittel  zwölf  Tage  nach  Vollmond)! 
zerlegt. 

Nach  derselben  Untersuchung  ist  die  tropisch- monatliche  Periode 
derselben  Gewitter  noch  mehr   ausgeprägt   und    zeigt  Maximum    undi 
Minimum  von  etwa  30  Proz.  über  oder  unter  dem  Mittelwert  fünf  Tage' 
vor  und  sechs  Tage  nach  dem  südlichen  Luraistitima.    Die  Erklärung 
dieser  Perioden  steht  noch  aus. 

Wie  oben  angegeben,  zeigen  die  elektrischen  und  magnetischen 
Grössen  eine  Veränderlichkeit  nach  einer  Periode  von  nahezu  26  Tagen. 
V.  Bezold  untersuchte  die  Gewitter  aus  Württemberg  und  Bayern  18S(i 
bis  1887  in  dieser  Hinsicht,  indem  er  die  Periodenlänge  gleich  25,84  Tagen 
setzte.  Er  erhielt  auf  diese  Weise  zwei  Maxima  und  zwei  Minima  in 
der  Periode.  Einen  noch  unregelmässigeren  Gang  erhielt  Bamberg,  als 
er  die  Gewitter  von  Schweden  nach  derselben  Periode  ordnete,  sodass 
die  ganze  Periodicität  ihm  zweifelhaft  erschien.  Viel  regelmässiger  ver- 
halten sich  die  Ziffern,  wenn  man  sie  nach  einer  Periode  von  25,929  Tagen 
ordnet,  welche  Periodenlänge  für  die  Nordlichter  gefunden  worden  ist. 
In  diesem  Falle  zeigte  das  Material  aus  Deutschland  sowohl  wie  aus 
Schweden  (1880 — 1895)  eine  ausgeprägte  einfache  Periode.  Die  Maxima 
und  Minima  unterscheiden  sich  um  12,5  bezw.  8,5  Proz.  von  dem  Mittel- 
wert und  fallen  fast  gänzlich  für  die  beiden  Reihen  zusammen,  was  sehr 
für  die  Richtigkeit  dieser  Periodenlänge  spricht. 

V.  Bezold  hat  aus  dem  Material  betreffs  Blitz-  und  Hagelschaden 
nachgewiesen,  dass  in  den  Jahren  der  Sonnenfleckenmaxima  Minima  der 
Blitz-  und  Hagelgefahr  fallen,  wie  aus  folgender  Zusammenstellung  her- 
vorgeht: 

Maxima  der  Flecke    .    ..     1837     48      60      70      83      93 

Minima     „    Blitzgefahr.      1836     49      60      70      83      93 

„  „    Hagelgefahr      1836     49      60      70      86      — 

Jedoch  scheint  die  Periode  der  Blitzgefahr  nicht  so  einfach  zu  sein 
wie  diejenige  der  Sonnenflecke,  vielmehr  treten  zwischen  den  erwähnten 


XIII.  Die  Gewitter.  793 


Miuimis  andere  ein,  sodass  die  Sounenfleckenperiode  doppelt  so  grosse 
Länge  zu  besitzen  scheint  wie  die  Gewitterperiode. 

Entstehung  der  Gewitter.  Aus  allen  Beobachtungen  scheint 
hervorzugehen,  dass  die  Gewitter  an  eine  sehr  starke  Kondensation  von 
Wasserdampf  in  hohen  Luftschichten  gebunden  sind.  Wie  wir  bei  dem 
Studium  der  Luftelektrizität  sehen  werden,  enthält  die  Luft  eine  gewisse 
Menge  von  positiven  und  negativen  Ionen,  deren  Anzahl  stark  mit  der 
Höhe  über  dem  Boden  zunimmt.  Diese  Ionisierung  der  Luft  wächst 
auch  mit  der  Bestrahlung.  Die  Ionen  dienen  als  Kondensationskerne 
für  den  Wasserdampf,  besonders  die  negativen.  Auf  diese  Weise  ent- 
steht eine  Scheidung  der  positiven  und  negativen  Ionen,  welche  letzteren 
vorzugsweise  zur  Erde  transportiert  werden  und  dieser  eine  negative 
Ladung  erteilen,  wogegen  die  Luftschichten  einen  Überschuss  an  posi- 
tiver Elektrizität  zurückbehalten.  Wolkenmassen,  die  sich  in  ziemlicher 
Höhe  bilden,  werden  eine  starke  Ladung  erhalten.  Ebenso  müssen  die 
Gewitter  sich  stärker  in  Gegenden  nahe  dem  Äquator  ausbilden,  wo  die 
Luft  viel  Ionen  enthält. 

Damit  die  wasserreichen  Luftmassen  hoch  in  die  Luft  hinaufsteigen, 
ist  ein  starker  Temperaturfall  vom  Boden  nach  oben  hin  nötig.  Dies 
kann  in  zwei  Fällen  eintreffen,  erstens  wenn  der  Boden  stark  erwärmt 
wird,  wie  bei  gewöhnlichen  Sommergewittern  durch  Sonnenstrahlung, 
zweitens  wenn  die  Luft  stark  abgekühlt  wird,  während  die  Erdober- 
lliiche  ihre  Temperatur  konstant  erhält.  Letzteres  tritt  auf  dem 
.Meere  ein,  wo  die  Oberfläche  beinahe  konstante  Temperatur  besitzt,  die 
Luft  aber  durch  heftige  Strahlung  in  der  Nacht  sich  stark  abkühlen 
im.  So  liegen  die  Verhältnisse  in  der  Nähe  von  warmen  Strömungen, 
wo  die  Temperatur  der  Wasserfläche  gegenüber  derjenigen  der  Luft  sehr 
hoch  ist.  Besonders  gross  wird  der  Temperaturunterschied  im  Winter 
lind  in  der  Nacht.  Deshalb  ist  der  Gang  der  meteorologischen  Elemente, 
sonders  Temperatur  und  Luftdruck  für  Wintergewitter  genau  der  ent- 
^^egengesetzte  wie  für  die  bei  uns  gewöhnlichen  Sommergewitter,  die  in 
den  heissesten  Jahres-  und  Tageszeiten  sich  besonders  stark  entwickeln. 
Auf  diese  Weise  kann  man  auch  verstehen,  dass  keine  anderen  Gewitter 
li  auf  dem  Meere  unter  normalen  Verhältnissen  entwickeln  können 
iis  diejenigen  vom  Typus  der  Wintergewitter,  über  Land  dagegen  keine 
luderen  als  vom  Typus  der  Sommergewitter. 

Bisweilen  entstehen  Gewitter  bei  Temperaturverteilungen  in  der  Luft 
\oü  der  Art,  dass  die  Temperatur  langsamer  als  unter  normalen  Ver- 
hältnissen  mit   zunehmender  Höhe   sinkt,   das  Gleichgewicht  demnach 


794  Physik  der  Atmosphäre. 

stabil  ist.  Man  ist  der  Ansicht,  dass  in  solchen  Fällen  die  feuchtwani: 
Luft  durch  einen  kalten  Luftkeil  in  die  Höhe  gepresst  wird.  Das  G» 
wohnliche  ist  nämlich  bei  der  Bildung  von  solchen  Gewittern,  dass  eii 
im  Westen  liegendes  kaltes  Gebiet  mit  hohem  Luftdruck  an  ein  men 
gegen  Osten  befindliches  Gebiet  von  warmer  Luft  bei  niedrigem  Drn 
grenzt.  Es  sind  hier  die  Bedingungen  für  die  Entstehung  eines  mäci' 
tigen  Wirbels  mit  horizontaler  Achse  gegeben.  Die  warme  Luft  steie^ 
in  die  Höhe  und  giebt  zu  Kondensationen  mit  Gewittererscheinung 
Anlass.  Auch  die  eigentlichen  Wirbelgewitter  sind  durch  Wirbel  in 
eine  horizontale  Achse  charakterisiert. 

Wärmegewitter  und  Wirbelgewitter.  NachMohn  unterscheide 
man  zwei  Arten  von  Gewitter:  Wärmegewitter,  mehr  lokale  Erscheinungei 
welche  durch  eine  heftige  Erwärmung  der  unteren  Luftschichten  beding; 
sind,  und  Wirbelgewitter,  welche  mit  grösseren  Barometerdepressioneil 
im  Zusammenhang  stehen  und  deshalb  keine  so  enge  lokale  Begrenzung 
wie  die  Wärmegewitter  besitzen  und  auch  nicht  ausgesprochen  auf  d'ü 
wärmsten  Tages-  und  Jahreszeiten  beschränkt  sind.  Zu  dieser  Kategorie 
gehören  die  Wintergewitter. 

Die  einfachste  Form  von  Wärmegewittern  kommt  über  den  thätigei 
Vulkanen  vor.  Die  stark  wasserdampfhaltigen  Gasmassen,  welche  aus 
der  Vulkanröhre  hinausgetrieben  werden,  steigen  in  diesem  Fall  nicbi 
nur  zufolge  ihrer  hohen  Temperatur,  sondern  auch  zufolge  ihrer  grossei 
Anfangsgeschwindigkeit  in  die  Höhe.  Daher  erreichen  sie  bedeutende 
Höhen  und  geben  auch  ungewöhnlich  kräftige  Gewitter.  Die  konden- 
sierten Dämpfe  breiten  sich  in  der  Höhe  zu  der  typischen  Pinien- 
wolke aus  (Fig.  94).  In  anderen  Fällen  (vgl.  Fig.  95)  zeigt  die  Vulkan- 
wolke eine  Form,  welche  sich  den  gewöhnlichen  Gewitterwolken  mehi 
nähert.  Wie  ausserordentlich  hoch  die  Vulkanwolke  in  diesen  beiden  Fällei^ 
liegt,  kann  man  aus  den  Bildern  ersehen,  wenn  man  bedenkt,  dass  dei! 
Vesuvkrater  etwa  1300  m  über  dem  Meer  liegt. 

Auch  die  Grasbrände  im  Inneren  Afrikas  und  Floridas  sollen  genug 
Hitze  entwickeln,  um  Wärmegewitter  hervorzubringen. 

Typische  Wärmegewitter  zeigen  die  tropischen  Inseln,  welche  von 
einem  hohen  Berg  beherrscht  sind.  In  der  Nacht  herrscht  Berg-  und 
Land -Wind,  in  welchem  die  heruntersinkenden  Wolken  sich  auflösen, 
sodass  der  Himmel  ganz  rein  ist.  Ein  paar  Stunden  vor  Mittag  kehrt  sich 
der  Wind  um,  eine  feuchte  Brise  vom  Meer  weht  über  die  Küste  und 
steigt  an  den  Bergabhängen  hinauf.  In  einer  bestimmten  Höhe  bildet 
sich  eine  Wolke.    Wenn  die  Temperatur  der  aufsteigenden  Luft  genügt, 


XIII.  Die  Gewitter.  795 

iiiuinit   die  Wolke   an  Mächtigkeit   zu  und   giebt  liegen.     Erreicht   die 

Wolke  eine  sehr  grosse  Höhe  und  Mächtigkeit,  so  entsteht  ein  Gewitter. 

Am  Abend  vermindert  sich  die  Heftigkeit  der  Gewittererscheinungen 

!id  der  ßegengüsse,  die  Wolke  nimmt  an  Stärke  ab  und  wird  zuletzt 

-in  Bergwind  aufgelöst.    Während  des  Regens  bleibt  der  Himmel  über 

in  Meer  in  einiger  Entfernung  von  der  Küste  unbedeckt. 

Ganz    ähnlich    ist   die   Erscheinung    in   der  Nähe   der   Berge   der 

I  Alpenkette.    Die  Nacht  zeigt  hellen  Himmel,  gegen  Mittag  bildet  sich 

I  die  Gewitterwolke  aus,  welche  am  Abend  sich  entladet,  um  einen  reinen 

i  Himmel  in  der  Nacht  Platz  zu  geben.    Die  Wolken  um  die  Alpengipfel 

erreichen  viel  bedeutendere  Höhen  (gegen  4000 — 6000  m)  als  die  um  die 

eanischen  Inselberge  (2000—3000  m). 

Oft  bleibt   die  Umgebung   der  Alpenspitzen  in   einiger  Entfernung 

j,auz  unbewölkt,   bisweilen  treibt  aber  der  Wind  die  Wolken  über  die 

Säerung  hin. 
Bei  diesen  lokalen  Gewittern  zeigt  sich  der  Einfluss  der  elektrischen 
ladungen  auf  den  Regenguss.  Nach  jedem  Blitz  niinmt  der  Regen 
an  Stärke  zu,  wobei  erst  die  grossen  Tropfen  fallen.  Es  macht 
den  Eindruck,  als  ob  die  elektrischen  Ladungen  vor  der  Entladung  die 
Tröpfchen  vom  Zusammenfliessen  zurückgehalten  hätten,  was  gleich 
nach  Verschwinden  der  abstossenden  Kräfte  geschieht.  Wahrscheinlich 
verhält  es  sich  ungefähr  so  wie  in  folgendem  einfachem  Beispiel.  Denken 
wir  uns  eine  Wolke  von  lauter  positiv  geladenen  Tröpfchen,  die  also 
positives  Potential  besitzt  (das  Potential  der  Erde  möge  wie  gewöhnlich 
gleich  Null  gesetzt  werden),  neben  einer  anderen  sonst  gleichen,  aber 
aus  negativen  Tröpfchen  bestehenden  Wolke  mit  ebenso  grossem  nega- 
tivem Potential.  Ein  Blitz  gleicht  die  Potentiale  zwischen  seinen 
Endpunkten  aus.  Falls  also  ein  Blitz  zwischen  diesen  beiden  Wolken 
überschlägt,  so  wird  an  den  vom  Blitze  berührten  Teilen  der  beiden 
Wolken  das  Potential  Null  werden  (bei  der  angenommenen  Symmetrie), 
Da  der  Blitz  nicht  alle  Teile  der  Wolken  berührt,  muss  ein  Teil  der 
Tröpfchen  in  jeder  Wolke  seine  ursprüngliche  Ladung  behalten  haben, 
wuraus  folgt,  dass  die  naheliegenden  Teile  vom  Potential  Null  die  ent- 
i^eugesetzte  Ladung  besitzen.  Die  kleinen  Tröpfchen,  welche  vorhin 
aurch  ihre  gleichnamigen  Ladungen  auseinander  getrieben  wurden,  werden 
letzt  zueinander  gezogen  und  entladen  sich  teilweise  zueinander  durch 
ichenblitze.  Ähnlich  liegen  die  Verhältnisse  in  einer  Wolke  nach  Ent- 
ladung gegen  die  Erde.  Das  Zusammenlliessen  der  Regentropfen  einer 
Wolke  wird  inmier  durch  Entladungen  begünstigt. 


796 


Physik  der  Atmosphäre. 


Die  Wirbelgewitter  sind  mehr  komplizierter  Natur.  Wie  wir  obei 
(S.  704)  gesehen  haben,  findet  in  den  grossen  Cyklonen  eine  auf- 
steigende Luftbewegung  mit  Kondensation  statt,  welche  in  West-  unc 
Mittel-Europa  im  südöstlichen  Quadranten  der  Depression,  der  mit 
feuchter  Luft  gespeist  wird,  besonders  stark  hervortritt.  Diese  Konden- 
sation kann  bisweilen  zur  Entstehung  von  Gewittern  führen.  Ähnlicheii 
Art  sind  die  starken  Gewitter,  welche  die  tropischen  Cyklonen  begleiten! 
(vgl.  S.  711)  und  im  allgemeinen  die  Gewitter,  welche  sich  auf  dem 
Meer  bilden. 


Fig.  241. 

Über  dem  Binnenland  fiudet  sich  häufig  eine  Gewitterbildung  bei  Vor- 
handensein von  stark  ausgeprägten  barometrischen  Kinnen  oder  V-förmigen 
Isobaren.  Ein  typisches  Gewitter  dieser  Art  ist  von  Durand  Greville 
untersucht  worden,  welcher  die  näheren  Umstände  dabei  in  nebenstehender 
Kartenskizze  (Fig.  241)  angegeben  hat.  Die  Luftdruckverteilung  über 
Mittel-Europa  wird  von  dem  Teil  I  angegeben.  Die  V-förmigen  Aus- 
buchtungen der  Isobaren  von  9  Uhr  abends  (Pariser  Zeit)  sind  sehr  stark 
ausgeprägt.  Der  Gradient  längs  der  Rinne  in  Deutschland  betrug  nicht 
weniger  als  10  mm.  Die  Spitzen  der  V-förmigen  Ausbuchtungen  sind 
durch  eine  punktierte  Linie   miteinander  verbunden.    Die  Lage  dieser 


■ 


Xlll.  Die  Gewitter. 


797 


Linie  zu  verschiedenen  Zeiten  und  damit  ihr  Fortschreiten  gegen  Osten 
wird  von  Teil  II  angegeben.  Da  der  Luftwirbel,  an  den  das  Gewitter 
gebunden  ist,  sich  in  der  Nähe  der  Rinne  entwickelt,  so  treten  auch 
iie  Gewittererscheinungen  an  jeder  Stelle  ungefähr  in  dem  Moment 
in,  wenn  die  genannte  Linie  vorüberschreitet.  Diese  Linie  stimmt 
ilso  sehr  nahe  mit  den  unten  zu  erwähnenden  Isobronten  überein. 
\i)er  sie  unterscheidet  sich  von  diesen  dadurch,  dass  Gewitter  nicht 
rall  notiert  wurden,  wo  die  betreffende  Linie  vorüberstrich.  Die  vom 
aewitter  heimgesuchten  Gegenden  sind  in  der  Karte  II  schraffiert  ge- 
;!Piclinet.    Sie  bilden  drei  zusammenhängende  Stücke,  wovon  ein  grosses 


Fig.  242. 

iiittleres  das  östliche  Frankreich,  Süd-Deutschland  und  den  grössten  Teil 

l<'r  Schweiz  umfasst,  ein  kleines  südliches  liegt  in  den  Cevennen  und  ein 

Mch  kleineres  nördliches  um  Berlin.     Ausser  der  barometrischen  Rinne 

ind  noch  andere  Bedingungen  nötig,  worunter  die  wichtigste  genügende 

Erwärmung  der  unteren  Luftschichten  ist  —  deshalb  fallen  die  meisten 

jiewitter,  wie  die  Karte  zeigt,  in  die  Nachmittagszeit  zwischen  3  und  8  Uhr, 

mr  die  Umgebung  von  Berlin  wurde  erst  zwischen  9  und  10  Uhr  abends 

iü  Gewitter  getroffen. 

Der  Teil  III  der  Skizze  giebt  den  Gang  des  Barometers  mit  den 

•harakteristischen  Gewitternasen  wieder.    Dieselben  sind  ebenso  ausge- 

;)rägt  für  Angers,  Paris  und  Chemnitz,  welche  nicht  vom  Gewitter  be- 


798  Physik  der  Atmosphäre. 

riilirt  wurden,  wie  für  Nancy,  welches  nahe  der  Mitte  des  grössteii  <  > 
Wittergebietes  lag. 

Die    umstehende    Figur    (Fig.    242)    giebt    nach   Angot  die  Vc; 
teilung  der  Winde   in   der  Nähe   der   Rinne   wieder.    Die  Rinne   li' 
bei  D.    Rechts  (nach  Osten)   von   ihr  bei  A  steigen  heisse  Luftinass 
auf,  welche  zur  Bildung  einer  Gewitterwolke,  Cumulo-Nimbus  mit  ob' 
lagerndem  Cirro-Stratus  Anlass  giebt.    Bei  B  sinkt  die  schwere  kül 
Luft  unter  heftigem  Regenguss  herunter.    Dadurch  bildet  sich  ein  hei 
tiger  horizontaler  Wirbel  um  C  herum  aus.    Man  sieht  häufig,  wie  zei' 
rissene  Wolken,  Fracto-Nimbi,  während  der  Gewitter  um  diese  Aclis 
wirbeln. 

Dieser  Wirbel  ist  von  der  grössten  Bedeutung  für  die  Fortdauer  d< 
Gewitter.     Die  Luftmassen  bei  D  werden   dadurch   stark  gehoben  uu' 
abgekühlt,  wodurch  ein  sehr  kalter  Regen,  bisweilen  auch  Hagel  entstell' 
Dieser  Niederschlag  fällt  wegen    seiner  Mächtigkeit   sehr   schnell  zun 
Boden  hinunter  und  transportiert  dadurch   gewissermaassen   die  Kältn 
aus  den  oberen  Luftschichten  zum  Boden.    Die  bei  B  hinuntersinkendcj 
Luft  wird  am  Boden  abgekühlt  und  erwärmt  sich  deshalb  viel  wenige i 
als  sie   sonst  thun   würde,   bis   sie   wiederum  bei  D  aufsteigt.    Müll' 
vergleicht   aus   diesem  Grund  den  betreffenden  Wirbel   mit   einer  Ei. 
maschine. 

Zuletzt   kann    die   aufsteigende    kalte   Luft   keinen    nennenswerte  i 
Niederschlag  mehr  abgeben,   die  Wolke   wird  links  von  B  durch   dei^ 
Regen  entleert,  die  Abkühlung  unter  C  schreitet  weiter  und  weiter  nacli 
rechts  über  D  gegen  Ä,  kühle  Luft   schiebt   sich  hinein   und  hebt  dv 
warme  Luft  rechts  von  Ä,  sodass  die  Wirbelbewegung  und  damit  au« 
die  Gewittererscheinung  immer  mehr  nach  rechts  fortschreitet.    Je  weit. 
aber  der  Wirbel  schreitet,  desto  später  am  Tag  vvird  es,  zuletzt  sind  di' 
Luftmassen  rechts   von  A  nicht   genügend  erwärmt,  um  sehr  hoch  ziij 
steigen,  die  Kondensation  und  Wolkenbildung  wird  schwächer  und  noch 
schneller   nimmt   der  Elektrizitätstransport   mit   dem   Niederschlag  abi 
Zuletzt  werden  die  elektrischen  Ladungen  der  Cumulo-Nimbus -Wölk» 
so  schwach,  dass  die  Entladungen  nicht  mehr  wahrnehmbar  sind.     Du 
Gewitter  ist  zu  einem  gewöhnlichen  Regen  geworden. 

Fortpflanzungs-Geschwindigkeit  der  Gewitter.    Einige  G- 
Witter,  namentlich  in  Gebirgsgegenden,  bleiben  über  demselben  Ort  stehen, 
über  dem  sie  sich  ausgebildet  haben  (s.  g.  lokale  Gewitter).    In  der  über- 
wiegenden Zahl  von  Fällen  ziehen  aber  die  Gewittererscheinungen  von 
einem  Ort  zum  anderen.    Sie  folgen  dabei  den  in  höheren  Luftschicht« 


XIII,  Die  Gewiiter.  799 

I  ]  herrscliendeii  Windzügen,  welche  liüufig  von  den  an  der  Erdoberfläche 
' 'Waltenden  bedeutend  abweichen. 

Die  meisten  Gewitter   in  Europa  haben  eine  vorherrschende  Zug- 
[  I  richtung  aus  W  und  SW;   in  Schweden  ist  die  Zugrichtung  mehr  von 
ilen.  Die  prozentische  Verteilung  auf  die  verschiedenen  Windrichtungen 
folgende  (nach  Hann): 

N    NE    E    SE      S     SW    W    NW 
7      5     5     7      10     24     27     15 

Es  wird  häufig  angegeben,  dass  die  Geschwindigkeit  der  Gewitter 
IUI  Übergang  über  Flussläufe  sehr  stark  abnimmt.  Hann  bezweifelt 
üie  Richtigkeit  dieser  Angabe,  da  die  Gewitter  häufig  von  hohen  Ge- 
Itirgszügen  in  ihrem  Gang  nicht  gestört  werden. 

Durch  die  Beobachtungen  an  meteorologischen  Stationen  ist  es  mög- 

I^B,   die  Ankunftszeit   eines  Gewitterzuges   an   einem    bestimmten   Ort 
^cht  genau  zu    ermitteln.    Man  zeichnet  meistens  die  Zeit  des  ersten 
hir»rbaren  Donners  auf,  in  anderen  Fällen  die  Zeit  der  kräftigsten  Ent- 
wickelung  der  Gewittererscheinungen   (Italien),    in    wiederum    anderen 
I  diejenige  des  Anfangs  des  Regens.     Bisweilen   geschieht  es  beim  Port- 
schreiten   eines   Wirbelgewitters,     dass    die    elektrischen    Entladungen 
während  einiger  Zeit  stark  abnehmen  oder  sogar  aussetzen,  wonach  sie 
oder  zunehmen   bezw.  bemerklich  werden  können   (vgl.  Fig.  241  11 
796). 
Die  Punkte,  welche  gleichzeitig  von  den  Gewittern  erreicht  werden, 
\  erbindet  man  auf  der  Karte  und  erhält  so  Linien,  die  Isobronten   ge- 
Miinnt  werden.     Eine  auf  diese  Weise  erhaltene  Isobronten -Karte  ist 
jnach  Erk  in  Fig.  243  wiedergegeben.    Auf  derselben  ist  mit  römischen 
ZifiFern  die  Eintrittszeit  des  Gewitters  bezeichnet. 

Aus  diesen  Karten  kann  man  Schlüsse  über  die  Fortpüanzungs- 
schwindigkeit  der  Gewitterzüge  ziehen.  Dieselbe  ist  recht  veränder- 
'  h  und  beträgt  im  Mittel  für  die  Ostalpenländer  30,4,  für  Ober-Italien 
■<'),\,  für  Süd-Deutschland  36,8,  für  Norwegen  38,  für  Holland,  Mittel- 
iiid  Süd -Italien  39,  für  Russland  und  Frankreich  41  km  pro  Stunde. 
Noch  grösser  ist  sie  in  Nord-Amerika,  so  z.  B.  in  den  Neu-England-Staaten 
'1,4  km  pro  Stunde  (15,1  m  pro  Sek.). 

Diese  Geschwindigkeit  ist  im  allgemeinen  grösser  im  Winter  als  im 
inmer.    So  z.  B.  ist  die  Geschwindigkeit  in  Süd-Deutschland  für  das 
Vinterhalbjahr  43,3  km,  im  Sommerhalbjahr  38,4  km,  in  Russland  bezw. 
■)l  und  45  km  pro  Stunde  (etwa  12  Proz.  Unterschied).    Italien  macht 


\\ 


1? 


■ 


Xlll.  Die  Gewitter.  §01 

e  Ausnahme  mit  einem  etwa  ebenso  grossen  Unterschied  in  entgegen- 
setzter Richtung. 
Auch  die  Nachtgewitter  besitzen  im  allgemeinen  eine  grössere  Fort- 
nzungs- Geschwindigkeit  als  die  Tagegewitter.     In  Süd-Deutschland 
ägt    die   Fortpflanzungs -Geschwindigkeit    zwischen   10''  Vorm.    und 
Nachm.  85  Proz.  derjenigen  zwischen  10'^  Nachm.  und  2^*  Vorm. 
Die  Wirbelgewitter  zeigen  im  allgemeinen  eine  grössere  Fortpflan- 
gs-Geschwindigkeit  als  die  eigentlichen  Wärmegewitter. 
Prohaska  hat  für  die  mittlere  Dauer  der  Gewitter  in  den  Ostalpen 
,  folgende   Daten   gegeben.     Winter   1,25,   Frühling  1,29,   Sommer  1,42, 
Herbst  1,57,  Jahr  1,41  Stunden.    Im  allgemeinen  scheinen  die  Herbst- 
..cwitter  am  längsten  zu  dauern.    Mit  einer  mittleren  Geschwindigkeit 
1^^  30  kra  pro  Stunde  erstreckt  sich  demnach  der  Gewitterzug  in  den 
^Italpen  über  eine  Breite  von  42  km.    Dagegen  erstreckt  sich  die  Ge- 
witterfront, wie  vorstehende  Karte  andeutet,  über  mehrere  Hunderte  von 
lometern. 

Birkner  hat  aus  der  sächsischen  Gewitterstatistik  den  Schluss  ge- 
lten, dass  die  Dauer  der  Gewitter  mit  der  Seehöhe  zunimmt.   Während 
sie  im  Mittel  für  Ortschaften  mit  100 — 300  m  Seehöhe  eine  Stunde  be- 
erreicht  sie  für  eine  Höhe  von  300—500  ra  1,3,  für  eine  über 
m  1,5  Stunden.    Je  grösser  die  Höhe  über  dem  Meer,  desto  kräftiger 
ja  auch  nach  dem  vorhin  Gesagten  anfangs  die  Elektrizitätsentwickelung 
dem  Gewitter  (vgl.  S.  788  und  795). 

Hagelwetter.   Die  Gewitter  sind  bisweilen  von  Hagelfall  begleitet. 
Hagel  besteht  aus  Eisstücken  von  häufig  sehr  eigentümlicher  Ge- 
lt, von  Erbsen-  bis  Citronengrösse,  bisweilen  darüber.   Anfang  Juli  1897 
len  in  Steiermark   und  Kärnten  Hagelkörner  von    15  cm  Grösse   und 
iber  1  kg  Gewicht,  zu  Utrecht  fielen  am  9.  Sept.  1846  Hagel  von  22  cm 
I  Hirchmesser.  Die  Hagelkörner  haben  frisch  gesammelt  eine  recht  niedrige 
l't'inperatur,  bisweilen  bis  zu  — 13*^  C. 

Die  Hagelwetter  ziehen  wie  die  Gewitter  mit  einer  mittleren  Ge- 
'i windigkeit  von  etwa  40  km  pro  Stunde  über  lange  Strecken.  Die 
i'ite  der  Hagelzüge  ist  dagegen  viel  geringer  als  diejenige  der  Ge- 
itter,  meistens  nur  8 — 10  km  (in  Steiermark  nach  Prohaska).  Häufig 
'j;en  mehrere  Hagelzüge  einander  in  nahezu  derselben  Bahn. 
Die  Hagelkörner  haben  meistens  eine  konzentrische  Struktur  um 
liinen  opaken  graupelähnlichen  Kern,  welchen  durchsichtige  Schalen,  die 
Hsweilen  von  kleine  Luftbläschen  getrübt  sind,  einschliessen.  Die 
|ll|Bsersten  Teile  sind  bisweilen  krystallinisch. 

Arrhenius,  Kusmiscbe  Physik.  51 


802 


Physik  der  Atmosphäre. 


Die  Fig.  244  giebt  die  Formen  einiger  Hagelkörner  wieder,  die  durcli 
ihre  Grösse  ausgezeichnet  sind.  Die  mit  A  bezeichneten  fielen  bei 
la  Braconniere,  Dep.  Mayenne,  den  4.  Juli  1819  und  hatten  eineni 
Durchmesser  von  gegen  8  cm.  Innen  bemerkt  man  wie  bei  den  anderen! 
den  charakteristischen  schneeigen  Kern,  der  von  einer  strahligen  krystal- 
linischen  Hülle  umgeben  ist.  Die  kry stallische  Struktur  deutet  darauf j 
hin,  dass  das  Wasser  langsam  erstarrt  ist.  Noch  besser  ausgebildet 
waren  die  Krystalle  bei  den  Hagelfällen  in  der  Nähe  von  Tiflis  ai 
27.  Mai  und  9.  Juni  1869  (Fig.  244  B).  Um  den  Kern  ist  die  sechs- 
strahlige  Struktur  der  Schneekrystalle  zu  erkennen.  Zu  äusserst  sitzt  eine 
unregelmässige  Kruste  von  stark  entwickelten  hexagonalen  Eiskrystalleii 
Diese  Hagelschlossen  erreichten  eine  Länge  von  7  cm.    Schliesslich  giebt 


Fig.  244  G  eine  ausserordentlich  grosse  Hagelkugel  wieder,  die  am  9.  Sept 
1846  zu  Utrecht  fiel.  Diese  Kugeln  sollen  bis  22  cm  Durchmesser  ge- 
habt haben.  Um  den  lockeren  Kern  sind  hier  durchsichtige  Eisschalei 
gelagert,  welche  stellenweise  von  schneeigen  Eismassen  durchbrochen  sind 
Der  äussere,  grösste  Teil  der  Kugel  besteht  aus  einer  dicken  Kruste  voi 
undurchsichtigem  Eis. 

Die  meist  runde  Form  deutet  auf  eine  drehende  Bewegung  bei  de 
Entstehung  des  Hagels.  Noch  deutlicher  verrät  sich  diese  Drehung  uii 
eine  Achse  in  der  Form,  die  der  Hagel  nicht  selten  hat,  eine  Scheibe  nii 
einer  dicken  Wulst  am  Rand. 

Manchmal  haben  die  Hagelsteine  eine  birnenähnliche  Form,  wobi 
sie  wohl  mit  dem  dicken  Ende  nach  unten  gefallen  sind.  Dieser  Fori) 
steht  einer  anderen  pyramidischen  oder  konischen  mit  sphärischer  Basi:^ 
fläche  nahe;  solche  Hagelkörner  sehen  aus,  als  ob  sie  aus  grösserei 
kugelrunden  Körpern  durch  centrale  Spaltung  entstanden  wären.    End 


XIII.  Die  Gewitter.  803 

lieh  können  auch  die  Schlössen,  wie  Krystalle  durch  ebene  Flächen  be- 
L^renzt  sein;  von  dieser  Art  waren  die  ungewöhnlich  grossen  Eisstücke, 
\\  eiche  am  2.  Juli  1897  in  Brückl  in  Kärnthen  niederfielen.  Diese  letzte 
^orm  ist  jedoch  recht  selten. 

Die  Bildung  so    ansehnlicher  Eismassen,    wie  die   Hagelschlossen 

«fig  zeigen,  ist  schwer  zu  verstehen.    Natürlich  muss  sie  in  hohen  Luft- 
ichten  stattfinden.    In  den  bei  heftiger  aufsteigender  Wirbelbewegung 

ibildeten  Wolken  bleiben  die  Tröpfchen  lange  in  überkältetem  Zustand 
flüssig,  wenn  die  umgebende  Temperatur  schon  weit  unter  Null  ge- 
sunken ist.  Barral  und  Bixio  beobachteten  bei  einer  Ballonfahrt  am 
27.  Juli  1850  in  einer  Wolke,  die  1950  m  über  dem  Boden  anfing,  dass 
die  Temperatur  in  3300  m  Höhe  unter  Null  und  bei  etwa  6000  m  auf 
— 10<>  C.  sank.  Erst  in  dieser  Höhe  traten  Eisnadeln  und  Schnee  an 
Stelle  der  Tröpfchen  in  der  Wolke  auf.  Bei  sehr  heftigen  aufsteigenden 
Bewegungen  der  Luft  können  ohne  Zweifel  noch  dickere  Wolken,  als  die 

■nannte  4000  m  mächtige,  aus  überkälteten  Wassertröpfchen  bestehen. 

In  dem   Cirro-Stratus-Schirm  befinden  sich  Eisnadeln.     Kommen 

Mose  durch  Wirbelbewegungen  mit  überkälteten  Tropfen  in  Berührung, 

'  scheidet  sich  Eis  aus  diesen  teilweise  aus  und  es  entstehen  gewöhn- 
liche Graupelkörner,  die  ja  einen  grossen  Teil  des  Niederschlages  im 
Frühling  oder  in  den  Bergen  ausmachen. 

Solche  Graupelkörner  bilden  auch  den  Kern  der  Hagelkörner.  Um 
nun  die  weitere  Ausbildung  der  grössten  Hagelkörner  begreiflich  zu 
machen,  muss  man  zwei  Annahmen  machen,  erstens  dass  sie  lange  in 
•  ier  Luft  schweben  bleiben  (oder  langsam  her  untersinken),  zweitens 
hiss  elektrische  Ladungen  verschiedener  Art  eine  starke  Anziehung 
zwischen  Kegentröpfchen  oder  Schneekrystall  und  Hagelkorn  hervor- 
1  »ringen.  Was  die  erste  Annahme  betrifft,  so  kann  man  aus  den  Daten 
Mif  S.  641  berechnen,  dass  in  einer  Höhe  von  etwa  2000  m  eine  Wind- 

schwindigkeit  in  vertikaler  Richtung  von  14,5  m  pro  Sek.  genügt,  um 
i!iae  Eiskugel  von  1  cm  Durchmesser  schwebend  zu  erhalten.  Für  eine 
lliskugel  von  dem  vierfachen  Durchmesser  ist  nur  eine  doppelt  so  grosse 
«ieschwindigkeit  nötig,  für  eine  vom  16  fachen  Durchmesser  (also  16  cm, 
wie  die  grössten  Hagelkörner)  eine  4  fache  (d.  h.  58  ra  pro  Sek.).  Es  ist 
wohl  kaum  wahrscheinlich,  dass  so  grosse  Geschwindigkeiten  wie  die 
letzte  in  vertikaler  Richtung  vorkommen,  schon  die  erste  muss  wohl  als 
'  xceptionell  betrachtet  werden. 

Wir  können  demnach  auf  diese  Weise  wohl  nur  die  Existenz  von 
I  fagelkörnern  von  Haselnussgrösse  verständlich  machen.  Solche  können  sich 

51* 


g()4  Physik  der  Atmosphäre. 

in  2000— 3000  m  Höhe  schwebend  halten.  Wenn  sie  weiter  an  Schwere  zu- 
nehmen, so  muss  das  geschehen,  während  sie  herunterfallen  und  zwar  spielen 
die  elektrischen  Ladungen  dabei  eine  wesentliche  Rolle.  Die  Hagelwetter 
zeichnen  sich  durch  grosse  Häufigkeit  der  elektrischen  Entladungen  aus 
(C oll adon  schätzte  sie  beim  Hagelfall  zu  Genf  am  7.-8.  Juli  1875  au 
2  bis  3  in  der  Sekunde)  und  die  Hagelkörner  sind  bisweilen  so  stark  elek- 
trisch geladen,  dass  sie  phosphorescieren  (dies  wurde  im  selben  Fall  be- 
obachtet). Dagegen  ist  der  Donner  schwach  und  häufig  nicht  hörbar. 
Alles  deutet  darauf  hin,  dass  sich  beim  Hagelfall  sehr  starke  elektrische 
Kräfte  entwickeln,  und  die  umgebenden  Wassertropfen  zu  den  fallenden 
Hagelkörnern  hinziehen.  Dadurch  wird  auch  die  Fallgeschwindigkeit 
geringer. 

Klares  Eis  deutet  auf  Niederschlag  von  überkältetem  Wasser  auf  das 
Hagelkorn;  wenn  Krystalle  vorhanden  sind,  so  ist  das  Gefrieren  relativ 
langsam  vorsichgegangeu,  besonders  wenn  sie  gross  sind  wie  in  Fig.  244/?. 
Milchweisse  Eisabscheidung  deutet  auf  eine  Mischung  von  Wasser  und 
Schneekrystallen,  die  sich  abgesetzt  hat. 

Bei  solchen  Hagelkörnern,  wie  den  in  Fig.  244 i?  dargestellten,  muss 
die  Fallzeit  unerhört  gross  gewesen  sein.  Diese  Art  ist  auch  äusserst 
selten,  die  gewöhnlichste  ist  von  derselben  Sorte  wie  Fig.  244 C,  aber  viel 
kleiner. 

Hagelkörner,  die  zwei  oder  mehrere  Kerne  enthalten,  sind  nicht 
selten.  Die  undurchsichtigen  Eisschollen  sind  nach  Harting,  der  den 
Utrechter  Fall  genau  untersuchte,  aus  kleinen  Körnchen  von  0,1—0,2  mm 
Durchmesser  mit.  dazwischen  liegenden  Luftblasen  zusammengeballt. 

Die  von  Hagelstürmen  verursachten  Schäden  sind  häufig  sehr  gross. 
So  soll  ein  Hagelwetter  vom  13.  Juli  1738  einen  Schaden  von  25  Millio- 
nen Franken  verursacht  haben. 

Der  Hagel  ist  (wie  die  Gewitter)  in  den  polaren  Gegenden  sehr 
selten.  Statt  dessen  fallen  Graupeln  wie  bei  uns  im  Winter.  In  ge- 
mässigten und  subtropischen  Ländern  sind  sie  am  gewöhnlichsten.  lu 
tropischen  Landesteilen  kommen  sie  auch  bisweilen  vor,  speziell  die  mit 
grossen  Körnern.  Die  meisten  Hagelkörner  schmelzen  dort,  bevor  sie  den 
Boden  erreicht  haben.  Auf  dem  (nahe  dem  Äquator  in  Ecuador  ge- 
legenen) Antisana  beobachtete  man  in  4000  m  Höhe  elf  Hagelfälle  in 
neun  Monaten.  Einige  Gegenden  scheinen  besonders  vom  Hagel 
heimgesucht  zu  sein.  Dazu  gehören  Steiermark  und  Kärnten  und 
die  Abhänge  des  Kaukasus.  Die  wärmeren  und  trockneren  Landes- 
strecken scheinen  öfters  als  die  kälteren  und  feuchteren,  das  Land  vor 


■ 


¥ 


XIII.  Die  Gewitter.  g05 


den  Mündungen  der  Gebirgsthäler  häufiger  als  diese  selbst  und  das  Ge^ 
birge  vom  Hagel  getroffen  zu  werden.  Im  Gebirge  sind  die  Hagelkörner 
klein  und  gehen  in  Graupeln  über.  Boussingault  beobachtete  bei 
einer  Reise  in  den  Anden,  dass  die  Hagelkörner,  die  oben  ganz  klein 
waren,  immer  grösser  wurden,  je  tiefer  er  kam. 

Die  allgemeine  Wetterlage  bei  Hagelstürmen  ist  nahezu  dieselbe 
wie  bei  Gewittern  und  die  Hagel  sind  als  Begleiter  der  Gewitter  anzu- 
sehen, die  nur  längs  einer  oder  einiger  sehr  kurzen  (meist  8  bis  10  km 
langen)  Strecken  der  Gewitterfronten  vorkommen. 

Die  Jahresperiode  der  Hagelwetter  ist  dieselbe  wie  die  der  Gewitter,  nur 
ist  der  Frühling  etwas  hagelreicher,  sodass  häufig  ein  Maximum  im  Mai 
zu  finden  ist  (Holland,  Bayern,  Sachsen).  Die  tägliche  Periode  ist  ebenfalls, 
ungefähr  dieselbe  wie  die  der  Gewitter,  aber  noch  etwas  ausgeprägter.  In 
Mittel-Europa  treffen  27  Proz.  der  Hagelwetter  zwischen  2  und  4  Uhr, 
Nachm.  ein  (67  Proz.  zwischen  12  und  6  Uhr  Nachm.).  Das  Minimum 
ffillt  zwischen  2—8  Uhr  Vorm.  (4  Proz.).  .  •     .    , 

Wetterschi  essen.     Wegen  der  grossen  Schäden,  welche  die  Hagel- 
wetter anrichten,   hat  man  sich  bemüht,  Mittel   zu  ihrer  Verhinderung 
aufzufinden.    Schon   seit   alten   Zeiten   glaubt   man,   durch   heftige  Er- 
schütterung der  Luft,    wie   durch  starkes  Läuten  und  Schiessen,'  einen 
günstigen  Einfluss  ausüben  zu  können.     Versuche  in  dieser  Richtung 
id  neuerdings  in  grossem  Maassstab  in  Österreich,  Italien,  Frankreich 
und  Amerika    aufgenommen   worden.     Obgleich   es   nicht  wahrschein- 
lich ist,  dass  selbst  die  heftigsten  Lufterschütterungen  an  der  Erdober^ 
fläche  in  den  Höhen  —  etwa  5  km  und  darüber  — ,  wo  die  Hagelkörner 
h  bilden,  irgend  welche  merkliche  Wirkung  haben  können,  wollte  man 
Lgen    der   hohen   wirtschaftlichen  Bedeutung   diese  Mittel   doch  nicht 
iiiversucht  lassen.    Man  wollte  den  Luftwirbelringen,  welche  sich  beim 
Vbfeuern  eines  Geschosses  bilden,  eine  besondere  Wirkung.. zuschreiben; 
jiieselben  erreichen  jedoch  nur  sehr  massige  Höhen  und  keineswegs  den 
;iildungsherd  der  Hagelschlossen.  ,: 

Man  richtete  also  in  bestimmten  Gegenden,  die  häufig  von  Hagel- 

tter  heimgesucht  werden,   ein  Netz  von  Schiessstationen  ein,  wo  bei 

Mizeichen    eines    Hagelwetters    Böllerschüsse    abgefeuert    wurden.     In 

falien  waren  nicht  weniger  als  9400  solche  Stationen  eingerichtet.    Der 

folg  scheint  jedoch  nach  der  bisher  beschafften  Statistik  sehr  zweifel- 

itt  zu  sein;  zur  Beschaffung  von  mehr  Versuchsmaterial  werden  die 

ersuche  fortgesetzt.    Dass  in  einzelnen  Fällen  (besonders  in  Österreich) 


806  Physik  der  Atmosphäre. 

die  Schiessversuche  von  Erfolg  gekrönt  zu  sein  scheinen,  mag  auf  Zufall 
beruhen. 

Nach  einer  Untersuchung  von  v.  Bezold  und  Lachmann  werden 
an  den  preussischen  Scbiessplätzen  der  Artillerie  weniger  Gewitter  (20 
bis  25  Proz.)  beobachtet  als  in  (Jeren  nächster  Umgebung.  Wenn  dies» 
Beobachtung  sich  bestätigte  ~  es  könnte  z.  B.  an  den  Schiessplätzen 
der  Donner  des  Gewitters  bisweilen  überhört  werden  — ,  so  dürfte  die 
Wirkung  auf  die  starke  Entwickelung  von  Kauchgasen  an  den  Schiess- 
plätzen zurückzuführen  sein  (vgl.  S.  781). 

Wasserhosen,  Tromben  und  Tornados.  Unter  äusseren  Um- 
ständen, welche  denjenigen  ähnlich  sind,  die  Gewitter-  und  Hagelbilduug 
begünstigen,  entstehen  bisweilen  ausserordentlich  lebhaft  rotierende 
und  häufig  von  elektrischen  Erscheinungen  begleitete  kleine  Wirbel,  die 
eine  gewaltsame  mechanische,  zerstörende  Wirkung  ausüben.  Diese  eng 
begrenzten  Wirbel  nehmen  ihren  Anfang  unter  einer  Gewitterwolke,  von 
der  sie  wie  ein  Zapfen  oder  Elefantenrüssel  herunterhängen.  Der  Wirbel 
kann  sich  dann  weiter  ausbilden,  sodass  er  die  Erdoberfläche  berührt 
wo  die  Reibung  ihn  meistens  erweitert.  Der  ausserordentlich  niedrig' 
Luftdruck  im  Centrum  übt  eine  mächtige  hebende,  saugende  Wirkunc 
aus,  die  Wassermassen,  Hausdächer,  Bäume  u.  s.  w.  hebt  und  herum- 
schleudert. 

Diese  Wirbel  entstehen  am  häufigsten  über  Wasserflächen  (Fig.  245), 
wahrscheinlich,  weil  da  die  Reibung  am  geringsten  ist  und  heissen 
dann  Wasserhosen.  Sie  sind  in  den  tropischen  Gegenden  am  gewöhn- 
lichsten; ihr  Durchmesser  beträgt  nur  wenige  Meter,  die  Wassermasseo 
steigen  unter  Bewegungen  wie  beim  Kochen  in  spitzen  schäumenden 
Massen  empor  und  fallen  nieder ,  sobald  die  saugende  Mitte  des  Wirbels 
vorbeigeschritten  ist. 

Die  Wassermassen  sollen  sich  4—8  m  erheben  können;  wenn  der 
Raum  im  Inneren  der  Wasserhose  luftleer  wäre,  so  würde  die  Spitze 
unter  Atmosphärendruck  etwa  10  m  Höhe  besitzen.  Man  sieht,  wie  stark 
der  Druck  in  den  Wasserhosen  vermindert  ist. 

Von  der  Spitze  löst  sich  Schaum  oder  Wasserstaub  ab  und  steigt 
in  noch  grössere  Höhen ,  sodass  Wolken  und  Wasser  meist  kontinuierlich 
ineinander  überzugehen  scheinen.  Die  Wassertropfen  in  dem  schlauch- 
förmigen Teil  der  Wasserhose  bilden  sich  teils  infolge  der  aufsteigenden 
Bewegung  der  stark  feuchten  Luft,  teils  und  wohl  hauptsächlich  direkt 
durch  die  starke  Abkühlung  und  Kondensation,  welche  die  heftige  Aus^ 
dehnung  von  Atmosphärendruck  auf  den  sehr  niedrigen  Druck  im  Innerea 

4 


r 


XIII.  Die  Gewitter. 


807 


der  Wasserhose  begleitet.  Wenn  die  Wasserhose  sich  auflöst,  so  ver- 
schwindet zuerst  ihr  mittlerer  Teil  zwischen  Wolke  und  Wasser.  Die 
drehende  und  aufsteigende  Bewegung  ist  wohl  noch  da,  aber  die  Menge 
des  kondensationsfähigen  Wasserdampfes  ist  zu  gering  geworden,  um 
'Ml  W^irbel  noch  sichtbar  zu  machen. 

Trifft  das  untere  Ende  des  Wirbelschlauches  die  feste  Erdoberfläche, 

'»    entsteht   eine   Trombe   oder  Wettersäule.      Statt   Wasserstaub   und 

haum  füllen  in  diesem  Fall  Staub  und  vom  Boden  in  die  Höhe  gerissene 

'  li^genstände,  wie  Heu,  Erde,  Laub,  Zweige  u.  s.  w.  den  unteren  Teil  des 


Fig.  245.     Wasserhosen. 

\Virbels.  Tromben  entstehen,  wie  die  Wirbelgewitter,  häufig  in  der  Nähe 
vi)n  barometrischen  Depressionen  und  der  Sinn  ihrer  Drehung  wird  dem- 
zufolge meistens  von  der  Erddrehung  bestimmt,  d.  h.  sie  drehen  sich  auf 
der  nördlichen  Halbkugel  von  oben  gesehen  in  entgegengesetztem  Sinn 
wie  die  Zeiger  einer  Uhr,  Diese  Wirbel  haben  ihren  eigentlichen  Ur- 
sprung in  den  Wolken  und  dehnen  sich  von  da  bis  zum  Erdboden  aus 
im  Gegensatz  zu  den  kleinen  Staubwirbeln,  welche  bei  starker 
lirwärmung  des  Erdbodens  auf  Strassen  oder  in  den  Wüsten  ent- 
■f'hen  und  deren  Drehungsrichtung  bald  nach  der  einen,  bald  nach  der 
mderen  Seite  liegt.  Warme,  feuchte  Luft  ist  jedenfalls  für  die  Aus- 
Inldnng  der  Tromben  günstig.    Wie  die  Gewitter  geht  die  Trombe  ihren 


808 


Physik  der  Atmosphäre. 


Weg  unbeeinflusst  von  den  Gebilden  auf  der  Erdoberfläche.  Sie  kann  dabei 
abwechselnd  zur  Erde  hinunterreichen  oder  in  der  Luft  enden.  Wenn  sie 
auch  nicht  sichtbar  zur  Erdoberfläche  hinunterreicht,  kann  sie  doch 
grossen  Schaden  anrichten,  denn  die  wirbelnde  Bewegung  der  Luft  am 
Boden  kann  auch  dann  noch  sehr  heftig  sein.  Eine  Abbildung  einer 
solchen  Trombe  zeigt  Fig.  246. 


Fiff.  246.    Trombe  vom  7.  Okt.  1884  bei  Catania. 


Die  Bahnen  dieser  Wirbel  sind  noch  viel  schmäler  (ein  bis 
einige  hundert  Meter)  als  diejenigen  der  Hagelwetter,  was  aus  den  eng 
lokalisierten  verheerenden  Wirkungen  hervorgeht.  Diese  beruhen  auf  ihrer 
grossen  Drehungsgeschwindigkeit,  die  50,  nach  einigen  Schätzungen  sogar 
100  m  pro  Sek.  erreichen  kann.  Die  Tromben  sind  in  mittleren  Breiten 
am  häufigsten  vertreten,  sie  können  aber  auch  bis  zu  60*^  n.  Br.  vor- 
kommen ,  so  sind  in  Schweden  viele  Tromben  untersucht  und  beschrieben 
worden. 

Sehr  häufig  sind  sie  in  Nord  -  Amerika  zwischen  dem.  Felsen- 
gebirge  und  dem  Alleghany  -  Gebirge   und  geben  dort  zu  schweren  Ver- 


h 


XIII.  Di6  Gewitter. 


809 


istungtii  Aiilass,   von   deoen  die  Zeitungen  häufig  Berichte  mitteilen. 
>ie  haben  daselbst  einen  eigenen  Namen  „Tornados"  erhalten. 

Sie  treten  bei  massigen  südlichen  Luftströmungen  auf  und  werden 

II  ausserordentlich  heftigen  Gewittern  (nicht  selten  in  Form  von  Kugel- 

izen)   und   von   Hagelfällen   begleitet.    Sie   ziehen  meistens  (wie  die 

witter)  von  SW  nach  NE,  mit  einer  Geschwindigkeit  von  im  Mittel 

km  in  der  Stunde,    Da  sie  einen  Durchmesser  von  meistens  weniger 

3U0  m  besitzen,  so  ist  ihre  Zerstörungsarbeit  gewöhnlich  in  weniger 

einer  halben  Minute  vollendet. 

Ihre   mechanische  Arbeitsfähigkeit  ist  unglaublich  gross,   sie  heben 

icht  nur  Dächer  ab,   sondern   heben  sogar  ganze  Häuser  mitsamt  den 

Üewohneru  in  die  Höhe,  tragen  sie  weit  (lüO  m)  weg  oder  zerquetschen 

Wände.    Ein  Wagen  von  1600  kg  wurde  18  m  verschoben  und  über 


16^ 


20':   Midi 


16^ 


730. 


1   1  1 

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K^ 

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Fig.  247. 


jn   Zaun  von    1,8  m   geweht,    ohne    ihn    zu    berühren.     Wegen  des 

Irigen    Druckes    im   Wirbel    platzen    die    Fensterscheiben    und    ge- 

lossene  Gefässe,   bisweilen  sogar   die  Häuser   selbst.     Das   plötzliche 

fen  des  Barometers  in  der  Mitte  der  Trombe  ist  dreimal  beobachtet 

len,  zu  Little-Rock,  Arkansas,  am  20.  Okt.  1894,  zu  Paris  am  10.  Sept. 

und  zu  Asnieres  bei  Paris  am  18.  Juni  1897.    Das  Barometer  gab 

Senkung  von  8  bis  10  mm  an.    In  diesen  Fällen  waren  wohl  die 

nben  sehr  schwach  (vgl.  die  drei  Barogramme  Fig.  247). 

Sie   bilden   sich   in   dem    südöstlichen  Quadranten   der  Barometer- 

nressionen   aus,   wo  nach   neueren  Untersuchungen  ein   stark   labiles 

■ichgewicht  der  Luftmassen  leicht  entsteht,  und  wo  die  Temperatur- 

terschiede  zwischen  der  vorderen  und  der  [hinteren  Seite-  der  Cyklone 

lark  ausgeprägt  sind.    Dies   trifft  nun  viel  häufiger  in  Amerika  als  in 

iiropa  ein,  und  dementsprechend  sind  die  Tromben  dort   viel  häufiger 

iid  kräftiger   als   hier.    Sie  sind  jedock   in  den  Appalacheu  und  dem 


glO  Physik  der  Atmosphäre. 

Felsengebirge,  sowie  in  den  nordöstlichen  Staaten  der  Union  sehr  selten. 
Am  gewöhnlichsten  sind  sie  in  Kansas. 

Auf  eine  Million  km^  kommen  sie  nach  Finley  in  folgender  An- 
zahl pro  Jahr  vor: 

Kansas  26,  Missouri  20,  Jowa  19,  Nebraska  17,  Indiana  14,  Massa- 
chusetts 14,  Alabama  13,  Minnesota  12,  Maryland,  Ohio  11,  Dacota. 
Louisiana  und  Wisconsin  10.  In  den  ganzen  Vereinigten  Staaten  kommen 
etwa  drei  verheerende  Tornados  pro  Jahr  vor. 

Mehrere  Tornados  folgen  häufig  einander  in  nahezu  derselben  Bahn 
wie  die  Hagelwetter.    Sie  haben   auch   dieselbe  jährliche   und  täglicli 
Periode,  wie  folgende  Daten  (in  Prozent)  zeigen. 

Jan.  Febr.  März    April     Mai     Juni    Juli     Aug.    Sept.    Okt.    Nov.    Dez. 
1,2     5,0      8,4     17,2    18,6    15,7    12,7    8,1     G,3      2,3      3,0      1,5 

0-2,  2-4,  4-6,  6-8,  8—10,  10—12,  12—14,  14-16,  16-18,  18-20,  20—22,  22-24 
1,7     1,6     0,9     0,8      1,8       5,1       9,1       21,6     28,8      15,2      8,2       5,2 

Die  Geschwindigkeit  der  Luft  im  Tornado  erreicht  Werte  von  45  bi> 
250,  bisweilen  sogar  450  m  pro  Sek.  An  der  Lage  der  fortgeschleuderten 
Gegenstände  erkennt  man  den  Sinn  der  Drehung  in  den  Tornados.  Ei, 
ist  immer  derselbe  wie  in  den  Cyklonen. 

Um  der  Lebensgefahr  beim  Tornado  zu  entgehen,  baut  man 
Tornadokeller,  in  v/elche  man  beim  Herannahen  eines  Tornado  sic^ 
zurückziehen  kann. 

Der  jährlich  durch  Tornados  in  den  Vereinigten  Staaten  verursachte 
Schaden  wird  zu  etwa  drei  Millionen  Dollars  taxiert.  Der  Tornado  vom 
27.  Mai  1896  zu  St.  Louis  brachte  Verluste  von  12  Millionen  Dollars  un4 
308  Menschenleben  mit. 

Wie  die  Tromben  überspringen  häufig  die  Tornados  grosse  Strecken 
in  ihrer  Bahn,  indem  der  trichterförmige  Wirbel  an  diesen  Stellen  nicW 
zur  Erde  hinunterreicht.  Bisweilen  kann  der  Tornado  sich  bis  zu  den 
obersten  Gipfeln  der  Bäume  oder  zu  den  Schornsteinen  der  Häuser  hin- 
unterstrecken, hier  alles  zerstören,  die  tiefer  liegenden  Gegenstände  aber 
unversehrt  lassen.  Bei  der  Pariser  Trombe  hat  man  die  eigentümliche 
Beobachtung  gemacht,  dass  ihre  Gewalt  20—25  m  über  dem  Boden,  wo 
sie  die  Hausdächer  zerriss,  viel  grösser  war,  als  in  58  m  Höhe,  wo  sie  das 
Dach  von  Tour  St.  Jacques  unbehelligt  Hess. 


p 


Xlir.  Die  Gewitter. 


811 


Häufig  vollführt  der  Tornadowirbel  mehrere  Schwingungen  rechts 
iiid  links  von  seiner  mittleren  Bahn,  besonders  in  der  ersten  Zeit,  wenn 
r  die  Erde  erreicht  hat.  Die  erste  Schwingung  geht  immer  nach  links. 
Diese  Schwingungen  nehmen  an  Amplitude  schnell  ab. 

Die  meisten  Tromben  sind  von  einem  eigentümlichen  Geräusch  be- 
gleitet,  welches  mit  dem  Rasseln  von  mehreren  mit  Eisenwaaren  be- 
idenen  Wagen  verglichen  wird.  Vielleicht  rührt  dieses  Geräusch  von 
!i  Stössen  der  in  der  Trombe  aufgewirbelten  festen  Körpern  her. 


XIV.  Meteorologische  Akustik. 


Beugung  der  Schallwellen.  Ebenso  wie  sich  die  Wasserwelleit 
um  einen  isolierten  Felsen  herumbiegen,  ebenso  verhalten  sich  auch  die 
Schallwellen.  Zwar  ist  es  leicht  wahrzunehmen,  dass  hinter  einem  Hügel 
oder  Gebäude  auf  der  Vorderseite  hervorgebrachte  Töne  nur  schwach  hör- 
bar sind.  Wenn  aber  die  Töne  kräftig  genug  sind,  hört  man  sie  aucli 
hinter  den  dichtesten  Hindernissen. 

Ein  auffallendes  Beispiel  dieser  Eigenschaft  des  Schalles  erzählt 
Tyndall,  eine  Explosion  eines  Pulvermagazines  nahe  am  Dorfe  Eritl, 
in  England.  Die  Fensterscheiben  der  Häuser  im  Dorfe  waren  auf  der 
zum  Pulvermagazin  gewendeten  Seite  und  auf  der  abgewendeten  fast 
gleich  stark  zerbrochen.  Alle  Fenster  der  Kirche  waren  nach  innen  ein- 
gebogen, indem  die  Bleirahmen  dem  Druck  nachgegeben  hatten. 

Übergang  des  Schalles  von  einem  Medium  in  ein  anderes. 
Wenn  man  einen  Laut  unter  Wasser  hervorruft,  z.  B.  eine  Glocke  läutet, 
so  hört  man  sehr  wenig  davon  in  der  Luft.  Und  umgekehrt  dringen 
die  Schallwellen,  welche  in  der  Luft  entstehen,  zu  einem  äusserst  unbe- 
deutenden Bruchteil  in  Wasser  ein.  Diese  Frage  ist  von  einer  gewissen 
praktischen  Bedeutung,  denn  die  Fischerbevölkerung  hat  häufig  die  un- 
richtige Vorstellung,  dass  die  Fische  durch  die  Schallsignale  der  Loots- 
stationen  vertrieben  werden. 

Um  dies  zu  untersuchen,  gehen  wir  von  folgenden  Annahmen  aus. 
Eine  Schallwelle  möge  eine  Wasserfläche  treffen.  Die  Geschwindigkeit 
des  untersten  Luftpartikelchens  in  vertikaler  liichtung  soll  gleich  der- 
jenigen des  angrenzenden  obersten  Wasserpartikelchens  sein.  Die  Energie- 
menge der  einfallenden  Welle  (aus  der  Luft)  soll  gleich  der  Summe  der 
Energiemengen  der  gebrochenen  und  der  reflektierten  Welle  sein. 

Es  sei  cp  der  Einfalls-  und  (p^  der  Brechungswinkel  der  Wellen- 
normale (vgl.  Fig.  248),  so  verhält  sich  nach  der  Wellenlehre: 

sin  9)  V  l 

sin  f/)i  "~  F»  —  r"' 


I 


XIV.  Meteorologische  Akustik. 


813 


wenn  V  und  F\  l  und  l^  die  Geschwindigkeiten  bezw.  Wellenlängen  des 
erregten  Tones  in  den  beiden  Medien  Luft  und  Wasser  bedeuten.  Bei 
QOjst  v=  330  m  pro  Sek.,  F^  nach  den  Messungen  von  Colladon  und 
Sturm  in  Süsswasser  gleich  1435  m  pro  Sek.,  nach  denjenigen  von 
Beudant  für  Salzwasser  gleich  1500  m  pro  Sek.;  im  Mittel  ist  also 
r'  ==  1467  m  pro  Sek.,  wonach  V:V^  =  4,35.  Die  Geschwindigkeit  des 
Schalles  im  Wasser  steigt  stark  mit  der  Temperatur.  Sie  ist  nach 
Wertheim: 

bei  15 ö  C.  1437  m  pro  Sek., 

„     30    „    1528  „     „       „ 

„     600  ^^    1725  „     „      „ 

list  also  ungefähr  wie  die  %  Potenz  der  absoluten  Temperatur. 
Es  seien  weiter  J^  E  und  G  die  mitt- 
eren  Amplituden  der  Schallschwiügungen 
ü  den  einfallenden,  reflektierten  und  ge- 
brochenen Wellen,  so  folgt  aus  der  ersten 
iedinguug  über  die  Gleichheit  der  Ge- 
;chwindigkeit,  welche  der  Amplitude 
»roportional  ist: 

{J  +  li)   cos  (jp  =  Cr  cos  <p  \ 

)ie   Energiemenge   ist   proportional  dem 

iuadrat  der  Geschwindigkeit,   also  auch 

em  Quadrate   der  Amplitude,    und  der 

lasse  m  innerhalb  eines  Raumes  von  der 

jänge    einer    halben  Wellenlänge    und    der 

die  einfallende  und  reflektierte  bezw.  GD  =  AD  cos  q)^  für  die  ge- 
hene  Welle,  sowie  der  für  alle  drei  Wellen  gleichen  auf  die  Ebene 
Papieres  senkrechten  Höhe  g.    Diese  Grösse  ist  für  den  einfallenden 

trahl: 


Fig.  248. 
Breite  AB  =  AD  cos  ^ 


m 


l '  ij  •  AD  cos  (p  •  d, 


im  d  die  Dichte  der  Luft  bedeutet.    Man  erhält  so: 

J- '  l  ■  cos  (p  •  d  =  li'^ l  cos  (p d  -{-  G'H^  cos  fp^d^ 
enu  (/'  die  Dichte  des  Wassers  darstellt,  oder: 

{J'^  —   A'2)/  ■dGOS(p=G'^V  d^  cos  (pK 


§j^4  Physik  der  Atmosphäre. 

Durch  zweimalige  Division  dieser  Gleichung  mit  der  ersten  \y 
dingungsgleichung  bekommt  man,  nachdem  /:/'  =  sin  (jp-.sin  9)': 

J  —  Ii__d^  tg  9>^ 
J"+'R~  ~d  lg  93 

1 

oder,  wenn  dieser  letzte  Ausdruck  gleich  —  gesetzt  wird: 

—  7?;/=(l  —  «):(!  H-  a)  =  1  —  2a. 
Diese  letzte  Gleichung  ist  genügend  genau,  denn: 

1  =  J-  und  -^^  <  '^"^  folglich  ^^^^  <     i 
d'       773  ig^'       sin  95  ^      ^  '"^'^  tgq)^^  4,35 

und  also  a  eine  sehr  kleine  Zahl  (<<  1  :  3363).    Hieraus  folgt: 

und: 

j2  —  li'i  =  j'^ .  A  a. 

Wenn  J-  ein  Maass  der  einfallenden  und  Ä^  ein  Maass  der  reflektierte! 
Schallstärke  ist,  so  wird  die  Stärke  der  gebrochenen  Schallwelle  durc 
/-  —  7?2  gemessen.    Es  ist  das  Verhältnis  F  dieser  Grössen: 

,,       J- —  Pi^        ,  ,   d   sin  9)      cos  9)'       r.n[^,.ar.-,r7-      4n,rr>, 

F^        ^.,  ,    =4a  =  4  ,,    .     -.  ■        —  =  0,0011891/1  —  17,9^5'^'/ 
J^  (^ '  sm  9» '     cos  9)  ^  ^    j   > 

Die  Energie  der  gebrochenen  Welle  macht  also  im  Maximum,  näm; 
lieh  bei  senkrechter  Incidenz  (9)  =  0*^)  0,12  Proz.  der  einfachen  Welle  aoij 
Die  Beziehung  zwischen  dem  Bruchteil  F  und  9)  geht  aus  folgende' 
Tabelle  hervor. 

fy9  =  0»  5"  8»  10«  12'*  13«         13M7'7" 

r/,>  =  0"         22^16'     37015'     49«  02'     64"  42'     78«  O'     90« 
10^.   F=  11,9        11,1  9,6  7,9  5,2  2,5  0 

Schallwellen,   deren  Normale  einen  grösseren  Winkel  als  13«  17' 71 
mit  der  Normale  der  Begrenzungsfläche  bilden,  vermögen  gar  nicht  i 
das  Wasser  hineinzudringen.    Von  der  Schallmasse,  welche  nach  uir 
sich  von  einer  Schallquelle  ausbreitet,   befinden  sich  nur  2,65  Proz. 
einer  solchen  Lage,  dass  ein  Teil  davon  in  das  Wasser  hineinzudringf; 
vermag.    Und   von  diesem  Teil  geht  nur  der  sehr  geringe   Bruchtci' 


XIV.  Meteorologische  Akustik.  815 

0.0008  auf  das  Wasser  über,  sodass  von  der  ganzen  Schallmasse  nur 
21.2  Millionteile  in  das  Wasser  hineindringen.  Man  kann  demnach 
wohl  sagen,  dass  der  Schall  praktisch  genommen  vom  Wasser  total 
reflektiert  wird. 

Bei  dem  Übergang  des  Schalles  aus  Wasser  in  Luft  liegen  zwar  die 

rhältnisse  nicht-  so  ungünstig,   aber  doch  dringt  nur  0,06  Proz.  der 

ochallmenge   aus   dem  Wasser  in   die  Luft  ein.    Auch  in  diesem  Fall 

kann  man  von  einer  nahezu  totalen  Reflexion  sprechen,  obgleich  etwa 

>  mal  weniger  effektiv  wie  im  vorhin  besprochenen  Fall. 

Ganz  anders  dringt  der  Schall  ins  Wasser  ein,  wenn  die  Schall- 
wellen aus  einem  Körper  kommen,  dessen  Dichte  von  derselben  Grössen- 
ordnung  ist  wie  des  Wassers  selbst. 

Wenn  man  z.  B.  mit  einem  Euder  gegen  den  Boden  eines  Kahnes 
stösst,  so  geht  ein  recht  beträchtlicher  Teil  der  Schallbewegung  auf  das 
Wasser  über.  Die  Dichte  der  Hölzer  liegt  nämlich  sehr  nahe  an  1  und 
die  Fortpflanzungs- Geschwindigkeit  des  Schalles  senkrecht  zu  den  Jahres- 
ringen ist  für  Tannenholz  ebenso  gross  wie  für  Süsswasser  bei  10^  C.  In 
anderen  Hölzern  ist  die  Fortpflanzungs-Geschwindigkeit  von  derselben 
Grössenordnung.  Die  grösste  Abweichung  kommt  bei  Birkenholz  vor 
(nach  Messungen  von  Wert  he  im  und  Chevandier),  das  etwa  28  Proz. 
grössere  Fortpflanzungs-Geschwindigkeit  besitzt.  Die  Fischer  haben  häufig 
bemerkt,  dass  bei  einem  solchen  Stoss  die  Fische  gleich  fliehen,  was  zu 
ihrer  unrichtigen,  oben  (S.  812)  erwähnten  Vorstellung  geleitet  hat. 

Echo.     Ebenso   wie  vom  Wasser  wird   der  Schall  von  der  Erde, 
Felsen  und  Wolken   reflektiert.     Bisweilen   können  die  an  einer  Stelle 
erregten  Schallwellen  ein  oder  mehreremal  zum  Ausgangspunkt  reflek- 
rt   M'erden.    Diese   Erscheinung   wird   Echo   oder  Widerhall  genannt. 
Manche  Orte  sind  wegen  ihres  kräftigen  oder  mannigfaltigen  Echos  be- 
rühmt.   So  z.  B.  wiederholt  ein  Echo  an  den  Ufern  des  Lago  del  Lupo 
über  den  Wasserfällen  von  Terni  den  Schall  nicht  weniger  als  fünfzehn- 
nial.    Wegen  seiner  Stärke  ist  das  Echo  am  Lorelei-Felsen  am  Rhein 
rühmt,   das    17— 20  mal    einen   Pistolenknall    wiederholt.     Das    Echo 
1  sehen  den  zwei  Flügelgebäuden  des  Schlosses  Simonetta  bei  Mailand 
bt  einen  Pistolenschuss  60 mal  wieder.    Das  Echo  der  Dunloe-Kluft 
Killarney  in  Irland  ist  ebenfalls  Touristen  wohlbekannt.    Der  Ton 
ler  daselbst   angeblasenen  Trompete   kommt  in  einer  Reihe  von  Re- 
vionen  zur  Ausgangsstelle  zurück.    Der  Ton  wird  immer  sanfter  und 
macht  den  Eindruck,  als  wenn  die  Schallquelle  sich  immer  weiter 
'  litfernte.    In  den  Alpenländern  sind  berühmte  Echos  in  grosser  Zahl  zu 


810  Physik  der  Atmosphäre. 

finden.  Unter  denselben  hebt  Tyndall  das  Echo  bei  Rosenlaui  besonder- 
hervor.  Berühmt  wegen  ihres  Echos  sind  Koblenz,  Grosse  Gans  bei  dci 
Bastei  in  der  sächsischen  Schweiz,  Adersbach  in  Böhmen,  Rosneath  in 
Schottland  und  mehrere  andere  Orte. 

Da  etwa  0,2  Sek.  zum  Aussprechen  einer  Silbe  nötig  sind  und  d' 
Schall  etwa  340  m  in  1  Sek.  zurücklegt,  so  kann  eine  Wand  in  34  i 
Entfernung  ein  einsilbiges  Echo  geben,  eine  68  m  entfernte  ein  zwei- 
silbiges u.  s.  w.,  indem  der  Schall  zum  Hin-  und  Zurücklaufen  0,2  bezv>'. 
0,4  Sek.  nötig  hat.  Ein  Echo  im  Park  von  Woodstock  wiederholt 
17  Silben  bei  Tag  und  20  bei  Nacht.  Das  Echo  aoi  Grabmal  Cäcilia 
Metellas  bei  Rom   vermag   eine   hexametrische  Verszeile  wiederzugeben. 

Das  eigentümliche  und  majestätische  Rollen  der  Donnerschläge  rührt 
von  einer  mehrmaligen  Reflexion  des  Schalles  an  den  Wolken  und  der 
Erde  her.  Eine  Kanone,  die  auf  freiem  Feld  bei  heiterem  Himmel  ab- 
gefeuert wird,  giebt  einen  kurzen,  scharfen  Knall.  Befinden  sich  da- 
gegen an  dem  Himmel  Wolken,  so  hört  man  nach  dem  Schuss  ein  lang- 
sames leises  Rollen. 

Man  hat  auch  die  Wirkung  von  Reflexionen  in  Fällen  vermutet,  in 
welchen  sie  wahrscheinlich  keine  merkliche  Rolle  spielen.  Wenn  z.  1!. 
Schallerscheinungen,  die  man  erwartet  hatte  (vgl.  unten),  ausblieben,  so 
nahm  man  an,  dass  dieselben  an  den  Grenzflächen  verschieden  dichter 
Luftschichten  reflektiert  seien.  Da  aber  in  diesem  Fall,  sowohl  die 
Dichte  wie  die  Fortpflanzungs-Geschwindigkeit  von  der  einen  Schicht 
zur  anderen  sehr  wenig  veränderlich  ist,  so  scheint  die  Erklärung  kaum 
stichhaltig  zu  sein. 

Auch  durch  Schueeböen  geht  der  Schall,  so  viel  mau  nachweisen 
kann,  ungeschwächt  hindurch,  wie  Tyndall  schon  bemerkt  hat.    Eben- 
bieten Nebelbildungen  kein  merkliches  Hindernis  der  Ausbreitung  di 
Schalles. 

Folgen  der  Schallbrechung.  Wie  oben  schon  bemerkt,  wird  der 
Schall,  ebenso  wie  das  Licht,  beim  Übergang  von  einem  Medium  in  ein 
anderes  gebrochen.  Ebenso  erleidet  der  Schall  eine  Ablenkung  in  der 
Atmosphäre  zufolge  der  ungleichen  Temperatur  der  Luftschichten.  Dir 
Fortpflanzungs-Geschwindigkeit  des  Schalles  hängt  nicht  von  der  Dich- 
tigkeit der  Luft,  sondern  nur  von  ihrer  Temperatur  ab  und  zwar  wächst 
sie  proportional  der  Quadratwurzel  aus  der  absoluten  Temperatur.  Wenn 
demnach,  wie  normal  der  Fall  ist,  die  Luft  unten  wärmer  wie  oben  ist. 
so  beschreibt  die  Schallwelle  keinen  geraden  Weg  von  einer  in  der  Höhe 
befindlichen  Schallquelle   zum  Boden,   sondern   verläuft   in  Bogenlinien, 


XIV.  Meteorologische  Akustik,  817 

wie  die  Fig.  249   andeutet.    Da  die  Luft  unten  Avärmer  ist,  wird  der 
Schall  fortwährend  von  der  Normale  weg  gebrochen,  sodass  die  nach 
unten  gehenden  Schallstrahlen  eine  nach  oben  konkave  Bahn  beschreiben. 
In  Punkten  zwischen  A  und  B  wird  der  Schall  vernommen,  in  Punkten 
dagegen,  welche  weiter  entfernt  sind  als  der  Punkt  B,  wo  die  Fortpflan- 
zungsrichtung  des  Schalles  den  Boden  tangiert,  vernimmt  man  keine  Spur 
des  von  S  ausgehenden  Schalles.    Man  könnte  glauben,  dass  eine  horizon- 
tal sich  fortpflanzende  Welle,  deren  vertikale  Wellenfront  in  der  Figur  250 
.durch  1—2  bezeichnet  werden  möge,  nicht  gebrochen  wird,   da  in  kon- 
,stanter  Höhe  die  Temperatur  gleich  hoch  ist.    Während  aber  der  obere 
Teil  den  Weg  1—3  beschreibt,   geht  der  untere  Teil  in  der  wärmeren 
Luft  den  längeren  Weg  2 — 4  (Fig.  2505).    Da  die  Wellenfront  immer 
krecht  auf  der  Fortpflanzungsrichtung  steht,  so  biegt  sich  diese  wie 
ib'ig.  250a  andeutet.    Ähnliches  gilt  für  das  Licht,  wie  auch  der  Ver- 
uch  lehrt. 


(t3^ 


Fig.  250. 


Der  Punkt  B  ist  offenbar  um  so  weiter  von  S  entfernt,  je  geringer 

Temperaturunterschied  der  oberen  und  unteren  Schichten  ist.  Weiter 
:>ieht  man  aus  der  Figur,  dass  wenn  SS^  die  Verlängerung  des  Schall- 
r.ihles   SB  ist,   auch   eine   Schallquelle   in  Äj  bei  B  vernehmbar   ist. 

ist  also  die  horizontale  Entfernung  des  Punktes  B  von  der  Schall- 

lle  um  so  grösser,  je  höher  die  Schallquelle  liegt.  Würde  die  Schall- 

lelle  in  B  liegen,  d.  h.  gerade  am  Boden,  so  würde,  theoretisch  ge- 

'iiimen,  der  Schall  an  keinem  Punkt  in  derselben  Horizontalebene  ge- 

'rt  werden. 

Diese  umstände  sind  in  der  Praxis  von   grosser  Bedeutung,    Man 

>t  von  Lootsstationen   Schallsignale   gegeben,   welche   auch   von   ganz 

ihe  befindlichen  Schiffen  nicht  gehört  wurden.    Man  hat  zur  Vermeidung 

ses  Übelstandes  vorgeschrieben,   dass  die  Schallsignale  von   so  hoch 

möglich  gelegenen  Stellen  gegeben  werden  sollen.  In  dieser  Hinsicht 
i'l  die  Signale  mit  Raketen,  die  explodieren,  am  günstigsten.  Glück- 
herweise tritt  dieser  Fall  vorzugsweise  bei  starker  Sonnenstrahlung, 
nn  die  Nebelsignale  tiberflüssig  sind,  ein. 

Arrlienius,  Kosmische  Physik.  52 


818  Physik  der  Atmosphäre. 

Bei  sogenannter  Temperaturinversion  (vgl.  S.  545)  sind  die  Verhält 
uisse  umgekehrt,   indem  die  kältesten  Schichten  am  Boden  liegen.    Ii 
solchen  Fällen  schmiegt  sich  der  Schall  dem  Boden  an  und  beschreibt  einei 
Weg,  der  nach  unten  konkav  ist.    Man  hört  dabei  nicht  nur  den  direk 
von  der  Schallquelle  ausgehenden  Schallstrahl,  sondern  auch  reflektiert 
Diese  Temperaturverteilung   ist    für   die   Hörbarkeit    des    Schalles  seh 
günstig.    Sie  erscheint  besonders  häufig  in  der  Nacht  und  im  Winter  bi 
unbedecktem  Himmel,  wobei  die  Strahlung  den  untersten  Luftschicht« 
ihre  Wärme  entzieht.    Ein  jeder  hat  wohl  auch  die  Erfahrung  gemaclü 
wie  deutlich  der  Schall  unter  solchen  Umständen,  besonders  bei  klaren 
frostigem  Wetter,  auch  in  grossen  Entfernungen    hörbar  ist.    Häufig  i^ 
man  geneigt,  diese  Wirkung  der  Stille  der  Nacht   allein  zuzuschreiben 
Dass  aber  diese  Erklärung  nicht  zutrifft,   kann  man  sehr  gut  aus  einen 
schönen  von  Humboldt  erzählten  Beispiele  ersehen.    An  einem  Orte  ai 
den  Ebenen  von  Antures  in  Südamerika  war  das  an  eine  starke  Brandui 
erinnernde   Getöse    von    den    grossen   Wasserfällen    des    Orinokoflus^ 
bei  Nacht,  nicht  aber  bei  Tag  hörbar.    Dort  war  aber  der  Tag  viel  ruhig« 
als  die  Nacht,  wie  gewöhnlich  in  den  Tropen,  wo  das  Tierleben  in  de 
Nacht  erwacht.   Zwischen  den  Fällen  und  dem  Beobachtungsorte  lag  ein« 
grosse  Ebene  mit  vielen  nackten  Felsen,  die  am  Tage  durchgeglüht  uiii 
in  der  Nacht  durch  Strahlung   stark   abgekühlt   wurden.    Diese  Masse  i 
übertrugen  ihre  Temperatur  auf  die  unteren  Luftschichten.    Das  ist  di 
leicht  verständliche  Ursache  der  Erscheinung. 

Bei  Temperaturinversion  entsteht  häufig  eine  Nebeldecke  über  de 
Erd-  oder  Wasseroberfläche.  Daher  rührt  die  Angabe,  dass  man  häuli 
bei  Nebel  besser  hört  als  bei  klarer  Luft. 

Fortpflanzung  des  Schalles  in  bewegter  Luft.  Falls  eii 
tönender  Körper  in  ruhiger  Luft  sich  einem  Beobachter  nähert,  so  is 
das  Dopplersche  Prinzip  anwendbar,  der  Ton  erscheint  höher  (vgl 
S.  28)  als  wenn  die  Tonquelle  still  steht.  Umgekehrt  verhält  es  sich 
falls  die  Tonquelle  sich  vom  Beobachter  entfernt,  der  Ton  erschein 
dann  tiefer.  Über  diesen  Gegenstand  hat  Buys-Ballot  Versuche  an- 
stellen lassen ,  indem  er  einen  Trompetenblaser  auf  einen  Eilzug  stellte 
welcher  an  einem  Beobachter  vorbeifuhr.  Bei  dem  Vorüberfahren  sau' 
der  Trompetenton  bedeutend. 

Eine  ähnliche  Beobachtung  kann  man  leicht  machen,  wenn  man  ii 
einem  Zug  an  einer  tönenden  Signalglocke  vorbeifährt.  Nehmen  wir  an,  di 
Geschwindigkeit  des  Zuges  sei  16,5  m  pr.  Sek.,  eine  gewöhnliche  Eilzug 
geschwiudigkeit,   und   die  Schallgeschwindigkeit  sei  330  m  pr.  Sek.  {h 


XIV.  Meteorologische  Akustik.  8^9 

0*C.),  SO  sinkt  die  Tonhöhe  beim  Vorbeifahren  im  Verhältnis  10:9,  d.h. 
um  einen  ganzen  Ton. 

Ist  die  Schallquelle  in  Kühe  und  bewegt  sich  die  Luft,    so   ändert 
sich  die  Schallgeschwindigkeit,    die    dann    gleich    der   Resultante   aus 

■  Schallgeschwindigkeit  in  stillstehender  Luft  und  der  Geschwindig- 
der  Luft  selbst  gesetzt  werden  kann.  Zufolge  dieser  ungleichen 
Geschwindigkeit  können  an  der  Grenzfläche  von  zwei  Luftschichten 
'"  verschiedener  Geschwindigkeit  Brechungen  und  Reflexionen  des  Schalles 
stattfinden.  Wenn  z.  B.  die  relative  Geschwindigkeit  der  beiden  Luft- 
schichten 10  m  erreicht  und  die  eigentliche  Schallgeschwindigkeit 
330  m  beträgt,  so  ist  der  Winkel  («)  der  totalen  Reflexion  bedingt  durch 
die  Gleichung: 


330  „^  , 


I . . 

iPronghaft,  sondern  wächst  kontinuierlich  vom  Boden  aufwärts. 

Dann    zeigen    sich   ganz    ähnliche    PJrscheiuungen   wie    bei   Ände- 

•angen  der  Temperatur  mit   der  Höhe   und   zwar  entspricht  eine  Tem- 

)eraturabnahme   nach   oben   dem   Fall,    dass   der  Wind   von  dem   Be- 

)bachter  gegen  die  Schallquelle  gerichtet  ist.    Es  werden  sich  demnach 

lie  Wellen  so  umbiegen,   wie  oben   in  Fig.  249   angegeben  ist.    Wenn 

ilso  der  nach  oben  zunehmende  Wind   von   der  Schallquelle   ab   weht, 

)efindet  sich  der  Empfänger  in  einem  Schallschatten,  dagegen,  wenn  der 

»Vind  von  der  Schallwelle  zum  Beobachter  hinfliesst,  werden  die  Schall- 

ien  wie  bei  Temperaturinversion  nach  unten  gebogen.     Da  eine  Diffe- 

/.  der  Windgeschwindigkeit  von  10  m  pr.  Sek.  ebenso  stark  wirkt  wie 

nie  Temperaturdifferenz  von  etwa  16^0.,   so   sieht   man   ein,   dass  der 

!  Effekt  des   Windes   denjenigen   der  Temperatur    mehrfach    übersteigen 

iiim. 

Der  Schall  ist  daher  sehr  schlecht  gegen,  sehr  gut  aber  mit  dem 
Vind  zu  hören. 

Spontane  Schallerscheinungen.    Unter  diesen  Namen  versteht 

iinther,  der  neuerdings    eine  Monographie   darüber  geschrieben   hat, 

'iiillerscheinullgen,    welche  nicht   durch  Organismen   erzeugt  werden. 

/.  B.  rechnet  Günther  das  Tönen  der  Dornen  der  afrikanischen  Flöteu- 

kazie   (Acacia   fistulosa)    im   Winde    nicht    zu   den   spontanen   Schall- 

lieinungen,  obgleich  der  Unterschied  zwischen  diesem  Tönen  und  dem 

.<ulen  des  Windes,  das  spontaner  Natur  ist,  nicht  sehr  scharf  zu  be- 

H  52* 


§20  Physik  der  Atmosphäre. 

stimmen  ist.  Das  Heulen  des  Windes  beruht  auf  dem  regelmässigen  Au 
stauen  und  Abfliessen  der  Luft  an  Gegenständen,  gegen  welche  ^ 
Keibung  ausübt.  Diese  Erscheinung  ähnelt  der  Tonbildung  beim  ßeibi 
eines  Korkes  gegen  eine  Fensterscheibe  sehr.  Je  heftiger  der  Wii 
ist,  um  so  höher  wird  der  erzeugte  Ton,  ungefähr  wie  beim  Anblase 
einer  Sirene.  Bei  schwachem  Wind  bleibt  nur  ein  schwaches  Saus^ 
übrig,   das   im  Laube  des  Waldes  am  deutlichsten  wird. 

Etwas  anderer  Natur  sind  die  Geräusche  und  Töne,  welche  ei^ 
stehen,  wenn  Sand  über  Dünen  oder  Wüsten  hinwegtreibt.  Es  ist  hi 
nicht  mehr  die  Erzitterung  der  Luft,  welche  in  erster  Linie  zu  dv 
Geräusch  Anlass  giebt,  sondern  die  Schwingungen,  in  welche  die  Untc 
läge  (und  vielleicht  auch  der  Sand)  durch  die  Reibung  gerii 
Solche  tönende  Sande  sind  an  der  Ostseeküste  recht  gewöhnlich,  so  ai 
Bornholm,  auf  der  kurischen  und  frischen  Nehrung,  bei  Heringsdorf,  a 
der  Halbinsel  Dars  u.  s.  w.  In  den  innerasiatischen  und  afghanistaniscli 
Wüstengebieten  sowie  in  der  West-Sahara  und  auf  der  Halbinsel  Sinai  sin 
solche  Erscheinungen  nach  Mitteilungen  von  Eeisenden  stark  entwickel 

Von  ähnlicher  Entstehung  ist  das  Geräusch  und  das  Zischen,  wen 
Schneekörner  über  glatte  Schneefelder  streichen,  welches  den  Glaube 
veranlasst  haben  soll,  dass  Nordlichter  oft  von  einem  knisternden  Gi 
rausch  begleitet  werden.  Anderer  Art  sind  die  Schallerscheinungen  beii 
Schlagen  der  Wogen  gegen  ein  Felsenufer.  In  einigen  Fällen  wie  i 
der  Fingalshöhle  auf  Staffa  oder  auf  der  dalmatinischen  Insel  Mehf 
verstärkt  die  Resonanz  der  Luft  in  unterirdischen  Höhlen  und  in  Klüfli 
diese  Geräusche  so,  dass  ein  heftiges  Dröhnen  und  Knallen  ertönt. 

Von    vielen    Gegenden,    besonders    Küstengebieten,    erzählt    mai 
dass  daselbst  plötzliche  dumpfe  Knalle  gehört  werden,   die   einem  er* 
fernten  Kanonendonner  ähneln.    Die  Erscheinung  geht   an  den  Küst« 
unter  dem  Namen  „Seeschiessen".    Dieselbe  ist  in  Flandern,  Perthshii 
(Schottland),   Umbrien,  Colorado,  Guatemala,   niederländisch  Indien,  ; 
den  Mündungen  des  Kongoflusses  und  des  Ganges  bekannt.    Aber  aue 
im  Binnenland,  wie  in  verschiedenen  Alpengegenden  der  Schweiz,  Süd 
Westdeutschlands  und  Österreichs,  kommen  ähnliche  Donnerschläge  V( 
In  diesen  Fällen  ist  man  geneigt,  Erdbebengeräusche  anzunehmen.   Du 
Seeschiessen   wird   häufig  als   das   Geräusch  der  Brandung  bei  Einzel 
Wellen  (vgl.  S.  445)  angesehen. 

Schliesslich  wird  nicht  selten  beobachtet,  dass  in  abgeschlossen' 
Thälern,  Wäldern  oder  in  Felsenklüften  musikalische  Naturklänge  vo 
kommen.    Solche  Fälle  werden  von  der  Sandalp  (in  den  Glarner  Alpen 


I 


XIV.  Meteorologische  Akustik.  821 

hvvanbergeralp  in  Steiermark,  Triberg  im  Schwarzwald  und  dem 
ckerthal  im  Hunsrück  beschrieben.  Meistens  scheinen  von  dem 
auschen  eines  Baches  bestimmte  Töne  durch  Resonanz  verstärkt  zu 
erden. 

Singende  Felsen  wurden  von  Humboldt  an  den  Ufern  des  Orinoko, 
111  Peschuel-Löschke  in  Deutsch  -  Südwestafrika  aufgefunden.    Als 
rsache  sieht  man  gewöhnlich  das  Zittern  der  durch  Abschuppung  ent- 
ladenen Gesteinsplatten  (vgl.  S.  344)  bei  der  Reibung  des  Windes  an. 
In  ähnlicher  Weise  hat  man  auch  das  „Singen"  der  nördlichen  der  beiden 
^  Memnonstatuen  auf  dem  thebanischen  Nekropol  erklärt.    Man  scheint 
ährend  zweier  Jahrhunderte  (von  Beginn  unserer  Zeitrechnung  bis   zu 
ner  von  Kaiser  Septimius  Severus  veranstalteten  Restauration  der  Statue) 
ahrgenoramen   zu   haben,   dass   um   Sonnenaufgang   dieser  10  m  hohe 
mdsteinkoloss  Geräusche   veranlasste,  die  mit  einem  Singen  verglichen 
irden.    Vielleicht  befanden  sich  an  der  Statue  Gesteinschuppen,  die  bei 
r  Erwärmung   durch   die  Sonne   sich  auf  ihrer  Unterlage  verschoben 
1  so  klingende  Geräusche  hervorbrachten. 
Die  Luft-  und  Schallwelle  nach  dem  Krakatau-Ausbruch. 
Schall   des  Krakatauvulkanes   bei   dem  Ausbruch   am   26.  und  27. 
lyust   1883    wurde    in    so    weiten    Entfernungen    von    der    Schall- 
elle wahrgenommen,  wie  wohl  nie  in  historischer  Zeit  eine  Explosion 
hört  worden  ist.  —  Zum  Vergleich  möge  angeführt  werden,  dass  die 
Schützensalven  bei  der  Leichenfeier  der  Königin  V  iktoria  von  England 
0  km    weit   gehört   wurden.    0.   Reynolds    erzählt    einen   Fall   von 
ler  Flottenrevue  zu  Portsmouth,   wobei  der  Donner  270  km  weit  ver- 
mmen  wurde.  —  Der  Schall,   welcher   dem   einer  heftigen  Kanonade 
nlich    geschildert   wird,    erreichte   folgende   Orte   in    folgenden   Ent- 
nuugen  vom  Krakatau  in  Kilometern:  Manila  2902,   Dorey  auf  Neu- 
linea  3240,   Alice  Springs  in  Centralaustralien  3593,  Perth  in  West- 
^tralien  3060,  Rodriguez  4775,  Dutch  Bay   auf  Ceylon    3311,   Tavoy 
^jl  Birma   2378.    Die  Linie,   welche   diese   Punkte   verbindet,   schliesst 
■^e   annähernd   elliptische   Fläche   ein,   welche    etwa   ein   Dreizehnteil 
ganzen  Erdoberfläche  ausmacht.    Die  Angaben  über  die  Ankunfts- 
der    Schallwelle     an    den    innerhalb     dieser    Fläche    gelegenen 
Aten    sind    im    allgemeinen    zu    ungenau,    um   daraus   die   Schall- 
ii  windigkeit    zu    berechnen.    Jedenfalls    scheint    aus   ihnen   hervor- 
iien,   dass  nach  N,   NE   und  NW   der  Schall   sich  viel  langsamer 
'breitet  hat  als  nach  W,  SE  und  SW.    Ferner  liegt  Krakatau  nörd- 
von  der  Achse  der  genannten  Ellipse,  was  anzudeuten  scheint,  dass 


§22  Physik  der  Atmosphäre, 

der  Schall  in  nördlicher  Richtung  geschwächt  worden  ist.    Dies  kaii 
von  zwei  Ursachen  herrühren,  nämlich  von  starken  nördlichen  Windei 
oder   davon,   dass   der  Erdboden  nach   Norden  zu   stark  erwärmt  wai 
die  nach  Süden  gelegene  Meeresoberfläche  und  das  im  Südosten  liegend! 
Australien  relativ  kühl  waren,  wodurch  Ablenkung  des  Schalls  von  d 
Erdoberfläche    nach    Norden     bezw.    eine    Konzentration    nach    Süd' 
erfolgte.    Kurz  nach  der  Explosion  zeigten  die  Barogramme  der  mete 
rologischen   Stationen  heftige  Störungen   im   Luftkreis   an,   indem  er^ 
eine  plötzliche  Zunahme,   dann   eine  tiefe  Senkung  des  Luftdrucks  einj 
trat  mit  zwei  bis  drei  kleineren  Oscillationen  in  der  Zwischenzeit.   Diese 
Unregelmässigkeiten  wiederholten  sich  auf  einigen  Stationen  bis  zu  siel«! 
mal.    Vier  mal  ging  also  die  Luftwelle  von  Krakatau  zum  Beobachtunj^ 
ort,  das  erste  mal  direkt,  das  zweite  mal,  als  sie  schon  einmal  die  Eru 
umkreist  hatte  u.  s.  w.    Drei  mal  kam  die  Schallwelle  zum  Beobachtung^ 
ort  aus  der  entgegengesetzten  Richtung. 

Aus  diesen  Aufzeichnungen  konnte  man  die  Geschwindigkeit  de( 
Schalles  und  die  Zeit  der  heftigsten  Eruption  berechnen.  Diese  wurd< 
auf  lO'*  morgens  27.  Aug.  (Krakatau-Zeit  =  2^*  57»"  Green  wich -Zeit)  fest- 
gestellt. Die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Schalles  wurde  zu  314,2  n 
pr.  Sek.  im  Mittel  gefunden.  Wegen  der  in  höheren  Luftschichten  in 
den  Tropen  östlichen  und  in  aussertropischen  Gegenden  westlichen  vor- 
herrschenden Richtung  des  Windes  war  die  Fortpflanzungsgeschwindig- 
keit nicht  in  allen  Richtungen  gleich.  Sie  war  mit  dem  Wind  12  mi 
grösser  als  gegen  denselben,  was  eine  mittlere  gegen  den  Meridian  senk-j 
rechte  Komponente  der  Windgeschwindigkeit  von  6  m  pr.  Sek.  andeutet.l 
Ferner  war  die  Geschwindigkeit  beim  ersten  Umlauf  um  die  Erde  be-j 
deutend  (etwa  6  m  pr.  Sek.)  grösser  als  beim  zweiten,  bei  dieser  etwa«' 
grösser  (um  etwa  1,7  m)  als  beim  dritten. 

Aus  der  mittleren  Schallgeschwindigkeit  314,2  m  pr.  Sek.  berechneti 
sich  nach  der  Formel: 

314,2  =  331  Yi  +  0,00366 1 

die  Temperatur  t  der  von  der  Schallwelle   betroöenen  Luftschichten   zu| 
—  270  c.  im  Mittel  (einer  Höhe  von  etwa  8000  m  im  Mittel  entsprcchenir 


XV.  Meteorologische  Optik. 

Die  scheinbare  Gestalt  des  Himmelsgewölbes.    Es  ist  eine 

t langer  Zeit  wohlbekannte  Erscheinung,  dass  der  Himmel  uns 
,  wie  es  das  natürlichste  zu  sein  scheint,  als  eine  über  die  Erdober- 
^Lcviivi  gewölbte  halbe  Hohlkugel  mit  dem  Mittelpunkt  im  Auge  des 
Jeobachters  erscheint.  Vielmehr  erscheint  er  als  ein  stark  abgeplattetes 
Jewölbe,  das  im  Zenith  dem  Beobachter  viel  näher  liegt  als  am 
lorizont. 

Die  Hauptursache  dieser  Erscheinung  ist  von  Gauss  gefunden.  Sie 
.  physiologischer  Natur.  Wenn  wir  den  Blick  mehr  oder  weniger 
tirnwärts  richten,  sehen  wir  die  Gegenstände  mehr  oder  weniger  ver- 
ürzt,  in  Vergleich  mit  ihrem  Aussehen  bei  der  gewohnten  Blick- 
ichtung  geradeaus.  Als  Beispiel  möge  der  Fall  angeführt  werden, 
ass  man  einen  Menschen  einmal  auf  einem  100  m  hohen  Turm,  ein 
nderes  mal  in  100  m  horizontaler  Entfernung  erblickt.  Im  ersten  Fall 
rscheint  er  ausserordentlich  viel  kleiner  als  im  zweiten,  obgleich  wir 
issen,  dass  er  in  beiden  Fällen  gleich  gross  ist  und  unbewusst  unser 
ilrteil  durch  diese  Kenntnis  beeinflussen  lassen. 

Allgemein  bekannt  ist  auch,  dass  der  Mond  am  Horizont  viel 
^ser  erscheint  als  am  Zenith.  Gauss  bewies  seinen  Satz  so,  dass 
«lurch  Drehung  eines  Planspiegels  die  Richtung  der  Sichtlinie 
I  Spiegelbild  der  Mondscheibe  änderte.  Obgleich  in  diesem  Fall 
iibar  die  physische  Beschaffenheit  des  Bildes  in  keiner  Weise  ver- 
lulert  wurde,  sah  es  um  so  grösser  aus,  je  näher  es  am  Horizont  lag 
nd  um  so  kleiner,  je  näher  es  zum  Zenith  rückte. 

Man  kann  sich  von  der  scheinbaren  Abplattung  des  Himmels- 
'wolbes  in  der  Weise  eine  Vorstellung  bilden,  dass  man  den  Punkt  auf- 
nht,  welcher  scheinbar  in  der  Mitte  zwischen  dem  Zenith  und  dem 
inrizont  liegt,  und  danach  seine  Winkelhöhe  bestimmt.    Solche  Messun- 


§24  Physik  der  Atmosphäre. 

gen  sind  in  grosser  Menge  von  Keimann  ausgeführt.  Wenn  uns  dei 
Himmel  wie  eine  Halbkugel  erschiene,  so  würde  der  gesuchte  Punkt  in 
der  Mitte  des  Himmelbogens  in  45*^  Höhe  über  dem  Horizont  liegen 
Wegen  der  scheinbaren  Abplattung  ist  die  genannte  Winkelhöhe  vieli 
niedriger  —  etwa  zwischen  20*^  und  30^  — ,  je  nach  den  Umständen; 
wechselnd. 

Daraus,  dass  die  Wiukelhöhe  nicht  immer  gleich  gross  ist,  kann 
man  schliessen,  dass  nicht  nur  die  obengenannte  physiologische  Haupt- 1 
Ursache  bei  unserer  Beurteilung  wirksam  ist,  sondern  dass  auch  andere! 
Momente  mitspielen. 

Als  Beispiel  der  Messungen  von  R  ei  mann  mögen  folgende  Werte 
des  genannten  Winkels  angeführt  werden: 

bei  völlig  heiterem  Tageshimmel 22,4 <* 

„       „  „         Nachthimmel  und  Mondschein .  26,5 

„       „  „  „  ohne        „  .  29,9 

bei  Tag,  ganz  heiter 22,5 

„       „  ,  heiter 21,8 

„       „  ,  wolkig 21,1 

„       „  ,  ganz  bewölkt 20,5 

Die  Werte  für  den  Tageshimmel  schwankten  zwischen  19,7°  und  25,.3"^. 
Unter  der  Annahme,  dass  das  Himmelsgewölbe  uns  wie  eine  Kugel- 
kalotte erscheint,  hat  Pernter  das  Verhältnis  (F)  der  scheinbaren  Ent- 
fernung des  Himmelsgewölbes  in  horizontaler  und  vertikaler  Richtung, 
sowie  den  Halbmesser  X  dieser  Kugelkalotte  in  der  vertikalen  Ent- 
fernung als  Einheit  berechnet.  Er  fand  folgende  Werte,  wenn  der 
Rei  mann  sehe  Winkel  gleich  a  gesetzt  wird: 


a 

18 

20 

22 

24 

26 

28 

30» 

V 

4,5 

4,0 

3,6 

3,2 

2,9 

2,6 

2,4 

X 

10,6 

8,4 

6,8 

5,6 

4,6 

3,9 

3,3. 

Eine  Folge  hiervon  ist,  dass  der  Mond  oder  ein  Sternbilld  am  Hori- 
zont linear  etwa  3,6  mal  grösser  erscheint  als  wenn  er  dem  Zenith 
nahe  steht. 

Diese  Überschätzung    der   Grösse    von    am    Horizont    befindlichen^ 
Gegenständen    wird    durch    mehrere  Umstände   begünstigt.     Die  Lu! 
Perspektive,   der  blaue  Dunst  zwischen  dem  Beobachter   und   dem   ai 


XV.  Meteorologische  Optik.  825 

Horizont  befindlichen  Gegenstand  veranlasst,  dass  man  die  Entfernung 
sehr  viel  hoher  taxiert,  wie  wenn  der  Gegenstand  höher  am  Himmel 
steht  und  infolgedessen  die  zwischen  ihm  und  dem  Auge  liegende 
Luftmasse  geringer  ist.  Ferner  befinden  sich  zwischen  dem  am 
Horizont  gelegenen  Gegenstand  und  dem  Auge  eine  Menge  von  Ob- 
jekten, wie  Bäume,  Berge  u.  s.  w.,  deren  wirkliche  Grösse  man  kennt, 
lie  aber  wegen  der  Entfernung  einen  sehr  geringen  Sichtwinkel  ein- 
lehraen.  Mit  diesen  vergleicht  man  nun  das  Himmelsobjekt  und 
:chliesst  daraus,  dass  es  eine  bedeutende  Ausdehnung  besitzt.  Bei  höher 
im  Himmel  stehenden  Gegenständen  fehlt  diese  Orientierung,  dem- 
;ufolge  ihre  Dimensionen  stark  unterschätzt  v/erden. 

Dass  der  Nachthimmel,  besonders  wenn  der  Mond  nicht  scheint,  stärker 
jewulbt  erscheint  als  der  Tageshimmel,  beruht  ohne  Zweifel  darauf,  dass 
lei  schwacher  Beleuchtung  die  zur  Schätzung  der  Grösse  dienenden 
iitfernten  Gegenstände  nicht  sichtbar  sind.  Dass  ein  bewölkter  Himmel 
,1s  ein  sehr  flaches  Gewölbe  erscheint,  beruht  wohl  darauf,  dass  die 
Volken  eine  nahezu  horizontale  Decke  bilden,  und  dass  die  Winkel- 
rösse  der  einzelnen  Wolken,  welche  am  ganzen  Himmel  ungefähr  gleich 
xs  sind,  bei  der  Beurteilung  der  Entfernung  mitspielt. 
Ein  kleiner  Teil  des  wolkenfreien  Himmels  erscheint  dem  Auge 
itjist  als  eine  gegen  die  Sichtlinie  senkrechte  Fläche,  bei  bewölktem 
liinmel  scheint  diese  Fläche  sich  der  horizontalen  Lage  anzunähern. 

Atmosphärische  Refraktion.     Wenn  keine  Luft  über  dem  Erd- 
Aen  läge,   so    wäre    der  Weg  der  Lichtstrahlen  von  einem  Stern  zum 
luge    eine   gerade  Linie.     Die  Lichtwellen    gehen    aber   1,000294  mal 
-^samer   in  Luft   von  Atmosphärendruck   und   bei   0^   als   im  leeren 
.aum.     Die   Verringerung    der    Fortpflanzungsgeschwindigkeit    ist    der 
iehte  der  Luft  proportional,  so  dass  bei  halbem  Atmosphärendruck  und 
'.oder   bei  Atmosphärendruck   und   +273^0.   die  Geschwindigkeit 
'110147  mal  kleiner  als  im  leeren  Raum  ist. 
Wir  haben  also  hier  ein  ähnliches  Verhalten,   wie   bei  den  Schall- 
heinungen,    wenn    die   Luft   unten   kälter,    oben   wärmer   ist.     Die 
chtstrahlen  müssen  demnach   eine  Bahn  beschreiben,  die   gegen  den 
jiden  überall  konkav   ist   (Fig.  251).    Die   Sterne,   welche   gerade   im 
'nith  (Z)  stehen,   erscheinen  an  derselben  Stelle,   wie  wenn  keine  Re- 
ktion stattfände,  aber  je  näher  am  Horizont  ein  Stern  gelegen  ist,  um 
grösser  ist   die  Korrektion,    welche  an   der  beobachteten  Höhe  des 
i'us  über  dem  Horizont  anzubringen   ist,    um   seine   wirkliche  Höhe 
finden. 


82G 


Physik  dei-  Atmosphäre. 


Zur 

deutet, 


Übersicht  können  wir  uns  die  Atmosphäre,   wie  die  Figur  an- 
in   mehrere   konzentrische   Schichten  einteilen,    und    innerhall. 

jeder    Schicht    die  Lichtgeschwindig- 
7;  ,  keit   als   konstant   ansehen.     An    der 

\  /  Grenze    zwischen  je    zwei  Schichten 

erleidet  der  Lichtstrahl  eine  kleine 
Brechung  (in  den  Punkten  a,  6,  c 
u.  s.  w,).  Es  bezeichne  9^0  den  Winkel 
{oaE)  zwischen  dem  Erdradius  und 
der  Strahlungsrichtung  ausserhalb  der 
Atmosphäre ,  rfy  den  Winkel  0  ah. 
Dieser  kann  gleich  180''  —  0  &  a  ge- 
setzt werden,  weil  die  Begrenzungen 
der  Schichten  als  einander  parallel 
anzusehen  sind  (mit  anderen  Worten, 
die  Höhe  der  merklich  brechenden 
Schichten  ist  gegen  die  Länge  de 
Erdhalbmessers  zu  vernachlässigen 
Es  bezeichne  ferner  (p^  den  Winkel 
ohe  u.  s.  w.,  und  zuletzt  (p  den  Win- 
kel, unter  welchem  der  Strahl  am 
Erdboden  einfällt,  so  ist: 


Fig.  251. 


sin^gpo_  Vq     sin  9),  V^ 

sin  <p^  F,  '  sin  cp^         V2 


Sm    (fn 

sin  (p 


V 


wenn   Fq    Vi  ...  V  die  entsprechenden  Geschwindigkeiten  des  Lichtes 
auf  den  Wegstrecken  Ea,  ab,  bc  u.  s.  w.  bedeuten.  : 

Als  Endresultat  ersriebt  sich:  ~ 


sm  g)Q 
sin  q) 


V 


oder  das  Verhältnis  zwischen  <Pq  und  cp,  der  wirklichen  und  der  b%' 
obachteten  Zenithdistanz  eines  Sterns,  ist  von  den  Eigenschaften  der  d«-' 
zwischen  liegenden  Schichten  unabhängig.  Folgende  kleine  Tabelle  gietol 
eine  Übersicht  über  die  Grösse  der  atmosphärischen  Refraktion  (g)^ — 5p)  !■ 
bei  760  mm  Druck,  10"  C.  und  80  Proz.  relativer  Feuchtigkeit,  welch' 
Bedingungen  ziemlich  den  mittleren  Verhältnissen  in  Central-Europa 
entsprechen, 


XV.  Meteorologische  Optik.  827 


<p 

<P  —  fpQ 

0« 

0  " 

5 

5,1 

10 

10,3 

20 

21,2 

30 

33,6 

40 

48,8 

50 

1'9,3 

9 

fp—fP^ 

600 

1'40,6" 

70 

2  38,6 

80 

5  18,9 

85 

9  49,8 

87 

14  21,8 

89 

24  36,7 

90 

35  24,2. 

Die  Astronomen  benutzen  ähnliche  Tabellen,  um  die  wahre  Zenith- 
distanz  cp^  aus  der  scheinbaren  q)  zu  berechnen.  Im  Allgemeinen  sucht 
man,  soweit  möglich,  grossen  go -Werten  zu  entgehen,  die  die  Beob- 
""htungen  unsicher  machen. 

Bei  astronomischen  Berechnungen  ist  die  oben  gemachte  Annahme, 
s  die  konzentrischen  Schichten  als  planparallel  angesehen  werden 
können,  nicht  immer  genügend  genau.  Wenn  sehr  grosse  Genauigkeit 
arstrebt  wird,  muss  man  deshalb  die  Dichte  der  Atmosphäre  in  ver- 
5chiedenen  Höhen  kennen,  weshalb  dieser  Gegenstand  für  die  Astronomie 
sehr  wichtig  ist. 

Am  Horizont  beträgt   die   atmosphärische  Refraktion   35'.    Infolge- 
sen  bleibt   die  Sonne   eine   kurze  Zeit  sichtbar,   nachdem  sie,   geo- 
trisch  genommen,  schon  unter  den  Horizont  gesunken  ist.  Am  Äquator 
md  es  etwas  mehr  als  zwei  Minuten.    Je  schräger  die  Bahn  der  Sonne 
,'egen  den  Horizont  liegt,  um  so  länger  ist  die  genannte  Zeit.    Die  Re- 
raktion   bewirkt   auch,   dass   etwas   südlich   vom   Polarkreis   die  Sonne 
vährend  des  längsten  Tages  scheinbar  nicht  unter  den  Horizont  sinkt. 
Wie  aus  dem  Obenstehenden  ersichtlich,  wächst  die  atmosphärische 
iet'raktion  mit  der  Dichte  der  Atmosphäre.     Bei  genügend  dichter  Atmo- 
phäre  würde  sie  demnach  so  gross  werden  können,  dass  die  Krümmung 
iiies   horizontal   verlaufenden   Lichtstrahls   gleich   der  Krümmung   der 
hde  würde.    Ein  Beobachter,  welcher  unter  solchen  Umständen  in  hori- 
jiitaler  Richtung  ausschaute,  würde  seinen  eigenen  Rücken  sehen  (falls 
r  einen   genügenden  Sichtwinkel  einnähme),   indem   die  Sichtlinie   sich 
jlngs  eines  grössten  Kreises  der  Erde  biegen  würde.    Die  Erdoberfläche 
■irde  ihm  infolgedessen    wie    eine    nach    allen   Richtungen    unendlich 
i?edehnte  flache   Scheibe   erscheinen.     Ein   über   das  Meer  segelndes 
t  würde    nie    unter    den  Horizont   verschwinden.     Wenn   die  Re- 
aktion, d.  h.    die    Dichte   der  Atmosphäre,    noch    grösser    wäre,    so 
'irde  sich   die   Erdoberfläche   wie   eine  konkave  Schale   darstellen,  ii^ 


p 


828 


Physik  der  Atmosphäre. 


deren  Mitte  der  Beobachter  stünde.  Ein  absegelndes  Schiff  würde  sich 
scheinbar  zum  Band  der  Schale  hinauf  bewegen ,  anstatt  unter  dem  Hori- 
zont zu  sinken. 

Nach  der  Ansicht  vieler  Astronomen  besitzen  die  Atmosphären  der 
Sonne  und  der  grössten  Planeten  eine  genügende  Dichte,  um  eine  der- 
artige Erscheinung  zu  ermöglichen.  Die  Schmidtsche  Sonnentheorie  ist 
auf  eine  solche  Annahme  begründet. 

Es  stelle  in  Fig.  252   der  schraffierte  Teil  PP  die  Begrenzung   der 

Photosphäre  dar.    Ausserhalb   liegen  die  durchsichtigen  Gasmassen,  die 

ohne   Schraffierung  gezeichnet   sind    und    die    in 

merklicher  Menge  bis  zum  äusseren  Kreisbogen  0  G 

vorkommen  mögen. 

Denken  wir  uns  jetzt  ein  Bündel  von  parallelen 
Strahlen  1  bis  7,  den  Sonnenrand  treffend.  Der 
Strahl  1,  v^elcher  0  0  nur  streift,  wird  nicht 
merklich  abgelenkt.  Der  Strahl  2  dringt  ein  wenig 
m  0  O  ein,  er  wird  etwas  abgelenkt,  die  Strahlen 
3  und  4  noch  mehr.  Schliesslich  kommt  ein 
Grenzstrahl,  der  so  stark  abgelenkt  wird,  dass  er 
die  undurchsichtige  Photosphäre  trifft  (Strahl  5 — 7\ 
Denken  wir  uns  jetzt  den  Gang  der  Strahlen 
umgekehrt  und  Fernröhre  mit  ihren  Achsen  dem 
Strahlenbündel  parallel  in  1  bis  7  aufgestellt. 
Wenn  keine  Sonnenatmosphäre  vorhanden  wäre, 
v/ürde  erst  das  Fernrohr  bei  7  Strahlen  von  der 
Photosphäre  erhalten.  Jetzt  sieht  man  zufolge  der 
Brechung  in  der  Sonnenatmosphäre  die  Photosphäre  PP  schon  im 
Fernrohr  bei  5,  oder  richtiger  in  einem  Fernrohr  zwischen  4  und  5. 
Eine  Folge  der  Strahlenbrechung  ist  demnach,  dass  die  Photosphäre  PP 
grösser  erscheint,  als  sie  in  Wirklichkeit  ist.  Ein  Strom  von  etwas 
dichterem  oder  weniger  dichtem  Gas  in  der  Nähe  von  5  a  kann 
eine  relativ  starke  Änderung  im  Verlaufe  des  Lichtstrahles  5  hervor- 
rufen. Infolgedessen  können  plötzlich  ganz  neue  Teile  der  Oberfläche 
des  Sonnenkörpers  zum  Vorschein  kommen.  Schmidt,  Wilczynsky, 
W.  H.  Julius  und  Andere  wollen  auf  diese  Weise  die  Protuberanzeu  mit 
ihren  monströs  grossen  Bewegungen  als  eine  Art  Zerrbilder  erklären.  Da 
aber  solche  Protuberanzen  gerade  sehr  häufig  in  den  obersten  dünne^ 
Schichten  der  Sonnenatmosphäre  ausserhalb  1&  vorkommen,  hat  die;! 
Erklärungsweise  wenig  Anklang  gefunden  (vgl.  S.  110). 


Fig.  252. 


I 


XV.  Meteorologische  Optik. 


829 


lu  der  Luft  findet  ausser  der  Lichtbrechung  eine  Farbenzerstreuung, 
Dispersion ,  statt.    Es  sei  der  Einfachheit  halber  A  Ä^  (Fig.  253)  die  obere 
Grenze  des  als  überall   gleich    dicht   angenommenen   Luftmeeres,  EE^^ 
"  Erdoberfläche,  so  sieht  ein  Beobachter  bei  B  ein  violettes  Bild  des 
rnes  S  in  der  Richtung  B  F,  ein  rotes  in  der  Richtung  Bit.    Das  vio- 
,  ite  Licht  wird  von  der  Luft  wie  von  den  meisten  Medien  stärker  ge- 
brochen als  das  rote.    Der  Winkel   VBR  ist  ein  Maass  der  Grösse  der 
j  Dispersion.     Sie  (J)  beträgt  nach  Montigny  bei  der  scheinbaren  Zenith- 
distanz  (9): 

^  =  50  70  80  90« 

J=     1  2  5  29". 

Sie  ist  etwa  70  mal  geringer  als  die  atmosphärische  Refraktion.   Wie 

_  ring  der  Winkel  VBB  ist,  erhellt  daraus,  dass  die  Strahlen  VB  und 

||k  RB  erst  in  einer  Entfernung  von  460  m 

vim  5  um  1  cm  von  einander  liegen. 

Das  unbewaffnete  Auge  sieht  deshalb 
die  Sternbilder  nie  zu  spektralfarbigen 
Linien  ausgezogen;  mit  einem  guten  Fern- 
rohr kann  man  aber  diese  Erscheinung 
wahrnehmen,  wenn  der  beobachtete  Stern 
hr  tief  steht. 

Das    Funkeln    und    Zittern    der 

Lerne.     Wenn    man    einen    Stern    mit 

I  blossem  Auge  betrachtet,  ist  seine  Licht- 

irke  häutig  in  kurzer  Zeit  stark  veränderlich.    Der  Stern  funkelt  oder 

^umtilliert.    Das  zeigt  sich  besonders  dann,  wenn  nach  trockenem  Wetter 

I Wasserdämpfe   sich   in   der  Luft   ausbreiten,   weshalb   die   Seeleute   ein 

-tarkes  Funkeln  der  Sterne  als  ein  Vorzeichen  von  Niederschlag  ansehen. 

Während  die   nahe   dem  Zenith   stehenden  Sterne  nur  ihre  Licht- 

-' irke  verändern,  durchlaufen  die  niedriger  stehenden,    weniger  als  45^ 

111  Horizont  entfernten  Sterne  gleichzeitig  die  ganze  Farbenskala,  und 

'.war  fand  Respighi,   dass   die   Spektra   östlicher,   d.  h.   aufsteigender 

imkelnder  Sterne  Veränderungen  der  Lichtstärke  erleiden,  die  vorwiegend 

'vom  violetten  Ende  des  Spektrums  zum  roten  Ende  fortschreiten,  während 

lie  Veränderungen   der    westlichen   hinuntersinkenden   Sterne   von   Rot 

ich  meistens  gegen  Violett  hinbewegen. 

Wenn   man   einen  Stern  durch  ein  Fernrohr  mit  kleiner  Objektiv- 
üung    betrachtet,    steht    er    nicht    still,    sondern    oscilliert    unruhig 


Fig.  253. 


^30  Physik  der  Atmosphäre. 

hin  und  her.  In  Fernröhren  mit  grösseren  Objektivöffnungen  vei 
schwindet,  wie  schon  Newton  bemerkte,  diese  eigentümliche  Bewegung] 
welche  auch  mit  blossem  Auge  bemerkt  werden  kann.  Auch  der  Rand' 
des  Mondes  oder  der  Sonne  zittert,  besonders  wenn  diese  Himmelskörpoi 
nahe  am  Horizont  stehen.  (Vielleicht  hat  die  Beobachtung  dieser  Er- 
scheinung zu  dem  Volksglauben  Anlass  gegeben,  dass  die  Sonne  am  Weili- 
nachtstage  „springt"  oder  „tanzt".)  Die  Planeten  zeigen  Spuren  von 
Funkeln,  besonders,  wenn  sie  nahe  am  Horizont  stehen;  aber  jedenfalls 
ist  ihr  Funkeln  ausserordentlich  viel  schwächer  als  dasjenige  der  Fixsterne.! 
Das  Funkeln  ist  auch  an  kleinen  Sonnenbildern,  z.  B.  in  einem  entfernt 
stehenden  Konvexspiegel  sehr  deutlich.  Die  Scintillation  ist  am  Tag  h 
deutend  stärker  als  in  der  Nacht,  so  dass  dergleiche  Beobachtungen 
eines  entfernten  Sonnenbildes  von  Exner  zum  Studium  der  Erscheinunn 
empfohlen  werden. 

Das  Funkeln  der  Sterne  erhöht  die  Pracht  des  Sternhimmels  sehr. 
Es  ist  in  den  Tropen  viel  schwächer  als  in  mittleren  Breiten. 

Es  ist  viel  über  diese  Erscheinung  geschrieben  worden  und  mehrei 
Theorieen  darüber  aufgestellt,   z.  B.  von  Arago   und  Montigny.    Di« 
einfache  Erklärung  von  Karl  Exner,  wonach  diese  Erscheinung  auf  doi 
Brechung  des  Lichtes  beruht,  hat  aber  die  anderen  verdrängt. 

Die  Luft  ist  nämlich  nie  vollkommen  homogen.  Wenn  man  einon 
Gegenstand  durch  die  warme  Luft,  welche  aus  einem  Schornstein  od 
an  einer  besonnten  Wand  aufsteigt,  betrachtet,  so  scheint  er  heftig 
in  den  Luftschlieren  zu  zittern.  Obgleich  nun  die  nachts  in  der  Luft 
vorkommenden  Schlieren  unvergleichlich  viel  schwächer  sind,  so  ver- 
mögen sie  doch  wie  Konvex-  oder  Konkav-Linsen  zu  wirken  und  ein 
von  einem  Stern  stammendes  Lichtbündel  von  parallelen  Strahlen  in 
ein  schwach  konvergentes  oder  divergentes  Bündel  zu  verwandeln.  Im 
ersteren  Falle  erscheint  der  Stern  einem  von  dem  Bündel  getroffenen 
Auge  heller,  im  zweiten  Falle  schwächer  wie  gewöhnlich  (wenn  das  Licht 
parallel  ist). 

Solche  Schlieren  ziehen  fortwährend  durch  die  Luft.  Dadurch  er- 
scheint der  beobachtete  Stern  abwechselnd  heller  und  dunkler,  je  nach- 
dem die  Schliere  sammelnd  oder  zerstreuend  wirkt.  Exner  hat  die 
Breite  dieser  Schlieren  gemessen.  Wenn  eine  Schliere  vor  einem  Teil 
des  Objektives  eines  Fernrohrs  liegt,  so  wird  das  Bild  des  Sternes  im 
Fernrohr  verschoben.  Exner  stellte  einen  langen  Spalt  vor  das 
12 -zöllige  Objektiv  eines  Fernrohrs,  dessen  Ocular  ein  wenig  einge- 
schoben war,  so  dass  ein  spaltförmiges  Bild  des  Sternes  entstand.    Dieses 


d 


r 


XV.  Meteorologische  Optik.  831 


Bild    schlängelte    sich    in    unregelmässigen    Windungen.      Hätte    eine 

Schliere  alle  Teile  beeinfiusst,  so  würde  der  Spalt  gerade  gebliehen  und 

nur  zur  Seite  verschoben  worden  sein.    Aus  der  Länge  der  Windungen 

M-hätzte    er    den   Abstand    zwischen    je    zwei   Schlieren    zur    Grössen- 

liuing  10  cm. 

Hieraus    ist    auch    ersichtlich,   warum  das   Bild   eines  Sternes   in 

.  inem  grossen  Fernrohr  nicht  zittert.    Vor  dem  Objektiv  liegen  nämlich 

j  eine  grosse  Anzahl  von  Schlieren,  die  in  ungleichen  Kichtungen  wirken. 

Das  Bild   des  Sternes   wird   demnach   ruhig   bleiben,   aber  nicht   ganz 

punktförmig,  sondern  mit  zum  Rande  abnehmender  Helligkeit  erscheinen. 

In  den   tieferen  Schichten  der  Luft   sind   die  Schlieren   am  kräftigsten 

.  iitwickelt,  daher  funkeln  tiefstehende  Sterne  relativ  stark.  Aus  demselben 

Grunde,  der  das  Funkeln  bei  grossen  Fernrohren  vermindert,  funkeln  die 

Planeten  nur  sehr  wenig  und  nur,  wenn  sie  tief  stehen.    Die  Strahlen  von 

i'sehiedenen  Teilen  ihrer  Scheiben  liegen  so  weit  auseinander,  dass  sie 

■rtgschiedene  Schlieren  durchlaufen. 

M^m  Nur  die  niedrig  stehenden  Sterne  funkeln  in  Farben.  Bei  diesen 
sind  nämlich  die  Wege  der  blauen  und  roten  Strahlen  so  weit  von  ein- 
ander getrennt,  dass  andere  Schlieren  auf  die  roten  Strahlen  wirken  als 
;inf  die  blauen. 

Das  Respighische  Phänomen  erklärt  sich  folgendermaassen.  Nehmen 
wir  an,  es  befinde  sich  eine  Schliere  in  der  Luft  etwas  höher  (mehr 
nach  links,  z.  B.  bei  T  in  Fig.  253)  als  der  violette  Strahl  BV.  S  er- 
hebt sich  über  den  Horizont,  der  violette  Strahl  B  V  passiert  dabei  erst 
r,  danach  läuft  BR  durch  T.  Die  Veränderung  der  Helligkeit  ver- 
fhiebt  sich  also  in  der  von  Respighi  angegebenen  Richtung.  Die 
>cheinbare  Geschwindigkeit  von  BV  in  der  Nähe  von  T  erreicht  in  diesem 
Fall,  wenn  BT  1000  m  beträgt  und  B  am  Äquator  gelegen  ist, 
für  einen  Stern  in  der  Äquatorialebene  etwa  7  cm  pr.  Sek.,  und  ist 
übrigens  der  Entfernung  BT  proportional.  Diese  Geschwindigkeit 
vidiert  sich  zu  der  Windgeschwindigkeit,  welche  bisweilen  in  entgegen- 
setzter Richtung  wirkt.  Deshalb  gilt  die  von  Respighi  gefundene 
li'Lrelmässigkeit  nur  in  den  meisten,  aber  nicht  in  allen  Fällen. 

Auch  eine  Einwirkung  der  Windrichtung  auf  die  Scintillation  der 
>"nne  oder  des  Mondes  hat  Exner  konstatiert.  Wenn  ahcda  den 
■^'•nnenrand  darstellt  (Fig.  254)  und  der  Wind  nach  X  gerichtet  ist,  so 
icintilliert  der  Sonnenrand  nicht  bei  d  und  ft,  dagegen  stark  bei  a  und  c. 
Dies  scheint  darauf  hinzudeuten,  dass  die  Schlieren  in  der  Wind- 
ii  htung  ausgezogen  sind. 


I 


§32  Physik  der  Atmosphäre. 


Bei  Tag  ist  die  Luft  viel  weniger  gleichmässig  als  bei  Nacht.  Ferne 
ist  die  Luft  in  den  Tropen  viel  gleichmässiger  als  in  den  gemässigte) 
Zonen,  woraus  das  schwächere  Funkeln  bei  Nacht  und  in  den  Tropei 
erklärt  wird.  j 

Kimmung,  Luftspiegelung.  In  den  arktischen  und  nördlichen 
Meeren  ist  häufig,  besonders  in  der  Frühsommerzeit  oder  an] 
Morgen,  die  Luft  dicht  über  dem  Wasser  stark  abgekühlt  im  Ver-f 
gleich  zu  den  höher  liegenden  Luftschichten.    Das  Licht  geht  dann  ii 

den  höheren  Luftschichten  geschwinder  als  inj 

den    niedrigen  dichteren.    Infolgedessen    be-- 

/^    ^  schreibt  der  von  einem  Gegenstande  a  (Fig.  1h'> 

^^ — ^4-^ — >jr       ausgehende  nahezu  horizontale  Lichtstrahl  a 

\^^_^^  einen  nach  unten  konkaven  Bogen  ahcdej 

. '^  (das  Licht  geht  immer  den  zeitlich  kürzest( : 

^^'       '  Weg).    Ein  Beobachter  in  g   sieht   demnacli 

den  Gegenstand  a  nach  a  gehoben.  Die 
Lichtwellen  verhalten  sich  in  diesem  Fall  wie  die  Schallwellen  bei 
Temperaturinversion  (vgl.  S.  848).  Es  kann  soweit  gehen,  dass  die  Erd- 
oberfläche dem  Beobachter  wie  eine  flache  Schale  erscheint,  in  deren 
Grunde  er  sich  befindet,   wie   die  Schmidt  sehe  Sonnentheorie  für  die 


Fig.  255. 

tieferen  atmosphärischen  Schichten  auf  Jupiter  und  der  Sonne  verlangt 
Der  Horizont  scheint  gehoben.  Diese  Erscheinung  wird  Kimmung 
genannt. 

Hier  spielt  eine  andere  Erscheinung  hinein,  welche  Budde  unter- 
sucht hat.    Die   am  Horizont   gelegenen  Gegenstände  scheinen  in   d 


Luft  zu  schweben  und  werden  teilweise  gespiegelt.  Dies  hängt  von  einer 
Keflexion  an  der  Wasseroberfläche  und  nicht  in  der  Luft  ab.  Wird 
eine  Wasserfläche  von  kleinen  Wellen  getrübt,  so  reflektiert  sie  das 
helle  Himmelslicht  und  sieht  deshalb  blank  aus.  Bei  sehr  flachen  Wellen 
liegt  die  Entfernung,  in  welcher  diese  Erscheinung  hervortritt,  sehr  weit 
weg  und  nahe  am  Horizont.    In  dieser  Entfernung  erscheinen  die  Wellen 


I 

alle 


XV.  Meteorologische  Optik. 


833 


alle  als  sehr  klein  imd  sind  deshalb  nicht  einzeln  sichtbar,  sondern 
geben  nur  einen  Totaleindruck.  Sie  wirken,  wenn  sie  sehr  flach  sind, 
wie  ein  matter  Spiegel.  Ragt  eine  grosse  Felsenmasse  aus  diesen  Wogen 
heraus,  so  spiegelt  sie  sich  in  dem  Auge  näher  gelegenen  Wellen  und 
man  erhält  einen  Eindruck,  welcher  in  der  Fig.  256  dargestellt  ist.    Ohne 


Fior.   25Ö. 


fKimmung  ist  der  blanke  Rand  ganz  schmal,  ist  dagegen  der  Horizont  ge- 
'"'ben,  so  sieht  man  ein  viel  grösseres  blankes  Feld,  welches  der  Kim- 
ing  das  charakteristische  giebt.  Die  untere 
-irenzung  des  blanken  Feldes  ist  viel  schärfer 
uarkiert  als  die   obere.     Man  glaubt   des- 
lalb ,  dass  der  Horizont  (Grenzlinie  zwischen 
juft  und  Wasser)  an  dieser  unteren  Grenze 
md  nicht  an  der  oberen  liegt  und  die  ent- 
■  rnten  Gegenstände   scheinen   in  der  Luft 
schweben. 

In  solchen  Fällen   kann  bisweilen  die 

■nze  zwischen  den  oberen  leichteren  und 

!i  unteren  dichteren  Schichten   so  scharf 

■in,  dass  schräg  einfallende  Strahlen  eine 

piegelung     erleiden.      Eine     solche    Er- 

heinung    stellt    Fig.    257    dar.      Bisweilen    können    sogar    doppelte 

Siegelungen  vorkommen.    Derartige  Spiegelungen   sollen  in  arktischen 

Lienden  besonders  häufig  zu  beobachten  sein.    Scoresby  hat  mehrere 

tche  Beobachtungen  im  grönländischen  Meer  gemacht.    Da  der  Blick 

1  der  Beobachtung  sehr  entfernter  irdischer  Gegenstände  einen  langen 

g  durch  schlierige  Luft  in  der  Nähe  der  Erdoberfläche  beschreibt,  so 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  53 


Fig.  257. 


§34  Physik  der  Atmosphäre. 

zeigen  die  Gegenstände  bei  der  Kimmung  und  Luftspiegelung  häufig  em< 
Art  Scintillation.  Sie  sind  unruhig,  zitternd  und  verzerrt,  bisweilen  ii 
die  Breite,  bisweilen  in  die  Höhe  ausgezogen. 

Diese  Erscheinung  hat  in  ihrer  ausgeprägtesten  Form  den  Namci 
Fata  morgana   erhalten.     An   den    süditalienischen    und    sicilianischci 
Küsten,  besonders  an  der  Strasse  von  Messina,  erscheinen  nicht  solto 
in  der  Luft  in  grosser  Entfernung  Gebäude,  Strassen,  Waldungen,  Land- 
schaften, deren  Anblick  unaufhörlich  wechselt.    Die  Bevölkerung  hat  stel 
ein  lebhaftes  Interesse  für  diese  feenhaften  Erscheinungen  gezeigt,  welchij 
deshalb    auch   weit  bekannt   sind.    Ähnliches  zeigt  sich  bisweilen  aucl 
in  unseren  Gegenden,  besonders  da,  wo  zwei  Ufer  durch  eine  nicht  all/ 
schmale  Wasserfläche  getrennt  sind,   und  bringt  die  Phantasie  der  Zu- 
schauer  in   lebhafte  Bewegung.    Kimmungen   sind   im   westlichen  Tri 
der  Ostsee  recht  gewöhnlich,  auch  am  Genfer  und  Bodensee,  sowie  üb( 
dem  schwedischen  See  Wettern,  dessen  kühles  Wasser  bekannt  ist.    Bi 
weilen  können  sie  sich  zu  Lufspiegelungen  entwickeln. 

Gewissermaassen  entgegengesetzter  Art  sind   die  Luftspiegelungei 
welche  in  der  Wüste  und  naheliegenden  Ländern,  wie  z.  B.  Egypten  m 
Abyssinien  vorkommen,  und  deren  Erklärung  von  Monge  vor  mehr  al- 
hundert  Jahren  gegeben  wurde.    In  diesen  Gegenden  erhitzen  sich  bis- 
weilen durch  die  heftige  Sonnenstrahlung  die  Erdoberfläche  und  die  ihr 
nächstliegenden  Luftschichten  ganz  enorm.    Entfernte  Gegenstände  ^\ 
Hügel,  welche  aus  dieser  heissen  Luftschicht  hinaufragen,  werden  einer-, 
seits   direkt   gesehen,    andererseits    sieht    man  ihr   Spiegelbild   an   der 
Grenze  der  erwärmten  Luftschicht  (vgl.  Fig.  258).    Ebenso  spiegelt  si( 
der  Himmel   an   derselben    Schicht.     Die  Hügel   am  Horizont   scheinewi 
deshalb     aus    einem    Meer    emporzuragen,    in    dessen    Oberfläche    sif 
sich   spiegeln,    und   der  Unkundige    glaubt   an   der  nahen   Küste  Er- 
holung  von   der  Wüstenhitze   finden   zu  können.    Wenn   er   aber  vor-j 
wärts  eilt,   weicht   der  See   immer  vor  ihm  zurück.    Dieser  Täuschung! 
waren  die  Soldaten  der  napoleonischen  Expedition  in  Egypten  ausgesetzt, 
was  Monge   zum  Aufsuchen   einer    Erklärung   der   Erscheinung  (179^ 
veranlasste. 

Mitunter  kommt  es  vor,    dass  die  spiegelnde  Grenzfläche   zwischen 
den  beiden   Luftschichten   vertikal    ist.     Dann   erhält    man  Bilder  wi< 
in    einem    gewöhnlichen,   vertikal   aufgehängten   Spiegel.     Ein    solcher) 
Fall   wurde   im   September   1818   von  Sorot  und   Jurine   beobachtr*^ 
wobei  Schiffe  auf  dem  Genfer  See  Spiegelbilder  gaben,  welche  alle  B' 
wegungen  der  Schiffe  nachmachten,  nur  in  entgegengesetzter  Richtung 


r 


XV.  Meteorologische  Optik. 


835 


Die  Luft  über  dem  Haiiptteil  des  Sees  war  stark  von  der  Sonne  erwärmt, 
während  das  Ufer  und  die  angrenzenden  Gegenden  des  Sees  im 
Schatten  lagen  und  deshalb  kälter  geblieben  waren.  Die  nächst- 
liegenden Luftschichten  nahmen  die  Temperatur  des  Wassers  an,  und 
'  ino  scharfe  vertikale  Begrenzung  zwischen  warmen  und  kalten  Luft- 
inassen  in  der  Nähe  der  Wasserfläche  entstand. 

Das  Gleichgewicht   der  Luftmassen   muss   in   solchen  Fällen   sehr 
unstabil    sein    und    in    der  That   sind   sie   äusserst   selten    beobachtet 
irden. 


Fig.  258. 

Der  Kegenbogen.    Seit  den  ältesten  Zeiten  hat  —  wie  z.  B.  die 
fischen  Inschriften  und  der  biblische  Bericht  von  der  Sintfluth  zeigen 
die  prachtvolle  Farbenerscheinung,  welche  Regenbogen  genannt  wird, 
ae  Aufmerksamkeit  der  Menschen  angezogen.    Eine   physikalische  Er- 
klärung dieser  Erscheinung  wurde  erst   von  De  Dominis,  Bischof  von 
i^palatro    gegeben,    und    durch    Cartesius   und  Newton    entwickelt, 
"  ^sen  Darstellung  wir  im  Folgenden  in  der  Hauptsache  folgen. 

Es  sei  in  Fig.  259  SA   ein   Sonnenstrahl,    Avelcher    einen   Regen- 
i'pfen,  dessen  Mittelpunkt  if  ist,  unter  dem  Einfallswinkel  *  trifft.   Der- 
be wird  nach  dem  Eintritt  in  den  Tropfen  gebrochen,  so  dass  erden 
'it'chungswinkel  MÄB==r  bildet  und  verfolgt  den  Weg  AB.    In  B  wird 
r  teilweise  nach  C  reflektiert,  wo  er  unter  dem  Einfallswinkel  ifC5  = 

53* 


836 


Physik  der  Atmosphäre. 


MBÜ=MBA  =  MAB  =  r  ankommt,  und  hinter  dem  Brechungswinkel 
austritt. 

Die   totale  Eichtungsänderung  X^    des  Strahles    durch    diese   zwei 
Brechungen  und  einmalige  Eeflexion  ist: 


oder: 


Xi  ^BAN-\-  {X'^O'^—  ABC)  +  NCB 

X^=i-  r  +  180  —  2r  -\- i  —  r  =  180  +  2i  —  4r. 

Wäre  der  Strahl  nicht  einmal,   sondern  m  mal  an  der  Oberfläche  di - 
Tropfens  reflektiert,  so  erhielte  man  eine  Ablenkung  Xm,  die  gleich  wäre: 

Xra  =  2  (^■  ~r)  +  m  (180  —  2r)  =  w  •  180  +  2«  —  2  (w?  +  1)  r. 

Wenn  die  Eeflexion  m  mal 
vor   sich   geht,   so   entsteht  da- 
durch ein  sogenannterEegenbogeii 
der  m :  ten  Ordnung.   Der  Eegen- 
bogen  erster  Ordnung   oder  der 
sogenannte         Hauptregenbogeii 
möge   zuerst  untersucht  werden. 
Der  Wert  von  Zj  ist  für  ver- 
schiedene   Strahlen     sehr    ver-| 
schieden  und  bei  einem  bestimm- ' 
ten  Brechungsindex  nur  von  den. 
Einfallswinkel  i  abhängig.    Neh- 
men    wir     als      Beispiel     den^ 
Brechungsindex  n=  1,3300,  was' 
dem  Eot  (X  =  IIQ  fifi  bei  \l^,b)   entspricht,   so   erhalten  wir  folgende 
einem  bestimmten  «-Wert  entsprechende  r-  und  X, -Werte: 


Fig.  259. 


i  = 

r  = 

^,- 

00 

0« 

1800 

10 

7  30' 

170 

20 

14  54 

160  24' 

30 

22  5 

15140 

40 

28  54 

144  24 

50 

3510 

139  20 

60 

40  37 

137  32 

70 

44  57 

140  12 

80 

47  46 

148  56 

90 

48  45 

165 

I 


XV.  Meteorologische  Optik.  §37 


A'i  sinkt  von  180*'  bei  i  =  0  auf  ein  Minimum  137^30'  für  i  =  590  37' 
und  steigt  dann  wieder,  anfangs  langsam,  später  geschwinder,  auf  nahezu 
den  anfänglichen  Betrag  (165*^  bei  i  =  90 ^j.  Die  von  der  Sonne  ein- 
fallenden parallelen  Strahlen  divergieren  demnach  stark  nach  dem  Aus- 
tritt aus  dem  Tropfen.  Jedoch  ist  die  Divergenz  bei  verschiedenen 
Einfallswinkeln  sehr  verschieden  und  Strahlen,  welche  einen  Einfalls- 
winkel von  nahezu  59^37'  besitzen,  werden  sehr  nahe  parallel  austreten 
und  zwar  unter  einer  Abweichung  137^30'.  Wenn  man  also  eine 
Himmelsgegend  betrachtet,  die  etwa  137*^  von  der  Sonne  entfernt  ist, 
'  h.  etwa  43"  von  der  Verbindungslinie  Sonne — Auge  auf  der  entgegen- 
setzten Seite  wie  die  Sonne  liegt,  so  wird  man  ein  starkes  Maximum 
\  m  rotem  Licht  im  Winkel  137*^30'  bezw.  42*^30'  bemerken.  Nach 
aussen  ist  die  Grenze  ganz  scharf,  da  keine  Strahlen  unter  einem 
grösseren  Winkel  als  42^^30'  das  Auge  erreichen.  Folglich  wird  man 
einen  roten  Lichtkreis  auf  der  von  der  Sonne  abgewandten  Seite  sehen, 
dessen  Durchmesser  42^30'  beträgt.  Da  rotes  Licht  unter  kleineren 
Winkeln  als  42'^ 30'  sichtbar  ist,  so  hat  dieser  King  nach  Innen  keine 
<(harfe  Begrenzung,  obgleich  die  Lichtstärke  dahin  schnell  abnimmt. 

Dass  bei  diesem  Winkel  das  Minimum  der  Ablenkung  liegt,  er- 
-'■hcn  wir  leicht  durch  eine  Differentiation  des  X^  -Wertes,  welche 
:iobt: 

dX^  =  2di  —  4  c?r  =  0  (beim  Minimum). 
Nun  ist: 

sin  i  =  n  sin  r, 

|*vo  ti  =  1,33.    Daraus  folgt: 

cos  i  di  =  n  cos  r  dr. 

rglichen  mit  dem  vorletzten  Ausdruck  giebt  dieser: 

di  n  cos  r 


dr  cos  * 

kr  nach  Quadrierung: 

sin2^ 

4  cos*'^  r n^ 

w  2        cos^  i        1  —  sin2  i 

1er  gelöst  in  Bezug  auf  sin  i: 

sim=  y  — ^ — , 


•aus  für  n=l,33,  sin  «  =  0,8626,  i=f,9m'  r=  400  26'  A'i  =1370  30'. 


§;{g  Physik  der  Atmosphäre. 

Dies  gilt  nun  für  die  Strahlen  im  äussersten  Kot  (A  =  716  nn).    In 
ähnlicher  Weise  findet  man  für  die  Strahlen  im  äussersten  Violett  [X  - 
404  |W|M,  n  ==  1,343)   den  Winkel   des   Lichtmaximums  bei   *  =  58'^5i) 
r  =  39035',  Z,  =139020'  (bezw.  40040'). 

Wenn  demnach  die  Sonne  keine  merkliche  Winkelausdehnung  bc- 
sässe,  sondern  wie  ein  Stern  als  punktförmig  angesehen  werden  könnt 
so  würde  der  Eegenbogen  aus  einem  kreisförmigen,  aussen  roten,  inneii 
violetten  Rand  von  42030'  —  400  40'  =  10  50'   Breite  bestehen,   dessen! 
äusserer  Durchmesser  85 0  betragen  würde.    Nun  hat  die  Sonne  selbst 
eine  Ausdehnung  von  32';    infolgedessen    sind    die  Spektralfarben   d- 
Regenbogens  nicht  rein,   sondern  mischfarben,   ausgenommen   an   dci 
roten  Rand;  der  violette  Rand  ist  stark  mit  weiss  gemischt  (vgl. oben  S. 837 
Die  Breite  des  Bogens  erscheint  dadurch  etwas  grösser,  nämlich  gleicl 
20  22'. 

Ausser  dem  Hauptregenbogen  beobachtet  man  häufig  den  Regen- 
bogen zweiter  Ordnung,  welcher  als  ein  äusserer  Bogen,  dessen  Farben 
in  umgekehrter  Richtung  des  Hauptregenbogens  liegen,  diesen  umgiebt. 
Für  diesen  finden  wir: 

^2  =  2  •  180  +  2^■  —  2  (2  +  1)  r  ==  3600  +  2i  —  6r. 
In  diesem  Fall  beobachtet   man  eine  Minimiablenkung,   indem  für 

«•=400  r  =28054'  (2*  —  6r)  =  —  93024' 

600  40  37  _  123  42 

700  44  57  —  129  42 

800  47  46  _  126  36. 

Diese  Ziffern  gelten  für  Rot  {n  =  1,33).    Den  roten  Teil  des  Regen- 
bogens zweiter  Ordnung  würde  man  demnach  bei  etwa  50"  18'  von  d. 
Sichtlinie   zur   Sonne   auf  derselben  Seite   wie   den  ersten  Regenbogfin 
sehen,  einem  «-Werte  von  etwa  700  entsprechend. 

Zur  genaueren  Bestimmung  des  betreffenden  li- Wertes  erhalten  wir 
in  derselben  Weise  wie  oben: 

di  ,    ,        n  cos  r 

^-  =^  w  +  1  = r- 

dr  cos  * 


. ,   (m  +  1 )  ^  —  n^ 
(m+  1)2 — 1 

Für  m  =  2,  und  w  =  1,33  wird: 


-Kl 


.^1/9—1,769 


sin  i  ==  y -jL —  =  0,9507,  i  =  +  71 056',  r  =  45038',  X^  = 


Vi\T  n  =  1,343,  d.  h.  äusserstes  Violett  erhält  man: 

sin  i  =  0,9484,  i  =  Tl»  31',  r  =  44«  55',  X^  =  —  126"  28'. 

Man  sieht  demnach  das  Kot  unter  einem  Winkel  von  50"  4',  das  Vio- 
t  unter  einem  Winkel  von  53"  32'  im  Kegenbogen  zweiter  Ordnung, 
iierselbe  erscheint  folglich  als  ein  aussen  violettes,  innen  rotes,  kreis- 
förmiges Band  von  3"  28'  Breite,  zu  denen  noch  32'  wegen  der  Aus- 
(ii'hnuug  der  Sonne  kommen.  Nur  der  innere  rote  Saum  hat  reine 
Farbe. 

Zwischen  dem  ersten  und  zweiten  Kegenbogen  liegt  eine  Zone 
\nn  etwa  7  Graden,  wohin  keine  in  den  Kegentropfen  gebrochene 
Lichtstrahlen  gelangen.  42"  30'  ist  nämlich  ein  Maximalwinkel,  für 
die  Lichtstrahlen  des  ersten  Kegenbogens  50"  4'  ein  Minimal winkel  für 
das  Licht  des  zweiten  Kegenbogens.  Das  Gebiet  zwischen  den  beiden 
lü 'genbogen  erscheint  demnach  wie  ein  7"  breiter  dunkler  Kreis.  Da- 
gegen ist  der  Himmel  nahe  dem  inneren  Kande  des  ersten  (inneren) 
und  dem  äusseren  Kande  des  zweiten  (äusseren)  Kegenbogens  ziemlich 
hell.  Der  zweite  Kegenbogen  ist  viel  matter  als  der  erste.  Dies  rührt 
von  mehreren  Umständen  her,  wovon  der  hauptsächlichste  ist,  dass  beim 

]  zweiten  Kegenbogen  eine  zweimalige  Reflexion  stattfindet,   wobei  grosse 

;  Lichtmengen  verloren  gehen. 

Es  ist   nämlich   die  Intensität  (R)  des   reflektierten  Lichtes,   wenn 

1  als  Einheit  die  Stärke  des  einfallenden  Lichtes  genommen  wird: 

^       sm^  {i-\-r)  ^      tg2  (*  +  r) 

I  Die  gebrochene  Lichtmenge  wird  durch: 

ß,  =  l  —  Ä,;  ^2  =  1  —  ^2 
I  dargestellt. 

Die  mit  1  indizierten  Ausdrücke  gelten  für  Licht,  das  in  der  Ein- 
t allsebene,  die  mit  2  indizierten  dagegen  für  Licht,  das  senkrecht  zur 
l^iufallsebene  polarisiert  ist.  Natürliches  Licht  kann  als  zur  Hälfte  aus 
jeder  dieser  Gattungen  bestehend  betrachtet  werden.  Da  Ry  immer 
grösser  ist  als  R2,  so  wird  einfach  reflektiertes  Licht  hauptsächlich 
in  der  Einfallsebene  polarisiert  sein.  Dasselbe  gilt  für  das  Licht 
>  Kegenbogens,  wie  die  unten  stehenden  Ausdrücke  zeigen.  Biot 
/■igte  auch,  dass  das  Licht  der  beiden  Kegenbogen  in  einer  Ebene  teil- 
'ise  polarisiert  ist,  die  durch  das  Auge,  Beobachtungspunkt  und  Sonne 


'.VC 


g40  Physik  der  Atmosphäre. 

gebt,   also   in  der  Einfallsebene.    Gebrochenes  Licht  ist  dagegen  senlv- 
recht  zu  dieser  Ebene  teilweise  polarisiert  {B^,  >  B^) 
Führen  Avir  die  Rechnung  mit  folgenden  Daten  aus: 

für  den  ersten  Regenbogen  (1)  i  =  59*^  13';  r  =  40^ 
„      „     zweiten        „  (2) «  =  TlMS';  r  =  45^46' 

und  bemerken,  dass  das  nicht  reflektierte  Licht  gebrochen  wird,  su  er- 
halten wir  folgende  Lichtstärken  (Li  und  L^)  im  Regenbogen  (1)  und  (2): 

^'  =  *  { Sms)^  mm  ^ }  = "'"''''  +  "■"'''•*  =  "■•'''' 

,  ((0,7545)2  (0,2455)' +1 
^2  =  M  (0,9359)2  (0,0641)2    }  =  0,0171  +  0,0018  =  0,0189 

Der  erste  Teil  in  den  letzten  beiden  Ausdrücken  repräsentiert  d; 
in  der  Einfallsebene  polarisierte  Licht.    Er  ist  27,6  bezw.  9,5  mal  gross* 
als  der  zweite  Teil,  welcher  das  senkrecht  zur  Einfallsebene  polarisiert 
Licht    darstellt.     Hieraus    ist    ersichtlich,    dass    das    Regenbogenlicl 
nahezu  vollkommen  in  der  Einfallsebene   polarisiert  ist.    Biot   glaubl 
eine  vollkommene  Polarisation  beobachtet  zu  haben.    Ausserdem  verhält 
sich  die  Lichtmenge,  welche  einen  Einfallswinkel  von  11^ — 72^  zu  der- 
jenigen, welche  einen  Einfallswinkel  von  59^ — 60*^  besitzt,   wie  1:1,48. 
Das  Regenbogenlicht  verteilt  sich   ferner  im   zweiten  Regenbogen  auf 
eine  zweimal  grössere  Breite  und  1,2  mal  grössere  Länge.    Als  Schluss- 
ergebnis erhalten  wir,   dass  die  Lichtstärke  des  ersten  Regenbogens  zu 
derjenigen  des  zweiten  sich  verhält  wie  8,6 : 1. 

Noch  schwächer  werden  die  Regenbogen  höherer  Ordnung.  Von 
diesen  fallen  ausserdem  der  dritte  und  der  vierte  auf  dieselbe  Seite  wie 
die  Sonne,  wo  das  diffuse  Tageslicht  so  hell  ist,  dass  die  Regenbogen 
darin  verschwinden.  Der  fünfte  Regenbogen  fällt  wiederum  wie  der 
erste  und  zweite  auf  die  von  der  Sonne  gewendete  Seite  des  Himmels- 
gewölbes, seine  Stärke  ist  aber  äusserst  gering.  Babinet  hat  jedoch 
diesen  und  andere  Regenbogen  noch  höherer  Ordnung  (bis  zur  vier- 
zehnten) beobachtet.  Er  Hess  dabei  ein  Bündel  Sonnenlicht  durch  ein 
kreisförmiges  Loch  eines  Fensterladens  auf  eine  Glaskugel  fallen. 

Da  die  ersten  beiden  Regenbogen  einen  Winkel  von  41^  bezw.  52' 
mit  der  Verbindungslinie  Auge — Sonne  bilden,  so  sind  sie  nicht  sicUBj 
bar,  wenn  die  Sonne  mehr  als  41^  bezw.  52°  über  dem  Horizont  steiP 
Der  Regenbogen  ist  deshalb  am  Äquator  zwischen  9'*  V.  M.  und  3''  N.  M. 


¥ 


XV.  Meteorologische  Optik. 


841 


nicht  sichtbar.    Auch   bei   uns   kommt   er   meist   in  den  Morgen-  und 

Altend-Stunden  vor.    Je  niedriger  die  Sonne  steht,  desto  grösser  ist  das 

u  Regenbogen  eingenommene  Bogenstück,  vorausgesetzt,  dass  Regen- 

[ifen  in  allen  Richtungen  vorhanden  sind.  Beim  Sonnenauf-  oderUnter- 

!ig  erscheint   er  für   einen  Beobachter   mit  freiem  Horizont   wie  ein 

Ibkreis.    Beobachter  auf  SchifFsmasten,  Türmen,  Bergen  oder  anderen 

'ierten,   hoch  gelegenen  Plätzen  können  grössere  Bogenstücke  sehen, 

-weilen  den  ganzen  Kreis.    Dasselbe  gilt,  wenn  die  wirksamen  Wasser- 

iiipfchen  sich  ganz  nahe  vor  dem  Beobachter  befinden  wie  bei  Spring- 

umen,  Wasserfällen  u.  s.  w. 

Regenbogen  können  sich  im  Wasser  spiegeln  oder  von  dem  Spiegel- 

lild  der  Sonne  herrühren.    Auch  die  Mondstrahlen  können  Regenbogen 

vorrufen.  Die  Farben  derselben 
•iiul  sehr  schwach,  der  rote  Saum  ist 
läufig  noch  gerade  sichtbar,  sie  geben 
laher  nahezu  einen  weissen  Licht- 
indruck. 

An  der  violetten  Seite  der  beiden 

•en    Regenbogen,     besonders    im 

rsten  Teile  des  ersten  Regenbogens, 

ht  man  häufig   eine  Anzahl  soge- 

iinter  sekundärer  Bogen,  welche  dem 

lauptbogen  konzentrisch  verlaufen.  Sie 

j(>n  ganz  nahe  am  Hauptbogen  und 

lohen  aus  schmalen  grünlich,  bläu- 

!   oder  rötlich   gefärbten    helleren 

ilcr  dunkleren  Bogenstücken. 

Die  Erklärung  dieser  Erscheinung  wurde  von  Young  gegeben.  Es 
i  in  Fig.  260  ABCDEdev  Strahl,  welcher  den  grössten  Ablenkungs- 
ikel  besitzt  (für  rotes  Licht  42^  30')-  Auf  beiden  Seiten  von  B  fallen 
ihlen  bei  F  und  N  ein,  welche  weniger  abgelenkt  werden  als  der 
v.hl  AB.  Von  diesen  sind  es  zwei,  sagen  wir  G F  und  MX,  welche 
ich  stark  abgelenkt  werden  und  deshalb  parallel  (IL  und  OP)  ausgehen 
i  vom  Auge  des  Beobachters  zusammengebrochen  werden. 

Zwischen   diesen  beiden  Strahlen   herrscht   ein   bestimmter  Gang- 
'•Tschied,  welcher  eine  gerade  oder  ungerade  Zahl  von  halben  Wellen- 
den erreichen  kann.    In  diesem  Fall  verschwindet  die  Lichtwirkung, 
II  jenem  wird  sie  verdoppelt.    Das  Licht,  welches  unter  einem  kleineren 
vVinkel  als  DE  das  Auge  trifft,  d.  h.  unter  dem  Hauptregenbogen  liegt. 


Fig.  260. 


842  Physik  der  Atmosphäre. 

wird  deshalb  ganz  nahe  am  Regenbogen,  wo  der  Gangiinterschied  Niil 
ist,  verstärkt  erscheinen,  etwas  tiefer  wird  der  Gangunterschied  ein 
halbe  Wellenlänge  ausmachen,  es  wird  ein  dunkler  Bogen  erscheinor^ 
Noch  etwas  tiefer  tritt  wieder  Verstärkung  und  dann  wieder  Ver 
dunkelung  ein.  Konzentrisch  innerhalb  des  Hauptbogens  liegen  deshall 
abwechselnd  helle  und  dunkle  Bogen. 

Der  Gangunterschied  beruht  auf  dem  Wegunterschied  der  beideij 
interferierenden  Strahlen  im  Wassertropfen.  Je  grösser  der  Tropfen  ist 
um  so  grösser  wird  auch  der  Gangunterschied  bei  gleichen  Einfali 
winkeln  von  G  F  und  MK  Hieraus  folgt,  dass  bei  grossen  Tropfen  dr 
sekundären  Bogen  dichter  aneinander  liegen  müssen  wie  bei  klcinei 
Tropfen,  was  von  der  p]rfahrung  bestätigt  wird. 

Da   das   Licht   der  Sonne   nicht   einfarbig  ist  und  die  Sonne  ein 
Flächenausdehnung  besitzt,   sind   die   dunklen   und   hellen  Bänder  au 
Mischfarben    zusammengesetzt  und   unscharf.    Die   roten,   grünen   und 
blauen  Farbennuancen  machen  sich  in  diesem  Farbenspiel  am  meister 
geltend.    In  einiger  Entfernung  von  dem  Hauptregenbogen  werden  di» 
Farben  zu  verwaschen,  als  dass  eine  scharfe  Wahrnehmung  der  sekundäii 
Bogen    möglich   wäre.     Diese  Bogen    sind    am    schärfsten  unter   de: 
höchsten  Punkte  des  Hauptregenbogens   entwickelt.    Bisweilen   werder 
sie  auch  ausserhalb   des   zweiten  Regenbogens,  besonders  am  Scheitel- 
punkt desselben,  wahrgenommen. 

Airy,  welcher  diese  Erscheinung  genau  analysiert  hat,  betrachtet 
sie  als  eine  Art  Diffraktionserscheinung.  Es  ist  ihm  gelungen,  auf  diese 
Weise  eine  ausreichende  Darstellung  derselben  zu  geben,  auf  welche 
hier  nicht  näher  eingegangen  werden  kann. 

Ebensowenig  wie  die  sekundären  Regenbogen  kann  der  „weisse 
Regenbogen",  welcher  bisweilen  beobachtet  wo;rden  ist,  aus  der  Carte- 
s ins  sehen  Regenbogentheorie  erklärt  werden.  Dagegen  erweist  er  sich^ 
wie  Pernter  gezeigt  hat,  als  eine  direkte  Folgerung  der  Airyschen 
Theorie,   und  wird  von  ihm  als  ihr  bester  Beweis  angesehen. 

Der  weisse  Regenbogen  hat  aussen  einen  gelblichen  oder  orang»  - 
farbenen  Saum,  innen  einen  bläulichen,  besteht  aber  sonst  aus  einenij 
weissen  Band.  Sein  Halbmesser  ist  viel  geringer  als  derjenige  desj 
ersten  Regenbogens.  Er  wurde  z.  B.  von  der  schwedischen  Expedition 
nach  Spitzbergen  1882  —  83  bei  mehreren  Gelegenheiten  beobachtet 
und  einmal  wurde  der  Halbmesser  gemessen:  Es  erschienen  drei  Bogen 
innerhalb  einander.   Der  äusserste  erstreckte  sich  von  41^4'  bis  37"  19'. 


i 


XV.  Meteorologische  Optik. 


813 


:    zweite   mit   dem    ersten   gleichzeitige   von  35*^24'  bis   33*^34',   der 
iiiiere,  der  erst  später  erschien,  von  32*^55'  bis  31'^  25'. 

Bei  einer  Beobachtung  von  Mc.  Connel  auf  Ben  Nevis  erschienen 
•1  weisse  Regenbogen,  deren  Halbmesser  41*^22'  —  36^36  und  34^40  — 
'20'  waren.     Weiter  hat  Riggenbach   im  Nov.  1897   einen  solchen 
M' yenbogen  gesehen,  dessen  Halbmesser  42*^  —  34^  betrug. 

Pernter  hat   gezeigt,   dass   solche  Regenbogen   auftreten   müssen, 
im  die  Wassertröpfchen  einen  Halbmesser  von  weniger  als  0,025  mm 


,  Fig.  261. 


'  <itzen.    p]r  hat  solche  Regenbogen  auch  künstlich  mit  Hilfe  von  Zer- 
ibern  dargestellt.    Sie  kommen  nie  bei  Regen,  sondern  nur  bei  Nebel 

'  r,   und   sind    häufig   von   Glorienerscheinungen    begleitet.     Aus    den 

''Miensionen  der  Regenbogen  berechnete  Pernter  den  Halbmesser  der 
i'fchen   in   den   beiden   erstgenannten   Fällen   zu    25   bezw.   20,7  fi. 

Vir  den  letzten  Fall  berechnete  Riggenbach  die  entsprechende  Grösse 

u  \\  fi  (1^  =  0,001  mm). 

Ringe    und    Kreuze    um    Sonne    und    Mond.     Man    bemerkt 

i-; weilen  und  speziell  in  kälteren  Gegenden  oder  Jahreszeiten,  regel- 
^sige  helle  gerade  oder  kreisförmige  Linien  um  die  beiden  am  meisten 
■  litonden  Himmelskörper  (Fig.  261).    Die  gewöhnlichste  Erscheinung 


844  Physik  der  Atmosphäre. 

dieser  Art  hat  die  Form  eines  Kreises,  mit  einem  Halbmesser  von  etwa  22 

Derselbe  ist  innen  rot,  aussen  bläulich  gefärbt  und  ist  häufig  von  einen 

horizontalen  und  einem  vertikalen  Durchmesser  durchquert.  Etwa  doppti 

so  weit  von  dem  Himmelskörper   erscheint  bisweilen  ein  zweiter  hell 

Kreis   von    derselben  Färbung  wie    der   erste.     Wo   die   Durchmes- 

die  beiden  Kreise  schneiden,   ist  die  Lichtstärke  grösser,   diese  Steller 

'  1 

werden  Nebensonnen  bezw.   Nebenmonde   genannt.     Auf  dem    gerad*! 

der  Sonne  gegenüber  liegenden  Punkte   des  horizontalen  Durchmesser 
sieht  man  bisweilen  eine  helle  Stelle,  die  sogenannte  Gegensonne.    (Da- 
gegen giebt  es  keine  Angabe  über  eine  Beobachtung  des  Gegenmondf'> 
Über   oder  unter   den  beiden  Kreisen  sieht  man  bisweilen  Kreisboge 
die  die  Kreise  berühren  und  im  Gegensatz   zu   diesen   ihre  Konkavitiü 
von  der  Sonne  (Mond)  abwenden. 

Diese  Lichterscheinungen  sind  meistens  nur  zum  Teil  entwickelt. 
Die  gewöhnlichsten  sind  die  Nebensonnen  auf  dem  horizontalen  Durch- 
messer. Einige  Fälle  von  reicher  Entfaltung  der  Erscheinung  sind 
aufgezeichnet.  So  z.  B.  sah  Hevelius  im  Jahre  1661  sechs  Neben-j 
sonnen  Beim  sogenannten  Petersburger  Phänomen,  29.  Juni  1790, 
beobachtete  man  die  zwei  Kreise,  vier  Kreisbogen  und  sechs  Neben- 
sonnen. Die  Einge  werden  häufig  mit  einem  von  Aristoteles  stammen-! 
den  Namen  als  Haloen  bezeichnet.  Diese  Erscheinung  ist  nicht  so  selten, 
wie  man  glauben  möchte.  So  beobachtete  Overhoff  in  Harlem  im 
Jahre  1896  100  mal  Haloen  und  14  mal  Nebensonnen  (vergleiche  übrigens 
die  unten  gegebene  Statistik  für  Upsala). 

Die  theoretische  Erklärung  dieser  Erscheinung  ist  sehr  einfach,  siel 

wurde  von  Mariotte  und  Fraunhofer  gegeben  und  besonders  durch | 

Bravais  und  Galle   vervollkommnet.     In  der  kühlen  Luft   schweben! 

Eiskry ställchen,  welche  dem  hexagonalen  System  an- 

|-<      4-     ^        gehören  und   die  nebengezeichnete   Form  (Fig.  262) ' 

einer  regelmässig   sechseckigen  Säule  mit  gegen  die 

Seiten  senkrechten  Basisflächen  besitzen.    Diese  Pris- ' 

men  sind  doppelbrechend,  aber  so  wenig,  dass  man' 

mit  einem  mittleren  Brechungsindex  von  1,307  für  Rot 

Fig.  2(i2.  und  1,317  für  Violett  rechnen  kann.    Ein  Lichtstrahl, 

welcher  durch  das  Prisma  so  geht,  dass  er  die  Seiten 

1  und  3  passiert,   die  einen  brechenden  Winkel  von  60 ^^  bilden,  erhält 

eine  Deviation   von   etwa  21^36'   (für  Rot)   bezw.   22^22'   (für  Violett), 

welche  Ziffern  die  Minimideviation   angeben.    Eine  Ablenkung,  welche 

dieser  Ziffer  entspricht,  kommt  den  unvergleichlich  meisten  Strahlen  zn. 


■ 


I 


XV.  Meteorologisclie  Optik.  §45 


iVenn  nun  solche  Säulen  regelmässig  in  der  Luft  verteilt  sind,  wird 
Inan  infolgedessen  einen  innen  roten,  aussen  violetten  King  um  die  Sonne 
»der  den  Mond  sehen  von  etwa  22^  Halbmesser. 

In    derselben  Weise    erklärt    man    den    hellen    Ring    vom    Halb- 
j  nesser  45''  10'  (für  den  roten)   und  47^  18'   (für  den  violetten  Teil)   als 
ilurch  Brechung   eines  Strahles,   der   durch  die  Basisfläche  4   und   eine 
vlnlenseite  (brechender  Winkel  90'^)  geht,  entstanden.    Dieser  Ring  ist 
»hnlich  schwächer  als  der  innere,  teils  wegen  seiner  grösseren  Aus- 
lehnung,   teils   weil  das  Licht  bei  der  Brechung  durch  ein  90  gradiges 
Msma  stärker  reflektiert  wird  wie  bei  der  Brechung  durch  ein  60  gradiges. 
Teils  sind  wohl  auch  die  brechenden  Kanten  von  90*^  weniger  vertreten 
1<  diejenigen  von  60*^. 
I^LDas  Licht  der  Sonnenringe  ist  als  gebrochen  partiell  senkrecht  zur 
ipBallsebene   polarisiert.      Eine   nähere   Berechnung   zeigt,    dass   diese 
liartielle  Polarisation  nicht  sehr  bedeutend  ist.    Die  beiden  Durchmesser 
'i-  Ringe  rühren  aber,  wie  unten  gezeigt  wird,  von  Spiegelung  her  und 

IjiHLicht  ist  folglich  wie  beim  Regenbogen  in  der  Einfallsebene  polarisiert. 
^■Natürlich   sind   in   diesem  Falle  ebenso  wie  beim  Regenbogen  die 
j'^arben  nicht  rein,  weil  die  Sonne  und  der  Mond  eine  Ausdehnung  von 
2'  besitzen. 

Die  Eiskryställchen  sind  meistens  entweder  als  Nadeln  ausgebildet, 

also   das  Prisma  sehr  nach   der  Längsrichtung  entwickelt  ist,   oder 

sind   tafelförmig,   in   welchem  Fall  die  Basisflächen   vorwiegen  und 

jie  Prismenseiten  sehr  kurz  sind.    Die  Nadeln  scheinen  gegenüber  den 

'afeln  vorzuwiegen. 

I       Die  Krystalle  streben  so  zu,  fallen,   dass  sie  dem  geringsten  Luft- 

iiderstand  begegnen,  dies  geschieht,  wenn  die  Achsen  der  Nadeln  und 

Basisflächen  der  Tafeln  vertikal,  die  Basisflächen  der  Nadeln  dagegen 

Drizontal   sind.     So   entsteht   ein   starkes  Übergewicht   der   vertikalen, 

'in   weniger    ausgeprägtes    der    horizontalen  Flächen   über   anders  ge- 

'  htete.    Die  vertikalen  Flächen  erzeugen  Spiegelbilder,   die   in   einem 

nrizontalen  Ring  verteilt  sind.    Wie   leicht   einzusehen,   müssen   daher 

1  den  beiden  Haloen  die  Schnittpunkte   mit   dem  horizontalen  Durch- 

'lesser    am    stärksten    entwickelt    sein.    Infolgedessen   treten   die   vier 

'lensonnen    auf,   von   welchen  die  inneren  gewöhnlich  die  kräftigsten 

ud,  wie  überhaupt  der  innere  Ring  stärker  als  der  äussere  entwickelt  ist. 

Die    horizontalen   Flächen    erzeugen    den   vertikalen   Durchmesser, 

Mlurch  auch  die  zwei  äusseren  in  vertikaler  Richtung  gelegenen  Neben- 


§46  Physik  der  Atmosphäre. 

sonnen   entstehen.    Die   zwei  inneren  Nebensonnen   auf  dem  vertikaL 
Durchmesser  rühren  von  Tafeln  mit  vertikalen  Endflächen  her. 

Die   tangentiellen   Bogenstücke,   welche   durch   die   vier  vertikale 
Nebensonnen  gehen,   rühren  von  schräg   einfallenden  Strahlen  her,  1)' 
welchen   die   durch   den   einfallenden  und  gebrochenen  Strahl  gehen 
Fläche   nicht   auf  einer  Kante    des   Krystalles    senkrecht    steht.     De 
brechende  Winkel  des  Prismas  wird  dann  grösser  als  60''  bezw.  90  "^  um 
die  entsprechenden  Bogen  liegen  deshalb  weiter  als  die  Kinge  entfernt  < 

Der  vertikale  Durchmesser  ist  häufig  nach  Sonnenuntergang  seh 
schön  als  eine  rötliche  Säule  entwickelt.    Sein  Glanz  ist  trotz  des  no<' 
hellen  Sonnenlichtes  sehr  auffallend;  in  diesem  Fall  ist  der  horizont;; 
Durchmesser  natürlich  nicht  sichtbar. 

Die  Ringe  treten  besonders  häufig  in  anticyklonalen  Gebieten  autj 
wo    auch    die    Cirruswolken    am    gewöhnlichsten    sind.     Der    doppeU' 
Sonnenring  ist  im  Polarwinter   der  normale   Begleiter   der  Sonne.    1 
Lichtsäule  soll  auch  mehrmals  bei  Feuerbrünsten   gesehen  worden  sein 

Hellmann  hat  das  in  Upsala  während  der  Jahre  1866 — 1872  ge- 
sammelte Material  betreffs  Halo-Erscheinungen  bearbeitet  Sie  werdti 
etwa  fünf  mal  so  oft  um  die  Sonne  als  um  den  Mond  beobachtet.  Tlii' 
Häufigkeit,  nach  der  Anzahl  Beobachtungen  angegeben,  in  den  siebii 
Jahren  (2557  Tage)  war  folgende: 

Sonnenringe  von  22 '^  Halbmesser 479 

Nebensonnen 163 

Mondringe  von  22^^  Halbmesser 123 

Vertikale  Säulen  durch  die  Sonne 74 

Obere  Berührungsbogen  des  Sonnenringes  von  22°.  71 

Sonnenringe  von  46 **  Halbmesser 22 

Nebenmonde 22 

Obere  Berührungsbogen  des  Sonnenringes  von  46*^.  21 

Vertikale  Säulen  durch  den  Mond 21 

Mondringe  von  46''  Halbmesser  und  obere  Berührungsbogen  auj 
Mondringen  von  22  bezw.  46^  Halbmesser  kamen  nur  einmal  alle  ? 
bis  7  Jahre  vor. 

Die  von  der  Sonne  herrührenden  Haloen  sind  zu  Upsala  amj 
häufigsten  in  April  bis  Juni,  am  seltensten  im  Dezember  und  JanuarJ 
die  von  dem  Mond  verursachten  sind  am  seltensten  zur  Zeit  des  höchster 
Sonnenstandes  und  am  häufigsten  im  Winterhalbjahr. 


m 


XV.  Meteorologische  Optik.  847 

Die  Periode  wird  durch  zwei  Umstände  bewirkt,  die  Häufigkeit  der 

kr}  stalle  in  der  Luft,   und  die  Länge  der  Tageszeit,   in  welcher  der 

reffende   Himmelskörper  über  dem  Horizont   steht.    Dieser  letztere 

1  instand  bewirkt  die  Zunahme  der  Sonnenhaloen  (aber  nicht  der  Mond- 

I  iloen)  vom  Dezember  bis  zum  Mai.    Bewölkung,  Niederschläge  u.  s.  w. 

ihon  einen  störenden  Einfluss  auf  die  Beobachtungen  aus. 

Cornu  hat  diese  Lichterscheinung  künstlich  nachgemacht,  indem 
1  Kry ställchen  von  Alaun  in  einer  Flüssigkeit  von  ungefähr  demselben 
'zifischen  Gewicht  schweben  Hess.  Die  dabei  beobachteten  Kinge 
ten  Halbmesser  von  46  bezw.  22^. 

Höfe.  Wenn  man  eine  kleine  Kerzen-  oder  Gasflamme  durch  eine 
iLasscheibe  betrachtet,  auf  welcher  kleine  Stäubchcn  (z.  B.  Bärlapp- 
:amen)  oder  Tröpfchen  (z.  B.  durch  Kondensation  entstanden,  wie  beim 
\nhauchen  eines  Glases  oder  an  Fensterscheiben  im  Winter)  liegen, 
'I  sieht  man  die  Flamme  von  farbigen  Bingen  umgeben.  Diese  Ringe 
ühren,  wie  Fraunhofer  zuerst  nachwies,  von  der  Beugung  des  Lichtes 
ler.  Ist  die  Lichtquelle  punktförmig,  so  sind  die  Rmge  kreisförmig  und 
hr  Durchmesser  ist  dem  Durchmesser  der  Körperchen  umgekehrt  pro- 
)ortional.  Bei  homogenem  Licht  sind  die  Ringe  abwechselnd  hell  und 
lunkel,  bei  weissem  Licht  haben  sie  Farben  ungefähr  wie  die  Newton- 
i-hen  Farbenringe. 

Die  Luft   enthält  häufig  kleine  Nebeltröpfchen,   die  eine   ähnliche 

A'irkung  ausüben.    Der  Mond   erscheint  durch  eine  Sammlung  solcher 

Tröpfchen,    z.  B.    durch   eine   dünne  Wolke   gesehen,   mit   einem  oder 

nehreren   farbigen  Ringen   umgeben,   welche  Erscheinung   den  Namen 

ilondhof  erhalten  hat.   Die  Farbe  des  Hofes  ist  zunächst  dem  Mond  weiss, 

'an ach  blaugrau,   dunkel,   weiter  hinaus  rot  und  dann  gelb.    In  den 

^eren  Teilen  wechseln  grünliche  und   rötliche  Farbenringe  ab.    Um 

Sonne   sieht   man   selten   solche  Höfe,   weil   die   grosse  Lichtstärke 

leses   Himmelskörpers   das   Auge   blendet.     Durch   Zwischenschaltung 

ines  schwarzen  Glases  in  den  Weg  der  Sonnenstrahlen  kann  man  den 

iimenhof  sichtbar  machen.    Ebenso  kann   man  häufig   den  Sonnenhof 

eobachten,   wenn  man  das  Sonnenbild    in   einer  ruhigen  Wasserfläche 

»otrachtet. 

Aus  der  Grösse  der  Ringe  kann  man  auch  in  diesem  Fall  die  Grösse 
er  Nebeltröpfchen  berechnen.  So  z.  B.  entspricht  bei  rotem  Licht  ein 
lalbmesser  des  ersten  hellen  Ringes  von  2^  einem  Durchmesser  von 
,018  mm. 

Da  der  Durchmesser  eines  Hofes  von  der  Grösse  der  Tröpfchen  ab- 


848  Physik  der  Atmosphäre. 

hängt,  so  ist  es  selbstverständlich,   dass  der  Hof  mit   um   so   reineit 
Farben  erscheinen  muss,  je  gleichmässiger  die  Grösse  der  Tröpfchen  is 

Höfe   können  auch  um  andere   helle  Himmelskörper,  wie  z.  B.  di 
Venus,  sichtbar  werden. 

Während   die  Ringe   von  Eiskrystallen   herrühren  und  deshalb  li 
sonders  häufig  vorkommen,  wenn  der  Himmel  von  einem  dünnen  Cirru - 
Schleier  bedeckt  ist,   welcher  aus  Eisnadeln  besteht,  sind  die  Höfe  Ix  i 
niedriger  liegenden  Wolken  und  Nebel  zu  beobachten. 

Glorie,   Brockengespenst.    Wenn   man   an  einer  Wasserfläcl 
so  steht,   dass  der  Schatten   des  Kopfes   auf  die  Wasserfläche  fällt, 
sieht  man  diesen  Schatten   von  einer  Art  Strahlung  umgeben,   welolp 
den  Namen  Glorie  erhalten  hat.    Die  Sonnenstrahlen  streifen  den  K^ 
und  gehen  in  das  Wasser  hinein,  wo  sie  kleine  Partikelchen  beleucht 
und  nach   verschiedenen  Richtungen   zurückgeworfen   werden.    In   d( 
meisten  Richtungen  treffen  sie  andere  Partikelchen  und  werden  wieder 
reflektiert.    Diejenigen  Strahlen  aber,  die  auf  demselben  Wege,  den  sicj 
gekommen  sind,  zurückgeworfen  werden,  finden  die  Bahn  frei  und  treffen' 
das  Auge,  da  die  Dimensionen  des  Kopfes  relativ  zu  dem  vom  Licht  durch- 
laufenen Wege  als  gering  zu  betrachten  sind.   Daher  erscheint  die  näch^ 
Umgebung  des  Kopfschattens  stärker  beleuchtet  als  die  übrige  Fläcli 

Dabei   sieht  der  Lichtschein   wie  ein  geradliniges  Bündel  aus,   ai, 
denselben  Gründen,   wie  dies   für  Sonnenstrahlen  in  staub  erfüllter  Luft 
der  Fall  ist.    Im  Wasser   giebt   es   nämlich   grössere  schattenwerfende 
Körper,   welche   den  Strahlen   cylindrische  Begrenzungsflächen  erteilen. 
Der  Schatten   des  Kopfes  ist  deshalb    von   einer  grossen  Menge  kurz 
radieller  Strahlen  umgeben. 

Eine    ähnliche   Erscheinung    bietet    eine    stark   beleuchtete    raiiii 
Wand  dar.    Das  einfachste  Beispiel  dafür  ist  der  Mond,  dessen  Leuclit 
kraft   von   Zöllner  untersucht  wurde.    Wenn  der  Mond   eine   glatti. 
diffus  reflektierende  Fläche  wäre,   so  würde   die  Stärke  des  Mondlicht > 
bei  Vollmond  (180"  in  Fig.  263)   ein  äusserst  flaches  Maximum  zeig(  i 
das  ganz  allmählich,  wie  bei  einer  Sinuskurve,  abfallen  würde.    Anstati 
dessen  ist  das  Maximum,  wie  Zöllner  fand,  sehr  scharf  und  die  Licht 
stärke  fällt  schnell  bei  abnehmender  Grösse   des  sichtbaren  Teiles  un 
gefähr  wie  die  Kurve  (Fig.  263)  zeigt.    Die  Ursache  davon  ist  die  Steil- 
heit der  Bergwände  auf  dem  Mond.     Eine  beleuchtete  Fläche  mit  no< 
steileren  Erhebungen  würde   eine  Kurve  mit  noch  spitzerem  Maximuiu 
geben.     Ahnlich   wie    der  Mond   scheint   nach  neuerdings  ausgeführten 
Messungen  von  Jos t  der  Merkur  sich  zu  verhalten. 


'; 


XV.  Meteorologische  Optik. 


849 


Denken   wir   uns   eine   rauhe  Oberfläche   von   grosser  Ausdehnung, 
Ichc  von  der  Sonne  beleuchtet  ist,  so  wird  sie  in  dem  Punkt,  der  in 
r  Verlängerung  der  Linie  Sonne — Auge  liegt,  am  stärksten  beleuchtet 
M-heinen    und   von    dort    ringsum    die    Beleuchtung    abnehmen.     Ist 
d\o  Rauhheit  noch  viel  grösser  wie   diejenige  des  Mondes,   so   erscheint 
die  Wand  als  eine  matte   spiegelnde  Fläche,   ungefähr   wie    ein   ange- 
laufener Spiegel.    Um  den  Schatten  des  Beobachters  liegt  eine  strahlende 
Glorie. 

Eine  solche  Glorie  von  bedeutender  Lichtstärke  sieht  man  um  den 
.^thatten  seines  Kopfes,  wenn  die  Sonne  eine  vor  dem  Beobachter  ge- 
legene stark  betaute  Wiese 
-cheint.  Eine  grosse  Menge 
stark  leuchtender  Sonnen- 
bilder in  den  Tautropfen 
setzen  sie  zusammen. 

Die  Sonnenbilder  weiter 
sL'itwärts  werden  dem  Auge 
zum  grössten  Teil  von  den 
Grasblättern  verdeckt. 

Die  Glorienerscheinung 
.vdim  sich  auch  zeigen,  ohne 
dass   die  Wiese   betaut   ist. 

Ein  ganz  trockenes  Stoppelfeld  giebt  sie  auch,  obgleich  bei  weitem 
aicht  so  glänzend  wie  ein  bethautes,  weil  von  den  trockenen  Stroh- 
hälmehen  viel  weniger  Licht  reflektiert  wird  wie  von  den  Tautropfen. 
Die  richtige  Erklärung  der  Glorie  gab  v.  Winterfeld  vor  etwa  100 
Jahren. 

Natürlich  brauchen  die  lichtreflektierenden  Teile  nicht  lang  gezogen 

'.n   sein   wie   das  Gras   einer  Wiese,   sondern  kleine  Kügelchen  können 

iif^selbe    Wirkung    ausüben.     Wenn    ein    Beobachter    zwischen    einer 

..S'ebelwand    und    der   Sonne    steht,    was   in   den   Bergen   recht   häufig 

''intrifft,   sieht   er   daher  um   den  Schatten  seines  Kopfes   eine  Glorie. 

'iese    kann    von    einem   Hofe     von    mehreren    farbigen    Ringen    um- 

j<eben    sein,    wenn    die    Tröpfchen    die    richtige    Grösse    haben.      Das 

reflektierte    Licht    besteht    nämlich    wegen    der    Schattenwirkung    aus 

liahezu    parallelen   Lichtbündeln.     Diese    prachtvolle   Erscheinung,    die 

iieistens  von  einem  weissen  Regenbogen  umgeben  ist,  wird  Ulloas-Zirkel 

jjenannt,   weil   der  spanische  Gelehrte  Ulloa  bei  Bergbesteigungen   in 

l^n  Anden,  mit  Bouguer  zusammen,  dieselbe  beobachtete.    In  Deutsch- 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  54 


Fig.  263. 


§50  Physik  der  Atmosphäre. 


land  ist  der  gewöhnliche  Name  Brockengespenst,  weil  Silherschhi. 
(1780)  eine  nähere  Beschreibung  dieser  Erscheinung  in  einem  Bericli 
über  eine  Harzreise  gegeben  hat.  Sie  ist  auch  in  den  Alpen  und  Kar-i 
pathen  nicht  ungewöhnlich,  auf  Ben  Nevis  in  Schottland  ist  sie  nacl! 
Beschreibungen  von  Omond  recht  häufig. 

Eine  Abbildung  dieser  auf  dem  Pilatus  beobachteten  Erscheinung 
ist  in  Fig.  264  nach  Hagenbach  gegeben.  Der  innerste  rote  King  hatt( 
einen  Durchmesser  von  2*^  30',  einen  Durchmesser  der  Nebeltröpfchen  vor 


Fig.  264. 

0,016  mm  entsprechend.    Meist  wird   der  Durchmesser  zu  etwa  6^  für 
den  ersten,   12"  für  den  zweiten,   17"  für   den  dritten  Bing  angegeben.| 

Besonders  häufig  beobachten  Luftschiffer  diese  Erscheinung.  Sie  sehen' 
den  Schatten  des  Ballons  auf  der  (nicht  allzu  tief)  unter  ihnen  liegenden! 
Wolkendecke,  wobei  der  Grondelschatten  (eigentlich  der  Kopfschatten  desj 
Beobachters)  von  einer  Keihe  konzentrischer  farbiger  Eingen  umgeben  l 
erscheint.  Flammarion  beschreibt  die  Farbe  der  Ringe  folgender-j 
maassen:  innen  gelblich  weiss,  danach  blassblau,  gelb,  graurot  und  zu-l 
letzt  nach  aussen  schwach  violett. 

Irisierende  Wolken.     Nicht    selten   sieht   man  Wolken,   deren 
Ränder  oder   dünnere   Stellen   in  Regenbogenfarben   schillern.    Häi 


I 


XV.  Meteorologische  Optik.  g51 


nndern  sich  diese  Farben  sclinell.    Ihr  Licht  ist  polarisiert.    Die  Farben 
iluen  sich  nicht  als  Kinge  um  die  Sonne,  sondern  sind  unregelmässig 
rteilt.    Die  Farben  erinnern  nach  Mohn  an  diejenigen  dünner  Blätt- 
I  lien.    Über  die  Erklärung  dieser  Erscheinung  ist  man  noch  nicht  einig. 
A[:in  glaubt  jedenfalls,   dass  die  Farben   einer   Diffraktionserscheinung 
zuzuschreiben   sind.     Die    farbigen   Stellen    haben    oft   die   Form    von 
1  lecken  oder   Balken.    Die  Erscheinung  scheint  in  kälteren  Gegenden 
iifiger    zu    sein    als    in    wärmeren.      Schips,    welcher    über    diesen 
vxegenstand  eine  Monographie  geschrieben  hat,  ist  der  Ansicht,  dass  die 
irisierenden  Wolken  aus  Eiskrystallen  bestehen.  Sie  sind  um  der  Mittags- 
zeit am  gewöhnlichsten.    Sie  befinden  sich  meist  in  der  Nähe  der  Sonne 
.')— 8*^  Entfernung).    Ihre  jährliche  Periode  zeigt  ein  Maximum  im  Juni 
und    eins    im    Oktober,   im    Januar    und   Februar    hat  Schips    keine 
irisierenden  Wolken  beobachtet  (in  Württemberg).  In  Christiania  wurden 
dagegen  meistens   in  den  Wintermonaten  (78  Proz.)   und  bei  tiefem 
ouunenstand    gesehen.      Sie    zeigten   daselbst    keine    ausgeprägte    täg- 
liche Periode.    In  Upsala   waren   sie    am   gewöhnlichsten   im  Frühling 
2  Proz.)  und  am  Mittag;   53  Proz.  wurden  zwischen  10  Uhr  früh  und 
1  [^hr  N.  M.  beobachtet. 

Bisweilen  scheinen  diese  Wolken  sehr  hoch    zu  liegen.    Mohn  be- 
achtete in  Christiania  die  Zeit,  zu  welcher  solche  Wolken  in  den  Erd- 
schatten  traten   und   berechnete   daraus   ihre   Höhe   zu   107,  130   und 
132  km.    In  anderen  Fällen  war  die  Höhe  geringer  (23  km),  auf  Spitz- 
' bergen  beobachtete  Ekholm  ganz  niedrig  liegende  Wolken   dieser  Art 
ichte  Cumuli). 
Mit  einigen  von  den  irisierenden  Wolken  sind  die  leuchtenden  Nacht- 
\\  ulken  nahe  verwandt,  die  häufig  auch  silberglänzende  Wolken  genannt 
\virden.     Dieselben   werden   erst   seit   dem   Krakatau  -  Ausbruch    beob- 
htet.    Es   giebt  indessen  Andeutungen,   dass  ähnliche  Gebilde  schon 
,im  17.  Jahrhundert  wahrgenommen  wurden.    Die  meisten  Beobachtungen 
[derselben  seit  August  1883  rühren  von  Jesse   her,   welcher  ihre  Höhe 
i  aus  der  Tiefe  der  Sonne  unter  dem  Horizont  und  durch  photographische 
1  Aufnahme  an  zwei  in  einiger  Entfernung  gelegenen  Stellen  berechnete. 
Sie  erinnern  stark  an  Cirri  und  kommen  nur  um  die  Sommer-Sonnen- 
!  Wendezeit  vor.    Am  Äquator  treten  sie  vielleicht  auch  zur  Zeit  der  Nacht- 
-ileichen  auf.  Sie  sind  ausserordentlich  zart  und  ihr  Licht  enthält  äusserst 
wonig  rotes  Licht,  so  dass  sie  nach  R.  v.  Helmholtz  durch  rote  Gläser 
nicht  zu  sehen  sind.    Dieser  Umstand  scheint  darauf  hinzudeuten,  dass 
u'  aus  so  kleinen  Partikelchen  bestehen,   dass   sie   das   rote  Licht  nur 

54* 


§52  Physik  der  Atmosphäre. 

äusserst   wenig   zurückzuwerfen   vermögen.    Sie  sind   deshalb   auch  m\ 
Nachts  sichtbar,  wenn  die  Sonne  mehr  als  8*^  unter  dem  Horizont  stehtj 

Der  Umstand,    dass   sie   nur   im  Sommer   (in  Berlin  23.  März  bi 
11.  Aug.)  sichtbar  sind,  scheint  anzudeuten,  dass  eine  Kondensation  vm 
Wasserdampf,  welcher  im  Sommer  in  höhere  Schichten  hinaufdringt  al 
im  Winter,  ihre  Sichtbarkeit  begünstigt.    Ihre  Höhe   wurde  von  Jes 
zuerst  im  Mittel  zu  etwa  17  km  ermittelt,  später  wurden  von  ihm  mittlci 
Werte   bis   zu   83  km   gefunden.     Sie    besitzen    eine  sehr    grosse   Ge- 
schwindigkeit  von   etwa   100  m  pro  Sek.,   die   hauptsächlich   von  Ostei 
nach  Westen  gerichtet  ist  mit  einer  schwachen  Komponente  nach  Süden] 
Sie    haben   demnach   genau   entgegengesetzte   Richtung    wie   die   Cirri 
(relativ  zur  Erdoberfläche).    Ihre   Häufigkeit  nahm   stark   ab;   in  de 
Jahren  1885 — 1892  wurden  sie  nur  10  mal   in  Berlin  beobachtet,  un 
zwar   in   den   Morgenstunden;  jetzt  (seit  etwa  1892)  werden   sie  nichf 
mehr  beobachtet. 

Die  Tageshelle.  Wenn  in  der  Atmosphäre  keine  Reflexion  des 
Sonnenlichtes  stattfände,  so  würde  der  Himmel  rein  schwarz  erscheinen 
und  die  sonnenbeleuchteten  Gegenstände  würden  eine  grelle  Hellig- 
keit zeigen,  welche  gegen  die  schwarzen  Schlagschatten  enorm  kon-i 
trastieren  würde.  In  diese  Schatten  würden  nur  die  unbedeutenden! 
Lichtmengen  fallen,  welche  von  der  Reflexion  an  den  beleuchteten' 
Stellen  herrührten.  So  etwa  sind  die  Verhältnisse  auf  dem  Monde,  woj 
die  Berge  tiefschwarze  Schatten  werfen,  sodass  ihre  Profile  mit  merk-j 
würdiger  Schärfe  hervortreten. 

Die  Reflexion  in  der  Luft  geht  von  den  vielen  kleinen  Staub-j 
teilchen  und  Wassertröpfchen  aus,  welche  in  der  Luft  schweben.  Je; 
weniger  Staub  in  der  Luft  schwebt,  um  so  geringer  ist  die  Tageshelle j 
und  um  so  schärfer  sind  die  Schatten. 

Deshalb  ist  die  Farbe  des  Himmels  um  so  dunkler,  je   höher  deri 
Beobachtungspunkt  liegt.    In  den  Bergen   werden   die  Schatten  um  soj 
dunkler,  je   höher  man   kommt.    Über  Kontinenten  ist   die  Tageshelle  I 
geringer  als  über  dem  Meer  und  in  Küstenländern,   wo   viele  Wasser- 
tröpfchen  in   der  Luft   schweben.    Im  Gegensatz  dazu  ist  die  Sonnen- , 
beleuchtung  in  Wüsten  ausserordentlich  scharf  und  blendend,  die  Schatten 
dagegen  dunkel.    Für  anticyklonische  Gebiete  gilt  dasselbe.    Ein  dünner 
Wolkenschleier  erhöht  die  Tageshelle  bedeutend.    Die  Tageshelle  dringt 
durch  die  Fensteröffnungen  in  Zimmer  hinein,  welche  an  der  Schattenseite 
liegen,  und  in  welchen  man  sonst  Licht  am  hellen  Tage  brennen  müsste, 


XV,  Meteorologische  Optik.  353 


;  um  nicht  volles  Nachtdunkel  oder  ein  schwaches  Dämmemngslicht  darin 
/n  haben. 

Die  Tageshelle   verhindert   bei  Tage   die   Sichtbarkeit   der   Sterne. 
In    sehr    grossen    Höhen,    die    im    Luftballon    erreicht    worden    sind, 
lickt   man   die   helleren  Sterne   am  Tage.    Eine   alte  Angabe,   dass 
man  am  Tage  durch  lange  Röhren,   z.  B.  Grubenlöcher,   die  Sterne  zu 
1  sehen   vermöchte,    ist   schon   von   Humboldt   als    unrichtig   erwiesen, 
i Dagegen  wirkt  ein  Fernrohr  so,  dass  es  die  Tageshelle  nicht  verstärkt, 
dagegen  die  Leuchtkraft  der  punktförmig  erscheinenden  Sterne  im  Ver- 
hältnis des  Quadrates  der  linearen  Vergrösserung  vervielfacht,  wodurch 
lit'Uere  Sterne  bei  Tag  mit  Hilfe  des  Fernrohrs  zu  beobachten  sind. 

Das  von  den  kleinen  Partikelchen  reflektierte  Licht  ist  an  blauen 
iiid  violetten  Strahlen  sehr  reich.  Bei  kleinen  Partikeln  ist  das  Re- 
dexionsvermögen  um  so  grösser,  je  kleiner  die  Wellenlänge  des  Lichtes 
st.  Clausius  und  Lord  Rayleigh  haben  theoretische  Untersuchungen 
iber  diesen  Gegenstand  ausgeführt.  Rayleigh  findet,  dass,  wenn  man 
nit  X  die  Weglänge  bezeichnet,  welche  ein  Lichtstrahl  von  der  Wellen- 
änge  2  (in  //)  in  der  Luft  zurücklegen  muss,  um  im  Verhältnis  J:Jq 
reschwächt  zu  werden,  die  Beziehung  gilt: 


jvorin  k  eine  Konstante  bedeutet,   welche   proportional  den  in  der  Luft 
'^•^findlichen  reflektierenden  Teilchen  zunimmt. 

Diese  Formel  stimmt  vorzüglich  mit  den  Beobachtungen  von  Abney 
iber  die  Durchsichtigkeit  der  Luft  in  verschieden  dicken  Schichten, 
Fobei  als  Einheit  die  Luftmenge  genommen  ist,  welche  ein  senkrecht 
infallender  Strahl  in  der  Atmosphäre  durchläuft.  Der  Wert  der  Kon- 
tante  war  bei  seinen  Versuchen  4,64 -10' cm,  oder  da  die  Atmosphäre 
uf  760  mm  Druck  reduziert  (bei  O''),  eine  Höhe  von  8000  m  haben  würde, 
^  reduzierte  Atmosphären.  Mit  anderen  Worten  ein  Strahl,  dessen  Licht 
\r  Wellenlänge  1  fi  besitzt,  müsste  58  Atmosphären  durchlaufen,  um 
11  Verhältnis  1:0,368  geschwächt  zu  werden.  Ist  die  Wellenlänge 
',5  (i,  so  wird  die  nötige  Weglänge  16  mal  geringer,  entspräche  also 
,63  Atm.  Durch  Beobachtung  der  Stärke  verschiedener  Spektralteile 
es  Sonnenlichtes  bei  verschiedenen  Sonnenhöhen  konnte  Abney  die 
)nrchlässigkeit  der  Luft  für  Licht  von  verschiedenen  Wellenlängen  be- 
timmen.  Seine  Resultate  sind  in  folgender  Tabelle  mit  nach  Rayleighs 
'f>rmel   berechneten  Werten   zusammengestellt,    h  bedeutet  die  durch- 


g54  Physik  der  Atmosphäre. 

strahlte  Länge   in  reduzierten  Atmosphären,   X   die  Wellenlänge.     Di| 
tabellierte  Grösse  ist  die  Durchlässigkeit  in  Prozent.  j 

h=  12345678  32 

;i  =  0,40beob.  51  25  13  7  3  2  1  0  0 

her.  51  26  13  7  3  2  1  0  0 

;i  =  0,49l)eob.  74  54  40  30  22  16  12  9  0 

her.  74  55  41  30  22  17  12  9  0 

;i  =  0,59  beob.  87  75  65  57  49  43  37  32  0,1     1 

ber.  87  75  65  57  49  43  37  32  1,1     ' 

2  =  0,76  beob.  95  91  86  81  77  74  71  66  10,7 

ber.  95  90  86  81  77  73  70  66  19,1 

Wie  ersichtlich,  ist  die  Übereinstimmung  zwischen  Beobachtung  uii 
Rechnung  vorzüglich,  wenn  man  von  den  unsicheren  Werten  der  letzt 
Kolumne  absieht. 

Dagegen  hat  Langley,  welcher  die  Stärke  der  verschiedenen  Speiv 
tralteile  des  Sonnenlichts  bei  verschiedenen  Sonnenhöhen  bolometrisi ! 
bestimmte,  Werte  beobachtet,  welche  gar  nicht  mit  der  Rayleigh- 
sehen  Formel  in  Übereinstimmung  zu  bringen  sind.  Er  fand  näm- 
lich folgende  Zahlen  (d)  in  Prozent  für  die  Durchlässigkeit  einer  Atmo- 
sphäre, unter  welche  die  nach  Rayleighs  Formel  berechneten  ge- 
schrieben sind.  ' 

X=  0,358  0,383  0,416  0,440  0,468  0,550  0,61b  (i 
rf(beob.)==   46,5     53,1     60,0     63,6    67,7     73,4     78,1 
c?(ber.)     =   35,8     44,9     56,2     63,0     69,8     82,8     88,7 

;i  =  0,781  0,870    1,01     1,20     1,50    2,59 // 
d{heob.)=  84,4     87,1     89,1     90,5     91,9     92,6 
d  (ber.)    =   95,5     97,0     98,4     99,1     99,7  100,0 

Wir  kommen  später  auf  die  Erklärung  dieser  Erscheinung  zurück. 

Obgleich  die  Beobachtungen  von  Langley  eine  viel  schwächere 
Zunahme  der  Durchlässigkeit  mit  der  Wellenlänge  ergeben  als  die 
Formel  von  Rayleigh  verlangt,  so  zeigen  sie  doch  einen  ausgeprägten 
Gang  in  derselben  Richtung.  Eine  Folge  davon  ist,  dass  weisses 
Sonnenlicht  beim  Durchgang  durch  die  Atmosphäre  einen  rötlichen  Ton 
annimmt,  dessen  Stärke  mit  der  Länge  der  durchstrahlten  Schicht  be- 
deutend zunimmt.  Wir  sind  nun  gewohnt,  das  von  der  Sonne  erhaltene 
Licht,  wenn  sie  in  mittlerer  Höhe  steht,  als  weiss  anzusehen.    Das  Licht; 


XV.  Meteorologische  Optik.  855 

cinor  sehr  hoch  stehenden  Sonne  bei  klarer  Luft  erscheint  deshalb  bläu- 
lich-weiss,  wogegen  die  tiefstehende  Sonne  ein  stark  rotgefärbtes  Licht 
iinsziisenden  scheint. 

In  dieser  einfachen  Weise  erklärt  sich  die  prachtvolle  Erscheinung  des 
Morgen- und  Abendrots.  Eine  kleine  Modifikation  der  Farbe  entsteht  durch 
die  Absorptionslinien  in  der  Luft  (vgl.  Tafel  I  sowie  S.  503  und  505),  welche 
zum  grössten  Teil  in  Kot  und  Gelb  liegen  und  deshalb  die  rote  Farbe 

was  abschwächen.  Dass  dessen  ungeachtet  die  Abendröte  nach  alter 
^-[■fahrung  stärker  ist,  wenn  viel  Wasserdampf  in  der  Luft  enthalten  ist, 
'nruht  darauf,  dass  dann  mehr  Wassertröpfchen  in  der  Luft  schweben 

d.  S.  489).  Die  Abendröte  zeigt  auch  ein  satteres  Rot  als  die 
Alurgenröte,  weil  die  Luft  am  Abend  mehr  Staub  und  Wasser- 
iripfchen   enthält   wie   am  Morgen   (vgl.  S.  498).    Nach   der  Eruption 

in  Krakatau  am  27.  Aug.  1883  waren  Abend-  und  Morgenröte  auf- 
tauend lebhaft,  was  von  der  ungeheuren  Staubmasse  herrührte,  welche 
bei  diesem  Ausbruch  in  die  Luft  geschleudert  wurde  und  erst  allmäh- 
lich hinabsank.  Dieser  Staub  gab  zu  einer  DifiFraktionserscheinung, 
sogenannten  Bishopschen  Ring  Anlass,  aus  dessen  Dimensionen 
er  Durchmesser  des  Staubes  zu  0,001 — 0,003  mm  berechnet  wurde  (von 
Flögel  und  Hagenbach).  Die  prachtvolle  Abendröte  (das  sogenannte 
rote  Licht)  verblasste  allmählich  mit  den  Jahren  und  jetzt  sind  die 
Dämmerungserscheinungen  wieder  dieselben  wie  vor  dem  Ausbruch. 

Die  Farbe  des  diffusen  Himmelslichtes  ist  aus  den  angeführten 
Gründen  stark  blau.  Ein  anderer  Grund  dafür  ist  von  Spring 
vorgebracht  worden.  Die  Eigenfarbe  sowohl  von  Sauerstoff,  und  be- 
sonders von  Ozon,  als  auch  von  Wasserdampf  in  dicker  Schicht  ist  blau 
Dies  entspricht  vollkommen  den  hauptsächlich  im  Rot  gelegenen  Ab- 
sorptionsbändem  dieser  Gase,  man  sollte  aber  dann  vermuten,  dass  das 
Flimmelslicht  im  Zenith  am  wenigsten  blau  wäre,  wo  die  absorbierende 
Schicht  am  dünnsten  ist,  am  meisten  am  Horizont,  was  gänzlich  gegen 
die  Erfahrung  spricht.  Das  sieht  man  schon  mit  blossem  Auge, 
Messungen  geben  aber  darüber  einen  noch  sichereren  Aufschluss.  Saus- 
en re  war  der  erste,  welcher  solche  Messungen  anstellte.  Er  mischte 
Berlinerblau  mit  weisser  oder  schwarzer  Farbe  in  verschiedenen  Pro- 
portionen und  stellte  so  eine  Skala  von  27  Stufen  zwischen  rein  weiss  (0'') 
und  rein  blau  (27°)  und  27  Stufen  zwischen  rein  schwarz  (53**)  und  rein 
blau  her,  so  dass  er  im  ganzen  53  Abstufungen  besass.  Diese  Abstufungen 
wurden  Cyanometergrade  genannt. 

I]in    sogenanntes    Rotationscyanometer    konstrairte    Parrot,    bei 


g56  Physik  der  Atmosphäre. 

welchem  die  Sektoren  Newtonscher  Farbenscheiben  mit  weiss  odeii 
schwarz  und  blau  in  verschiedenen  Proportionen  bestrichen  wurden.  Bei! 
schneller  Drehung  entsteht  eine  Mischfarbe,  die  aus  weiss  und  blau 
bezw.  schwarz  und  blau  nach  der  Grösse  der  betreifenden  Sektoren  zu- 
sammengesetzt ist. 

Saussure  und  Humboldt  verglichen  nun  in  Genf  und  auf  dem 
Nordatlanten  die  blaue  Farbe  des  Himmels  in  verschiedenen  Zenith- 
distanzen  mit  den  Cyanometergraden  und  fanden: 


Zenithdistanz 

Gyanometergrade 

Saussure 

Humboldt 

30« 

20 

22,0 

50<' 

17,5 

18,0 

60 

15,5 

16,5 

70 

13,0 

10,0 

80 

9,0 

6,0 

89 

4,0 

3,0. 

Saussure  fand  die  Farbe  auf  Col  du  geant  (Montblanc)  31  Cyano- 
mometergraden  entsprechend,  während  gleichzeitig  in  Genf  (375  m)  22,5" 
beobachtet  wurden.  Bei  sehr  reinem  Himmel  zeigte  der  Zenith  auf  Col 
du  geant  (4371  m)  37»,  auf  dem  Montblancgipfel  (4810  m)  39«. 

Näher  am  Äquator  ist  im  allgemeinen  der  Himmel  tiefer  blau  als 
weiter  gegen  den  Pol  hin. 

Die  Dämmerungserscheinungen.  Wegen  der  Brechung  und 
noch  mehr  der  Reflexion  des  Sonnenlichtes  in  der  Atmosphäre  tritt  die 
Dunkelheit  nicht  gleich  dann  ein,  wenn  der  Beobachter  sich  im  geo- 
metrischen Schatten  der  Erde  befindet.  Zuerst  ist  zufolge  der  Refraktion 
die  Sonne  eine  kleine  Weile  sichtbar.  Wenn  sich  die  Sonne  senkrecht 
gegen  den  Horizont  bewegt,  ist  diese  Zeit  2  Minuten  20  Sekunden, 
da  die  Sonne  in  einer  Zeitminute  15  Bogenminuten  zurücklegt.  Wenn  i 
die  Sonnenbahn  einen  Winkel  a  mit  dem  Horizont  bildet,  so  hat  man  ! 
die  genannte  Zeit  mit  sin«  zu  dividieren. 

Da  die  roten  Strahlen  die  geringste  Brechung  erleiden,  verschwindet 
zuerst  das  rote  Bild  der  Sonne  unter  dem  Horizont,  zuletzt  das  blaue. 
Die  hinuntersinkende  Sonne  wird  demnach  erst  grün  (Komplementär- 
farbe des  Rot),  dann  immer  mehr  bläulich  erscheinen.  Auf  diese  Weise 
erklärt  man  den  sogenannten  grünen  Strahl,  welcher  nach  den  Be- 
schreibungen von  Reisenden  in  den  Tropen  im  Augenblick  des  Sonn^n- 
untergangs  aufblitzt.    Nach  anderen  Beobachtern  ist  dieser  letzte  Strahl 


r 


XV.  Meteorologische  Optik.  857 


"'<  Sonnenlichtes  mehr  bläulich  gefärbt  (Sohncke).  Die  mehr  oder 
.  niger  grüne  Färbung  hängt  vermutlich  mit  der  Fähigkeit  der  Luft, 
lic  blauen  Strahlen  zurückzuhalten,  zusammen. 

Zufolge  der  Keflexion  des  Lichtes  herrscht  noch  einige  Zeit  Hellig- 
Keit,   die  Dämmerung  genannt  wird,   und  die  allmählich  in  Stärke  ab- 
nimmt.    Nach   einiger   Zeit    müssen    die   Arbeiten    im    Freien    wegen 
angelnder  Beleuchtung    abgebrochen   werden    und   die  Sterne   erster 
risse  werden  am  Himmel  sichtbar.     Dieser  Augenblick  wird  als  Ende 
r   „bürgerlichen    Dämmerung"    bezeichnet,    die    Sonne    steht    dann 
( irad  unter  dem  Horizont.    Aber  noch  lange  nimmt  die  Dunkelheit  zu 
und  erst,   wenn  die  Sonne  etwa  18"  unter  dem  Horizont  steht,  werden 
lie  Sterne   sechster   Grösse   sichtbar.    Bis   dahin   sagt   man,   dass   die 
istronomische  Dämmerung"  obwaltet.    Die  Dauer  der  bürgerlichen  und 
'  ronomischen  Dämmerung  bei  senkrecht  hinuntersinkender  Sonne  wäre 
innach  24  bezw.  72  Minuten.    In  Mittel  -  Europa  ist  sie  etwa  doppelt 
~"  lang. 

Die  wirkliche  Dauer  der  Dämmerung  hängt  natürlich  nicht  nur  von 
dem  Stande  der  Sonne,  sondern  auch  von  der  Reinheit  des  Himmels 
ab.  Fein  verteilter  Staub  in  den  höheren  Luftschichten,  wie  nach  dem 
\nsbruch  des  Krakatau  und  dünne  Schleier  von  hoch  liegenden  Girren 
ilängern  die  Dämmerung,  in  entgegengesetzter  Richtung  wirken  natür- 
lich dichtere  Wolken. 

An  einem  Ort,  der  nicht  mehr  als  6"  südlich  vom  nördlichen  Polar- 
kreis, d.  h.  über  60*^33'  n.  Br.  liegt,  dauert  deshalb  die  bürgerliche 
Dämmerung  zur  Sommersonnenwendezeit  die  ganze  Nacht.  Das  sind 
die  hellen  Nächte,  deren  Schönheit  die  Reisenden  in  diesen  Gegenden 
preisen.  Die  immerwährende  Dämmerung  erstreckt  sich  zur  Zeit  der 
längsten  Tage  noch  etwas  südlicher,  z.  B.  bis  Petersburg  (59*^50')  und 
ickholm  (59°  20').  Andererseits  wird  der  Reisende  in  tropischen  und 
subtropischen  Gegenden  oft  von  der  schnell  einbrechenden  Dunkelheit 
iberrascht,  so  schon  in  Süd-Europa,  noch  mehr  aber  innerhalb  der  Wende- 
ise. Dort  dauert  in  Gegenden  mit  sehr  rein  blauem  Himmel,  wie  z.  B. 
n  Chile,  die  (bürgerliche)  Dämmerung  nur  15  Minuten,  bisweilen  noch 
weniger,  wie  in  Cumana,  Venezuela,  etwa  10°  n.  Br.,  nach  Humboldts 
A.ngabe. 

Die  grosse  Farbenpracht,  welche  sich  beim  Aufgang  und  Untergang 
l<r  Sonne  entwickelt,  hat  zu  allen  Zeiten  die  Phantasie  der  Beobachter 
Ulf  das  lebhafteste  beschäftigt.  Im  Altertum  scheint  besonders  die 
Morgenröte    die  Aufmerksamkeit    erregt    zu    haben.     Die    glänzenden 


858 


Physik  der  Atmosphäre. 


Schilderungen  der  rosenfingrigen  Eos  und  der  aus  rosigem  Wolkenbi 
sich  erhebenden  Aurora  geben  beredtes  Zeugniss  dafür.  Die  Bezeichnun, 
rosenfingrig  ist  wahrscheinlich  eine  Anspielung  auf  die  den  Fingern  einp' 
ausgespreizten  Hand  ähnelnden  Dämmerungsstrahlen  („rayons  crepii-^ 
culaires",  in  Ostindien  „Buddhas  rays"  genannt),  welche  beim  Sonneni 
auf-  oder  Untergang  häufig  zwischen  den  Wolken  zu  beobachten  sin' 
(Fig.  265). 

In   neueren  Zeiten  hat   besonders   die  Abenddämmerung   die  Aufj 
merksamkeit  auf  sich  gezogen.    Am  meisten  hat  das  damit  in  Zusammen 


Fig.  265.   Däinmerungstrahlen. 


hang  stehende  Phänomen  des  Alpenglühens  zu  glänzenden  Schilderungei^ 
Anlass  gegeben.  i 

Sehr  anziehend  ist  ausserdem  der  von  Tag  zu  Tag  sich  änderndet 
Anblick  der  Dämmerung,  ebenso  ihr  rasch  wechselndes  Farbenspiel] 
Wer  eine  längere  Zeit  in  dem  nebeligen  blassen  Tageslicht  des  Polartages 
zugebracht  hat,  vergisst  nie  den  wunderbaren  warmen  Reiz  der  erste« 
bei  der  Heimkehr  erblickten  Dämmerungen. 

Die  Farbenpracht  der  Dämmemng  ist  in  verschiedenen  Gegendeni 
recht  verschieden.  Reine  Luft  in  den  unteren  und  Kondensation  von! 
Wasserdampf  zu  äusserst  kleinen  Tropfen  in  den  oberen  Schichten  sindj 
dafür  günstig.  Skandinavien,  besonders  der  Nordteil,  Spanien  und  diej 
Alpenländer  zeigen  schöne  Dämmerungserscheinungen.  Der  Herbst  scheint' 
die  beste  Jahreszeit  für  ihre  Entwickelung  zu  sein.  Die  trockenen 
Jahreszeiten  in  Spanien  weisen  sehr  farbenarme  Dämmerungen  auf. 


f 


XV.  Meteorologische  Optik,  §59 


Die  Dämmerung  ist  von  vielen  Naturforschern  geschildert  worden, 
iiiter  welchen  Aristoteles,  De  Mairan,  Bergman,  Bravais, 
Forbes,  Neck  er,  v.  Bezold,  Hellmann  und  Riggenbach  genannt 
werden  mögen.  In  der  folgenden  Darstellung  folgen  wir  der  Schilderung 
\(in  Hell  mann,  welcher  in  Spanien  an  etwa  500  Tagen  Morgen-  und 
Abend  -  Dämmerungsbeobachtungen  angestellt  hat.  Die  in  folgenden 
Zeilen  neben  Farbenangaben  in  Klammern  gedruckten  Ziffern  geben  die 
rilrke  der  Farbe,  nach  einer  von  0  bis  4  gehenden  Skala  geschätzt,  an. 

„Schon  wenn  die  Sonne  noch  4^  Höhe  hat,  machen  sich  längs  des 
anzen  Horizontes,  welcher  bis  dahin  gegenüber  dem  Blau  des  übrigen 
Himmels  grau  und  dunstig  erschien,  verschiedene  schwache  Färbungen 
bemerkbar;  im  Westen  (d.  h.  im  Vertikal  der  Sonne)  ein  zartes  Gelb  (l) 
von  kaum  72  "^  Höhe  und  darüber  eine  gewöhnlich  doppelt  so  hohe  Schicht 
Hellgrün  (1),  während  der  Himmel  über  der  Sonne  bis  etwa  50*^  Höhe 
in  überaus  glänzendes  und  stark  weissliches  Hellblau  von  mehr  ellip- 
tischer als  kreisrunder  Form  aufweist;  im  Osten  (d.  h.  entgegengesetzt 
der  Sonne)  ein  kräftigeres  Grün  (2),  doch  nur  in  etwa  60^  Azimat- 
umfang  und  in  1<>  Höhe.  Nachdem  die  Sonne  3*^  tiefer  gesunken  ist, 
hat  das  Grün  am  Westhorizont  sich  nach  oben  bis  zu  20^  ausgedehnt, 
ohne  an  Intensität  zuzunehmen,  und  unmittelbar  am  Horizonte  einer 
iiiangegelben  (1)  Schicht  von  kaum  3*^  Platz  gemacht.  Diese  zeigt  an 
iler  unteren  Seite,  in  beiläufig  1/2^  Stärke,  eine  bereits  ins  Rosa,  häufig 
auch  ins  Braunrote  oder  Purpurviolette  überspielende  Färbung,  welche 
sich  bis  nach  Norden  und  Süden  erstreckt.  Am  Osthimmel  ist  das  Grün 
bis  zur  Intensität  (2)  und  bis  reichlich  6^  Höhe  angewachsen;  auch  hier 
und  zwar,  wie  ich  öfters  konstatieren  konnte,  etwas  früher  als  im  Westen, 
sind  unmittelbar  am  Horizonte  schwache  Rosa  und  darüber  gelbliche 
Tinten  bis  zu  2^  Höhe  aufgetreten.  Das  Gelb  im  Osten  ist  schmutziger 
-  das  im  Westen,  und  spielt  häufig  in  Ockerfarbe  über.  Sowie  die 
Sonne  untergegangen  ist,  gewinnen  die  Färbungen  am  Osthimmel  an 
Höhe:  Grün  reicht  in  der  Stärke  (1)  bis  9^  Gelb  bis  6*^  und  das 
kräftiger  werdende  Rosa  (2)  bis  4^.  Letzteres  nimmt  an  Intensität  etwas 
nach  unten  zu,  verliert  sich  aber  am  Horizonte  selbst  —  bisweilen  schon 
Vor  Sonnenuntergang  —  in  eine  vorerst  noch  unbestimmt  und  schmutzig 
gefärbte  Schicht  tiefen  Stahlblaus  von  etwa  1/4  ^  Höhe,  welche  den  nun- 
mehr eintretenden  Erdschatten  am  Osthimmel  verkündet." 

„Die    am  Westhimmel    eingetretenen   Veränderungen    sind    unbe- 

'«Mitender:  Die  Rosafärbung  hat  abgenommen,  das  Gelb  ist  mehr  Orange 

worden,  das  Grün  hat  an  Intensität  gewonnen.    Das  darüber  befind- 


860  Physik  der  Atmosphäre. 

liehe  äusserst  durchsichtige  Weissblau  ist  zwar  auch  herabgesunken, 
reicht  aber  noch  bis  45 **  Höhe,  es  ist  häufig  mehr  ein  sehr  lichtstarke.^ 
Weiss  als  Weissblau  und  bewahrt  seine  runde  Gestalt.  Der  Übergang 
zum  dunkleren  Blau  (3)  des  Zeniths  erfolgt  zwar  allmählich,  doch 
scheint  es,  als  wenn  in  etwa  75*^  Höhe  am  Westhimmel  und  —  merk- 
würdig! —  auch  am  Osthimmel  eine  raschere  Vertiefung  der  Farbe 
erfolgte." 

„Die  nunmehr  im  Osten  vorgehenden  Wandlungen  und  Prozess( 
nehmen  zunächst  unser  Interesse  in  Anspruch.  Dasselbe  wird  gegen 
früher  wesentlich  dadurch  gesteigert,  dass  wir  nicht  mehr  blosse  Ab- 
stufungen schwacher  Färbungen  beobachten,  sondern  dem  lebendigen 
Vorgange  des  Entstehens  und  Vergehens  gewisser  Erscheinungen  bei- 
wohnen. Der  bereits  erwähnte  Erdschatten  in  Gestalt  eines  tief  stahl- 
blauen Segmentes  hat  etwa  1^  Höhe  erreicht,  wenn  die  Sonne  ^j^^  unter 
dem  Horizonte  steht.  Er  ist  nunmehr  deutlich  als  Segment  za  erkennen, 
dessen  azimutaler  Umfang  jedoch  noch  sehr  schwer  zu  messen  ist;  er 
dürfte  etwa  75*^  betragen.  Das  ihm  auflagernde  Kosa,  welches  sich  in 
Intensität  vertieft  hat,  reicht  nun  bis  10**  Höhe,  während  Gelb  und  Grün 
meist  ganz  verschwunden  sind.  Mit  tiefer  sinkender  Sonne  nimmt  das 
Rosa  einen  purpurnen  Ton  an,  und  die  Begrenzung  des  dunklen 
Segmentes  wird  deutlich  violett.  Dabei  bemerkt  man  oft  das  Segment 
selbst  heller  werden;  das  tiefe  Stahlblau  verwandelt  sich  in  Bleigrau,  oft 
Aschgrau,  nicht  selten  spielt  es  ins  Meergrüne  über,  ja  bisweilen  sieht 
man  sogar  ein  schwaches  Rosarot  oder  Fleischfarbe  in  demselben  auf- 
tauchen und  bald  wieder  verschwinden.  Letztere  sekundäre  Färbungen 
scheinen  mit  der  Anwesenheit  von  Wolken  am  Westhimmel  im  Zu- 
sammenhange zu  stehen.  Diese  Färbungen  am  Osthimmel  oberhalb  des 
dunklen  Segmentes,  welche  man  seitMairan  als  die  Gegendämmerung 
(anticrepuseule)  bezeichnet,  treten  fast  Tag  für  Tag  mit  grosser  Regel- 
mässigkeit auf,  und  nur  hinsichtlich  der  Höhe,  bis  der  sowohl  die  Rosa- 
farben, als  auch  der  Erdschatten  bezw.  der  Bogen  der  (ersten)  Gegen- 
dämmerung sich  verfolgen  lassen,  bemerkt  man  nicht  unerhebliche  Ver- 
schiedenheiten, welche  mit  der  Feuchtigkeit  der  Luft  in  dem 
Zusammenhange  stehen,  dass  mit  Zunahme  des  letzteren  auch  jeno 
Höhen  anwachsen.  Durchschnittlich  kann  man  den  Begrenzungsbogen 
des  Erdschattens  bis  zu  15^  Höhe  beobachten;  alsdann  hat  die  Sonne  eim 
Tiefe  von  4,6 ^  unter  dem  Horizonte,  und  das  Segment  eine  azimutale 
Ausdehnung  von  nahezu  150°.  Das  überlagernde  Rosa  verschwindet  ge- 
wöhnlich in  250  Höhe,   wenn  die  Tiefe   der  Sonne  4,9«  beträgt;  doch 


f 


XV.  Meteorologische  Optik.  gg^ 


kann  man  nicht  gerade  selten  eine  viel  höhere  Ausdehnung,  bis  zu  75*^ 
und  darüber,  beobachten,  wobei  man  die  darunter  befindliche  Partie  des 
'  »^thimmels  als  bleigrau  qualifizieren  möchte.  Dagegen  ist  es  mir  viel 
Itener  vergönnt  gewesen,  einen  deutlich  verlaufenden  Bogen  des  dunklen 
gmentes  in  grösseren  Höhen  noch  aufzufinden;  einigemal  bis  30**  und 
nur  dreimal  näher  dem  Zenithe,  ebensowenig  als  es  möglich  war,  dessen 
Durchgang  durch  den  Zenith,  eine  sehr  wichtige  Phase  der  Erscheinung, 

vnau  zu  bestimmen.  Aus  zwei  solchen  Beobachtungen  ergiebt  sich 
für  dieses  Moment  eine  Depression  der  Sonne  von  5,8**.  Die  sogenannte 
bürgerliche  Dämmenmg  hat  nunmehr  ihr  Ende  erreicht;  denn  in  einem 
nach  Osten  gelegenen  Zimmer  ist  es  alsdann  so  finster  geworden,  dass 
man  künstlichen  Lichtes  zur  Vornahme  seiner  Beschäftigungen  bedarf." 
„Unterdessen  sind  am  Westhimmel  folgende  Veränderungen  einge- 
treten.   Der  orangegelbe  (2)  Streifen  von  etwa  3**  Höhe  ist  fast  unver- 

iidert  geblieben,  das  Braunrote  darunter  ganz  verschwunden,  und  das 
Grün  (1)  reicht  nur  bis  8**  Höhe.  Sowie  aber  die  Sonne  in  3,8**  Tiefe 
angelangt  ist,  bekommt  der  Westhimmel  in  etwa  25**  Höhe  über  dem 
Horizonte  einen  Stich  ins  Rosa  (bisweilen  mehr  rötlich,  bisweilen  mehr 
purjrarn),  der  schnell  kräftiger  wird,  nach  unten  und  oben  sich  ausdehnt, 
sodass  ein  rosarotes  Kreissegment  von  nahezu  40**  Höhe  den  unteren 
Schichten  aufsitzt.  Da,  wo  diese  Färbung  zuerst  bemerkbar  wurde,  er- 
reicht sie  auch  bei  etwas  tieferem  Sonnenstande  (4,3")  ihre  grösste  In- 
tensität und  hat  alsdann  ein  überaus  glänzendes  Aussehen,  nicht  unähn- 
hch  einer  Schicht  rotglühender  Dämpfe,  die  als  zarter  Vorhang  herab- 
wallen.   Dieses  erste  Rosalicht   sinkt   rasch   nach  abwärts,   während 

lie  darunter  liegenden  Schichten  nur  wenig  an  Mächtigkeit  abnehmen, 
und  ist  bei  6**  Tiefe  der  Sonne  gewöhnlich  ganz  verschwunden."  Das 
prste  Purpurlicht  ist  häufig  von  bläulich  erscheinenden,  zur  Sonne  (unter 
'lern  Horizont)  konvergierenden  Dämmerungsstrahlen  durchzogen,  welche 
\on  Wolken  oder  irdischen  schattenwerfenden  Gegenständen  herrühren. 
Diese  Strahlen,  in  welchen  das  gewöhnliche  Himmelsblau  sich  geltend 
macht,  tragen  häufig  dazu  bei,  die  Ausbreitung  des  Purpurlichtes  weiter 
rfolgbar  zu  machen,  als  dies  sonst  möglich  wäre.    Dieselben  reichen 

isweilen  über  das  Zenith  hinaus  und  scheinen  dann  nach  der  Ostseite 

iia  auch  zu  konvergieren.    Sie  sind  nach  Hellmann  seltener  in  Spanien 

ils  in  Deutschland. 

„Nachdem  die  erste  Gegendämmerung  den  Zenith  passiert  hat  und 

las  erste  Rosalicht  verschwunden  ist,  fängt  der  das  helle  Segment  be- 
rronzpnde    Bogen   am  Westhimmel   an   mit   grosser  Bestimmtheit    er- 


862 


Physik  der  Atmosphäre. 


kennbar  zu  werden.  Bei  einer  Sonnentiefe  von  6^  liegt  er  in  otw; 
75"  Höhe;  am  Westhorizonte  in  170"  Azimutumfang  lagert  eine 
kaum  2,5"  hohe  Schicht  Orangegelb  (2),  darüber  eine  doppelt  so  breite 
Grün  (1),  während  der  übrige  Teil  des  Segmentes  weissblau  (1)  ist  unc^ 
von  dem  Dunkelblau  (4)  des  Zeniths  und  dem  noch  etwas  helleren  (h 
Osthimmels  sich  kräftig  abhebt.  Dieser  Dämmerungsbogen  sinkt  rascl 
nach  unten,  schneller  als  die  Sonne  unter  den  Horizont,  und  erreich' 
bei  10"  Depression  der  Sonne  kaum  noch  ebensoviel  Grad  Höhe.  Ir 
diesem  Stadium  der  Erscheinung  kann  man  bisweilen  (14  Proz.  der  Fälle 
am  Westhimmel  ein  zweites  schwächeres  Eosalicht,  welches  starl 
ins  Rotgelbliche  überspielt,  entstehen  sehen,  das  aber  von  geringeren 
Umfange  und  kürzerer  Dauer,  als  das  erste  ist.  Nur  zweimal  trat  e^ 
viel  lebhafter  als  jenes  auf  und  nur  dreimal  habe  ich  mit  äusserstei 
Mühe  Spuren  einer  vorübergehenden  Rosafärbung  am  Osthimmel  ent' 
decken  können.  Bei  11,5"  Tiefe  der  Sonne  (einmal  erst  bei  16,6"  unc 
bei  einer  Morgendämmerung  schon  bei  18")  ist  jede  Spur  rötlicher  Fär- 
bung am  Westhimmel  verschwunden  und  das  scharf  begrenzte  helh 
Segment  eilt  rasch  dem  Horizonte  zu." 

Diesen  erreicht  es  um  so  früher,  je  geringer  die  Luftfeuchtigkeit  ist 
Auch  ist  bei  diesem  Ende  der  „astronomischen  Dämmerung"  am  Abenc^ 
(mittlere  relative  Feuchtigkeit  64  Proz.)  die  Sonnenhöhe  näher  an  Null 
als  bei  ihren  Anfang  am  Morgen  (mittlere  relative  Feuchtigkeit  82  Proz.)t 
wie  folgende  Ziffern  von  Hellmann  zeigen,  die  in  März  1877  beo1)- 
achtet  sind. 


Zeit 


Tiefe  der 
Sonne 


März  6.  Morgen  18"  15' 

„  6.  Abend  15  51 

„  7.  Morgen  17   51 

„  7.  Abend  16     3 

„  8.  Morgen  17   15 

„  8.  Abend  15   15 

„  10.  Abend  15  51 


Rel. 
Feucht. 

72  Proz. 
55     „ 

80     „ 
61      „ 

82     „ 

77     „ 
41      „ 


Zeit 


Tiefe  der 
Sonne 


März  11.  Morgen  19"  37' 

„  11.  Abend  15  29 

„  12.  Morgen  19  13 

„  12.  Abend  15  24 

„  13.  Morgen  19  25 

„  13.  Abend  15  26 

„  14.  Morgen  18  13    88 

„  14.  Abend  15  50    68 


Rel. 

Feucht. 
85  Pro/, 
71  ., 
84  „ 
61  ,: 
83  „ 
74     ,. 


Ebenfalls  ist  die  Tiefe  der  Sonne  bei  Anfang  oder  Ende  der  astro 
nomischen  Dämmerung  grösser  in  der  Regenzeit  als  in  den  trockenoi 
Perioden. 


■ 


XV,  Meteorologische  Optik.  §53 


^N'ach  dem  Untergang  dieses  Dämmerungsbogens  kann  man  noch 
I  an  der  Tiefe  des  Blaus  am  Nachthimmel  bisweilen  Spuren  von  Dämme- 
j  rungserscheinungen  erblicken. 

I         Die  ungewöhnlichen  Dämmerungserscheinungen  nach  dem 
rakatau-Ausbruch.     Eine    ganz    aussergewöhnliche   Pracht    zeigte 
MC  Dämmerung  eine  Zeit  lang  nach  dem  heftigen  Ausbruche  Krakataus 
iMi  27.  August  1883.    Bishop  und  später  Lockyer  schlugen  dafür  die 
l>rklärung  vor,   die  Staubmasse  habe   sich  allmählich  in  der  Luft  ver- 
breitet und  verursache  die  starke  Wirkung  der  Atmosphäre.  Wie  gering 
I  diese  Masse  war,  geht  daraus  hervor,  dass   die  15  km^  Staub,  welche 
bei  dem  Ausbruch  Krakataus  in  die  Luft  geblasen  wurden,  wenn  sie  auch 
lüz  darin  schweben  geblieben  wären,  doch  nicht  mehr  als  einer  Dicke 
von  0,01  mm  entsprächen,  wenn  sie  über  die  ganze  Erdkugel  verbreitet 
wären.    Ohne  Zweifel  dienten  aber  diese  kleinen,   wahrscheinlich   auch 
nicht   unter    dem    Mikroskop    sichtbaren    Staubteilchen    als    Konden- 
sationskerne des   in   höheren  Luftschichten  befindlichen  Wasserdampfes 
und  fielen  erst  sehr  langsam  mit  Regen  nieder.    Man  kann  auch  kaum 
mehr  bezweifeln,  dass  dieser  Staub  den  genannten  Eftekt  hervorgebracht 
hat.    Der  Staub  verbreitete  sich  in  Form  von  Cirrus -Wolken  in  20  bis 
30  km  Höhe  so  schnell,  dass  schon  am  29.  Aug.  Brasilien,  am  30.  Aug. 
der  Südatlant,  am  31.  Aug.  bis  3.  Sept.  Central -Amerika  und  die  West- 
küste Süd -Amerikas,  am  5.  Sept.  Honolulu,  Neu- Guinea  und  die  Phi- 
lippinen erreicht  waren;  am  5.  Sept.  wurde  er  in  den  Vereinigten  Staaten 
und  England,  am  9.  Sept.  in  Neu-Seeland,  15.  Sept.  in  Australien,  20.  Sept.  in 
Nord- Afrika,  Italien  und  England  beobachtet.  Anfang  Oktober  trat  die  Er- 
scheinung im  Capland  auf,  Ende  September  in  Adelaide,  Süd- Australien. 
In  Nord -Amerika  und  Europa  waren  die  prachtvollen  Sonnenuntergänge 
^'^  Ende  November  an  überall  zu  sehen. 

Auch  im  Jahre  1831  und  bei  einigen  anderen  Gelegenheiten  hat 
man  aussergewöhnlich  schöne  und  ausgedehnte  Abendröten  beobachtet. 
Diejenigen  vom  Jahre  1831  sind  mit  dem  Ausbruch  in  Zusammenhang 
gebracht,  durch  den  die  vulkanische  Insel  Ferdinandea  zwischen  Pantellaria 
und  Sicilien  gebildet  wurde  (13.  Juli  1831). 

Nach  V.  Bezold  unterschied  sich  die  Erscheinung  von  gewöhnlichen 
Dämmerungen  hauptsächlich  dadurch,  dass  alles  Licht  viel  mehr  diffus 
war  wie  sonst.  So  konnte  die  Begrenzung  des  von  dem  Erdschatten 
hervorgerufenen  dunklen  Segmentes,  das  sonst  sehr  scharf  hervor- 
tritt, nicht  deutlich  wahrgenommen  werden.  Ebenso  war  das  erste 
Purpurlicht  sehr  schlecht  begrenzt  und  viel  ausgedehnter  wie  gewöhnlich, 


g64  Physik  der  Atmosphäre. 

SO  dass   der   grösste  Teil   des  Himmels   purpurfarbig   erschien.    Häul, 
wird  das  Schauspiel  so  geschildert,  dass  es  den  Anschein  hatte,  als  stand« 
der  ganze  Westhimmel  in  Flammen. 

Ganz  abnorm  stark  entwickelt  war  das  zweite  Purpurlicht,  welche 
sonst  nur  in  wenigen  Fällen  und  meist  als  schwache  Andeutung  beo 
achtet  wird.    Unmittelbar  vor  Sonnenaufgang  oder  gleich  nach  Sonnen 
Untergang  erhielt  der  ganze  Himmel,  besonders  bei  dunstiger  Luft,  ein(j 
ungewöhnlich  gelbe,   oft  schwefelgelbe  Färbung,   die   bei   gewöhnliche 
Dämmerung  nicht  vorkommt. 

Die  Sonne  selbst  erschien  in  den  Tropen  häufig  grün  oder  (höhe 
auf  dem  Himmel)  blau,  bisweilen  kupferfarbig  oder  silberglänzend.  Di 
grüne  Färbung  der  Sonne  wurde  auch  bisweilen  in  Japan  und  China; 
sowie  in  Europa  (Krakau  Jan.  1884,  Kersal  in  England  Dez.  188;'. 
Kalmar  in  Schweden  Febr.  1884),  sowie  in  der  Nähe  der  Azoren  bej 
obachtet.  Der  Mond  und  auch  hellere  Sterne  wurden  als  mit  grüneir 
Licht  strahlend  beschrieben.  Diese  eigentümlichen  Färbungen  rührtci 
wahrscheinlich  von  gröberen  Partikelchen  her,  die  ziemlich  bald  her- 
unterfielen.   Sie  verschwanden  relativ  schnell. 

Die  blaue  Farbe  der  Sonne  erklärte  Kiessling  folgendermaassen 
Wenn  man  weisses  Licht  durch  gewisse  Staubwolken  (z.  B.  Salmiak- 
rauch) betrachtet,  erscheint  es  blau,  häufig  sehr  schön.  Steht  eine  solchf 
„blaue"  Sonne,  welche  auch  grünes  Licht  aussendet,  nahe  am  Horizont! 
so  wird  das  Blau  in  ihrem  Licht  beim  Durchgang  der  Atmosphäre 
weggesiebt  und  die  Sonne  erscheint  grün. 

Das  auffallendste  war  aber  der  Bishop  sehe  Ring,  welcher  zuerstj 
in  Honolulu   am  5.  Sept.  1883  von  Sereno  Bishop  beobachtet  wurd< 

Um  die  Sonne  zeigte  sich  ein  eigentümlicher  Hof  von  grosser  Aii~ 
dehnung  (22 — 24*^),  innen  war  er  weiss  mit  nach  innen  bläulichem  StichJ 
nach  aussen  war  er  rötlich,  bisweilen  braun  mit  Abtönungen  in  Lila  odeil 
Purpur  gegen  den  blauen  Himmel.  Dieser  Ring  wurde  noch  lange  nachl 
dem  Verblassen  der  herrlichen  Dämmerungen  gesehen  (in  Europa  bis 
Juli  1886,  einige  Beobachter  wollen  ihn  1888  oder  sogar  1889  nn 
gesehen  haben). 

Der  innere  Radius  (li)  des  roten  Ringes  erreichte  nach  Archibald 
10^33',  nach  Riggenbach  10^,  der  äussere  Radius  wurde  geschätzt, 
auf  22'' 46  bezw.  22^  derjenige  der  hellsten  Stelle  des  Ringes  auf  14^. 
Der  Ring  war  als  der  rote  Saum  des  innersten  weissen  Feldes  der 
Fraunhoferschen   Farbenringe    anzusehen.     Danach    berechnete    sich 


XV.  Meteorologische  Optik.  86(5 

der  Durchmesser  (d)  der  wirksamen  Teilchen  nach  der  für  diese  Ringe 
und  folglich  auch  für  Höfe  (vgl.  S.  847)  geltenden  Formel: 

sin  i2=  1,22^. 
d 

Als  ßist  22^45' — 16'  bezw.  22^—16'  zu  setzen,  da  der  Sonnenradius 

.  Ibst  16'  beträgt,   als  X  die   mittlere  Wellenlänge  von  weissem  Licht 

i;.00ü57  mm.    So  erhält  man   c?-Werte   gleich   (Z  =  0,00182  bezw.  d  = 

11,00188  mm.    Diese  c? -Werte  gelten  für  die  kleinsten  Partikelchen,  die 

grösseren   wurden   zu   etwa   doppelt    so   grossen    linearen   Dimensionen 

chätzt. 

Gegen  Sonnenuntergang  erweiterte  sich  der  Ring  und  wurde  un- 
mmetrisch.  Nach  den  Messungen  von  Riggenbach  hatte  R  bei  der 
lüithdistanz  Z  der  Sonne  folgende  Werte: 


m 


z 

R  (innerer) 

R  (hellster) 

R  (äusserer) 

<800 

10« 

140 

220 

800—89'' 

13,9 

16,2 

23,8 

890—93" 

17,5 

19,2 

24,6 

Der  Ring  wird  breiter,  weil  bei  zunehmender  Zenithdistanz  das  Licht 
mehr  monochromatisch  rot  wird  und  infolgedessen  X  und  sin  R  wachsen. 
Der  Ring  war  in  der  reineren  Atmosphäre  des  Gebirges  glänzender  und 
längere  Zeit  hindurch  zu  sehen  als  in  der  Ebene. 

Das  Spektrum  des  Bis  hopschen  Ringes  zeigte  nichts  Auffallendes, 

Jas  Rot  war  sehr  stark  entwickelt.    Riggenbach  fand,  dass  ausserhalb 

des  Ringes  das  Himmelslicht  in  der  Ebene  polarisiert  ist,  welche  durch 

nne,  Auge  und  den  beobachteten  Punkt  geht,  innerhalb  des  Ringes  da- 

i^en  senkrecht  zu  dieser  Ebene. 

Das  erste  Purpurlicht  wurde  von  Kiessling   als  eine  Fortsetzung 

>  Bishopschen  Ringes   angesehen,   Riggenbach   hat   diese  Theorie 

urch   eine   grosse  Menge   von  Messungen  über   das  Spektrum  und  die 

'olarisation  dieser  beiden  Erscheinungen,   die   nur   quantitativ   sich   zu 

interscheiden  scheinen,  erhärtet. 

Das  erste  Purpurlicht  ist  so  lange  sichtbar,  als  die  von  der  Sonne 

•'^leuchteten  Staubteilchen  noch  über  dem  Horizont  liegen.    Das  zweite 

''irpurlicht  wird   als   der  Widerschein  des  ersten  betrachtet.    Aus   der 

rschwindungszeit    des    zweiten    Purpurlichtes    kann    man    infolge- 

ssen  die  Höhe   der  Partikelchen  berechnen.     Archibald  fand  auf 

lese  Weise: 

Ärrhenius,  Kosmische  Physik.  55 


gßß  Physik  der  Atmosphäre. 


Zeit 

1883  Aug.  23.-27. 
„     Sept.  2.— 14. 

,  Okt. 
„  Nov. 
„     Dez. 

1884  Jan. 


Die  Höhe  gleich  nach  dem  Krakatau- Ausbruch  betrug  demnacli 
etwa  30  km,  eine  Höhe,  die  nach  einer  Messung  des  Kapitäns  der 
Medea  am  26.  Aug.  1883  von  der  Rauchsäule  des  Krakatau  erreicht 
wurde. 

Die  Tiefe  der  Sonne  unter  dem  Horizont  beim  Verschwinden  des 
zweiten  Purpurlichtes  war  nach  Riggenbach: 


Stationen 

mittlere 

Höhe 

Anzahl 

geogr.  Breite 

in  km 

4 

11012' 

32 

7 

12  59 

24 

4 

25  45 

25 

11 

45  33 

26 

30 

44  30 

19 

4 

49  30 

17 

1883  Aug.  und  Sept. 

18« 

'    1' 

„     Okt. 

17 

42 

„     Nov. 

17 

13 

„     Dez. 

15 

54 

1884  Mittel 

11 

5 

1885      „ 

10 

6 

1833—37  nach  Neck  er 

12 

42 

1841—44     „ 

Bravais 

13 

24 

1876—77     ., 

Hellraani. 

l11 

30 

Ende  August  und  Anfang  September  1883  wurden  einige  Beob- 
achtungen gemacht,  welche  ein  so  spätes  Verschwinden  des  zweiten 
Purpurlichtes  angaben,  dass  man  vermuten  muss,  sie  seien  einem  „dritten' 
Purpurlicht  zuzuschreiben.  In  diesem  Falle  wird  die  berechnete  Höhi 
25  (zu  Mascat),  26  (in  Venezuela)  und  32  km  (auf  St.  Helena),  während, 
wenn  die  Erscheinung  als  zweites  Purpurlicht  zu  betrachten  wärt 
53  bezw.  67  km  sich  ergeben  würden. 

Riggenbach  hat  über  die  Dauer  des  Purpurlichtes  folgend« 
Statistik  gegeben.  Unter  t  ist  die  Zeit  in  Minuten  nach  Sonnenunter- 
gang, unter  h  die  Tiefe  der  Sonne  in  Graden  unter  dem  Horizont  an-| 
gegeben. 


XV.  Meteorologisclie  Optik. 


867 


I 

Erstes  Purpurlicht 

Zweites  Purpurlicht 

■ 

Besi-j'^Ä^     Ende 

§3 

i 

Beginn  !  »|»C  \    ^^"^^ 

i 

Q 

^ 

t    \  h  \     t   \   h  \     t    \   h 

t   \   k  ■     t  \   h  \     t   \   h 

\Viuter  1883—84 

18 

3,1  i  31,5 

5,2 

44  i  7,3  J  26 

48     7,6   62,5!  9,8 

97    15,5149 

rnnier  1884.     . 

24 

3,9  '  27 

4.3 

38 

5,7  { 14 

42 

6,3    - 

— 

1 

Herbst  1884    .     . 

17 

3,4  21 

4.0 

32 

5,9  1 15 

33 

6,2   36 

6,7 

41      7,5!   8 

1    Winter  1884—85 

20   i  3,4  24     4,1 '  38  1  6,3  \  18 

46,5 

7,6  49,5!  8,1 

68,511,1  22 

^ommer  1885  .     . 

12,512,3   22 

3,5    38    5,6   25,5 

48 

6,6   57,5!  7,7 

62,5;  8,3  14,5 

Herbst  1885    .     . . 

12     2,6   20 

3,5  1  32  ,  5,8   20 

37    |6,8   46,5 

8,4;  65   [11,4  28 

Winter  .... 

19     3,3 

28 

4,7 

41    6,8 

22 

47 

7,6 

56 

9,0 ;  83 

13,3!  36 

>omuier.     .     .     . 

18    ,3,1 

24,5 

3,9 

38    5,7 

20 

45 

6,5 

57,5 

7,7  1  62,5 

8,3: 17,5 

Herbst    .... 

14,5|  3,0 

20,5 

3,8 

32    5,9 

17,5 

35 

6,5 

41 

8,3  53 

9,5  18 

w 

16,5  3,1 

23,5|  4,0  1  36    6,5 

19,5 

40,5 

6,8 

49 

8,3  63 

10,2  22,5 

ff     Aus  dieser 

Sta 

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k    S( 

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)rzu^ 

jehei 

Q,   dass 

der  Winter 

am 

liir 


nstigsten  für  die  Entwickelung  dieser  Erscheinung  ist,  da  der  Ä-Wert 

liir  das  Ende   der  Purpurlichter   in  dieser  Jahreszeit  am  höchsten  ist. 

Danach  kommt  der  Herbst  und    dann   der  Sommer,   im  Frühling  sind 

am  wenigsten  zu  beobachten.    Dies  hängt  vermutlich  mit  der  rela- 

!ven  Feuchtigkeit  am  Beobachtungsorte  (Basel)  zusammen,  welche  den- 

■Iben  Gang  hat.  Dieser  Umstand  deutet,  wie  viele  andere,  daraufhin, 
lass  die  Purpurlichter  hauptsächlich  auf  die  in  den  oberen  Schichten 
<ler  Atmosphäre  kondensierten  Wassertröpfchen  zurückzuführen  sind. 

Wie  erheblich  das  Purpurlicht  in  dieser  Zeit  gegen  gewöhnliche 
\erhältnisse  verstärkt  war,  geht  aus  folgender  Statistik  über  seine 
Intensität  von  Riccö  hervor;  uiiter  Beob.  steht  die  Anzahl  von  Be- 
obachtern: 

1.  Purpurl.    Beob.    2.  Purpurl.   Beob. 


1883  Dez. 

8 

9 

8,2 

8 

1884  Jan. 

8 

5 

8 

5 

Febr. 

5,4 

10 

2,2 

9 

März 

5,2 

5 

2,2 

4 

April 

3,3 

14 

0,9 

13 

Die  Intensität  des  zweiten  Purpurlichtes  ändert  sich  nahezu  wie 
»las  Quadrat  der  Intensität  des  ersten  Purpurlichtes.  Dieses  Verhalten 
ist  zu  erwarten,  da  das  erste  Purpurlicht  auf  einer  einmaligen,  das 
zweite  auf  einer  zweimaligen  Reflexion  des  Sonnenlichts  an  den  su- 
spendierten Staubteilchen  beruht. 

55* 


gßg  Physik  der  Atmosphäre. 

In  den  Wintermonaten  1884 — 1885  und  1885—1886  war  noch  eiiii' 
kleine  Zunahme  des  Purpurlichtes  zu  konstatieren.  Diese  rührt  von  den 
im  Winter  (in  Italien)  gewöhnlicheren  Cirrus- Sehleiern  her. 

Auch  über  die  Höhe  des  ersten  Purpurlichtes  hat  Riggenbacli 
Beobachtungen  veröffentlicht,  deren  Mittelwerte  (aus  76  bezw.  X) 
Messungen)  in  folgender  Tabelle  wiedergegeben  sind. 


Breite 

0" 
12 
19 
26,5 
27 
20,5 
15 
13 


Die  Höhe  nimmt  zu,  während  die  Sonne  unter  den  Horizont  sinkt. 
Das  Purpurlicht  besteht  aus  zwei  Teilen,  1.  dem  eigentlichen  Purpur- 
licht  mit  roten  und  orangefarbenen  Strahlen,  die,  wie  das  Licht  d<- 
Bishopschen  Ringes  senkrecht  zu  dem  Radius  nach  der  Sonne  teilweise 
polarisiert  sind,  und  2.  dem  gewöhnlichen  Himmelslicht  mit  hauptsächlieli 
grünen  und  blauen  Strahlen,  die  parallel  zum  genannten  Radius  pola- 
risiert sind. 

Polarisation  des  Himmelslichtes.  Im  Jahre  1809  entdeckte 
Arago,  dass  das  blaue  Himmelslicht  teilweise  polarisiert  ist.  Man  kann 
diese  Thatsache  mit  Hilfe  eines  gewöhnlichen  Nicols  konstatieren. 
Arago  benutzte  dazu  ein  Instrument,  welches  einen  aus  mehreren  plan- 
parallelen Glasplatten,  die  schräg  zur  Sichtlinie  liegen,  zusammengesetzten 
sogenannten  Glasstapel  enthielt.  Später  wurde  bei  solchen  Beobach- 
tungen meist  ein  Savartsches  Polariskop  benutzt.  Dasselbe  besteht  an^- 
einem  Nicoischen  Prisma  und  zwei  gleich  dicken  Quarzplatten,  deren 
Flächen  45°  gegen  die  Hauptachse  geneigt  sind  und  deren  Hauptachsen 
gegen  einander  einen  Winkel  von  90^  bilden.  (Eine  solche  Anordnung  wird 
unter  anderem  im  Wildschen  Polaristrobometer  benutzt.)  Wird  teil- 
weise polarisiertes  Licht   durch   dieses  Instrument  beobachtet,  so  sieht 


Tiefe  der  Sonne 

Oberer  Rand 
Winkelhöhe     Höhe 

Unterer  Rand 
Winkelhöhe    Höhe 

2,250 

160 

2,6  km     160 

2,6  km 

2,5 

25 

3,5 

13 

3,2 

3,0 

28 

5,4 

9 

4,5 

3,5 

34 

7,9 

7,5 

6,2 

4,0 

33 

10,6 

6 

7,7 

4,5 

26 

13,4 

5,5 

9,5 

5,0 

20 

16,0 

5 

11,3 

5,5 

16 

18,6 

3 

11,3 

6,0 

12 

20,7 

— 

— 

6,5 

8 

21,4 

— 

— 

XV,  Meteorologische  Optik. 


869 


M 


2f 


•Q\ 


man  im  Gesichtsfeld  eine  Reihe  von  parallelen  farbigen  Interferenzstreifen, 
die  in  zwei  Lagen  verschwinden,  in  zwei  anderen,  die  damit  Winkel  von450 
l»ilden,  eine  maximale  Intensität  besitzen.  Ist  der  mittlere  Streifen 
dunkel,  so  steht  die  Schwingungsebene  des  Nicols  senkrecht  zur 
Schwingungsrichtung  der  einfallenden  polarisierten  Strahlen. 

In  jüngster  Zeit  ist  von  Jensen  ein  relativ  einfaches  und  genaues 
Instrument,  das  Photometer  von  L.Weber,  benutzt  worden.  Dasselbe  be- 
bt (Fig.  266)  aus  zwei  Nicoischen  Prismen  a  und  6,  von  denen  das 
,  -te  entfernbar,  das  zweite  drehbar  ist;  zu  diesem  Zweck  ist  es  mit  der 
Fassung  c  und  der  Skala  s  versehen.  Davor  liegt  ein  Lummer-Brod- 
hunsches  photometrisches  Prisma^  und  eine  OkularöflFnung  o.  Zur  Seite 
ist  ein  Knierohr  eingesetzt,  welches  bei  p^  ein 
rechtwinkeliges  Prisma  enthält.  Oberhalb  des 
Ivnierohrs  bei  r  kann  ein  Rauchglas  ange- 
li rächt  werden.  Man  blickt  bei  o  hinein  und 
Mi-gleicht  die  Helligkeit  der  durch  das  Haupt- 
inhr  M  und  der  durch  das  Knierohr  N einfallen-  « 
den  Lichtstrahlen.  Will  man  die  Lage  der  Polari- 
sationsebene des  Himmelslichtes  feststellen,  so 
entfernt  man  den  Nicol  a  und  ersetzt  ihn  durch 
(in  Rauchglas  von  der  Art,  dass  beim  Drehen 
von  h  bisweilen  das  Licht  aus  if,  bisweilen 
'  KJenige  aus  A""  stärker  erscheint.  Bei  zwei 
•llungen  von  h  ist  die  Helligkeit  gleich.  Die 
l>issectrix  des  Winkels  zwischen  diesen  beiden  Stellungen  giebt  die 
l'olarisationsrichtung  an.  Um  die  relative  Helligkeit  der  beiden  Licht- 
knmponenten  nach  der  Polarisationsrichtung  und  senkrecht  dazu  zu  er- 
mitteln, setzt  man  a  wieder  ein,  stellt  h  in  eine  der  genannten  Rich- 
tungen ein  und  wählt  ein  Rauchglas  r  so,  dass  das  aus  M  kommende 
I.icht  heller  erscheint.  Durch  Drehung  von  5,  bis  gleiche  Helligkeit 
•  intritt,  findet  man  für  beide  Fälle,  um  welchen  Bruchteil  der  eine 
und  der  andere  Lichtkomponent  zu  schwächen  ist,  damit  sie  gleich 
lioll  werden  wie  das  aus  N  kommende  Licht.  Man  lernt  also  ihre  rela- 
tiv(^  Stärke  kennen.  Um  endlich  die  absolute  Helligkeit  des  Himmels- 
liehtes  zu  messen,  stellt  man  vor  iV  einen  künstlich  beleuchteten  Schirm, 
der  z.  B.  von  10000  cm^  ebensoviel  Licht  senkrecht  aussendet  wie  eine 
Xiirmalkerze  in  horizontaler  Richtung. 

Arago   fand  bei  seinen  Untersuchungen,   dass  im  allgemeinen  das 
Himmelslicht  senkrecht  zu  der  Ebene  polarisiert  ist,   welche  durch  das 


Fig.  266. 


870 


Physik  der  Atmosphäre. 


Polarimeter,  den  beobachteten  Punkt  und  die  Sonne  geht.  Becquerel 
zeigte,  dass  die  Polarisationsebene  nur  im  Zenithpunkt  genau  dies« 
Eichtung  hat.  Die  Abweichung  beruht  auf  der  Drehung  der  Polarisations- 
ebene durch  das  erdmagnetische  Feld.  In  der  Nähe  der  Sonne  ist  dii 
Polarisation  sehr  schwach.  Um  den  sogenannten  antisolaren  Punkt 
(Gegensonne  G  in  Fig.  267),  der  der  Sonne  S  diametral  gegenüber  liegt 
ist  das  Licht  in  der  genannten  Ebene  (nennen  wir  sie  Einfallsebenc 
polarisiert.  In  einem  Punkte  des  grössten  Kreises  durch  Zenith  {Z)  und 
Sonne  {S)  wird  infolgedessen  die  Polarisation  Null  sein.  Ein  solcher  so- 
genannter neutraler  Punkt  A,  wurde  von  Arago  in  etwa  20— 30^  Höhe 
über  dem  antisolaren  Punkte  aufgefunden. 

Brewster,   welcher  wie   Delezenne   in   Lille   und  Quetelet  in 
Brüssel,  unabhängig  von  Arago,  aber  später,  die  Polarisation  des  Himmels- 
lichtes entdeckte,  fand  die  wichtige 
p  7.  Thatsache,    dass    der    Aragosche 

neutrale  Punkt  nicht  eine  konstante 
Lage  zum  Gegenpunkt  der  Sonne 
hat,  sondern  nach  Sonnenuntergani; 
'""^  sich  davon  entfernt.  Wenn  die 
Sonne  W^b  über  dem  Horizont 
steht,  so  liegt  nach  Brewster  der 
Aragosche  Punkt  gerade  am  Hori- 
zont, beim  Untergang  der  Sonne  hat 
sich  der  Aragosche  Punkt  auf  18,5^  Höhe  gehoben,  am  Ende  der 
Dämmerung  ist  die  Entfernung  des  Gegenpunktes  der  Sonne  von  dem 
neutralen  Punkt  auf  24"  gewachsen.  Kloeden  und  Busch  fanden  ab- 
weichend von  Brewster,  dass  die  genannte  Entfernung  vor  Sonnen- 
untergang schwach  abnahm  und  ein  Minimum  erreichte,  wenn  die  Sonne 
1,5  ^  unter  dem  Horizont  stand,  wonach  sie  schnell  zu  einem  Maximum 
von  etwa  24^  beim  Unsichtbarwerden  wuchs. 

^  Andererseits  muss  die  Polarisation  an  einigen  Punkten  zwischen  der 
Sonne  und  ihrem  Gegenpunkt  ein  Maximum  erreichen.  Diese  Punkte 
(7^)  liegen  nahezu  senkrecht  auf  der  Verbindungslinie  Sonne — Auge,  wie 
Arago  fand.  Jensen  beobachtete  die  Polarisation  des  vom  Zenith  [Z 
kommenden  Lichtes  bei  verschiedener  Sonnenhöhe.  Er  fand  folgende 
ausgeglichene  Mittelwerte,  die  bei  den  Einzelbeobachtungen  durch  Kauch 
und  Wolken  sehr  stark  verändert  werden  konnten. 


Fig.  267. 


XV.  Meteorologische  Optik.  871 


Sonnenhöhe 

Polarisation 

Sonnenhöhe 

Polarisation 

-    60 

0,700 

+  26» 

0,374 

—   2 

0,717 

30 

0,323 

+    2 

0,681 

34 

0,274 

6 

0,650 

38 

0,222 

10 

0,579 

42 

0,175 

14 

0,528 

46 

0,137 

18 

0,477 

50 

0,110 

22 

0,425 

53,8 

0,102 

Als  Jensen  diese  Werte  mit  den  für  eine  'bestimmte  Stunde  be- 
rechneten verglich,  fand  er  einen  entschiedenen  Gang  der  Differenzen, 
welcher  für  die  Sommermonate  (Juli)  am  meisten  ausgeprägt  war.  Dieser 
Gang  zeigt  die  tägliche  Variation  der  Polarisation.  Er  ist  nicht  gross. 
Der  Juli  hat  ein  Maximum  (0,012  über  dem  Mittel,  um  4^*  45*"  nachm.). 
Das  Minimum  fällt  etwa  mit  der  höchsten  Tagestemperatur  zusammen 
lim  1''  45"*  nachm.  und   beträgt  0,017  (unter   dem  Mittel).    Fürs  ganze 

IIhr  sind  die  betreffenden  Werte  0,008  und  —  0,010,  von  viel  geringerer 
losse  als  die  Störungen. 
I  Andere  neutrale  Punkte  sind  von  B  ab  in  et  und  Brewster  aufge- 
Ittden.  Der  erste  {Bei)  dieser  Punkte  liegt  ungefähr  ebenso  hoch  über 
f>r  Sonne  wie  der  Aragosche  Punkt  über  ihrem  Gegenpunkt,  und  der 
zweite  {Br),  welcher  sehr  schwer  zu  beobachten  ist,  ebenso  weit  unter 
j  der  Sonne  (vgl.  Fig.  267). 

Vermutlich  liegt  ein  vierter  neutraler  Punkt  bei  Ä ,  welcher  noch 
nicht  entdeckt  ist,  weil  das  Licht  zu  schwach  ist,  wenn  er  über  dem 
Horizont  steht. 

Auch  diese  Punkte  liegen  nicht  in  ganz  konstanter  Entfernung  von 
der  Sonne.  Nach  Busch  nimmt  die  Entfernung  des  Babinetschen 
Punktes  von  der  Sonne  zu,  während  diese  sinkt,  und  erreicht  ein  Maxi- 
mum beim  Sonnenuntergang  (Sonnenhöhe  — 0,5 o).  Sie  nimmt  dann 
wieder  etwas  ab,  um  später  bis  zum  Unsichtbarwerden  wieder  zu 
steigen. 

Riggenbach  wies  nach,  dass  der  hellste  Kreis  des  Bishopschen 
Ringes  unpolarisiertes  Licht  enthält  (1886).  Dieser  hellste  Kreis  war 
140  von  der  Sonne  entfernt,  eine  Entfernung,  die  bei  sinkender  Sonne 
zunahm.  In  1886  waren  ebenfalls  die  Babinetsche  und  Brewstersche 
Punkte  von  der  Sonne  im  Mittel  14"  entfernt.  Pernter  sprach  des- 
halb  die  Meinung  aus,   dass   die   beiden  Punkte   in  normalen  Jahren 


g72  Physik  der  Atmosphäre. 

die  einzigen  wahrnehmbaren  Beste  des  Bishopschen  Kinges  seien.  Der 
Babinetsche  Punkt  verschob  sich  in  den  Jahren  1886  bis  1889  um 
ungefähr  7^  gegen  die  Sonne.  In  derselben  Zeit  näherte  sich  der 
Aragosche  Punkt  der  Sonne  um  2". 

Dass   die  Entfernung   des  B  ab  in  et  sehen  Punktes    von   der  Sonne 
zunimmt,    wenn   sie   gegen   den  Horizont   sinkt,   oder  wenn   die   Luft 
viel   Staub    enthält   (1883),    lässt    sich   offenbar    auf  dieselbe  Ursacln 
zurückführen.     Die    Polarisationsrichtung    des    Lichtes    aus    der   Näln 
der   Sonne   zeigt   an,   dass   es   von   Staubteilchen   reflektiert    ist.     Da^ 
blaue  Himmelslicht   ist  dagegen  senkrecht  zur  Einfallsebene  polarisiert 
Je  weiter    von   der  Sonne   man  den  Beobachtungspunkt  wählt,    destü 
mehr  überwiegt  das  blaue  Himmelslicht.    Es  muss  also  einen  Punkt  (iin 
Vertikal  der  Sonne)  geben,   wo   die   beiden  Polarisationen   gleich   gros> 
sind    und    das    ist   eben   der  neutrale  Babinetsche  Punkt.    Je  mehi- 
reflektierende  Partikelchen  vorhanden  sind,   desto   weiter  muss   er  sieli 
von  der  Sonne  entfernen. 

Die  Polarisation  des  blauen  Hiramelslichtes  ahmte  T,yndall 
experimentell  mit  seinen  sogenannten  aktinischen  Wolken  nach.  Bei 
Beleuchtung  verschiedener,  stark  wärmeabsorbierender  Dämpfe  (z.  ]!. 
Amylnitrat),  fällt  eine  zarte  Wolke  aus  sehr  kleinen  Tröpfchen  au^. 
welche  blaues  Licht  in  den  zum  beleuchtenden  Lichtstrahl  senkrechten 
Eichtungen  ausstrahlt.  Dieses  Licht  ist  in  einer  zur  Einfallsebene  senk- 
rechten Richtung  sehr  stark  polarisiert.  Diese  Polarisation  folgt  ganz 
anderen  Gesetzen  als  die  Polarisation  bei  Reflexion  an  grösseren  Par- 
tikelchen. Die  maximale  Polarisation  liegt  in  einer  zum  beleuchtenden 
Lichtstrahl  senkrechten  Ebene.  In  anderen  Richtungen  ist  die  Polari- 
sation geringer.  Tyndall  konnte  sogar  neutrale  Punkte  auffinden,  dii 
durch  Mischung  des  „blauen"  Lichtes  und  gewöhnlichen  reflektierten 
Lichtes  entstanden.  Er  hatte  also  eine  vollkommene  Analogie  de> 
Himmelslichtes  gefunden.  Lord  Rayleigh  unterwarf  diese  Erschei- 
nungen einer  analytischen  Behandlung  unter  der  Annahme,  dass  die 
Licht  zerstreuenden  Partikelchen  kleiner  als  die  Wellenlänge  des  Licht(- 
(0,00035  mm)  seien  und  zeigte,  dass  die  Erscheinungen  vollkommen  mit 
der  Lichttheorie  übereinstimmen. 

Im  allgemeinen  war  die  Polarisation  des  blauen  Himmelslichtes  naeli 
der  Krakataueruption  geringer  als  unter  gewöhnlichen  Umständen. 

Auch  bei  Schneegestöber,  durch  welches  die  Sonne  hindurchleuchtet, 
nimmt  die  Entfernung  des  Babinetschen  Punktes  von  der  Sonm 
stark  zu. 


XV.  Meteorologische  Optik.  873 

Von  Wasserflächen  oder  auch  vom  Erdboden,  z.  B.  bei  Schnee- 
Ibedeckung  reflektiertes  Licht  kann  den  unpolarisierten  Anteil  des 
i  Hiramelslichtes  stark  erhöhen. 

Bei  seinen  Beobachtungen  über  die  Sonnenabstände  der  neutralen 
Punkte  bemerkte  Busch  im  Jahre  1891,  dass  diese  Abstände  wieder  in 
Zunahme  begriffen  waren.  Da  keine  namhaften  Vulkanausbrüche  in 
dieser  Zeit  bekannt  waren,   richtete   Busch   seine  Aufmerksamkeit  auf 

solaren  Ausbrüche  und  fand  in  der  That  für  die  Periode  1886—1895 
■n  übereinstimmenden  Gang  in  diesem  Abstand  und  der  Sonnen- 
rigkeit,  was  in  bester  Übereinstimmung  mit  anderen  Erfahrungen  steht. 

Die  Höhe  der  neutralen  Punkte  beim  Sonnenuntergang  und  die 
Sonnenfleckenfrequenz  in  den  Jahren  1886—1895  hat  Busch  in  folgender 
r.ibelle  zusammengestellt: 


I 


1886    87      88      89     90      91      92     93      94      95  Mittel 

(gos  Punkt      20,1  19,7  18,4  17,8  17,7  20,6  19,6  20,2  20,7  18,8  19,4 

inets  Punkt  23,9  21,9  17,9  16,8  15,4  23,3  21,4  24,2  23,3  19,0  20,7 
lenflecken        25,1  19,1    6,7    6,1    6,5  35,6  73,8  84,9  78,0  63,9 


Die  Entfernung   der   neutralen  Punkte   vom  Horizont   zeigt   genau 

U'nselben  Gang  wie  die  Sonnenflecken  nach  Wolf  er  s  Relativzahlen,  nur 

innen  die  Minimal-  bezw.  Maximalwerte  der  Entfernungen  etwas  später 

iiigefähr  1  Jahr)  als  die  entsprechenden  Werte  für  die  Sonnenflecken, 

^\  i<  ja  nicht  all  zu  sonderbar  erscheint.    Der  Sonnenstaub  (vgl.  S.  863) 

\iid  nämlich  ebenso   wie  der  Krakataustaub  einige  Zeit  brauchen,   um 

iir  Erde  hinunter  zu  fallen. 

Im  Wolkenlicht   fand  Arago  keine  Polarisation,   Soret  machte  es 
"ch  wahrscheinlich,   dass   es  unter  Umständen  polarisiert  sein  kann. 
f'  nsen  bringt  die  schwache  tägliche  Periode   der  Polarisation  mit  der 
W  olkenmenge  in  Zusammenhang. 

Soret  fand  bei  Nebel  am  Horizont  vier  neue  neutrale  Punkte   in 

1  r  Nähe  der  Sonne  und  ihres  Gegenpunktes   und   auf  derselben  Höhe 

diese  [S  und  G).    Diese  neutralen  Punkte  waren  schon  früher  von 

rnu  kurz  nach  der  Krakatau- Eruption  im  Himmelslicht  aufgefunden. 

Cornu  fand,   dass  bei  Vollmond  die  Polarisation  dieselbe  war  wie 

'  i  Sonnenbeleuchtung.    Die  Stärke  der  Polarisation  nimmt  nach  Pilt- 

I  hikoff  mit  der  Stärke  des  Mondlichtes  ab,  so  dass  bei  Neumond  die 

! 'nlarisation  Null  ist  —  eine  sehr   eigentümliche  Erscheinung,   die   von 

iiiigen  Versuchen  von  Pernter  bestätigt  zu  werden  scheint. 


g74  Physik  der  Atmosphäre. 

Wenn  man  ein  Polarimeter  auf  den  Nordpol  des  Himmels  einstellt 
so  ist  das  Licht  dieses  Punktes  nach  dem  oben  gesagten  immer  an 
den  Stundenkreis  der  Sonne  senkrecht  polarisiert.  Bei  der  Einstelhn^ 
des  Polarimeters  in  diese  Ebene  kann  man  einen  Zeiger  die  Drehung 
des  polarisierenden  Apparates  im  Instrument  mitmachen  und  gleit! i 
zeitig  über  ein  Ziffernblatt  gleiten  lassen,  dessen  Band  mit  den  Ziffen 
1 — 24  gezeichnet  ist.  Der  Zeiger  giebt  dann  die  Stunde  an,  wem 
das  Ziffernblatt  einmal  einjustiert  ist.  Dieser  Demonstrationsapparai 
der  Polaruhr  genannt  wurde,  ist  von  Wheatstone  konstruiert  worden 
Eine  kleine  Abweichung  wird  durch  die  erdmagnetische  Drehung 
verursacht. 

Ebenso  wie  die  Staubpartikelchen  der  Luft  das  diffuse  Himmel^ 
licht  polarisieren,  so  geben  auch  die  Staubpartik eichen  des  Seewassei 
zu  einer  ähnlichen  Erscheinung  Anlass.  Sorot  fand  in  der  That  ]u 
Untersuchung  des  Lichtes  im  Wasser  des  Genfer-Sees,  dass  eine  maxi 
male  Polarisation  beobachtet  wird,  wenn  das  Polarimeter  senkrecht  au 
die  Eichtung  der  Lichtstrahlen  im  Wasser  eingestellt  ist.  Wenn  (]'■ 
Oberfläche  des  Wassers  durch  Wellen  gekräuselt  wurde,  so  nahm  di« 
maximale  Polarisation  stark  ab,  indem  die  Lichtstrahlen  nicht  meli 
untereinander  parallel  waren,  sondern  grosse  Winkel  miteinandi 
bildeten. 

Hagenbach  fand,  dass  das  diffuse  Licht,  welches  die  sogenaniT 
Luftperspektive  hervorruft,  ebenfalls  polarisiert  ist.  Der  blaue  Dun^ 
oder  Hauch,  welcher  zwischen  dem  Beobachter  und  entfernten  Gegeri 
ständen  liegt  und  sie  in  einen  weichen  Schleier  einhüllt,  rührt  haupt 
sächlich  von  polarisiertem  Licht  her  und  kann  demzufolge  mit  Hilf« 
eines  Nicols  zum  grossen  Teil  entfernt  werden.  In  dieser  Weise  gelinc 
es,  die  Conturen  entfernter  Gegenstände  schärfer  zu  sehen  als  ohii 
Zwischenschaltung  des  Nicols. 

Das  Alpenglühen.  Diese  prachtvolle  Erscheinung,  welche  bis: 
weilen  an  Abenden  oder  Morgen  mit  reiner  Luft  besonders  an  weissei 
Kalkfelsen  oder  schneebedeckten  Bergabhängen  sich  zeigt,  wird  folgender! 
maassen  von  v.  Bezold  beschrieben.  i 

„Bei  einer  Höhe  der  Sonne  von  etwa  2^  fangen  die  Berge  an,  lebj 
haft  rot  zu  werden,  was  sich  gegen  Sonnenuntergang  in  einer  Weisj 
steigert,  die  man  nicht  besser  als  eben  durch  das  Wort  „Glühen"  bej 
zeichnen  kann.  Sowie  nun  die  Sonne  mehr  und  mehr  hinabsinkt,  steigj 
der  Schatten  von  unten  an  den  Bergen  empor,  und  entzieht  bald  auclj 
den  höchsten  Gipfeln  das  Licht,   so  dass  sie  nun  alle  fast  farblos  gral 


I 


XV.  Meteorologische  Optik.  g75 


nd  kalt   dastehen.     Doch   schon    nach    wenigen   Minuten   fangen   sie 

!'^<ler  an,   etwas  heller  zu  werden,   und  zwar   zuerst  schwach  gelblich 

>,  bis  sie  allmählich  in  einen  oft  ziemlich  lebhaften  fleischroten  Ton 

jbergehen.    Dieses  Phänomen,  das  sogenannte  Nachglühen,  tritt  immer 

lizeitig  mit  dem  ersten  Purpurlicht  auf,  und  ist  nur  durch  das- 

ijc   hervorgebracht.     Obwohl    wieder   Schatten    und    Licht    aufs 

I ntschiedenste   an   den  Bergen   auftreten,   so   sind  doch  alle  Schatten 

•hleeht   begrenzt,   wie   sich   bei   der   grossen  Fläche,   welche  jetzt  als 

jichtquelle  dient,   erwarten  lässt;   diese   grosse  Menge  diffusen  Lichtes 

'  ebt  der  Beleuchtung  etwas  ungewöhnliches,   magisches,   wodurch   sie 

i  'hantasie  des  Beschauers  so  eigentümlich  anregt.    Das  Verschwinden 

r-cr  Beleuchtung  geschieht  nicht  sowohl  durch  das  Emporsteigen  von 

■luitten  wie  das  erste  Mal,   sondern   vielmehr   durch   ein  allmähliches 

liklingen  der  Farben.    Das  Fleischrot  geht  zuerst  in  einen  hellen,  dann 

iinor  dunkler  aschfarbenen  Ton  über,   bis   endlich   die  Nacht  hinein- 

ticht  und    allem   Farbenspiele    ein   Ende   macht.    Ich  erinnere  mich 

doch  manchesmal  auch  noch  an  ein  zweites,  freilich  sehr  schwaches,  doch 

amerhin  unverkennbares  Nachglühen  beobachtet  zu  haben,  welches  dem 

|M|en  Purpurlichte  entspricht." 

I^K,Im  Chamounithale   sind   besondere   ausserordentlich   bezeichnende 

l^^n  für   diese   Erscheinungen   üblich.     Man   unterscheidet   nämlich 

jiselbst   am  Montblanc  die  „coloration  brillante",  welche  noch  von  den 

I  tzten  direkten  Sonnenstrahlen  herrührt,  darauf  die  „teinte  cadavereuse", 

mn  „la  resurrection  du  Montblanc",  nämlich  das  Nachglühen,  und  end- 

li  .J'extinction". 

..Die  Angabe  der  genannten  Fo^'scher  (die  Brüder  Schlagintweit), 
..>-  sie  niemals  des  Morgens  ein  Analogon  des  Nachglühens  beobachtet 
litten,  ist  mir  geradezu  unverständlich,  da  ich  (und  auch  Necker),  ob- 
^lil  ich  mich  nicht  gerade  zu  häufig  vor  Sonnenaufgang  im  Freien 
'funden  habe,  doch  an  jedem  hellen  Morgen,  wo  dies  der  Fall  war,  zu 
T  entsprechenden  Zeit  die  Berge  mit  rosafarbenem,  ausserordentlich 
ffiisem  Lichte  übergössen  fand.  (In  Partenkirchen  im  bairischen  Hoch- 
II 'Ic  kann  man  diese  Erscheinung  am  Zugspitzgebirge  aufs  Pracht- 
•llste  beobachten,  während  die  grosse  Wand  des  Wetterstein  für  das 
Hchglühen  am  Abend  ausserordentlich  günstig  liegt.)  Die  rosa  und 
irpurnen  Töne  sind  des  Morgens  vorherrschend,  während  die  feurigeren 
ntfn,  das  Orange  und  das  Kote,  wie  man  es  des  Abends  beobachtet, 
it  sparsamer  vertreten  sind,  und  gewiss  mit  vollem  Rechte  als  Vor- 
»t^n  schlechten  Wetters  betrachtet  werden," 


§76  Physik  der  Atmosphäre. 

Amsler  will  diese  Erscheinung  in  anderer  Weise  erklären.  Reii 
Sonnenuntergang  an  klaren  Abenden  entsteht  eine  heftige  Strahliin 
der  Erde,  so  dass  sich  die  untere  Luft  schnell  abkühlt.  Es  bildet  sie 
eine  starke  Temperaturinversion  aus,  welche  eine  Art  Kimmung  zu  Folt: 
hat.  Die  Sonne,  welche  schon  unter  den  Horizont  gesunken  war,  ersehe! i 
dann  wieder.  Diese  Wahrnehmung  soll  nicht  selten  in  den  Alpo 
gegenden  gemacht  werden.  Amsler  giebt  sogar  an,  er  habe  von  Ei^l 
aus  die  Sonne  nach  ihrem  Untergang  zweimal  wieder  auftauchen  im 
untergehen  gesehen.  Das  Nachglühen  der  Alpen  sollte  von  der  direkt^ 
Beleuchtung  durch  die  wiederauftauchende  Sonne  herrühren. 

Da  nun  das  erste  Purpurlicht  etwa  15 — 40  Minuten  nach  dem  asti* 
nomischen  Sonnenuntergang  eintritt,  ist  es  leicht,  die  ältere  Theorie  / 
prüfen.  Diejenige  von  Amsler  könnte  durch  Beobachtungen  über  dn 
gleichzeitige  Wiederauftauchen  der  Sonne  und  Eintreten  von  Nachglüht 
geprüft  werden.  Die  v.  Bezoldsche  Schilderung  des  Nachglühe] i 
ebenso  wie  die  Messungen  von  R.  Wolf,  sind  nicht  für  die  Amslerscli 
Theorie  günstig. 

Die  Intensität  des  Himmelslichtes.  Während  das  von  di 
Atmosphäre  durchgelassene  Licht,  wie  die  oben  angeführten  Messung  ( 
von  Abney  und  Langley  zeigen,  prozentisch  viel  weniger  blaue  Strahlt 
enthält  als  das  ungeschwächte  Sonnenlicht,  muss  natürlich  das  umC' 
kehrte  für  das  diffus  reflektierte  Himmelslicht  gelten.  Dies  ist  au 
der  Grund  der  blauen  Farbe  des  diffusen  Himmelslichtes. 

Zum  Verständnis  des  blauen  Himmels  versuchte  man  erst  physiolc 
gische  Erklärungsgründe  herbeizuziehen.  Ein  Teil  Wahrheit  liegt  diesi 
Versuchen  zu  Grunde,  indem  das  Auge  für  schwache  Lichteindrücl< 
bei  blauen  Tönen  empfindlicher  als  bei  roten  Tönen  ist.  Deshalb  habei 
die  vom  Mondlicht  beleuchteten  Gegenstände  einen  bläulichen  Ton,  wa' 
auch  auf  Gemälden  stark'  hervorgehoben  wird.  Dies  ist  der  Fal 
obwohl  das  Mondlicht  nicht  bläulich,  sondern  gelblich  gefärbt  ist 
Langley,  der  dies  untersucht  hat,  vergleicht  den  Farbenton  der  Mond 
Oberfläche  mit  derjenigen  von  gelbem  Sandstein. 

Dieser  physiologische  Umstand  bedingt  jedoch  nur  einen  äusserst  üv 
ringen  Teil  der  Blaufärbung  des  Himmels  und  die  unvergleichlich  wir!; 
samste  Ursache  der  blauen  Farbe  des  Himmels  ist  in  Lord  Ray]  eigii 
Theorie  zu  finden.  Die  erste  Beobachtung,  welche  zu  dieser  Theoii 
führte,  wurde  von  Forbes  gemacht,  welcher  sah,  wie  die  Sonne  durcl 
einen  Dampfstrahl  dicht  über  dem  Sicherheitsventil  eines  Dampf- 
kessels gesehen,  stark  rot  gefärbt  erschien.    Gesehen  durch  den  Teil  d» 


I 


I 


XV.  Meteorologische  Optik.  877 


Dampfstrahls,  in  welchem  grössere  Wassertropfen  vorkamen,  erschien 
Sonne  weisslich.  Tyndall  verbesserte  diese  Beobachtung,  indem  er 
aktinischen  Wolken  studierte.  In  jüngster  Zeit  hat  Pernter  eine 
■^('hr  eingehende  experimentelle  Untersuchung  über  diesen  Gegenstand 
insgeführt,  wobei  er  das  Rayleighsche  Gesetz  prüfte.  Er  benutzte 
Ijiiiilsionen,  die  er  durch  Eingiessen  von  alkoholischen  Lösungen  von 
Mastix  in  Wasser  bereitete.  Diese  Emulsionen  wurden  beim  Stehen  weiss- 
icher (nach  48  Stunden).  Durch  Veränderung  der  zugesetzten  Mastix-  und 
A.lkoholraenge  konnte  er  Emulsionen  von  verschiedenen  Farben,  von 
'pfblau  bis  milchweiss,  erhalten.     Die  Emulsion  befand  sich  in  einem 

!  strog  und  wurde  mittelst  einer  elektrischen  Lampe  von  vorn  beleuchtet. 

-  Licht  durchstrich  vorher  einen  Prismensatz,  wobei  verschiedene  Farben 
ii 'geblendet  werden  konnten.  Das  zur  Seite  ausgestrahlte  Licht  wurde 
nit  einem  Polarimeter  von  Cornu  untersucht.  Die  Polarisation  zeigte 
-ich  nun  um  so  geringer,  je  milchiger  die  Emulsion  erschien,  d.  h.  je 
rrnsser  die  reflektierenden  Teile  waren.  Bei  schön  blauen  Emulsionen 
.var  das  Grün  am  stärksten,  das  Rot  am  wenigsten  polarisiert.  Dasselbe 
:\\t  für  das  Himmelslicht.  Bei  stark  weisslichen  Tönen  ist  das  Rot 
1111  stärksten,  das  Blau  am  wenigsten  polarisiert.  In  diesem  Fall  sind 
iie  reflektierenden  Teilchen  noch  klein  gegen  die  Wellenlänge  des  roten 
Lichtes,  dagegen  verhältnismässig  gross  gegen  diejenige  des  blauen.  Erst 
Vi  im  die  trübenden  Teilchen  im  Verhältnis  zur  Wellenlänge  des  Lichtes 
^If'in  sind,  ist  die  Rayleighsche  Theorie  anwendbar,  und  dann  ist  alles 
Aclii  vollkommen  polarisiert.  In  Wirklichkeit  ist  dies  nie  erfüllt,  und  die 
■starke  des  diffus  reflektierten  Lichtes  ist  infolgedessen  nicht   streng  der 

rten  Potenz  der  Wellenlänge  umgekehrt  proportional. 
Zum  Studium  des  Himmelslichtes  hat  Crova  ein  Spektrophotometer 

lutzt.  Zwei  Spektra,  das  eine  von  dem  Lichte  eines  Punktes  des 
liinmels,  das  andere  von  einem  Carcelbrenner  herrührend,  erschienen  im 

ktroskop  gleichzeitig  übereinander.  Durch  Drehung  eines  von  zwei 
Ml  ols,  die  in  den  Weg  des  künstlichen  Lichtes  geschaltet  waren,  konnte 
r  dasselbe  beliebig  abschwächen,  bis  die  Helligkeit  einer  bestimmten 
i'arbe  in  den  beiden  Spektra  gleich  war.  In  derselben  Weise  konnte 
;r  direktes  (abgeschwächtes)  Sonnenlicht  mit  dem  Licht  der  Lampe 
ergleichen.  So  konnte  er  alle  Beobachtungen  auf  die  relative  Stärke 
tes  Sonnenlichtes  in  verschiedenen  Teilen  des  Spektrums  reduzieren, 
üinige  ähnliche  Messungen  waren  schon  in  England  von  Lord  Rayleigh 
ind  in  Potsdam  von  Vogel  ausgeführt  worden.  Crova  setzte  die 
lelativzahl  für  2  ==  0,565  fc  gleich  1  und  erhielt  so  für  die  Stärke  des 


g78  Physik  der  Atmosphäre. 

Himmelslichtes    vom  Zenith   im  Vergleich    zum    Sonnenlicht    folgen« 
Zahlen  (vgl.  S.  501): 

X  0,635     0,600     0,565     0,530     0,510 


(0,565:2)4 

0,627 

0,786 

1,000 

1,281 

1,500 

England  (Kayleigh) 

0,586 

0,786 

1,000 

1,303 

1,51') 

Potsdam  (Vogel) 

0,630 

0,760 

1,000 

1,260 

1,460 

Montpellier  Jan.  1890 

0,491 

0,702 

1,000 

1,360 

1,80(1 

Mittel  1890 

1 

— 

0,713 

1,000 

1,300 

— 

Mont  Ventoux  3.  Sept. 

1890 

0,421 

0,662 

1,000 

1,320 

2,074 

3.  Aug. 

1890 

0,737 

0,824 

1,000 

1,120 

1,302 

Die  Beobachtung  von  Lord  Kayleigh  stimmt  recht  gut  mit  dej 
Theorie  überein.  Man  kann  indessen  Fälle  auffinden,  in  welchen  di» 
Blau  des  Himmels  weniger  ausgeprägt  ist,  als  die  Theorie  verlaiii; 
z.  B.  in  Potsdam  und  noch  mehr  in  den  Ziffern  von  Mont  Ventoux  voi 
3.  Aug.  1890.  Diese  Daten  waren  absichtlich  an  einem  Tage  aufgenommii 
an  dem  das  Himmelslicht  sehr  blass  erschien.  Das  andere  Extrci 
findet  man  repräsentiert  in  der  Beobachtung  vom  Mont  Ventoux  vtn 
3.  Sept.  1890,  an  welchem  Tag  der  Himmel  äusserst  rein  blau  waj 
In  derselben  Richtung  bewegen  sich  die  Ziffern  vom  Jan.  1890,  di' 
in  Montpellier  gewonnen  sind.  Diese  Abweichung  von  den  Forde 
Hingen  der  Theorie  glaubt  Crova  darauf  zurückführen  zu  könne i 
dass  die  reflektierenden  Partikelchen  nicht  alle  gleich  gross  sind,  um 
dass  an  den  sehr  klaren  Tagen  die  sehr  kleinen  Partikelchen  Übergewicli 
haben,  an  den  Tagen  mit  blassem  Himmel  dagegen  die  gröberen. 

Das  reinste  Himmelsblau  zeigt  (in  Montpellier)  der  Winter,  be 
sonders  Januar,  fast  ebenso  rein  Herbst  und  Frühling,  der  Somnn 
hat  einen  weisseren  Himmel.  Der  Unterschied  ist  jedoch  nicht  sehr  gro--^ 
Am  Morgen  ist  der  Himmel  am  reinsten,  danach  am  Abend,  zu 
Mittagszeit  ist  er  mehr  weisslich. 

Mit  Hilfe  des  oben  beschriebenen  Photometers  hat  L.  Weber  di 
Stärke  der  Tageshelle  zu  verschiedenen  Jahreszeiten  mit  derjenigen  eine 
in  bestimmter  Weise  beleuchteten  Milchglastafel  verglichen.  Er  fam 
auf  diese  Weise,  dass  in  Kiel  die  mittlere  Tageshelle  der  Sommer 
Sonnenwendezeit  (am  Mittag)  elf  mal  heller  ist  als  die  der  Wintersonnen 
Wendezeit. 

Irrlichter  oder  Irrwische.  Unter  diesen  Namen  versteht  mai 
eigentümliche  kleine  Flammen ,  welche  besonders  über  sumpfigen  Stellei 

I 


XV.  Meteorologische  Optik.  879 


■cheinen.  Viele  haben  Zweifel  über  das  Vorkommen  dieser  Er- 
swieinung  geäussert,  jedoch  giebt  es  so  viele  gut  verbürgte  Mitteilungen 
über  ihr  Auftreten,  dass  man  wohl  ihre  Realität  zugeben  muss.  Müller- 
Brzbach  hat  vor  Kurzem  die  betreffenden  Angaben  gesammelt.  Eine 
der  sichersten  älteren  Beobachtungen  ist  diejenige  von  Bessel,  welcher 
am  2.  Dezember  1807  früh  morgens  bei  vollkommener  Dunkelheit  und 
regnerischem  Wetter  einige  hunderte  solche  Flämmchen  beobachtete. 
Bessel  sass  in  einem  Boot  und  sah  die  Flämmchen  in  etwa  20  Schritt 
Entfernung  über  einem  ausgegrabenen  Moorgrunde,  der  teilweise  mit 
Wasser  bedeckt  war,  aufsteigen.  Sie  hatten  eine  bläuliche  an  diejenige 
«l<r  Wasserstoffflamme  erinnernde  Farbe  von  äusserst  geringer  Licht- 
stärke, indem  sie  den  Boden  nicht  erleuchteten.  Sie  brannten  etwa 
15  Sekunden  und  einige  derselben  schienen  sich  gruppenweise  seitwärts 
zu  verschieben.  Diese  Verschiebung  wird  meist  als  nur  scheinbar  an- 
gesehen und  soll  darauf  beruhen,  dass  einige  Flämmchen  von  unten 
nach  oben  verlöschen ,  während  neue  Flämmchen  in  der  Nachbarschaft 
auftauchen.     Diese  Irrlichter  wurden  bei  Bremen  beobachtet. 

Diese  kleine  Flämmchen,  die  oft  nur  Kerzenflammengrösse  besitzen, 
kommen  meist  in  grosser  Menge  gleichzeitig  vor.  Bisweilen  beobachtet 
man  grössere  (meterhohe)  Flammen,  die  dann  vereinzelt  oder  in  geringer 
Zahl  vorkommen.  Tschudi  sah  über  einem  Sumpf  in  Brasilien  an 
einem  regnerischen  Dezemberabend  ein  rotgelbes,  einer  Pechfackel 
ähnelndes,  15  Minuten  dauerndes  Licht,  das  von  mehreren,  bald  er- 
löschenden, bald  wieder  auftauchenden  kleinen  Flämmchen  umgeben  war. 
A.  V.  Humboldt  erzählt,  dass  in  Cumana,  Venezuela,  grössere  in  weiter 
Ihitfernung  bei  Nacht  sichtbare  Flammen  häufig  auf  den  Wiesen  be- 
obachtet wurden,  welche  jedoch  das  dürre  Gras  nicht  anzuzünden  ver- 
mochten. In  den  meisten  Fällen  scheinen  sie  keine  merkliche  Wärme 
ii')ch  Geruch  zu  entwickeln.  So  z.  B.  steckte  List  seine  Hand  in  eine 
[rrlichtflamme  im  Fuldathal,  ohne  Wärme  zu  fühlen,  Brakenhoff 
wollte  eine  Irrlichtflamme  auf  einem  Moor  in  Oldenburg  mit  der  Hand 
-reifen,  sie  erlosch  dabei,  er  fühlte  keine  Wärme.  Knorr,  später  Pro- 
>ov  der  Physik  in  Kiew,  beobachtete  auf  einer  feuchten  Wiese  an  der 
r> Ister  mehrere  Irrlichter.  In  einer  derselben,  eine  aussen  violette,  innen 
sehwach  gelbe  Flamme  von  1,5  Zoll  Breite  und  5  Zoll  Höhe,  Hess  er 
während  einer  Viertelstunde  den  messingenen  Beschlag  seines  Stockes 
hineinragen,  der  jedoch  dadurch  nicht  erwärmt  wurde.  Dagegen  gelang 
Filopanti,  der  ein  Stück  Werg  mit  seinem  Stock  in  eine  über  10  cm 
ite,  schwach  rauchende  Irrlichtflamme  in  der  Nähe  von  Bologna  hin- 


880  Physik  der  Atmosphäre. 

einsteckte,   dasselbe  zu   entzünden.     Diese   Beobachtung    scheint    rec 
alleinstehend  zu  sein. 

Da  es  Gase,  z.  B.  ein  Phosphorvvasserstoffgas,  giebt,  welche  sich  bei 
Entweichen  in  der  Luft  von  selbst  entzünden,  glaubte  man  früher,  da? 
die  Irrlichter  durch  Phosphorwasserstoff  enthaltende  Gase,  die  von  vei 
modernden  organischen  Körpern  herrührten,  verursacht  seien.  Gegen  di- 
Ansicht  streitet  die  Geruchlosigkeit,  die  Abwesenheit  von  festen  V» 
brennungsprodukten  und  der  Mangel  an  Wärmeentwickelung,  da  Pho- 
phorwasserstoff  stark  riecht  und  einen  dicken  Rauch  von  Phosphorsäm 
unter  starker  Wärmeentwickelung  abgiebt.  In  vielen  Beziehungen  ähnel 
die  Irrlichter  den  Elmsfeuern,  die  auch  weder  Wärme  noch  Rauch  geber 
dagegen  nach  Ozon  riechen.  Ausserdem  sind  die  Irrlichter  in  Deutsch 
land  am  häufigsten  im  Winter  und  bei  Niederschlag  ganz  wie  das  EIiii^ 
feuer  (vgl.  S.  585  u.  587).  Häufig  werden  sie  auch  an  gewitterreichi 
Tagen  beobachtet.  Obwohl  einige  Beobachter,  wie  Brakenhoff,  di 
bald  nach  Irrlichtern  Elmsfeuer  gesehen  haben,  sie  ganz  andersartig  fände i 
hält  sich  daher  bei  Vielen  die  Ansicht,  dass  die  Irrlichter  eine  Elmsfeuer 
erscheinung  auf  flacher  Erde  seien.  Die  Irrlichter  scheinen  zufolge  de 
fortschreitenden  Drainierung  des  Bodens  seltener  zu  werden. 


1 


XVI.  Atmosphärische  Elektrizität. 

Methoden.  Durch  die  Untersuchungen  Franklins  und  seiner 
vuhfolger  war  es  erwiesen,  dass  ein  mit  Spitzen  versehener  Drachen 
'Elektrizität  aus  den  Wolken  ansammelt.  Es  zeigte  sich  bald  bei  ähn- 
ichen  Versuchen,  dass  die  Anwesenheit  von  Wolken  gar  nicht  nötig 
viir,  man  sammelte  folglich  Elektrizität  aus  der  Luft  auf.  Man  richtete 
irh  zum  Studium  dieser  Erscheinung  erst  so  ein,  dass  man  am  unteren 
Mide  einer  isolierten  Blitzableiterstange  ohne  Erdleitung  ein  Elektroskop 
inbrachte.  Zur  Verhütung  von  Unglücksfällen  war  dieses  Ende  mit  einer 
üigel  versehen,  der  in  geringer  Entfernung  eine  andere  zur  Erde  ab- 
'"itete  Kugel  gegenüber  stand,  so  dass  starke  Ladungen  zur  Erde 
igehen  konnten. 

Bald  fand  man,   dass   die  Wirkung   der  Blitzableiterspitzen   ziem- 

'i   unregelmässig  ist.     Man   ging   dann  zu  folgender  Beobachtungs- 

^i'thode  über,  welche  von  Lamont,  Dellmann,  Peltier  und  Quetelet 

nutzt  wurde.    Eine  auf  einer  isolierenden  Stange  befestigte  Hohlkugel 

-  Metall   wurde   in   die  Höhe   gehoben   (gewöhnlich   über   das   Dach 

is  Beobachtungshauses).     Wenn ,  sie    eine    bestimmte  Höhe    erreicht 

'tte,    wurde    sie    mittelst   eines  Metalldrahtes    kurze   Zeit    zur    Erde 

geleitet,    dann    in   isoliertem  Zustand    in    das    Beobachtungszimmer 

I inuntergebracht  und   mit   einem  Elektrometer  in  Verbindung  gesetzt. 

'  V  Ausschlag  des  Elektrometers  war  der  Ladung  der  Kugel  proportional. 

Wie  wir  unten  sehen  werden,   ist  die  Erdoberfläche  mit  negativer 

Icktrizität  geladen.    Die  Kugel  kann  während  ihrer  Ableitung  zur  Erde 

eine  auf  derselben  angebrachte  Spitze  angesehen  werden,  auf  welcher 

Elektrizität  sich  vorzugsweise  ansammelt.    Die  Ladung  der  Kugel 

r  der  Dichte  (fi)  der  Ladung  der  Erde  proportional,  welche  nach  der 

Ziehung: 

1  dV 

"  4.7r  dn 

|iem  Potentialfall  d  Vjdn  der  Elektrizität  in   der  Luft  proportional   ist; 

A  rrheniu  s  ,  Kosmische  Pliysik.  56 


882  Physik  der  Atmosphäre. 

Es  ist  eigentlich  dieser  Potentialfall  (Zunahme  des  Potentials  ii 
Volt  pr.  Meter  Höhe),  den  man  bei  luftelektrischen  Messungen  zu  bestinii 
men  sucht.  Wenn  man  in  der  letzten  Formel  n  in  elektrostatischer! 
Einheiten  pr.  cm^  zählt,  so  muss  man  das  Potential  in  den  entsprechendeil 
Einheiten  (jede  gleich  300  Volt)  und  die  Höhe  n  in  cm.  rechnen. 

Beobachtet  man  nicht  an  der  Erdoberfläche,  sondern  höher  ii 
der  Luft,  so  hat  man  unter  ^i  die  Elektrizitätsmenge  zu  verstehcii 
welche  in  einer  vertikalen  und  von  dem  Beobachtungspunkte  bis  zu 
Erdoberfläche  reichenden,  die  Erdoberfläche  einschliessenden  Säule  vtn 
1  cm'-^  Querschnitt  sich  befindet.  Steigt  demnach  dVjdn  mit  der  Höh(j 
so  ist  fi  grösser  als  an  der  Erdoberfläche,  d.  h.  über  der  Erdoberflächj 
befindet  sich  ebenso  wie  auf  ihr  selbst  eine  negative  Ladung.  Nimm! 
dagegen  dVjdn  mit  zunehmender  Höhe  ab,  so  enthält  die  Luft  unto 
dem  Beobachtungspunkt  positive  Elektrizitätsmengen.  Wenn  man  al- 
d  Vjdn  auf  verschiedenen  Höhen  bestimmt,  so  kann  man  die  elektriscli 
Ladung  sowohl  der  Erdoberfläche  als  auch  der  Luft  in  verschieden^ 
Höhe  ermitteln. 

Zur  Auswertung  der  Zunahme  c?  F/c?w  des  Potentials  mit  der  Höhe,  miis 
man  das  Potential  an  einem  bestimmten  Punkt  in  der  Luft  messo 
können.  Zunächst  haben  Spitzen,  obgleich  in  sehr  unvollkommeneiij 
Grade,  die  Eigenschaft  durch  Ausströmung  von  Elektrizität  (annähernd 
das  Potential  der  umgebenden  Luft  anzunehmen.  Viel  besser  funktio 
niert  eine  Flamme  (Volta),  z.B.  die  einer  gewöhnlichen  Stearinkerze,  welcli 
Elektrizität  aus  ihrer  Spitze  ausströmen  lässt,  bis  dieselbe  das  Potentin 
der  Umgebung  angenommen  hat.  In  ähnlicher  Weise,  aber  wenio- 
sicher  wirkt  eine  rauchende  Lunte.  Da  ein  Licht  leicht  durch  dci 
Wind  gelöscht  wird,  hat  man  in  jüngster  Zeit  diese  Vorrichtungen  raij 
gutem  Erfolg  durch  in  Lösungen  von  radioactiven  Substanzen  (Uraj 
nium,  Radium,  Polonium)  getränktes  Papier  ersetzt.  Exner  giebt  ar^ 
dass  auf  diese  Weise  präpariertes  Polonium-Papier  seine  Empfindlichkci 
mehrere  Monate  hindurch  erhält. 

Diese  letzten  Einrichtungen  sind  bei  transportablen  Apparaten  soll 
brauchbar.  Bei  festen  Stationen  kann  man  den  Wasserkollektor  voi 
Lord  Kelvin  benutzen.  Dieser  besteht  aus  einer  mit  einer  Ausfluss 
Öffnung  versehenen  wassergefüllten  Flasche.  Der  ausfliessende  Wasser 
strahl  zerreisst  an  einem  bestimmten  Punkt  in  kleine  Tropfen,  die  >< 
lange  Elektrizität  mitführen,  bis  das  Potential  des  Gefässes  gleich  dem 
jenigen  der  umgebenden  Luft  an  der  Zerreissungsstelle  des  Wasser 
Strahles  geworden  ist. 


I 


XVI.  Atmosphärische  Elektrizität. 


883 


Man  kann  nach  einer  der  angegebenen  Methoden  einem  Körper 
das  Potential  der  Luft  an  einer  bestimmten  Stelle  erteilen.  Setzt  man 
diesen  Körper  in  leitende  Verbindung  mit  einem  Elektrometer,  so  kann 
man  folglich  das  Potential  an  dem  gegebenen  Punkte  ausmessen. 

Als  Elektrometer  benutzte  man  früher  ein  Modell  von  Dell- 
111  anu,  in  neuerer  Zeit  sind  das  Thomson -Mascart sehe  Instru- 
ment für  genauere  Beobachtungen,  das  Elektrometer  von  Exner  bei 
Beobachtungen  auf  Reisen,  am  meisten  gebräuchlich.  Beim  Exner- 
schen  Elektrometer  (Fig.  268)  wird  der  Ausschlag  zweier  Aluminium- 
Blättchen  b  beobachtet,  die  an  den  vertikalen  Metallstreifen  s  geklebt 
Mild,  s  trägt  den  Metallknopf  Z;  das  ganze  ist  von  einem  zur  Erde  ab- 
leiteten cylindrischen  Metallgehäuse  if  um- 
-'•ben.  s  ist  oben  (oder  in  neueren  Instru- 
menten unten)  vermittelst  eines  guten  Iso- 
lationsmittels (am  besten  Bernstein)  in  31 
•■ingesetzt.  Wenn  das  Instrument  nicht  benutzt 
wird ,  schiebt  man  die  Metallbacken  DD  zum 
Schutze  der  Blättchen  bb  hinein.  Am  Gehäuse 
-1/  ist  ein  mit  Klemmschraube  L  versehener 
Metallansatz  und  darin  ein  Stab  zum  Auf- 
stellen des  Instruments  angebracht.  Die 
fisernen  Seitenplatten  des  Cylinders  sind  zum 
mössten  Teil  mit  Stanniol  beklebt.  Auf  der 
'inen  ist  der  Platz  für  eine  eingravierte  Skala 
freigelassen,  an  der  man  den  Ausschlag  der 
l)lättchen  abliest.  Eine  empirisch  entworfene  Tabelle  giebt  das  einem 
■stimmten  Skalenteile  entsprechende  Potential  an. 

Bisher  herrschte  grosser  Mangel  an  luftelektrischen  Messungen,  weil 
an  einem  registrierenden  Elektrometer  fehlte.    Diese  Lücke  ist  jetzt 
\on  Benndorf  ausgefüllt   worden.     Fig.  269   zeigt   das   von  ihm  kon- 
gruierte selbstregistrierende  Elektrometer,  welches  in  letzter  Zeit  schnell 
l^i ingang  in  geophysische  Institute  gefunden  hat. 

Rechts  sieht  man  eine  Uhr  U,  welche  alle  10  Minuten  einen  Kon- 
takt in  der  Leitung  von  den  unten  stehenden  Lecl  an  che -Elementen  L 
sfhliesst.  Der  Strom  geht  durch  eine  elektromagnetische  Drahtspule 
iiiterhalb  S),  welche  einen  Anker  A  anzieht,  der  einen  in  dem  Elektro- 
meter E  befindlichen  mit  der  Elektrometernadel  verbundenen  Zeiger  Z 
"i^'en  einen  Papierstreifen  P  drückt.  Während  des  Stromschlusses,  der 
'wa5  Sekunden  dauert,  macht  Z  eine  Marke  auf  dem  Papierstreifen. 

56* 


Fig.  268. 


884 


Physik  der  Atmosphäre. 


Wenn  der  Kontakt  aufgehoben  ist,  schiebt  der  Anker  Ä  den  Papierstreifen  /'. 
welcher  sich  allmählich  von  der  KoUe  R  abwickelt,  ein  Stück  weiter. 
Das  Elektrometer  E  ist  ein  gewöhnliches  Quadrantenelektrometer  mii 
bifilar  aufgehängter  Nadel,  die  durch  ein  in  die  freie  Luft  hinaus- 
ragendes Eadiumpräpa- 
rat  das  Potential  der  Luft 
annimmt.  Die  Quadran- 
ten werden  mit  ein( 
Batterie  von  Kalomel- 
elementen,  die  keinon 
merklichenTemperatur- 
U  koefficienten  besitzen, 
geladen.  Die  Elektro- 
meternadel macht  einen 
grössten  Ausschlag  von 
etwa  45  mm  nach  jeder 
Seite.  Durch  Verschie- 
bung der  Bifilarauf- 
hängung,  sowie  durcli 
Änderung  der  Anzahl  i 
der  Kalomelelemente ' 
kann  die  Empfindlichkeit 
nach  Belieben  geändert 
werden. 

Eigentlich  sollte  man 
das  Potentialgefälle  nur 
über  glattem  Erdboden 
bestimmen.  Um  Häuser. 
Bäume,  Bergspitzen 
u.  s.  w.  nehmen  die  Po- 
Fig-  269.  tentialflächen  (vgl.  Fip-. 

270)  einen  sehr  unregel- 
mässigen Verlauf  an,  so  dass  es  unmöglich  ist,  den  Absolutwert  (L 
Potentialfalles  pro  Meter  in  der  Nähe  solcher  Gegenstände  zu  bestimmen. 
Zur  Bestimmung  von  Relativwerten  sind  dagegen  solche  Punkte  sehr 
wohl  verwendbar.  Der  Potentialunterschied  zwischen  einem  solchen  Punkt 
und  der  Erde  ist  nämlich  dem  gleichzeitigen  Potentialfall  pro  m  propor- 
tional. Man  bestimmt  also  ein(oder  zur  Kontrole  einige)mal  den  abso- 
luten Betrag  des  Potentialfalles  auf  offenem  Felde  und  gleichzeitig  das 


l 


I 


XVI.  Atmosphärische  Elektrizität. 


885 


Potential  an  einem  bestimmten  Punkte  der  Beobachtungsstation,  wobei 
hsjenige  der  Erde  wie  gewöhnlich,  gleich  Null  gesetzt  wird.  Daraus 
rechnet  sich  der  Korrektionsfaktor,  mit  dessen  Hilfe  man  eine  Be- 
stimmung des  Potentiales  an  diesem  Punkt  in  eine  des  Potentialfalles 
zur  selben  Zeit  umrechnen  kann.  Gewöhnlich  wählt  man  als  solchen 
Punkt  einen  Platz  vor  einem  Fenster,  wo  der  Kollektor  eine  genau  fixierte 
Lage  hat.  Bisweilen  nimmt  man  zur  Vermeidung  von  Extremwerten 
luohrere  solche  Punkte  längs  eines  horizontalen  nichtleitenden  Stabes. 
In  letzter  Zeit  haben  die  Beobachtungen  des  Potentialfalles  bei 
i.uftschifffahrten  grosses  Interesse  erregt.  In  diesem  Fall  hat  man 
nicht  wie  bei  gewöhnlichen  Beobachtungen  die  Möglichkeit,  das  Poten-- 
tial  der  Erde  zum  Vergleich  (Nullpunkt)  zu  nehmen.  Man  benutzt  daher 
zwei  Kollektoren,  die  in  bestimmter  vertikaler  Entfernung  ih)  von  ein- 


Fig.  270. 

ander  aufgehängt  sind,  und  beobachtet  die  Potentialdififerenz  ( F)  zwischen 
diesen.  Der  Quotient  V:h  ist  m  diesem  Fall  der  Wert  des  Potential- 
falles. Auch  hat  man  Einrichtungen  getroffen,  dass  h  leicht  verändert 
werden  kann.  Man  hat  vielfach  Befürchtungen  geäussert,  dass  der 
Ballon  eine  ähnliche  störende  Kolle  spielt  wie  die  Erhebungen  am 
Boden,  oder  sogar  durch  Eigenladungen  (durch  unvermeidliche  Reibungen 
des  seidenen  Ballonstoffes)  oder  mangelhafte  Isolation  die  Beobach- 
tungen unsicher  macht.  Durch  Kontroiproben  mit  Kollektoren,  die  in 
verschiedener  Entfernung  vom  Ballon  und  in  horizontaler  Richtung  von 
der  Gondel  angebracht  waren,  sowie  Isolationsproben  ist  man  jedoch  zu 
der  Ansicht  gelangt,  dass  diese  Störungen  vernachlässigt  werden  können 
(Tuma).  In  jüngster  Zeit  sind  wiederum  die  Beobachtungen  im  Ballon 
wegen  der  Leitfähigkeit  der  Luft  angezweifelt  worden  (vgl.  S.  901). 

Geographische  Verteilung   der  Luftelektrizität.    Man   hat 
auf  diese  Weise  eine  grosse  Menge  von  Beobachtungsmaterial  gesammelt. 


§§ß  Physik  der  Atmosphäre. 

wovon  leider  das  ältere  nur  aus  Relativzahlen  besteht.  Es  sind  eigentlich 
nur  die  Reiseheobachtungen  von  Elster  undGeitel,  sowie  Exn er  und 
seinen  Schülern,  denen  man  die  noch  unvollständigen  Kenntnisse  über 
den  Potentialfall  an  verschiedenen  Punkten  der  Erdoberfläche  zu  ver- 
danken hat. 

Für  Wolfenbüttel  fanden  Elster  und  G eitel  Werte  des  Potential- 
falles (in  Volt  pr.  Meter),  welche  zwischen  80  im  Sommer  und  400— 50(1 
im  Winter  liegen.  Die  Werte  sind  nur  bei  reinem  Himmel  beobachtet. 
Wolken  üben  eine  sehr  störende  Einwirkung  aus.  Bei  wolkenbedeckteii) 
Himmel  kornmt  es  vor,  dass  das  Potential  anstatt  wie  bei  schönem  Wetter 
•mit  der  Höhe  zu  steigen,  einen  umgekehrten  Gang  zeig-t,  und  häufig 
springt  der  Potentialfall  bei  solchen  Gelegenheiten  von  ausserordentlich 
grossen  negativen  zu  ebenso  grossen  positiven  Werten  über  oder  um- 
gekehrt. 

Die  Störung  durch  Wolken  ist  am  grössten  bei  Schnee  und  Regen- 
fällen, besonders  bei  Gewitterregen.  Ebenso  störend  wirken  Rauch  und 
Staub,  besonders  Wasserstaub  von  Wasserfällen,  welcher  häufig  starl\ 
negative  Luftelektrizität,  d.  h.  Abnahme  des  Potentials  nach  der  Höhe 
verursacht  (Lenard). 

Bei  nebligem  Wetter  beobachtet  man  häufig  sehr  starke  positive 
Luftelektrizität. 

Elster  und  Geitel  fanden  bei  schönem  Wetter,  dass  die  Luft- 
elektrizität mit  steigender  Durchsichtigkeit  der  Luft  abnimmt.  Ist  e  die 
Entfernung  in  Kilometern,  in  welcher  noch  ein  bestimmter  Gegenstand 
sichtbar  war,  so  fand  folgender  Zusammenhang  statt: 

e  =  0,67       1,75      5,25       16,67  km 
dV\dn=^l%       298       122         141  V/m. 

Exn  er  fand  bei  schönem  Wetter  für  eine  Beobachtungsstation  auf 
Ceylon  57  Volt  pr.  m  im  Januar  und  Februar,  für  Luxor  in  Ober- 
ägypten im  Monat  März  128  Volt  pr.  m.  Gockel  fand  in  Biskra  für 
den  Monat  März  einen  Wert  von  etwa  105  Volt  pr.  m  und  Benndorf 
für  Tomsk  in  Sibirien  während  des  Monats  Februar  145  Volt  pr.  m,  jedoch 
unter  ungünstigen  äusseren  Umständen.  Bei  Beobachtungen  in  Polar- 
ländern hat  man  sich  häufig  vergeblich  bemüht,  einen  Potentialfall  in 
der  Luft  nachzuweisen.  Dies  beruht  wahrscheinlich  auf  Schwierigkeiten, 
genügende  Isolation  für  den  Kollektor  zu  schaffen;  die  Beobachtungen 
im  Jahre  1882  —  1883  am  Cap  Thordsen  auf  Spitzbergen  und  Cap  Hörn 


I 


XVI.  Atmosphärische  Elektrizität.  887 


igen  ein  ganz  ähnliches  Verhalten  der  Luftelektrizität  wie  an  anderen 
iMobachtungsorten. 

Bei  den  ersten  Versuchen,  die  Grösse  des  Potentialfalles  in  höheren 
Luftschichten  mit  Hilfe  von  Ballons  (Lecher  und  Tuma)  oder  Drachen 
L.  Weher)  zu  ermitteln,  fand  man  eine  Zunahme  mit  der  Höhe. 
Sjiätere  Versuche  in  Ballons  von  Andre,  Börnstein,  Baschin,  Tuma 
und  le  Cadet  ergaben  einstimmig  eine  Ahnahme  des  Potentialfalles 
iiiit  steigender  Höhe.  So  z.  B.  fand  le  Cadet  (am  11.  Sept.  1897)  den 
rotentialfall  in  4000  m  Höhe  11  mal,  in  1150  m  Höhe  3,5  mal  Meiner 
als  an  der  Erdoberfläche  (150  Volt  pr.  m).  Ein  anderes  mal  (Sept.  1893) 
fand  er  folgende  Potentialgefälle  in  Volt  pr.  m: 

Höhe  =   0        1000        4200  m 
dVjdh  =120        39  11  V/m.  ' 

l>örnstein   und  Baschin   fanden  bei  ihren  Aufstiegen  das  Potential- 
■jcfälle   in  3000  m  Höhe   oder  mehr  so  gering,   dass  es  nicht  gemessen 
werden  konnte. 
I|r    Aus   diesen  Beobachtungen   scheint  hervorzugehen,   dass   nicht  nur 
■^e  Erdoberfläche  elektrisch  geladen  ist,   und  zwar  mit  negativer  Elek- 
•  trizität,  sondern  dass  auch  die  Luft  elektrische  Ladungen  enthält,  welche 
in   der  Nähe  der  Erdoberfläche   häufig  negativ  sind,   in   höheren  Luft- 
schichten aber  ein  positives  Zeichen  annehmen.    Diese  positive  Ladung 
der  höheren  Luftschichten   scheint  bei  zunehmender  Höhe  abzunehmen 
und  die  Beobachtungen  über  die  Nordlichter   deuten   an,   dass   in   den 
höchsten  Teilen  der  Atmosphäre  die  Ladung  wiederum  negativ  wird. 

Bei  diesen  Beobachtungen  in  Ballons  wechseln  nicht  selten  die 
Ausschläge  der  Elektrometer  ihre  Grösse  oder  sogar  ihr  Zeichen,  wo- 
durch die  Anwesenheit  von  verschieden  geladenen  übereinander  lagernden 
Luftschichten  angezeigt  wird. 

Tuma  fand  eine  stark  negative  Ladung  in  einem  dichten  Nebel  in 
■grosser  Höhe,  ebenso  beobachtete  Baschin  über  einer  Wolkenbank  in 
3700  m  Höhe  einen  ungewöhnlich  starken  positiven  Potentialfall,  was 
line  bedeutende  negative  Ladung  der  Wolken  zu  bedeuten  hat. 

Ladung  der  Wolken  und  des  Niederschlages.  Schon 
Franklin  fand  bei  seinen  Drachenversuchen,  dass  die  Wolken  meist 
negativ,  bisweilen  auch  positiv  geladen  sind.  Die  Beobachtung  geschah 
so,  dass  man  ein  geladenes  Elektroskop  der  mit  dem  Drachen  ver- 
bundenen leitenden  Schnur  näherte.  Elster  und  Geitel  haben  in 
iH'uerer  Zeit  über  die  Ladung  des  Niederschlages  Versuche  ausgeführt. 


ggg  Physik  der  Atmosphäre. 

Sie  sammelten   den  Niederschlag  in   einem   leitenden   isolierten  Gefä 
auf,  welches  mit  einem  Elektrometer  verhunden  war.    Zum  Schutz  gegci 
die  störende  Einwirkung   des   atmosphärischen  elektrischen  Feldes  wü 
das  Gefäss  von  einer  oder   zwei  Hüllen   umgeben,   die  zur  Erde   abj:^ 
leitet  waren.    Ebenso  waren  Vorkehrungen  getroffen,  um  zu  verhindern 
dass  die  Eegentropfen  gegen  das  Gefäss  spritzten.    Die  Ladung  wurde  iii 
bestimmten  Zeitintervallen  (gewöhnlich  jede  Minute)   ermittelt  und  da-l 
nach  das  Elektrometer  zur  Erde  abgeleitet. 

Die  Niederschläge  zeigen  stark  abwechselnde  Ladungen,  sowohl  posi- 
tive wie  negative;  diese  überwiegen  jedoch,  was  mit  Franklins  Beob- 
achtungen gut  übereinstimmt.  Während  desselben  Regen-  oder  Schnee- 
falls wechselt  nicht  selten  das  Vorzeichen  der  Elektrizität.  Besonders  gilt 
dies  für  Niederschläge  mit  Gewitter,  bei  welchen  auch  ungewöhnlir' 
hohe  Ladungen  anzutreffen  sind. 

Die  oben  erwähnten  Beobachtungen  von  Tuma  und  Baschiii 
führen  zu  demselben  Resultat. 

Jährliche  und  tägliche  Schwankung  der  Luftelektrizität. 
Zur  Ermittelung  dieser  Perioden  können  nicht  nur  die  in  neuerer  Zeit 
ausgeführten  Bestimmungen  von  Absolutwerten,  sondern  auch  die  älteren 
Beobachtungen  der  Relativwerte  verwandt  werden. 

Was  zunächst  die  jährliche  Periode  betrifft,  so  ist  sie  sehr  stark  aus- 
geprägt und  zwar  so,  dass  die  Luftelektrizität  im  Winter  ein  Maximum 
zeigt,  das  gewöhnlich  im  kältesten  Monat  liegt  (Januar  auf  der  nörd- 
lichen, August  auf  der  südlichen  Halbkugel,  wo  Beobachtungen  aus 
Melbourne  in  Australien  und  Cap  Hörn  vorliegen).  Das  Minimum 
liegt  dementsprechend  in  der  wärmsten  Jahreszeit  (Juni  —  Juli  auf  der 
nördlichen,  Februar  — März  auf  der  süblichen  Halbkugel). 

Einen  eigentümlichen  Fall  zeigt  B  ata  via  mit  zwei  Maxima.  Man 
thäte  Unrecht,  diesem  Umstand  grosses  Gewicht  beizulegen,  denn  die 
fünf  ersten  Beobachtungsjahre,  ebenso  einzelne  spätere  Jahre,  geben 
eine  einfache  Periode.  Für  die  Luftelektrizität  gilt  es  ganz  besonders, 
dass  man  vieljährige  Beobachtungsreihen  sammeln  muss,  um  den  Gang 
dieses  Elementes  einigermaassen  genau  festzustellen. 

Der  Betrag  der  Schwankung  ist  (vgl.  die  Tabelle  S.  889)  in  ver- 
schiedenen Reihen  höchst  verschieden.  Als  Mittelwert  für  Europa  kann  wohl 
die  zu  Wolfenbüttel  beobachtete  Schwankung  im  Verhältnis  1 : 4,6  ange- 
sehen werden.  Viel  grössere  Schwankungen  sind  nicht  selten,  beispielsweise 
für  Gent  1:14,5  und  für  Brüssel  1:10;  für  St.  Louis  in  Nord- Amerika 
gilt    nahezu    dieselbe   Zahl    1:4,7    wie    für  Wolfenbüttel.     Niedrigere 


i 


I 


XVI.  Atmosphärische  Elektrizität.  889 


I   verli 


hwankimgen   zeigen  Paris  (1:2,3),   Kreuznach  (1:1,9)  und  Moncalieri 
i :  1,7).    (Die  Ziffern  für  Gent  und  Moncalieri  scheinen  ziemlich  unzu- 
verlässig zu   sein).    Viel   geringer  ist  die  Schwankung   auf  der  in  den 
ern   gelegenen  Bergstation  Sonnblick  (3106  ra  über  dem  Meer),   wo 
7e  Extremwerte  sich  wie  1:1,18  verhalten. 

Mit  diesem  Verhalten  stimmt  gut  üherein,  dass  auch  die  tägliche 
Schwankung  der  Luftelektrizität  an  derselben  Station  gering  ist.  Auf- 
fallend ist  auch  die  Verspätung  des  Maximums  und  Minimums  um  etwa 
zwei  Monate  gegen  ihre  Eintrittszeit  in  der  Ebene. 

Jährliche  Periode  der  Luftelektrizität. 


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500     216     127      25     186     80    58     891      49,7     137     96,6     151     24 
jr.      364      191      116     23    202      68     37     339     52,4      143     86,1     167      18 
164     137       90     22     161     49     21     294     57,0    145     99,8       75     10 


il     100 

115 

65 

26 

153 

41 

9 

138 

49,1 

145 

116,3 

57 

8 

74 

109 

48 

28 

122 

39 

5 

110 

33,6 

141 

94,7 

38 

8 

50 

117 

30 

35 

127 

39 

4 

102 

21,5 

134 

99,5 

29 

8 

63 

113 

27 

35 

137 

36 

18 

123 

16,8 

127 

82,2 

39 

10 

68 

119 

39 

37 

125 

50 

11 

121 

18,8 

121 

95,6 

29 

11 

90 

128 

29 

34 

165 

59 

9 

121 

24.7 

119 

70,6 

38 

10 

162 

148 

69 

31 

132 

65 

23 

188 

27,8 

119 

97,6 

50 

12 

.       298 

178 

94 

26 

173 

73 

54 

260 

33,2 

123 

113,5 

70 

12 

459 

192 

95 

26 

177 

82 

44 

470 

50,3 

130 

108,1 

109 

16 

-el    199 

147 

69 

29 

151 

f^! 

25 

221 

36,2 

132 

96,7 

71 

12 

Die  tägliche  Schwankung  zeigt  zwei  verschiedene  Typen;  den  einen 
igen  einige  Beobachtungsstationen,  wo  der  Gang  des  Potentialfalles  nur 
ine  einfache  Periode  besitzt.  Zu  dieser  Gruppe  gehören  die  hochgelegenen 
Orte,  nämlich  ein  waldbekleidetes  Alpenthal  (St.  Gilgen),  woExner  Zahlen 
gesammelt  hat,  sowie  der  Sonnblick  und  Dodabetta  in  Indien  (2670  m) 
vi^l.  Tabelle  S.  890).    Die   Schwankung   ist   relativ   gering,   mit  einem 
Minimum  früh  am  Morgen  und  einem  Maximum  2—4  Uhr  N.  M.    Bis- 
weilen ist  die  Tagesschwankung  gar  nicht  ausgeprägt  wie  in  Benndorfs 
Beobachtungen  aus  Tomsk  in  Sibirien  und  nach  einigen  auf  Ceylon  und 
dem  indischen  Ocean  ausgeführten  Messungen. 

Ein  wesentlich  anderes   und  verwickelteres  Bild  geben  die  übrigen 
P»''obachtungen  aus  niedrig  liegenden  Stationen,  bei  welchen  der  tägliche 


§90  Physik  der  Atmosphäre. 

Gang  gewöhnlich  eine  doppelte  Periode  zeigt  mit  einem  Maximum  am 
Morgen  kurz  nach  Sonnenaufgang  und  einem  anderen  am  Abend  nach 
dem  Sonnenuntergang.  Die  Minima  fallen  nach  Mittag  in  die  wärmste 
Tageszeit  und  früh  auf  den  Morgen. 

Die  einfache  Periode  zeigt  sich  nur  in  einigen  wenigen  Beobachtungs- 
reihen in  der  Ebene,  wie  Paris  (nach  Mascart)  und  Lissabon.  Die 
doppelte  Periode  ist  in  Brüssel,  Dublin,  Wien,  Triest,  Florenz,  Rom, 
Neapel,  St.  Louis  (Amerika),  zu  Cap  Hörn,  auf  Spitzbergen  und  in  der 
Oase  Biskra,  sowie  in  den  sechs  letzteren  in  der  Tabelle  angeführten 
Orten  beobachtet  worden. 

Tägliche  Periode  der  Luftelektrizität. 

V.M.     0        2        4         6 

Wolfenbüttel 

Winter    .     .     . 

Sommer      .     . 
St.  Gilgen  Juli 

bis  Okt.      .    .  89 
Sonnblick  .     .     , 
Dodabetta      .    . 

Kew      ....     7,9     7,5     7,6      9,5 
Helsingfors  1890 

bis  1896  .  .  36,6  30,1  29,5  35,7  41,3  37,8  38,5  41,6  49,0  51,9  54,2  47^ 
Batavia  .  .  .125,4  110,6  58,3  112,8115,0  53,3  41,7  42,0  51,2104,0149,4142,6 
Moncalieri  .  .  17,4  16,1  16,3  20,6  20,8  19,8  17,5  14,8  15,5  19,5  19,4  19,1 
Perpignan  .  .  33,7  58,5  30,0  35,0  43,6  57,6  37,8  38,0  40,7  47,6  49,6  42,6 
Juli  .  3,2  2,8  2,9  3,4  5,3  4,8  3,4  2,8  3,3  4,5  4,3  3,8" 
Melbourne  j^^        ^,7     2,3     2,4      3,7      3,5    2,2     1,8     1,7     1,7     2,2      2,9     3,0 

Die  tägliche  Schwankung  ist  von  der  Sonne  abhängig.  Dies  geht 
am  deutlichsten  aus  den  Daten  für  Melbourne  hervor,  indem  das  Vor- 
mittagsmaximum im  Sommer  (Jan.)  früher,  das  Nachmittagsmaximum 
dagegen  später  als  im  Winter  (Juli)  eintritt.  Es  hat  danach  den  An- 
schein, als  ob  das  Sinken  der  Luftelektrizität  zur  Mittagszeit  eine  Folge 
der  Sonnenwirkung  wäre.  Diese  Wirkung  bleibt  ja  auch  in  gewissen 
Fällen,  nämlich  auf  den  Berggipfeln,  oder  überhaupt  im  Gebirge  aus. 
Man  kann  sich  das  leicht  so  vorstellen,  dass  ein  Teil  der  nega- 
tiven Erdladung,  denn  eine  solche  muss  man  annehmen,  nachdem 
das  Potentialgefälle  positiv  ist,  durch  die  Sonnenwirkung  zur  Luft  über- 
tragen wird.  Man  nimmt  auch  an,  dass  der  Staub,  welcher  mit  den  | 
aufsteigenden  Luftströmen  bei  Tag  hinaufbefördert  wird,  einen  Teil  der  j 
Ladung  der  Erde  mitschleppt.  Durch  die  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen 
wird  die  Luft  leitend,   so   dass   ein  Teil  der  p]rdladung  auf  den  Sta' 


8   10   12 

2 

4 

6 

8  10  N.M. 

263   327  328 

357 

323 

348 

376  414 

192  148  122 

126 

108 

96 

118  123 

70     84   87 

89 

107 

100 

94   93 

86     86   95 

109 

114 

110 

104  — 

60  86  110 

120 

119 

189 

115   - 

11,2 11,3  9,1 

8,^ 

5  7,4 

7,6 

8,4  7,8 

XIV.  Atmosphärische  Elektrizität.  891 


l 

Iwirliung  der  Sonne  im  Sommer  viel  grösser  wie  im  Winter  ist.  Man 
kann  auch  auf  diese  Weise  leicht  verstehen,  dass  die  jährliche 
Schwankung  auf  hohen  Bergen  (Sonnblick)  viel  geringer  ist  wie  in 
der  Ebene,  denn  der  Schauplatz  aufsteigender  Luftströmungen,  welche  die 
Sonne  bewirkt,  sind  hauptsächlich  die  niederen  Luftschichten;  auch  dass 
im  Winter  die  Mittagsdepression  geringer  wie  im  Sommer  ist,  ja  sogar  die 
doppelte  Schwankung  beinahe  oder  vollständig  verschwindet.  Das  erste 
'^'t  in  Wolfenbüttel  der  Fall,  wo  die  doppelte  Schwankung  im  Januar 
hr  wenig  ausgeprägt  ist;  das  letztere  ist  für  Paris  von  Chauveau 
konstatiert,  ebenso  für  Rocca  di  Papa  (700  m)  von  Cancani,  während 
das  nahe  gelegene  Eom  auch  im  Winter  eine  doppelte  Periode  der 
Tagesschwankung  aufweist. 

Es  erübrigt  noch,  eine  Erklärung  für  die  Hauptperiode  der  täglichen 
"^(  hwankung  zu  finden,  welche  ein  Maximum  in  den  Nachmittagsstunden 
2—4  Uhr)  und  ein  Minimum  12  Stunden  später  in  der  Nacht  besitzt. 
Diese  Schwankung  zeigt,  dass  in  den  Nachtstunden  positive  oder  in  den 
Tiigesstunden  negative  Elektrizität  zur  Erdoberfläche  geführt  wird.  Da 
nun  die  Ballonfahrten  eine  positive  Ladung  in  den  höheren  Luftschichten 
nachgewiesen  haben,  so  liegt  es  am  nächsten,  eine  Entladung  dieser 
Luftschichten  zur  Erdoberfläche  hin  anzunehmen,  die  am  grössten  in 
der  Nacht  ist.  Dann  sinken  in  den  Bergen  und  an  den  Küsten  Luft- 
massen  aus  höheren  Schichten  herab  und  können  dabei  ihre  Ladung 
iU'Y  Erde  abgeben;  andererseits  ist  die  Zufuhr  von  negativer  Elektrizität 
ihirch  Kegen,  im  Sommer  besonders,  in  den  Nachmittagsstunden  am 
-iiüssten.  Diese  Ladungen  werden  nur  einigen  Punkten  der  Erdober- 
tliiche  zugeführt,  sie  verbreiten  sich  aber  von  dort  aus  nach  allen 
Itiehtungen.  Es  bedarf  aber  noch  vieler  Untersuchungen,  besonders 
über  die  elektrischen  Ladungen  des  Niederschlages  zu  verschiedenen 
Tageszeiten,  um  uns  eine  sichere  Kenntnis  über  diese  Fragen  zu  ver- 
-i'liaifen. 

DerEinfluss  des  Mondes  auf  meteorologische  Erscheinun- 
n.  In  älteren  Zeiten  war  man  geneigt,  dem  Monde  einen  bedeutenden 
i.influss  auf  die  Witterung  zuzuschreiben.  Die  Naturvölker  hielten 
Mnnd  und  Sonne  für  ziemlich  gleichwertig  und  schrieben  dem  Monde 
'ine  ungefähr  ebenso  grosse  Wirkung  wie  der  Sonne  zu.  Nachdem  es 
'  rwiesen  war,  dass  der  Mond  auf  die  Gezeitenerscheinung  einen  noch 
L;rnsseren  Einfluss  als  die  Sonne  ausübt,  schien  diese  Ansicht  gewisser- 
maassen  gerechtfertigt  und  man  suchte  eifrig  den  Mondwirkungen  nach- 


892  Physik  der  Atmosphäre. 

zuspüren.    Man  fand  auch,  dass  die  Stellung  des  Mondes  einigen  Ein- 
fluss  auf  den  Luftdruck  ausübt. 

Diese  den  Gezeiten  ähnliche  Erscheinung  ist  jedoch  sehr  unbe- 
deutend und  lässt  sich  am  Gang  des  Barometers  nur  in  den  Tropen 
nachweisen.  In  Batavia  zeigt  der  Luftdruck  zwei  Maxima  eine  hall)i 
bis  eine  Stunde  nach  der  oberen  und  unteren  Kulmination  des  Mondc>. 
die  Minima  treffen  sechs  bis  sieben  Stunden  später  ein;  die  ganz( 
Schwankung  beträgt  nur  0,11  mm. 

Börnstein  hat  in  einigen  Beobachtungen  aus  den  Jahren  1884 — 8^ 
für  Berlin,  Hamburg  und  Wien  eine  einfache  Periode  des  Barometer- 
standes im  Mondtag  nachweisen  wollen. 

Ferner  trifft  ein  Luftdruckmaximum  kurz  nach  Vollmond  und  ein 
Minimum  bei  Neumond  zu  Batavia  ein  Die  Schwankung  erreicht  nicht 
0,2  mm. 

Diese  Luftdruckschwankungen  haben  wegen  ihrer  Geringfügigkeit 
nur  theoretisches  Interesse. 

Einen  eigentümlichen  Einfiuss  des  Mondes  hat  für  die  Jahre  188i) 
und  1883  Poincare  nachgewiesen.  Er  findet  nämlich,  dass  die  Nord- 
grenze der  Passate  der  nördlichen  Halbkugel  im  Mittel  beim  nörd- 
lichen Lunistitium  beinahe  10  Grade  nördlicher  liegt,  als  bei  dem 
südlichen.  Die  Luftdruckdifferenz  zwischen  30"  und  10"  N.  Br.  soll  im 
ersten  Fall  zwei  bis  vier  mm  grösser  sein  als  im  zweiten. 

Es  liegt  hier  also  eine  Periode  nach  dem  tropischen  Monat  vor. 
Dieselbe  Periode  hat  Garrigou-Lagrange  in  dem  Gang  des  Baro- 
meters in  der  gemässigten  Zone  nachzuweisen  versucht.  Diese  Unter- 
suchungen scheinen  wohl  einer  Fortsetzung  wert  zu  sein. 

Andere  Untersuchungen  betrafen  die  Bewölkungs-  und  Nieder- 
schlägsverhältnisse. Man  fand  schwache  Schwankungen,  die  aber  an 
einander  recht  nahe  gelegenen  Stellen  in  entgegengesetzter  Kichtung 
verliefen,  so  dass  keine  einfachen  und  allgemeingiltigen  Regelmässig- 
keiten zum  Vorschein  kamen. 

Eine  Ausnahme  in  dieser  Beziehung  machen  die  elektrischen  und 
magnetischen  Erscheinungen  der  Erde.  Schon  oben  haben  wir  auf  die 
Mondperiode  beim  Gewitter  hingewiesen  (S.  791).  Es  lag  nahe,  eine 
ebensolche  Periode  bei  der  Luftelektrizität  nachzuweisen. 

Mondperioden  bei  der  Luftelektrizität.  Ekholm  und 
Arrhenius  suchten  erst  eine  mondtägliche  Periode  der  Luftelektrizität 
und  sie  fanden  auch  eine  solche,  nämlich  ein  Minimum  der  Luft- 
elektrizität   etwas    vor    der   oberen    Kulmination    (d.  h.    des   höchsten 


I 


p 


XVI.  Atmosphärische  Elektrizität.  893 


Mondstandes  an  einem  Mondtage).    Diese  Periode  wurde  in  den  Daten 
aus  Cap  Hörn,  Helsingfors,  Perpignan  und  Sodankylä  (nördliches  Finn- 
land) nachgewiesen.  Die  Schwankung  ist  recht  unbedeutend  (3  bis  9  Proz.) 
j  und  deshalb  ziemlich  unsicher. 

Ganz  anders  verhält  sich  die  Schwankung  der  Luftelektrizität  nach 

Arm  tropischen  Monat  (27,322'^),   die   an   den  Polarstationen  Cap  Hörn 

'ül  Cap  Thordgen   nicht   weniger  als  80  Proz.   des  Betrages  der  Luft- 

ktrizität,  in  Helsingfors  und  Pawlowsk   etwa   20  Proz.  erreicht.    Da- 

jen  sinkt  sie  für  Perpignan   auf  etwa  12  Proz.    Es  scheint  demnach 

iii'se  Schwankung  mit  der  Reinheit  der  Luft  eng  zusammen  zu  hängen. 

Bei  den  erdmagnetischen  Erscheinungen  ebenso  wie  bei  den  Nord- 

ü'htern   hat   man   eine  Periode   aufgefunden,   deren  Länge  25,93  Tage 

irägt  und  die  nicht  mit  der  Mondstellung,  sondern  vielmehr  mit  der 

,  Drehung   der  Sonne   in   Zusammenhang   steht   (vgl.  S.  148).    Auch  die 

Luftelektrizität   ist   in  Bezug   auf  diese  Periode  untersucht.    Die  Daten 

aus  Helsingfors  und  Pawlowsk  deuten  an,  dass  während  des  Laufes  von 

25,93  Tagen  die  Luftelektrizität  zwei  Maxima  durchläuft,   während  die 

Periode  nach  dem  tropischen  Monat  eine  einfache  Schwankung  aufweist. 

Als  Belege  mögen  folgende  Daten    angeführt  werden.    Die  Ziffern  sind 

mit   Hilfe    der    harmonischen   Analyse,    wobei    zwei   Sinus-   und   zwei 

-inus- Glieder  mitgenommen  wurden,  berechnet  worden. 


27,3-tägige  Periode 
Helsingfors    Pawlowsk 


Tag 

0 
2 

4 
6 


10 
12 
14 
16 
18 
20 
22 
24 
26       212     88  Epoche  1894  Jan.  17,4 


214 

93 

213 

100 

209 

104 

203 

104 

199 

101 

194 

96 

188 

93 

181 

91 

175 

90 

175 

89 

182 

86 

193 

84 

265 

85 

212 

88 

25,9-tägige  Periode 

Helsingfors 

'\  Pawlowsk 

217 

93 

213 

91 

217 

94 

223 

97 

223 

98 

213 

96 

198 

92 

188 

92 

191 

96 

205 

102 

220 

106 

227 

104 

224 

98 

i 


§94  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  Schwankungen  betragen  nach  der  tropisch- monatlichen  21, 'a 
tägigen  Periode  für  Helsingfors  20  Proz.,  für  Pawlowsk  etwas  mein 
(22  Proz.).  In  der  25,93 -tägigen  Periode  ist  die  Schwankung  für  Hel- 
singfors 18  Proz.,  für  Pawlowsk  etwas  geringer  (16  Proz.).  Die  Maxim, 
und  Minima  der  27,3-tägige  Periode  fallen  in  Pawlowsk  4  Tage  spätei 
als  in  Helsingfors.  Dagegen  treffen  die  der  25,93 -tägigen  Periode  fiii 
die  beiden  Stationen  fast  zusammen. 

Zerstreuung   der  Elektrizität.    Ein   elektrisierter  Körper  ver- 
liert  allmählich   seine   Ladung.    Diese   Erscheinung  wurde   schon   von 
Coulomb  (1785)  untersucht.    Er  stellte  die  Kegel  auf,  dass  die  Elek-| 
trizitätsverluste    pro    Zeiteinheit    der    Ladung    proportional    sind.     Eij 
glaubte,  dass  die  Luft  als  Abieiter  für  die  Elektrizität  dient.    Er  fand 
auch,   dass  diese  Ableitung  schneller  in  feuchter  als  in  trockener  Lnft 
vor  sich  geht  und  meinte  danach,  dass  die  Feuchtigkeit  der  Luft  ein 
grosse  KoUe   bei   der  Elektrizitätsleitung  spielt.    Allmählich   erkanntr 
man  aber,    dass   die  Leitfähigkeit   der  feuchten  Luft  nur  scheinbar  ist^ 
indem  sie  den  Stützen,   welche   die  elektrisch  geladenen  Körper  (Kon- 
duktoren) tragen,  und  die  immer  etwas  hygroskopisch  sind,   Feuchtii^- 
keit  abgiebt.   So  z.  B.  wurde  die  scheinbare  Leitfähigkeit  der  feuchten  Luft 
stark  vermindert,  wenn  man  die  Stützen  erhitzte,  wodurch  die  (absolut 
Feuchtigkeit   der  Luft  jedenfalls  nicht  herabgesetzt  wurde.    Allmähli( 
verbreitete   sich   die  Ansicht,   dass  Luft  und  Gase   überhaupt   absolut- 
Nichtleiter   sind,   und   dass   ihre   scheinbare  Leitfähigkeit   nur   auf  do 
Ableitung  durch  Stützen  und  durch  Staubpartikelchen  in  der  Luft,  dii 
von  den  geladenen  Körpern  angezogen,  geladen  und  zuletzt  abgestossen 
werden,  beruht.     Diese   Ansicht  fand   eine   kräftige   Stütze   durch   dir 
Arbeiten  von  Nahrwold  und  Blake. 

Gleichzeitig  mit  diesen  führte  aber  Linss  Versuche  über  Elek- 
trizitätsverlust geladener  Körper  aus,  die  er  als  Beweise  für  eine  wirk- 
liche Leitung  der  Luft  ansah.  Danach  wurde  auch  von  Arrhenius 
aus  einigen  Versuchen  geschlossen,  dass  Luft  durch  Bestrahlung  mit 
ultraviolettem  Licht  leitend  wird  und  die  Bedeutung  dieser  ErscheinuDL! 
für  die  Theorie  der  Luftelektrizität  hervorgehoben.  In  neuerer  Zeit  ist 
man  hauptsächlich  durch  die  Arbeiten  von  J.  J.  Thomson  und  semr 
Schülern  zu  dem  Schluss  gekommen,  dass  die  Leitfähigkeit  der  Ga 
auf  dem  Vorhandensein  freier  Ionen  beruht,  und  dass  diese  Ionen  von 
einander  getrennt  werden  können,  so  dass  die  Luft  thatsächlich  positi\ 
oder  negativ  geladen  werden  kann,  was  früher  als  durch  Nahrwold^ 
Versuche  wiederlegt  galt.    Hauptsächlich  Elster  und  Geitel  waren  e- 


j 


f   ., 

ilie  durch  eine  Keihe  neuer  Versuche,   die  Leitfähigkeit   der  Luft   auch 
in  nicht  beleuchtetem  Zustande  nachwiesen. 

Für  diese  Versuche  benutzten  Elster  und  Geitel  ein  Exnersches 
Klektrometer  C  (Fig.  271),  in  welchem  die  die  Aluminiumblättchen  X 
uud  A''  tragende  Metallwand  durch  Bernstein,  das  sich  als  ein  vorzüg- 
liches Isolationsmittel  erwiesen  hat,  vom  Elektrometergehäuse  isoliert 
war.  An  dieser  Metallwand  war  oben  ein  Knopf  K  befestigt,  in  dem 
in  zylindrischer  Körper  Z,  der  sog.  Zerstreuungscylinder  (aus  ge- 
-chwärztem  Messingblech)  ver- 


f^ 


mittelst  eines  Stieles  befestigt 
werden  konnte.  Um  Störungen 
vom  äusseren  elektrischen  Felde 
möglichst  zu  vermeiden,  stülpte 
man  einen cylindrischen Schirm, 
>(»g.  Schutzcylinder  EEi,  über 
' -n  Zerstreuungscylinder.  Der 
>(jhirm,   sowie  die  Aussenteile 

Elektrometers  waren  zur 
e  abgeleitet. 

Dem  Zerstreuungscylinder 
;nte  vermittelst  eines  ver- 
schiebbaren Stiftes  P  von  aussen 
eine  Ladung  zugeführt  werden. 
Man  beobachtete  die  Abnahme 
des  Potentials  der  Aluminium- 
blätter XX',  welche  der  Ab - 
•nähme  der  Ladung  proportional 
iit.  Erst  überzeugte  man  sich, 
dass  bei  Abwesenheit  des  Zer- 

streuungscy linders  die  Elektrizitätsverluste  durch  Leitung  im  Gase  und 
an  der  isolierenden  Stütze  des  Elektrometers  so  gering  waren,  dass  sie 
gänzlich  innerhalb  der  Beobachtungsfehler  fielen.  Dann  steckte  man 
den  Zerstreuungscylinder  auf  und  gab  dem  Instrument  eine  Ladung. 
Das  Eesultat  der  Beobachtung  war,  dass  die  Abnahme  des  Elektro- 
meterausschlages  nicht  nach  dem  von  Coulomb  aufgestellten  Gesetz  er- 
folgte, sondern  dass  vielmehr  (wenigstens  bei  nicht  allzu  niedriger 
Ladung)  die  Abnahme  proportional  der  Zeit  erfolgte  (wie  schon  Mat- 
te ucci  1850  beobachtet  hatte),  gemäss  folgender  Tabelle. 

Die  Luft  war  dabei  3  Tage  in  der  Glocke  abgesperrt  gewesen. 


As^d;^ 


Fig.  271. 


896  Physik  der  Atmosphäre. 


Zeit 

Volt 

Abn.  in  15' 

Volt 

Abn.  in  15 

0  Min. 

+  245,6 

— 

-  239,7 

— 

15 

213,4 

32,2 

207,7 

32,0 

30 

178,1 

35,3 

174,2 

33,5 

45 

146,4 

31,7 

144,6 

29,6 

60 

114,0 

32,4 

110,0 

34,6 

75 

83,0 

31,0 

75,0 

34,5 

Die  Abnahme  war  demnach  gleich  gross  für  positive  wie  für  nega- 
tive Ladung  und  zwar  im  Mittel  32,7  V.  in  15  Minuten  oder  2,2  V.  pr. 
Minute.  Dies  lässt  sich  auch  so  ausdrücken,  dass,  da  die  anfänglich! 
Ladung  240  V.  war,  der  Verlust  in  einer  Minute  0,9  Proz.  der  anfänglichen 
Ladung  betrug.  An  dieser  Zahl  ist  eine  Korrektion  anzubringen.  Auf 
dem  Zerstreuungscylinder  ist  nur  ein  Teil  der  Ladung,  70  Prozent  der 
Totalladung,  vorhanden.  (Mit  anderen  Worten,  die  Kapazität  do 
Zerstreuungszylinders  beträgt  70  Proz.  der  Kapazität  des  Leitersystems. 
wovon  er  einen  Teil  ausmacht).  Bei  der  Zerstreuung  mussten  also  die 
anderen  Leiterteile  dem  Zerstreuungscylinder  Elektrizität  nachliefern, 
sonst  wäre  der  Abfall  des  Potentials  1 : 0,7  mal  grösser,  d.  h.  in  diesem 
Fall  1,3  Proz.  pro  Minute  für  sowohl  positive  als  negative  Elektrizität 
gewesen.  Dieser  so  berechnete  Abfall  wird  mit  a  bezeichnet  und  zwar 
a+ für  positive,  a- für  negative  Elektrizität.  Der  erwähnte  Eeduktions- 
faktor  ist  je  nach  den  Dimensionen  der  Leiterteile  verschieden,  für 
jeden  Apparat  aber  konstant.  Der  Quotient  a—\a^  wird  gewöhnlicli 
mit  dem  Buchstaben  q  bezeichnet. 

Die  Zerstreuung  zeigte  sich  gering  in  frisch  eingefüllter  Luft,  für 
welche  sie  nur  etwa  0,4  Proz.  beträgt,  am  zweiten  Tage  nach  der 
Einfüllung  war  sie  auf  1,  am  dritten  auf  1,2,  am  vierten  auf  1,4  Proz 
gestiegen  und  schien  sich  einem  Grenzwerte  von  etwa  2  Proz.  allmählich 
zu  nähern. 

In  Höhlen  und  Kellerräumen,  wo  die  Luft  lange  stillgestanden  hat. 
ist  die  Zerstreuung  ausserordentlich  gross.  So  fanden  Elster  und  G eitel 
in  der  Baumannshöhle  im  Harz  einen  Zerstreuungsfaktor  von  11  Proz. 
Ebert  beobachtete  sogar  in  einem  Keller  in  München  37  Proz.  für  po- 
sitive, 25  Proz.  für  negative  Elektrizität,  wenn  der  Schutzcy linder  zur 
Erde  abgeleitet  war,  dagegen  27  Proz.  für  positive,  37  Proz.  für  negative 
Elektrizität  bei  isoliertem  Schutzcylinder.  Den  umgekehrten  Einfluss 
zeigte  die  Ableitung  des  Schutzcylinders  in  der  freien  Luft,  wo  die  ent- 
sprechenden Zahlen  waren  a-f-  =  0,51,  a_  =  0,71  Proz.  mit  Erdleitung  und 


¥ 


XVI.  Atmosphärische  Elektrizität.  897 


«4-  =  0,71,  a_  =  0,45  ohne  Erdleitung.    Wovon  diese  Eigentümlichkeit 
herrührt,  ist  bis  jetzt  nicht  genügend  aufgeklärt. 

In  ähnlicher  Weise,  wie  es  Rutherford  gelungen  war,   die  Ionen 
'l(T  Thoriumstrahlung    aufzusammeln,    gelang    es    auch   Elster    und 
itel,   die  Luftionen  an  einem  10 — 20  m  langen  Kupferdraht   anzu- 
iiaufen,   welcher   mittelst  einer  kleinen  Influenzmaschine   bis  zu   einer 
Spannung  von  einigen  Tausend  Volt  mit  negativer  Elektrizität  geladen 
wurde.    Die  aktiven  Bestandteile  konnten  vom  Draht  auf  ein  mit  Salz- 
ure  angefeuchtetes  Papier  überführt  und  nachher  durch  dessen  Ver- 
gebung so  stark  konzentriert  werden,   dass  sie  durch  eine  Aluminium- 
folie photographisch  wirkten. 

Dieser  Versuch  wurde  von  Ebcrt  mit  noch  besserem  Erfolg  in  der 
-tiirk  ionenhaltigen  Luft  (etwa  6  elektrostatische  Einheiten  jeder  Elek- 
tii/.itätsart  pro  m^)  des  von  ihm  untersuchten  Kellers  in  München  aus- 
L;eführt.  Auch  ein  ungeladener  Draht,  welcher  3  Wochen  in  dieser  Luft 
ausgespannt  war,  nahm  radioaktive  Eigenschaften  an,  die  allerdings 
relativ  schwach  waren. 

In  dieser  Kellerluft  luden  sich  auch   isolierte  Gegenstände  negativ 

liis   auf  8  Volt.    Dieses  Verhalten   entspricht   gänzlich   dem  Verhalten 

i röntgenisierter  Luft  nach   den  Untersuchungen   von  Zeleny   und  wird 

•lurch   die   grössere  Beweglichkeit   der  negativen  Ionen   erklärt.    Wenn 

il<Mnnach  Luft,  welche  gleich  viele  positive  und  negative  Ionen  enthält,  an 

'  iner  ungeladenen  leitenden  Fläche  vorbei  streicht,  so  kommen  während 

iner  Sekunde   mehr  negative   als   positive  Ionen  in  Kontakt  mit   der 

it enden  Fläche,  die  auf  diese  Weise  negativ  geladen  wird.    Die  nega- 

\('  Ladung  lenkt  die  negativen  Ionen  von  der  Fläche  ab,  so  dass  nur 

■in  bestimmter  Grenzwert   erreicht   wird.    Dies   gilt   aber  nicht,   wenn 

Luft  durch  eine  lange  leitende  Röhre  gesaugt  wird,   die  also,   falls 

ine  Ableitung  durch  die  äussere  Oberfläche  stattfindet,   beliebig  hohe 

a'lungen  annehmen  kann. 

Auf  diese  Weise  wollen  Elster  und  G eitel  die  negative  Ladung 
Kr  Erdoberfläche  erklären.  Sie  müsste  hauptsächlich  im  Walde  und 
ui  Rasen  der  Erde  zugeführt  werden. 

Abhängigkeit   der  Zerstreuung   von   äusseren  Umständen. 

'ster  hat  eine  grosse  Menge  Beobachtungen  über  die  Zerstreuung  der 

itlen  Elektrizitätsarten   angestellt.    Er  fand   an  Bergspitzen  eine  viel 

liirkere  Zerstreuung   der  negativen    als   der  positiven  Elektrizität,  wie 

'Igende  Daten  zeigen: 

Arilienius,  Kosmische  Physik.  57 


898  Physik  der  Atmosphäre. 

Höhe  a-f      a—    q^^a-'.a 

Mte.  Solaro  auf  Capri 585  m  0,47     6,94        14,8 

Mte.  Salvatore  bei  Lugano     ....    909  0,53  2,17          4,1 

Mte.  Generöse    „        „           ....  1704  0,22     3,33        15,1 

Piz  Languard  bei  Pontresina.    .    .    .  3220  1,09  18,48        16,9 

Dieses  starke  Vorwiegen  der  negativen  Zerstreuung  erklärt  Eiste i 
so,  dass  er  annimmt,  dass  in  der  Nähe  der  stark  negativ  geladenen 
Bergspitzen  eine  Ansammlung  von  positiven  Ionen  stattfindet. 

Ähnliche  Verhältnisse  zeigen  eigentümlicherweise  die  Beobachtungen 
aus  Spitzbergen,  q  ist  im  Mittel  etwa  2,6;  a—  kann  bis  zu  10,2  steigen 
(Nordwestcap  80^  n.  Br.)  Island  zeigt  dagegen  nach  Paulsen  un- 
gefähr normale  Werte  der  Zerstreuung,  besonders  der  negativen,  q  ist 
im  Mittel  etwa  1,5  für  50  m  Höhe  (a+=l,4;  a-  =  2,l),  1,6  fin 
1200  m  Höhe  (ö-[-  =  1,8;  a_  =  2,9).  Grosse  Werte  zeigten  weiter  Küsten- 
stationen (TromsO  aj^  =  4,0;  a-  =  4,4,  Capri  a.^  =  6,5;  a_  =  7,5),  vor- 
glichen mit  Binnenlandstationen  (Wolfenbüttel  a+ =  2,8;  a-  =  2,r): 
Sicilien  a-(-  =  3,2;  a_  ==  4,4;  Biskra  a-f  =  2,4;  a_  =  2,2).  Im  allge- 
meinen scheint  auch  die  Zerstreuung  gegen  den  Pol  hin  abzunehmen.! 
In  Innsbruck  hat  man  ein  Minimum  der  Zerstreuung  im  Winter 
gefunden.  Linss  fand  schon  ein  Maximum  der  Zerstreuung  im 
Sommer,  ein  Minimum  im  Winter  (vgl.  unten).  Abwärtssteigende  Luft- 
strömungen führen  viele  Ionen,  besonders  positive,  mit  (nach  Beob- 
achtungen von  Czermak  und  Ebert).  Infolgedessen  nimmt  die  Zer- 
streuung bei  anticyklonaler  Luftbewegung  und  Föhnwinden  stark  zu. 
Etwas  ähnliches  zeigt  sich  meist  vor  Gewittern.  Ebenfalls  ist  die  Zer- 
streuung bei  bewegter  Luft  grösser  als  bei  ruhiger,  besonders  stark  bei 
Bora  (nach  Mazelle).  In  dichten  Waldungen  ist  sie  besonders  geriuL: 
und  gleich  gross  für  beide  Elektrizitätsarten.  Wenn  Wolken  an  der 
Sonne  vorüberziehen,  sinkt  die  Zerstreuung  für  beide  Arten.  Dies 
erinnert  an  einige  Beobachtungen  von  Exner,  wonach  das  Potential- 
gefälle bei  Verfinsterung  der  Sonne  oder  kurz  nach  Sonnenuntergani: 
plötzlich  zunimmt. 

Linss  Ziffern  sind  folgende  (geltend  8—9  V.  M.): 

Jan.    Febr.    März    Apr.    Mai    Juni    Juli    Aug.    Sept.    Okt.    Nov.    Dez.    Jahr. 
0,43   0,53    0,89    1,30  1,15  1,69    —    1,70    1,36   0,81    0,63  0,57   1,00 

3—4    Uhr    N.  M.    war   die    Zerstreuung   etwa    anderthalb    (1,54)    mal 
grösser,   ziemlich  unabhängig  von   der  Jahreszeit.     Die   grössere  Zer- 


p 


XVI.  Atmosphärische  Elektrizität.  §99 


■  frt 


luing  zu  dieser  Tageszeit  beruht  vermutlieh  sowohl  auf  der  längeren 
:ul    stärkeren   Wirkung    der    Sonnenstrahlung    als    auf   absteigenden 
I.uftströmen.    Der  Mittelwert  ist  ein  Prozent  pro  Minute. 

Nach  Messungen  von  H.  Nils  so  n  zu  Upsala  hat  bei  anticy  klonischer 
Witterung  die  Zerstreuung  ein  starkes  Maximum  in  den  ersten  Vor- 
mittagsstunden, was  offenbar  mit  der  absteigenden  Luftströmung  zu- 
simmcnhängt. 

Dass  längere  Beobachtungsreihen  nötig  sind,  um  die  für  einen  be- 
Mimmten    Ort    charakteristische    Zerstreuungskonstante    einigermaassen 
nau  festzustellen,  geht  daraus  hervor,  dass  in  Wien  die  Zerstreuung 
ischen  folgenden  Werten  liegt: 

a-     0,78  —  5,42 
a+    0,32  —  7,10. 

Die  Stationen  Triest,  Wien  und  Kreuzmünster  zeigten  in  etwa 
(\y<'\  Drittel  der  Beobachtungsfällen  ein  Überwiegen  der  negativen  Zer- 
streuung. Dagegen  überwog  in  59  Proz.  von  allen  Beobachtungsfällen 
/n  Innsbruck  die  positive  Zerstreuung. 

Nach  allen  diesen  Beobachtungen,  die  erst  vor  kurzer  Zeit  ange- 
f-nigen,  jetzt  mit  grossem  Eifer  fortgesetzt  werden,  scheint  hervorzugehen, 
->  die  Luft  in  höheren  Schichten  stark  ionisiert  ist,  und  dass  die  loni- 
-i'iung  gegen  die  Erdoberfläche  hin  abnimmt.  Eingeschlossene  Luft 
Aird  allmählich  stärker  ionisiert  als  frische.  Wenn  sich  in  solchen 
!  M  iimen  Wasserdampf  niederschlägt,  so  sinkt  die  Zerstreuung  bedeutend. 

Ionen  verlieren  ihre  Beweglichkeit,  indem  sie  sich  mit  Wasser  um- 
iden.  Bei  der  Verdunstung  des  Wassers  kehrt  die  Beweglichkeit 
.  r  Ionen  wieder  zurück,  wie  die  Versuche  zeigen.  In  Nebeln  ist  daher 
lif'  Zerstreuung  sehr  gering. 

In  Spitzbergen  beruhen  wahrscheinlich  die  hohen  Zerstreuungs- 
v'Tte  auf  der  grossen  Reinheit  der  Luft.  Im  allgemeinen  findet  man 
i.imlieh,   dass  die  Zerstreuung  ungefähr  wie  die  Durchsichtigkeit   sich 

n.lert. 

Neuere  Versuche  über  Elektrizitätszerstreuung.    Einen  sehr 

rreichen  Versuch  zur  Demonstration  der  Existenz  von  Luftionen  haben 

-ter  und  Geitel  ausgeführt.     Sie  verfertigten  ein  Gehäuse  aus  weit- 

Kchigem  Metallnetz  und  luden  dasselbe  mit  positiver  Elektrizität.    Die 

>adung  zog  die  negativen  Ionen  aus  der  Luft  an,  welche  teilweise  durch 

57* 


900  Physik  der  Atmosphäre. 

die  Maschen  ins  Gehäuse  hineingerieten.  Die  Folge  davon  war,  dass  einj 
geladener  Körper  im  Gehäuse  schneller  seine  Ladung  verliert,  wenn 
dieselbe  positiv,  als  wenn  sie  negativ  ist.  Das  umgekehrte  trifft  zuj 
wenn  das  Gehäuse  negativ  geladen  ist. 

Ebert  hat  Versuche  angestellt,  um  die  Geschwindigkeit  der  EM- 
trizitätszerstreuung  von  der  Erdoberfläche  zu  messen.  Er  legte  eiin 
Weissblechtafel  von  2  m^  Grösse  auf  isolierte  Pfosten.  Die  Tafel 
konnte  durch  ein  Galvanometer  mit  der  Erde  verbunden  werden.  Dabei 
erhielt  sie  eine  starke  negative  Ladung,  die  allmählich  verschwand, 
während  die  Platte  isoliert  war.  Die  Geschwindigkeit,  mit  welcher  di(> 
geschah,  konnte  durch  Ableitung  durch  das  Galvanometer  bestimmt 
werden.  In  fünf  Minuten  war  bei  klarer  Luft  die  Ladung  verschwunden, 
wenn  die  Blechplatte  mit  Rasen  bedeckt  war.  Ohne  Bedeckung  verlei 
die  Platte  kaum  merklich  an  Ladung. 

Ebert  berechnet  aus  diesen  Daten,  dass  in  5  Minuten  10~^  Cou- 
lomb verschwanden,  einer  mittleren  Stromstärke  von  10-^:300  =  3,3.10-'- 
amp.  und  einer  Stromdichte  von  3,3.  lO^'^; 2.10^  =  1,7.  lO^^''  amp.  pr.j 
cm"^  (=  1,7.10-^  amp.  pr.  km 2)  entsprechend.  Dieser  Wert  entspricht- 
nicht  weniger  als  300000  elektrostatischen  Einheiten  pro  Mimiti 
und  km  2. 

Was  die  Menge  der  Ionen  in  der  Luft  betrifft,  so  haben  wir  schon 
oben  nach  Ebert  eine  Zahl  für  sehr  stark  ionisierte  Luft  angeführt  (0 
elektrostatische  Einheiten  pro  cm^).  Die  Menge  Elektrizität  in  1  cm 
Luft  an  der  Erdoberfläche  unter  gewöhnlichen  mittleren  Verhältnissen! 
bestimmte  Ebert  zu  etwa  einer  elektrostatischen  Einheit  von  jeder  Elek-| 
trizitätsart.  I 

Nach  Linss  ist  die  Zerstreuung  an  der  Erdoberfläche  ungefähr  soj 
gross,  dass  ein  geladener  Körper  in  einer  Minute  ein  Prozent  seinerj 
Ladung  verliert.  Die  entsprechende  Stromstärke  betrüge  etwa  16000 
bis  125000  elektrostatische  Einheiten  pro  km-  und  Minute,  eine  Ziffen 
die  der  Ebert  sehen  recht  nahe  kommt.  Die  Neubildung  von  Ionen  pro 
Sekunde  und  cm^  wird  von  Wilson  auf  1,2.10-^  elektrostatische  Ein- 
heiten geschätzt,  eine  Ziffer,  die  nach  G eitel  und  verglichen  mit  den 
oben  angeführten,  ziemlich  gering  erscheint. 

Elster  und  Geitel  saugten  mittelst  einer  mit  //  in  Fig.  271  ver-. 
bundenen  Pumpe  aus  einem  1,5  tiefen  Loch  im  Erdboden  Luft  durch  ein! 
mit  //  vereinigtes  Glasrohr  und  eine  Glocke,  in  welcher  ein  Elektro-! 
meter  C  mit  Zerstreuungskörper  stand.     Es   zeigte   sich,   dass  die  Zer- 


m 


XVI.  Atmosphärische  Elektri/ätät.  90 j^ 


r 

^^uung  in  15  Minuten  von  111  Volt  vor  der  Einleitung  der  Grund- 
]rift  auf  518  Volt  nach  einstündigem  Durchsaugen  stieg.  Wurde  die  Luft  in 
der  Glocke  jetzt  abgesperrt,  nahm  die  Zerstreuung  noch  etwas  zu,  um 
nachher  allmählich  abzunehmen. 

Dies  zeigt,  dass  die  Grundluft  eine  sog.  „Emanation"  enthält,  welche 
allmählich  die  Wände  der  Glocke  radioaktiv  macht.  Auf  diese  Weise 
wird  sowohl  die  hohe  Leitfähigkeit  der  Luft  in  Höhlen  und  Kellerräumen 
\<'rständlich  als  auch  die  Zunahme  der  Leitfähigkeit  eingesperrter  Luft, 
wiche  immer  etwas  Grundluft  enthält  (vgl.  S.  896). 

Ebert  und  Ewers  haben  diese  Versuche   wiederholt.     Sie    fanden 

in   der  Grundluft   die   Zerstreuung   etwas  grösser   (etwa   10  Proz.)   für 

^ative  als  für  positive  Elektrizität.     Nachdem   die   Leitfähigkeit   ihr 

\l;iximum  erreicht  hatte,  sank  sie  auf  die  Hälfte  in  77  Stunden  —  nach 

iutherford  und  Soddy  ist  die  entsprechende  Zeit  des  Abklingens  für 

rhorerde  etwa  4  Tage,  also  nahezu  von  derselben  Grösse.    Die  Grund- 

iift  wurde  bei  einigen  Versuchen   durch   Kalilauge   und   Schwefelsäure 

ri'leitet,  wodurch  Kohlensäure  und  Wasser  entfernt  wurden,   ohne  dass 

lue  radioaktiven  Eigenschaften  verändert  wurden.    Dass  sie  keine  oder 

!iig  freie  Ionen  enthält,  wurde  dadurch  erwiesen,   dass  ihre  Wirkung 

"  i  Durchleitung  durch  ein  kräftiges  elektrisches  Feld  nicht  geschwächt 

urde.     Nach  Glühen  der  Grundluft  ging  ihre  aktivierende  Einwirkung 

111  etwa  15  Proc.  zurück. 

Unzweifelhaft  haben  die  Luftionen  eine  ausgeprägte  physiologische 
\  irkung  und  man  ist  jetzt  geneigt,  die  eigentümliche,  durch  Mattig- 
'  it  charakterisierte  Bergkrankheit  ihnen  zuzuschreiben.  Sogar  die  Be- 
iihner  hoch  gelegener  Orte,  z.  B.  in  Süd -Amerika,  sollen  sich  bei 
iebliger  Luft  und  im  Schatten  kräftiger  fühlen,  als  in  reiner  Luft  bei 
•nnenschein. 

Die  starke  Leitfähigkeit  der  Luft  in  höheren  Luftschichten  macht 
ch  ohne  Zweifel  als  Störung  bei  den  Beobachtungen  des  Potential- 
fälles  in  diesen  Schichten  geltend.  Es  ist  aus  diesem  Grund  wahr- 
licinlich,  dass  das  Potentialgefälle  daselbst  niedriger  erscheint  als  wenn 
1  starke  lonengehalt  nicht  vorhanden  wäre. 


M 


XYIL  Die  Polarlichter. 

Allgemeines.    Schon   seit   den   ältesten  Zeiten   haben  die  Polar- 
lichter durch  ihre  Pracht  und  durch  das  Mystische  ihrer  Erscheinung  di' 
Aufmerksamkeit  angezogen.    Die   alten  Nordländer   glaubten  darin  di 
Heereszug   der  Walküren   zu   sehen.    Im  Mittelalter   schrieb  man  d» 
Nordlicht   etwa   dieselbe  Rolle   wie   den  Kometen   zu   als  Wahrzeich 
von  Krieg  und  allerlei  Unheil. 

Wie  der  Name   sagt,    sind   die   Polarlichter  vorzugsweise   in   di 
polaren  Gegenden  der  Erde   sichtbar.    Am   genauesten   sind   die  Nord 
lichter  studiert,  im  allgemeinen  gelten  aber  dieselben  Beziehungen  fiii 
die  Süd-  wie  für  die  Nordlichter. 

Loomis  und  Fritz  konstruierten  aus  den  ihnen  zugänglichen  Dati 
Karten,  auf  welchen  sie  diejenigen  Punkte  verbanden,  an  welchen  Nord- 
lichter gleich  häufig  gesehen  wurden  (Fig.  272).    Die   so   entstanden»  i 
Linien,  welche  Isochasmen  genannt  werden,   liegen  nicht   symmetris<l 
um   den   Nordpol,    sondern   sind   südlich   von   der  Südspitze  Grönland- 
(60 <*  w.  L.  V.  Gr.)  am  weitesten  nach  Süden   verschoben.    Am  weiteste 
nach  Norden   ziehen   sie   sich   auf  dem  Meridian  von  Cap  Tscheljuskin 
(100*^  ö.  L.  V.  Gr.).    Die  Nordlichter   werden   am   häufigsten   längs  der 
sogenannten  Maximalzone  beobachtet,   welche  über  Nord -Alaska  nacli 
den  neusibirischen  Inseln,  Cap  Tscheljuskin,  nördlicher  Spitze  von  N» - 
vaja  Semlja,  Nordcap,   zwischen  Island  und   den  Färöer,   südlich  voi 
Grönland  und  über  dem  nördlichen  Teil  von  Labrador  durch  die  britiscli- 
amerikanischen  Polarländer  (Grosser  Bären-See)  sich  hinzieht.    Zu  beio 
Seiten  dieser  Maximalzone  nehmen  die  Nordlichter  an  Sichtbarkeit  i' 
Nördlich  derselben,   wie    auf  Spitzbergen  und  in  Grönland,   beobacht 
man  die  meisten  Nordlichter  auf  dem  südlichen  Teil  des  Himmels,  süd- 
lich  davon    breiten    sie    sich    meistens   über   den  nördlichen  Teil   do- 
Himmels  aus.    Die  Zahl,  welche  auf  der  Karte  neben  einer  Isochasmi 


I 


XVII.  Die  Polarlichter. 


geschrieben  steht,   giebt   die  mittlere  Zahl   der  daselbst  in  einem 
i'sehenen  Nordlichter  an. 


903 
Jahr 


In  derselben  Weise  hat  man  die  Isochasmen  der  Südlichter  kon- 
^iruiert.  Sie  verlaufen  am  weitesten  nach  Norden  auf  dem  Meridian 
\eu  Seelands,  am  weitesten  nach  Süden  südlich  von  West-Afrika. 


904  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  Intensität  der  Polarlichter  ist  zu  verschiedenen  Zeiten  sehr  ver- 
schieden. Sehr  kräftig  entwickelten  sie  sieh  im  Anfang  des  18.  Jahr- 
hunderts und  ebenso  war  ihre  Stärke  in  den  Jahren  1870—72  unge- 
wöhnlich gross.  Die  grössten  Polarlichterscheinungen  sind  bis  zu  den 
Wendekreisen,  in  Amerika  sogar  bis  über  Cuba  (20^  n.  Br.)  hinaus 
und  auf  der  Südhälfte  der  Erde  bis  zu  Mauritius  (20*^  s.  Br.)  sicht- 
bar. Zu  solchen  Zeiten  ist  die  ganze  Erde  wie  in  einen  Lichtmantel 
eingehüllt. 

Ein  solcher  Tag  war  der  4.  Febr.  1872  der  für  stärkere  Polarlicht- 
erscheinungen als  typisch  gelten  kann  und  deshalb  hier  nach  Secchis 
zu  Rom  gemachten  Aufzeichnungen  besehrieben  werden  möge. 

„Die  Erscheinung  begann  um  b'^  47"*  sichtbar  zu  werden,  d.  h.  sobald 
die  Dämmerung  gestattete,  ihr  Licht  wahrzunehmen,  jedoch  hatte  die 
elektrische  Erscheinung  sicherlich  schon  viel  früher  begonnen.  Man 
sah  im  Norden  und  Nordosten  zwei  getrennte  ausgebreitete  Massen  von 
der  Helligkeit  der  Dämmerung  im  Westen,  zu  denen  sich  bald  eine 
dritte  im  Nordnordwesten  gesellte.  Als  das  Licht  der  Dämmerung  ver- 
schwand, zeigte  sich  die  Erscheinung  in  ihrer  ganzen  Schönheit  in  Form 
eines  gewundenen  Bogens,  der  von  Westnordwest  sich  bis  nach  Osten 
erstreckte.  Der  Hintergrund  des  Himmels  war  ganz  rosenfarben,  mehr 
oder  minder  lebhaft,  und  um  6'*  22*"  erschienen  die  ersten  Strahlen  30^ 
von  Norden  gegen  Westen,  die  sich  bald  bis  Nordosten  ausdehnten.  Um 
6'*  30*"  bildete  sich  ein  zweiter  Bogen  über  dem  ersten  und  das  aus- 
gebreitete Licht,  teils  rot,  teils  lebhaft  gelb,  ging  über  das  Zenith  hinaus 
und  erreichte  die  Plejaden  um  6'*  42»«.  Um  ß'*  45»"  bildete  sich,  von  dem 
unteren  Bogen  ausgehend,  ein  prächtiger  rosenfarbener  Strahlenkranz 
auf  der  ganzen  Halbkugel,  der  von  60^  W.  gegen  N.  bis  90 <*  E.  sich 
erstreckte.  Nachdem  das  Phänomen  verschiedene  Phasen  durchgemacht 
und  der  leuchtende  Bogen  sich  in  mannigfachen  Curven  und  Festonen 
gewunden  hatte,  erhob  er  sich  langsam  und  überschritt  das  Zenith  um 
7^  Sieben  Minuten  später  erschien  die  Krone,  gebildet  aus  sehr  schönen 
Strahlen,  die  alle  nach  dem  Aldebaran  zu  konvergierten.  Um  7'*  15*" 
drang  das  Licht  in  das  Sternbild  des  Orions  ein  und  erstreckte  sich 
weit  südlich  von  unserem  Zenith.  Bewundernswert  war  die  Schnellig- 
keit der  Bewegungen  des  Lichtes,  die  gleichsam  Blitze  zu  sein  schienen 
und  zugleich  der  mannigfaltige  Wechsel  der  Farben.  Das  vorherrschende 
Aussehen  war  bis  7^*  30"*  das  einer  phosphorescierenden  Wolkenmasse, 
die  in  Form  eines  zum  Meridian  senkrechten  Gürtels  von  Norden  nach 
Süden  vorrückte.    Nach  dieser  Zeit  aber  fand  das  Licht  sich  ausgebreitet 


XVII.  Die  Polarlichter.  905 

über  den  ganzen  Himmel  bis  auf  ein  kleines  Segment  im  Süden  und 
verteilte  sich  in  eine  Menge  hellerer  Bogen,  die  alle  nach  dem  Scheitel 
(1er  Krone  zu  divergierten  und  deren  Mittelpunkt  von  7'*  55"*  bis  kurz  nach 
^ '  der  Stern  Beteigeuze  im  Orion  war,  wie  sich  aus  sorgfältigen  Messun- 

■n  ergab.  Man  glaubte  unter  einem  ungeheuren  Zeltdache  zu  stehen, 
;i'ssen  vom  Winde  leicht  bewegten  Falten  in  vergoldetem  Lichte  strahlten. 
Der  Konvergenzpunkt  der  Strahlen  lag  nahezu  auf  der  Verlängerungs- 
linie der  magnetischen  Inclinationsnadel.  Durch  die  Spektralanalyse 
wurde  gefunden,  dass  das  schöne  Licht,  das  man  für  weiss  oder  gelb- 
lieh hielt,  bestimmt  einfarbig  war  und  zwar  von  grünlicher,  ins  Gelb- 
liche spielender  Farbe.  Die  Sterne  waren^  verdunkelt  und  man  sah  nur 
•lie  von  erster  und  zweiter  Grösse  und  wo  das  Licht  lebhaft  war,  auch 
die  letzteren  nur  mit  Mühe.  Um  9'*  begann  das  Licht  matter  zu  werden, 
wurde  um  10  Uhr  auf  kurze  Zeit  wieder  lebhafter,  war  um  11  Uhr  schon 

lir  schwach  und  um  3*  45«^  Morgens  ganz  verschwunden.  Die  meteo- 
rologischen Erscheinungen,  welche  dem  Nordlichte  vorhergingen  und 
dasselbe  begleiteten,  sind  folgende:  Seit  drei  Tagen  war  prächtiges 
Wetter  gewesen,  heiter,  windstill,  mild  und  sehr  feucht,  aber  mit  ge- 
ringer (Luft-)Elektrizität.  Am  Morgen  des  4.  bedeckte  alles  ein  dichter 
Xebel,  der  sich  in  grosser  Menge  niederschlug.  Das  Barometer  stand 
niedrig,  begann  aber  um  Mittag  zu  steigen.  Während  der  Dauer  der 
l'>scheinung  wehte  der  Wind  leicht  aus  Norden,  die  Temperatur  war 
milde  und  das  Barometer  stieg  fortwährend  mit  grosser  Schnelligkeit. 
Die  Magnetometer  begannen  um  l'*  N.M.  sich  unruhig  zu  zeigen,  während 
'li's  Nordlichtes  aber  waren  sie  ausserordentlich  erregt;  das  Deklino- 
inoter  schwankte  zwischen  12*^35'  und  13*^14',  wurde  jedoch  nicht  be- 
^lndig  im  Auge  behalten.    Die  Telegraphenlinien  waren  von  5^  30"*  an 

■>tOrt,  das  Maximum  schien  um  6^31"*  zu  sein.  Die  (Luft-)Elektrizi- 
tät  war  beim  Beginn  schwach,  aber  gegen  Ende  stärker,  doch  nicht 
•  ussergewöhnlich  stark.  Während  des  Nordlichtes  fiel  starker  Tau  und 
wurden  zwei  schöne  Sternschnuppen  gesehen.  Dieses  Nordlicht  wurde 
auch  in  Sicilien  an  zwei  Stellen  beobachtet  und  zwar  auf  den  Höhen 
von  Palermo,  wo  es  eine  Höhe  von  50*'  erreichte."  (Daraus  wurde  ge- 
schlossen, dass  dieses  Polarlicht  nicht  nur  in  Europa,  sondern  auch 
südlich  vom  Äquator  sichtbar  war.) 

Die  Formen  des  Polarlichtes.  Die  Nordlichter  zeigen  viele 
verschiedene  Formen,  die  meistens  unstetig  sind,  plötzlich  aufflammen  und 
wieder  verblassen.  Am  stetigsten  sind  die  Bogen,  welche  bisweilen  sehr 
Koch  am  Himmel  stehen  und  ihn  wie  eine  milchweisse  Brücke  von  einigen 


906 


Physik  der  Atmosphäre. 


Grad  Breite  von  der  einen  zur  anderen  Seite  des  Horizontes  überspannen. 
Sie  können  so  scheinbar  ganz  ruhig  mehrere  Stunden  stehen.  Meistens 
verschieben  sie  sich  ganz  langsam  am  Himmel.  Bisweilen  ist  nur  ihr  eine- 
Ende  am  Horizont  stark  entwickelt,  sie  worden  dann  als  Lichtsänlen  bc- 


Figg.  273—275.     Bogenförmige  Nordlichter, 

beobachtet  1879  20.  März  9^  30™  N.M.,  21.  März  3^*  früh  und  21.  März  2h  59'"  N.M. 

an  der  Überwinterung  von  „Vega"  am  Pitlekai. 

schrieben.  Sie  sind  ungefähr  senkrecht  zum  magnetischen  Meridian 
orientiert.  In  höheren  Breiten  liegen  sie  meistens  näher  beim  Horizont 
und  ihr  Scheitel  liegt  dann  im  Mittel  im  magnetischen  Meridian.  Solche 
Nordlichtbogen  beobachtete  Nordenskiöld  ganz  regelmässig  bei  seiner 
Überwinterung  auf  der  Vega  in  der  Nähe  von  Pitlekai  am  Ostcap  Sibiriens. 


Jk 


XVIT.  Die  Polarlichter. 


907 


li^ 


Bisweilen  sind  diese  Bogen  aus  mehreren  konzentrischen  Kreisbogen 
übereinander    mit    nichtleuchtenden   Zwischenräumen   zusammengesetzt 
Figg.  273—275). 

Unter  dem  Bogen  liegt  häutig  ein  sogenanntes  dunkles  Segment, 
welches  bisweilen  auch  ohne  Bogen  auftritt.  Dieses  dunkle  Segment 
ist  in  polaren  Gegenden  nicht  so  häufig  wie  entfernter  vom  Pol.  Die 
Dunkelheit  ist  nicht  nur  eine  Kontrastwirkung  gegen  den  Bogen,  sondern 
scheint  mehr  von  der  Art  eines  bräunlichen  oder  grauen  Nebels  zu  sein. 

In  unseren  Gegenden  tritt  das  Nordlicht  in  zwei  Hauptgestalten  auf; 
.  iitweder  als  ein  diftuser  weisslicher  Schein,  welcher  hauptsächlich  über  den 
nördlichen  Teil  des  Himmels, 
bisweilen  mit  helleren  oder 
dunkleren  Flecken  ausgebreitet 
t;  oder  mehr  konzentriert, 
sserst  zarten  Cirruswolken 
von  stark  ausgesprochen  strah- 
ligem Bau  ähnlich.  Der  eigent- 
liche Unterschied  gegen  eine 
Cirruswolke  besteht  darin , 
lass  die  Strahlen  ihre  Aus- 
dehnung stark  und  häufig  sehr 
schnell  ändern.  Nach  dem  Ende 
der  Nordlichterscheinung  bleibt 
eine  gewöhnliche  Wolke  zurück. 
Die  Ähnlichkeit  mit  gewissen 
Wolken  und  das  gleichzeitige  Auftreten  beider  ist  so  auffallend,  dass  Adam 
Pauls en  das  Erscheinen  der  Nordlichter  am  hellen  Tag  studieren  konnte. 

Die  Strahlen  sind,  wie  gesagt,  meistens  milchweiss,  sie  können 
iber,  besonders  bei  starker  Entfaltung  auch  gefärbt  sein  und  zwar  grün- 
lich im  oberen,  rötlich  im  unteren  Teil.  In  polaren  Gegenden  ist 
die  Farbe  des  Polarllichtes  mehr  gelblich. 

Die  Strahlen  gehen  meistens  nahezu  in  der  Kichtung  der  Inklinations- 
nadel. Wenn  die  Strahlen  von  allen  Himmelsgegenden  aufschiessen, 
bilden  sie  die  sogenannte  Corona,  indem  sie  alle  zufolge  der  Perspektiv- 
wirkung gegen  den  Punkt  des  Himmels  zu  konvergieren  scheinen,  gegen 
welchen  die  Inklinationsnadel  zeigt.  Diese  Krone  ist  häufig  prächtig  ge- 
färbt und  fesselt  das  Auge  durch  den  stürmischen  Wechsel  ihrer  Strahlen. 
Ihr  Aussehen  wird  häufig  mit  demjenigen  eines  Zeltes  verglichen  (vgl. 
Fig.  27G,  die  ein  Negativ  der  Nordlichtkrone  nach  Gyllenskiöld  darstellt). 


^ 


Fig.  276. 
Nordlichtkrone,  Spitzbergen  1882 — 83. 


908 


Physik  der  Atmosphäre. 


In  polaren  Ländern  gestalten  sich  die  Strahlen  häufig  zu  Draperien, 
deren  Faltungen  scheinbar  unter  dem  Einflüsse  eines  Luftzuges  flattern 
(Fig.  277).  Diese  Bänder  sind  vielfach  spiralförmig  gewickelt,  und  zwar 
nach  den  Beobachtungen  von  Gyllenskiöld  in  den  überaus  meisten 
Fällen  so,  dass  sie  von  oben  gesehen  wie  ein  »S  oder  gerade  von  unten 
wie  ein  2  aussehen  (vgl.  Fig.  276  links  oben  und  rechts  unten).  Die 
Draperien  sind  nächst  der  Krone  die  prächtigste  Erscheinungsform  des 
Nordlichtes.  Man  sieht  darin  einzelne  Stellen  plötzlich  aufleuchten  und 
diese  Verstärkung  der  Lichtintensität  breitet  sich  dann  wie  ein  fort- 
schreitender begrenzter  "Wellenberg  über  den  Vorhang  aus. 


Fig   277.    Nordlichtdraperie,  nördliches  Norwegen. 

Die  Draperien  haben  bisweilen  sehr  geringe  Höhe  und  gehen  in 
Bandenform  über. 

Die  Stärke  des  Nordlichts  ist  meistens  recht  unbedeutend.  Nur  in 
vereinzelten  Fällen  erreicht  die  totale  Lichtentfaltung  die  Stärke  des 
Vollmond  -  Lichtes.  Eine  Folge  davon  ist,  dass  das  Mondlicht  sehr 
störend  auf  die  Beobachtung  von  Polarlichtern  einwirkt,  und  dass  sie 
erst  nach  dem  Verlauf  der  Dämmerung  sichtbar  werden.  Deshalb  sind  in 
Skandinavien  und  Nord-Amerika  die  Nordlichter  etwa  4—5  mal  seltener 
bei  Vollmond  als  bei  Neumond,  in  mehr  arktischen  Gegenden  (Bossekop 
in  Nord -Norwegen,  Cap  Thordsen  auf  Spitzbergen  und  Fort  Kae  in 
Polar-Amerika)  sinkt  diese  Zahl  auf  2—3.  Eine  beinahe  ebenso  niedrige 
Zahl  (etwa  3—4)   zeigen   die  Beobachtungen   von   der  südlichen  Halb- 


XVII.  Die  l'olarlichter.  909 

kugel.  Daraus  scheint  hervorzugehen,  dass  die  Intensität  des  Polar- 
lichtes im  hohen  Norden  und  im  Süden  grösser  als  in  mittleren 
Breiten  ist. 

Man  hat  häufig  in  hellen  Winternächten,  besonders  im  Norden,  wenn 
man  das  Spektroskop  gegen  den  Himmel  richtete,  die  unten  erwähnte 
charakteristische  Nordlichtlinie  mehr  oder  weniger  scharf  erkennen  können. 
Das  deutet  auf  das  Vorhandensein  von  elektrischen  Entladungen  in  der 
Atmosphäre.  Aber  nicht  nur  im  Norden  ist  diese  Erscheinung  gewöhnlich; 
iii  den  Tropen,  wo  kaum  Polarlichter  vorkommen,  findet  man  häufig  im 
Spektrum  des  reinen  Nachthimmels  die  charakteristische  gelbgrüne  Linie, 
lie  man  anfangs  dem  Zodiakallicht  zuschrieb,  die  aber  diesem  nicht  ange- 
hört (vgl.  S.  202).  In  Göttingen  ist  man  dabei,  die  Intensität  dieser 
Erscheinung  in  regelmässigen  Zeitintervallen  zu  studieren.  Ohne  Zweifel 
wird  eine  derartige  üntersuchungsmethode  bessere  quantitative  Messungen 
als  die  direkte  Wahrnehmung  des  Nordlichtes  ermöglichen  und  sie  scheint 
auch  in  Mittel-Europa,  sowie  in  bewohnten  Weltgegenden  überhaupt,  wo 
,üie  meisten  Beobachtungsplätze  gelegen  sind,  ein  viel  reicheres  Material 
s  die  direkte  Nordlichtbeobachtung  zu  ergeben.  Zwar  dürfte  die 
Erscheinung  woh]  nicht  mit  den  Nordlichtern  identifiziert  werden,  doch 
verspricht  ihre  Untersuchung  höchst  wertvolle  Resultate.  Die  Beobachtungen 
dürften  auch  kaum  in  nennenswerter  Weise  von  Mondlicht  gestört 
werden  (ausser  in  der  unmittelbaren  Nähe  des  Mondes)  und  bieten  da- 
durch einen  wesentlichen  Vorteil  hei  Untersuchungen  über  den  Einfluss 
des  Mondes  auf  die  polarlichtähnlichen  Erscheinungen. 

Das  Spektrum  desNordlichtesist  von  mehreren  Beobachtern,  unter 

o 

anderen  A.J.  Angström,  C.Vogei,  Gyllenskiöld  und  Adam  Paulsen 

O 

beobachtet  worden.  Angström  fand  in  dem  Nordlichtbogen  häufig  eine 
einzige  kräftige  Linie,  die  sogenannte  Nordlichtlinie,  die  im  gelbgrünen 
Teil  des  Spektrums  liegt  (2  =  556,7  ii[i).  Bei  intensiveren  Nordlichtern 
treten  andere  Lichtarten  auf,  welche  dem  Spektrum  des  negativen 
Ghmmlichtes  in  einer  Geissler-Köhre  oder  dem  Luftgase -Spektrum 
■ntsprechen  (vgl.  Taf.  2,1). 

Die  genauesten  Bestimmungen  dieser  Art  sind  von  der  dänischen 
Nordlichtexpedition  nach  Island  im  Jahre  1899 — 1900  unter  Adam 
Haulsens  Leitung  ausgeführt  worden.  Ein  Spektrograph ,  dessen 
optische  Teile  aus  Islandspath  und  Quartz  verfertigt  waren,  diente  zum 
Photographieren  der  Nordlichtlinien.  Einige  derselben  waren  so  schwach, 
lass  sie  mit  dem  Auge  nicht  entdeckt  werden  konnten,  obgleich  sie  im 
ichtbaren  Teil  des  Spektrums  sich  befanden.    Die  Expositionszeit  betrug 


910  Physik  der  Atmosphäre. 

für  einige  Linien  bis  zu  14  Tagen,  wobei  das  Spektroskop  auf  die  nord- 
lichtreichsten  Teile  des  Himmels  gerichtet  stand.  Auf  diese  Weise 
wurden  sechszehn  neue  Linien  im  Nordlichtspektrum  aufgefunden.  In 
der  folgenden  Tabelle  sind  die  Polarlicht-Linien  nach  ihrer  Wellenlänge 
in  (i[i  aufgeführt.  Nebenan  ist  die  Lichtstärke  der  Linien  nach 
Schätzung  des  Eindruckes  auf  der  photographischen  Platte  angegeben. 
Dieses  Spektrum  wurde  mit  demjenigen  verglichen,  welches  von  dem 
Licht  in  der  Nähe  der  Kathode  einer  mit  den  Gasen  der  Luft  ge- 
füllten Geis  sl  er  sehen  Röhre  erzeugt  wurde.  Es  ging  aus  dem  Ver- 
gleich hervor,  dass  alle  Nordlichtlinien  in  diesem  Spektrum  vorkommen, 
nur  mit  verschiedener  relativer  Intensität.  Ausserdem  enthält  das 
kathodische  Luftspektrum  eine  bedeutende  Anzahl  (26)  andere  Linien 
die  im  Nordlichtspektrum  nicht  aufgefunden  wurden.  Was  speziell  die 
sogenannte  Nordlichtlinie  556,7  y,ii  betriflFt,  so  ist  sie  neben  der  Linie 
391,7  nn  (im  ultravioletten)  die  kräftigste  im  kathodischen  Luftspektrum 
(beide  haben  die  Intensität  12).  Die  wichtigsten  Nordlichtlinien  sind 
nach  Paulsen  die  folgrenden: 


k  =  (1(1 

Int. 

X  =^  Uli      Int. 

558,0  —  554,4 

10 

407,0          1 

470 

— 

405,0  —  403,0     2 

463 

—  • 

400,7  —  397,5     2 

455 

— 

395,0  —  393,5     1 

449 

— 

391,8-389,3  12 

441,5  -  439,0 

1 

380,5—378,0     2 

436,0  —  430,5 

1 

375,0  —  373,3     2 

428,5  —  425,0 

10 

370,7—368,6     1 

422,5  —  420,2 

2 

357,5—356,8     5 

417 

— 

353,0  -  352,3     2 

412 

— 

337,2  —  336,9     4 

e  Lichtstärke 

(unte 

r  Int.)  nicht  angegeben  ist,  hat  sie  einen 

sehr  niedrigen  Wert. 

Durch  diese  Untersuchung  ist  festgestellt,  dass  das  Nordlicht- 
spektrum nichts  anderes  ist  als  das  Spektrum  von  Luft,  die  durch  elek- 
trische Entladungen  in  der  Nähe  der  Kathode  zum  Leuchten  gebracht 
ist  und  zwar,  wie  später  gezeigt  worden  ist,  gehören  die  Linien  den  neu- 
entdeckten seltenen  Elementen  der  Luft  an.  Früher  suchte  man  die  Nord- 
lichtlinie, welche  bei  klaren  Winterabenden  im  Norden  fast  immer  sieht- 


p 


XVIT.  Die  Polarlichter.  91  j 


Itar  ist  und   auch  unter  den  Tropen  bei  klarer  Witterung  aufgefunden 
wurde,  vergeblich  in  irdischen  Lichtquellen. 

Als  Kand  Capron   im  Jahre  1879   das  Nordlichtspektrum  unter- 
suchte, konnte  er  in  demselben  die  Lage  von  nur  neun  Linien  feststellen, 
von  nur  eine  mit  einer  Luftlinie  identifiziert  werden  konnte. 
Stassano    hat    die    verschiedenen   Beobachtungen    des   Nordlicht- 

jiektruras,  besonders  diejenigen  der  schwedischen  Expedition  von  1882 
bis  1883  (Gyllenskiöld)  und  der  genannten  dänischen  Expedition  einer 
näheren  Diskussion  unterworfen.  Er  konnte  die  Lage  von  etwa  hundert 
Linien  im  Nordlichtspektrum  feststellen,  von  welchen  etwa  zwei  drittel 
len  neuentdeckten  seltenen  Elementen  in  der  Luft  angehören.  Die 
isten   derselben  w^erden   dem  Argon  zugeschrieben,  nach  Dewar  ge- 

rt  ein  Teil  derselben  dem  Krypton  und  Xenon  an.  Die  rosige  Farbe 
in  den  unteren  Teilen  der  Nordlichtstrahlen,  besonders  bei  Draperien, 
rührt  wahrscheinlich  von  Neon  her,  welches  an  roten  und  orangefarbenen 
Strahlen  reich  ist.  Das  Neon  findet  sich  wegen  seines  niedrigen 
Molekulargewichts  (20)  wahrscheinlich  in  relativ  grosser  Menge  in  der 
höchsten  Atmosphäre.  Nach  Collie  und  ßamsay  lassen  Helium  und 
Neon  am  leichtesten  eine  elektrische  Entladung  durchgehen  (Schlagweite 
250—300  mm) ,  darauf  folgt  Argon  (45,5  mm)  und  Wasserstoff  (39  mm), 
und  viel  später  Sauerstoff  und  Stickstoff  (etwa  13  mm  nach  Farad ay). 
Die  Hauptlinie  des  Nordlichtes  fällt  mit  einer  Kryptonlinie  zusammen, 
worauf  Berthelot  zuerst  die  Aufmerksamkeit  lenkte. 

Sehr  interessant  ist  auch,  dass  nach  Stassano  nicht  weniger  als 
14  Spektrallinien  der  von  Deslandres  und  Haie  untersuchten  Protube- 
ranzen  den  seltenen  Gasen  der  Erdatmosphäre  entsprechen.  Von  339  Spek- 

illinien  der  Corona  vom  Mai  1901,  photographiert  von  Humphreys, 

hören  209  Krypton  und  Xenon  an,  die  übrigen  zum  grossen  Teil  Argon, 

nige  Sauerstoff  und  Stickstoff  an  (nach  Dewar). 

Die  Höhe  des  Nordlichts.  Schon  früh  versuchte  man  aus 
gleichzeitigen  an  verschiedenen  Stellen  ausgeführten  Messungen  des 
Höhenwinkels  des  Nordlichtbogens  und  einiger  sehr  stark  markierter 
N'ordlichtstrahlen  die  Höhe  des  Nordlichts  zu  bestimmen.  Einige  ältere 
solche  Messungen,  die  jedoch  mit  grosser  Unsicherheit  behaftet  sind^ 
mögen  hier  nebst  ihren  Beobachtern  angeführt  werden. 

Thorbern  Bergman  (30  Beobachtungen)    .    .    .    770  km. 

Ferner  (13  Beobachtungen) 220—1660  km. 

Englische  Beobachter 80—160  km, 


912  Physik  der  Atmosphäre. 

Bravais,  Bossekop 100 — 200  km. 

De  Mairan 900  km. 

Loomis  (28.  Aug.  und  2.  Sept.  1859)  untere  Grenze  24 — 74  km. 

„        obere  Grenze 810—860  km, 

Galle 300  km. 

Gegenüber  diesen  meist  ungeheuren  Höhen  steht  eine  Anzahl  von  Beob- 
achtungen (z.B.  der  Franklinschen  Expedition  1825—1827),  bei  welchen 
Nordlichtstrahlen  unter  Wolken  oder  Bergrücken  gesehen  wurden,  also 
sehr  niedrig  liegen  mussteu.  So  beobachtete  Parry  in  Port  Bowen 
(73°  n.  Br.)  einen  Nordlichtstrahl  vor  einem  214  m  hohen  Ufer.  Liais 
berechnete  die  Höhe  eines  auf  Neu-Fundiand  gesehenen  Nordlichts  zu 
800  m,  Farquharson  diejenige  einiger  schottländischen  Nordlichter 
zu  1200  m.  Lem ström  sah  auf  Spitzbergen  das  Nordlicht  zwischen 
seinem  Schiff  und  300  m  hohen  Bergen.  Derselbe  Beobachter  sah  sogar 
im  Nordfinnland  die  Nordlichtlinie  in  der  Luftsäule  zwischen  sich  und 
einem  einige  Meter  entfernten  schwarzen  Tuch.  Auch  Wejp recht 
schliesst  aus  Beobachtungen  bei  Franz-Josephsland  1872 — 74,  dass  Nord- 
lichtstrahlen in  nicht  allzu  grosser  Entfernung  von  der  Erdoberfläche 
vorkommen.  Auch  bei  einigen  im  südlichen  Polargebiet  angestellten 
Beobachtungen  hat  man  Eisberge  in  einem  polarlichtähnlichen  Schimmer 
eingehüllt  gesehen. 

Im   allgemeinen   scheinen  die  Polarlichter  um  so  höher  zu  liegen, 
je  weiter   von  den  Polen   ab  sie  beobachtet   werden.    Die   neueren  Be- 
stimmungen, bei  welchen  die  Höhe  des  Nordlichts  durch  Messungen  mit 
Theodoliten  an  den  durch  Telephon  verbundenen  Enden  einer  Basis  be- 
stimmt wurden,  bestätigen  die  angeführten  Messungen.    Nach  den  von 
Paulsen  auf  Island  gemachten  Bestimmungen  ist  die  Höhe  des  Nord-' 
lichts  etwa  400  km,  nach  denjenigen  von  Gyllenskiöld  zu  Cap  Thordsenl 
auf  Spitzbergen  im  Mittel  55  km  (Minimum  12,  Maximum  63  km).   Bis-| 
weilen  beobachtet  man  aber  nordlichtähnliche  Erscheinungen  viel  näher' 
beim  Boden  (in  Grönland  und  auf  Spitzbergen). 

Die  jährliche  und  tägliche  Schwankung  der  Polarlicht- 
frequenz. Die  Polarlichter  zeigen  eine  sehr  kräftig  ausgeprägte, 
jährliche  Periode,  wie  aus  folgenden  Ziffern  hervorgeht,  welche 
die  Anzahl  der  beobachteten  Nordlichter  in  den  verschiedenen  Monaten 
angeben.  Diese  Daten  sind  einer  von  Ekholm  und  Arrhenius  zu- 
sammengestellten Statistik  über  die  Frequenz  der  Polarlichter  eni 
nommen. 


XVII.  Die  Polarlichter.  913 

ychwecleu    Norwegen     Island  u.     Ver.  Staat,  v.  Südlichter 
Grönland       NordAm. 

1883— 9G    1861—95    1872-92   1871—93    1856—94 


Jan. 

1056 

251 

804 

1005 

56 

Feb. 

1173 

331 

734 

1455 

126 

März 

1312 

335 

613 

1396 

183 

April 

568 

90 

128 

1724 

148 

Mai 

170 

6 

1 

1270 

54 

Juni 

10 

0 

0 

1061 

40 

Juli 

54 

0 

0 

1223 

35 

Aug. 

191 

18 

40 

1210 

75 

Sept. 

1055 

209 

455 

1735 

120 

Okt. 

1114 

353 

716 

1630 

192 

Nov. 

1077 

326 

811 

1240 

112 

Dez. 

940 

260 

863 

912 

81 

Mittel 

121 

181 

430 

1322 

102 

Der  jährliche  Gang  hat  zwei  verschiedene  Typen.  Der  einfachste 
zeigt  nur  ein  einziges  Maximum  zur  dunkelsten  und  ein  Minimum  zur 
hellsten  Jahreszeit.  Diesem  Typus  folgen  die  Beobachtungen  aus 
Grönland  und  Island.  Da  die  Beleuchtung  einen  sehr  nachteiligen  Ein- 
tliiss  auf  die  Sichtbarkeit  des  Polarlichtes  ausübt,  da  es  erst  nach  Ende 
ler  Abenddämmerung  und  vor  Beginn  der  Morgendämmerung  gesehen 

'Tden  kann,   so  ist  leicht  zu  verstehen,   dass  in  Gegenden  nahe   am 

i  r  nördlich  vom  Polarkreis  keine  Nordlichter  um  die  Sommersonnen- 
iide  beobachtet  werden.    Auch  -das  jedenfalls  recht  unscharfe  Maxi- 
mum zur  Wintersonnenwende  wird  so  verständlich. 

Ganz  anders  verhalten  sich  Gegenden,  wo  der  Unterschied  der 
Tageslänge  in  verschiedenen  Jahreszeiten  nicht  so  scharf  ausgeprägt  ist. 
Hierher  gehören  die  Nordlichtbeobachtungen  aus  den  Vereinigten  Staaten 
Xürdamerikas  und  die  Südlichtbeobachtungen,  die  im  allgemeinen  in 
nicht  all  zu  hoher  südlicher  Breite  (etwa  40^)  vorgenommen  worden 
sind.    Da  hat  man  ein  doppeltes  Maximum  im  Frühling  und  im  Herbst 

März-April  und  Sept.-Okt.)  und  ein  doppeltes  Minimum  im  Dez.-Jan. 
und  im  Juni -Juli.  Das  Winterminimum  ist  das  Hauptminimum 
trotz  der  längeren  Nacht.  (Dez.  in  Nord. -Amerika,  Juli  auf  der  Süd- 
halbkugel). 

Ein   Zwischenglied  zwischen  diesen  Gegensätzen  bilden  die   Beob- 

htungen  aus  Skandinavien.     In  diesen  Beobachtungsreihen  tritt  das 

All- heu  ins,  Kosmisclie  Physik.  58 


914  Physik  der  Atmosphäre. 

doppelte  Maximum  im  Frühling  und  Herbst  sehr  deutlich  hervor.  Da- 
Soramerminimum  ist  aber  bedeutend  tiefer  als  das  Winterminimuui. 
Dies  ist  in  den  norwegischen  Beobachtungen,  entsprechend  der  nörd- 
licheren Lage,  deutlicher  als  in  den  schwedischen  zu  sehen. 

Wahrscheinlich  würde,  wenn  man  wegen  des  schwächenden  Einflüsse 
der  Belichtung  korrigieren  könnte,  überall  die  Polarlichtfrequenz  denselben 
Gang  wie  in  Nordamerika  und  auf  der  südlichen  Halbkugel  zeigen. 

Der  tägliche  Gang  der  Nordlichtfrequenz  ist  viel  weniger  ausgeprägt. 
Eigentlich  kann  man  ihn  wegen  des  störenden  Einflusses  der  Belichtun'j 
nur  an  Polarstationen  in  der  langen  Winternacht  studieren.  Auch  dort 
ist  es  nötig,  eine  Korrektion  wegen  der  wechselnden  Helligkeit  einzu- 
führen. Auf  diese  Weise  fand  Carlheim -Gyllenskiöld,  dass  das 
Maximum  auf  Spitzbergen  (Cap  Thordsen)  um  '2^  40"*  N.M.  liegt.  Das 
Minimum  der  recht  schwach  ausgeprägten  Periode  fällt  um  1^  40"*  V.M. 

In  Gegenden,  wo  Tag  und  Nacht  wechseln,  kann  man  nur  konsta- 
tieren, dass  das  Polarlichtmaximum  vor  Mitternacht  fällt.  Nach  Fritz 
trifft  das  tägliche  Maximum  in  Mitteleuropa  (SO^n.  Br.)  etwa  um  O'*  abends 
ein,  an  nördlicher  gelegenen  Orten,  wie  üpsala  und  Christiania  (60*^  n.  Br.) 
um  g'^  30"»  bis  10^  ,  bei  Bossekop  (70»  n.  Br.)  um  lO'^  30*"  N.M.  In 
Amerika  scheint  das  Maximum  um  etwa  eine  Stunde  später  als  unter 
der  gleichen  Breite  in  Europa  einzutreffen.  Für  70^  31'  S.Br.  und  85*^ 
16'  W.  L.  (Winterquartier  der  Belgica  1898)  fand  Arctowski  ein  Ma- 
ximum um  9^^  N.M. 

Andere  Perioden  der  Polarlichter.  Schon  frühzeitig  bemerkte 
man,  dass  die  Polarlichter  in  einigen  Zeitabschnitten  recht  häufig  sind, 
in  anderen  dagegen  beinahe  nicht  zu  beobachten.  Es  war  eine  ver- 
stärkte Intensität  der  Nordlichter  zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts, 
welche  De  Mairan  zu  seiner  klassischen  Bearbeitung  des  bis  dahin 
vorliegenden  Nordlichtmateriales  veranlasste.  De  Mairan,  Wargentin 
und  Torbern  B  er  gm  an  hoben  auch  die  Periodicität  des  Nordlichts 
hervor,  vermochten  aber  bei  dem  ziemlich  unregelmässigen  Gang  der 
Periode  ihre  Länge  nicht  festzustellen. 

Die  Länge  der  Periode  konnte  auch  kaum  eher  festgestellt  werden, 
als  bis  man  ihre  Übereinstimmung  mit  der  Periode  der  Sonnen- 
flecken auffand  (Fritz  1862).  Diese  Periode  beträgt  im  Mittel  11,1  Jahre. 
Ihre  Übereinstimmung  mit  der  Sonnenfleckenhäufigkeit  geht  aus  der  Kurve 
Fig.  47  (S.  133)  hervor.  Fritz  giebt  folgende  Daten  für  die  Maximi-  und 
Minimijahre  der  Nordlichter  in  Europa  südlich  des  Polarkreises,  welchen 
nach   1874  Ziffern   aus   den  Vereinigten  Staaten  Nordamerikas    hinzu- 


I 


XVIL  Die  Polarlichter. 


615 


i'fügt  siud.    Oben  stehen  die  Maximal-  und  Mininialjahre  der  Sonnen- 
liecken,  darunter  diejenigen  der  Polarlichter: 

Flecke  1728     34    39     45  50     55    62     67    70     76    78     85    88     98 

Xordl.  1730    35    41     44  49     55     61     66    73     75    78     83    88     99 

Flecke  1804  11  16   25  30  54   37   44  48  5(?   60  67  71   78  83  85  93 

Nordl.  1805  11  19  22   30  54   40   44  50  56  62   6'/?  71   78  82  S5  93 

Der  Gang  der  beiden  Reihen  stimmt  ausgezeichnet  überein.  Noch 
auffälliger  ist  die  Übereinstimmung  für  die  Südlichter  in  der  Zeit  1856 
bis  94,  wie  die  nebenstehenden  Kurven  zeigen  (Fig.  278). 


Südlichtef 
iO-'O^SBr 


Fig.  278. 

Bei  näherer  Untersuchung  findet  man  indessen  im  neueren  Material 
iue  Eigentümlichkeit,  die  auch  ein  wenig  in  den  letzterwähnten  Kurven 
hervortritt.  Zwischen  zwei  stark  ausgeprägten  Hauptmaximis  tritt  ein 
sekundäres  Maximum  in  der  Minimumzeit  auf,  so  dass  das  Minimum 
in  zwei  Partialminima  zerlegt  wird.  Dies  zeigt  sich  sowohl  in  dem 
skandinavischen  als  auch  in  dem  amerikanischen  Beobachtungsmaterial 
neueren  Datums,  wie  auch  teilweise  bei  den  Südlichtem.  Auf  Island 
und  Grönland  glaubte  sogar  Tromholt  einen  entgegengesetzten  Gang 
iler  Polarlichter  und  der  Sonnenflecken  konstatiert  zu  haben;  nähere 
l  iitersuchungen  scheinen  keinen  einfachen  Zusammenhang  zwischen 
diesen  und  den  isländisch- grönländischen  Polarlichtern  zu  ergeben. 

Während  kürzerer  Zeiträume,  wie  während  eines  Jahres  oder  eines 
Monats,  scheint  kein  ausgeprägter  Zusammenhang  zwischen  Polarlichtern 

58* 


916  Physik  der  Atmosphäre. 

und  Sonnenilecken  vorzuliegen.    Vielleicht  machen  die  Südlichter  in  dieser 
Beziehung  eine  Ausnahme, 

Mit  der  Sonnenthätigkeit  steht  auch  ohne  Zweifel  die  25,929  Tage 
lange  Periode  der  Polarlichter  in  Zusammenhang.  Die  Schwankung  nach 
dieser  Periode  ist  am  grössten  für  die  Südlichter  mit  einer  Amplitude 
von  +  44  Proz.,  danach  kommt  Norwegen  mit  +  23  Proz.  und  Schweden 
mit  +11  Proz.  Island  und  Grönland  sowie  Nordamerika  zeigen  diese 
Schwankung  sehr  undeutlich  (Amplitude  +  6  Proz.).  Was  diese  Schwan- 
kung noch  mehr  sicher  stellt,  ist  der  Umstand,  dass  in  de^  drei  aus- 
geprägten Fällen  das  Maximum  auf  denselben  Tag  fällt,  nämlich  auf  den 
16.  Tag  einer  Periode,  wo  als  Epoche  (0:ter  Tag)  1728  Jan.  1,0  nach 
Gregorianischem  Kalender  gewählt  ist.  (Diese  Epoche  entspricht  1901 
Jan.  2,3.  Aus  Schweden  liegen  Beobachtungen  bis  vom  Jahre  1722  vor.) 
Auch  der  Mond  übt  einen  deutlichen  Einfluss  auf  die  Häufigkeit 
der  Polarlichter  aus.  Dieser  Einfluss  ist  teilweise  nur  scheinbar  und 
beruht  darauf,  dass  die  Sichtbarkeit  der  Polarlichter  bei  Mondlicht  ver- 
mindert wird.  Man  muss  deshalb  wegen  dieser  Störung  eine  Korrektion 
einführen.  Dies  kann  in  verschiedener  Weise  geschehen.  Seitdem  diese 
Korrektion  eingeführt  ist,  findet  man  eine  recht  bedeutende  Schwankung 
der  Polarlichter  nachdem  tropischen  Monat  (Ekholm  und  Arrhenius). 
Schon  Cotte  (1769)  glaubte  einen  solchen  Einfluss  des  tropischen  Monats 
(27,322  Tage)  nachgewiesen  zu  haben.  Sein  Material  war  zu  knapi^ 
(131  Beobachtungen)  und  ohne  Korrektion  für  das  Mondlicht  von  ihm  be- 
arbeitet worden,  weshalb  die  Richtigkeit  seiner  Schlussweise  von  späteren 
Forschern  (Fritz)  beanstandet  wurde.  Das  von  Ekholm  und  Arrhenius 
angewandte  Material  umfasste  41835  Polarlichtbeobachtungen  in  den 
Jahren  1722—1896,  wovon  1222  Südlichter  betrafen.  Dieses.  Material 
wurde  mit  Hilfe  der  harmonischen  Analyse  behandelt  und,  um  Beleuch- 
tungsverhältnisse nach  Möglichkeit  zu  variieren,  getrennt  für  das  Sommer- 
halbjahr bearbeitet.  Die  Amplitude  (halbe  Schwankung)  betrug  für  die 
Polarlichtbeobachtungen. 

Schweden 24  Proz.     5,3.  Tag 

Norwegen 21      „       5,8.      ,, 

Island  und  Grönland     ....     12      „       5,8.      „ 

Nordamerika 14      „       5,2.      „ 

Polarstationen,  nördliche    ...    21      „       4,6.      „ 

Alle  Nordlichter 19      „       5,3.      „ 

„            „            (Sommer)    .    .     19      „       7,3.      „ 
Südlichter 25      „      17,1.      „ 


Ampi.     Tag 

Nordamerika    .    . 

8  Proz.    7,2. 

Alle  Nordlichter 

.  12     „       6,1. 

Alle  Südlichter     . 

8     „      23,1. 

XVII.  Die  Polarlichter.  917 

Ordnet  man  das  Material  so,  dass  die  Tage,  an  welchen  Polarlichter 
)bachtet  wurden,  als  gleichwertig  gerechnet  werden,   ohne  Rücksicht 
if  die  Anzahl  aufgezeichneter  Beobachtungen,   so  erhält  man  folgende 
Ziffern: 

Ampi.       Tag 

(hweden 16  Proz.    5,7 

.Vorwegen 16      „       6,3 

Island  und  Grönland .      7      „       5,5 

Die  Schwankung  ist  also  sehr  bedeutend.  Das  Maximum  tritt  an 
jm  oben  angegebenen  Tage  ein,  wobei  als  Nullpunkt  der  Zeitrechnung 
Ir  Augenblick  gilt,  in  welchem  der  Mond  den  Äquator  von  Norden 
ich  Süden  passierte. 

Eine  Viertelperiode  beträgt  nun  6,8  Tage,    folglich  geht  das  Nord- 

^htmaximum  dem  südlichen  Lunistitium  etwa  einen  Tag  voraus.     Das 

rimum   ist   abgeflacht,   das  Minimum   um  so  schärfer,   es  liegt  kurz 

dem  nördlichen  Lunistitium.    Im  Gegensatz  zum  Einfluss  der  Sonne 

also  ein  hoher  Stand  des  Mondes  für  die  Entfaltung  der  Nordlichter 

»günstig.     Für    die   Südlichter  trifft   das  Maximum  etwa  am  20.  Tag 

d.  h.  7,3  Tage  vor  dem  Nullpunkt  und  einen  halben  Tag  vor  dem 

Irdlichen  Lunistitium. 

Die  Schwankung  geht  also  nördlich  und  südlich  vom  Äquator  in 
igekehrtem  Sinne  und  wird  am  Äquator  verschwindend.  Es  scheint 
Auch  aus  dem  Material  hervorzugehen,  dass  die  Schwankung  in  polaren 
Ländern  am  grössten  ist;  nur  sollte  man  danach  eine  etwas  grössere 
Ziffer  für  die  isländisch-grönländischen  Nordlichter  erwarten. 

Beziehungen  der  Polarlichter  zumErdmagnetismus  und  zur 
Luftelektrizität.  Die  ersten  Beobachtungen  darüber,  dass  Nordlichter 
die  Magnetnadel  in  Unruhe  versetzen,  stammen  von  Hiorter  und  Cel- 
sius inüpsala  aus  dem  Jahre  1741.  Seitdem  haben  die  meisten  Beobachter 
dieser  Erscheinungen  gefunden,  dass  Polarlichter  sehr  häufig  von  magne- 
tischen Störungen  begleitet  sind.  Auch  folgen  beide  Erscheinungen  dem 
lang  der  Sonnenflecke. 

In  den  Jahren  1847  und  1848  fand  Siljeström  zu  Bossekop  im 
nördlichsten  Norwegen,  dass  die  Art  der  Störung  (östliche  oder  westliche) 
mit  dem  Übergange  des  Nordlichts  vom  Norden  nach  dem  Süden  des 
Himmels  zusammenhing.  Diese  Beobachtung  stimmte  mit  einer  von 
Hansteen  in  Christiania  in  den  Jahren  1830  und  1831  gemachten  über- 
ein.   Im  Jahre  1830  war  die  Deklinationsstörung  östlich,  am  7.  Jan.  1831 


918  Physik  der  Atmosphäre. 

dagegen,   als   das  Nordlicht  sich  weit  nach  Süden   verbreitete,   war  siv 
mehr  westlich. 

Diese  Beobachtungen  scheinen  anzudeuten,  dass  in  den  Nordlicht- 
strahlen eine  Strömung  von  positiver  Elektrizität  von  unten  nach  oben 
stattfindet.  Findet  diese  Strömung  (magnetisch)  nördlich  von  der  Magnet- 
nadel statt,  so  wird  sie  nach  Osten  abgelenkt,  und  umgekehrt,  wenn 
die  Strömung  im  Süden  der  Nadel  sich  entwickelt.  Wijkander  hat 
ebenfalls  aus  den  Beobachtungen  der  magnetischen  Störungen  bei  der 
Expedition  nach  Spitzbergen  1872  — 1873  geschlossen,  dass  bei 
Nordlichtern  positive  Elektrizität  hinaufströmt.  Zu  demselben  Schluss 
führen  die  Beobachtungen  aus  Spitzbergen  vom  Jahre  1882 — 83,  indem 
die  östlichen  Störungen  der  Deklination  ihr  Maximum  am  Vormittag 
(5  Uhr)  ungefähr  gleichzeitig  mit  der  nördlichsten  Lage  der  Nordlichter 
^Qh  45m  Y^ M)  erreichen ,  während  die  westlichen  Störungen  und  die  süd- 
liche Lage  der  Nordlichter  am  Abend  (7^  bezw.  8'*  50"^  N.  M.)  durch  ihre 
Maxima  gehen. 

Die  auffälligsten  Erscheinungen  dieser  Art  beobachtete  zu  derselben 
Zeit  Paul sen  in  Godthaab  auf  Grönland.  Die  Nordlichtstrahlen,  welche 
im  allgemeinen  in  der  Eichtung  der  magnetischen  Kraftlinien  verlaufen, 
stehen  dort  nahezu  senkrecht.  Eine  Nordlichtdraperie,  die  im  Süden  liegt 
und  über  den  Beobachter  hin  nach  Norden  wandert,  erscheint,  wenn  sie 
durch  den  Zenith  geht,  in  der  Form  eines  Bandes.  Pauls en  und  seine 
Mitarbeiter  beobachteten  nun,  dass  in  dem  Moment,  in  welchem  ein 
solches  Nordlichtband  den  Zenith  durchlief,  die  Magnetnadelstellung  sich 
änderte,  und  zwar  war  die  Abweichung  östlich,  so  lange  das  Nordlicht 
im  Norden,  westlich,  so  lange  es  im  Süden  stand. 

Polarlichtentfaltungen  brauchen  nicht  von  magnetischen  Störungen 
und  diese  wiederum  nicht  von  Polarlichtern  begleitet  zu  sein.  Diese  Be- 
merkung ist  schon  längst  gemacht  worden,  ohne  die  Ansicht,  dass  die 
Polarlichter  mit  elektrischen  Entladungen  verknüpft  sind,  erschüttern 
zu  können.  Die  Störungen  erreichen  nur  selten  die  Grössenordnung 
von  einem  oder  ein  paar  Graden,  in  einem  vereinzelten  Fall  (Polarisbai 
am  Febr.  1872  nachBessels)  erreichte  die  Störung  12*^.  (Hood  scheint 
nach  Fritz  noch  grössere  Abweichungen  zu  Cumberlandhouse  1820  -1821 
beobachtet  zu  haben).  Im  allgemeinen  scheinen  die  Störungen  in  der 
Nähe  der  magnetischen  Pole  —  wie  ja  zu  erwarten  —  ungewöhnlich 
grosse  Winkel  zu  umfassen.  So  erreichte  die  Schwankung  der  Dekli- 
nationsnadel zwischen  8^*  V. M.  und  4'*  N.M.  am  15.  Nov.  1882  etwa 
10,2^  zu  Kinguafjord,  10,8*^  zu  Fort  Conger  und  4,4^  zu  Fort  Rat  gegen  nur 


I 


XVIT.  Die  Polarlichter.  gjg 


nr 


0.2''  zu  Pawlowsk.  Schwache  Nordlichter,  besonders  wenn  sie  ziemlich 
^leichmässig  nach  Norden  und  Süden  von  der  Beobachtungsstelle  ver- 
leitet sind  und  in  hohen  oder  überhaupt  entfernten  Luftschichten  ihren 
itz  haben,  können  sehr  wohl  die  Magnetnadel  in  Ruhe  lassen, 
ndererseits  kann  die  Magnetnadel  durch  andere  Umstände,  wie  heftige 
Winde,  Erdströme,  Erdbeben  und  durch  mechanische  Erschütterungen 
in  Unruhe  versetzt  werden. 

Trotzdem  sind  nicht  alle  solche  Abweichungen  in  dieser  Weise  zu 
erklären.  Man  hat  prachtvolle  Nordlichter  beobachtet,  bei  welchen  die 
Magnetnadel  ruhig  blieb.  Häufig  hat  man  beobachtet,  das  die  magne- 
tischen Störungen  einige  Stunden  (4 — 6)  vor  der  stärksten  Nordlicht- 
tfaltung  ihr  Maximum  erreichten. 

Paulsen  wurde  daher  zu  der  Annahme  geführt,  dass  die  Polar- 
ihter  nicht  notwendig  in  der  Strömungsbahn  der  gleichzeitigen 
ktrischen  Entladung,  sondern  häufig  zur  Seite  derselben  ungefähr 
e  die  Kathodenstrahlen  entstehen.  Er  nahm  deshalb  an,  dass  die 
larlichter  Folgen  von  Kathodenstrahlen  seien.  Auf  diese  Weise 
klärte  er  die  Wolkenbildung,  welche  meistens  den  Polarlichtern 
gt  und  im  dunklen  Segment  sich  geltend  macht  (vgl.  S.  907).  Die 
thodenstrahlen  rufen  nämlich  nach  Lenards  Untersuchungen  Konden- 
.tionen  hervor.  Weiter  war  auf  diese  Weise  die  Richtung  der  Nord- 
htstrahlen  parallel  der  Richtung  der  magnetischen  Kraftlinien  leicht 
m  deuten.  Wenn  nämlich  ein  Bündel  von  Kathodenstrahlen  schräg  zu 
den  Kraftlinien  des  magnetischen  Feldes  gerichtet  ist,  so  wird  seine 
Richtung  stetig  abgelenkt,  so  dass  es  eine  Spirale  um  eine  Kraftlinie 
beschreibt  und  in  einiger  Entfernung  als  längs  der  Kraftlinie  verlaufend 
'  rscheint.  Da  weiter  der  Zusammenhang  der  Polarlichter  mit  der  Sonnen- 
-trahlung  deutlich  hervortritt,  nahm  Paulsen  an,  dass  „die  elektrischen 
Moleküle  die  Energie  der  Sonnenstrahlen  aufspeichern  und  dieselbe  nach- 
her in  Form  von  Polarlichtern  abgeben." 

Die  Beobachtungen  über  die  Strömungsrichtung  der  Elektrizität 
bei  Polarlichtentfaltungen  lehren,  dass  das  elektrische  Potential  der 
äussersten  Luftschichten  negativ  gegenüber  demjenigen  der  mittleren 
Luftschichten  ist.  Zu  den  elektrischen  Ladungen  der  Brdoberfläche 
und  der  ihr  nächstliegenden  Luftschichten,  welche  negativ  sind, 
und  der  mittleren  Luftschichten  (2000— 5000- m  Höhe),  welche  ungefähr 
benso  stark  und  positiv  sind,  kommt  also  noch  eine  Ladung  der  höheren 
Luftschichten  mit  negativer  Elektrizität  hinzu.  Wenn  neuerdings  mehr- 
fach die  Ansicht  geäussert  worden  ist,  dass  die  Erde  als  Ganzes  ungeladen 


920  Physik  der  Atmosphäre. 

sei,  nachdem  die  beiden  zuerst  erwähnten  Ladungen  einander  ziemlich 
ausgleichen,  so  ist  die  Ladung  der  höchsten  Luftschichten  dabei  tiber- 
sehen worden. 

Die  Nordlichter  haben  einen  Einfluss  auf  die  elektrische  LadunL 
der  Erde.  So  z.  B.  berichtet  Pauls en,  dass  bisweilen  bei  starken 
Nordlichtentfaltungen  die  Erde  positiv  geladen  wird,  oder  wie  man  ge- 
wöhnlich sich  ausdrückt,  die  Luftelektrizität  wird  negativ.  Es  ist  leicht 
einzusehen,  dass,  wenn  positive  Elektrizitätsmengen  aus  den  mittleren 
Luftschichten  hinauf  zu  den  höchsten  atmosphärischen  Schichten  strömen 
und  von  da  zur  Seite  sich  ausbreiten,  die  negative  Ladung  der  Erde 
abnehmen  muss.  Wenn  die  positive  Ladung  der  mittleren  Schichten 
sogar  durch  eine  negative  Ladung  ersetzt  wird,  so  kann  die  Ladung  der 
Erde  ebenfalls  ihr  Zeichen  wechseln.  Jedoch  scheint  dies  nach  den  Beob- 
achtungen Andre  es  auf  Spitzbergen  nur  selten  vorzukommen;  bei  den 
kräftigsten  Nordliehtentfaltungen  sank  das  Potentialgefälle  auf  im  Mittel 
53  Proz.  seines  normalen  Wertes.  Kurze  Zeit  danach  nahm  aber  das  Potential- 
gefälle wieder  relativ  hohe  Werte  an.  Die  in  den  mittleren  Luftschichten 
angehäuften  negativen  Elektrizitätsmengen  wurden  offenbar  bald  (durch 
Niederschlag)  zur  Erde  geführt  und  die  mittleren  Luftschichten  nahmen 
ihre  normale  positive  Ladung  wieder  an.  Die  Erdoberfläche  erhielt  dadurch 
eine  ungewöhnlich  starke  Ladung.  Dasselbe  trat  bei  schwachen  diffusen 
Nordlichtern  ein.  In  diesen  Fällen  war  die  Zufuhr  von  negativer  Elek- 
trizität zu  den  mittleren  Luftschichten  wahrscheinlich  so  langsam,  dass 
die  Abfuhr  zur  Erde  ihr  gleich  kam  und  eine  stark  negative  Ladung  der 
Erdoberfläche  entstand. 

Theoretisches  über  die  Polarlichter.  Schon  oben  bei  der  Be- 
sprechung der  elfjährigen  Periode  der  Sonnenflecke  und  damit  verwandter 
Erscheinungen,  zu  welchen  die  Polarlichter  gehören,  wurden  wir  zu  der 
Annahme  geführt,  dass  ein  stetiger  Strom  von  negativ  geladenen  kleinen 
Partikelchen  von  der  Sonne  ausgeht,  welcher  die  Erde  trifft.  Inzwischen 
hat  Schwarzschild  gezeigt,  dass  diese  Partikelchen,  wenn  sie  unter 
eine  gewisse  Grösse  sinken,  schwächer  von  der  Sonne  abgestossen 
und  zuletzt  wieder  von  ihr  angezogen  werden.  Es  kann  deshalb  sehr 
wohl  geschehen,  dass  ein  anfangs  abgestossenes  Partikel,  das  durch  Ver- 
dunstung zusammen  geschwunden  ist,  wieder  zur  Sonne  zurückgezogen 
wird.  Die  Schar  der  zurückkehrenden  Partikelchen  (die  relativ  gross 
oder  klein  sind),  fällt  auf  die  von  der  Sonne  abgewendete  Seite  der 
Erde  nieder  (vgl.  S.  154). 

Ausserden  oben  (S.  152—154)  besprochenen  Eigenschaften  der  Polare 


XVII.  Die  Polarlichter.  921 

pchter  lassen  sich  die  tägliche  Periode,  wonach  mehr  Polarlichter  vor 
nach  Mitternacht  vorkommen,  ebenso  die  stärkere  Entwickelimg 
ii  Polarlichter  im  Sommer  als  im  Winter,  die  sich  zeigt,  wenn  die 
Jrende  Wirkung  der  Beleuchtung  berücksichtigt  wird,  leicht  verstehen. 
Die  Periode  nach  tropischem  Monat  beruht  wahrscheinlich  auf  der 
Tlektrostatischen  Wirkung  des  negativ  geladenen  Mondes;  dieser  treibt 
(Ho  negative  Elektrizität  von  den  Teilen  der  Luft  weg,  über  welchen  er 
>teht.  Wegen  der  Langsamkeit,  mit  welcher  die  elektrisch  geladenen 
Partikelchen  foitgeschoben  werden,  macht  sich  diese  Wirkung  im  Laufe 
des  Mondtages  nur  schwach  geltend;  im  Laufe  eines  tropischen  Monats 
_kann  die  Wirkung  besser  hervortreten.  Mit  diesen  Schwankungen 
IT  Polarlichter  gehen  diejenigen  der  Luftelektrizität  parallel,  beruhend 
irauf,  dass  die  vom  Nordlicht  ionisierte  Luft  einen  Teil  ihrer  nega- 
^en  Ionen  unter  Vermittelung  von  Niederschlägen  der  Erdoberfläche 
)giebt. 

Einfluss  des  Strahlungsdruckcs  auf  den  Luftdruck.  Auch 
halbtägige  barometrische  Schwankung  wird  mit  Hilfe  des  Strahlungs- 
ickes  erklärlich.  Die  kleinen  Massenteile  aus  dem  Weltraum  fallen, 
ie  erwähnt,  am  meisten  auf  die  der  Sonne  abgewandte  Seite  der  Erde, 
^ort  lagert  sich  also  in  die  höchsten  Luftschichten  (etwa  400  km)  eine 
inne  Massenschicht,  eine  Art  Ausbuchtung  der  Erdatmosphäre.  Ihre 
Massen  teile,  die  an  der  Erddrehung  noch  nicht  teilnehmen,  haben  also 
am  Äquator  relativ  zur  Erdoberfläche  eine  Bewegung  von  465  m  pro 
Sekunde  von  Osten  nach  Westen.  Diese  Bewegung  teilt  sich  den 
tieferen  Schichten  teilweise  mit,  so  dass  dieselben,  wie  die  leuchtenden 
Wolken  zeigen  (Höhe  etwa  100  Km),  eine  nach  Westen  gerichtete  Be- 
ilegung erhalten,  während  die  Schicht,  in  der  die  Cirri  schweben,  sich 
stark  nach  Osten  bewegt.  Die  Ausbuchtung  der  Atmosphäre  wird  im 
Gegenpunkt  der  Sonne  stark  heraustreten. 

Wir  können  uns  demnach  den  Effekt  so  vorstellen,  als  ob  die  At- 
mosphäre aus  einem  unvergleichlich  grössten  Teil  besteht,  welcher  ge- 
wissermaassen  als  mit  der  Erde  fest  verbunden  angesehen  werden  kann, 
und  einer  äusserst  dünnen  äusseren  Schale,  die  auf  der  Nachtseite  die 
eigentliche  Atmosphäre  überlagert  und  ihre  grösste  Mächtigkeit  im  Gegen- 
punkt der  Sonne  besitzt.  Auf  der  Nachtseite  der  Erde  wird  demzufolge 
der  Barometerdruck  eines  jeden  Ortes  um  Mitternacht  ein  Maximum 
durchlaufen,  das  in  den  äquatorialen  Gegenden  relativ  stark  ausgeprägt 
ist,  in  den  polaren  dagegen  verschwindet. 

Auf  der  der  Sonne  zugewendeten  Seite  üben   die   von  der  Sonnen- 


922  Physik  der  Atmosphäre. 

Seite  einstürzenden  Partikelchen  in  den  höchsten  Luftschichten  einen 
Druck  aus,  der  in  der  Strahlungsrichtung  dem  Cosinus  der  geographi- 
schen Breite,  9),  proportional  ist.  (Dabei  wird  der  Einfachheit  halbe; 
vorausgesetzt,  dass  die  Sonne  im  Äquator  steht,  wobei  die  pro  Flächen- 
einheit einfallende  Sonnenstaubmenge  dem  cos  (p  proportional  ist)  Der 
Druck  in  vertikaler  Richtung  wird  dem  cos^  (p  proportional.  Dieser 
Druck  in  der  obersten  Schicht  wird  eine  kleine  Zunahme  ihrer  Dichtig- 
keit zu  Folge  haben,  die  oberste  Schicht  drückt  (vgl.  S.  579)  auf  di( 
nächstfolgende,  deren  Dichte  in  demselben  Verhältnis  zunimmt,  und 
so  weiter  durch  die  ganze  Atmosphäre,  so  dass  die  totale  Druckschwan- 
kung proportional  der  überlagernden  Luftmasse  ist,  was  der  Erfahrung 
entspricht  (vgl.  S.  604).  Die  Abnahme  der  Schwankung  gegen  die 
Pole  hin  erfolgt  aber  schneller  als  dem  cos^  g?  proportional,  etwa  so  wie 
diejenige  von  cos^  <p  (vgl.  S.  603).  ! 

Danach  könnte  man  erwarten,  das  Maximum  des  Luftdruckes  in 
der  Mittagszeit  zu  finden,  es  fällt  aber  \^  36'"  früher  (Phasenwinkel  156'^.  \ 
vgl.  S.  603).  Die  Ursache  dieser  Verschiebung  dürfte  eine  schwache 
elektrische  Abstossung  der  in  der  Luft  suspendierten  negativ  elek- 
trischen Partikelchen  durch  das  elektrische  Kraftfeld  der  Erde  sein,  di' 
die  Schwerenwirkung  der  Luft  teilweise  aufliebt.  Diese  Abstossung,  di( 
der  besprochenen  Druckzunahme  entgegengesetzt  gerichtet  wirkt,  ist  um 
so  grösser,  je  mehr  Partikelchen  in  der  Luft  vorhanden  sind,  d.  h. 
sie  ist  nach  Mittag  stärker  als  vor  Mittag  (vgl.  S.  154).  Auf  dies> 
Weise  wird  die  Verschiebung  des  Maximums  in  die  Vormittagsstundeii 
verständlich. 

Auf  der  Nachtseite  erhält  man  in  ähnlicher  Weise  ein  Maximum 
des   Luftdruckes   zur  Mitternachtszeit.     Die    Grösse    dieses  Maximums  [ 
muss  ebenso  wie  diejenige  des  Tagesmaximums  gegen  die  Pole  hin  sehr 
schnell   abnehmen.    Die  beiden  Schwankungen  entsprechen  zusammen 
sehr  nahe  der  halbtägigen  Schwankung  des  Barometers. 

Auch  die  jährliche  Veränderung  dieser  Schwankung  wird  leicht  er- 
klärlich. Die  Maxima  im  März  und  September  entsprechen  den  grössten 
Entfernungen  der  Erde  vom  Sonnenäquator  und  die  Minima  in  De-  | 
zember  und  Juni  dem  Durchgang  der  Erde  durch  die  Äquatorialeben r- 
der  Sonne  (vgl.  S.  153).  Von  diesen  Minimis  ist  —  in  der  Nähe  des  Äqua- 
tors bis  zu  etwa  45 ^  Breite  —  dasjenige  im  Juni  auf  beiden  Halbkugeln 
tiefer  als  dasjenige  im  Dezember,  entsprechend  der  Sonnenferne  im  Juli, 
der  Sonnennähe  im  Januar.  Weiter  vom  Äquator  machen  sich  die  Jahre^ 
Zeiten  geltend  (S.  552);  zufolge  der  geringen  Sonnenstrahlung  im  Wint« 


I 


XVII.  Die  Polarlichter.  923 


der  nördlichen  Erdhälfte  ist  daselbst  das  Dezemberminimnm  tiefer   als 
das  Juniminimum  (nördlich  von  45*^  N.  Br.,  vgl.  S.  603). 

Anwendung    der   Strahlungsdrucktheorie    auf    den   neuen 
orn  im  Perseus.   Während  die  Schilderung  der  neuen  Sterne  (S.  60) 
hon  im  Druck  war,   ist  eine  Nova  erschienen,   die  die  merkwürdigste 
it  dem   tychonischen  Stern   ist.    In   der  Nacht  21 — 22.  Februar  1901 
i  -chien  im  Sternbild  Perseus  ein  neuer  Stern  2,7.  Grösse.    Seine  Hellig- 
];t'it  nahm  erst  schnell   zu,   so   dass  er   am  23.  Februar  heller  als  die 
nahe  gelegene  Capella  war,  etwa  wie  Sirius.   Danach  nahm  sie  etwas  lang- 
samer ab,  blieb  über  1.  Grösse  noch  am  25.  Februar,  über  2.  Grösse  bis 
zum  1.  März,  über  3.  bis  zum  6.  und  über  4.  Grösse  bis  zum  24.  März. 
Nachher  ist  die  Helligkeit   allmählich   gesunken  (im  Februar  1902 
war  die  Grösse  7,8,   15.  Juli  1902  9,0),   aber  nicht  stetig,  sondern  mit 
periodischen  Schwankungen,   sowohl   der  Helligkeit   als  auch  der  Farbe. 
Anfangs  waren  die  Minima  kurz,  wie  bei  den  Algolsternen,  und  die  Periode 
fcrug  etwa   drei  Tage,   später  wuchs  die  Periode  auf  etwa  fünf  Tage. 
Minima   wurden  jetzt   lang  ausgezogen,   die  Maxima  dagegen  von 
rzer  Dauer.    Das  Aufflackern  dauerte  zuletzt  nur  einige  Stunden. 

Das  Spektrum  dieses  ausserordentlich  merkwürdigen  Himmelsobjektes 
Igte  die  grösste  Ähnlichkeit  mit  demjenigen  der  Nova  im  Fuhrmann 
i'ig.7).  Die  dunklen  Wasserstoff  Knien  und  die  Linien  /f  und  iT  hatten  eine 
starke  Verschiebung  nach  Violett,  welche  sich  an  den  anderen  dunklenLinien 
nicht  —  oder  in  geringerem  Maasse  —  zeigte.  Daraus  berechnete  sich  eine 
Geschwindigkeit  der  absorbierenden  Wasserstoffmassen  von  etwa  700  km 
in  der  Sekunde.  Die  Explosivstoffe  im  neuen  Stern  bestanden  danach  haupt- 
sächlich ausWasserstoffverbindun^en  (wahrscheinlich  mit  Kohlenstoff).  Der 
Wasserstoff,  der  bei  den  Eruptionen  auf  der  Sonne,  die  sich  als  Protube- 
ranzen kundgeben,  die  wichtigste  Rolle  spielt,  war  also  auch  bei  der  Ex- 
plosion auf  dem  neuen  Stern  der  wichtigste  Sprengstoff.  Da  keine  anderen 
Wasserstoflfmassen  absorbierend  wirken  konnten,  als  die  zwischen  Beob- 
achter und  dem  glühenden  Stern  liegenden,  mussten  sie  eine  grosse  Ge- 
schwindigkeit gegen  den  Beobachter  besitzen,  also  Linienverschiebung 
gegen  Violett  zeigen.  Die  hellen  Wasserstofflinien,  die  von  noch  nicht 
abgekühlten  Gasmassen  in  der  Nähe  des  Sterns  herrührten,  konnten  auch 
beobachtet  werden,  wenn  die  Massen  von  dem  Beobachter  wegströmten; 
sie  waren  deshalb  nach  Rot  verbreitert. 

Zuletzt  zeigte  das  Spektrum  immer  mehr  einen  Nebelcharakter  des 
Steras  an  (von  April  1901  ab).  Dieser  Nebel  entspricht  vollkommen 
demjenigen  bei  anderen  neuen  Sternen  (vgl.  Seite  62). 


924  Physik  der  Atmosphäre. 

Es  sind  aber  andere  Nebel  in  der  Umgebung  der  Nova  Persei. 
welche  das  grösste  Aufsehen  erregt  haben.  Im  August  1901  meldeti 
M,  Wolf,  er  habe  viele  zarte  Nebelstreifen  in  der  Nähe  der  Nova  ent- 
deckt. Sehr  genaue  Beobachtungen  über  diese  Nebelgebilde  führte  dann 
Eitchey  mit  Hilfe  des  grossen  Spiegelteleskopes  der  Yerkessternwarti 
aus.  Die  photographische  Aufnahme  zeigte  mehrere  Bogen  oder  spiralin 
gewundene  Gebilde,  die  ausserhalb  einander  um  die  Nova  als  Mittel- 
punkt lagen.  Diese  Nebel  entfernten  sich  mit  sehr  grosser  Geschwindig- 
keit vom  Centrum.  Nach  Perrines  Analyse  der  an  der  Lick-Stern- 
warte  aufgenommenen  Photographien  sind  folgende  Thatsachen  festgestellt: 

Im  Januar  1902  umgaben  zwei  Ringe,  ein  innerer,  hellerer  voo 
etwa  15"  Durchmesser,  und  ein  schwächerer  äusserer  von  etwa  30"  Durch- 
messer die  Nova.  Die  beiden  Ringe  dehnten  sich  aus  mit  Geschwindig- 
keiten von  1,4"  bezw.  2,8"  pro  Tag  (29.  März  1901  bis  Jan.  1902).  Aus 
dieser  Bewegung,  als  gleichmässig  angenomriien,  berechnet  man,  dass 
der  innere  Ring  von  der  Nova  am  8.  Febr.,  der  äussere  am  16.  Febr.  1901 
ausgegangen  war.  Diese  Daten  sind  innerhalb  der  Beobachtungsfehler 
als  untereinander  und  mit  der  Aufleuchtungszeit  der  Nova  (Max.  23.  Febr.l 
identisch  anzusehen. 

Die  Ringe  haben  eine  ausgeprägte  Struktur  mit  hervortretenden 
Kondensationscentren  oder  Knoten.  Die  Bewegungen  dieser  Knoten  sind 
gewöhnlich  nicht  radial,  sondern  enthalten  starke  tangentiale  Komponente, 
die  bisweilen  nach  der  einen,  bisweilen  nach  der  anderen  Seite  gerichtet 
sind.  Die  Nebelteile  zeigen  keine  merkliche  Polarisation,  wie  man  von 
reflektiertem  Licht  (z.  B.  in  der  Sonnenkorona  oder  im  Tierkreislicht) 
zu  erwarten  hat.  Der  innere  Ring  verblasst,  der  äussere  dagegen  hat 
eine  Zunahme  der  Helligkeit  gezeigt.  Einige  Nebelteile  zeigen  geringe 
oder  keine  Verschiebung. 

Um  diese  Eigentümlichkeiten  zu  erklären,  versuchten  Kapteyn 
und  Wolf  die  Hypothese,  dass  das  Licht,  das  während  der  grössten 
Helligkeit  der  Nova  ausgesandt  wurde,  sich  allmählich  ausbreitet  und 
unseren  Augen  immer  neue,  vorher  wegen  mangelnder  Beleuchtung  un- 
sichtbare, Nebelstreifen  enthüllt.  Da  aber  das  Licht  die  Erde  passiert 
hat,  raüssten  wohl  die  beleuchteten  Nebelstreifen  auf  dem  ganzen 
Himmel  verteilt  sein.  Die  beobachtete  Geschwindigkeit  muss  deshalb 
geringer  sein  als  diejenige  des  Lichtes.  Ausserdem  sind  die  zwei  ver- 
schiedenen Geschwindigkeiten  nach  dieser  Hypothese  unverständlich  und 
die  Reflexion  des  Lichtes  durch  Nebelgase  physikalisch  unhaltbar.  Fern( 
ist  d9,s  Licht  nicht  polarisiert,  also  auch  nicht  reflektiert. 


XVII.  Die  Polarlichter.  925 


1 

^B  Wilsiug  vermutete  deshalb,  dass  hier  eine  Wirkung  ähnlich  der- 
jenigen bei  Kometenschweifen  vorliegt,  und  Very  deutete  an,  dass  der 
Strahlungsdruck  vielleicht  etwas  mit  der  Bewegung  zu  thun  habe. 

In  der  That  lassen  sich  auf  diese  Weise  die  grössten  Schwierigkeiten 
vermeiden.  Die  Strahlung  der  Nova  muss  bei  ihrer  Maximalhelligkeit 
so  gross  gewesen  sein,  dass  die  weggestossenen  kleinen  Partikelchen  beinahe 
alle  Geschwindigkeiten  unter  derjenigen  des  Lichtes  erreichen  konnten. 
Wie  bei  Kometen  mit  zwei  verschieden  gekrümmten  Schweifen,  wären 
hier  zwei  Geschwindigkeiten,  die  hauptsächlich  (aber  nicht  ausschliesslich) 
vorkommenden  und  diesen  entsprächen  die  beiden  Ringe,  in  welchen 
demnach  immer  neue  Teile  zum  Vorschein  kommen.  Die  stillstehenden 
Teile  wären  dagegen  feststehende  Nebel ,  die  nacheinander  von  Partikel- 
chen verschiedener  Geschwindigkeit  erreicht  werden.  Das  ausgesandte 
Licht  würde  wie  bei  anderen  Nebeln  von  elektrischen  Entladungen  her- 
rühren, also  nicht  polarisiert  sein.  Vielleicht  werden  auch  Nebelteile 
durch  den  Stoss  der  Partikelchen  etwas  verschoben.  Die  Zunahme  des 
Lichtes  des  äusseren  ßinges  scheint  anzudeuten,  dass  der  im  Himmels- 
raura  fein  verteilte  Nebelstoff  von  den  kleinen  Partikelchen  so  zu  sagen 
zusammengekehrt  wird,  so  dass  die  Dichte  des  fortgetriebenen  äusseren 
Nebels  immer  zunimmt.  Die  Abnahme  der  Lichtstärke  des  inneren 
Ringes  ist  wohl  ganz  einfach  als  die  Folge  der  zunehmenden  Ausbreitung 
anzusehen. 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 

Die  horizontale  Richtung  der  frei  aufgehängten  Magnet- 
nadel (Deklination).  Schon  sehr  frühzeitig  war  es  bekannt,  dass  di 
Magnetnadel  gegen  Norden  zeigt.  Die  Kenntnis  dieser  Eigenschafi 
scheint  durch  die  Araber  von  den  Chinesen  nach  Europa  übergeführt 
worden  zu  sein.  Der  englische  Scholastiker  Alexander  Neckam 
spricht  darüber  im  12.  Jahrhundert.  Dem  im  14.  Jahrhundert  lebenden 
italienischen  Schiffer  Flavio  Gioja  schiebt  man  häufig  die  Erfindung 
des  Kompasses  zu,  der  Kompass  wird  aber  schon  in  einem  Gedicht  von 
Guyot  de  Provins  im  Jahre  1190  als  Wegweiser  der  Schiffer  bei  be- 
wölktem Himmel  erwähnt.  Nach  Wehner  soll  man  schon  im  frühen 
Mittelalter  den  Magneten  zur  Orientierung  (d.  h.  Bestimmung  des  Ost- 
Punktes)  der  Kirchen  benutzt  haben. 

Die  Chinesen,  welche  den  Kompass  seit  etwa  Anfang  unserer  Zeit- 
rechnung benutzten,  haben  auch  gefunden,  dass  die  Richtung  der  Mag- 
netnadel nicht  gerade  nach  Norden  hinzielt,  sondern  eine  sogenannte 
Abweichung  oder  Deklination  von  der  astronomisch  bestimmten  Nord- 
Südlinie  zeigt. .  Die  Deklination  wird  in  einer  chinesischen  Naturlehre 
vom  Jahre  Uli  zu  15^  westlich  angegeben.  Das  Verdienst,  die  Dekli- 
nation im  Abendlande  zuerst  nachgewiesen  zu  haben,  wird  Columbus 
zugeschrieben,  welcher  am  13.  Sept.  1492  auf  seiner  Entdeckungsrei- 
nach Amerika  200  Seemeilen  W.  von  Ferro  die  Missweisung  (5,5*^  westl.)  deb 
Kompasses  entdeckte.  —  Man  bestimmte  später  den  damals  durch  die  Insel 
Ferro  gehenden  Nullmeridian,  welcher  die  neue  und  die  alte  Welt  trennen 
sollte,  so,  dass  daselbst  die  Deklination  Null  sein  sollte.  Wegen  der 
sekulären  Änderung  der  Deklination  war  diese  Bestimmungsweise 
sehr  unpraktisch.  —  Eine  recht  unsichere  Angabe  vom  Jahre  1681 
besagt,  dass  ein  gewisser  Peter  Adsigerius  im  Jahre  1269  eine  Dekli- 
nation von  5^  wahrgenommen  habe.  Die  erste  genaue  Deklinationsbe- 
stimmung wurde  im  Jahre  1510  zu  Rom  von  Georg  Hart  mann  aus- 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


927 


geführt,  welcher  fand,  dass  daselbst  das  Nordende  der  Magnetnadel  sich 
•i"  nach  Osten  von  der  Nord -Südlinie  einstellte.  Mit  anderen  Worten, 
iie  magnetische  Deklination  zu  Rom  im  Jahre  1510  war  6*^  Östlich. 
Später  (1536)  führte  Hartmann  eine  Bestimmung  der  Deklination  zu 
fürnberg  aus.    Er  fand  sie  da  gleich  10^2*^  östlich.    Borough  machte 

London  1581  sehr  genaue  Deklinationsbestimmungen  und  fand  sogar, 

äS  die  Magnetnadel  ihre  Stellung  mit  der  Sonnenhöhe  (d.  h.  der  Tages- 
^it)  ändert. 

Um  die  Deklination   zu  bestimmen,  benutzt  man  eine  gewöhnliche 
if  einem  Achathütchen  aufgehängte  Magnetnadel,  deren  Spitzen  über 
Ineui   gradierten   Kreisum- 
ige    spielen.     Wenn    die 
Magnetische  Achse  der  Nadel 
irch    ihre    Spitzen    ginge, 

wäre  eine  Ablesung  der 
ige  der  beiden  Spitzen  ge- 
igend. Nun  trifft  dies  nicht 
pgemein  zu.  Deshalb  ist  die 
idel    nur    lose     auf    das 
^chathütchen   aufgelegt,   so 
ISS  man  sie  abnehmen  und 
idrehen  kann,  wobei  ihre 

lere  Unterseite  nach  oben 

^mmt.     Man   macht  jetzt 

le   '  neue    Doppelablesung. 

ie  Mittelwerte'  zwischen  den 

Bten  und  den  letzten  Ab- 

Bungen  geben  zwei  Bestimmungen,  deren  Mittel  den  wahren  Wert  der 
Jklination  darstellt  (vgl.  Fig.  279). 

Wenn  man  die  Abweichung  der  magnetischen  Achse  einer  Nadel 
^n  der  Verbindungslinie  ihrer  Spitzen  einmal  bestimmt  hat,  kann  man 
Bh  damit  begnügen  und  bei  den  folgenden  Beobachtungen  die  bekannte 
)rrektion  für  die  Abweichung  einführen.  Da  die  Magnete  sich  häufig 
igsam  ändern,  muss  die  Korrektion  bisweilen  neu  bestimmt  werden. 
Die  sogenannten  magnetischen  Theodoliten  sind  Verbesserungen 
jses  Instrumentes.  Die  Nadel  wird  an  einem  oder  mehreren  Cocon- 
len  aufgehängt,  der  astronomische  Meridian  wird  mit  Hilfe  eines 
jirnrohrs  bestimmt,  das  auch  (bei  Gambeys  Instrument)  durch  Vorlage 
ler  Linse  zur  Ablesung  der  Nadelstellung  dienen  kann. 


Fig.  279. 


928 


Physik  der  Atmosphäre. 


In  neuerer  Zeit  hat  man  sogenannte  Landesaufnahmen  der 
magnetischen  Konstanten  in  grossen  Gebieten  gemacht.  Bei  solchen 
Messungen  benutzt  man  Reiseinstrumente.  Ein  solches  Reiseinstru- 
ment nach  Lamonts  Konstruktion  zeigt  die  nebenstehende  Figur 
(Pigg.  280—281). 


Fig.  280  und  281.    Lamonts  magnetisches  Reiseinstrument. 


Auf  einem  mit  Stellschrauben  versehenen  soliden  Fuss  A  ruht  fest  ver- 
bunden ein  geteilter  Kreis  B.  Darüber  ist  eine  Scheibe  C,  die  ein  Fern- 
rohr und  zwei  Nonien  trägt,  auf  einem  Zapfen  drehbar  gelagert.  Si^ 
wird  in  einer  bestimmten  Lage  gegen  Ä  durch  die  Schraube  S  fest- 
gehalten.   Die  Schraube  T  dient  zur  genauen  Justierung. 

Das  Fernrohr  wird  zuerst  auf  einen  entfernten  Gegenstand  eingestellt 
(z.  B.  auf  einen  Kirchturm,  eine  Bergspitze  oder  ähnliches).  Die  Ab- 
weichung der  Visierlinie  von  der  Nord -Süd -Linie  wird  mit  Hilfe   einer 


p 


XVni.  Der  Erdmagnetismus.  929 


topograpliiscliea  Karte  bestimmt.    Somit  kennt   man   die  Kichtung   der 
N"ord- Süd -Linie  auf  dem  Kreis  B. 

Auf  C  wird  jetzt  das  Kohr  F  aufgeschraubt.    Dieses  trägt  an  einem 
confaden  den  Magneten  a  b,  der  unten  mit  einem  Spiegel  fest  verbunden 
ist  (Fig.  281).    Dieser  Spiegel  kann  durch  eine  mit  planparallelem  Glas 
eschlossene  Öffnung  visiert  vi^erden.    Das  Haarkreuz  des  Fernrohrs  wird 
rch  eine    seitliche  Öffnung  im  Fernrohr   beleuchtet.    Steht  dann  der 
iegel  zur  Fernrohrachse  senkrecht,  so  sieht  man  durch  das  Ocular  sowohl 
iS  Haarkreuz  selbst  wie  sein  Bild,  welche  einander  überdecken.    Zu  einer 
nauen  Einjustierung  dienen  in  vertikaler  Richtung  die  Schraube  über 
in  horizontaler  die  Schraube  T  (Fig.  280). 

Den  Winkel  zwischen  der  magnetischen  Achse  der  Magnetnadel  a  h 

d  der  Spiegelnormale  hat  man  vorher  in  einem  festen  Observatorium 

timmt.    Aus   der  Stellung  des  Fernrohrs  beim  Zusammenfallen  des 

aarkreuzes  und  seines  Bildes  zum  bekannten  geographischen  Meridian 

f  dem  Kreise  B  berechnet  man  die  Deklination  an  dem  Beobachtungs- 

nkte. 

Die  Bestimmung  der  Deklination  ist  für  die  Schiffahrt  von  grösster 

edeutung.    Man  zeichnete  deshalb  schon  früh  Karten,  auf  welchen  die 

eklinationen   an  bestimmten  Stellen  angegeben  wurden.    Dazu   dienen 

e  sogenannten  Isogonen,   Linien,   welche  Orte   verbinden,   die  gleiche 

Deklination  aufweisen.    Durch  einen  Blick  auf  die  Isogonenkarte  ersieht 

man  sogleich   mit  für  praktische  Zwecke  genügender  Annäherung   die 

Grösse  der  Deklination  an  jedem  Punkte  (vgl.  Fig.  282). 

Solche  Isogonenkarten  sind  zuerst  von  dem  englischen  Astronomen 
Halley  im  Jahre  1701  konstruiefv  worden.  Die  Isogonen  laufen  auf  jeder 
Halbkugel  in  zwei  Punkten  zusammen,  dem  magnetischen  und  dem  geo- 
liraphischen  Pol.  Der  magnetische  Nordpol  wurde  im  Jahre  1831  von  Ross 
aufgefunden,  er  bestimmte  seine  Lage  zu  70^5,3'  n.  Br.  und  96^45,3'  w.  L. 
von  Gr.  Der  magnetische  Südpol  ist  noch  nicht  aufgefunden  worden, 
er  liegt  in  ungefähr  73^20'  s.Br.  und  148«  ö.  L.  von  Gr. 

Dass  die  Isogonen  am  magnetischen  Pole  zusammenlaufen,  beruht 
darauf,  dass  die  Deklinationsnadel  aus  allen  Richtungen  gegen  den  Pol 
hinzielt.  Die  Deklination  nimmt  also  in  diesem  Punkt  alle  mögliche 
Werte  an.  Am  geographischen  Pol,  wo  die  Magnetnadel  eine  einzige 
Richtung  hat,  laufen  alle  Meridianlinien  zusammen.  Die  Richtung  der 
Magnetnadel  in  Bezug  auf  die  Meridianlinie  ist  deshalb  unbestimmt 
und  nimmt  in  der  Umgebung,  des  Poles  alle  Werte  zwischen  0*^  und 
3000  an. 

Arrlicnius,  Kosmische  Physik.  59 


930 


Physik  der  Atmosphäre. 


I 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


931 


c3 

a 

3 

5z; 

o 


!3   ■ 


a 


cd 


•J3 


ea 


59^ 


932  Physik  der  Atmosphäre. 

Dass  die  Isogonen  in  den  geographischen  Polen  zusammenlauft'^ 
hat  offenbar  nichts  mit  den  Eigenschaften  des  Erdmagnetismus  zu  thun 
sondern  beruht  nur  auf  dem  Gang  der  Meridianlinien  an  diesei 
Punkten.  Die  Isogonen  sind  deshalb  nicht  geeignet,  eine  Vorstellung 
von  der  Natur  des  Erdmagnetismus  zu  geben.  Viel  mehr  sind  die  voi 
Duperrey  zuerst  konstruierten  magnetischen  Meridiane  und  Parallelci 
in  dieser  Hinsicht  lehrreich.  Die  magnetischen  Meridiane  sind  so  kon 
struiert,  dass  an  jedem  Orte  der  Karte  ihre  Tangente  die  Eichtun; 
der  Magnetnadel  hat.  Die  magnetischen  Parallelen  stehen  auf  dei 
magnetischen  Meridianen  senkrecht.  Die  magnetischen  Meridiane  sin 
Kraftlinien,  die  Parallelen  Äquipotentiallinien  der  horizontalen  magne 
tischen  Kraft.    Eine  solche  Karte  ist  in  Fig.  283  wiedergegeben. 

Die  Karten,  welche  diese  Linien  darstellen,  sind  nur  für  eine  be 
stimmte  Zeit  giltig,  weil  die  erdmagnetischen  Elemente  sich  mit  der  Zei 
stark  ändern.  So  z.  B.  ging  die  Linie,  welche  die  Deklination  Null  zek 
und  welche  auf  der  Karte  (Fig.  282)  durch  einen  dicken  schwarzen  Strid 
charakterisiert  ist,  im  Jahre  1885  durch  St.  Petersburg,  im  Jahre  167: 
durch  Berlin  und  im  Jahre  1492  über  die  Azoren  (Ferro).  Europa  (mit  Aus 
nähme  von  Russland),  welches  jetzt  durchgängig  westliche  Dekliuatioi 
besitzt,  zeigte  demnach  zu  Columbus  Zeiten  östliche  Deklination.  Dies 
sogenannte  sekuläre  Variation  ist  wahrscheinlich  periodisch,  die  Perioden; 
länge  konnte  aber  wegen  der  kurzen  Beobachtungszeit  nicht  genau  festi 
gestellt  werden.  Sie  wird  durch  Karten,  die  sich  auf  verschieden 
Epochen  von  1555  ab  beziehen,  versinnlicht.  Sie  wurde  zuerst  in 
Jahre  1634  beachtet.  Im  Anfang  des  vorigen  Jahrhunderts  zeichnet^ 
Hansteen  solche  Karten  für  verschiedene  Epochen.  Theoretisch^ 
Untersuchungen  von  grossem  Interesse  über  diese  sekuläre  Verände 
rung  sind  in  letzter  Zeit  besonders  von  Carlheim-Gyllenskiöld  aus 
geführt  worden. 

Wie  stark  die  Isogonen  sich  mit  der  Zeit  verschoben  haben,  zeigei 
folgende  Ziffern. 

Die  Deklination  zu  London  war: 


1576  nach  Borough 

nn5'  E 

1580      „ 

» 

11^20' 

1622      „ 

Gunter 

6M5' 

1634      „ 

Gellibrand 

4"   5' 

1657 

0 

1818  (max, 

,  W.) 

24030'W. 

\ 
^i 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus,  933 


I 


Zu  Paris  war  sie: 

1550 

80  0'  E 

1580 

11030' 

1634 

40  16' 

1666 

0  0 

1688 

4030'  W 

1710 

100  50' 

1736 

150  45' 

1773 

200  0' 

1814 

22034'  (max.) 

1860 

19023' 

Fig.  284  giebt  diesen  Gang  bildlich  wieder. 

lu  Mittel -Europa  nimmt  die  westliche  Deklination  um  etwa  6' 
jährlich  ab.  Die  Schnittpunkte  der  beiden  agonischen  Linien,  längs 
welchen  die  Deklination  Null  ist,  mit  dem  Äquator,  haben  folgende 
Lage  gehabt; 


Jahr  1600 

70 

E 

1160 

E 

1700 

170 

W 

119 

1730 

29 

93 

1744 

32 

85 



120  E 

1756 

32 

78 

92  E 

122 

1770 

38 

78 

96 

121 

1787 

39 

81 

105 

117 

1800 

42 

100 

1823 

43 

82 

1840 

48 

— 

1885 

56 

79 

1895 

57 

78 

Die  erste  agonische  Linie  zeigt  einen  ziemlich  regelmässigen  Gang 
mit  der  Zeit,  die  zweite  dagegen  nicht.  Sie  erreicht  ein  östliches  Maxi- 
mum im  Jahre  1700,  geht  durch  ein  Miniraum  etwa  im  Jahre  1760  und 
durch  ein  Maximum  im  Jahre  1800  und  scheint  jetzt  wieder  in  der 
Nähe  eines  Minimums  zu  liegen. 

Diese  grossen  Unregelmässigkeiten  hängen  offenbar  mit  der  Wanderung 
des  eigentümlichen  ostasiatischen  Gebietes  von  westlicher  Deklination 
zusammen,  welches  sich  jetzt  nur  bis  zu  I60  n.  Br.  in  südlicher  Kichtung 
erstreckt  (s.  Fig.  282),  im  18.  Jahrhundert  aber  eine  Zeit  lang  auf  die 


934 


Physik  dor  Atmosphäre. 


Südliche  Halbkugel  übergriff,   wodurch   am  Äquator  zwei  neue  Punkti 
ohne  Deklination  entstanden. 

Auch  die  Lage  der  magnetischen  Pole  hat  sich  mit  der  Zeit  starl 
verändert.    Dieselbe  ist  durch  folgende  Tabelle  angegeben.  ' 

Magnetischer  Nordpol. 
1700  750  n.  Br.      116'^  w.L. 

1770  66  104 

1823  68  97 

1888  71  98 

1895  70  97 

Magnetischer  Südpol. 
1825  76»  s.Br.     136«  e.L. 

1885  74  145 

1895  73  147 


24"\V  20' 


Fig.  284.     Die  sekuläre  Schwankung  der  magnetischen  Deklination  zu  Paris. 


Die  Inklination.  Eine  in  ihrem  Schwerpunkte  aufgehängte 
Magnetna,del,  wie  ein  Minenkompass,  zeigt  mit  dem  Nordende  nicht  nur 
gegen  Norden,  sondern  auch  (in  unseren  Gegenden)  nach  unten.  Dii; 
Neigung  gegen  den  Horizont  wird  Inklination  genannt.  Die  erste  genau» 
Inklinationsbestimmung  wurde  im  Jahre  1576  von  dem  Konstrukteui 
des  Inklinatoriums  Robert  Norman  in  London  ausgeführt.  Er  fand 
71050'.  Aus  dem  Jahre  1544  liegt  schon  eine  Beobachtung  aus  Nürn- 
berg von  Georg  Hartmann  vor,  er  fand  jedoch  9*^  anstatt  etwa  70^. 

Die  Bestimmung  der  Inklination  ist  viel  schwieriger  als  diejeni?« 
der  Deklination  und  zwar  hauptsächlich  deshalb,  weil  es  unmöglich  ist,  di» 


XVIII.  Der  Erdmagnetistnus. 


935 


Magnetnadel  genau  im  Schwerpunkt  aufzuhängen.  Man  kann  dem 
iinigermaassen  nahe  kommen,  indem  man  die  Nadel  so  vollständig 
wie  möglich  entmagnetisiert  (durch  Ausglühen  und  Abschrecken  in  einer 
Lage  senkrecht  zur  Richtung  der  erd magnetischen  Kraftlinien;  die 
Drehungsachse  der  Nadel  soll  mit  anderen  Worten  diesen  Kraftlinien 
parallel  gerichtet  sein);  dann  die  Nadel  bearbeitet,  bis  der  Schwer- 
punkt möglichst   genau  in   die  Achse   fällt,   was   man  daraus   erkennt, 


Fig.  285.     Inklinatorium  von  Gambey. 


dass  die  Gleichgewichtslage,  wenn  die  Nadel  in  den  beiden  Endpunkten  der 
Achse  unterstützt  wird,  indifferent  ist.  Erst  dann  wird  die  Nadel 
in  ihrer  Längsrichtung  raagnetisiert  und  im  Schwerpunkt  mit  der 
Achse  im  Mittelpunkt  eines  gradierten  Kreises  aufgehängt.  Dieser 
vertikale  Kreis  ist  um  eine  senkrechte  Achse  drehbar,  wobei  die  Drehung 
auf  einem  horizontalen  Kreis  abgelesen  werden  kann.  Zur  Vermeidung 
störender  Luftströmungen  stülpt  man  einen  Glaskasten  über  den 
vertikalen  Kreis.  Das  ganze  Instrument  wird  Inklinatorium  genannt 
(Fig.  285). 


936  Physik  der  Atmosphäre. 

Man  liest  die  Lage  der  beiden  Spitzen  der  Nadel  auf  der  Kreis- 
skala gewöhnlich  mit  Hilfe  einer  Lupe  ab.  Um  den  Fehler  auszugleicheu, 
der  durch  die  Abweichung  der  magnetischen  Achse  von  der  Verbindungs- 
linie der  Spitzen  entsteht,  wird  die  Nadel  wie  bei  der  Deklinations- 
bestimmung umgedreht.  Dann  wird  der  vertikale  Kreis  des  Inklina- 
toriums  um  180^  gedreht  und  dieselben  Ablesungen  werden  wiederholt. 
Dadurch  gleichen  sich  einige  Fehler  aus,  die  auf  mangelnder  horizon- 
taler Einstellung  und  ungenauer  Teilung  des  Kreises  beruhen. 

In  den  meisten  Fällen  schreibt  man  noch'  vor,  die  Nadel  mit 
Hilfe  kräftiger  Stahlmagnete  zu  ummagnetisieren,  und  dieselben  Be- 
obachtungen dann  zu  wiederholen.  Auf  diese  Weise  korrigiert  man  für 
die  excentrische  Lage  des  Schwerpunktes.  Es  wird  dabei  vorausgesetzt, 
dass  es  gelingt,  bei  der  Ummagnetisierung  der  Nadel  dieselbe  Stärke 
des  Magnetismus  jedesmal  zu  geben.  Da  dies  kaum  möglich  ist,  zieht 
man  bisweilen  vor,  die  betreffende  Korrektion  einmal  in  einem  magne- 
tischen Observatorium  durch  besondere  Versuche  zu  ermitteln  und  die 
Ummagnetisierung  zu  unterlassen.  Man  gewinnt  dadurch  Zeit  und 
entgeht  der  Störung  durch  die  tägliche  Veränderung. 

In  einigen  Inklinatorien  rollt  die  Nadelachse  auf  Achatplatten,  die 
nicht  vollkommen  horizontal  sind,  wodurch  ein  neuer  Fehler  eingeführt 
wird.    Demselben  wird  teilweise  durch  die  Drehung  um  180^  abgeholfen. 

In  den  Instrumenten  von  Barrow  ist  die  Nadel  kurz  und  man 
beobachtet  ihre  Spitzen  mit  Hilfe  von  zwei  Mikroskopen,  die  mit  Nonien 
fest  verbunden  sind,  welche  an  dem  vertikalen  Kreis  gleiten.  Diese 
Konstruktion  hat  den  Vorteil,  dass  Stösse  der  Nadelspitzen  gegen  die 
Kreisteilung  nicht  vorkommen  können.  Ausserdem  verbiegen  sich  lange 
Nadeln  etwas,  wie  Joule  angemerkt  hat.  Der  daraus  entstehendi 
Fehler  erreicht  bei  den  11,5  cm  langen  und  1,2  cm  breiten  Nadeln, 
die  man  in  Greenwich  verwendet,  1,25' sin  2«,  wo  *  die  Inklination 
bedeutet.  Der  Fehler  wächst  proportional  der  vierten  Potenz  der 
Länge  und  umgekehrt  proportional  dem  Quadrat  der  Breite.  Für  die 
Brunnerschen  6,5  cm  langen,  1,2  cm  breiten  Nadeln  ist  er  lOmal 
geringer.  Eine  andere  Anordnung  ist  von  Brunn  er  eingeführt  worden. 
Die  Nadelspitzen  spielen  in  seinem  Instrument  über  zwei  kleinen  Hohl- 
spiegeln, die  an  dem  Nonien  tragenden  Durchmesser  befestigt  sind. 
Steht  die  Spitze  genau  im  Mittelpunkt  des  Spiegels,  so  berührt  sie  ihr 
Spiegelbild,  sonst  sieht  man  einen  Zwischenraum.  Die  Ablesung  ist  sehr 
scharf  und  geschieht  mittelst  einer  Lupe, 
r^      Die  Inklinationsbestimmungen  sind  auf  diese  Weise  kaum  genauer 


XYIII.  Der  Erdmagnetismus.  937 

is  auf  ein  paar  Bogenminuteii  auszuführen,  während  die  Deklinations- 

Bstimmungen  etwa  zehnmal  so  genau  sind. 

Man   hat   deshalb   nach  anderen  Methoden  gesucht,   uui  genauere 

id  bequemere  Messungen  zu  erhalten.    Auf  dem  Lamontschen  ßeise- 

kstrument  werden  mittelst  Stützen  zwei  Stäbe  aus  sehr  weichem  Eisen 
vertikaler  Lage  so  befestigt,  dass  das  untere  Ende  des  einen  Stabes 

bnau  östlich  (magnetisch),  das  obere  Ende  des  anderen  Stabes  genau 
westlich  vom  Mittelpunkt  der  Magnetnadel  liegt.  Zur  grösseren  Be- 
quemlichkeit werden  die  Stäbe  in  messingene  Hülsen  eingeschoben,  die 
an  einem  Kupferring  befestigt  sind,  der  auf  das  Instrument  passt,  so 
dass  die  Lage  des  Ringes  immer  dieselbe  bleibt.  Die  Stäbe  können  auf 
vier  Arten  kombiniert  werden  durch  Drehung  des  Ringes  um  je  180^  um  eine 
horizontale  und  um  eine  vertikale  Achse.  Ausserdem  können  die  Stäbe 
in  den  messingenen  Hülsen  gedreht  werden.  Man  erhält  auf  diese  Weise 
acht  Beobachtungen.  Der  in  den  Eisenstäben  inducierte  Magnetismus 
lenkt  die  Nadel  von  dem  magnetischen  Meridian  ab  und  der  Ablenkungs- 
winkel wird  gemessen.  Dabei  wird  das  Fernrohr  samt  dem  aufge- 
legten Ring  gedreht,  so  dass  die  Lage  der  Stäbe  zur  Magnetnadel  bei 
der  Ablesung  immer  die  gleiche  ist.  Das  Moment  der  ablenkenden  Kraft 
wird  der  vertikalen  Komponente,  F,  des  Erdmagnetismus  proportional 
gesetzt,  das  bei  Gleichgewicht  ebenso  grosse  Kraftmoment,  welches  die 
Nadel  in  den  magnetischen  Meridian  zurückzuführen  strebt,  ist  dem 
Sinus  des  Ablenkungswinkels  (v)  und  der  horizontalen  Komponente  (X) 
der  erdmagnetischen  Kraft  proportional.    Man  erhält  so: 

X8inv  =  K.  Y, 

worin  K  eine  Konstante  bedeutet.  Weiter  gilt,  falls  i  den  Inklinations- 
winkel bedeutet: 

tgi=  T:X=smv  :  K. 

Man  bestimmt  ein  für  alle  mal  den  Wert  von  K  in  einem  magnetischen 
Observatorium,  dann  erhält  man  aus  den  Beobachtungen  die  Grösse 
von  i.  Diese  Methode  hat  sich  jedoch  als  nicht  ganz  zuverlässig  er- 
wiesen, weil  die  Magnetisierung  des  Eisens  den  wirkenden  magnetischen 
Kräften  nicht  genau  proportional  ist.  Für  die  Temperatur  muss  korrigiert 
werden. 

Eine  andere  Methode  ist  von  Weber  vorgeschlagen  und  später  von 
Wild  ausgeführt  worden.  Wenn  man  eine  Drahtspule,  deren  Enden  mit 
einem  Galvanometer  verbunden  sind,  so  aufstellt,  dass  ihre  Achse  den 


938 


Physik  der  Atmosphäre. 


magnetischen  Kraftlinien  parallel  liegt,  und  sie  dann  plötzlich  um  em< 
dazu  senkrechte  Achse  um  180*^  dreht,  so  giebt  das  Galvanometer  einen 
Ausschlag,   welcher    (nach   eingeführter  Korrektion  für  die  Dämpfunf; 
der  Intensität  des  magnetischen  Kraftfeldes  proportional  ist. 

Stellt  man  die  Spulenachse  einmal  vertikal,  ein  anderes  Mal  nacli 
der  Deklinationsnadel  gerichtet,  so  erhält  man  hei  der  Drehung  um  180 " 
die  relative  Grösse  der  horizontalen  (X)  und  vertikalen  (r)  Komponente 
des  Erdmagnetismus  und  folglich  den  Inklinationswinkel. 


Fig.  286.     Erdinduktor  von  W.  Weber. 

Steht  die  Spulenachse  senkrecht  auf  den  magnetischen  Kraftlinien, 
so  wird  der  Ausschlag  hei  einer  Drehung  um  180  ^  Null.  Durch  Vor- 
sprünge, gegen  welche  der  Rahmen  der  Spule  schlägt,  kann  man  die 
Grösse  der  Drehung  auf  genau  180*^  begrenzen.  Die  Ausschläge  können 
durch  das  sog.  Multiplikationsverfahren  stark  vergrössert  werden.  Dieses 
besteht  darin,  die  Nadel  des  Galvanometers  durch  die  erste  Drehung  in 
Bewegung  zu  setzen,  ihr  dann  bei  Umkehr  ihrer  Schwingungsrichtung 
durch  Rückdrehung  der  Spule  um  180"  einen  neuen  Stoss  zu  geben  und 
fio  weiter  bei  jeder  Umkehrung. 


^U 


XV III.  Der  Plrdmagnetismus. 


939 


Die  Spule  wird  wie  eine  Inklinationsnadel  mit  einem  vertikalen  und 
Bnera  horizontalen  Kreis  montiert  (vgl.  Fig.  286).   Man  kann  dann  leicht 


<S 


6 


bc 

(^ 


die  Stellung  aufsuchen,  bei  welcher  kein  Ausschlag  bei  Drehung  um 
eine  vertikale  Achse  resultiert.  Die  Spulenachse  steht  dabei  auf  der 
Richtung  der  Deklinationsnadel   senkrecht.     In   ähnlicher  Weise   sucht 


940  Physik  der  Atmosphäre. 

man  nachher  die  Richtung  der  Kraftlinien  in  der  Yertikalebene  des 
magnetischen  Meridians  auf  und  findet  so  die  Inklination. 

Bei  einigen  Apparaten  ersetzt  man  die  Drehung  um  180  **  durch  eine 
kontinuierliche  Drehung,  wobei  entweder  ein  Telephon  als  Stromindikator 
dient  oder  die  Drehungsachse  mit  einem  Kommutator  versehen  ist,  der  die 
entstehenden  Wechselströme  in  Gleichströme  verwandelt,  welche  galvano- 
metrisch gemessen  werden  können.  Bei  Stromlosigkeit  steht  die  Drehungs- 
achse in  der  Richtung  der  Inklinationsnadel. 

Die  besten  Apparate  dieser  Art  sollen  nach  Wild  eine  Genauigkeit 
von  0,1'  geben.  Kleinere  Apparate,  die  als  Reiseinstrumente  benutzt 
werden  können,  sollen  auf  l'  genaue  Messungen  geben. 

Ebenso  wie  die  magnetische  Deklination  von  Ort  zu  Ort  veränder- 
lich ist,  ist  es  auch  die  Inklination.  Im  allgemeinen  nimmt  sie 
von  dem  Äquator  zu  den  Polen  hin  zu  und  auf  der  nördlichen  Halbkugel 
neigt  sich  das  Nordende  gegen  den  Boden.  Man  hat  seit  Wilcke  (1768) 
auf  Karten  Orte  gleicher  Inklination  verbunden.  Die  so  entstandenen 
Linien  werden  Isoklinen  genannt.  Die  Fig.  287  giebt  die  Isoklinen  für 
das  Jahr  1860  wieder.  Die  Isokline  Null,  längs  welcher  die  Inklination 
Null  ist,  auch  der  magnetische  Äquator  genannt,  schneidet  auf  dieser 
Karte  den  geographischen  Äquator  2^W  und  174 ^W  von  Greenwich.  In 
der  alten  Welt  liegt  sie  nördlich  vom  Äquator  und  erreicht  ihr  nörd- 
liches Maximum  im  Omanschen  Meer  (13^  n.  Br.).  Auf  der  westlichen 
Halbkugel  erreicht  sie  ihre  südliche  Grenze  (etwa  17^  s.  Br.)  in  Brasilien. 
Im  grossen  Ocean  nähert  sie  sich  dem  geographischen  Äquator  und 
der  Eindruck  drängt  sich  auf,  dass  die  grossen  Landmassen  Afrikas, 
Asiens  und  Südamerikas  diese  Linie  gegen  sich  hinziehen.  Die  Schnitt- 
punkte der  Null-Isogone  mit  dem  Äquator  lag: 

im  Jahr  1700  bei  36  ^E 


1768 

.,  370  E 

1780 

„  21 0  E  und 

108  «W 

1825 

„   50  E  „ 

182«  W 

1885 

„  90 W  „ 

168  0  W 

Die  Inklination  zu  London,  die  1576  71*^  50'  betrug,  ging  im  Jahre 
1723  durch  ein  Maximum  14^  42'  und  sinkt  seitdem.  1821  war  sie 
70"  3'  und  1894  67  <>  6'. 

Die  jährliche  Abnahme  der  Deklination  beträgt  jetzt  in  West-  und 
Mittel-Europa  2—3'. 


..ä 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  94  j 

Die  Horizontalintensität.  Ausser  der  Deklination  und  Inkli- 
nation giebt  es  bei  dem  Erdmagnetismus  noch  ein  charakteristisches 
Element,  nämlich  die  Intensität  der  magnetischen  Kraft. 

Anfangs  begnügte  man  sich  damit,  relative  Messungen  der  Stärke 
auszuführen.  Dieser  Art  sind  die  umfassenden  Messungen  von  Hum- 
boldt, Gay  Lussac  und  Hansteen  vom  Anfang  des  vergangenen 
Jahrhunderts.  Die  Methode  stammt  von  Borda  (1776).  Man  hängt 
einen  Magneten  mittelst  eines  Seidenfadens  in  einer  Dose  horizontal 
auf  und  beobachtet  die  Anzahl  Schwingungen  in  einer  gegebenen  Zeit, 
z.  B.  einer  Stunde.  Die  Schwingungen  müssen  geringe  Amplitude 
haben ,  sie  werden  deshalb  mit  Hilfe  eines  Mikroskopes  beobachtet.  Ist 
lie  betreffende  Zahl  an  einer  Stelle  u,  an  einer  anderen  w, ,  so  gilt: 

w2  _  HM 

Das  magnetische  Moment  M  des  Magneten  kann  als  in  beiden  Fällen 
gleich  angesehen  werden,  wenn  er  keinen  Stössen,  mechanischer  Be- 
arbeitung oder  heftiger  Erwärmung  ausgesetzt  gewesen  ist. 

Zwar  nimmt  das  magnetische  Moment  zufolge  des  induzierten  Magne- 
tismus etwas  zu  nach  der  Formel: 

worin  J/o  das  Moment  bei  Aufhebung  der  horizontalen  Komponente  {H) 
des  Erdmagnetismus  und  f  einen  kleinen  nahezu  konstanten  Faktor 
bedeutet.  Dieses  /"  kann  man  experimentell  in  der  Weise  be- 
stimmen, dass  man  den  Magnelien  in  eine  lange  Drahtspule  einlegt, 
deren  Enden  mit  einem  Galvanometer  verbunden  sind.  Man  legt  die 
Spule  erst  in  die  Richtung  des  magnetischen  Meridians  und  dreht  sie  dann 
plötzlich  senkrecht  dazu.  Das  induzierte  magnetische  Moment  verschwindet 
und  man  erhält  einen  dementsprechenden  Ausschlag.  Es  giebt  auch 
andere  Methoden  dieser  Bestimmung.  Man  findet,  dass  bei  stark 
magnetisierten  Stahlstäben ,  deren  Länge  ihre  Breite  30  mal  übersteigt, 

'/  etwa  0,001  ist,  also  in  den  meisten  Fällen  vernachlässigt  werden  kann, 
besonders  wenn  H  nicht  allzu  grossen  Änderungen  unterworfen  ist. 

Um  gegen  zufällige  Fehler,  welche  die  Magneten  schwächen,  ge- 
schützt zu  sein,  führt  man  bei  solchen  Messungen  mehrere,  gewöhnlich 
drei  Magneten  mi<^  deren  Angaben  einander  kontrollieren. 

Gauss  gab   zuerst   eine  genaue  Methode  an,  die  Stärke  der  Hori- 

'zontalintensität  zu  messen.    Derjenige  Magnetstab,  durch  dessen  Schwin- 


942  Physik  der  Atmosphäre. 

gungeu  mau  UM  bestimmt,  wird  in  die  Nähe  einer  Dekiinationsnadel 
gebracht,  deren  Ablenkung  aus  dem  magnetischen  Meridian  von  dem 
Verhältnis  der  Stärke  des  Magneten  und  des  erd magnetischen  Feldes 
abhängig  ist.  Aus  dieser  Abweichung  kann  man  also  H\M  berechnen. 
Beide  Bestimmungen  zusammen  geben  Werte  von  sowohl  H  wie  M. 

Es  gelten  hier  folgende  Formeln,  in  welchen  K  das  Trägheits- 
moment des  Magnetstabes,  M  sein  magnetisches  Moment,  L  sein  Pol- 
abstand, r  die  Entfernung  seines  Mittelpunktes  von  dem  Mittelpunkt 
der  um  den  Winkel  <p  abgelenkten  Deklinationsnadel,  deren  Polabstand 
l  sein  möge,  z  seine  Schwingungsdauer  und  ^  das  Torsionsverhältnis  des 
Fadens  bedeutet,  welches  durch  Vergleichung  der  Schwingungsdauer 
des   Magnetstabes   und   eines   unmagnetischen   Körpers  bestimmt  wird; 


r2  (1  +  d-) 
M r^tgcp 

worin  ?y  =  1/2-^^  ~  ^U^'^  und  a=l  oder  ^2  ist,  je  nachdem  der  Mittel- 
punkt des  Stabes  in  der  magnetischen  Nord-Süd-  oder  Ost -West -Linie 
durch  den  Mittelpunkt  der  Nadel  liegt.  Die  Richtung  des  Magnetstabes 
selbst  soll  immer  magnetisch  ost-westlich  sein. 

Das  Reiseinstrument  von  Lamont  und  andere  Deklinationsinstru- 
mente sind  deshalb  mit  einer  aufiegbaren  in  Centimeter  geteilten  Schiene 
versehen,  auf  die  man  einen  Magnetstab  in  bestimmter  Entfernung 
von  der  Deklinationsnadel  auflegen  kann.  Die  dadurch  hervorgerufene 
Deviation  5p  wird  abgelesen.  Dabei  legt  man  den  Stab  sowohl  östlich 
als  auch  westlich  von  der  Nadel  auf  und  dreht  ihn  um,  so  dass  man 
vier  Ablesungen  erhält.  Als  Polabstand  kann  man  mit  genügender  Ge- 
nauigkeit %  der  Magnetenlänge  nehmen.  Bei  genauen  Messungen  ist 
in  MH  die  Korrektion  für  induzierten  Magnetismus  einzuführen. 

Bei  den  erstgenannten  Messungen  ist  für  die  Temperatur  ebenfalls 
eine  Korrektion  nötig,  welche  durch  besondere  Versuche  zu  bestimmen  ist, 
indem  man  den  Magnetstab  an  derselben  Stelle  bei  zwei  Temperaturen 
schwingen  lässt.  Das  magnetische  Moment  nimmt  mit  steigender  Tem- 
peratur ab,  und  zwar  in  den  meisten  Fällen  um  etwa  0,05  Proz.  pro 
Grad  Celsius ;  diese  Zahl  kann  bisweilen  auf  den  doppelten  Betrag  steigen. 

Ferner  nimmt  das  magnetische  Moment  langsam  mit  der  Zeit  ab. 
Anfangs  ist  die  Abnahme  grösser,  später  geringer.  Lamont  fand  für  einen 


XVI II.  Der  Erdmagnetismus.  943 

Maguetstab  in  12  Jahren  anfangs  1,6,  zuletzt  0,6  und  im  Mittel  etwa 
I  Proz.  Abnahme  pro  Jahr. 

Diese  Eigenschaften  der  Magnete  treten  auch  bei  den  Bestimmungen 
der  Horizontalintensität  nach  der  Gaussschen  Methode  hervor. 

Zur  Bestimmung  der  relativen  Stärke   der  Horizontalintensität  an 

■rschiedenen  Orten  hat  Kohl  rausch  ein  sogenanntes  Lokalvariometer 

instruiert.  Dasselbe  besteht  aus  einer  Bussole  mit  kleiner  Magnet- 
viiidel,  unter  welcher  ein  Magnetstab  drehbar  ist.    Der  Mittelpunkt  des 

;ibes  liegt  senkrecht  unter  demjenigen  der  Nadel.  Derselbe  ist  so 
Miigcstellt,  dass  er  auf  die  Bussolennadel  eine  etwas  grössere  Kraft  in 
horizontaler  Kichtung  als  der  Erdmagnetismus  ausübt.  Man  stellt  zunächst 
las  Instrument  an  einem  Ort,  wo  die  Horizontalkomponente  //  ist,  so 
ein,  dass  der  Stab  und  die  Bussolennadel  parallel  stehen.  Die  Nadel 
ist  dann  nach  dem  magnetischen  Meridian  eingestellt.  Dann  dreht 
man  den  Stab,  bis  die  Nadel  senkrecht  auf  dem  magnetischen  Meridian 

•ht,  und  schraubt  einen  Anschlag  gegen  den  Stab  in  dieser  Stellung, 
inenso  verfährt  man  mit  der  Einstellung  auf  der  anderen  Seite.  Der  halbe 
Drehungswinkel  zwischen  diesen  beiden  Lagen  heisse  <p.  Ist  die  Richt- 
kraft des  Stabes  auf  die  Nadel  gleich  /,  so  wirkt  die  Kraft  «/cos^d 
nach  Süden,  U  dagegen  nach  Norden,  welche  einander  Gleichgewicht 
halten,  so  dass  11=  J  cos  rp.  Die  Kraft  J  sin  g)  =  Htg  (p  stellt  die 
Nadel  in  ost- westlicher  Richtung  ein. 

An  einer  anderen  Stelle,  wo  die  Horizontalkomponente  II\  sein  mag, 
<lreht  man  den  unteren  Richtmagneten,  nachdem  die  Bussolennadel  in  den 
Meridian  eingestellt  ist,  erst  (p  Grad  nach  der  einen,  dann  (p  Grad  nach 

r  anderen  Seite,  was  mit  Hilfe  der  Anschläge  leicht  zu  machen  ist.  Die 
Nadel  stellt  sich  dann  nicht  genau  ostwestlich,  sondern  bildet  mit  dieser 
Kichtung  einen  Winkel  E,  der  das  Mittel  aus  den  beiden  abgelesenen 
Winkeln  E^  und  E2  ist.  Es  wirken  jetzt  folgende  Kräfte:  in  nordsüdlicher 
Kichtung  H^ — H,  in  ostwestlicher,  wie  früher  Hig<p.    Folglich  ist: 

woraus  i/j  leicht  berechnet  werden  kann,  wenn  man  H  kennt.  (//  wird 
in  einem  magnetischen  Observatorium  bestimmt  und  das  Instrument  als 
ßeiseinstrument  in  der  Umgebung  benutzt.)  Dieses  Instrument  muss 
ftlr  den  Temperatureinfluss  korrigiert  werden. 

Man  hat  die  Horizontalintensität  des  Erdmagnetismus  für  viele 
ihinkte  der  Erde  bestimmt.  Die  Linien,  welche  Punkte  von  gleicher 
Horizontalintensität  verbinden,    werden  Isodynamen  genannt.     Da  die 


944  Physik  der  Atmosphäre. 

Kichtung  der  Horizontaliiitensität  auf  diesen  Kurven  senkrecht  steht,  so 
verlaufen  sie  senkrecht  zu  den  von  Duperrey  gezeichneten  magnetischen 
Meridianlinien.  Sie  werden  deshalb  häufig  magnetische  Parallele  ge- 
nannt und  sind  in  die  Figur  283  eingezeichnet  (vgl.  S.  932). 

Sie  zeigen  grosse  Ähnlichkeit  mit  den  Isoklinen.   Die  Karte  (Fig.  28:! 
ist  von  Neumayer  gezeichnet,   und   die  darin  enthaltenen   Werte  d( 
Potentials   sind  durch  den    Erdradius  R  geteilt.    Die  Isodynamen  oder 
Äquipotentiallinien  der  Horizontalkomponente  sind  für  Differenzen  von  0,(1 1 
absoluten  Einheiten  des  Wertes   V-.R  gezeichnet.    Die  durch  Nordasien. 
nördlich  von  Europa,  durch  Island,  Neufundland,  das  Gebiet  der' grossen 
Seen  in  den  Vereinigten  Staaten  und  Süd- Alaska  verlaufende  Isodynanii 
hat  den  Wert  VIR  =  ~  0,28.    Die  Isodyname  +  0,20  geht  durch  dir 
Mitte  von  Australien  südlich  von  Südafrika   und   durch   das  Feuerland. 
Die  grösste  durch  R  geteilte  Potentialdifferenz  beträgt  etwa  0,64  absoluti 
Einheiten  und  der  Mittelwert  ist  gleich  Null  gesetzt.    Die  entsprechend« 
Isodyname  kann   gewissermaassen   als   der   isodynamische  Äquator  be- 
zeichnet werden.    Sie  ist  in  Fig.  283  dicker  gezeichnet  als  die  anderen 
Isodynamen.    Sie   schnitt   den   geographischen  Äquator  im  Jahre  182"» 
bei  ll»  e.  L.  und  170^  w.L.,  im  Jahre  1885  bei  4»  e.L.  und  158'^  w.  L. 
Auch  die  Horizontalintensität  hat  sich  mit  der  Zeit  geändert.    Sie  nimmt 
in  West-Europa  allmählich  zu.    So  wuchs  sie  zu  Göttingen  von  1834  bi> 
1853  von  0,1774  auf  0,1805,  zu  München  von  1853—1871  von  0,1958  auf 
0,2009.  In  Italien  nimmt  sie  etwas  ab.   In  Süd-Amerika  ist  die  Abnahme 
sehr  stark. 

Für  Potsdam  ist  (t  bedeutet  Jahreszahlen)  nach  Eschenhagen: 

Dt  =  90  56,3'  +  5,2'  (1900  —  t) 

Ht  =  10-5  [18844—22,7  (1900  —  t)] 

Ji  =  660  33 j'  ^  1^4'  (1900  — 1\ 

Multipliziert  man  die  Horizontalintensität  an  einer  Stelle  mit  dem 
tg«,  so  erhält  man  die  magnetische  Totalintensität  an  dieser  Stelle.  Audi 
für  diese  Totalintensität  hat  man  Karten  gezeichnet.  Sie  besitzt  ein 
Minimum  in  der  Nähe  des  Äquators,  etwa  0,26  absolute  Einheiten  aut 
22*^  s.  Br.  und  28^  w.  L.  und  Maxima  von  etwa  0,70  abs.  Einh.  in  der 
Nähe  der  magnetischen  Pole.  Die  Maxima  und  Minima  sind  von  ge- 
schlossenen Kurven  umgeben,  und  sekundäre  Maxima  und  Minini; 
kommen  in  ziemlich  unregelmässiger  Weise  vor. 


j 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  945 

Beobachtungen  auf  dem  Meer.  Wenn  die  See  nicht  ganz 
ruhig  ist,  was  ja  nur  selten  eintrifft,  muss  man  an  Bord  die 
magnetischen  Beobachtungen  in  anderer  Weise  wie  auf  dem  festen 
Land  ausführen.  Die  Instrumente  sind  mit  Card a nischer  Aufhängung 
rsehen,  damit  sie,  soweit  möglich,  gleich  gerichtet  bleiben.  Jedenfalls 
werden   die  Beobachtungen   viel   weniger  genau   als  auf  dem  Festland. 

Die  Deklinationsnadel  wird  in  gewöhnlicher  Weise  abgelesen.  Man 
vergleicht  dabei  die  Richtung  der  Deklinationsnadel  mit  derjenigen  der 
Schiffsachse,  welche  durch  den  Kurs  auf  der  Seekarte  bestimmt  ist. 
Diese  Bestimmiingen  werden  höchstens  auf  0,5*^  genau. 

Zur  Bestimmung  der  Inklination  benutzt  man  ein  Instrument  von 
Fox,  in  welchem  die  Inklinationsnadel  mit  ziemlicher  Reibung  auf 
ihren  Lagern  ruht.  Bei  schwacher  Erschütterung  des  Instruments,  her- 
vorgerufen durch  Streichen  mit  einem  gestreiften  Spatel  aus  Hörn  oder 
Elfenbein,  stellt  sich  die  Nadel  in  die  Gleichgewichtslage  ein.  Das  In- 
strument ist  in  Cardanischen  Ringen  aufgehängt;  man  streicht  es  in 
einem  Augenblick,  in  dem  die  Bewegungsebene  der  Nadel  so  weit  wie 
möglich  in  die  magnetische  Meridianebene  fällt  und  die  Achse  des  In- 
struments horizontal  ist,  was  an  einer  Wasserwage  beobachtet  wird. 

Auf  diese  Weise  erhält  man  die  Inklination  ungefähr  ebenso  genau 
wie  die  Deklination.  Man  benutzt  auch  dasselbe  Instrument,  um  die 
Stärke  des  Magnetfeldes  zu  bestimmen.  Zu  diesem  Zweck  ist  an  der 
Achse  der  Nadel  ein  Rädchen  mit  Rinne  am  Rand  befestigt,  um 
welches  ein  Faden  gelegt  ist,  an  dem  ein  kleines  Gewicht  angehängt 
werden  kann.  Dadurch  wird  die  Nadel  um  einen  bestimmten  Winkel  aus 
der  Inklinationsrichtung  abgelenkt,  woraus  die  Totalintensität,  wenn  das 
magnetische  Moment  der  Nadel  bekannt  ist,  berechnet  werden  kann.  Zu 
■demselben  Zweck  können  kleine  Magnete  von  bekannter  Stärke,  deren 
ablenkende  Wirkung  auf  die  Nadel  abgelesen  wird,  dienen. 

Magnetische  Variationsinstrumente.  Wie  wir  unten  sehen 
iWerden,  bieten  die  Schwankungen  der  erdmagnetischen  Elemente  ein 
ganz  besonderes  Interesse.  Man  hat  deshalb  Instrumente  konstruiert 
jäeren  hauptsächliche  Aufgabe  ist,  die  Veränderungen  der  magnetischen 
llemente  anzugeben.  Meist  sind  dieselben  mit  selbstthätiger  Registrierung 
fersehen.  Gewöhnlich  geschieht  dies  photographisch,  indem  ein  Spiegel 
an  dem  beweglichen  Teil  des  Instrumentes  befestigt  ist,  welcher  das 
reelle  Bild  eines  Lichtpunktes  auf  ein  bewegliches  lichtempfindliches 
'ipier  wirft,  das  von  einem  Uhrwerk  mit  gleichmässiger  Geschwindig- 
A'  it  fortgeschoben  wird.    Bei  der  Bewegung  des  Spiegels  verschiebt  sich 

Airhenius,  Kosmische  Physik.  60 


946  Physik  der  Atmosphäre. 

der  Bildpunkt  senkrecht  zur  Bewegungsrichtung  des  Papiers.  Demzufolg«' 
zeichnet  dieser  Bildpunkt  eine  Kurve,  aus  welcher  der  Stand  des  Spiegels 
in  jedem  Augenhlick  abgelesen  werden  kann. 

Zur  Beobachtung  der  Schwankungen  der  Deklination  braucht  man 
nur  eine  horizontal  aufgehängte  Magnetnadel  mit  einem  vertikalen  Spiegel 
zu  verbinden. 

Die   Schwankungen   der  Horizontalkomponente    werden    mit  Hilfe  1 
eines   Bifilarmagnetometers   registriert.    In   diesem  Instrument  ist   einj 
Magnetstab    an    zwei  Fäden    aufgehängt,    und    diese  Aufhängung    ist! 
so  weit  gedreht,   dass   der  Magnetstab  senkrecht  auf  den  magnetischen 
Meridian  steht.    Das  Drehungsmoment  der  bifilaren  Aufhängung  ist  in 
diesem  Fall  genau  gleich  demjenigen  MH  der  horizontalen  Komponente. 
Ändert  sich  //,  so  dreht  sich  der  Stab  proportional  der  Änderung.    Einen 
ebensolchen  Einfluss  hat  eine  Änderung  des  magnetischen  Momentes  M. 
d.  h.  der  Temperatur.    Wenn   also  dll  die  Änderung   der  Horizontal- 
komponente, n  die  Abweichung  (in  Skalenteilen)  und  t  —  tQ  die  Tempe- 
raturabweichung von  einer  mittleren  Temperatur  t^   bedeuten,   so   gilt 
folgende  Gleichung: 

dH=  An-\-  B{t  —  t<^l 

worin  A  und  B  Konstanten  sind. 

Schwankungen  der  vertikalen  Komponente  werden  auf  der  nacli 
ihrem  Konstrukteur  sogenannten  Lloydschen  Wage  abgelesen.  Ein 
Magnetstab  ist  wie  ein  gewöhnlicher  Wagebalken  auf  einer  stählernen 
Schneide  über  Achatpfannen  in  horizontaler  Lage  aufgehängt.  Der 
Wagebalken  ist  zur  Justierung  und  Regulierung  der  Empfindlichkeit 
mit  zwei  kleinen  in  Schraubgewinden  verschiebbaren  Laufgewichten 
versehen.  In  diesem  Fall  hält  das  statische  Moment  des  Gewichtes  des 
Magnetstabs  dem  Drehungsmoment  der  vertikalen  magnetischen  Kraft 
das  Gleichgewicht.  Ändert  sich  diese,  so  neigt  sich  die  Wage,  wa> 
mit  Hilfe  eines  daran  befestigten  Spiegels  abgelesen  wird.  Ist  dZ  Av 
Änderung  der  Vertikalkomponente,  so  gilt: 

dZ=Äini  -\-Bi  {t,  —  ^o), 

worin  A^  und  B^  neue  Konstanten,  w,  die  abgelesene  Abweichung  ist. 
und  (<i  —  ^q)  ähnliche  Bedeutung  wie  vorhin  hat. 

Die  Konstanten  A,  A^,  B  und  B^  werden  experimentell  bestimmt. 
Zur  Ermittelung  von  A  und  A^  dient  ein  kleiner  Hilfsmagnet,  der  in 
bestimmter  Entfernung   angebracht   die  Feldstärke   in  genau  bekannter 


« 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


947 


iWeise  ändert.  Durch  horizontale  und  vertikale  Einstellung  des  Hilfs- 
[magneten  kann  man  die  horizontale  oder  vertikale  Komponente  in  be- 
Ikannter  Weise  abschwächen.  Man  liest  n  und  Wj  ab  und  kennt  dH 
'und  dZ,  woraus  A  und  Äi  berechnet  werden. 

Zur  Bestimmung  der  Werte  B  und  B^  heizt  man  das  Zimmer,  in 
welchem  die  Instrumente  stehen  und  notiert  ihre  Schwankung  mit  der 
Temperatur,  während  in  einem  nicht  geheizten  Nebenzimmer  Kontroll- 
apparate, die  von  der  Temperatur  unabhängige  Schwankung  angeben. 
p]s  sind  auch  von  Liznar  für  das  Bifilarmagnetometer  Kompensations- 


Fig.  288.    Vanationsiii,-Liuiin^..it 


HU  iii<ii;iietischeu  Observatorium  zu  Potsdam. 


verfahren  in  der  Auf  hängung  angegeben,  welche  den  Einfluss  der  Tem- 
peratur auf  den  Magnetstab  dieser  Instrumente  ausgleichen  sollen.  In 
Pawlowsk  hält  man  durch  Heizung  das  Magnetenzimmer  auf  nahezu 
konstanter  Temperatur. 

Die  magnetischen  Variationsinstrumente  werden  zusammen  mit  ab- 
soluten Instrumenten  in  magnetischen  Observatorien  aufgestellt,  die  nach 
gemeinsamem  Plan  eingerichtet  sind.  Häufig  sind  sie  in  Kellerräumen 
untergebracht,  damit  die  Temperaturschwankungen  nicht  allzu  gross 
werden. 

Fig.  288  zeigt  das  Innere  eines  solchen  Observatoriums  (in  Potsdam). 
In  der  Mitte  steht  die  Lampe  und  unter  derselben  sind  drei  cylindrische 

60* 


948 


Physik  der  Atmosphäre. 


EoUen  sichtbar,  von  welchen  jede  die  Angaben  eines  Instrumentes  auf- 
zeichnet. 

Der  Grund  des  Zusammenarbeitens  ist  die  schon  früh  (Ende  des 
18.  Jahrhunderts)  gewonnene  Erkenntnis,  dass  magnetische  Störungen 
gleichzeitig  in  weit  von  einander  entfernten  Orten  —  üpsala  und 
London  nach  den  Beobachtungen  von  Celsius  und  C  an  ton  —  auf- 
treten. Arago  fand  dasselbe  betreffs  Paris  und  Kasan,  die  etwa  47^' 
Längegrade  von  einander  entfernt  sind.  Humboldt  errichtete  1827 
ein  magnetisches  Observatorium  in  Berlin  und  bewog  die  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  St.  Petersburg,  ähnliche  Observatorien  in  Petersburg, 
Kasan,  Moskau,  Barnaul,  Nertschinsk,  Mcolaijew  und  Peking  anzulegen. 


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Fig.  289.    Horizontalintensität  am  12.  Juli  1898  registriert   zu   Amalienhof  (obere 
Kurve,  gestört)  und  gleichzeitig  zu  Potsdam  (untere  Kurve,  ungestört). 


NachdemGauss  1834  mit  Unterstützung  vonSartoriusvonWalters- 
hausen  sich  überzeugt  hatte,  dass  die  magnetischen  Schwankungen  in 
Göttingen  und  Würzburg  gleichzeitig  sind,  bildete  sich  auf  Initiative 
von  Gauss  und  Weber  der  magnetische  Verein,  welcher  1836 — 42 
gleichzeitige  Beobachtungen  anstellte  in  Dublin,  Greenwich,  üpsala,  Stock- 
holm, Kopenhagen,  Breda  (Holland),  Brüssel,  Berlin,  Göttingen,  Mar- 
burg, Leipzig,  Heidelberg,  Breslau,  St.  Petersburg,  Prag,  Krakau,  Krems- 
münster (Ungarn),  Genf  und  Mailand. 

Die  Arbeit   dieser  Observatorien  zeigte   eine   vollkommene  Gleich- 
zeitigkeit der  magnetischen  Störungen  in  Europa.  Zur  Ergänzung  dieses 
Eesultates  richtete  Koyal  Society  in  London  auf  Vorschlag  von  Lloyd^ 
und   Sabine  magnetische  Observatorien  in  Toronto  (Canada),  HobartoJ 
(Tasmanien),  Capstadt  und  auf  St.  Helena  ein,  die  in  den  Jahren  1841—4? 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


949 


|leichzeitig  mit  einigen  europäischen  Stationen  die  magnetischen  Varia- 
ionen studierten. 

Nachdem  die  kultivierten  Teile  der  Erde  auf  diese  Weise  erforscht 

^aren,  schlug  Weyprecht  vor,  die  arktischen  Landesteile  in  ähnlicher 

''eise  zu  untersuchen.    Im  Jahre  1882 — 83  wurden  von  den  beteiligten 

[jändern    Expeditionen    ausgesandt    nach    folgenden    Stationen:    Point 


Fig.  290.    Täglicher  Gang    der  Deklination,    der  Inklination  und  der  Horizontal- 
intensitat  zu  Parc  St.  Maur  bei  Paris.  . . .  Mai -Juli  —  Nov.- Jan.  —  Jahr.    West- 
liche Deklination  ist  als  positiv  gerechnet. 

Barrow,  Lady  Franklins  Bay,  Fort  Rae  und  Kinguafjord  im  arktischen 
Nordamerika,  Godthaab  auf  Grönland,  Jan  Mayen,  Cap  Thordsen  auf 
Spitzbergen,  Nowaja  Semlja,  Bossekop  und  Sodankylä  in  den  nördlichsten 
Teilen  Norwegens  und  Finnlands,  Dicksons  Hafen  an  der  Lena-Mündung, 
Süd  Georgien  und  Cap  Hörn,  welche  ein  überaus  reiches  Material 
gleichzeitig  mit  den  älteren  Observatorien  einsammelten. 

Ausserdem  sammeln  die  meisten  Reiseexpeditionen  auf  dem  Meer 
magnetische   Beobachtungen,   von   welchen   die  bekanntesten  sind:   die 


950 


Physik  der  Atmosphäre. 


französische  Recherche-Expedition  (1838—40),  die  Expeditionen  von  Sir 
James  Boss  zum  magnetischen  Nordpol  (1831)  und  zu  den  Südpolar- 
ländern  (1839—43)  und  die  englische  Challenger-Expedition  (1873—76). 
Die  Arbeit  der  magnetischen  Observatorien  ist  in  letzter  Zeit  durch 
die  elektrischen  Strassenbahnen  für  Gleichstrom  mit  Oberleitung  und 
Rückleitung  durch  die  Schiene  stark  gestört  worden.  Jedes  Ingang- 
setzen und  jedes  Anhalten  eines  elekrischen  Wagens  bringt  eine  Störung 

der  magnetischen  Kurven 
mit  sich,  welche  in  Ent- 
fernungen von  8,  ja  sogar  14 
Kilometern  fühlbar  ist.  Durch 
diesen  Umstand  sind  alle 
magnetischen  Observatorien 
in  Amerika  brach  gelegt 
worden  und  diejenigen  in 
Europa  sind  teilweise  un- 
brauchbar geworden,  teil- 
weise sehr  stark  gefährdet. 
Die  Wirkung  einer  genügend 
langen  elektrischen  Bahn  ist 
nach  Messungen  bei  Spandau 
nahezu  der  Entfernung  um- 
gekehrt proportional. 

Fig.  289  zeigt  die  Re- 
gistrierung der  magnetischen 
Horizontalintensität  während 
40  Minuten  in  Amalienhof 
3  km  weit  von  der  Strassen- 
jp  ^  j;  Q  bahn  in  Spandau  und  gleich- 

Fig.  291.    Tägliche  Schwankung  der  Deklination  zeitig    in    Potsdam.      Wenn 
zu  Potsdam  (nach  Lüdeking).  nicht  die  kleine   elektrische 

Bahn,  die  noch  in  8  km 
Entfernung  sich  bemerkbar  machte,  störend  wirkte,  so  mtissten  die 
beiden  Aufzeichnungen  identisch  sein.  Offenbar  kann  man  von  der  oberen 
Kurve  sehr  wenig  Nutzen  für  wissenschaftliche  Zwecke  gewinnen. 

Diesen  Schwierigkeiten  könnte  man  auf  zweierlei  Weise  entgehen. 
Entweder  so,  dass  man  eine  isolierte  Rückleitung  des  Stromes  be- 
nutzte, was  jedenfalls  nicht  unbedeutende  Kosten  erfordern  würde,^ 
oder  auch  so,  dass  Wechselströme  (speziell  Drehströme)  zur  Yerwenduni- 


I 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


951 


kämen.  Auch  in  diesem  Fall  wäre  isolierte  Rückleitung  erwünscht,  was 
auch  viele  andere  Vorteile,  wie  Vermeidung  der  Störung  des  Fern- 
sprechverkehrs durch  die  sog.  „vagahondierenden  Ströme"  und  grössere 
herheit  gegen  Lehens-  und  Feuersgefahr  mit  sich  führen  würde. 
Tägliche  Schwankung  des  Erdmagnetismus.  Wie  schon 
erwähnt;  bemerkte  Borough  hei  seinen  Beobachtungen  zu  Limehouse 
bei  London  im  Jahre  1580  tägliche  Änderungen  von  20'  bis  30'  im  Stande 


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klination zuPotsdam  1890—99  nach 
Lüdeking. 


iP  =  5  j' 

Fig.  293.   Täglicher  Gang  der  Hori- 
zontalintensität zu   Potsdam   1890 
bis  1899  nach  Lüdeking. 


1er  Deklinationsnadel,  dieselben  wurden  aber  nicht  weiter  beachtet.  Ein 
■nglischer  Uhrmacher,  Graham  (1722),  glaubte  erst,  dass  diese 
Schwankungen  auf  Fehlern  in  der  Aufhängung  der  Nadel  beruhten, 
lachdem   er   aber   gefunden   hatte,   dass   mehrere  Nadeln  den  gleichen 

ang  zeigten,  gewann  er  die  Überzeugung,  dass  die  Schwankungen 
N irklich  vorhanden  waren.    Anders  Celsius  in  Upsala  beobachtete  sie 

on   1741    an  regelmässig   mit  Hilfe   seines   Adjunkten  Hiorter.    Sie 


952 


Physik  der  Atmosphäre. 


fanden  1747  eine  Maximalabweichung  von  etwa  5'  gegen  Osten  uin 
S^  V.M.  —  östliche  Abweichungen  von  der  Mittellage  werden  gewöhnlich 
als  positiv,  westliche  als  negativ  bezeichnet  —  und  eine  ebenso  grosse 
nach  Westen  um  2'^  N.M.  Ausserdem  fanden  sie  Störungen,  die  mit  den 
Nordlichtern  in  Zusammenhang  standen.    Canton,   der  4000  seit  llbi') 


IV  =-  5/ 

Fig.  294.  Täglicher  Gang  der  Verti- 
kalintensität zu  Potsdam  1890 — 99 
nach  Lüdeking. 


iP  =  5  y 

Fig.  295.   Täglicher  Gang  der  Total- 
intensität zu  Potsdam  1890—99  nach 
Lüdeking. 


in  England  angestellte  Beobachtungen  diskutierte,  gelangte  12  Jahri 
später  (1759)  unabhängig  zu  ganz  ähnlichen  Schlüssen. 

Seitdem  hat  man  ähnliche  tägliche  Schwankungen  und  Störungen 
auch  in  dem  Gange  der  Inklination  und  Horizontalintensität  aufgefunden. 
Fig.  290  stellt  die  tägliche  Schwankung  der  erdmagnetischen  Elemente 
in  Parc  St.  Maur  bei  Paris  dar  (Westrichtung  als  positiv  gerechnet). 

Figg.  291—295  geben  die  tägliche  Schwankung  der  Deklination, 
Inklination,  Horizontal-,  Vertikal-  und  Totalintensität  zu  Potsdam  in  de| 
Jahren  1890— 99  für  jeden  Monat,  Winter  (Okt.— März),  Sommer  (April- 


XVII.  Die  Polarlichter.  953 

-f'pt.)  und  Jahr  wieder.  Die  Westrichtung  ist  als  positiv  gerechnet.  Die 
Schwankungen  der  Deklination  sind  jedenfalls  am  besten  untersucht  und 
111  leichtesten  in  theoretischer  Hinsicht  zu  übersehen. 

Eine  nicht  unbedeutende  Schwierigkeit  bilden  die  unregelmässigen 
Störungen.  Bisweilen,  bei  den  nach  Humboldt  so  genannten  magne- 
;ischen  Stürmen,  sind  sie  so  gross  und  unregelmässig,  dass  der  Stand 
der  Magnetnadel  auf  den  selbsregistrierenden  Instrumenten  nicht  abzu- 
lesen ist. 

In  diesem  Fall  verschwinden  die  Störungen  ohne  weiteres  aus  dem 
Beobachtungsmaterial  bei  der  Bildung  der  Mittelwerte.  Aber  es  giebt  sehr 
viele  Störungen,  die  nicht  von  dieser  stürmischen  Art  sind,  und  die 
man  ausschliesst,  um  den  „normalen"  Gang  rein  zu  bekommen.  Bei 
dieser  Ausschliessung  kommen  leider  viele  Willkürlichkeiten  hinein. 
Sabine  schlug  beispielsweise  vor,  alle  Werte,  die  vom  Mittel  um  einen 
jewissen  Betrag  abweichen,  wegzulassen.  Das  willkürliche  liegt  hier  in 
der  Feststellung  dieses  Betrages,  welcher  von  Ort  zu  Ort  wechselt. 
Dessenungeachtet  ist  diese  Methode  die  gebräuchlichste.  Wild  in  Paw- 
lowsk  ging  so  weit,  dass  er  nur  wenige  Tage,  etwa  4  bis  10  pro  Monat, 
als  „ruhig"  auswählte.  In  Greenwich  schliesst  man  nur  die  Tage  starker 
Unruhe  aus  (etwa  4  pro  Monat)  und  von  anderen  Tagen  nur  die  Stunden 
mit  sehr  grossen  Störungen.  Für  den  Rest  des  Materials  wird  eine 
Mittelkurve  mit  freier  Hand  gezeichnet,  aus  der  die  Werte  abgelesen 
werden.  Diese  Methode  scheint  wohl  die  besten  Resultate  zu  geben. 
Man  benutzt  dort  ausserdem  die  Methode  von  Wild. 

Die  Deklinationsnadel  erreicht  um  etwa  S'*  V.  M.  ihren  östlich- 
sten Stand,  etwa  um  l''  15*"  N.M.  den  westlichsten.  Die  Schwankung 
ist  im  Sommer  viel  stärker  als  im  Winter.  So  z.  B.  beträgt  sie  in 
Wien  im  Dezember  nur  2,6',  im  Juni  10,6'.  In  Westeuropa  ist  die 
Schwankung  während  des  ganzen  Sommerhalbjahrs  ungefähr  gleich  (April — 
September),  an  den  asiatischen  Kontinentalstationen  tritt  das  Maximum 
im  Juni,  auf  der  südlichen  Halbkugel  im  November— Februar  ein.  Das 
Minimum  fällt  auf  Dezember  in  der  nördUchen,  auf  Juni  in  der  süd- 
lichen Erdhälfte.  In  der  Nacht  bleibt  die  Nadel  relativ  ruhig.  Im  Sommer 
tritt  das  (westliche)  Minimum  früher,  das  Maximum  später  als  im  Winter 
ein.  Die  Wirkung  beruht  demnach  wahrscheinlich  auf  der  Sonnen- 
strahlung. Auf  der  südlichen  Halbkugel  ist  der  Gang  der  Deklinations- 
^nadel  umgekehrt  und  ihre  extremen  Stellungen  treffen  ein  wenig  später 
(etwa  eine  Stunde)  als  auf  der  nördlichen  Halbkugel  ein.  In  den  äqua- 
torialen Gegenden  steht  die  Nadel  nicht  stille,  wie  man  vermuten  müsste, 


954  Physik  der  Atmosphäre. 

sondern  folgt  dem  Gange  auf  der  Halkugel,  welche  gerade  Sommer  hat. 
Sekundäre,  schwach  ausgeprägte  Minima  und  Maxima  treffen  im  Winter 
(Oktober— März)  etwa  ll'' N.M.  und  5^*  V.M.  ein.  Diese  kleine  sekundäre 
Schwankung  ist  über  den  Kontinenten  viel  geringer  als  an  den  Küsten. 

In  den  polaren  Gebieten  ist  die  tägliche  Schwankung  der  Dekli- 
nation viel  grösser,  so  z.  B.  im  Jahre  1882—83,  das  jedoch  ungewöhnlich 
grosse  Schwankungen  aufwies,  weil  die  Sonnenthätigkeit  sehr  kräftig  war, 
auf  Spitzbergen  42',  in  Nord-Grönland,  81,7<>  N.Br.,  sogar  95'.  Der  Zu- 
sammenhang mit  der  Sonnenthätigkeit  ist  schon  oben  (S.  136)  besprochen 
worden.  Aus  den  dort  gegebenen  Daten  geht  hervor,  dass  die  Schwan- 
kung in  der  Nähe  des  Äquators  ein  Minimum  besitzt. 

Dies  kann  teilweise  darauf  beruhen,  dass  die  horizontale  Kompo- 
nente in  der  Nähe  des  Äquators  ein  Maximum  durchläuft,  so  dass  grös- 
sere Kräfte  nötig  sind,  um  die  Magnetnadel  aus  ihrer  Lage  zu  lenken, 
als  in  polaren  Gegenden.  Nach  einer  Berechnung  von  J.  A.  Broun  soll 
das  Produkt  aus  der  täglichen  Schwankung  und  dem  Cosinus  des  Inkli- 
nationswinkels ziemlich  nahe  konstant,  etwa  4,5'  sein. 

Eine  Änderung  der  Inklination  mit  der  Tageszeit  wurde  zuerst  von 
Arago  aufgefunden  (1827).  Wie  die  Fig. 290  und  292  andeuten,  nimmt 
die  Inklination  in  den  Morgenstunden  des  Sommers  zu  und  erreicht  ein 
Maximum  um  etwa  9^*  V.M.,  dann  nimmt  sie  schnell  bis  1^  oder  1^  N.M. 
ab,  wonach  sie  langsam  auf  den  nahezu  konstanten  Wert  der  Nacht- 
stunden (6'*  N.M. — \^  V.M.)  sinkt.  Im  Winter  ist  die  Schwankung  recht 
unbedeutend  und  besteht  in  einem  relativ  schnellen  Anwachsen  am  Vor- 
mittag 7—11  Uhr.  Danach  bleibt  die  Inklination  ziemlich  konstant  bis  etwa 
5''  N.M.  und  sinkt  dann  allmählich  auf  ein  Morgenminimum  um  6—7  Uhr. 
In  mittleren  und  höheren  Breiten  ist  sie  im  allgemeinen  grösser  während 
der  Tagesstunden,  als  während  der  Nachtstunden,  in  den  Tropen  ist  es 
umgekehrt.  Überall  dauert  die  Tagesabweichung  viel  kürzere  Zeit  (etwa 
die  Hälfte),  als  die  Nachtabweichung,  die  dafür  um  so  geringer  ist.  Das 
Maximum  tritt  in  Mitteleuropa  und  Canada  etwa  um  lO'*  30"*  im  Jahres- 
mittel ein  und  erreicht  etwa  1',  das  Minimum  um  lO'^  N.M.  (nahezu  kon- 
stant von  8^  abends  bis  6'^  früh)  beträgt  nur  etwa  0,4'.  Die  Totalschwankung 
beträgt  in  Paris  im  Februar  0,8',  im  August  1,8'  (Min.  und  Max.),  im 
Jahresmittel  1,3'.  Denselben  Gang  zeigen  die  südlichen  Stationen  Mel- 
bourne und  Hobarton,  das  Maximum  tritt  um  eine  Stunde  später  ein.  Die 
tropischen  Stationen  haben  um  ll''  V.M.  ihr  Minimum  2,2'  unter  dem 
Mittel,  um  11''  abends  ihr  Maximum  0,9'  über  dem  Mittel  (Batavia,, 
Bombay,  Singapore,  St.  Helena,  Capstadt). 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  955 

Die  Horizontalintensität  besitzt  ein  Minimum  am  Vormittag  10—11'' 
und  ein  flaches  Maximum  am  Abend  5 — 6''  in  Dublin  und  Toronto,  8'' 
in  Paris  und  Potsdam,  1 1'*  in  Wien.  Die  Schwankung  beträgt  in  Wien 
inr  23,  in  Potzdam  27  Einheiten  der  fünften  Dezimalstelle  (7),  in  Paris 
^2  Prozent  des  Mittelwertes  der  Horizontalintensität  (437).  Der  grosse 
L  literschied  zwischen  Sommer  und  Winter  geht  aus  den  Figg.  290  und 
293  deutlich  hervor. 

Die  Fig.  296  stellt  die  Amplitude  der  täglichen  Schwankung  der 
öorizontalintensität  in  ihrer  Abhängigkeit  von  den  Sonnenflecken  dar, 
"id  zwar  für  die  Jahre  1841 — 96  zu  Greenwich  nach  Ellis.  Inderseiben 
iiir  sind  die  Amplituden  der  täglichen  Schwankungen  der  Deklination 
während  derselben  Zeit  eingetragen.  Der  Parallelismus  ist  hier  ebenso 
luffallend  me  bei  den  magnetischen   Störungen  (vgl.  Fig.  47,  S.  133). 

Die  Totalintensität  liegt  am  Tage  9^*  V.M.  bis  3^  N.M.  unter  dem 
\Iittel  —  das  Minimum  0.00018  absolute  Einheiten  unter  dem  Mittel 
iiUt  um  ll'*  V.M.  zu  Wien,  das  äusserst  flache  Maximum  0.00007  über 
lern  Mittel  trifft  um  10^  N.M.  ein.  Die  Schwankung  in  Potsdam  ist 
! ingefähr  ebensogross  wie  in  Wien,  nämlich  0,00025  abs.  Einh.  (25  7, 
>üi.  Fig.  295).  Das  Nachmittagsmaximum  ist  nicht  so  flach  wie  in  Wien 
jUnd  trifft  schon  um  7*  N.M.  ein. 

Die  Vertikalintensität  zeigt  im  allgemeinen  sehr  nahe  denselben 
iang  wie  die  Totalintensität  (vgl.  Figg.  294  und  295). 

Die  tägliche  Schwankung  bietet  wegen  ihres  regelmässigen  Ganges 
•1  sehr  grosses  Interesse.  Sie  ist  deshalb  Gegenstand  mehrerer  wichtiger 
oretischer  Untersuchungen  von  Schuster,  v.  Bezold  u.  a.  gewesen. 
Dabei  hat  man  angenommen,  dass  die  Schwankung  auf  demselben  Breite- 
:iad  konstant  ist,  was  der  Erfahrung  recht  nahe  entspricht,  und  wodurch 
las  Problem  sehr  vereinfacht  wird.  Da  die  Schwankung  nur  von  der 
Lokalzeit  abhängt,  so  kann  man  sie  durch  ein  magnetisches  Feld  dar- 
teilen, welches  über  das  normale  supraponiert  ist  und  sich  mit  der 
5onne  von  Ost  nach  West  dreht.  Dieses  Feld  ist  auf  der  Sommerseite 
ier  Erde   kräftiger  entwickelt  als  auf  der  Winterseite. 

Schuster  berechnete  das  Potential  dieses  Feldes  aus  Beobachtungen 
1  St.  Petersburg,  Greenwich,  Lissabon  und  Bombay  und  tabellierte 
..  von  ihm  gefundenen  Werte,  v.  Bezold  hat  das  Resultat  dieser 
Rechnungen  in  einer  Zeichnung  (Fig.  297)  wiedergegeben,  welche  die 
Lage  der  Äquipotentiallinien  um  12''  Mittags  Greenwicher  Zeit  und  zur 
Sommersonnenwende  darstellt.  Dieses  Liniensystera  verschiebt  sich 
in  der  Stunde  um  15^  nach  Westen.    Zur  Wintersonnenwendezeit  sind 


956 


Physik  der  Atmosphäre. 


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Skala  der  Relativzahlen  der  Sonnenflecke. 


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XVIII.  Der  Erdmapfnetismus. 


957 


die    Linien    umzukehren,     so   dass   das   Liniensystem,    welches  in    der 
Figur  die   nördliche   Halbkugel   deckt,    dann    auf   die    südliche    über- 


tragen wird_^und  umgekehrt.    Bei  den  Äquinoctien  ist  das  Liniensystem 
mm  Äquator  symmetrisch,  so  dass  die  beiden  Wirbel,  die  die  Mitte  der 


958  Physik  der  Atmosphäre. 

Karte  decken,  gleich  gross  sind,   und  nicht  wie  im  Sommer   der  nörd- 
liche Wirbel  grösser.    Die  Ziffern  der  Karte  Fig.  297  sind  in  Milliontel 
der  Einheit  ausgedrückt,  welche  bei  der  Zeichnung  der  Isodynamen  ii 
Fig.  283  verwendet  ist. 

Eine  Magnetnadel,  welche  für  das  normale  Magnetfeld  der  Erd. 
astasiert  wäre,  so  dass  auf  sie  nur  das  Drehfeld  der  täglichen  Schwan- 
kung wirkte,  würde  sich  senkrecht  zu  den  Equipotentiallinien  einstelle 
und  zwar  mit  dem  Nordende  gegen  das  Innere  des  nördlichen  Wirbe; 
zeigen  (um  ll'^  V.M.).  Die  Eichtkraft  wäre  um  so  grösser,  je  dichte ; 
die  Equipotentiallinien  an  der  betrefienden  Stelle  aneinander  liegen. 

Da  nun  das   normale  Magnetfeld   die   thatsächliche   Richtung   de; 
Nadel  bestimmt,   so   wird  sie  von  dem  Drehfeld  nur  ein  wenig  aus  d( 
mittleren  Lage  abgelenkt  und  zwar  wird  der  Ablenkungswinkel  dem  Ver- 
hältnis der  Kraft  des  Drehfeldes  und  derjenigen  des  normalen  Magnet- 
feldes proportional  sein. 

Die  ablenkende  Kraft  kann  nun  in  der  einfachsten  Weise  als  dure 
elektrische  Ströme  in  den  Luftschichten  hervorgerufen  betrachtet  werden 
wie  es  Schuster  gethan  hat.  Dieselben  müssten  dann  den  mitr- 
leren  Wirbel  auf  der  nördlichen  Halbkugel  umgekehrt  wie  die  Zeige i 
einer  Uhr  umkreisen,  der  südliche  Wirbel  wäre  dagegen  von  elektriscliei 
Strömen  in  der  Richtung  eines  Uhrzeigers  umkreist.  Wir  können  di' 
beiden  Fälle  so  formulieren,  dass  die  elektrischen  Ströme  eine  cykloniscli' 
Drehung  besitzen. 

Die  beiden  andren  Centra  über  Ostasien  und  südlich  von  Australiei 
wären   dagegen  von   elektrischen  Strömen  in  anticyklonischer  Richtunc 
umwirbelt.    Wie   die  Karte   zeigt,   erstrecken   sich  die  Wirbel  von  d^ 
Sonnenseite  über  den  Äquator  hinüber  (vgl.  S.  953). 

Die  einfachste  Art  und  Weise,  sich  diese  elektrische  Bewegung  vor- 
zustellen, ist  diejenige,  dass  man  annimmt,  die  Luft  wirble  in  den 
betreffenden  Bahnen  und  führe  positive  Elektrizität  mit  sich.  Wie  wir 
oben  gesehen  haben  (S.  887),  sind  die  höheren  Luftschichten  positiv  und 
die  allerhöchsten  wahrscheinlich  negativ  geladen.  Durch  die  Sonnen- 
strahlung und  Wärmeabsorption  der  Kohlensäure  und  des  Wasserdampi' 
bildet  sich  eine  Cyklone  auf  jeder  Halbkugel  aus,  von  welchen  diejenige 
sich  mächtiger  entwickelt,  welche  auf  derselben  Seite  des  Äquators  wie 
die  Sonne  selbst  liegt.  Sie  greift  sogar  durch  Reibung  etwas  anl 
die  andere  Halbkugel  hinüber.  Es  entsprechen  die  Verhältnisse  ungefähr 
denjenigen,  welche  in  der  Fig.  206  versinnlicht  sind;  nur  spielen  sich 
die  Vorgänge  in  den  höheren  Luftschichten   und  nicht  an   der  Erdober- 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  959 

fläche  ab.  Die  Luftmengen ,  welche  oben  zur  Seite  abfliessen  und  nega- 
tive Ladungen  mitführen,  werden  von  der  Erddrehung  nach  rechts  (auf 
der  nördlichen  Halbkugel)  abgebogen.  In  den  höchsten  Luftschichten 
entsteht  also  unter  der  Sonne  eine  anticyklonale  Bewegung  von  nega- 
tiver Elektrizität,  welche  mit  einem  stärkeren  cyklonalen  Zufluss  von  Luft 
in  mittleren  Höhen  und  folglich  von  positiver  Elektrizität  verbunden  ist. 
Dieser  Wirbel  entspricht  einem  Magneten  mit  dem  Südende  unten.  Die 
von  der  Karte  angedeutete  Verteilung  der  Äquipotentiallinien  wird  auf 
diese  Weise  erklärt.  Die  Anticyklonen  auf  der  Nachtseite  der  Erde 
werden  in  ähnlicher  Weise  durch  die  Abkühlung  in  der  Nacht  verständ- 
lich. Sie  ist  am  schnellsten  kurz  nach  Sonnenuntergang,  die  Centra 
liegen  daher  über  Punkten,  wo  es  zwischen  7  und  8  Uhr  Abends  ist. 

Diese  elektrische  Strömung,  möge  sie  in  der  Luft  oder  unter  der 
Erde  fliessen,  ist  offenbar  von  solcher  Natur,  dass  sie  das  Nordende  des 
Magneten  auf  der  nördlichen  Halbkugel  am  Vormittag  nach  oben  zu  drehen 
strebt.  Mit  anderen  Worten,  es  wird  die  Vertikalintensität  geschwächt. 
Dies  stimmt  auch  mit  den  Thatsachen,  indem  die  Vertikalintensität  ein 
Minimum  um  11'*  30*^  V.M.,  ein  Maximum  um  5''  Abends  hat  und  unter 
dem  Mittelwert  zwischen  S''  V.M.  und  3^  N.M.  liegt  (vgl  Fig.  294). 
Aus  diesem  Umstand  kann  man  schliessen,  dass  die  elektrischen  Ströme 
des  Drehfeldes  in  der  Atmosphäre  verlaufen.  Denn  nur  dann  wird 
cyklonisch  um  das  Centrum  im  Atlanten  fliessende  Elektrizität  eine 
Magnetnadel  um  2  Uhr  N.M,  (am  schwarzen  Meer)  nach  Westen  ab- 
lenken. Gleich  gerichtete  Ströme,  die  in  der  Erde  verliefen,  hätten  auf 
<lie  Deklinationsnadel  genau  die  entgegengesetzte  Einwirkung. 

Auf  diese  Weise  schliesst  Schaster,  dass  die  täglichen  magnetischen 
Schwankungen  von  Strömungen  in  der  Luft  herrühren.  Eine  Rechnung 
ergab  ihm  aber,  dass  doch  ein  Teil  (etwa  ein  Viertel)  der  Strömungen 
in  tieferen  Erdschichten  verläuft,  und  er  nimmt  zu  diesem  Zweck  starke 
elektrische  Induktionsströme  an,  die  in  entgegengesetzter  Richtung,  wie 
die  induzierenden  gehen  sollen.  Es  bleibt  künftigen  Untersuchungen,  die 
sich  über  ein  grösseres  Material  erstrecken,  überlassen  zu  prüfen,  ob  eine 
solche  Annahme  nötig  ist. 

Es  könnten  vielleicht  Zweifel  entstehen,  ob  die  Sonnenstrahlung 
solche  Strömungen  in  den  höheren  Luftschichten  herbeiführen  kann. 
Nachdem  aber  Rot  eh  nachgewiesen  hat,  dass  schon  die  kurze  Temperatur- 
änderung, welche  bei  einer  Sonnenfinsternis  entsteht,  genügt,  um  Luft- 
strömungen von  merklicher  Mächtigkeit  hervorzurufen,  sind  solche  Zweifel 
hinfällig. 


960  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  grössere  Stärke  der  täglichen  Schwankung  im  Sommer,  gegen- 
über der  im  Winter,  wird  auf  diese  Weise  leicht  erklärlich.  Die  Wirbel- 
bildung muss  nämlich  im  Sommer  viel  mächtiger  als  im  Winter  sein. 
Weiter  ist  die  Luft  im  Frühling  und  Herbst  stärker  elektrisch  geladen 
als  im  Winter  und  Sommer,  wenn  die  Erde  durch  den  Sonnenäquator 
geht  (vgl.  S.  153).  Demzufolge  wird  das  Minimum  im  Dezember  stark 
verschärft,  das  Maximum  des  Sommers  dagegen  abgeflacht,  so  dass  die 
Monate  April-September  nahezu  gleich  grosse  Schwankungen  aufweisen 
wie  der  Maximalmonat  Juli.  Ausserordentlich  leicht  erklärt  sich  in  ähn- 
licher Weise  die  starke  Schwankung  der  Magnetnadel  in  den  sonnen- 
fleckenreichen  Jahren  (vgl.  S.  152). 

Schon  Faraday  zeigte,  dass  die  magnetischen  Schwankungen  sich 
so  verhalten,  als  ob  ein  grosser  Magnet  mit  dem  Südende  über  der 
nördlichen  und  dem  Nordende  über  der  südlichen  Halbkugel  der  Be- 
wegung der  Sonne  folgte.  Er  nahm  zum  Verständnisse  dieser  Thatsache 
an,  dass  die  magnetische  Permeabilität  der  Luft  mit  'der  Erwärmung 
durch  die  Sonnenstrahlen  im  Laufe  des  Tages  sich  ändere.  Diese  Er- 
klärungsweise ist  jetzt  als  unhaltbar  verlassen  worden. 

Dass  dieTagesschwankungen  auf  einer  Einwirkung  der  Sonne  beruhen, 
geht  auch  aus  einer  interessanten  Beobachtung  hervor,  die  bei  der  Sonnen- 
finsternis vom  28.  Mai  1900  an  drei  amerikanischen  Stationen  gemacht 
wurde.  Während  der  Finsternis  verhielt  sich  nach  Bauer  die  Magnet- 
nadel wie  in  der  Nacht. 

Die  Schwaiikung  der  erdmagnetischen  Elemente  ist,  wie  wir  schon 
oben  (S.  152)  betreffs  der  Deklination  bemerkt  haben,  viel  grösser  in 
sonnenfleckenreichen  wie  in  sonnenfleckenarmen  Jahren.  Auf  den  Zu- 
sammenhang zwischen  Sonnenthätigkeit  und  Erdmagnetismus  machte 
schon  Hansteen  1859  aufmerksam,  indem  er  zeigte,  dass  in  den  Mini- 
mumjahren der  Sonnenflecke  1823,  1833,  1843  und  1856  die  Horizontal- 
komponente durch  ein  Maximum ,  die  Vertikalkomponente  dagegen  durch 
ein  Minimum  ging. 

Diese  Wirkung  der  Sonnenthätigkeit  zeigt  sich  sehr  deutlich  in  der 
Amplitude  der  täglichen  Schwankung;  dabei  werden  nur  die  regelmässigen 
Schwankungen   berücksichtigt,    die    für  die   Störungen  korrigiert  sind. 

Dies  gilt  nicht  nur  für  die  Deklination,  wovon  oben  berichtet  wurde, 
sondern  für  alle  magnetischen  Elemente. 

Van  der  Stok  hat  die  Beobachtungen  aus  Batavia  in  dieser  Hin- 
sicht bearbeitet.  Er  vereinigte  die  Beobachtungen  von  fünf  Jahren  in 
der  Nähe  des  Jahres   1889,   welches   ein   Minimum    der   Sonnenthätig 


I 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


961 


>it  enthielt,  in  eine  Gruppe  und  diejenigen  von  sechs  Jahren  in  der 
ihe  des  Maximaljahres  1893  in  eine  andere  Gruppe.  Er  fand,  dass 
Grösse  der  ^Schwankung  für  jeden  Monat  und  für  alle  magnetische 
jmente  ohne  Ausnahme  in  der  zweiten  Gruppe  grösser  als  in  der 
jten  war,  in  einem  Verhältnis,  dass  in  den  verschiedenen  Fällen  zwischen 
14  und  1 ,58  lag.  Die  untersuchten  magnetischen  Elemente  waren 
jklination,  Inklination,  Horizontal-,  Vertikal-  und  Total -Intensität. 
Noch  viel  beweiskräftiger  ist  die  Untersuchung  von  Ellis  betreffs 
Ter  Beobachtungen  über  Deklination  und  Horizontalintensität  zu  Green- 
wich  in  den  Jahren  1841  — 1896.  Das  Resultat  derselben  ist  oben  in 
Fig.  296  wiedergegeben  und  zeigt  einen  vollkommenen  Parallelisraus 
zwischen  den  genannten  täglichen  Schwankungen  und  der  Sonnenflecken- 
zahl.  Alle  drei  Kurven  sinken  langsam  von  einem  Maximum  zu  dem 
folgenden  Minimum  und  steigen  dann  steil  zu  dem  folgenden  Maximum. 
Auch  die  kleineren  sekundären  Schwankungen  der  drei  Kurven  zeigen 
Gleichzeitigkeit  und  gleiche  Richtung.  Das  Resultat  ist  unabhängig  da- 
von, ob  man  nur  ruhige  Tage  nach  Wilds  Methode  mitnimmt  oder 
nur  die  starken  Störungen  weglässt. 

Zu   demselben   Schluss  führen  auch  die  Beobachtungen  aus  Parc 

St.  Maur  bei  Paris.    Für  die  Amplituden  der  täglichen  Schwankungen 

in  den  Jahren  1888 — 1890,  welche  das  Minimumjahr  1889  umgeben  und 

den  Jahren  1892 — 1894  um  das  Maximumjahr  1893  gelten  folgende  Daten. 

Dekl.         Inkl.      Horiz.     Veit.    Nord.    West.      Total 

1,29'       22,3       17,9       24        40        21,8 

2,18'       37,7      24,8      40        57        33,8 

1,69  1,69       1,39       1,37      1,42      l,5i 

Die  fünf  letzten  Kolumnen  betreffen  die  horizontalen,  vertikalen, 
nördlichen  und  westlichen  Komponenten  der  Totalintensität  sowie  diese 
selbst  und  sind  ausgedrückt  in  10"^  absoluten  Einheiten  (7). 

Die  jährliche  Schwankung  der  täglichen  Variationen   für  Potsdam 

(1890—99)  und  Parc  St.  Maur  (1888  bis  90  und  1892—94)  geht  aus 

folgender  Tabelle  hervor.     (Einheiten  wie  oben  Minute  und  7.) 

Jan.  Feb.  März  April    Mai   Juni'  Juli  Aug.  Sept.  Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 

f  Dekl.    5,20  6,17  9,0011,45  11,3811,24  11,12  11,06   9,34  7,36  5,88  4,94  7,96' 
Inkl.     1,00  1,19  1,63    2,07     2,07    2,29   2,47    2,47  2,33  2,02  1,31  0,92  1,50' 

Horiz.  15,0  18,2  27,7    39,8     38,9     41,0  42,8  41,5  36,9  32,5  20,4^5,^27,0 

Vertik.6,4  11,9  18,3    25,4    29,2   25,1    24,1  20,5  16,9  13,7     9,7    7,4  16,7 

Nord.  17,3  21,6  31,4   42,4   .39,1    40,4   42,6  43,4  39,5  35,3  22,8  15,2  29,8 

West  26,8  31,5  47,7    60,0    60,8   61,0   60,2  59,0  50,4  35,9  29,4  25,1  41,9 

^  Total    9,3  14,7  24,4    35,8   39,6    37,0   35,5  31,4  26,9  22,1  13,4    8,4  24,5 
Airhenius,  Kosmische  Physik.  61 


1888-90 

7,59' 

1,29' 

22,3 

17,9       24        40        21,8 

1892—94 

10,71' 

2,18' 

37,7 

24,8      40        57        33,8 

Verhältnis: 

1,41 

1,69 

1,69 

1,39       1,37      1,42      1,55 

s 

o 


Inkl.     1,1 

1,1 

1,5 

1,9 

1,7 

2,1 

2,2 

2,6 

2,0 

1,9 

1,5 

1,2 

1,73 

Horiz.18 

18 

27 

35 

33 

38 

42 

43 

34 

32 

23 

17 

30.0 

Vert.    9 

16 

22 

28 

33 

29 

28 

31 

21 

18 

15 

10 

21,8 

Nord  22 

24 

32 

37 

33 

36 

40 

42 

38 

37 

26 

20 

32 

West  27 

35 

50 

60 

59 

61 

Gl 

63 

53 

46 

33 

26 

49 

Total  13 

20 

29 

37 

40 

38 

38 

36 

29 

27 

17 

12 

27,8 

9ß2  Physik  der  Atmosphäre. 

Jan.  Feb.  März  Apr.     Mai   Juni   Juli    Aug.  Sept.    Okt.  Nov.  Dez.  Jahr 
Dekl.    5,4    6,5    9,8    11,7     11,8    ll,ß   11,6    12,0   10,5    8,8    5,8    4,4    9,1.V 

^  S^ 

o  1 

CS  00 


Die  Änderung  der  täglichen  Schwankung  im  Jahre  wird  durch 
die  Figuren  291—295  für  Potsdam  1890—99  versinnlicht. 

Die  Übereinstimmung  mit  der  wahren  Nordlichtperiode  ist  auffallend. 

Die  jährliche  Periode,  Ebenso  wie  am  Tag  der  Mittag  ist  im 
Jahre  der  Hochsommer  die  Periode,  in  der  die  Deklinationsnadel  nach 
Westen  abweicht.  Dies  gilt  für  die  nördliche  Halbkugel,  auf  der  süd- 
lichen ist  die  Abweichung  umgekehrt.  Einige  Beispiele  mögen  angeführt 
werden,  in  welchen  wie  gewöhnlich  östliche  Abweichung  von  der  Mittel- 
lage als  positiv  bezeichnet  wird.  (Die  Ziffern  bezeichnen  Bogensekunden. 

Jan.  Feb.  März  Apr.  Mai    Juni    Juli     Aug.    Sept.  Okt.    Nov.  Dez. 
Paris  (1821- 30)    +16    3ö    64      11—22—52-65    —20    —3+13      11      10 


Philadelphia 

(1841—45)     . 

90    73    28 

-28 

-70 

-84 

-95- 

-  120  —  62  +77      85 

106 

Kew  (1890-94) 

25    22      7 

-28 

—  28 

-35 

—  39- 

-    34  +  22       17      11 

36 

Parc    St.  Maur 

(1888-97)     . 

+  1      0    10 

7 

—  7 

—  8 

-10 

+1       0    +5    —3 

1      0 

Potsdam  (1890 

bis  99)     .     . 

,+ 1  +  4  +  3 

+  2 

+  5  - 

-10 

-13 

—  7   +  2  +  10  +  13  - 

f  13 

Nach  Mielberg  ist  in  Nertschinsk  der  Gang  derselbe  wie  an  den 
angeführten  Stationen,  dagegen  in  Jekaterinenburg  umgekehrt  (Ma 
ximum  im  Juni,  Minimum  im  September).  Auch  für  Batavia  ist  der 
Gang  umgekehrt  wie  für  die  Stationen  der  Tabelle,  was  damit  über- 
einstimmt, dass  Batavia  auf  der  südlichen  Halbkugel  liegt.  Sehr  eigen- 
tümlich ist  die  geringe  Jahresschwankung  im  Parc  St.  Maur,  verglichen 
mit  derjenigen  in  Paris  (nach  Messungen  von  Arago). 

Fast  ebenso  niedrige  "Werte  wie  in  Parc  St.  Maur  ergeben  die  Be- 
obachtungen in  Potsdam. 

Auch  die   anderen  magnetischen  Elemente   erleiden   eine  jährliche 
Änderung.     Sabine  wies  im  Jahre  1850  nach,  dass  die  Inklination  auf] 
beiden  Halbkugeln  im  Halbjahr  Okt.— März  grösser  als  im  anderen  Halb- 
jahr ist. 

Dagegen  ist  die  Horizontal -Intensität  (entgegen  Sabines  Ansicht) 
auf  der  nördlichen  Halbkugel  grösser  im  Sommer  als  im  Winter. 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


963 


Als  Beispiele  mögen  folgende  Daten  angeführt  werden,  in  welchen 
iie  Ziffern  für  die  Inklination  (J)  in  Sekunden,  diejenigen  für  die  Hori- 
zontal- und  Vertikal-Intensität  {H  und  V)  in  10 -ß  absoluten  Einheiten 
(),l7)  angegeben  sind.  Die  Daten  aus  Kew  stammen  aus  den  Jahren 
J90— 94,  diejenigen  aus  Parc  St.  Maur  aus  den  Jahren  1888 — 97. 

Jan.  Febr.  März  Apr.     Mai    Juni    Juli  Aug.   Sept.     Okt.      Nov.    Dez. 
BW       H—Vd—U—15    —5  +  46       74       47    24     —18    —55    —46—24 

^^   11  —  22—50—16     -f-4      23       53       42    14     -28    —17    —15—17 


V 


18 


—  22  —  55  —  16  —  3     +1 


11 


26       14 


fF— 17  —58  —18  +16   56       74        50         5     —34—48    —36    —18 
J       21       28        19        1—20  —37  —35—14+5         15        16         15 
X  — 17  —26  —16 +  16 +  .52  +69    +47—3      —34—46—34—16 
—  7-6-11—7    +6        16       23        21       9—6-16-^6-0 
V    102     127      99      62        2  —  82  — 108  —  83  —  66  —  52    -22+33 

IT       91      102      77       54      10—60   —92   —80  —70  —53    —17    +37. 


Da  die  Horizontalintensität  zu  Parc  St.  Maur  nur  0,19535,  die 
[ertikal Intensität  dagegen  0,42129  betrag,  dagegen  die  Schwankung  der 
lorizontalintensität  diejenige  der  Vertikalintensität  um  nahezu  den  drei- 
ichen  Betrag  übersteigt,  so  muss  die  Inklination  den  umgekehrten  Gang 
ie  die  Horizontalintensität  zeigen. 

In  Potsdam  ist  die  Schwankung  der  Vertikalintensität  (V)  um- 
"gekehrt  wie  in  Parc  St.  Maur,  und  wie  diejenige  der  Horizontalinten- 
sität (H).  Infolgedessen  hat  auch  die  InklinationY-T?  in  Minuten  ange- 
geben ein  ausgesprochenes  Maximum  im  Winter  (Februar)  und  ein 
Minimum  im  Sommer  (Juni  bis  Juli).  Die  Totalintensität  (77  verhält 
sich  wie  ihre  wichtigste  Kompon*»nte  (V),  die  Nord-  und  Westkompo- 
nenten {X  und  —  Y)  der  Horizontalintensität  wie  diese  selbst. 

Die  magnetischen  Störungen.  Die  heftigen,  grossen  Abweichungen 
der  magnetischen  Elemente  werden  als  „Störungen"  bezeichnet.  Zwischen 
denselben  und  den  regulären  Schwankungen  giebt  es  alle  möglichen 
Übergänge,  sodass  die  Aussonderung  der  Störungen  immer  etwas  Willkür 
an  sich  hat.  Nach  Sabine  wurden  beispielsweise  als  Störungen  der 
Deklination  solche  Abweichungen  vom  Mittel  angesehen,  welche  3,6'  für 
Toronto,  3,5'  für  Nertschinsk,  3,3'  für  Kew  und  2,4'  für  Hobarton  über- 
stiegen. 

Die  nähere  Untersuchung  der  Störungen  hat  viele  interessante  Ergeb- 
nisse zu  Tage  gefördert.  Schon  die  Beobachtungen  von  Celsius  in  Upsala 
imd  Graham  in  London  zeigten,  dass  die  Störungen  in  diesen  beiden 
Orten  gleichzeitig   eintreten.     Die  Uhr  zu  Upsala    zeigt  eine  Stunde 

61* 


964 


Physik  der  Atmosphäre. 


11  Minuten  mehr  als  diejenige  von  London.  Am  5.  April  1741  fand 
ein  starker  magnetischer  Sturm  statt.  Die  Deklinationsnadel  schwankt, 
zu  Upsala  zwischen  9*^33'  und  11^,  zu  London  zwischen  lö'^SO'  und 
17*^20'.  Die  Maxima  der  Deklination  wurden  in  London  um  3'*  AO^  und 
4Ä  20»"  beobachtet,  in  Upsala  waren  die  entsprechenden  Zeiten  5'*  und 

^^  35«*  (alles  Lokalzeit).  Die 
grössten  Störungen  traten 
demnach  sehr  nahe  gleich- 
zeitig ein.  Damals  wurden 
die  Beobachtungen  nur  in 
bestimmten  Intervallen  auf- 
genommen, die  Gleichzeitig- 
keit konnte  unter  solchen 
Umständen  nicht  so  genau 
festgestellt  werden  wie  jetzt 
bei  den  selbstregistrieren- 
den Instrumenten,  die  eine 
kontinuierliche  Kurve  zeich- 
nen. In  nahegelegenen  Sta- 
tionen, z.B.  denjenigen  West- 
Europas  tritt  die  Schwankung 
meist  in  gleicher  Richtung 
und  etwas  verschiedener 
Stärke  auf.  Zwischen  weiter 
von  einander  getrennten  Sta- 
tionen zeigen  sich  grössere 
Unterschiede ,  sodass  bis- 
weilen die  gleichzeitigen  Ab- 
weichungen in  entgegenge- 
setztem Sinne  verlaufen 
können.  So  z.  B.  beobachtete  Wijkander  zu  Polhem  auf  Spitzbergen 
Abweichungen,  die  grosse  Unterschiede  gegen  die  gleichzeitig  (1872—73) 
in  der  gemässigten  Zone  beobachteten  zeigen.  Auch  können  Störungen 
an  einem  Ort  auftreten,  während  an  einem  anderen  gleichzeitig  keine  be- 
merkbar sind.  So  z.  B.  fand  Humboldt  eine  grosse  Störung  in  dem 
Bergwerk  zu  Freiberg,  die  in  Berlin  nicht  beobachtet  wurde. 

Die  Beobachtungen  des  von  Gauss  und  Weber  organisierten  mag- 
netischen Vereins,  welcher  an  gewissen  Tagen  alle  fünf  Minuten  Beobach- 
tungen  anstellte,   lieferten   sehr   wertvolle  Beiträge   zur  Erkenntnis  der 


Fig.   298.     Störungen    zu    Zika-Wei,   Batavia, 
Bombay,   Petersburg,  Wien,  Toronto  und  Mel- 
bourne am  24. — 25.  Juli  1885. 


i 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  955 

fatur   der  Störungen.     Dies   gilt   natürlich   noch   mehr  von   den  Auf- 
lehnungen der  selbstregistrierenden  Instrumente  in  den  magnetischen 
Observatorien.    Solche  gleichzeitige  Aufzeichnungen  der  Bifilarmagneto- 
leter  vom  24.-25.  Juli  1885  lO'^  N.M.  bis  6'»  V.M.  (Greenwicher  Zeit) 
id  in  der  Fig.  298  reproduziert.    Sie  zeigen,  dass  die  grössten  Störungen 
"gleichzeitig  über   die   ganze  Erde    auftreten   von  Petersburg  bis   nach 
Melbourne,   Batavia,  Zika-Wei   in  China  und  Toronto   in  Canada.    Die 
heftigen  plötzlichen  Störungen  traten  an  allen  Beobachtungsorten  gleich- 
zeitig auf  (10'^  30*"  N.M.  und  4^*  V.M.).   Die  kleineren  Störungen  zeigen 
dagegen  an  den  verschiedenen  Stellen  recht  grosse  Unterschiede.    Die 
Schwankung  war  an  einigen  Stellen  sehr  beträchtlich,  so  z.  B.  in  Toronto 
^0047   abs.   Einheiten   (etwa  3  Proz.   des  Mittelwertes   der  Horizontal- 
^tensität).    In  Wien  betrug  sie  nur  0,0012. 

Ebenso  wie  v.  Bezold  das  magnetische  Feld  dargestellt  hat,  welches 
m  täglichen  Schwankungen  entspricht,  hat  Ad.  Schmidt  eine  Dar- 
jllung  des  Feldes  der  Störungen  gegeben.  Die  magnetischen  Kraft- 
lien  dieses  Feldes  liegen  bei  relativer  Ruhe  einander  einigermaassen 
irallel,  bei  starken  Störungen  bilden  sie  konvergierende  oder  divergierende 
^steme,  die  sich  allmählich  verschieben  und  der  wirbeiförmigen  An- 
ordnung der  Windrichtung  um  Cyklonen  und  Anticyklonen  ähnlich  sind. 
Die  Ursache  der  Störungen  liegt,  nach  der  vertikalen  Komponente  zu  urteilen 
(vgl.  S.  959),  oberhalb  der  Erdoberfläche.  Ohne  Zweifel  finden  in  mittleren 
Luftschichten  bei  diesen  magnetischen  Stürmen  starke  cyklonische  bezw. 
anticyklonische  Luftbewegungen  statt,  welche  positive  Elektrizität  mit- 
schleppen und  auf  diese  Weise  die  magnetischen  Störungen  verursachen. 
Die  Wirbel  können  als  aus  elektrischen  Strömen  zusammengesetzt 
gedacht  werden,  deren  Stärke  unter  Umständen  nicht  weniger  als  0,01 
Amp.  pro  cm  erreicht. 

Schon  früh  entdeckte  man  (Sabine  1852),  dass  die  magnetischen 
Stürme  in  sonnenfleckenreichen  Jahren  viel  häufiger  und  heftiger  als  in 
sonnenfleckenarmen  sind.  Durch  Summierung  aller  Störungen  in  einem 
Jahr  erhielt  Sabine  Relativzahlen,  und  zwar  fand  er  für  die  Jahre 
1844—48  für  Toronto  folgende  Werte: 


Dekl. 

Horiz. 

Vert. 

1844 

0,52 

0,35 

0,65 

1845 

0,64 

0,47 

0,58 

1846 

0,82 

0,55 

0,73 

1847 

1,39 

1,14 

1,23 

1848 

1,63 

2,49 

1,80. 

965  Physik  der  Atmosphäre. 

1843  war  ein  Minimumjahr,  1848  ein  Maximumjahr  der  Sonneii- 
flecken. 

Diese  Beziehungen  zwischen  Stärke  der  Störungen  und  Menge  der 
Sonnenflecken  hat  sich  bei  allen  späteren  Untersuchungen  bestätigt. 

Bei  Untersuchungen  über  den  jährlichen  Gang  der  Störungen  ist 
man  auf  Schwierigkeiten  gestossen.  Dieselben  hat  EUis  in  der  Weise 
entfernt,  dass  er  die  Störungen  in  Gruppen  einteilte.  Die  „stärksten 
Störungen"  entsprechen  Abweichungen  der  Deklinationsnadel  von  mehr 
als  1^  und  der  Horizontalkomponente  von  mehr  als  3Ü0  Einheiten  der 
fünften  Decimalstelle.  „Schwache  Störungen"  haben  einen  Effekt  der 
mehr  als  sechs  mal  geringer  ist  als  die  genannten  Ziffern  angebew. 
10'  bezw.  50  Einheiten,  Die  „schwachen  Störungen"  zeigen  ein  einziges 
Maximum  im  Hochsommer  und  ein  Minimum  im  Winter. 

Die  anderen  Störungen  zeigen  dagegen  zwei  Maxima  im  Frühlint: 
und  Herbst,  und  zwei  Minima,  von  welchen  dasjenige  in  Juni  etwas  aus- 
geprägter ist  als  dasjenige  in  Dez.  oder  Jan.  Die  folgenden  Daten  au^ 
Toronto  und  Greenwich  mögen  dies  erläutern.  Für  Greenwich  sind 
Störungen  aller  magnetischen  Elemente  zusammengenommen. 

Toronto  Greenwich 

Dekl.             Horiz.  Vert.  Mittel 

Jan.               0,57            0,56  0,57  0,93 

Febr.             0,84            0,94  0,74  1,23 


März 

1,11 

0,94 

1,08 

1,22 

April 

1,42 

1,50 

1,49 

1,09 

Mai 

0,98 

0,90 

1,12 

0,81 

Juni 

0,53 

0,36 

0,50 

0,71 

Juli 

0,94 

0,61 

0,71 

0,81 

August 

1,16 

0,75 

1,08 

0,90 

Sept. 

1,62 

1,71 

1,61 

1,15 

Okt. 

1,31 

1,48 

1,29 

1,18 

Nov. 

0,78 

0,98 

0,75 

1,02 

Dez.  0,76  0,58  0,61  0,83 

Die  beiden  Maxima  im  jährlichen  Gang  der  Störungen  der  Dekli 
nation.  Horizontal-  und  Vertikalintensität  treten  auch  in  Fig.  299  deut- 
lich hervor,   welche  ihren    Gang  zu  Potsdam  in  den   Jahren   1890—99  n 
darstellt. 

Dieser  Gang  der  starken  Störungen  ist  genau  gleich  demjenigen  der 
halbtägigen  Barometerschwankung  in  niederen  Breiten  (vgl.  S.  603).  Di 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  957 

barken  Störungen  sind  demnach  direkt  durch  den  Fall  von  Sonnenstaub 
Verursacht,  welcher  hauptsächlich  in  den  niederen  Breiten  stattfindet. 
)ie  schwachen  Störungen  dagegen,  welche  im  Sommer  ihr  Maximum 
sitzen,  können  als  Folgen  des  schon  durch  Winde  diffus  verbreiteten 
Jonnenstaubs  betrachtet  werden,  welcher  nicht  geladen  genug  ist,  um 
Elektrische  Entladungen  gleich  nach  seinem  Fall  in  die  Atmosphäre 
lervorzurufen.  Dies  entspricht  mehr  den  Verhältnissen  in  höheren  Breiten. 
Die  Störungen  haben  auch  eine  tägliche  Periode.  In  den  meisten 
fällen  treten  sie  am  häufigsten  in  der  Mittagszeit,  am  seltensten  um 
[itternacht  auf.  Als  Beispiel  mögen  folgende  Daten  aus  Batavia 
1882—1893)  dienen,  welche  die  Anzahl  der  Perturbationen  für  die  drei 
magnetischen  Elemente,  Deklination,  Horizontalintensität  und  Vertikal- 
intensität, sowie  ihren  Mittelwert  angiebt. 

StundeV.M.l         2         3          4         5          6          7          8         9  10  11       12 

Dekl.      0,29   0,25  0,25  0,32  0,37    1,14  1,97  1,65  1,56  2,05  2,98  3,20 

Horiz.     0,80    0,78  0,79  0,74  0,76    0,81  0,85  0,93  0,93  0,85  0,95  1,06 

Vertik.  0,44   0,46  0,52  0,57  0,67   0,91  1,18  1,98  1,96  1,63  1,36  1,26 

Mittel     0,51    0,50  0,52  0,54  0,59   0,95  1,33  1,52  1,48  1,51  1,76  1,86 

^tundeN.M.l         2  3          4  5  (3  7          8  9        10  11       12 

Dekl.      2,67  1,77  0,79  0,61  0,52  0,35  0,30  0,22  0,22  0,14  0,14  0,18 

Horiz.     1,35  1,61  1,61  1,39  1,16  1,04  0,99  0,94  0,96  0,95  0,86  0,91 

Vertik.    1,65  1,93  1,91  1,53  0,87  0,57  0,48  0,44  0,44  0,43  0,43  0,43 

Mittel    1,89  1,77  1,44  1,18  0,85  0,65  0,59  0,53  0,54  0,51  0,48  0,51 

Die  Maxima  und  Minima  der  Störungen  der  Deklination  treffen 
ziemlich  genau  zur  Mittags-  und  Mitternachtszeit  ein,  diejenigen  der 
Horizontal -Intensität  etwas  später,  diejenigen  der  Vertikal -Intensität 
wiederum  etwas  früher,  so  dass  im  Mittel  die  Störungen  ihre  Extrem- 
werte um  Mittag  und  Mitternacht  durchlaufen.  Betreffs  der  Form  der 
Schwankung  ist  es  auffallend,  dass  die  Werte  in  den  Nachtstunden 
6  Uhr  abends  bis  6  Uhr  früh),  nahezu  konstant  sind,  dann  schnell 
wachsen  und  ein  ziemlich  flaches  Maximum  um  Mittag  durchlaufen, 
schliesslich  in  den  Nachmittagsstunden  3 — 6  Uhr  sehr  schnell  auf  den 
konstanten  Nachtwert  sinken.  Es  stimmt  dieser  Gang  ganz  auffallend  mit 
demjenigen  der  Sonnenstrahlung  überein,  was  kein  Zufall  ist,  denn  die 
Menge  Sonnenstaub,  welche  in  die  Atmosphäre  hineinfällt,  ist  ungefähr 
ler  Sonnenstrahlung  proportional.  Man  hätte  vielleicht  erwartet,  dass 
las  Maximum   etwas  in  den  Vormittag  hinein  verschoben  wäre  und   in 


9ß8  Physik  der  Atmosphäre. 

der  That  sind  im  Mittel  die  Störungen  am  Vormittag  nach  5  Uhr  be- 
deutend (etwa  15  Proz.)  stärker  als  ebenso  lange  nach  Mittag. 

Die  graphische  Darstellung  Fig.  300  giebt  den  täglichen  Gang  der 
Störungen  zu  Potsdam  in  den  Jahren  1890 — 1899  wieder.  In  derselben 
tritt  ein  Minimum  um  Mittagszeit  und  ein  Maximum  am  Abend 
(9^  N.  M.)  sehr  deutlich  hervor.  Der  Gang  ist  also  ein  ganz  anderer  wie  zu 
Batavia.  Es  wäre  ohne  Zweifel  erwünscht  auch  in  diesem  Fall  zwischen 
starken  und  schwachen  Störungen  zu  unterscheiden. 

Die  nahezu  26-tägige  Periode.  Oben  ist  kurz  erwähnt,  dass 
die  erdmagnetischen  Elemente  und  ihre  Störungen  einer  Periode  von 
25,93  Tagen  Länge  unterworfen  sind  (S.  148).  Ordnet  man  die  betreffen- 
den Erscheinungen  nach  derselben  Epoche  (1728  Jan.  1,0),  so  findet 
man  Maxima,  die  meist  nahe  aneinander  liegen.  Man  findet  nämlich 
das  Maximum  an  folgenden  Tagen: 

Nordlichter 15,3.  Tag.  EA. 

Südlichter 15,5.  „  EA. 

Deklination  (östl.)  in  Prag  und  Wien  1870   .    .     .     17,6.  „  H. 
Tagesschwankung  des  Erdmagnetismus  (Fort.Rae  1882 

bis  1883) 18,5.  „  L. 

Deklinationsstörungen  (Jan  Mayen  1882—83)    .    .     19,0.  „  L. 

(Wien  1882—83)     ....     19,2.  „  L. 
Tagesschwankung  des  Erdmagnetismus  (Jan  Mayen 

1882—83) 19,3.  „  L. 

Inklination  (Prag  1870) 19,5.  „  H. 

Störungen  des  Erdmagnetismus  Pawlowsk  1882 — 83    20,1.  „  M. 

Gewitter,  Schweden  1880—95 22,4.  „  EA. 

Horizontalintensität  Prag  1870 23,1.  „  H. 

Gewitter,  Bayern  und  Württemberg  1880—87     .    .    24,7.  „  Bz. 

Horizontalintensität,  Hobarton  1844 — 45    ....    24,9.  „  Br. 
„                 Makerstoun,    Schottland  1844 

bis  45 25,4.  „  Br. 

Br.  =  Broun,  Bz.  =  ßezold,  EA.  =  Ekholm  und  Arrhenius, 
H.  =  Hornstein,  L.  =  Liznar,  M.  =  C.  A.  Müller. 

Von  diesen  Erscheinungen  sollte  man  vermuten,  dass  die  Polar- 
lichter, die  täglichen  Schwankungen  und  die  Störungen  des  Erdmagnetis- 
mus gleichzeitig  auftreten.  Die  mittleren  Maximaltage  dieser  drei  Er- 
scheinungen sind  der  15,4.  der  18,8.  und  der  19,4.  Tag.  Sie  fallen 
innerhalb  weniger   als   einer  sechstel  Periode  zusammen,   so  dass  mau 


XVIII.  Der  Erdma^etismus. 


969 


wohl  vermuteu  kann,  dass  eine  nähere  Untersuchung  mit  grösserem 
Material  (nicht  nur  vom  Jahr  1882  —  83)  sie  zu  vollkommener  Über- 
einstimmung bringen  wird.  Auffallend  ist,  dass  die  Hornstein sehen 
Perioden  der  Deklination  und  Inklination  nahe  mit  den  oben  erwähnten 
zusammenfallen.  Da  die  meisten  Nordlichter,  oder  richtiger  disruptiven 
elektrischen    Entladungen 

in  den  höheren  Luftschich-  J-  !■'•  M.  A.  M.  j.  j.  a.  s.  o.  n.  d. 

ten  wohl  nördlich  von  Prag 
und  Wien  sich  abspielen, 
kann  man  dieses  Verhalten 
der  Deklination  erwarten. 
Das  von  Hornstein  be- 
nutzte Material  scheint 
aber  nach  Schusters  Un- 
tersuchung zu  gering  ge- 
wesen zu  sein,  um  bündige 
Schlüsse  zu  gestatten. 

Eine  nähere  Unter- 
suchung dieser  Periode  so- 
wohl wie  derjenigen  des 
tropischen  Monats  würde 
ohne  Zweifel  wichtige  Auf- 
schlüsse ergeben. 

Magnetische  Ele- 
mentarwellen. Wenn 
man  mit  selbstregistrieren- 
den Instrumenten  Ände- 
rungen studieren  will,  die 
in  sehr  kurzer  Zeit  erfolgen, 
somuss  das  photographische 
Papier  sich  mit  grosser  Ge- 
schwindigkeit abwickeln.  Eschenhagen,  der  in  den  Aufzeichnungen 
der  gewöhnlichen  Registrier- Apparate ,  bei  welchen  eine  Stunde  1  bis 
2  cm  Länge  der  photographischen  Abbildung  entspricht,  Anzeichen  von 
kurzdauernden  magnetischen  Schwankungen  gefunden  hatte,  versuchte 
Apparate,  die  24  cm  Papierstreifen  pro  Stunde  abrollten.  Bei  dem 
Bifilarmagneten,  der  angewandt  wurde,  war  ausserdem  die  Trägheit  gering, 
damit  er  den  kurzdauernden  Impulsen  folgen  könnte.  Auch  seine 
Dämpfung  war   relativ  gross,  damit  keine  Eigenschwingungen  störten. 


;  z. 


5  Störimgeii 


Fig.  299.    Jährliche  Gang  der  Störungen  der  De- 
klination,   Horizontal-    und    Vertikal  -  Intensität. 
Potsdam  1890—99  nach  Lüdeking. 


970 


Physik  der  Atmosphäre. 


Mn. 


6a 


M. 


6P 


Mn. 


D. 


Seine  Empfindlichkeit  war  bedeutend  (1  mm  entsprach  4.10"^  abs.  Ein- 
heiten), damit  schwache  Kräfte  sich  geltend  machen  könnten. 

Eschenhagen  fand  auf  den  so  entstandenen  Aufzeichnungen  in  sehr 
vielen  Fällen  kleine  Wellenlinien,  die,  unabhängig  von  der  Wolkenbedeckung, 
besonders  häufig  am  Tage  auftraten.  Diese  Vibrationen  dauerten  meistens 
etwa  drei  bis  vier  Stunden  und  hatten  eine  Periodenlänge  von  im  Mittel 

etwa  30  Sekunden.  Auch 
kürzere  Perioden  wie  12  Sek. 
—  solche  wurden  schon 
früher  von  Kohlrausch  be- 
obachtet —  waren  repräsen- 
tiert. Bisweilen  kamen  zwei 
Schwingungsarten  von  un- 
gleicher, aber  nicht  all  zu 
sehr  verschiedener  Perioden- 
länge vor;  in  solchen  Fällen 
traten  charakteristische  In- 
terferenzerscheinungen zwi- 
schen den  beiden  Wellen- 
zügen auf. 

Unter  den  magnetischen 
Instrumenten  eignet  sich  das 
Bifilarmagnetometer  wegen 
seiner  grossen  Empfindlich- 
keit am  besten  zur  Unter- 
suchung dieser  schwachen 
magnetischen  Wellen,  das 
Deklinometer  zeigt  sie  re- 
lativ selten,  die  Lloydsche 
Wage  nie. 

Birkeland,  der  ähnliche  Wellen  in  Nord -Norwegen  untersuchte, 
stellte  fest,  dass  sie  sich  ganz  gleichzeitig  dort  und  in  Potsdam  zeigten. 
Dieser  Befund  ist  nicht  für  die  Hypothese  günstig,  welche  annimmt, 
dass  diese  kleinen  Schwankungen  irgendwie  mit  der  Luftelektrizität,  d.  h. 
dem  Potentialgefälle  in  der  Nähe  der  Erdoberfläche  in  Zusammenhang- 
stehen, denn  diese  Grösse  hat  ein  stark  lokales  Gepräge. 

In  den  Nachtstunden  treten  bisweilen  magnetische  Wellen  mit  einer 
Periodenlänge  von  mehreren  Minuten  auf.  Von  denselben  vermutete 
Arendt,   dass   sie   mit   der  Luftelektrizität  in   Zusammenhang   stehen.. 


z. 


i|ln||ii;:i 

— f r 1 i 

• — I 1 


2P  =  5  Störungen 

Fig.  300.  Täglicher  Gang  der  magnetischen  Stö- 
rungen der  Deklination,  Horizontal-  und  Verti- 
kalintensität. Potsdam  1890  -  99  nach  L  ü  d  e  k  i  n  g. 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  971 

Fan  Beminelen  fand  aber  in  Batavia  die  meisten  Eschenhagenschen 
''eilen  in  der  Nacht,  wogegen  in  Utrecht  wie  in  Potsdam  sie  meistens 
im  Tag  vorkamen.  Sie  sind  zu  Batavia  am  gewöhnlichsten  im  Juli,  am 
beitesten  im  Januar.  Dort  kamen  die  Elementarwellen  auch  am  Dekli- 
latorium,  nicht  aber  an  der  Lloydschen  Wage  zum  Vorschein. 

Die  magnetischen  Wellen  könnten  nach  einigen  Forschern  vielleicht 
elektrischen  Schwingungen  der  Erde  oder  der  Sonne  entsprechen.  Die 
Periode  solcher  Schwingungen  beträgt  aber  0,15  bezw.  17  Sek.  und  ihre 
Dämpfung  ist  sehr  gross  (3,6),  was  mit  der  Natur  der  Elementarwellen 
keineswegs  übereinstimmt. 

Einfluss  des  Mondes  auf  die  Magnetnadel.  Schon  früh  hat 
man  (Kr  eil  1841)  erkannt,  dass  der  Mond  eine  Wirkung  auf  die  Magnet- 
nadel ausübt,  indem  zur  Zeit  der  oberen  und  unteren  Kulmination  (Durch- 
gang durch  den  Meridian)  des  Mondes  die  Deklinationsnadel  auf  der  nörd- 
lichen Erdhälfte  ihre  grösste  westliche  Abweichung  hat,  einen  viertel 
Mondtag  (24'*  51*")  früher  oder  später  dagegen  am  weitesten  nach  Osten 
ausweicht.  Auf  der  südlichen  Halbkugel  ist  der  Gang  entgegengesetzt. 
Die  Amplitude  ist  sehr  gering,  20,9"  für  Kew,  39,6"  für  Toronto,  9,2" 
für  Peking,  10,5"  für  St.  Helena,  20,9"  für  Capstadt  und  18,2"  für 
Hobarton.  Diese  halbtägige  Periode  unterscheidet  sich  wesentlich  von  der 
ganztägigen  der  Sonnenwirkung.  Man  ist  zu  ihrer  Erklärung  auf  eine 
Art  Gezeitenwirkung  hingewiesen. 

Wie  wir  oben  (S.  892)  gesehen  haben,  übt  der  Mond  in  der  That  auf 
die  Luft  eine  Gezeitenwirkung  derart  aus,  dass  die  Luft  von  allen  Seiten  zu 
dem  Punkte  hinströmt,  wo  der  Mond  durch  den  Meridian  geht.  Schuster 
hebt  hervor,  dass  die  so  entstehenden  Luftströmungen  elektrische  Ströme 
herbeiführen  müssen,  die  wiederum  den  beobachteten  magnetischen  Effekt 
ausüben  könnten.  Eigentümlich  ist  es,  dass  die  Schwankungen  im  Sommer 
grösser  sind  als  im  Winter,  und  dass  die  Nadel  an  äquatorialen  Stationen 
den  Gang  mitmacht,  welchen  die  jeweilig  von  der  Sonne  mehr  bestrahlte 
Halbkugel  zeigt.  Danach  scheint  der  Mond  nur  störend  auf  die  von  der 
Sonne  hervorgerufenen  Luftströmungen  einzuwirken. 

Auch  auf  die  anderen  magnetischen  Elemente  übt  die  Stellung  des 
Mondes  einen  Einfluss  aus.  So  beträgt  z.  ß.  zu  Batavia  die  vom  Monde 
hervorgerufene  tägliche  Schwankung  der  Inklination  4"  und  diejenige 
der  Horizontalintensität  0,0033  Proz.  während  diejenige  der  Deklination  8" 
erreicht.  Zu  Philadelphia  soll  die  Horizontalintensität  mit  dem  Mondtage 
um  0,025  Proz.  ihres  Betrages  schwanken. 

Nach  den  Berechnungen  von  van  der  Stok  ändert  sich  die  Ampli- 


972  Physik  der  Atmosphäre. 

tude  der  Schwankung  umgekehrt  wie  die  dritte  Potenz  der  Entfernung 
des  Mondes.  Diese  ändert  sich  von  Erdnähe  zu  Erdferne  im  Verhältnis 
1:1,07;  die  dritte  Potenz  dieser  Zahl  ist  1:1,225,  während  die  Ampli- 
tude der  Mondschwankung  bei  der  Brdferne  sich  zu  derjenigen  bei  der 
Erdnähe  wie  1 : 1,24  nach  Beobachtungen  in  Trevandrum  (Indien)  und 
wie  1 : 1,23  nach  Beobachtungen  in  Batavia  verhält. 

Jedenfalls  ist  die  betreffende  Schwankung,  obgleich  schwach,  so  regel- 
mässig, dass  an  ihrer  Wirklichkeit  kein  Zweifel  entstehen  kann.  Die 
dritte  Potenz  entspricht  einer  Gezeitenwirkung  (vgl.  S.  449). 

Die  Beobachtungen  von  Batavia  scheinen  auch  eine  Einwirkung  der 
Mondphasen  auf  die  Amplitude  der  mondtäglichen  Schwankung  anzu- 
deuten, indem  dieselbe  bei  Neumond  und  Vollmond  grösser  ist  als  beim 
ersten  und  dritten  Viertel. 

Theorieen  des  Erdmagnetismus.  Die  einfachste  Annahme,  um 
die  erd magnetischen  Wirkungen  zu  versinnlichen,  ist  diejenige,  dass 
man  sie  durch  einen  in  der  Mitte  der  Erde  gelegenen  Magnet- 
stab hervorgerufen  denkt.  Dieser  Gedanke  stammt  eigentlich  schon  von 
Gilbert  (1600),  welcher  sich  die  Erde  als  einen  grossen  Magneten  vor- 
stellte. Die  Deklination,  meinte  er,  beruhe  auf  der  magnetischen  An- 
ziehung der  Kontinente,  was  bald  als  unrichtig  erkannt  wurde.  Tobias 
Meyer  versuchte  die  erdmagnetischen  Erscheinungen  so  darzustellen, 
dass  er  annahm,  ein  Magnetstab  von  der  Länge  eines  Siebentel  Erd- 
durchmessers liege  symmetrisch  im  Erdmittelpunkt  mit  der  Längsachse 
nach  den  erdmaguetischen  Polen  gerichtet. 

Diese  Annahme  ist  jedoch  zu  einfach,  indem  nach  ihr  die  magne- 
tischen Meridiane  grösste  Kreise  durch  die  magnetischen  Pole  sein  müssten. 
Die  magnetischen  Pole  müssten  auch  einander  diametral  gegenüber  liegen, 
was  keineswegs  der  Fall  ist. 

Die  Verbesserung  dieser  Theorie  durch  Hansteen,  welcher  zwei 
Magnetstäbe  im  Erdinneren  annahm,  war  auch  nicht  sehr  befriedigend. 

Um  aller  Willkür  zu  entgehen,  berechnete  Gauss  das  erdmagnetishe 
Potential  in  einem  bestimmten  Punkte  der  Erde  mit  Hilfe  einer  Reihen- 
entwickelung. Die  Reihe  war  nach  dem  Sinus  und  Cosinus  der  ein- 
fachen, doppelten,  dreifachen  u.  s.  w.  geographischen  Breite  und  Länge 
des  Ortes  entwickelt.  Die  Koeffizienten  dieser  Reihe  wurden  ans  den 
Beobachtungen  berechnet.  , 

Gauss  entwickelte  seine  Reihe  bis  zu  24  Gliedern,  fand  aber,  dasd^l 
die  Rechnung  nicht  in  befriedigender  Weise  den  Beobachtungen  ent-™' 
sprach.    Aus  dem  erdmagnetischen  Potential  kann  man  nämlich  durch 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


973 


)ifferentiatioii  nach  einer  gegebenen  Richtung,  die  in  dieser  Richtung 
Firkende  erdmagnetische  Kraft  berechnen.  Auf  diese  Weise  kann  man 
ie  nordsüdliche  und  ostwestliche  Komponente  der  Horizontalintensität, 
»wie  die  Vertikalintensität  berechnen  und  somit  auch  die  Deklination 
md  Inklination  bestimmen. 

Man  war  nun  bestrebt,  das  empirische  Material  zu  verbessern,  wobei 

fauss  selbst,   sowie  Weber  und  Laraont   am  kräftigsten  mitwirkten. 

In  letzter  Zeit  sind  Neuberechnungen  von  Neumayer  aus  dem  gesamten 

Beobachtungsmaterial  durchgeführt  worden  und  in  Karten  niedergelegt. 

Trotz  aller  aufgewendeten  Mühe 
musste  man  anerkennen,  dass  diese  Dar- 
stellungsweise nicht  den  zu  stellenden 
Ansprüchen  entsprach. 

Später  sind  Versuche  gemacht  wor- 
den, durch  Erhöhung  der  Zahl  der  Glieder, 
eine  grössere  Annäherung  an  die  Wirk- 
lichkeit zu  erzielen.  So  hat  Fritzsche 
nicht  weniger  als  63  Glieder  mitgenom- 
men, wobei  er  jedoch  fand,  dass  die  Über- 
einstimmung nicht  viel  besser  wurde  als 
mit  48  Koeffizienten.  Femer  hat  Ad. 
Schmidt  die  Gauss  sehe  Theorie  so  um- 
geformt, dass  sie  für  eine  ellipsoidische 
Erde  gilt,  anstatt  wie  früher  für  eine 
kugelförmige. 

Neuere  Untersuchungen.  Wenn  die  Erde  als  eine  gleich- 
massig  magnetische  Kugel  aus  Eisen  zu  behandeln  wäre,  so  würden  die 
Äquipotentiallinien  Parallelkreise  bilden,  deren  Ebenen  gleich  weit  von 
einander  entfernt  wären.  Die  Pfeile  der  Figur  301  zeigen  die  Grösse 
und  Richtung  der  Kraft  an,  welche  von  der  Kugel  ausgehend  auf  eine 
kleine  freischwebende  Magnetnadel  ausgeübt  werden  würde.  In  der  That 
entspricht  diese  Verteilung  sehr  nahe  dem  sogenannten  mittleren  Zu- 
stande der  Erde,  welchen  man  erhält,  wenn  man  den  Mittelwert  des 
magnetischen  Potentiales  an  der  Erdoberfläche  auf  einem  bestimmten 
Breitegrade  95  nimmt.    Dieses  mittlere  Potential  ist  nach  von  Bezold: 

r^  =  —  li  0,330  sin  9). 
R  bedeutet  den  Erdradius.  Daraus  folgt  für  die  horizontale  Komponente  H. 

Bdg) 


Fig.  301. 


F  = 


0,330  cos  y. 


974  Physik  der  Atmosphäre. 

Die  Theorie  verlangt,  dass  die  Wirkung  dieses  Magnetismus  genau 
so  gross  ist,  wie  diejenige  eines  kleinen  Magneten  vom  gleichen  magne- 
tischen Moment,  welcher  im  Erdmittelpunkt  liegt.  Nach  einem  bekannten 
Satz  von  Gauss  stellt  sich  ein  kleiner  Magnet  ns  (Fig.  302)  im  Felde 
eines  grossen  Magneten  NS  so  ein,  dass  er  gegen  einen  Punkt  T  zeigt, 
der  folgendermaassen  bestimmt  wird:  Man  verbindet  die  Mittelpunkte  L' 
und  0  der  Magnete  und  teilt  die  Verbindungslinie  in  3  gleiche  Teile,  so 
dass  0  Q='^l2  QR.  In  Q  errichtet  man  Q  T  senkrecht  auf  OB:  dann  ist 
der  Punkt,  in  dem  QT  die  Verlängerung  von  NS  schneidet,  der  gesuchte 
Punkt  T.  Der  Winkel  A  OB,  welcher  die  geographische  Breite  cp  der 
Nadel  ns  darstellt,  ist  gleich  OTQ  und  der  Winkel  QTB  ist  gleich 
der  Neigung  von  ns  gegen  den  Horizont,  also  gleich  dem  Inklinations- 
winkel i.P  ist  der  geographische  Nordpol.     Nun  ist  offenbar: 

QT=  QBtg(90  —  i)  =  QOtg(90  — 9)), 

wo  i  den  Inklinationswinkel  im  Punkte  R  bedeutet.      Da  2  Q0=  QB, 

so  folgt: 

t  g  *  =  2  t  g  ^. 

Daraus  erhält  man  die  Grösse  der  vertikalen  Komponente  Z: 
Z=^  Htgi  =  0,330  cos  93  •  2  t  g  9)  =  0,660  sin  (p. 

Das  ganze  magnetische  Moment  der  Erde  berechnet  sich  aus  diesen  Daten 
zu  8,52.1025  C.G.S.  Gauss  fand  aus  seinen  Berechnungen  8,55.1025 C.G.S.. 
was  so  viel  ausmacht,  wie  wenn  in  jedem  Kubikmeter  der  Erde  3,5  k? 
magnetisch  gesättigte  Stahlmagnete  verteilt  wären.  Diese  Magnetisierung 
erscheint  so  bedeutend,  dass  die  meisten  Forscher  die  Annahme,  dass  der 
Erdmagnetismus  von  magnetischen  Körpern  im  Erdinneren  herrühre, 
verworfen  haben. 

Die  magnetischen  Verhältnisse  der  Erde  entsprechen  nur  in  erster 
Annäherung  dieser  einfachen  Verteilung  des  Erdmagnetismus,  und  man 
hat  ebenso  wie  für  die  Temperatur  sogenannte  Isanomalen  gezeichnet, 
welche  die  Abweichungen  von  den  aus  der  angeführten  Theorie  ab- 
geleiteten Zahlen  darstellen. 

Auch  die  nördliche  und  die  südliche  Halbkugel  zeigen  nicht  voll- 
kommen gleiche  Werte,  wie  folgende  Daten  über  die  mittleren  Werte  der 
Horizontal-  (H)  und  Vertikalintensität  (F)  längs  der  30.  und  50.  Paral- 
lele beweisen: 


XVII.  Der  Erdmagnetismus. 


975 


Breite 

H 

V 

öO^n. 

0,19 

0,50 

30   n. 

0,29 

0,34 

30    s. 

0,27 

—  0,32 

50    s. 

0,21 

—  0,47 

Um  die  Darstellung  dieser  Abweichungen  und  ihre  Erklärung  haben 
ich  V.  Bezold  und  Bauer  grosse  Verdienste  erworben.  Die  westliche 
[albkugel  von  etwa  5^  e.  L.  bis  150^  w.  L.  zeigt  ein  grösseres  Potential 
Is  das  theoretische,  die  übrigen  Erdteile  eine  dementsprechende  negative 
Abweichung. 

Die  Isanomalen  der  Inklination 
[sapoklinen)    zeigen    zwei  Centra 
ler  grössten  Abweichung   in   der 
fähe  des  Äquators.     Das  positive 
lentrum,    welches    das   Nordende 
[er  Inklinationsnadel  um  etwa  29*^ 
>n  der  normalen  Lage  gegen  die 
Erde    hinzieht,    liegt    unter    etwa 
10"  s.  Br.  und  40 »  w.  L.    Das  ne- 
gative Centrum,  über  welchem  das 
'Nordende  der  Inklinationsnadel  um 
24^  über    die  normale   Lage    ge- 
hoben   wird,    befindet    sich   unter 
5^  s,  Br.  und  40^  e.  L.  DieseCentra 

sind  gewisserraaassen  als  sekundärer  Nord-  bezw.  Süd-Pol  zu  betrachten. 
Dem  BeispieleHansteens  folgend,  zeigt  Bauer,  dass  die  erdmagnetischen 
Erscheinungen  durch  die  Annahme  zweier  auf  einander  nahezu  senkrecht 
stehender  magnetischen  Systeme  der  zuletzt  beschriebenen  Art  einiger- 
maassen  genau  dargestellt  werden  können,  wovon  das  polar  gerichtete 
j  etwa  fünf  mal  kräftiger  als  das  äquatorial  gerichtete  entwickelt  ist. 
Diese  Annahme  entspricht  einer  Neigung  der  erd magnetischen  Achse 
c^egen  die  Erdachse  von  etwa  10",  während  Gauss  Rechnungen  12" 
ergeben. 

Bauer  hat  auch  die  mittlere  sekuläre  Veränderung  der  erd- 
magnetischen Elemente  in  den  Jahren  1780 — 1885  als  eine  Funktion 
der  geographischen  Breite  (gleichgiltig  ob  nördlich  oder  südlich)  darge- 
stellt. Er  fand  folgende  Werte  der  jährlichen  Änderung  der  Deklination 
und  der  Inklination  in  Bogenminuten: 


Fig.  302. 


976  Physik  der  Atmosphäre. 


Breite  .  . 

.  0 

20 

40 

600 

Deklination 

.  4,3' 

4,8' 

6,2' 

9,5' 

Inklination. 

.  8,0' 

7,2' 

5,0' 

2,5'. 

Eine  interessante  Beziehung  dieser  Sekularvariation,  welche  durch 
eine  Verschiebung  des  äquatorial  gerichteten  magnetischen  Systemes 
dargestellt  werden  kann,  zur  Sonnenfleckenzahl  hat  Moureaux  in  den 
Deklinations-Beobachtungen  von  Parc  St.  Maur  gefanden.  Diese  Variation 
schreitet  nämlich  in  den  Jahren  mit  viel  Sonnenflecken  schneller  vor 
als  in  denjenigen  mit  wenigen,  wie  folgende  Tabelle  zeigt: 

Jahr    Variation  Sonnenflecke  Jahr    Variation  Sonnenflecke 

1883     —7,20'      1155  1891     —  5,9l'       569 


1884 

—  6,26 

1079 

1892 

—  5,84 

1214 

1885 

—  5,99 

811 

1893 

—  5,88 

1464 

1886 

—  6,12 

381 

1894 

—  5,80 

1282 

1887 

—  5,08 

178 

1895 

—  5,54 

974 

1888 

—  5,12 

89 

1896 

—  5,26 

543 

1889 

—  5,92 

78 

1897 

—  4,79 

514 

1890 

—  5,85 

99 

1898 

-4,18 

420. 

Im  allgemeinen  zeigt  die  Sekularvariation  eine  Abnahme  mit  der 
Zeit,  aber  es  ist  doch  deutlich,  dass  die  jährliche  Abnahme  im  Mittel 
mit  den  Sonnenflecken  wächst. 

Auch  die  sekuläre  Veränderung  ist  der  mathematischen  Analyse  von 
Carlheim-Gyllenskiöld  unterworfen  worden.  Er  zerlegte  den  Aus- 
druck für  das  Potential  nach  Kugelfunktionen  in  eine  Reihe  von  Gliedern, 
die  von  der  Latitude  9?  abhängen  und  die  mit  Aq,  ä^,  A^  u.  s.w.  be- 
zeichnet werden  mögen.  Jedes  dieser  Glieder  wurde  wiederum  nach  Art 
einer  harmonischen  Reihe  in  Glieder  nach  der  Longitude  a?  zerlegt. 
Durch  eine  solche  Reihe  kann  jede  Verteilung  des  Erdmagnetismus  dar- 
gestellt werden,  wenn  man  nur  genügend  viele  Glieder  nimmt.  Je 
höhere  Multipel  von  (p  und  co  die  Glieder  enthalten,  um  so  weniger 
wichtig  sind  sie  im  allgemeinen.  Von  jedem  dieser  Glieder  nimmt 
Gyllenskiöld  an,  dass  es  eine  periodische  Funktion  der  Zeit  ist.  Die 
kürzeste  von  diesen  Perioden,  300  Jahre,  besitzt  das  Glied  Y^,^,  welches 
nach  den  Winkeln  5  g)  und  3  o?  [entwickelt  ist.  Dieses  Glied  ist  von 
geringer  Bedeutung,  Y^,^  dagegen,  das  eine  Periode  von  500  Jahren 
besitzt,  ist  sehr  wichtig.  Diesem  Glied  entspricht  wohl  der  Hauptsache  nach 
die  sekuläre  Schwankung  der  Deklinationsnadel  zu  Paris,  welche  158 


1 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  977 

Maximum  östlicher,  1814  ein  Maximum  westlicher  Abweichung  durch- 

ff  (vgl.  Fig.  284).    Die  Zeitdifferenz  234  entspricht  einer  Halbperiode, 

)nach  die   ganze  Periode  468  oder  rund  500  Jahren  betragen  würde. 

)n  geringerer  Bedeutung  ist  das  Glied  73,3  mit  einer  Periodenlange 

)n  700  Jahren.    Von  den  Gliedern  erster  Ordnung  nach  co  haben  das 

reite  12,1  und  das  dritte  Fg,,  ungefähr  gleich  lange  Perioden,  1700  bezw. 

^00  Jahren.    Sie  machen   sich   in  der  Wanderung   des  Durchschnitts- 

inktes  der  agonischen  Linien  mit  dem  Äquator  geltend,  von  welchen 

vr,  welcher  im  Atlanten  liegt,  in  285  Jahren  (1600 — 1885)  einen  Bogen 

fn  63^  beschrieb  (8^  e.  L.— 55^  w.  L.).    Dies   entspricht  einem   ganzen 

ilauf   um    die    Erde    in    1630   Jahren.     Ungefähr    dieselbe    Periode, 

J70  Jahre,  zeigt  die  Verschiebung  des  Durchschnittspunktes  der  Isokline 

lU  mit  dem  Äquator,  dieser  Punkt  hat  nämlich  in  185  Jahren  (1700 

1885)  ein  Neuntel  des  Erdumkreises  (35^  e.  L. — 5*^  w.  L.)  beschrieben. 

5hon  diese  Perioden  sind  viel  zu  lang,  um  noch  mit  einiger  Sicherheit 

stimmt  werden  zu  können.    Noch  mehr  gilt  dies  für  die  Periode  des 

sten  variablen  Gliedes  r,,i,  welche  3100  Jahre  umfasst. 

Gyllenskiöld  hat  nun  gefunden,  dass  nicht  nur  die  Richtung  der 
Magnetisierungen,  welche  durch  die  einzelnen  Glieder  Y  dargestellt 
werden,  sondern  auch  ihre  Stärke  mit  der  Zeit  sich  ändert  und  zwar 
nach  der  gleichen  Periode  wie  die  Richtung.  Es  sieht  also  nach  Gyllen- 
skiöld aus,  als  ob  elektrische  Strömungen  —  vermutlich  in  der  Atmo- 
sphäre —  eine  stetige  Ummagnetisierung  des  Erdkernes  senkrecht  zur 
Erdachse  verursachen.  Die  Inhomogenität  der  Erde  bewirkt,  dass 
die  Stärke  dieser  Magnetisierung  nach  einer  Periode  schwankt,  die  der- 
jenigen der  Ummagnetisierung  selbst  gleichkommt.  Die  Beobachtung  von 
Moureaux  (S.  976)  spricht  sehr  für  diese  Ansicht. 

Die  Darlegungen  von  Gyllenskiöld  bieten  daher  nicht  nur  ein 
theoretisches  Interesse,  sondern  können  auch  dazu  dienen,  von  den 
magnetischen  Verhältnissen  der  Erde  in  längst  entfernten  Zeiten  eine 
Vorstellung  zu  verschaffen.  So  z.  B.  kann  man  mit  ziemlicher  Sicher- 
heit daraus  schliessen,  dass  der  magnetische  Äquator  nie  nördlich 
von  Rom  gelegen  hat.  Dieselbe  Ansicht  hat  auch  Fritzsche  ge- 
äussert. Sie  steht  im  Widerspruch  mit  den  Aufsehen  erregenden 
Schlüssen  von  Folgheraiter,  welcher  aus  den  magnetischen  Eigen- 
schaften von  etruskischen  Vasen  hergeleitet  hat,  dass  zur  Etruskerzeit 
(etwa  700  Jahre  vor  unserer  Zeitrechnung)  die  Inklination  in  Italien 
•2"29'— 25^3"?'  südlich  gewesen  ist.  Die  Vasen  sollten  nämlich  beim 
Brennen  magnetische  Eigenschaften  angenommen   haben,   deren  Achse 

Arrhenius,  Kosmische  Physik.  62 


978  Physik  der  Atmosphäre. 

von  der  noch  festzustellenden  Lage  der  Vase  und  der  bisher  unbekannten 
Richtung  der  magnetischen  Kraftlinien  abhängt.  DerSchluss  von  Folghe- 
raiter  war  schon  deshalb  sehr  unwahrscheinlich,  weil  der  jetzige  magne- 
tische Äquator  sich  nicht  mehr  als  16*^  vom  geographischen  Äquator  ent- 
fernt, und  Rom  auf  42*^  n.  Br.  liegt.  Nach  Gyllenskiöld  war  die  Inkli- 
nation zu  Rom  in  der  betreffenden  Zeit  etwa  48,5"  nördlich. 

In  ähnlicher  Weise  hat  man  mit  Hilfe  von  bei  tertiären  Eruptionen  ge- 
brannten Thonschichten  die  Deklination  in  Auvergne  zur  Tertiärzeit  zu 
70— 9<>  W.  bestimmt.  Sie  ist  jetzt  140  20' W.  Solche  Beobachtungen  ver- 
sprechen viel  Interesse. 

Landesvermessungen.  Wenn  man  den  Wert  der  magnetischen 
Elemente  in  sehr  vielen  Punkten  eines  Landes  bestimmt,  so  findet  man, 
dass  dieselben  nicht  unbeträchtlich  von  denjenigen  abweichen,  welche 
auf  den  vorhin  erwähnten  Karten  aufgeführt  sind.  Dieser  Umstand  be- 
ruht auf  sogenannten  lokalen  Störungen  und  die  Abweichung  zwischen 
den  nach  den  magnetischen  Weltkarten  berechneten  und  den  that- 
sächhch  gefundenen  Werten  kann  als  ein  Maass  der  Störung  ange- 
sehen werden.  Als  eine  Probe  möge  eine  Darstellung  der  Isogonen 
in  Grossbritannien  (Fig.  303)  nach  den  Messungen  von  Rück  er  und 
Thorpe  wiedergegeben  werden.  Neben  diesen  sogenannten  „wahren" 
Isogonen  sind  sehr  dicke  Linien  gedruckt,  welche  die  sogenannten  „terres- 
trischen" Isogonen  darstellen.  Diese  Linien  sind  aus  den  magnetischen 
Weltkarten  genommen  und  unterscheiden  sich  durch  den  nahezu  gerad- 
linigen Verlauf  von  den  schlängelnden  „wahren"  Isogonen;  sie  sind 
als  eine  Art  Idealisierung  der  Wirklichkeit  anzusehen.  Der  Unter- 
schied zwischen  dem  wahren  und  dem  von  den  terrestren  Isogonen  an- 
gegebenen Wert  erreicht  in  diesem  Fall  nicht  mehr  als  einen  halben  Grad. 

Ebenso  unbedeutend  sind  die  Störungen  in  allen  Ländern,  wo  stark 
magnetische  Gesteinsarten  nicht  vorkommen.  Aber  schon  Basalthügel 
und  Granitkuppen  können  recht  bedeutende  Störungen  hervorrufen.  So 
z.  B.  geht  die  Isogone  von  9*^  durch  die  granitreiche  Insel  Bornholm,  einer 
negativen  Abweichung  von  1,^^  entsprechend.  Die  Deklination  nimmt 
nach  Nordosten  (Christiansö)  bis  auf  11"  zu,  während  sie  nach  der  Karte 
der  terrestrischen  Isogonen  dahin  abnehmen  sollte,  und  sinkt  nach  Süd- 
westen auf  8*^,  einer  Abweichung  von  etwa  2,5*^  entsprechend. 

Die  erste  Anomalie  dieser  Art,  abgesehen  von  den  Störungen  in  der 
Nähe  von  Lagerstätten  des  Eisenerzes  Fe^  O4,  welche  von  alters  her  mit  Hilfe 
des  Grubenkompasses  aufgesucht  wurden,  wurde  in  den  Alpen  von  Kr  eil  auf- 
gefunden. Ahnliche  Störungen  zeigen  die  Karpathen  in  Ungarn  und  noch 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


979 


mehr  die  grosse  Himalayakette  nach  den  Messungen  der  Brüder  Schlag- 
1 II  t  weit. 

Durch  das  Studium  der  magnetischen  Abweichungen  in  Japan  und 

Indien  sowie  Europa  gelang  es  Naumann,  eine  nahe  Beziehung  zwischen 

■■b  Linien  der  magnetischen  Abweichungen  und  den  tektonischen  Linien 

I^B  Magnetische  Laxidesvermessung  von  Clros&l>idtannien  (1886.0). 

m^m  Die  terrestrischen  (— )  und  wahren  ( — )  Isogonen . 


Fig.  303. 

Icr  Bergmassive  nachzuweisen.  Es  ist  demnach  kein  Zweifel,  dass  ein 
Studium  dieser  Abweichungen  von  grossem  Nutzen  beim  Studium  des 
Aufbaues  der  Erdkruste  werden  kann. 

62* 


^ 


980  Physik  der  Atmosphäre. 

Noch  viel   grössere  Abweichungen   kommen  bisweilen  in   der  Näl 
von  Lagerstätten  magnetischer  Eisenerze  vor.    Die  Deklination  kann  a 
solchen  Stellen  alle  möglichen  Werte  annehmen,  sodass  die  AbweichuTic 
auch  180^  erreicht.    Diese  Einwirkung  auf  den  Magneten  haben  Wred- 
und  Thalen  benutzt,  um  die  ungefähre  Lage  der  Eisenerzstöcke  zu  b 
stimmen.     Auf   die    Stärke    der    Abweichung  kann  man  auch    Schät- 
zungen  betreffs    der    Mächtigkeit    des   Erzlagers   gründen.      Es    gieitt 
auch   magnetische    Inseln,   welche   grosse    Störungen   der  Magnetna(i 
verursachen.    Am  bekanntesten  ist  wohl  Jussarö  an  der  Südwest-Küsb 
Finnlands.     Die    Abweichung    der    Deklinationsnadel    beträgt    daselb^' 
nicht  weniger  als  — 158^  diejenige  der  Inkhnation  — 17^. 

Die  meisten  Eisenerze  wieOxj^d  (Eisenglanz,  Hämatit,  jP>2  ^3)»  I^arbonar 
(Eisenspath,  FeCO^)  und  die  verschiedenen  Hydrate  sind,  zum  üuter- 
schiede  vom  magnetischen  Eisenerz,  7^6304,  nur  sehr  schwach  magnetisch 
Die  Lagerstätten  jener  Eisenerze,  wie  z.  B.  Eisenerz  in  Steiermark,  wn 
Karbonate  und  etwas  Hydrate  vorkommen,  verursachen  deshalb  nm 
recht  unbedeutende  Störungen  des  Erdmagnetismus. 

Abweichungen  von  nicht  allzu  bedeutender  Grösse  kommen  ferner  b 
den  meisten  oceanischen  Inseln  vor,  wie  die  Challenger-Expeditioii 
nachwies.  Diese  Inseln  bestehen  oft  aus  vulkanischen  Auswürfen,  dit 
beim  Erstarren  unter  dem  Einfluss  des  Erdmagnetismus  eine  magnetisch« 
Orientierung  erhalten  haben,  sodass  das  magnetische  Südende  der  Kupji 
auf  der  nördlichen  Hemisphäre  nach  oben  zu  liegen  kam.  Auf  der  süd- 
lichen Halbkugel  ist  es  natürlich  umgekehrt.  Infolgedessen  wird  im 
allgemeinen  auf  der  nördlichen  Halbkugel  das  Nordende  der  Magnet- 
nadel zu  der  Insel  hingezogen  bezw.  auf  der  Insel  hinuntergezogen.  Auf 
der  südlichen  Halbkugel  gilt  dasselbe  für  das  Südende  der  Nadel. 

Ähnliche  Abweichungen  —  bisweilen  von  so  grosser  Bedeutung,  da.^ 
sie  für  die  Schiffahrt  gefährlich  sind  — ,  kommen  auch  auf  dem  Meer  vor. 
so  z.  B.  ausserhalb  Cossack  in  Nordwest-Australien,  weit  von  der  Küste, 
wo  eine  Abweichung  von  30^  beobachtet  wurde.  Andre  Fälle  von  starken 
Störungen  kommen  bei  den  Küsten  von  Labrador,  Madagascar,  bei  Reu- 
nion  u.  s.  w.  vor.  Man  nimmt  an,  dass  sie  von  grossen  Eruptiv-Massiven 
unter  der  Meeresfläche  verursacht  sind. 

Ein  ähnliches  gilt  von  den  grossen  eruptiven  Gebirgsstöcken  ii 
Binnenland.  So  z.  B.  kam  0.  E.  Meyer  durch  das  Studium  der  schle- 
sischen  Gebirgsketten  zu  folgendem  Schluss.  „In  unseren  nördlichen 
Breiten  wird  jede  magnetische  Bergkuppe,  mit  Ausnahme  vereinzelt  vor- 
springender Felsen,  au  ihrer  Oberfläche  nur  magnetische  Südpole  au 


XVin.  Der  Erdmagnetismus.  981 

isen  könneu."  Auch  Lamont  fand  bei  seiner  Untersuchung  über 
rern,  dass  die  Störungen  auf  eine  Verstärkung  des  Süd-Magnetismus 
Orte  der  Störung  zurückgeführt  werden  konnten. 
Elektrische  Strömungen  zwischen  Erde  und  Atmosphäre. 
Venn  man  einen  Magnetpol  von  der  Stärke  m  eines  biegsamen  Magneten 
rund  um  einen  Strom  führt  von  der  Stärke  J,  so  ist  die  dabei  ausge- 
führte Arbeit  gleich  AjtmJ.  Mau  kann  nun  aus  den  Messungen  der 
magnetischen  Elemente  die  magnetische  Kraft  in  der  Richtung  der  Tan- 
gente längs  einer  geschlossenen  Kurve  5  an  der  Erdoberfläche  berechnen. 
Es  sei  diese  Komponente  Xs,  so  ist  die  Arbeit  beim  Herumführen  des 
Magnetpols  m  rund  um  die  Kurve: 


s 


mxsds  =  4  jimJ. 


J  ist  die  Elektrizitätsmenge  welche  pro  Sekunde  durch  das  von  der 
Kurve  s  eingeschlossene  Stück  der  Erdoberfläche  in  die  Luft  hinausströmt. 

Als  solche  Kurve  können  wir  einen  Breitekreis  nehmen,  z.  B.  den 

').  der  nördlichen  Halbkugel.    Xs  bedeutet  in    diesem  Fall   die  West- 

..  jmponente  der  Horizontälintensität.    Nennt  man  den  Mittelwert  dieser 

Komponente  längs  dieses  Breitegrades  Jf,  so  ist,  wenn  R  den  Erdradius 

liirstellt  und  östliche  Richtung  als  positiv  gerechnet  wird: 

A:JcJ=^3tR  GOS  %(i^M;  J={RM. 
J  bedeutet   die   Stromstärke,    welche   die    vom   60.  Breitegrade    einge- 
schlossene Kalotte  in  Richtung  von. Nord  nach  Süd  durchläuft. 

Auf  dieselbe  Weise  kann  man  die  Stärke  des  Stromes  berechnen, 
welche  die  vom  55.  Breitegrad  eingeschlossene  Kalotte  durchläuft.  Der 
unterschied  zwischen  diesem  Wert  und  dem  vorhin  erhaltenen  giebt  die 
Elektrizitätsmenge,  welche  parallel  der  Erdachse  in  der  Zone  zwischen 
550  n.  Br.  und  60 '^  n.  Br.  von  Nord  nach  Süd  fliesst. 

Eine  solche  Rechnung  wurde  von  Ad.  Schmidt  durchgeführt,  wobei 
er  die   von   Neumayer  ausgearbeitete  Karte    (Fig.  283)  für   das   Jahr 
lbS5  benutzte.     Sie  führte  zu  dem  Resultat,   dass  auf  der  nördlichen 
Halbkugel,    besonders   in    mittleren  Breiten  (um  50<')  Ströme   aus   der 
jj  Erdoberfläche  in  die  Luft  hinaufsteigen,  um  von  da  in  niedrigen  Breiten  zur 
■Erde  zurückkehren.   Auf  der  südlichen  Halbkugel  herrschen  ähnliche  Ver- 
hältnisse,  indem   die  Elektrizität  in  den  polarnahen  Gegenden  hinauf- 
'  strömt  und  am  Äquator  wieder  hinuntersinkt.    Die  Stärke  des  Stromes 
<iurch  die  vom  40.  nördlichen  Breitegrad  eingeschlossene  Kalotte  sollte 


982  Physik  der  Atmosphäre. 

nach  der  Berechnung   von  Ad.  Schmidt  3,5.10^  Amp.  betragen,  eim 
Stromstärke  von  0,04  Amp.  pro  km^  entsprechend. 

Bauer,  der  eine  ähnliche  Berechnung  ausgeführt  hat,  findet,  das^ 
nördlich  vom  45.  nördlichen  Breitegrad  3,8.10''  Amp.  von  der  Erdober- 
fläche in  die  Höhe  steigen,  dass  dagegen  in  der  Zone  zwischen  45^  n.  umi 
45"^  s.  Br.  ein  Strom  von  6,5.10^  Amp.  aus  der  Luft  zur  Erdoberfläche 
heruntersinkt,  woraus  folgt,  dass  der  aufsteigende  Strom  südlich  vom 
45^  s.  Br.  2,7.10*'  Amp.  beträgt.  Die  Verteilung  der  Ströme  ist  nicht 
symmetrisch  um  den  Äquator.  Die  Stromstärke  zwischen  den  nach- 
stehenden Breitegraden  hat  nach  Bauer  folgende  Werte  in  10"^  Am; 
pro  km  2; 

Breite  0     5       10      lö      20      25      30      35      40   45    50     55    600  n.  Br. 

Stromstärke     36  —20  —22  —54  —74  —68  —38  —20   6   125  164  154  10-3  Ami. 

Eine  ähnliche  Berechnung,  die  vom  40*^  und  60**  n.  Br.,  10"  w.  L. 
und  30°  ö.  L.  eingeschlossenen  Fläche,  also  den  grösseren  Teil  Europa- 
umfassend, wo  die  genauesten  Messungen  ausgeführt  sind,  führt  zu  dem 
Schluss,  dass  die  Stärke  des  daselbst  aufsteigenden  Stromes  etwa  0,1 4  Amp. 
pro  km  2  beträgt. 

Eücker  hat  die  ausserordentlich  genaue  Ausmessung  des  britischen 
Reiches  zu  ähnlichen  Rechnungen  benutzt;  er  fand  aber  kein  Anzeichen 
eines  Stromes  in  der  einen  oder  anderen  Richtung.  Zu  ähnlichen 
Resultaten  kamen  betreff's  Schweden  Carlheim-Gyllenskiöld,  betreffs 
Österreich  Liznar.  Die  Elektrizitätsströmung  zwischen  Erde  und  Luft 
scheint  demnach  etwas  zweifelhaft  zu  sein. 

Die  Stärke  des  magnetischen  Feldes  nimmt  mit  steigender  Höhe 
ab.  Nimmt  man  einen  centralen  Magneten  an,  so  sollte  diese  Abnahme 
nach  der  dritten  Potenz  der  Entfernung  vom  Mittelpunkt,  d.  h.  um 
etwa  0,05  Proz.  pro  km,  erfolgen.  Sie  ist  jedoch  ausserordentlich  viel 
schneller,  wie  die  Messungen  zeigen.  Die  ersten  solchen  wurden  im  Luft- 
ballon von  Gay-Lussac  und  Biot  ausgeführt.  Die  Genauigkeit  der 
erlangten  Resultate  war  viel  zu  gering,   um  daraus  Schlüsse  zu  ziehen. 

Kr  eil  führte  dagegen  Beobachtungen  im  Gebirge  der  Alpen  aus 
und  verglich  dieselben  mit  den  Beobachtungen  in  nahegelegenen 
Thälern.  Ähnliche  Messungen  wurden  von  Moureaux  in  den  Pyre- 
näen ausgeführt.  Die  gefundenen  Werte  sind  sehr  unregelmässig  und 
ergeben  sogar  bisweilen  eine  Zunahme  des  Magnetfeldes  mit  der  Höhe. 
Als  Mittel  der  an  7  Alpenstationen  von  Kr  eil  ausgeführten  Messungen 
findet  man  eine  Abnahme  um  0,3,   als  Mittel  der  drei  Beobachtungen 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  983 

in  den  Pyrenäen  eine  solche  von  0,4  Proz.  pro  km.  Die  vielen  Unregel- 
mässigkeiten zeigen,  dass  ein  bedeutender  Teil  der  beobachteten  Er- 
scheinung auf  lokale  Störungen  zurückzuführen  ist,  was  die  Bearbeitung 
dieser  Ziffern  stark  erschwert. 

Liznar  hat  jedoch  eine  solche  Bearbeitung  von  neueren  Messungen 
ausgeführt  und  ist  zu  dem  Schluss  gekommen,  dass  die  Westkomponente 
des  Erdmagnetismus  mit  der  Höhe  zunimmt,  wogegen  die  anderen  Kom- 
ponenten abnehmen  und  zwar  etwa  dreimal  so  schnell,  als  man  nach  der 
Theorie  zu  erwarten  hätte.  Um  dies  zu  erklären,  kann  man  in  den 
unteren  Luftschichten  elektrische  Ströme  annehmen,  die  von  W  nach  E 
und  etwas  von  N  nach  S  fliessen. 

In  der  That  fliesst  ein  Luftstrora  von  dieser  Richtung  in  den  mittleren 
und  unteren  Luftschichten  —  wenn  man  von  den  allerniedrigsten  ab- 
sieht (vgl.  S.  689 ).  Da  dieser  Wind  positive  Elektrizität  mitführt,  so  ist 
die  Annahme  eines  gleich  gerichteten  elektrischen  Stromes  wohl  begründet. 

Magnetische  Wirkungen  des  Sonnen-  und  des  Erd-Körpers. 
Oben  haben  wir  nach  A.  Schuster  als  die  mutmaassliche  Ursache 
der  täglichen  Schwankung  der  Magnetnadel  eine  elektrische  Strömung 
oberhalb  der  Erdoberfläche  angegeben.  Man  könnte  aber  erst  die  Ver- 
mutung prüfen,  ob  nicht  eine  Magnetisierung  der  Sonne  genügen  würde, 
die  Beobachtungen  zu  erklären. 

Wenn  ^^  die  Magnetisierung  pro  m^  der  Sonne,  Ä  diejenige  der  Erde, 
R  die  Entfernung  und  r  den  Halbmesser  der  Sonne  bedeuten,  so  gelten 
für  die  Feldstärke  F\  welche  von  der  Sonne  herrührt  und  diejenige  F^, 
welche  von  der  Magnetisierung  der  Erde  am  Äquator  erzeugt  wird, 
folgende  Formeln: 

^' =h ^' {r)'-' ^' =  t  ^^- 

Nun  ist  Fe  ein  Minimum  der  i^'-Werte  der  Totalintensität,  folglich  wird : 

F^4A\r)    <^^    1"       A  ' 

nachdem  2  r  :  i?  den  Wert  1 :  107.6  besitzt.  Danach  würde  die  Schwan- 
kung des  erdmagnetischen  Feldes  zufolge  der  Einwirkung  der  Sonne 
immer  unter  dem  zuletzt  geschriebenen  Wert  bleiben.  Da  man  nun  täg- 
liche Schwankungen  desselben  von  der  Grösse  3.10-^  beobachtet,  so  müsste 
die  Magnetisierung  A^  der  Sonne  diejenige  A  der  Erde  um  etwa  den 
15  000  fachen  Betrag  übersteigen.    In  jedem  Kubikmeter  der  Sonne  müsste 


9g4  -  Physik  der  Atmosphäre. 

demnach  ebensoviel  Magnetismus  befindlich  sein,  wie  in  etwa  50000  kg 
magnetisch  gesättigten  Stahlmagneten,  d.  h.  die  Sonne  müsste  7,5  mal  so 
stark  magnetisiert  sein  wie  der  am  kräftigsten  magnetisierte  Stahl. 
Dieser  Wert  scheint  so  gross,  dass  man  allgemein  die  Hypothese  ver- 
lassen hat,  dass  die  Sonne,  wenn  sie  auch  von  den  stärksten  Strömen 
umkreist  wäre,  durch  magnetische  Fernewirkung  die  täglichen  Schwan- 
kungen des  Erdmagnetismus  hervorbringen  könnte.  Es  wäre  aber  trotz- 
dem sehr  verfrüht,  überhaupt  den  Einfluss  der  Sonne  auf  den  Erd- 
magnetismus für  nur  scheinbar  erklären  zu  wollen  (vgl.  S.  135). 

In  derselben  Weise  kann  man  mit  besserem  Erfolg  die  Wirkung  der 
Erde  als  der  Hauptsache  nach  von  magnetischen  Massen  in  ihrem  Inneren 
herrührend  erklären.  Wir  haben  oben  gesehen ,  dass  die  Erde  eine  Eigen- 
ladung besitzt.  Nehmen  wir  an,  die  normale  Ladung  der  Erdoberfläche 
sei  so  gross,  dass  sie  einem  Potentialgefälle  von  300  Volt  pro  Meter,  d.  h. 
einer  elektrostatischen  Einheit  pro  Meter  entspreche,  so  ist  nach  S.  881 
die  Erd ladung  }i= —  l:4jr-100  elektrostatische  Einheiten  oder  2.6. 10~^^ 
elektromagnetische  Einheiten  pro  cm^.  Da  weiter  die  mittlere  Geschwin- 
digkeit der  Erde  296  m  pro  Sek.  beträgt,  so  entspricht  dies  einer  Strom- 
stärke für  jeden  Centimeter  eines  Erdmeridians  von  7,7  10- ^^  elektro- 
magnetischen Einheiten,  d.  h.  7,7  10" '^  Amp.  Für  jeden  km  hätte  man 
also  eine  Stromstärke  von  7,7  10-^  Amp.  oder  längs  des  ganzen  Erd- 
quadranten von  nur  7,7  Amp.  Auch  mit  Zuhilfenahme  der  Magnetisierung 
eines  inneren  Eisenkernes  in  der  Erde  würde  man  nur  zu  Werten  ge- 
langen, die  viel  geringer  wären  als  die  thatsächlich  beobachteten.  Die 
Richtung  der  Magnetisierung  würde  aber  mit  der  wirklich  existierenden 
übereinstimmen. 

Nach  unseren  jetzigen  Kenntnissen  hat  man  nicht  mit  der  Ladung 
der  Erdkruste  zu  rechnen,  denn  sie  wird  ungefähr  von  derjenigen  der 
niederen  Luftschichten  aufgehoben,  sondern  man  müsste  die  negative 
Ladung  der  höchsten  Luftschichten  in  die  Rechnung  einführen.  Wie 
gross  aber  diese  ist,  lässt  sich  noch  nicht  schätzen,  nur  hat  man  be- 
rechtigte Gründe  zu  vermuten,  dass  sie  diejenige  der  Erdoberfläche 
mehrere  mal  übertrifft.  Vielleicht  kann  sie  auch  genügend  gross  sein, 
um  die  Magnetisierung  der  Erde  zu  erklären. 

Erdströme.  Als  die  Telegraphenlinien  errichtet  wurden,  müsste 
man  bald  bemerken,  dass  das  telegraphische  Drahtnetz  bisweilen 
von  elektrischen  Strömen  durchflössen  wird,  welche  so  kräftig 
sind,  dass  sie  die  telegraphischen  Signale  vollkommen  unkenntlich 
machen.    Dies   geschieht  teils  bei  Gewittern   zufolge   von  Entladungen 


II  XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  935 

pder  Induktionsströmen  im  Drahtnetz,  teils  aber  auch  bei  anderen  Ge- 
legenheiten, wenn  Gewittererscheinungen  nicht  in  merklichem  Grade 
hervortreten. 

Matteucci  beobachtete  zuerst  das  Auftreten  von  heftigen  tele- 
graphischen Störungen  bei  einem  starken  Nordlicht  am  27.  Oktober  1848. 
Er  studierte  danach  die  Ströme,  welche  in  Drähten  entstehen,  deren 
beide  Enden  durch  zwei  Endplatten  mit  der  Erde  in  Kontakt  stehen. 

Ganz  anders  richtete  Barlow  seine  Versuche  ein,  indem  er  keine 
Erdleitung  benutzte,  sondern  die  Ströme  in  einer  geschlossenen  Draht- 
schlinge studierte  (1849).  In  diesem  Fall  können  keine  anderen  Ströme  zu 
stände  kommen  als  diejenigen,  welche  durch  Änderung  der  auf  der  Fläche 
der  Schlinge  senkrechten  Komponente  des  Erdmagnetismus  entstehen. 

Seitdem  kann  man  zwei  leitende  Ansichten  in  den  Arbeiten  auf 
diesem  Gebiet  vorfinden,  indem  einige  Forscher,  darunter  Lamont,  ge- 
neigt sind,  die  Erdströme,  d.  h.  die  vermittels  zwei  Kontaktplatten  aus 
der  Erde  abgezweigten  Ströme  als  Ursache  der  Störungen  des  Erd- 
magnetismus anzusehen,  andere  dagegen  die  Schwankungen  des  Erd- 
magnetismus als  Ursache  der  Erdströme  betrachten. 

Man  hat  in  dieser  Hinsicht  ebenso  wie  bei  den  magnetischen  Schwan- 
kungen zwischen  heftigen  Störungen  und  den  langsamen  regelmässigen 
Schwankungen  zu  unterscheiden.  Bei  der  Beurteilung  der  letzteren 
müssen  die  ersteren  aus  dem  statistischen  Material  ausgeschieden  werden. 

Was  erst  die  Störungen  betrifft,  so  sind  sie  am  häufigsten  in  nord- 
lichtreichen Jahren.  So  z.  B.  giebt  Preece  die  Jahre  1859—60,  1872 
und  1883  als  durch  ungewöhnlich  heftige  Störungen  charakterisiert  an. 
jSie  entsprechen  den  Sonnenfleckenmaxiraa  in  den  Jahren  1859,  1870  und 
1883.  Nach  Preece  sind  auch  wahrscheinlich  die  Störungsströme  parallel 
der  Linie  gerichtet,  welche  die  Mittelpunkte  der  Erde  und  der  Sonne 
verbinden.  Sie  treten  vollkommen  gleichzeitig  über  der  ganzen  Erde  auf 
und  gleichzeitig  mit  den  grossen  magnetischen  Stürmen  und  Polar- 
lichtern. Die  Störungen  können  sehr  grossen  elektromotorischen  Kräften 
entsprechen,  so  z.  B.  erreichten  diese  auf  500—600  km  langen  Linien  in 
Frankreich  während  der  Nordlichttage  29.  Aug.  —  3.  Sept.  1859  nicht 
weniger  als  700  bis  800  Volt,  d.  h.  etwa  1,37  Volt  pro  km.  Die  Poten- 
tialdifferenzen sind  nämlich  im  allgemeinen  der  Entfernung  der  Erd- 
platten proportional.  Ähnliche  Grössen,  1,1  Volt  pro  km,  beobachtete 
man  in  England  am  31.  Jan.  1881.  Nach  Cleveland  Abbe  soll  man 
sogar  in  Amerika  auf  der  Linie  New  York-Elisabeth,  welche  jedoch  nur 
20  km   lang  ist  und   durch  grosse  Centren  der   elektrischen  Industrie 


986  Physik  der  Atmosphäre. 

läuft,  am  16.  Juli  1892  Potentialdifferenzen  von  9  Volt  pro  km  beobachtet 
haben. 

Airy  hat  auf  zwei  12  bezw.  16  km  langen  Linien,  die  in  Green- 
wich  endeten,  in  den  Jahren  1865  bis  1867  die  Störungen  durch  Erdströme 
gemessen  und  daraus  geschlossen,  dass  sie  magnetische  Störungen  her- 
vorbrachten und  nicht  umgekehrt.  Einige  Fälle  kamen  jedoch  vor,  in 
welchen  die  beiden  Arten  von  Störungen  nicht  gleichzeitig  eintrafen, 
Ellis  hat  diese  Untersuchungen  an  einigen  besser  gelegenen  Linien  fort- 
gesetzt und  ist  zu  demselben  Schluss  gekommen.  Die  Eintritts-Zeiten 
der  beiden  Erscheinungen  unterschieden  sich  nicht  um  mehr  als  3  Min., 
was  innerhalb  der  Beobachtungsfehler  lag. 

Zu  dem  entgegengesetzten  Schluss  kam  Blavier  bei  seiner  Unter- 
suchung der  Störungen  in  einigen  Telegraphenlinien,  die  von  Paris  aus- 
gehen. Er  sah  die  magnetischen  Störungen  als  primär  an;  seine  Ansicht 
wird  jedoch  von  Moureaux,  der  neuere  Untersuchungen  in  Frankreich 
angestellt  hat,  nicht  unterstützt. 

Die  ausführlichsten  Untersuchungen  der  Erdströme  sind  von  Wein- 
stein ausgeführt  worden.  Sie  betreffen  die  Strömungen,  welche  in  den 
Linien  Berlin — Dresden  (120  km  in  fast  nord-südlicher  Richtung)  und 
Berlin — Thorn  (262  km  in  fast  west-östli eher  Richtung)  von  registrierenden 
Galvanometern  aufgeschrieben  wurden.  Dabei  sind  die  „unruhigen"  Tage 
ausgeschlossen;  jedoch  blieben  zur  Bearbeitung  5000  Aufzeichnungen 
übrig. 

Es  wurde  erst  ein  konstanter  Strom  in  der  Leitung  beobachtet, 
welcher  der  Differenz  der  Mittelwerte  des  Potentiales  der  Endplatteu 
an  den  drei  Stellen  entspricht.  Diesen  konstanten  Strom  sieht  Wein- 
stein als  ganz  zufällig  an,  indem  er  von  der  Natur  der  Erdplatten  ab- 
hängen soll,  und  in  der  That  änderte  sich  dieser  Strom  bei  einer 
Änderung  der  Erdplatte  in  Berlin.  Es  mag  jedoch  wohl  sein,  dass  ein 
Teil  des  konstanten  Stromes  nicht  von  Ungleichheiten  der  Erdplatten 
herrührt,  sondern  von  ihrer  Lage,  da  man  im  Gebirge  gefunden  hat, 
dass  der  Erdstrom  von  niedrigen  nach  hoch  gelegenen  Orten  fliesst.  So 
z.  B.  fand  Brand  er,  dass  der  Strom  immer  von  Airolo  zu  dem  950  m 
höher  gelegenen  Hospiz  auf  St.  Gotthard  fliesst.  Die  Potentialdifferenz 
zeigte  ein  flaches  Maximum  um  ö'*  Vorm.  und  war  stärker  in  der  Nacht 
als  am  Tag.  Brand  er  benutzte  als  Elektroden  amalgamierte  Zink- 
stücke, die  in  porösen,  mit  Zinksulfatlösung  gefüllten  Thongefässen  standen, 
sodass  keine  merkliche  Potentialdifferenz  zwischen  verschiedenen  Elek- 
troden vorkam. 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus. 


987 


Eine  grosse  Regelraässigkeit  zeigte  der  tägliche  Gang  des  Erdstromes 
zu  Berlin,  welcher  durch  die  Kurve  Fig.  304  dargestellt  ist.  Der  Strom 
in  ost-westlicher  Richtung  zeigt  genau  denselben  Gang  wie  derjenige  in 
Süd-nördlicher,  nur  ist  seine  Schwankung  etwa  2,5  mal  geringer.  Ein 
erstes  unbedeutendes  Minimum  der  süd-nÖrdlichen  Komponente  (beinahe 
gleich  dem  Mittelwert  Null)  tritt  um  3  Uhr  Vorm.  ein,  danach  steigt  die 
Stromstärke  auf  ein  sekundäres  Maximum  um  7  Uhr  Vorm.,  passiert  die 
Null -Lage  um  S'*  15"*  Vorm.  und  erreicht  das  Hauptminimum  um  11^ 
30 w  Vorm.  Von  da  ab  steigt  die  Stromstärke  schnell,  passiert  um  2*15"* 
Nachm.  die  Null-Lage  und  um  4^*  20 "*  Nachm.  das  Hauptmaximum.  Von 


nNM. 


_   Süd-NoT'cl 
Konip  onente 

Ost-West 

Komponente 
d£jt  Ertltstroms 


Fig.  304.   Tägliche  Schwankung  der  beiden  Komponenten  des  Erdstroms  zu  Berlin 

nach  Weinstein. 


da  ab  sinkt  sie  ziemlich  regelmässig  mit  einer  kleinen  Einbiegung  um 
7/4  3()w  und  einer  kleinen  Ausbuchtung  um  9''  15"*  auf  das  Nachtminimum 
um  3  Uhr.  Die  Schwankung  der  ost -westlichen  Strömung  ist  derjenigen 
der  Süd-nördlichen  um  etwa  eine  halbe  Stunde  voraus,  sodass  die  Extrem- 
werte bei  jener  etwas  früher  eintreffen.  Die  Schwankungskurve  zeigt 
eine  grosse  Ähnlichkeit  mit  derjenigen  der  Deklination,  aber  noch  mehr 
mit  derjenigen  der  Totalkraft  des  Erdmagnetismus  (vgl.  Fig.  295). 

Die  tägliche  Schwankung,  ausgedrückt  als  Abweichung  vom  Mittel- 
wert der  totalen  Stromstärke,  welche  aus  den  beiden  Komponenten 
zusammengesetzt  ist  (vorderste  Kolumne),  zeigt  sich  in  der  folgenden 
Tabelle: 


Vormittag       0  1  2  345         (5  7  89         10     11 

Winter  149 —125  —64  —39  —35  —51—93  —94  —24  —18  —93  -+-45  208 
Frühl.  263—245-242—253  —  246  —  227—201  —94  —10  —73  —  50 -f- 319  605 
Sommer321— 215— 223— 209  — 193— 143  —67  —80  —  195  -65-1-233  486  581 
Herbst  250—168-203-232—241—231—186-131-127—108  4-118     392  533 


3    4    5   6 

7 

8   9 

10 

11 

—38  +38  30   6 

15 

47   60 

16 

-76 

—62  +213  174  68 

—4 

-33  -67 

-133 

—209 

—41  +149  219  149 

14  • 

-132-202 

-214 

-222 

ggg  Physik  der  Atmosphäre. 

Nachmittag        0        12 

Winter  149   +244  121    —83 

Frühl.    263   +566  266  —174 

Sommer  321    +443   134  —227 

Herbst    250   +430  111—160+116       233  184    65—26    —68—81    —98—129 

Sehr  charakteristisch  ist  der  Stillstand  in  der  Nacht,  „die  Ände- 
rungen der  Stromstärke  in  den  Nachtstunden  können,  an  den  Aufzeich- 
nungen selbst,  nur  bei  grosser  Sorgfalt  in  der  Ablesung  überhaupt  kon- 
statiert werden". 

Ebenso  auffällig  ist  die  Jahresschwankung  in  der  Stromstärke.  Sie 
beträgt  im  Mittel: 

Im  Frühling        Sommer        Herbst        Winter 
263  321  250  149 

in  willkürlichen  Einheiten. 

Der  tägliche  Gang  ist  in  grossen  Zügen  qualitativ  derselbe  im  ganzen 
Jahr.  Nur  verflachen  sich  die  Abend-  und  Nachtschwankungen  im 
Sommer,  wogegen  die  primären  Tageswellen  im  Winter  am  schwächsten 
entwickelt  sind.  Die  Eintrittszeiten  der  Extremwerte  am  Tag  schieben 
sich  im  Sommer  gegen  die  Auf-  und  Untergangszeit  der  Sonne  aus- 
einander. Wie  die  magnetischen  Schwankungen  sind  also  auch  diese  von 
dem  Gang  der  Sonne  abhängig. 

In  quantitativer  Hinsicht  ist  dagegen  die  Stromschwankung  recht  ver- 
schieden in  den  verschiedenen  Jahreszeiten.  „Das  Hauptmaxiraum  der 
Stromentwickelung  fällt  offenbar  auf  die  Mitte  zwischen  März  und  April, 
ungefähr  auf  das  Frühlings-Äquinoktium,  darauf  folgt  ein  sekundäres 
Maximum  zwischen  Juni  und  Juli,  also  etwa  um  die  Sommersonnenwende, 
ein  weiteres,  noch  geringeres  Maximum  zwischen  September  und  Oktober, 
vielleicht  mit  der  Herbst-Tag-  und  -Nachtgleiche  zusammenfallend.  Das 
Hauptminimum  findet  sich  im  Dezember  und  zwar  ist  dieses  Minimum 
auffallend  geringfügig."  Die  täglichen  Maximalwerte  der  Stromstärke 
sind  in  folgender  Tabelle  wiedergegeben,  sie  erinnern  an  den  jährlichen 
Gang  der  Störungen  der  magnetischen  Elemente  (vgl.  S.  966) : 

Jan.     Febr.    März    April     Mai     Juni     Juli     Aug.     Sept.     Okt.    Nov.     Dez.     Jahr 
431     586     771    1062    928    856    920    844     792     747    454    296    741 

Die  Kichtung  des  Stromes  fällt  im  Mittel  in  das  Sonnenvertikal, 
obgleich  grosse  Abweichungen  vorkommen;  dieselben  sind  am  geringsten 
im  Sommer,   wenn  die  Sonnenwirkung  am   kräftigsten  ist.     Besonders 


I 


XVIII.  Der  Erdmagnetismus.  989 

gering  ist  die  Abweichung  in  den  Stunden  um  Mittag,  wenn  die  Strom- 
stärke ihr  Maximum  bezw.  Minimum  durchläuft,  und  um  Mitternacht. 
Die  Daten  für  den  Sommer  mögen  dies  näher  beleuchten.  Die 
Ziffern  geben  den  Unterschied  an  zwischen  dem  Azimut  der  Richtung 
des  Erdstromes  und  demjenigen  der  Sonne. 

Vormittag       Ol        23        4        5        6        7  89    10  11 

Unterschied  —2  —21  —39  —59  —71  —78—79  —52  +34  38  27     9« 

Nachmittag       0          1          2           3      4      5      6      7  8      9     10    11 

Unterschied    —15    —37    —12    +78    71    61    49    36  19    12    13     8« 

Diese  regelmässigen  Schwankungen  eignen  sich  viel  besser  als  die 
Störungen,  um  zu  entscheiden,  ob  die  Erdströme  die  magnetischen 
Schwankungen  verursachen  oder  umgekehrt.  Wenn  nämlich  die  erste 
Alternative  richtig  ist,  so  müssen  die  magnetischen  Elemente,  von  welchen 
Weinstein  besonders  die  Vertikalintensität  (in  Wien)  untersuchte,  ihre 
Extremwerte  durchlaufen,  wenn  die  Stärke  des  Erdstromes  Maxima  besitzt. 
Ist  dagegen  die  andere  Alternative  die  richtige,  so  muss  der  Erdstrom 
Maxima  zeigen  gleichzeitig  mit  dem  ersten  Differentialquotienten,  oder 
mit  anderen  Worten  niit  der  grössten  Ab-  oder  Zunahme  pro  Zeiteinheit 
in  den  magnetischen  Elementen. 

Weinstein  findet  nun,  dass  betreffs  der  Vertikalintensität  die  zweite 
Alternative  in  direktem  Widerspruch  mit  der  Erfahrung  steht,  welche 
dagegen  im  allgemeinen  sehr  gut  mit  der  ersten  Alternative  überein- 
stimmt. Auch  die  Horizontalintensität  zeigt  in  grossen  Zügen  eine  Über- 
einstimmung mit  der  Stärke  des  Erdstromes.  Abweichungen  zwischen 
diesen  beiden  Grössen  können  in  einigen  Fällen  erklärt  werden.  Wein- 
stein kommt  zuletzt  zu  dem  Schluss,  „dass  wenigstens  ein  Teil  der  an 
den  Magnetometern  beobachteten  Variation  nur  scheinbar  den  Erd- 
magnetismus selbst  betrifft,  in  Wahrheit  aber  auf  Änderungen  des  Erd- 
stromes beruht". 

Eigentümlich  genug  fand  ßattelli,  der  sehr  umfangreiche 
Messungen  über  den  Erdstrom  in  Italien  ausführte,  keine  Überein- 
stimmung im  Gang  der  Vertikalintensität  und  des  Erdstromes  (im 
Gegensatz  zu  Weinstein).  Vielmehr  entsprach  die  nord-südlich  ge- 
richtete Komponente  des  Erdstromes  Änderungen  der  Deklination  und 
die  ost-westliche  Komponente  Änderungen  der  Horizontalintensität.  Die 
Änderungen  der  Stärke  des  Erdstromes  gehen  nach  Battelli  den- 
jenigen des  Erdmagnetismus  um  einige  Minuten  voran.  (Die  von  anderen 
Beobachtern  konstatierte  Gleichzeitigkeit  ist  wahrscheinlicher.)  Wenn  die 


990  Physik  der  Atmosphäre. 

Erdströme  syrnraetrisch  um  den  Beobachtungsort  verteilt  sind,  so  haben 
sie  keinen  Einfluss  auf  die  Vertikalintensität,  wie  Battelli  beobachtet 
hat.    In  Gebirgsländern  mag  das  anders  sein. 

Bei  Erdbeben  werden  häufig  die  magnetischen  Instrumente  beun- 
ruhigt, auch  wenn  sie  sehr  weit  von  dem  Centrum  der  Erschütterung 
aufgestellt  sind.  Einige,  wie  v.  Bezold,  haben  die  Ansicht  ausgesprochen, 
dass  diese  Störungen  nur  auf  mechanische  Erschütterungen  zurückzuführen 
sind.  Andere  meinen,  dass  bei  den  Erdbeben  wirkliche  Erdströme  ent- 
stehen, die  auf  die  Magnete  einwirken.  In  der  Nähe  der  vulkanischen 
Ausbruchsstellen  wurden  häufig  starke  Schwankungen  der  Magnetnadel 
beobachtet,  wie  zuletzt  bei  den  Ausbrüchen  des  Mt.  Pelee  auf  Mar- 
tinique (1902). 

Um  diese  Frage  zu  entscheiden,  hing  Moureaux  einen  Kupferstab 
auf,  der  dem  Bifllarmagnetometerstab  ähnlich  eingestellt  wurde.  Wäh- 
rend nun  dieser  beim  Erdbeben  in  sehr  deutliche  Schwingungen  geriet, 
war  bei  dem  Kupferstab  gleichzeitig  nichts  davon  zu  spüren.  Diese  Be- 
obachtung spricht  sehr  zu  Gunsten  der  Ansicht,  dass  die  Erdbebencentren 
elektrische  Strömungen  aussenden,  die  weithin  fühlbar  sind.  So  z.  B.  hat 
das  Bifilarmagnetometer  zu  Parc  St.  Maur  ein  Erdbeben  bei  Calcutta 
am  12.  Juni  1897,  dasjenige  in  Potsdam  das  grosse  japanische  Erdbeben 
vom  22.  März  1894  registriert. 

Es  ist  aber  auch  vorgekommen,  dass  heftige  Erdstösse  in  Frank- 
reich stattfanden,  z.  B.  am  2.  September  1896,  als  die  nördlichen  De- 
partemente Pas-de-Calais,  Somme  und  Nord,  sowie  Belgien  von  einer 
heftigen  Erderschütterung  heimgesucht  wurden,  ohne  dass  die  magne- 
tischen Instrumente  in  Parc  St.  Maur  etwas  angegeben  hätten.  Auch 
dieser  Befund  giebt  einen  Wahrscheinlichkeitsbeweis  gegen  die  Ansicht, 
dass  die  mechanischen  Erschütterungen  in  ähnlichen  Fällen  ausschlag- 
gebend sind.  Dagegen  kann  man  sich  wohl  vorstellen,^  dass  tektonische 
Erdbeben  vorkommen  können,  die  zu  keinen  nennenswerten  elektrischen 
Störungen  Anlass  geben. 


Personenregister. 


Abbe,  Cleveland  985. 

Abercromby  710.  722. 

Abney  853.  876. 

Accademia  del  Cimento,  Florenz  557. 

Adams  197. 

Adam  von  Bremen  392. 

Adh^mar  273. 

Adsigerius  926. 

Aime  382. 

Airy  251.  252.  454.  842.  986. 

Aitken  485—489.  636.  639.  654. 

Albrecht  271. 

AI  Mamun  236. 

Amagat  333. 

Amsler  (-LafiFon)  382.  876. 

Anderlini  117. 

Andersson  566. 

Andre  887. 

Andree  481.  920.  t 

Angelot  312. 

Angot  515—517.  602.  671.  721.  724.  798. 

Ingström,  A.  J.  530.  909. 

Angström,  K.  170.  496-499,  504.  505. 

Antoine  437. 

Antoniadi  181.  182. 

Arago  282.  517.  773.  830.  868-870.  873. 

948.  954.  962. 
Archibald  142.  864.  865. 
Arctowski  914. 
Arendt  970. 
Argelander  9.  11.  21. 
Aristarcb  70.  240.  269. 
Aristoteles  234.  473.  844.  859.. 
Armstrong  480. 

Arrhenius    149.  516.   747.   792.  892.  894. 
916.  968. 


Arwidson  383. 
Aschkinass  170. 
Assmann  485.  487. 

638.  641. 
Aubin  482. 
August  618. 
Auwers  16.  61. 


Babinet  784.  840.  871. 

Backlund  120. 

V.  Baer  267.  425. 

Baille  248. 

Baillie  349. 

Baily  248. 

Bakhuyzen  33. 

Bale  16. 

Balmer  44. 

Baltzer  336. 

Barlow  985. 

Barnard  193.  196.  198.  199. 

Barral  803. 

Barrow  936. 

Bartlett  385. 

Bartoli  497. 

Barus  654. 

Baschin  608.  609.  887. 

Batchelder  515.  562.  747. 

Battelli  989. 

Bauer  960.  975.  982. 

Beaufort  670.  671. 

van  Bebber  670.  717. 

ßecquerel,  H.  543.  870. 

BelU  619. 

van  Bemmelen  971. 

Benndorf  883.  886.  889. 

Benzenberg  265. 


544.   589.  619.  637. 


992 


Personenregister. 


Berberich  203.  207. 

Berget  250. 

Bergman  859.  911. 

Bergsma  788.  914. 

Berthelot  911. 

Bessel  16.  49.  207.  208.  245.  456.  879. 

Bessels  918. 

Beudant  813. 

V.  Bezold    148.   149.  586.  587.  633.  792. 

806.  859.  863.  874.  876.  955.  957.  965. 

968.  973.  975.  990. 
Bidwell  654. 
V.  Biela  209. 
Biot  840.  982. 
Birkeland  970. 
Birkner  801. 
Bishop  863.  864. 
Bixio  803. 

Bjelopolsky  16.  24.  81. 
Bjerknes  736.  740.  743.  744. 
Blackwell  435. 
Blake  894. 
Blanford  733. 
Blavier  986. 
Bock  654. 
Böddiker  581. 
Bode  88. 
Boltzmann  161. 
Bond  93. 
Borda  941. 
Börnsfcein  887.  892. 
Borough  927.  932.  951. 
Bouguer  238.  250.  255.  258.  261.  849. 
Bouilla  216. 
Bourdon  546. 
Bourgeois  201. 
Boussingault  482.  805. 
Boyle  123.  590. 
Boys  249. 

Bradley  11.  14.  15.  20.  47.  270. 
Brahe,  Tycho    13.   60.  71.    72.   142.  240. 

566.  567. 
Brakenhoff  879.  880. 
Branco  312. 
Brander  986. 
Brandes  606. 
Braun  249 
Bravais  580.  844. 
Bredichin  207. 


46.  47.  50.  58.  62.  175. 
891. 


866.  912. 


Breitenlohn  er  655.  • 

Brenner  181. 

Brewster  870.  871. 

Broch  256.  257.  598. 

Brooke  349. 

Brorsen  202.  210. 

Broun  954.  968. 

Brückner  345.  397.  570.  571. 

Brunner  936. 

Bruno,  Giordano  240. 

Bryan  175.  224. 

Buchan  557.  562.  608. 

Buchanan  362. 

Budde  832. 

Bunsen  416.  566.  583. 

Busch  870.  871.  873. 

Buys-Ballot  679.  681.  818. 

Cadenat  776. 

le  Cadet  887. 

Cagni  391. 

Cahours  613. 

Campbell  37 

Cancani  331. 

Canton  948.  952. 

Capron  911. 

Carlheim- Gyllenskiöld  s.  Gyllenskiöld. 

Carlini  250. 

Carnot  756. 

Carrington  96.  123.  127-129.  1.37. 

Cartesius  s.  Descartes. 

Cassini  196.  238. 

Cavendish  248. 

Celsius  137.  917.  948.  954.  963. 

Cerulli  191. 

Challenger-Expedition     363  —  365.    371. 

392.  950.980. 
Chandler  58. 
Chatterton  670. 
Chauveau  891. 
Chevandier  815. 
Christiansen  172.  512.  518. 
Clairaut  242.  259. 
Clapeyron  582.  597. 
Clarke  49.  239.  250. 
Clausius  499.  853. 
Clayden  644. 
Claypole  337. 
Clayton  644.  698.  757. 


Personenregister. 


993 


Coaz  401. 

Coffin  681. 

Colladon  804.  813. 

Collie  911. 

Columbus  234.  924.  932. 

Comoy  463. 

Copernicus  s.  Kopernikus. 

Cornu  248.  501.  502.  847.  873.  877. 

Cotte  916. 

Coulier  486. 

Coulomb  894.  895. 

Coupvent  des  Bois  437. 

Croll  190.  273.  275.  509. 

Crova  494.  497.  507.  618.  637.  877.  878. 

Czermak  898. 

DaUbard  772. 

Dalton  595. 

Daniell  618. 

Darwin,  Gh.  288.  472. 

Darwin,  G.  H.  282.  283.  452.  460. 

Daubree  157.  435. 

Defforges  245. 

De  la  Coudamine  238. 

De  la  Rive  484. 

De  la  Rue  98.  134. 

Delezenne  870. 

Dellmann  881.  883. 

Denning  192. 

Descartes  590.  835.  842. 

Deslandres  95.  104.  119.  126.  192.  911. 

Dewar  911. 

Dickson  731. 

Dieterici  583.  612.  613. 

Dines  637.  641. 

Dittmar  360. 

Doberck  706.  708. 

de  Dominis  835. 

Donati  205. 

Doppler  28. 

Douglass  199. 

Dove  512.  513.  562.  659.  701.  733. 

Draper  101. 

Duboia,  Eug.  287. 

Duchemin  669. 

Dufour  568.  622. 

Duhil  de  Benaz^  442. 

Duner  24.  55.  56.  124.  126.  147. 

Dunker  426. 

Arrhenius,  Kosmische  Physik. 


Duparc  400. 

Duperrey  932.  944. 

Dutton  310.  320.  327.  389.  641. 

Ebelmen  477. 

Ebert  446.  447.  896—898.  900.  901. 

Edelmann  616. 

Egede  568.  569. 

Ekama  580. 

Ekholm  123.  132.  149.  187.  276.  284.  286. 

338.   340.   475.   566.   568.   569.   736. 

755.  792.  851.  892.  916.  968. 
Ekman  387. 

Ellis  955.  956.  961.  966.  986. 
Elster  774.  786.  897.  898. 
Elster  und   Geitel    886.   887.   894-897. 

899—901. 
Encke  196.  206. 
Engelmann  33. 
Eötvös  249.  262. 
Eratosthenes  235.  236. 
Erdmann  435. 
Ericson  130. 
Erk  556v  779. 

Eschenhagen  944.  969.  970. 
Espy  724. 
Euler  270. 

Evershed  98.  107.  120. 
Ewers  901. 

Exner,  F.  661.  882.  883.  886.  889.  898. 
Exner,  K.  830.  831. 

Fabricius  98. 
Faraday  911.  960. 
Farquharson  912. 
Faye  97.  98.  135.  160.  258.  259. 
Fönyi  110.  113. 
Femer  911. 

Ferrel  689.  710.  724—726.  736. 
Filopanti  879. 
Findeisen  783. 
Finley  810. 
Fizeau  29. 

Flammarion  143.  145.  182.  183.  186.  850. 
Fleming  Mrs.  61.  62. 
Flögel  855. 
Folgheraiter  977.  978. 
Forbes  492.  497.  528.  598.  859.  876. 
Forel  375. 396. 410. 412. 447.536-538.622. 
63 


994 


Personenregister, 


Foucault  267.  268. 

Fouqu^  327. 

Fourier  456.  521., 

Fox  945. 

Franklin  772.  782.  881.  888. 

Franklinsclie  Expedition  912. 

Fraunhofer  2.3.  24.  844.  847. 

Fritz  137.  141.  902.  914.  916.  918. 

Fritzsche  973,  989. 

Frost  98.  122. 

Fuchs  306. 

Galilei  13.  98.  193.  196.  198.  240. 

Galle  145.  197.  257.  844.  912. 

Gambey  927.  935. 

Garrigon-Lagrange  892. 

Gauss  823.  941.  943.  948.  964.  972-975. 

Gautier  135.  482. 

Gay-Lussac  941.  982. 

de  Geer  339.  406. 

Geikie,  Archibald  287.  288. 

Geitel   (s.  auch  Elster  und    Geitel)    774. 

786.  900. 
Gellibrand  932. 
Giesecke  568. 
Gilbert  309.  339.  426.  972. 
Gioja,  Flavio  926. 
Glaisher  520.  562.  589. 
Gockel  886. 
Godlewsky  343.  478. 
Graftiau  656. 
Graham  951.  963. 
Gräve  430. 
Gray  131. 
Grebenau  434. 
Green  191. 
Gr^ville  796. 
Griesinger  536. 
Guglielmini  265. 

Guldberg  681.  682.  736.  744.  746. 
Gunter  932. 
Günther  819. 
Guyot  de  Provins  926. 
Gyllenskiöld  580.  907—909.  911.  912.  914. 
932.  976.  977.  978.  982. 


V.  Haas  416. 
Hadley  689. 
Hagen  440.  441. 


469. 


Hagenbach  850.  855.  874. 

V.  Haidinger  776. 

Hall  16.  198. 

Halley  207.  211.  929. 

Haltermann  787. 

Hamberg  149.  638.  792. 

Hann   483.  490.  506.  524.  536.  547.  557. 

562.   571.   584.   587.   593—595.   601. 

608.   624.   640.   648.   672.   684.    726. 

727.  733.  751.  799. 
Hansky  497. 

Hansteen  917.  932.  941.  960.  972.  975. 
Harkänyi  502. 
Harting  804. 
Hartmann  926.  927.'  934. 
Hassert  569. 
Haughton  252.  621. 
Hayes  337.  389. 
Heberden  659. 
Hedström  566. 
de  Heen  621. 
V.  Hefner-Alteneck  599. 
Heim  286.  337—339. 
Heiland  396. 
Hellmann   770.    781.    782.  846.  859.  861. 

862.  866. 
Helmert  258.  259. 
V.  Helmholtz,  H.  94.  159.  231.  378.  645. 

709.  736. 
T.  Helmholtz,  R.  486.  654.  851. 
Hergesell  264. 
Herschel,  J.  50.  125.  134. 
Herschel,   W.   32.   38.    42.   46.    98.   143. 

183.  195.  197.  223.  492. 
Hesehas  775. 
Hevelius  844. 

Hildebrandsson  644.  698.  733. 
Hill  142. 
Hiller  309. 
Hind  61. 

Hiorter  137.  917.  951. 
Hipparch  11.  18.  67.  69.  70.  72.  268.  269. 
V.  Hochenberger  435. 
Hodgson  96.  137. 
van  't  Hoff  291.  409.  582.  597. 
Hoffmeyer  730.  734. 
Högbom  218.  477.  479. 
Homen    506.    521—526.    528-534.    536. 
538.  544.  545.  574.  637.  638. 


Personenregister. 


995 


Hood  918. 

Hooke  264. 

Hopkins  282.  283. 

Homstein  148.  968.  969. 

Houdaille  497. 

Howlett  98. 

Huggins  24.  51.  61.  105. 

V.  Humboldt,  A.  210.  282.  311.  557.  818. 

821.   853.   856.   857.   879.   941.  948. 

953.  964. 
Humplireys  30.  32.  63.  911. 
Hussey  62.  207. 
Huyghens  183.  193.  196. 

Issel  246. 

Jacobi  239. 
'       James  250. 
Janssen  104. 
.lensen  869—871.  873. 

IJesse  580.  649.  851. 
fewell  31.  95.  122.  125. 
toliannsen  391. 
polly  249.  253. 
Joly  287. 
Jost  848. 
Joule  936. 
Juhlin  574.  612. 
Julius  828. 
Jurine  834. 

V.  Kalecsinsky  539. 

Kämtz  497.  641. 

Kant  222.  223.  654. 

Kapteyn  18.  21.  924. 

Kassner  702. 

Kayser  44.  773. 

Keeler  37.  40.  177.  196. 

Kelvin  122.  123.  132.  160.  231.  282.  283. 

285.   286.   351.   460.   476.   604.  736. 

737.  882.  883. 
Kepler  13.  61.  71.  72.  206.  240. 
Kiessling  486.  864.  865. 
Kirchenväter  234. 
Kirchhoff  23.  118. 
Klein  141.  180. 
Klöden  870. 
Klose  239. 


Kluge  143. 

Knoop  442. 

Knorr  879. 

Kobold  33. 

Koene  476. 

Kohlrausch,  F.  943.  970. 

Kohlrausch,  W.  778. 

König  249. 

Konrad  661. 

Kopernikus  13.  67.  71.  240.  270. 

Koppen    141.    562.   610.   670.   690.   691. 

712.  791. 
Kreil  971.  978.  982. 
Krigar-Menzel  249. 
Krümmel  368.  380.  437. 
Kundt  470.  774.  775. 
Kurlbaum  166. 

Lachmann  806. 

Lagrange  441. 

Lamont    135.   601.   881.    928.    937.    942. 

973.  980. 
Landerer  180. 
Lane  228. 
Langley  94.  113.  166.  180.  231.  479.  499. 

500.  518.  66a  669.  854.  876. 
Laplace  223.  240.  259.  454.  460. 
Lebedew  121. 
Le  Chatelier  131.  579. 
Lecher  503.  887. 
Lechner  786. 
Leconte  337. 
Lehmann- Pilhes  88. 
Lemström  912. 
Lenard  665.  886.  919. 
V.  Lepel  775.  776. 
Levänen  414. 
Leverrier  197.  274. 
L^vy  327. 
Lexell  210. 

Ley,  Clement  643.  698.  715. 
Liais  215.  912. 
Licksternwarte  90. 
Liebig  478. 

Linss  894.  898.  900.  983. 
List  879. 
Littrow  36. 

Liznar  148.  947.  968.  982.  983. 
Lloyd  946.  948. 

63* 


996 


Personenregi  ster. 


Lockyer,  Norman  59.  104. 114.  118.  142. 

215.  863. 
Lockyer,  W.  571. 
Loewy  98. 
Lohse  181. 

Loomis  137.  606.  719.  720.  902.  912. 
Lossen  296. 
Lovfo  406. 
Lowell  184. 

Ludwig  XV.  von  Frankreich  238. 
Lummer  578.  869. 
Mac  Connel  843. 
Mac  Dowall  145. 
Mädler  175. 

de  Mairan  859.  860.  912.  914. 
Mannheimer-Akademie  557. 
Maraldi  183. 
Marchand  138. 
de  Marchi  143.  736. 
Mariotte  596.  844. 
Mascart  246.  250.  486.  883.  890. 
Maskelyne  250. 
Mathieu  182. 
Matteucci  895.  985. 
Maunder  116.  120.  139.  151. 
Maupertius  238. 
Maurer  521. 

Maury  45.  381.  387.  707. 
Maxwell  121.  174.  196.  206. 
Mazelle  706.  898.  . 
Mayer,  Robert  158.  159. 
Meinardus  731.  732.  770. 
Melander  485.  489. 
Meldrum  142.  143. 
Melloni  518. 
Melsens  783. 
Mendenhall  250. 
Meyer,  0.  E.  980. 
Meyer,  Tobias  972. 
Meyer,  Wilh.  203. 
V.  Middendorff  765. 
Mielberg  962. 
Miller  480. 

Milne  323.  328.  330.  331. 
Mohler  30.  32.  95. 
Mohn   247.   381.  542.  580.  599.  649.  681. 

682.  736.  744.  746.  794.  851. 
Möllendorff  430. 
Möller  798. 


Monge  834. 

Montigny  829.  830. 

Moureaux  976.  977.  980.  982.  986.  990. 

Müller,  C.  A.  148.  968. 

Müller,  G.  169. 

Müller-Erzbach  879. 

Müntz  481.  482.  657. 

Murray  663. 

Müttrich  543. 


Nahrwold  894. 

Nansen  259.  353.  371.  383.  391.  392.  402. 

403.  480. 
Nare  390. 
Nares  389. 
Nasini  117. 
Nathorst  284.  338. 
Naumann  979. 
Neckam  926. 
Necker  859.  866.  875. 
Negretti  350. 
Nehring  566.  766. 
Neuhoff  584. 

Neumayer  930.  931.  944.  973.  981. 
Newcomb  122.  228. 
Newton    73—80.   87.   203.  205.  206.  211. 

238.   241.   242.   249.    251.   264.  268. 

449.  450.  454.  457.  460.  508.  830.  835. 
Nichols  93. 
V.  Niessl  216.  580. 
Nilsson  899. 
Nordenmark  120. 
Nordenskiöld  A.  E.  157.  213.   214.   402. 

403.  906. 
Nordenskiöld,  G.  657. 

Norman  934. 


Oberbeck  736. 
V.  Obermayer  786. 
Oibers  206.  207. 
Omond  638.  850. 
Oppikofer  420. 
Oppolzer  132. 
Ostwald  162. 
V.  Öttingen  671. 
Overhoff  844. 
Öyen  400. 


907.   909.   910. 


871. 


Palazzo  138. 

Palmquist  480. 

Paris  437.  438. 

Parrot  855. 

Parry  912. 

Partiot  434. 

Paschen  101.  131.  170. 

Passerini  655. 

Paulsen    152.   594.    89J 
912.  918—920. 

Peltier  881. 

Penck  337.  345.  395.  399.  403.  420. 

Pernter    521.    672.    824.   842.   843. 
873.  877. 

Perrine  924. 

Perry  286. 

Peschuel-Löschke  821. 

Petermann  656. 

Peters  16. 

Petit  775. 

Pettersson,  0.  363.  414.  542.  572.  583.  731. 
i      732. 
Phillips  184. 

Phipson  476.  477. 

Piazzi  89. 

Picard  238. 

Pickering   24.   44.   45.   48.   53.   92.   116. 
216.  774. 

Piddington  711. 

Piltschikoff  873. 

Planck  499. 

Plantamour  593. 

Plantd  775.  776. 

Plassmann  55. 

Plato  240. 

Plinius  296. 

Pockels  778. 

Poey  143. 

Poincarö  892. 

Porter  33. 

Pouillet  492—494.  497.  519—521." 

Poynting  249. 

Precht  773. 

Preece  985. 

Preston  250. 

Pringsheim  578. 

Pritchard  16. 

Prohaska  779.  801. 

Ptoleinäus  67. 


Personenregister. 

Pythagoräer  234. 


997 


Quetelet  870.  881. 

Rabot  397. 

Ramsay  473.  474.  911. 

Rankin  485.  489. 

Rankine  440. 

Rayet  25. 

Rayleigh   473.   499.   654.  853.  854.  872. 
876—878. 

Reade,  Meilard  287.  360.  432. 

V.  Rebeur-Paschwitz  276.  331. 

Recherche-Expedition  950. 

Regnault  578.  583.  598.  612.  618. 

Reich  248.  265. 

Reimann  824. 

Respighi  150.  829.  831. 

Reusch  295. 

Reyer  312. 

Reynolds  821. 

Riccö  98.  103.  138.  139.  151.  867. 

Richarz  249.  654. 

Richmann  772. 

Richter  571.  673. 

V.  Richthofen  315.  765. 

Riggenbach  660.  775.  843.  859.  864—866. 
868.  871. 
j  Ristenpart  33. 

Ritchey  924. 
i  Ritter  655. 

Rizzo  165.  497.  566. 

Robinson  382.  666. 

Rogowsky  596. 

de  Romas  772. 

Rosenbusch  294. 

Rosetti  373. 

Ross  609.  929.  950. 

Rosse  168. 

Rotch  959. 

Rothpletz  337. 

Rowland  106. 

Rubens  170. 

Rücker  978.  982. 

Rudzki  286.  337. 

Rühlmann  .593. 
Rassel,  H.  C.  718. 
Rüssel,  Scott  436.  440.  441. 
Rutherford  897.  901. 
Rydberg  45. 


998 


Personenregister. 


Sabine  135.  730.  948.  953.  962.  963.  965. 

Salvatori  117. 

Sandström  736.  744.  746. 

Sars  370. 

Sartorius  143.  506. 

Saussure  483—485.  617.  855.  856. 

Savart  868. 

Saweljew  141.  497.  517. 

Schaeberle  49. 

Scheiner,  Christoph  98.  123.  126. 

Scheiner,  J.  25.  35.  37.  43.  94.  131. 

Schiaparelli  172.  181.  183.  184.  188.  190. 

209.  210.  215. 
Schierbeck  621. 
Schips  851. 

Schlagintweit  484.  485.  661.  875.  978. 
Schloesing  478. 

Schmidt  A.  110.  327.  781.  828. 
Schmidt,  Ad.  148.  965.  973.  981.  982. 
Schmidt,  Ed.  252. 
Schmidt,  Jul.  61.  212.  317.  580. 
Schott  438.  541. 
Schubert  523.  543. 
Schukewitsch  505. 
Schultheiss  490. 
Schur  16. 

Schuster  132.  136.  955.  958. 959. 969.  983. 
Schwabe  132.  135. 
Schwackhöfer  616. 
Schwarzschild  920. 
Scoresby  833. 
Scott  670.   671. 
Scrope  297. 
Sederholm  288. 
See  50.  51. 
Seeliger  63. 
Sidgreaves  98.  138. 
Siemens,  Werner  351. 
Siemens,  William  245. 
Sigsbee  385. 
Silberschlag  850. 
Siljeström  917. 
Snellius  236.  238. 
Soddy  901. 
Sohncke  857. 
V.  Sommer  298. 
Sonden  616. 

Soret  598.»  834.  873.  874. 
Spindler  702. 


Spitaler  512.  514.  562.  609.  747. 

Spörer  123.  124. 

Spring  432.  656.  855. 

Sprung  619.  670.  684.  736. 

Stannyan  104. 

Stassano  911. 

Stefan  52.  131.  519.  621. 

V.  Sterneck  243.  245.  252. 

Stevenson  436.  437.  444.  445.  476.  676. 

Stewart  98.  134. 

Stockwell  274.  275. 

van  der  Stok  960.  971. 

Stokes  460.  641. 

Stoney  173.  175.  176.  224. 

Stracciati  497. 

Stratonoff  124.  126.  128. 

Struve  32.  46. 

Sturm  813. 

Suchier  435. 

Suess,  E.  321.  326.  327. 

Suess,  Franz  219. 

Supan  280. 

Süring  624. 

Svensson  619.  621. 

Swedenborg  222. 

V.  Szalay  780.  782. 

Tacchini  108.  119.  124.  128.  138.  150. 

Tammann  161.  282. 

Teisserenc  de  Bort  586—589.  608.  653.  735 

Tempel  210. 

Terby  194. 

Thalen  980. 

Thomsen  312. 

Thomson,  James  689.  736. 

Thomson,  J.  J.  151.  894. 

Thomson,  William  s.  Kelvin. 

Thorpe  978. 

V.  Tillo  293.  346. 

Titius  88. 

Toepler  775.  776.  778. 

Torell  370. 

Tornöe  362. 

Torricelli  590. 

TroiH-Petterson  480. 

Tromholt  137.  915. 

Trowbridge  778. 

Tschermak  312. 

Tschudi  879. 


Personenregister. 


999 


Tuma  885.  887. 

Tuttie  210. 

Tyndall  502.  503.  812.  816.  872.  877. 


ülloa  849. 
Ülugh-Bey  11. 

Vassenius  104. 
Veeder  138. 
Very  168. 
Villiger  181. 
Violle  497.  517.. 
Viviani  590. 
Vogel,  H.  C.   24. 
193.  877.  878. 
Volta  882. 


33.   48.    92.    177.  181. 


Wall  772. 

Waltershausen,  Sartorius  v.  948. 

Warburg  131. 

Wargentin  914. 

Weber,  E.  H.  und  W.  E.  440.  441. 

Weber,  L.  778.  869.  878.  887. 

Weber,  W.  E.    (s.  auch  W.  E.  H.)   937. 

938.  948.  964.  973. 
Wehner  926. 
Weinstein  986—989. 
Wells  518.  522. 
Welsh  480. 
Wertheim  813.  815. 
Weyprecht  388.  389.  912.  949. 
Wheatstone  874. 
Widmanstätten  214. 
Wiebe  598. 
Wiedemann  161. 


Wien  499.  646. 

Wiener  511. 

Wiesner  655. 

Wijkander  918.  964. 

Wilcke  940. 

Wilczynski  227.  828. 

Wild   138.   371.  484.  526.  543.  562.  608. 

868.  937.  939.  953.  961. 
Willaume-Jantzen  566. 
Wilslng  63.  250.  924. 
Wilson,  Alex.  97. 

Wilson,  C.  T.  R.  486.  632.  653.  655.  900. 
Wilson,  W.  E.  92.  131. 
Winkler  772. 
V.  Winterfeld  849. 
Witt  89. 

Woeikof  414.  429.  572.  732.  733. 
Wolf,  Max  25.  924. 
Wolf,  Rud.  132.  135.  876. 
Wolfer  126.  127.  873. 
WoUny  636.  637. 
V.  Wrede  980. 


Young,   C.   A.    103.   109.   110.  119.  124. 

126.  130.  134.  135.  137. 
Young,  Thomas  454.  841. 

Zambra  350. 

Zeleny  897. 

Zenker  509.  517. 

ZolUkofer  419. 

Zöllner   10.    93.  150.  166.  169.  207.  208. 

484.  501.  596.  597.  848. 
Zöppritz  378. 


Sachregister. 


Abenddämmerung  s.  Dämmerung. 

Abendröte  855.  858.  863. 

Aberration  13. 

Abflusslose  Seen  407. 

Abflussteil  430. 

Abklingen  der  Radioaktivität  901. 

Ablenkung  des  Schalls  816-819. 

Ablenkung  durch  Erddrehung  264—268. 

425.  681-685.  698.  702.  704.  710.  718. 
Ablenkungswinkel  s.  Ablenkung  d.  Erd- 
drehung. 
Abplattung  der  Erde  238—242. 

„         d.  Himmelsgewölbes  823—825. 
Absorption    des    Lichtes  im    Raum    12. 

44.  230. 
Absorption  in  der  Sonnenatmosphäre  93. 

100.  107. 
Absorption   der  Wärme  in  der  Luft  23. 

170.  190.  342.  352.  499.  503.  504. 
Absorptionsmittel  473.  616.  617.  901. 
Abschuppung  344. 

Abstossung  durch  Strahlung  120. 150.  925. 
Abtragung  s.  Denudation. 
Abweichung  eines  Sterrs  5. 
Abweichung  s.  Ablenkung. 
Ackerwinde  477. 
Adiabatisches    Gleichgewicht    122.    131. 

187.  226.  572. 
Adiabatische  Volumsänderung  486.  545. 

577—581.  635.  705.  748.  756. 
Adriatisches  Meer  gefroren  567. 
Aerolithe  vgl.  Meteore  und  Meteorite. 
Aerotherme  532. 
Agonische  Linien  932.  933.  977. 


Agram,  Erdbeben  316,  318. 

Aichungen  der  Sternhäufigkeit  42. 

Akkumulator  351. 

Aktinische  Wolken  872. 

Aktionmeter  497.  517.  519.  521. 

Aktionscentra  733.  735. 

Aktuelle  Energie  83. 

Akustik,  meteorologische  812—822. 

Albedo  169.  175.  176.  194.  501. 

Aldebaran  25. 

Algen  285.  394.  470. 

Algol  23.  53. 

Algoltypus  der  Sterne  53.  923. 

Alpen  257.  339. 

Alpenglühen  858.874-876. 

Alteis,  Lawine  von  401. 

Alter  der  Erde  285—288. 

Sonne  159.  160. 

Alto-Cumulus  642. 

Alto-Stratus  642.  704. 

Altwasser  433. 

Ammoniak  342.  482.  656.  657. 

Amplitude  456. 

Amplitudenabnahme  mit  der  Tiefe  527. 

529.  536. 
Ancylussee  406. 
Andromeda,  Nebel  von  34. 
—  Neuer  Stern  im  62. 
Andromediden  209. 
Anemometer  von  Robinson  382.  666. 
Aneroide  591. 
Antares  26. 

Antarktis  392,  399.  515. 
Anticyklonen  686.  716—720.  729.  735. 


Sachregister. 


1001 


Lnticyklonen,  Ablenkungswinkel  bei  718. 
J19. 

Änderung   mit  der   Höhe  720.  753. 
Druck  in  719. 
Gradient  bei  716. 
Grenzgebiete  bei  722.  723. 
Grösse  von  717.  720. 
Höhenrauch  bei  490. 
Ionen  bei  898.  899. 

—  Nebel  bei  717. 

—  Temperatur  bei  719.   751.  752. 

—  Ursprung  der  686.  717.  758. 

—  Wanderung  der  718. 

—  Windstärke  in  716—719. 
Anticyklonische  Cirkulation  744.  750. 

—  Zunahme  744. 

Aperiodische    Schwankungen    458.    548. 

551.  588. 
Aphelium  89. 
uAppalachengebirge  287.  337. 

Lquator  der  Sonne  129. 
'—  isodynamischer  944. 

—  magnetischer  940. 

—  meteorologischer  129.  515.  692. 
Äquatorial  tage  515 — 516. 
Äquinoctialpunkt  6. 
Äquipotentialfläche  262. 
Äquipotentiallinien,  magnetische  931.  932. 

944.  972.  973. 
Aragos  Punkt  870—873. 
Arbeit,  mechani8che738.740— 743. 745.748. 
Arctur  18.  19.  25.  230. 
Arcturtypus  25.  51. 
Argon  361.  474.  911. 
Ariel  200. 

Arktische  Ströme  385. 
Artesische  Brunnen  280.  418.  768. 
Asar  400. 
Asche,  vulkanische    179.    297.    301.  490. 

688.  770. 
Aschenfarbenes  Licht  181. 
Aschenkegel  300.  310. 
Aspirator  616.  619. 
Astronomenkongress  1887     11. 
Astronomische  Dämmerung  857.  862. 
Atavr  24. 
Atmometer  622. 
Atmosphäre  der  Erde  285.  287.  473—490. 

—  Absorption  der,  s.  Absorption. 


Atmosphäre,  Höhe  der  580. 

—  Masse  der  474. 

—  Temperatur  der  544 — 589. 

—  Zusammensetzung  der  473—490.  .505. 

—  Veränderung,  zeitl.  475-479. 
öi-tl.  479-481. 

—  Wärmeschutz  durch  170-171.  185.  190. 

504.  535. 

—  der  Planeten  173—177. 

—  des  Sonnensystems  177.  596. 
Atmosphärische  Elektrizität  s.  Elektrizität. 

—  Linien  23.  176.  503.  620. 

—  Eefraktion  239.  825—829. 
Atollen  472. 

Aufrichtung  von  Schichten  289. 
Aufsaugung  von  Meereswasser  387. 
Aufsteigende  Luftströme    661.  666.  687. 

704.  708.  724,    siehe  auch  vertikale 

Strömungen. 
Aufthauen  524. 
„Auge"  auf  Mars  183. 
„Auge  des  Sturmes"  708. 
Aurigae  /9  48. 
Ausgleichung  der  Materie  158. 

—  von    Niveauunterschieden    341 — 345. 

353.  765. 

—  von  Potentialdifferenzen  783.  791. 

—  von  Temperatur  513.  542.  588.  614. 
Ausgleichung  bei  Rechnungen  145.  146. 
Auslaufen  der  Lotleine  348. 
Ausströmung  von  Elektrizität  783 — 786. 

894—901. 
Auswaschungsbeben  323. 
Azimut  5. 

Babinets  Punkt  871—873. 
Badestrand  469. 

Bahngeschwindigkeit  der  Erde  3.  14.  68. 
,  Bakterien  415.  477.  656. 
Ballonfahrten  480.  481.  585.  586.  625.  885. 
Balmersche  Formel  44. 
Bandspektra  23. 
Bär  grosser  20 

t,  im  48. 

Barograph  550.  591. 

Barometer  (s.  a.  Luftdruck)  570.  590 — 594. 

—  -Formel  592.  593.  597. 

—  -Korrektionen  590.  591. 

—  -Maxinaum  (s.  Anticyklone)  686.  794. 


I 


1002 


Sachregister. 


Barometer-Minimum     (s.    Cyklone)    146. 

685.  689. 
Barometrische  Höhenstufe  593. 
Barrierenrifie  471. 
Basalt  293.  303.  978. 
Basismessungen  237. 
Batholite  309. 
Bathometer  245. 

Baumaterialien,  Dauerhaftigkeit  342. 
Bäume,  Blitzgefahr  der  779. 
Beauforts  Skala  670—671. 
van  Bebbers  Regel  715.  730. 
Berenices  Haar  42.  50. 
Berg  s.  Gebirge. 
Bergabhänge,  Feuchtigkeit  auf  695. 

—  Wolkenbildung  b.  643.  695. 
B^rgbäche  432. 

Bergen,  Höhe  von  348. 
Bergkrankheit  906. 

Bergspitze,  Elektrizitätsverlust  897.  898. 
Bergstürze  319.  345. 
Bergwerke,  Temperatur  der  278. 
Bergwind  694.  695.  794. 
Beruhigung  der  See  448. 
Beschleunigung  des  Windes  (s.  Gradient) 

737. 
Beteigeuze  18.  57.  131. 
Bewegung  der  Erde  3. 

—  der  Gletscher  396. 

—  der  Nebel  40. 

—  des  Sonnensystems  32. 

—  der  Sterne  18.  27. 

Bewölkung    515.   520.    522.    524.    525. 

•    650—653.  825. 
Bewölkung,  Periodizität  651 — 652. 

—  und  Sonnenflecke  141,  142. 

—  Verbreitung  geograph.  653. 

—  (s.  auch  Wolken). 
Biegung  der  Erdschichten  289. 

—  des  Lichts  842.  847.  851. 

—  des  Schalls  812. 

Bielas  Komet  209—211.  216. 
Bifilarmagnetometer  946.  965.  969.  970. 
Bikarbonat  342.  361.  479. 
Billitonite  219. 
Bimsstein  297.  301.  357. 
Binnenmeere  367.  371.  438. 
Binnenseen  405—414.  432.  462. 
Birkenwald  524.  526. 


Bishopscher    Ring   855.    864.    865.    868. 

871.  872. 
Bitterseen  407. 

Blanke  Stellen  des  Wassers  448. 
Bläschen  in  Gesteinen  295. 
Blaue  Farbe  des  Eises  389. 

—  —  der  Emulsionen  877. 

dei*  Luft  483.  855.  856.  876.  877. 

des  Meeres  373. 

der  Sonne  864. 

des  Wassers  374. 

Blitz  657.  772—777. 

Blitz- Abieiter  779.  781—783.  881. 

—  Energie  des  778.  779. 

—  Farbe  des  774.  786. 
Gefahr  779—782. 

—  Getroffene  vom  772.  780. 

—  Periode  781.  792. 

—  Potential  des  778. 
Röhre  778. 

—  -Schaden  779—784. 

—  -Spektrum  774.  775. 

—  -Spuren  778.  779. 

—  Stromstärke  des  778. 

—  Verwüstungen  durch  779.  780.  783. 
Blocklava  314. 

Blütezeit  der  Pflanzen  und  Sonnenflecke 

143-145. 
Bodenkratzungen  353. 
Bodenproben  348—351.  353. 
Bodenschwankung  (s.  auch  Erdbeben) 

276. 
Bodentemperatur  501.  511.  526—543. 
Böen  723. 

Bohrlöcher  279.  304. 
Bolide  212. 

Bologneser  Tropfen  220. 
Bomben,  vulkanische  298. 
Bora  706.  764.  898. 
Boraxseen  409. 

Bourdonsches  Manometer  546. 
Brachystochrone  333.  420. 
Brakpans  409. 
Brände  490.  639.  794.  846. 
Brandung  442.  444.  481. 
Braunkohlen  476. 
Braunsteinknollen  356.  358. 
Breite  eines  Sterns  6. 
Brewsterscher  Punkt  871. 


i 


Sachregister. 


1003 


Brockengespenst  848 — 850. 
Brom  in  der  Luft  482. 
Brom  im  Meer  360. 
Brookes  Lotapparat  349. 
Brorsens  Komet  210.  211. 
Bruchlinien  323. 
Brücknersche  Periode  397.  570. 
Brunnen  415.  768. 
„Buddhas  Rays"  858. 
Bürgerliche  Dämmerung  857. 
Buys-Bailotsches   Gesetz   679—681, 
698.  711. 


685. 


Calcium  102. 

Calciumkarbonat  361. 

Calmen  (s.  Windstille)  692.  696.  762. 

Cancri  S  55. 

Canis  majoris  29  et  30  45. 

Canons  287.  421.  765. 

Canopus  17. 

Capeila  16.  17.  25.  30.  50.  923. 

Capellatypus  25.  51. 

Capwolken  37. 

Caracas,  Erdbeben  von  318. 

Cardanische  Aufhängung  945. 

Carraramarmor  295. 

Cassiopejae  rj  49. 

—  S  58. 
Castor  47. 

Castor  und  PoUux  786. 

Cellulose  478. 

Cementation  290. 

Centauri  a  16.  17.  49. 

Centralkräfte  77. 

Centrifugalkraft  241.  255.  263.  426.  450. 

684.  737. 
Cephei  6  56. 
Ceres  89.  90. 176. 
Ceti  0  (Mira)  26.  56. 
Charleston,  Erdbeben  von  316. 
Chemie  der  Sonne  160—163. 
Chemische  Eondensationskerne  632 — 639. 

—  Prozesse  279.  305.  342. 

—  Reaktionsfähigkeit  475. 

—  Sedimente  290. 

Chemisches  Gleichgewicht  290.  313. 

—  Hygrometer  616. 

Chlor  im  Meereswasser  363. 
Chromosphäre  102.  104.  107.  122. 


Cirkulation,    atmosphärische     687 — 692. 

759—762. 
Cirkulation,   vertikale  d.  Luft  377.    383. 

615.  621.  623. 
Cirkulation,  vertikale  im  Meer  361.  367. 

370.  377. 
Cirkulationstheorie  727.  736—762. 
Cirkulationszunahme  737.  749. 
Cirro-Cumulus  642. 

Cirro-Stratus  642.  644.  704.  788.  798.  803. 
Cirrus-Wolken  522.  642.  644.    675.    682. 

698.  704.  754.  907.  921. 
Cirrus-Wolken  auf  der  Sonne  94. 100.  102. 

und  Sonnenflecke  141. 

Clapeyronsche  Gleichung  582.  597. 

„Cold  Wall"  385. 

Coronae  T  25. 

Corona  des  Polarlichts  907. 

—  der  Sonne  105. 114—121, 156. 911. 

—  Dichte  121. 

—  Lichtstärke  114. 

—  Linien  (Spektral-)  107.  117—119.  911 

—  Strahlen  116.  120.  150. 
Coronium  118.  122. 
Crollsche  Theorie  190.  275.  509. 
Cumulo-Nimbus  643. 
Cumulus  643.  644.  661. 
Cyanometer  855,  856. 

Cygni  ß  51. 

—  P63. 

—  Y55. 
Cykloide  420.  440. 

Cyklonen  685.  677—704.  712—716.  728— 

730.  753-759. 
Cyklonen,  Bewegung  700.  701.  715.  757. 

—  Frequenz  713.  714. 

—  Geschwindigkeit  714.  734. 

—  Grenzgebiete  722.  723. 

—  Grösse  701.  720.  751. 

—  Höhenänderung  720.  721.    730.    753. 

bis  757. 

—  Schicht  der  maximalen  Drehung  750. 

756.  758. 

—  Sonnenflecke,   Einfluss  von    143.  146. 

—  Temperatur  725.  750.  756.  757. 

—  Ursprung    723—730.  755-759. 

—  Verteilung    meteorologischer 

Elemente  um  700—704. 

—  Zugstrassen  697.  712.-716.  729.  734. 


1004 


Sachregister. 


Cyklonen,  tropische  706—712.  724. 
„Auge"  708. 

—  —  Barometer  bei   711. 
Bildung  709.  759. 

—  —  „fahrbare"  und  „gefährliche"  Seite 

711. 

Gradient  707. 

Häufigkeit  706.  707. 

Höhe  708. 

Jahresperiode  716. 

—  —  Lage    des  Centrums  711. 

—  —  Regen  u.  Wolken  708. 

Windstärke   707.    708. 

Zugrichtung  709.  715. 

Cyklonische  Abnahme  und  Zunahme  744. 

—  Cirkulation  744. 


Dachdeckung  und  Blitzgefahr  781. 
Daltons  Gesetz  595. 
Dämmerung  580.  853.  856-868. 

—  astronomische  857. 

—  bürgerliche  857 

—  Dauer  857 

—  Farben  858-862. 
Dämmerungsstrahlen  858.  861. 
Dardanellen-Strömung  387. 
Darwinsche  Theorie  288.  472. 
Deimos  198. 

Deklination  eines  Sterns  5. 

—  magnet.  135.  148.  926-934. 

—  magnetische  Bestimmung  927—929. 
Deklination,  magnetische,    Mondperiode 

971. 

Deklination,  magnetische,  Periode  seku- 
läre,  932—934.  976. 

Deklination,  magnetische,  Periode  täg- 
liche 953. 

Deklination,  magnet.,  Störungen  917 — 919. 

Deklinometer  946.  970.  971. 

Deltabildungen  431.  432.  468.      ■ 

Denudation  189.  190.  338.  340—345.  400. 
429.  432.  445.  467.  468.  763. 

Destillation,  Wachstum  durch  654. 

Diatomaceen  357. 

Dichte  der  Erde  249—252. 

Planeten  80.  164. 

Sonne  80.  121. 

—  —  Sterne  54. 


Dichtemaximum  des  Wassers  373.  410. 

DJfferentialpendel  250. 

Differenzierungen  im  Magma  313. 

Diffusion  595.  620.  637.  640. 

Dione  199. 

Dislokationsbeben  323. 

Dispersion  des  Lichtes  in  Luft  829. 

Distanz,  kritische  (Funkenentladung)  784. 

Donatis  Komet  205. 

Donner  777.  804. 

—  Hörweite  777. 

—  Rollen  777.  816. 
Doppelnebel  38. 
Doppelsterne  46—52.  225.  227. 
Doppelte  Umkehrung  von  Spektrallinien 

101. 
Dopplers  Prinzip  28.  29.  31.  63.  69.  124. 

192.  818. 
Drachen,  Franklins  772.  881. 

—  Nebel  im  23. 

D rächen aufsteigun gen  546.  585.  625. 

Drapersches  Gesetz  101. 

Dredschen  353. 

Drehung  der  Polarisationsebene  870.  874. 

Drehungsachse  der  Erde  268. 

Drehwage  248.  262. 

Dreikanter  768. 

Dröhnen  820. 

Druck  im  Erdinneren  282.  284.  295. 

—  im  Meer  351. 

—  im  Polareis  391. 

—  in  der  Sonne  31.  111.  121. 

—  in  Wasserblasen  640. 

—  und  Gefrierpunkt  396. 

—  und  Spektrallinien  30. 

-—  Ursache  des  Windes  675. 

—  von  Wasserdampf,  maximaler  581. 
Drumlins  400. 

Dünen  468.  768-771. 

—  Böschung  768.  769. 

—  Form  769. 

—  Höhe  769. 

—  Wanderung  769.  770. 

Dunkler  Kreis  beim  Regenbogen  839. 
Dunkles  Segment   b.     Dämmerung    860 
bis  863. 

bei  Polarlicht  907.  919. 

Dünung  438. 

Durchlässigkeit  für  Schall  816. 


Sachregister. 


1005 


iDurchlässigkeit    für    Wärme    639.    854, 

8.  Glashauswirkung. 
fDurchlässigkeitskoefficient  494.  498—500. 

507.  515—517. 
Durchmesser  der  Planeten  80.  90. 
t  Durchsichtigkeit  der  Luft  483—485.  490. 

853.  854. 
Dynamische  Meteorologie  736. 
Dynamometamorphose  296. 


Ebbe  s.  Gezeiten. 

Echo  815.  816. 

Eddystone,  Leuchtturm,  Brandung  444. 

Eiffelturm,  Temperatur    546.    574.    585. 

—  Wind  672-674. 
Eigenbewegung  der  Nebel  40. 

—  des  Sonnensystems  32. 

—  der  Sterne  18. 
Einschlüsse  295. 

'Einzelbeben  318. 

Einzel  wellen  441.  445.  454. 

Eis,  Binnensee-  413—415. 
f—  Festlands-  394—405. 
' —   fossiles  401. 

—  Inlands-  402. 

—  Meeres-  387—893. 
Eisberge  389.  390.  569. 
Eisbildung  389.  413.  518.  519. 
Eisblätterstruktur  398. 
Eisbrunnen  398. 

Eisen  102.  108.  204.  226.  253. 

Eisen  in  Blitzableitern  784. 

Eisenerze,  Magnetismus  980. 

Eisenmeteorite  213.  216. 

Eisenoxydulverbindungen  342.  475. 

Eisfälle  398. 

Eisfelder  389.  390. 

Eisgang  der  Flüsse  145.  414.  567.  571. 

Eishöhlen  401. 

Eiskrystalle  397.  638.  657.  844—846.  848. 

Eisrisse  398.  402. 

Eiswand  am  Südpolarkontinent  390.  392. 

Eiswolken  640.  846. 

Eiszeit  171.  275.  277.  288.  838.  339.  393. 

403.  422.  467.  566. 
Ekliptik  5.  268.  569. 
Elastische  Nachwirkung  s.  Nachwirkung. 
Elektrische  Entladungen  477.  482.  483. 


654.   656.    778-777.    786.    795.  798. 
894—901.   911. 
Elektrische  Ladung,  spontane  897. 

—  Leitung  der  Luft   891—901. 

—  Strassenbahnen,    Störung  durch  950. 
Elektrische  Strömungen  in  der  Erde  (s. 

Erdströme). 

Elektrische  Strömungen  in  der  Luft  900. 
918—920.  958—960.  965.  971.  988. 

Elektrische  Strömungen  von  der  Erde 
zur  Luft  890.  981.  982. 

Elektrizität,  atmosphärische  146.  149. 
793.  881—901. 

Elektrizität,  atmosphär.,  Periode,  jähr- 
liche 888-891. 

Elektrizität,  atmosphärische,  Periode, 
monatliche  892—898. 

Elektrizität,  atmosphärische,  Periode, 
26-tägige  893.  894. 

Elektrizität,  atmosphärische,  Periode, 
tägliche  889-891. 

Elektrizität,  atmosphärische,  Störung  d. 
Wolken  886. 

Elektrizität,  atmosphärische,  Wechseln 
des  Zeichens  886.  888. 

Elektrizität,  atmosphärische,  Zerstreuung 
(s.  Zerstreuung). 

Elektrizität,  atmosphärische  und  magne- 
tische Elementarwellen  970. 

Elektrizität,  atmosphärische  und  Polar- 
licht 920. 

Elektrizität  der  Erde  881.  905.  920. 

—  der  Luft  882.  887.  890—891.  919. 

—  des  Niederschlages  786.  804.  887.  888. 

—  der  Sonne  120.  150.  207. 

—  der  Wolken  783.  803.  804.  881.  887, 

888. 
Elektrizitätstransport  424. 
Elektrometer  883. 
Elektromotorische  Kraft  d.  Polarisation 

728. 
Elementarwellen,  magnetische  969 — 971. 
Elfenbein,  fossiles  402. 
Ellipsoid  239.  841. 
Eliptische  Bahnen  80.  81.  86. 
Elmsfeuer  784—787.  880. 

—  Periode  787. 

—  und  Wolken  785. 
Emanationen  in  Grundluft  901. 


1006 


Sachregister. 


Emulsionen,  blaue  Farbe  von  877. 
Enceladus  199. 
Enckes  Komet  206.  207.  211. 
Endmoränen  396.  399. 
Entfernungen  der  Planeten  88 — 90. 
Entgleisung  267. 
Eozenzeit  171.  615. 
Epicentrum  327.  330—333. 
Erdbeben  290.  316-336.  900. 

—  Centrum  (s.  Epicentrum).  327. 

—  Fluten  (s.  Seebeben)  321. 

—  Fortpflanzung   327.    329-336.  900. 

—  Schwärme  317. 

—  Wellen  323.  327.  445.  900. 
Erdboden,  Blitzgefahr  780. 
Erde,  Achse  268-272.  275. 

—  Albedo  169. 

—  Alter  285—288. 

—  Dichte  249—262. 

—  Drehung  3.  23.  239.  264—272.  381. 

425.  464. 
Erde,  Drehung,  ablenkende  Kraft  265— 

267.  381.  425.  464.  677.  685-  688.  689. 

697.   709.    727.   737—740.    743.  744. 

749.  755.  756.  762. 
Erde,  Elastizität  331—334. 

—  Gestalt  234—241.  262—264. 

—  Halbmesser  2.  238.  239. 

—  Inneres  252.  277—284.  311. 

—  Kompressibilität  331. 

—  magnetisches  Moment  974. 

—  Masse  247—252. 

—  Starrheit  272—276.  282.  315.  460. 

—  Strahlung  170.  284.  518—525. 

—  Zusammenziehung  284.    336 — 341. 
Erdinduktor  937—940. 

Erdkruste  258.  276.  277.  282-296.  313. 
315.  321.  326.  331—336.  341.  358 
979. 

Erdmagnetismus  134—141, 148.917—920. 
926-990. 

Erdmagnetismus,  Drehung  der  Polari- 
sationsebene 870.  874. 

Erdmagnetismus,  Erdbeben-Einfluss  990. 

—  Höhenvariation     982.  983. 
Erdmagnetismus,  Periode,  jährl.  961 — 963. 

—  -  Mond- 971— 972 

—  —  sekuläre  932—934.  940.  975  bis 
978. 


Erdmagnetismus,  Periode,  26tägige  968. 

969. 
Erdmagnetismus,  Periode,  tägliche  136. 

936.  951—962. 
Erdmagnetismus,  Potential  932.  944.  973. 

—  Störungen    134.    918.    948—950.   953. 

963—969.  978-980. 
Erdmagnetismus,  und  Sonnenflecke   134 
bis  141.  148.  960.  961.  965.  976. 

—  Theorieen  972—984. 
Erdrauch  490. 

Erdschatten  155.  234.  860.  863. 
Erdstösse  317.  330.  990. 
Erdströme  959.  984—990. 

—  und  Erdmagnetismus  989. 990. 

—  und  Höhenlage  986. 
Erdströme,  Periode  987—989. 

—  Störungen  985.  986. 

—  Sonnenwirkung  988.  989. 
Erdstürze  323.  345.  705. 
Erdthermometer  527. 
Erloschene  Vulkane  179.  303.  306. 
Ernte,  Sonnetifleckenperiode  143. 
Eros  68.  89.      ' 

Erosion  s.  Denudation. 

Erschütterungslinien  323—327. 

Erstarrung  der  Erdrinde  285.  293.  315. 

Eruptive  Gesteine  s.  Massengesteine. 

Erzgänge  310. 

Euchrite  218. 

Excentrizität   der  Erdbahn  85.    273   bis 

275. 

Planetenbahnen  84—87.  274. 

Excentrizität  d.  Sternbahnen  51.  56.  85. 
Expansion  der  Luft  486.  577—584. 
Explosion  bei  Bildung  neuer  Sterne  230 

923. 
Explosionsbeben  323. 
Explosionswellen  auf  der  Sonne  108. 
Explosiver    Zustand    des   Sonneninneren 

130.  229. 
Extinction  s.  Absorption. 
Extraneptun  eller  Planet  263. 


Fabrikstädte,  Nebel  in  639. 
Facettengeschiebe  768. 
Fackeln   der   Sonne    94.    £ 
125—130.  138.  148. 


102.    103. 


fl 


Sachregister. 


1007 


Fallende  Körper,  Abweichung  264. 
Fallgeschwindigkeit  von  Kugeln  641. 
Falten  der  Erdkruste  284.  286.  289.  312- 

336.  341. 
Farbe  des  Himmelslichts  855.  864. 

Meeres  373-377. 

Mondlichts  876. 

—  der  Seen  409. 

s.  auch  Blaue  Farbe. 

—  des  Sonnenlichts  855.  864. 
Farbenringe,  Newtonsche    847. 
Farbenscheiben,        „  856. 
Farbiger  Schnee  394. 
Faserung  des  Gesteins  768. 
Fata  morgana  834. 

Fauna  der  Binnenseen  406.  407. 

—  des  Meeres  356-359.  370.  376. 

—  relikte  402.  407. 
Federwolken  s  Cirrus. 

Fehler,  wahrscheinlicher  459.  551. 

Fernsicht  483.  487.  490.  886. 

Ferrels    Theorie  der  Cyklonen    724   bis 

727. 
Fettschichten  auf  Wasser  447. 
Feuchtigkeit,  absolute  616—618.  630.  787. 

880. 
Feuchtigkeit,  relative  488.  613.  615.  616. 

623—626.  631.  694.  695.  705.  787. 
Feuchtigkeit,  Schwankung  626—631. 

—  Verteilung,     geographische  628 — 630. 
Feuchtigkeit,  Verteilung  nach  der  Höhe 

624-627.  631. 
Feuchtigkeit  und  Cyklonen  714.  724.  728. 

756. 
Feuerkugel  212.  215.  216. 

—  Spektrum  216. 
Fichtenwald  524.  526. 

Finger  zapfenartige   Eindrücke    218.  219. 

344. 
Firn  394.  395.  658. 
Fischerei  352.  359.  367.  377. 
Fixsterne  1 — 64. 
Fjorde  421.  426. 
Fläche,  neutrale  278.  686.  720. 
Flächenblitze  773.  775.  777.  795. 
Fladenlava  314. 
Flammenwirkung  882. 
Flaschenposten  382. 
Flechte  343. 


Flecke  der  Sonne  95—103. 123. 126—130. 

—     Abstossung  128. 

Periode  132—158.  873.  956. 

960.  961.  965. 
Fliehkraft  s.  Centrifugalkraft. 
Flora  des  Meeres  und  der  Seen  356 — 359. 

370.  376.  377.  406. 
Fluidität  s.  Zähflüssigkeit. 
Fluss  341.  345.  387.  418.  430.  799. 

—  Ablenkung  425. 

—  Geschiebe  419.  430.  433—435. 

—  Geschwindigkeit  427.  429. 

—  Rinne  287.  341.  407.  418.  421.  426. 

432—434. 
Fluss,  Salzgehalt  360.  431. 

—  Schlamm  341.  399.  407.  409.  425. 

430.  434. 

—  Thal  421.  467. 

—  Wasser  360. 

—  Wassermenge  427—429. 
Flut  s.  Gezeiten. 

Föhn  704.  705.  898. 
Foraminiferen  356.  357. 
Fortpflanzung  des  Lichtes  69.  138. 

—  magnetischer    Störungen  137. 
Fortpflanzung  der  Schwere  88. 
Fossile  291.  292.  295.  355.  418. 
Fossiles  Eis  392.  401. 

—  Elfenbein  402. 
Frakto-Cumuli  643. 
Frakto-Nimbi  643.  704. 
Freie  Wellen  454. 
Frost  513.  519.  522.  543. 
Frostgrenze  543. 
Frosttiefe  543. 
Frühling  149.  553. 
Frühlingsäquinoctium  4. 

—  spunkt  4.  6.  268.  274. 
Fulguriten  779. 
Fumarolen  303. 
Fundamentalgneise  296. 
Fundy  Bay,  Gezeitenströme.  462. 
Funkeln  der  Himmelskörper  496.   829— 

832. 
Funkenlänge  784.  911. 


Gasgesetze  123.  228.  745. 
Gasnebel  33.  39. 


1008 


Sachregister. 


Gasspektra  22. 

Gasvolumeter  von  Issel  246. 

Gausssche  Theorie  d.  Erdmagnetismus  972. 

973. 
Gebäude,  Blitzschaden  an  781.  782. 
Gebirgsketten,    Bildung  284.  296.  336— 

341.  371. 
Gebirgsketten  und  Cy klonen  714. 

—  —     Gewitter  799. 

Winde  704. 

Gebirgsluft  482.  483.  901. 
Gebirgsmassiv  254.  256.  258.  326. 
Gefrieren  unter  Druck  396.  398. 

—  vom  Meer  388. 

—  vonSalzlösungen  373.387—389. 

—  von  Wasser  373.  524. 
Gefrorener  Boden  534.  .543. 
Gegendämmerung  860—862. 
Gegenkraft  728. 
Gegenpassat  688.  762. 

Gegensatz  des  Klimas  verschiedene  Welt- 
teile 414.  572.  733.  734. 
Gegenschein  154.  202. 
Gegensonne  844. 

—  Höfe  und  Ringe  um  848. 
Geisslersche  Röhren  205.  909.  910. 
Gekröselava  314. 

Gelbe  Sterne  21.  25.  52. 

Geoid  262-264. 

Geoi'denfläche  263. 

Geotherme  530.  531. 

Geothermische  Tiefenstufe  278.  285. 

Gerade  Aufsteigung  5.  6. 

Gerolle  432. 

Geschiebe  419.  430.  434.  435. 

Geschwindigkeit,    molekulare    173.    224. 

597.  (s.  auch  Fortpflanzung). 
Geschwindigkeit  der  Flüsse  429. 

—  d.  Himmelskörper  83 — 85. 

—  der  Meeresströmungen    381 — 383. 
Geschwindigkeit  d.  Protuberanzen  108 — 

110. 
Gesteine  288—296., 
Gewitter    146.    149.   240.  296.  722.  723. 

■  772-811  888. 
Gewitter,  Bildung  7.59.  787.  793—798. 

—  Dauer  801. 

—  Entfernung  777. 

—  Fortschreitung  798—801. 


Gewitter,  Frequenz  568.  788—792.  806. 

—  Ionen  vor  898. 

—  Regen  794—798.  886. 

—  Wolke  (s.  Cumulo-Nimbus)  644.     788. 

798. 
Gewitternase  787.  797. 
Geysir  134.  285.  304.  416.  418. 
Gezeiten  59.  134.  276.  448—464. 

—  im  Luftmeer  892.  971. 

—  Energie  462. 

—  Wellenhöhe  450.  462. 
Gezeitenströme  462.  463. 
Gezwungene  Wellen  454. 
Glacialrisse  399.  403. 
Glas  217.  295, 

Glashauswirkung  170.  172.  185.  340.  479. 

512.  539.  575.  588.  614. 
Glatteis  638.  656. 
Glaukonitsand  357. 
Gleich gewichtsfignr  239. 
Gletscher  389.  395-402.  425.  570. 

—  Bildung  der  395.  570.  622. 

—  Flüsse  374.  398. 

—  Korn  397. 

—  Lawinen  400. 

—  Thor  398. 

—  Tisch  399. 

Globigerinenschlamm  356 — 358. 
Glorie  848—850. 

Gneis  295.  296. 

Gold  im  Meereswasser  359. 

Golfstrom  146.  367.  371.  380.  385.  387- 

390.   391.   414.    429.   540.   542.  572. 

730-732. 
Golfstrom  Schwankungen  146.  730. 
Gondwana- Schichten  405. 
Gradient  676.    677.   680.   682—685.  692. 

696—698.  702.  703.  707.  715.  716. 
Gradmessungen  235-239.  264. 
Granit  292.  343.  529.  978. 
Granulation  der  Sonnenfläche  94.  102. 
Grasdecke  520.  526.  543.  636.  763.  783. 
Graupel  658.  803.  805. 
Gravitation  73—79.  87. 
Gravitationskonstante  249. 
Grönland,  Inlandseis  402.  403.  481. 

—  Klimaverschlechterung  568. 
Groombridge  1830  19.  230. 

Grösse  der  Körper  im  Sonnensystem  80. 


Sachregister. 


1009 


Grössetiklassen  der  Sterne  10.  12.  20. 
Grotten  345. 
Grubenkompass  978. 
Grundlawinen  401. 
Grundluft,  Radioaktivität  900.  901. 
Grundmoränen  399. 
Grundwasser  319.  415.  783. 
Grüner  Mond  und  Sonne  864. 
„Grüner  Strahl"  8.56.  857. 


Haarrauch  490. 
Haarhygrometer  617. 
Hafenzeiten  454. 
Hafte  der  Ostsee  468. 
Hagel  644.  659.  801—806.  809. 

—  fälle,  Periode  143.  641.  777.  792, 

805. 

—  Fallzeit  803.  804. 

—  Körner  801—803. 

—  Schaden  659. 

—  Verbreitung,  geographische  804. 

—  Wetter,  Bildung  759.  801—805.      . 

Fortschreitung  759.  801. 

Haifischzähne  358. 

Halleyscher  Komet  207.  211. 
Haloen  843—847. 

—  Frequenz  844.  846.  847. 

—  künstliche  847. 

Handelskrisen  und  Sonnenflecke  143. 
Harmonische  Analyse  453.  455 — 460,  601. 
Harvard-Stern  62. 

Harz  257.  850. 

Harzartige    Produkte,    Verwesung    von 

483. 
Haselnuss,  Verbreitung  566. 
Haufenwolke  s.  Cumulus. 
Hebung    des    Bodens    (s.    Landhebung) 

277.  339.  465. 
Heide  764. 
Helium  33.  474.  911. 

—  Linien    im    Sonnenlicht    95.    102. 

107. 
Heliumsterne  24. 
Helle  Nächte  857. 
Helligkeit  der  Sterne  9.  11.  17. 
Helligkeitsklassen  10.  12. 
Hemmpunkt  217. 
Herbst  553. 

Arrhenius,  Kosmische  Physik. 


Herbstpunkt  6. 

Herculis  a  26. 

—    50.  56. 

Hering  359.  367.  377. 

Herkules,  Sternhaufen  39.  40. 

Heulen  des  Windes  819.  820. 

Himalaja  258.  339.  982. 

Himmelsfarbe  (s.  Dämmerung)  852.  864. 

876—878. 
Himmelsgewölbe,  Aussehen  823 — 825. 
Himmelslicht,  Polarisation  des  868—874. 


Indifferente  Thermen  417. 

Inducierter  Magnetismus  937.  941.  942. 

Induktionsstrom     780.    783.    938  —  940. 

985.  989. 
Inklination,  magnetische    137.    148.  907. 

934—940.  974. 

—  Perioden  940.  954.  963.  971. 
Inklinatorium  934-936. 

Inlandseis  395.  399.  400.  402.  403.  423. 
Innen  moräne  399. 
Innere  Reibung  des  Wassers  378. 
Inselberge  767. 

Insolation  s.  Sonnenschein,  Dauer  des 
Interglacialzeit  405. 
Intermittierende  Quellen  s.  Geysir. 
Interplanetarische  Atmosphäre  596. 
onen  151.  655.  89*. 
Ionisierung  der  Luft  793.  894.  900. 
Irmingerstrom  731. 
Irrlichter  878—880. 
Irrwische  s.  Irrlichter. 
Isanomalen,  erdmagnetische  974.  975. 

—  thermische  562—565.  608. 
Isapoklinen  975. 

Ischia,  Erdbeben  von  316.  318. 
Isobare  Flächen  742.  753. 
Isobaren   606—609.    701.    704.   715.  741. 
747.  748.  752. 

—  gradlinige  723. 
Isobronten  797.  799. 
Isochasmen  902.  903. 
Isodynamen  943.  944. 
Isogonen  929.  934.  978.  979. 
Isohypsen  557. 

Isoklinen  939.  940.  977. 
Isolierte  Berge,  Temperatur  576. 
64 


1010 


Sachregister. 


Isolierung  durch  Schnee   534.    543.   549. 

574.  718. 
Isoplethen,  thermische  556. 
Isoseisten  320. 
Isostasie  340. 
Isosteren  741.  749. 
Isotherme  Flächen  280.  588. 
Isothermen  369.  557.  558.  560.  561. 


Jagdhunde,  Nebel  34. 
Jahr  1. 

Jahreszeiten  1.  553. 
Japan,  Erdbeben  316. 
Japetus  199.  200. 
Jod  in  der  Luft  482. 

—  in  Salzseen  409. 
Jupiter  191—194. 

—  Abplattung  191. 

—  Achsendrehung  192. 

—  Flecke  193. 

—  Monde  68.  175.  198. 

—  Spektrum  176.  177. 

—  Streifen  192. 

—  Temperatur  194. 
Jura,  Gebirge  401.  425. 

—  Zeit  407. 


Kalkalgen  357. 

Kalkausscheidende  Organismen  342.  355. 

359. 
Kalknadeln  356. 
Kalkstein  295.  345.  361.  477. 
Kälte,  grosse  521.  706.  717. 
Kambrische  Zeit  288. 
Kanäle  auf  Mars  190. 
Kanaltheorie  der  Gezeiten  454. 
Kannelierungen  der  Vulkane  300. 
Kanonendonner,  Hörweite  777.  821. 
Kant-Laplacesche  Hypothese  223—226. 
Kaolin  342. 
Kapillare  Wellen  436. 
Karst  345.  401. 

—  Flüsse  im  425. 

—  -Landschaft  345. 

—  Seen  407. 

Kathodenstrahlen  152.  654.  919. 
Kaukasus  257. 


Kegelform  der  Vulkane  300. 

Keil  des  Luftdrucks  723. 

Kellerräume,  lonengehalt  896. 897. 900.901 . 

—  Temperatur  526. 

Kentern  des  Gezeitenstromes  463. 
Keplers  Gesetze   54.   56.   66.  71.  72—78. 

80.  196.  223.  274. 
Kesselstein  418. 
Kiesbänke  434. 
Kieselnadeln  357. 
Kieselsäure  312.  342. 
Kieselsinter  291. 
Kieselskelette  357.  358. 
Kilauea  300.  301.  644. 
Kimmung  832.  833.  876. 
Kinetische  Gastheorie  173. 
BHammen  421. 

Klänge  musikalischer  Natur  820.  821. 
Klastische  Sedimente  290. 
Kleine  Planeten  68.  70.  89.  176.  224. 
Klima  älterer  Zeiten  359.  405.  472.  562. 

567.  568.  614.  768. 
Klimaänderungen  171. 291.  397.  562—572. 

768. 

—  in  arktischen  Gegenden  508.  569.  764. 

—  kurzperiodischel40.562.566.570.  732. 

—  Sonnenfleckenperiode  140 — 146. 
Klima  äquatoriales  553. 

—  gemässigtes  552. 

—  insulares  553.  588.  614. 

—  kontinentales   514.  549.  552.  553. 

—  oceanisches  514.  549.  552.  553. 

—  solares  508—517. 

—  tropisches  553. 

—  Vermilderung  durch  Seen  538.  559. 
Knoten  348. 

Kochsalz  213.  287.  360. 
Kohle  106.  476. 

—  Bildung  476. 

—  Konsum  423.  478.  639. 

—  Staub  489.  639. 
Kohlensack  41. 

Kohlensäure  170.  187.  190.  295.  296.  304. 

305.   340.   342.    356.   358.    361.  362. 

373.   416.   473.    475—481.    499.  503 

504.  507.  614.  617.  639. 
Kohlenwasserstoffe    204.   304.   305.   477. 

482.  503.  597. 

—  Spektrum  26.  204. 


Sachregister. 


1011 


[oinzidenzen,  Methode  der  244. 
[okkolithen  357. 
Kometen  79.  157.  202—212.  224. 

—  Bahnen  202. 

—  Haube  204.  208. 

—  Häufigkeit  203. 

—  Kern,  Kopf  203.  204.  206—208. 

—  Lichtstärke  207. 

—  Masse  203.  208. 

—  Schweif  150.  203.  204-207.  925. 

—  Spektrum  204. 

—  Temperatur  208.  209. 

—  Zersetzung  208. 
Kompass  926. 
Kompressibilität  331.  371. 
Kondensation   486.   488.    505.   545.    582. 

585.   626.    632-635.   643.    649.   654. 
749.  756.  793.  919. 

—  sfläche  258. 

—  sgebiet  757.  760. 

—  skerne,    Nuclei    632.   654.    793.   863. 

899. 
Kondensationshygrometer  619. 
Kontaktmetamorphose  296.  309. 
Kontinent  347.  358.  392.  454. 
Kontineutalböschung  352. 
Kontinentalstufe  288.  341.  352.  359. 
Kontinuierliches  Spektrum  22.  27.  34. 
Konvektion  von  Wärme  519.  532.  538. 
Kopernikanisches  System  67.  240. 
Kopfschatten  mit  Glorie  848—850. 
Koralle  342.  352.  359.  471. 

—  Ritte  471. 

—  Sand  342.  359. 

Krakatau,  Ausbruch  301—303.  490.  688. 
762.  821. 

—  Dämmerung     nach     Ausbruch     855. 

863-868. 

—  Luftwellen  787.  821.  822. 

—  Wasserwellen  323.  324. 
Kreiselbewegung  268. 

Kreuze  am  Mond  und  an  der  Sonne 

844—846. 
Kreuzsee  439.  711. 

Kritische  Distanz  (Schlagweite)  784.  911. 
Kritischer  Punkt  283,  312. 
Kryokonit  403. 
Krypton  474.  911. 
Krystalle  293.  310. 


Krystallinische  Schiefer  295. 
Krystallisation  296.  310. 
Kugelblitze  773.  775—777.  784.  809. 

—  Farbe  776. 

—  künstliche  775.  776. 

—  mechanische  Wirkung    776.  777. 

—  Temperatur  776. 
Kulmination  6.  892.  971. 
Kultur  365.  405.  764.  768. 
Kundtscher  Versuch  470. 
Kuro-Schio  374.  385.  386. 

Küste  259.  352.  443.  465-472.  763. 
Küstengebirgsketten  340. 
Küstenriffe  469—472. 
Küstenthon  355.  356. 
Küstenverschiebungen  465 — 472. 


Labiler  Zustand  der  Luft   709.  724.  727. 

Lacaille  9352.    19. 

Lahngänge  401. 

Laibach,  Erdbeben  von  316. 

Lake  Bonneville  430.  465. 

Lake  Warren  465. 

Landhebung  466 — 468. 

Landnebel  639. 

Landsenkung  465—468.  472. 

Landwinde  692-694.  794. 

Lapilli  298. 

Latente  Wärme  s.  Yerdunstungs wärme. 

Lava   299.    300.  303.  307.  309.  312—316. 

Lavaherde  311 — 314. 

Lawinen  395.  400.  401. 

—  Bahnen  401. 

—  Kegel  401. 
Lebensluft  479. 
Lenzen  439.  711. 
Leoniden  210.  215. 

Leuchtende  Nachtwolken  580. 649. 851.921. 

Geschwindigkeit  852. 

Höhe  852. 

Periode  851.  852. 

Lexells  Komet  210. 

Leyer,  Ringnebel  36. 

Licht  der  Himmelskörper  23—28.  91—93. 

876. 
Lichtäther  231. 
Lichtbogen  102.  131. 
Lichtjahrweite  3. 

64* 


1012 


Sachregister. 


Lichtsäule  846. 
Lichtwellen,  Ablenkung  825. 

—  Biegung  (DiflFraktion)  842.847.851.855. 

—  Brechung    830.    831.    835.  844.  856. 

—  Dispersion  829.  831. 

—  Eeflexion  852.  857.  873. 

selektive   853.   872.  877.  878. 

Lima,  Erdbeben  von  316. 

Linienblitze  773—775. 

Lissabon,  Erdbeben  316.  318. 

Litoralzone  s.  Kontinentalstufe. 

Littorinameer  406. 

Llanos  764. 

Lloydsche  Wage  946,  970.  971. 

Lochs  406. 

Lokale  Gewitter  795.  798. 

—  magnetische  Störungen  978 — 980. 

—  Umstände,  Einfluss  von  701.  734. 

—  Winde  704—706. 
Lokalvariometer  943. 
LÖSS  765.  770. 

Lot  348.  427. 
Lotabweichung  250.  257. 
Lotleine  348. 
Luft  (s.  Atmosphäre  der  Erde). 

—  feuchte  615.  645. 
Luftballon  s.  Ballonaufsteigungen. 

—  Glorie  um  850. 

Luftdruck  148.  277.   590—611.  752.  787. 

—  Differenzen    Dänemark-Island  781. 

—  Gradient  676. 

—  geographische  Verteilung  606—609. 

—  Höhenverteilung  592—594.  602.  604. 

827. 

—  bei  Lawinen  401. 

—  um  einen  Luftstrom  754. 

—  Maxima,  Minima  610.  611.  708. 

—  Periode,    halbtägige    600.    602—604. 

921—923. 

—  —  jährliche  601.  604. 
Mond-  892. 

tägliche  600—604. 

—  Typen  722. 

—  in  Tromben  und  Cyklonen    610.  809. 

—  unregelmässige    Schwankungen    447. 

600.  609—611. 
Luftelektrizität  s.  Elektrizität  atmosphä- 
rische. 

—  146.  149.  793.  881—901. 


Luftionen  793.  894.  897—901. 

Luftperspektive  483.  488.  824.  874. 

Luftprobe  617. 

Luftpumpe,  S.   56. 

Luftsedimente  765.  770. 

Luftspettrum  (s.  Atmosphärische  Linien) 

910.  911. 
Luftspiegelung  832—835. 
Luftströmungen    (s.    auch    Winde)    513. 

532.  595.  687—692.  986. 

—  horizontale  754.  758. 

—  vertikale  545.  674.  687.  891. 

—  auf  Merkur  169. 

—  bei  Sonnenfinsternissen  959. 
Lufttemperatur   519.  520.  544—589.  694. 

719.  749. 

—  Anomalie  562.  570. 

—  Bewölkung,  Einfluss  549. 

—  Korrektion  zum  Meeresniveau  557. 

—  Periode,  jährliche  548.  552 — 557.  577. 
sekuläre  562—577. 

tägliche  544—550.  577. 

—  Verteilung,  geographische  557 — 562. 

nach  der  Höhe  572—589. 

Luftwirbel  659.  662.  669.  679.  685—687. 

697—704.   705.  719.    797.  805—811. 
958—960.  965.  971. 

—  Entstehung  686.  723-730. 

—  Höhe  der  vertikalen  687.  700.  754. 

—  mit  horizontaler  Achse  697.  794.  797. 

798. 

—  und  Sonnenflecke  140.  145. 
Lyrae  «  s.  Vega. 

—  ß.  24.  56.  57.  63. 


Mäander  433. 

Magma  282.    283.    292.    293.   296.    299. 

312—316.  333.  334. 
Magnesiumlinien  102.  131.  226. 
Magnetfeld  152.  918.  929—932.  944.  973 

—980. 

—  der  Schwankungen  955—959. 

—  der  Sonne  120.  983. 

—  der  Störungen  965. 
Magnetische  Elemente  für  Potzdam  944. 
Schwankungen  951—972. 

—  Landesvermessung  928.  978—980. 

—  Meridianen  906.  931.  932. 


Sachregister. 


1013 


Magnetische  Momente  941.  942. 

Temperaturvariation  942.946—947. 

zeitliche  Abnahme  942.  943. 

—  Observatorien  947. 

—  Parallelen  (Aquipotentiallinien)    931. 

932.  944. 

—  Reiseinstrumente  927—929.  937.  940. 

945. 

—  Störungen  s.  Störungen. 
Magnetismus  gebrannten  Thons  977.  978. 
Mammut  402. 

Mangrove  470—471. 
Manometer  351.  546.  670. 
Mariottes  Flasche  616. 

—  Gesetz  596. 
Marmor  295.  309. 
Mars  68.  70.  183—191. 

—  Atmosphäre  172.  174.  176.  185. 

—  Erhebungen  187. 

—  Farbe  185.  187.  189. 

—  Kanäle  190.  191. 

—  Klima  185.  189.  614. 
Mars,  Kohlensäureschnee  187. 

—  Monde  198. 

—  Polarkappen  183. 

—  Spektrum  176. 

—  Temperatur  171. 

—  Undrehungszeit  183. 

—  Veränderlichkeit  183.  189.  190. 
Mascaret  462. 

Masse  der  Erde  s.  Dichte. 

—  der  Planeten  80. 

—  der  Sterne  49. 

Massendefekte  und  -Überschüsse  255.  257. 

258.  261.  339. 
Massengesteine  292—295. 
Massenverschiebungen  271.  277.  609. 
Mauna  Kea  und  Mauna  Loa   179.   259. 

300. 
Maximalspannung  von  Wasserdampf  581. 

612.  618.  632. 
Maxwellsche  Elektrizitätstheorie  121. 
Meer  258.  259.  347—393.  406.  467.  489. 

—  Boden  258.  279.  335.  348.  353-359. 

377.  380.  442.  466. 
Meer,  Bodenböschung  335.  352. 

—  Dichte  363—367.  373.  386. 

—  Eis  387—393. 

—  Farbe  373-377. 


Meer  Gasgehalt  361.  362. 

—  Gefrierpunkt  373.  388. 

—  Oberfläche  234.  259. 

—  Salzgehalt  287.  359—367. 

—  Sand  445.  763. 

—  Strömungen  361.  363.  367.  377—387. 

513.  635.  793. 
Meer,  Temperatur  350. 351. 359. 367—373. 

377.  535.  540—542. 
Meeresleuchten  376. 
Memnonstatue,  singende  821. 
Meridianebene  3.  741.  929. 

—  magnetische  906.  931.  932. 
Meridianquadrant  238. 
Merkur  181.  199. 

—  Atmosphäre  176. 

—  Lichtstärke  848. 

—  Temperatur  169. 

—  Umdrehung  181. 
Messina,  Erdbeben  316. 
Metallbarometer  591. 

Metalle    und   Metalloide   in   der  Sonne 

106.  911. 
Metallische  Protuberanzen  108—113. 
Metamorphosen  295. 
Meteore  125.  157.  158.  459. 
Meteorite  212-220.  233.  344.  358.. 

—  Aufglühen  215.  580.  594. 

—  Entstehung  155—158. 

—  Hemmpunkt  217. 

—  Streufeld  217. 

—  Temperatur  218. 

Meteorologischer  Äquator  129.  608.  615. 
Meteorsteine  s.  Meteorite. 
Milchfarbe  der  Gletscherbäche  374.  399. 

—  des  Meeres  375. 
Milchstrasse  41.  64. 
Mimas  199. 

Mineralgänge  310.  980. 
Mineralquellen  304.  416. 
Mira  Ceti  26.  56. 
Mirasterne  56.  57. 
Mistral  706.  764. 

Mitschwingung  245.  448.  664.  783.  821. 
Mittelalter,  Klima  im  566—569. 
Mittelbildung  550-552. 
Mittellauf  419. 
Mittelmeer  366.  367.  386. 
Mittelmoräne  398. 


1014 


Sachregister. 


Mizar  49. 
Mofette  304.  639. 
Moldavite  217. 
Monat  1.  276. 
Mond  177—181.  197. 

—  Atmosphäre  174.  179. 

—  Einfluss  auf  Witterung  891.  892. 

elektrischer  791.  892—894. 

magnetischer    149.     155.    971. 

972. 
Mond,  Gebirgsketten  180.  848. 

—  Gezeiten  448—454. 

—  Licht  93.  176.  848.  876. 

—  Meere  178. 

—  Parallaxe  69. 

—  Regenbogen  841. 

—  Strahlensysteme  180. 

—  Temperatur  166-168.  180. 

—  Umlaufszeit  73. 

—  Veränderungen  180. 

—  Wasser  auf  179—180. 
Monde  der  Planeten  197—200. 
Mondhof  847. 

Mondringe  843—847. 
Monsune  688.  695.  696. 

—  Gradient  696. 

—  Höhe  696. 
Monsunengebiet  662. 
Monsunströme  379.  380. 
Moore  407.  414. 
Moorwiese  529. 

Moränen  391.  396.  398—400.  402.  407. 
Morgenröte  855.  857. 
Multiplikationsverfahren  938. 
Mündung  der  Flüsse  419. 
Murbrüche  oder  Murgänge  419. 
Muscae,  i?  57. 
Muschelbänke  465. 

Muschelförmige  Abschuppung   218.  344. 
Musikalische  Naturklänge  820.  821. 


„Nachglühen"  875. 
Nachtfröste  518.  519.  522. 
Nachtgewitter  787. 
Nächtliche  Abkühlung  533.  545.  565. 
—  Strahlung  518—525. 
Nachtwolken,  leuchtende  580.   649.  851. 
921. 


Nachwirkung,  elastische  277.  339. 
Nadirfluten  452. 

Natriumlinien  24—25.  99.  105.  204. 
Natronseen  408. 

Nebel  (auf  dem  Himmel)  33.  62. 156.  157. 
222.  225.  230.  231.  923-925. 

—  Spektrum  33.  34.  46. 

—  Zustand  43.  44.  656. 

—  (irdischer)    390.    486.    635.  638-640. 

643.   644. 

—  Bildung  634.  635. 

—  Gebirgs-  640. 

—  Luftelektrizität  bei  886.  899. 

—  Periodizität  639.  640. 

—  -Signale  817.  818. 

—  -Tropfen  641.  847. 
Nebellinie  33. 
Nebenflüsse  433. 
Nebenmonde  844—846. 
Nebensonnen  844 — 846. 
Nebulosa  s.  Nebel. 
Necks  307. 

Negative  Partikelchen   42.  43.  149.  151. 

204.  225.  604.  920. 
Neigung  der  Planetenbahnen  84. 
Neon  474.  911. 
Nephoskop  647. 
Neptun  89.  197. 

—  Mond  175.  197.  224. 

—  Spektrum  176. 
„Neros  Graben"  352. 

Neue  Gase  der  Luft  473—475.  910.  911. 
Neue  Sterne  (s.  auch  Nova)  60—64.  230. 
923—925. 

—  Entstehung  63.  230.  923. 

—  Spektrum  25.  61.  62.  63.  923. 
Neufundland,  Nebel  bei  635.  640. 
Neutrale  Fläche  278.  686.  720.  757. 

—  Punkte  870—873. 

und  Sonnenflecke  873. 

Newtonsche  Farbenringe  847. 

—  Farbenscheiben  856. 
Newtonsches  Gesetz  73 — 83. 
Niagara  287.  407.  422. 

Nickel  in  Meteoreisen  213.  214. 
Nickelstahl  237. 

Niederschlag   394.    570.    614.    635—640. 
653-666.  703.  704. 

—  Elektrizität  bei  786.  804.  886-888. 


Sachregister. 


1015 


Niederschlag,  Gebiet  429. 

—  im  Gebirge  061. 

—  geographische  Verteilung  661 — 664. 

—  Maximi werte  660-663. 

—  Menge  659—666. 

—  Periodizität  665.  666. 

—  und  Sonnenflecke  142. 
Nimbus  643.  704. 
Nippflut  452. 

Nitrate  und  Nitrite  482.  656.  657. 

Niveaufläche  263. 

Nivellierung    (s.    auch  Denudation)  238. 

263. 
Nordlicht    s.    Polarlicht   135.    137—139. 

146.  208. 

—  Geräusch  bei  820. 
Nordlichtlinie  909—911. 
Nordpol,  magnetischer  929.  934. 
Nordsee  353.  365.  386.  507. 
Normalgefälle  418. 
Normalinstrumente  550. 

Nova,  Andromedae  (1885)  62. 

—  Aurigae  (1892)  25.  62. 

—  Cassiopejae  (1572)  60. 

—  Centauri  (1895)  61. 

—  Coronae  borealis  (1866)  61. 

—  Cjgni  (1600)  60. 
(1876)  61. 

—  Kepleri  (1604)  61. 

—  Normae  (1893)  62. 

—  Persei  (1900)  923—925. 
Nullmeridian  926. 
Nummulithenkalk  357. 
Nunataks  402. 

Nutation  208—270.  282.  452. 


Oasen  418. 

Oberflächenspannung  447. 

Oberitalienische  Seen  406. 

Oberlauf  419.  423. 

Oberon  200. 

Ocean  (s.  auch  Meer)  336.  346.  347.  353. 

371.  478. 
Oceanographie  352. 
Oel  auf  Wellen  447. 
Oolithe  291.  479. 
Ophiuchi,  U.  55. 
Optik,  meteorologische  823—880. 


Optische  Doppelsterne  46. 

—  Trübung  483.  490. 
Orbelinen  356.  357. 

Organisches  Leben,  Möglichkeit  172.  173. 

221.    285.    288.    353.    361.  370.  372. 

376.  394. 
Organismen,  kalkausscheidende  342.  355. 

359. 

—  konservierende  344.  470. 
Organogene  Sedimente  292.  342.  355.  359. 

361.  408. 
Orientierung   der   Kirchen,   magnetische 

926. 
Orionis,  a  26. 

—  ß,  y,  6  und  e  24. 
Orionlinie  24.  33.  37. 
Orionnebel  36.  37.  225. 
Orkan  671.  705. 

Oscillierende  Entladungen  773.  774.  779. 
Osmotischer  Druck  313. 
Ostsee    353.    365.    366.    372.    386.    393. 
406.  413.  567. 

—  Nebel  auf  640. 
Ovifak,  Eisen  von  214. 
Ozon  482. 


Packeis  387. 

Pallas  90.  176. 

Pampas  764. 

Parabolische  Bahnen  80.  86.  202. 

Parallaxe  der  Körper  im  Sonnensystem  69. 

—  des  Mondes  09. 

—  der  Sonne  70.  71. 

—  der  Sterne  13.  21. 
Parallelstruktur  288.  295.- 
Partialentladungen  775. 
Partikelchen,  negative  42.  43.  149.  151. 

204.  225.  604.  920—925. 
Passatwinde   380.    438.    688.    692.   696. 
762.  769. 

—  Einflusa  des  Mondes  auf  892. 
Penguin-Tiefe  352. 

Pegasi,  ß  26. 

—  Z7  57. 
Pegelstände  142.  446. 

—  und  Sonnenflecke  142. 
Pegmatite  293. 
Pendelmessungen  242—263.  358. 


1016 


Sachregister. 


Pendel  versuch,  Foucaults  267. 

Penumbra  95.  100.  102.  104. 

Perihelium  89.  274. 

Periodische  Erscheinungen   1.  456—460. 

Perlenschnurblitze  773.  775. 

Petroleumgase  396. 

Pflanzenleben  343.  376.  476-480. 

Pbänologische  Erscheinungen    143 — 146. 

Phasendifferenz  459.  587. 

Phobos  198. 

Phokis,  Erdbeben  von  317.  319. 

Phosphorescierende  Organismen  376. 

Phosphorwasserstoff,  selbstentzündlicher 

880. 
Photographie  der  Blitze  773. 

—  des  Himmels  11. 
Photometer  von  L.  Weber  869. 

—  von  Zöllner  10. 
Photometrie  der  Himmelskörper  10. 
Photosphäre    der   Sonne    96.    100.    102. 

106.  124. 
Pinienwolke  296.  794. 
Planetarische  Nebel  33.  43. 
Planeten  66—88.  164-197. 

—  Bahnen  66.  80.  84.  88.  224. 

—  Dichte  80.  164. 

—  Massen  79.  80.  90.  164. 

—  Spektra  176. 

—  Umlaufszeiten  71.  79.  90.  227. 
Planeten,  kleine  (Planetoiden)  89.  90.  224. 
Plankton  356.  376. 

Plasticität  277.  283.  339.  396. 
Platten-Anemometer  669. 
Platzregen  660. 
Plejaden  9.  20.  37. 

—  Nebel  37.  225. 
Pluviometer  659. 
Poikfluss  425. 

Pol  der  Ekliptik  6. 
Milchstrasse  41. 

—  magnetischer  929.  934. 
Polabstand  eines  Magneten  942. 
Polarbänder  642. 

Polareis  391—393. 

—  auf  Mars  183. 
Polarisation  des  Lichtes.  839.  924. 

von  Emulsionen  877. 

vom  Himmel  865.  868—874. 

—  Seewasser  874. 


Polarisation    des    Lichtes    von    Wolken 

872.  873. 

aktinischen  872.  877. 

Polarisiertes  Licht  der  Haloen  845. 

des  Mondes  180. 

Polarisiertes  Licht  des  Persei-Nebels  924. 

—  Regenbogens  839. 

— Saturnringes  196. 

der  Sonnencorona  117. 

des  Tierkreislichts  202. 

Polarlichter  135.  137—139.  146.  152.  181. 

183.  208.  902-921. 

—  Banden  908. 

—  Bogen  904—907.  911. 

—  und  Cirrus-Wolken    907. 

—  Corona  904.  907. 

—  Draperien  908. 

—  und  Erdladung  905.  920. 
Erdmagnetismus    137 — 139. 

905.    917—919.  952. 

—  Farbe  904.  905.  907. 

—  Höhe  580.  594.  911.  912. 

—  und  Kathodenstrahlen  152.  919. 

—  Lichtstärke  908.  913. 

—  Maximalzone  152.  902. 

—  Nebel  bei  907.  919. 

—  Periode,  jährliche  912—914.  921. 
Mond-  916.  917.  921. 

sekuläre  137.  152-  914—917 

26tägige  149.  916. 

tägliche  914.  921. 

—  Schein,  diffuser  904.  907. 

—  Sichtbarkeit  908.  913.  914. 

—  Spektrum  905.  910.  911. 

—  Strahlen  152.  907.  919. 
Polarmeer  371.  377.  392.  640. 
Polarstern  47.  269. 

Polarstrom  363.  367.  386.  391.  569. 
Polaruhr  874. 
Polati  efe  327. 
Polhöhe  5. 

—  Schwankungen  270—272. 
Pollux  25.  786. 

Poren  der  Sonne  94. 
Potential  des  Erdmagnetismus  944.  972. 
973.  976. 

—  der  Schwere  83.  84. 
Potentialfall  in  der  Luft   881.  882.  886. 

887. 


Sachregister. 


1017 


Fotentialfall  bei  Sonnenfinsternissen  898. 
Potentialflächen,  elektrische  884.  885. 
Potentielle  Energie  81.  284. 
I'räcession  2(38-270.  282.  452. 
Präcisionsnivellierung  238. 
Präkambrische  Zeit  288. 
Prallstelle  426. 
Procyon  17.  25.  32. 
L'rocyonbegleiter  49. 

Protuberanzen     103.  — 105.      108.      120. 
126—130.  828.  911. 

-  Geschwindigkeit  108—114. 

~  Höhe  113. 

—  Periodicität  113. 

-  Spektrum  23.  95.  108.  113.  911. 
Psychrometer  544.  618-  619. 

—  Differenz  488.  520. 
negative  520.  619. 

—  Formel  619. 

—  ventiliertes  619. 
Ptolemäisches  System  67. 
Puppis,  'C,  44. 

Purpurlicht,  erstes  861.  863—868.  875. 

—  zweites  862.  864—868. 

—  drittes  866. 

—  Dauer  866—868. 

—  Höhe  865.  866. 

—  Statistik  867. 
Pyrheliometer  492—497.  522. 

—  selbstregistrierendes  494 
Pyrit  8.  Schwefeleisen. 


Quartäre  Bildungen  339. 
Quarzsand  342. 
Quellen  415.  416. 

—  Gasgehalt  416. 

—  Salzgehalt  416. 


Iladiationspunkt  209. 

Radioaktive  Körper  882.  884.   897.    899. 

901. 
Radiolarien  356—358. 
Radiolarienschlick  358. 
Rasen  s.  Grasdecke. 
Rauch  und  Blitzgefahr  782.  806; 

Luftelektrizität  886. 

Rauchfrost  637.  638. 


Reflexion  (s.  auch  Licht  wellen  und  Schall) 

der  Erdwärme  501. 
Refraktion,  atmosphärische  239.  825—829. 
Regelation  396.  397. 
Regen  (s.  auch  Niederschlag)  524.  659 — 

666.  704.  723. 

—  äquatoriale  661. 

—  -Bänder  505.  620. 

—  Chemie  des  656.  657. 
Regen-Menge  567.  626.  635.  795. 

—  -Messer  659. 
Regenbogen  835—843. 

—  höherer  Ordnung  836—840. 

—  Mond-  841. 

—  Polarisation  839.  840. 

—  sekundäre  841.  842. 

—  Theorie  835.  836.  842. 

—  weisser  842.  843. 

—  zweiter  838—840. 
Regentropfen,  Bildung  von  653 — 655. 

—  Grösse  655.  795.  842. 

—  Temperatur  655. 
Regenwolke  (s.  auch  Nimbus)  644. 
Regenzeit  666. 

Regulierung  d.  Wasserzuflusses  420.  424. 

—  der  Kohlensäuremenge  478—480, 
Regulus  24. 

Reibung  der  Luft  737.  740.  744.  750.  757. 
760.  762. 

gegen  die  Erde   675.  678.  681. 

im  Kondensationsgebiet  761. 

—  des  Wassers  378.  442.  445.  447. 
Reif  637.  657. 

Reinheit  der  Luft  489.  507.  516.  521.  886. 

893. 

8.  auch  Staub. 
Reiseinstrumente,  magnetische  927—929. 

937.  940.  942.  945. 
Rektascension  5.  6. 
Relativzahl,  Wolfsche  132.  873. 
Relikte  Meeresteile  406. 
Resonanz  245.  448.  664.  783.  820. 
Respighis  Phänomen  829.  831. 
Retrograde  Bewegung  200.  211. 

—  Richtung  5. 
Reversionspendel  244.   245. 
Rhabdolithen  357. 

Rhea  199. 
Rideau  433. 


1018 


Sachregister. 


Riffe  469.  471. 

Rillen  auf  dem  Monde  179. 

Ringe  um  Sonne  und  Mond  843—847. 

Ringbildung  223. 

Ringförmige  Nebel  36.  43. 

Ringgebirge  179. 

Ringriffe  472. 

Rinne.  V-förmige  723.  796.  798. 

Rippelung  des  Meeresbodens  471. 

Risse  der  Erdki-uste  289.  307.  312.  313. 

316.    335.    338.    340.   358.  371.  398. 

416. 
Rollen  des  Donners  777. 
Röntgenstrahlen  654. 
Rosalicht  s.  Purpurlicht. 
Rossbreiten  688.  690.  754.  762.  766. 
Rotes  Meer  366.  371.  3S7. 
Rötliche  Steine  26.  51.  58.  160. 
Rücken  am  Meeresboden  352. 
Röckschlag  780. 

Rückstrahlung  500—502.  516.  521.  522. 
Rückströmung  in  der  Luft  689. 
—  im  Meer  386.  387. 
Ruhende  Protuberanzen  113. 
Ruheperioden  der  Vulkane  303. 
Ruhezustand  d.  Himmelskörper  228.  229. 

231.  232. 
Rundhöcker  400. 
Russpartikelchen  489.  639. 


Salpen  375. 

Salpetersäure  (s.  auch  Nitrate)  482. 
Salzablagerungen  291.  409. 
Salze,  in  Eis  388. 

—  vom  Himmel  gefallen  213. 

—  im  Meer  360—367. 

—  im  Niederschlag  656. 

—  im  Quellenwasser  416. 

—  im  Süsswasser  360.  407. 
Salziger  Boden  765. 
Salzseen  407.  539. 

Sand  342.  432.  445.  466.  468.  528.  529. 
820. 

—  vulkanischer  298.  302. 
Sandbänke  432.  434.  468. 
Sandgebläse  342. 
Sandstein  52^^. 
Sandwüste  767. 


Sarmatisches  Meer  406. 
Satelliten  197—200. 
Sattel  im  Luftdruck  723. 
Sättigungsdefizit  620.  621.  623. 
Saturnus  194—197. 

—  Abplattung  194. 

—  Monde  199. 

—  Ringe  193.  195—197.  223. 

—  Spektrum  176.  196. 

—  Streifen  195. 

—  Umlaufszeit  195. 

—  Veränderungen  197. 

—  Wolken  195. 

Sauerstoff,  Absorption  von  Strahlen  503. 

—  in  der  Luft  473—475. 

—  im  Meer  342.  361.  370.  372.  373. 

—  Messung  617. 

—  in  der  Sonne  106.  911. 

—  Veränderung,  örtliche  479 — 481. 

zeitliche  475—479. 

Savannen  764. 

Schäfchen-Wolken  s.  Cirro-Cumuli. 

Schalentiere  342. 

Schall,  Ablenkung  777.  816—819.  822. 

—  Beugung  812. 

—  Brechung  812-819. 

—  Durchlässigkeit  für  816. 

—  Eindringen    von    Luft    in    Wasser 

812—815. 
in  Holz  815. 

—  Geschwindigkeit   in    Luft    813.    816. 

819.  822. 
in  Wasser  813. 

—  Hörbarkeit  777.  812.  815.  817. 

—  und  Prinzip  von  Doppler  818. 

—  Reflexion  814—816.  819. 
totale  814.  817.  819. 

—  -Schatten  812.  817.  819. 
Schallwellen  335.  812-822. 

—  beim  Krakatau-Ausbruch  821.  822. 

—  spontane  819—821, 

—  und  Wind  819. 
Schatten  848.  850.  852. 
Schäumen  der  Wellen  442.  647. 
Scheeren  444. 

Schichtwolke  s.  Stratus  und  Alto-Stratus. 
Schiefe  der  Ekliptik  6. 
Schiefer,  krystallinische  295. 
Schieferung  398. 


Sachregister. 


1019 


Schiffbarkeit  der  Flüsse  429. 

Schiffbrüche  und  Sonnenflecken  143. 

Schiffskompass  926. 

Schiffslog  381. 

Schilf  471. 

Schlamm  341.  355—359.  399.  403. 

—  vulkanischer  299. 
Schlammvulkane  303 — 306. 
Schlieren  in  der  Luft  483.  830.  831.  833. 
Schmelzprozess  519. 
Schmelzpunkt  (s.  auch  Gefrieren)  282. 
Schmidtsche  Sonnentheorie  110.  828.  832. 
Schnee  389.  394.  395.  401.  566.  574.  657. 

658.  659.  723. 

—  -Algen  394.  403. 

—  -Decke  394.  489.  525.  534.  .543.  658. 
Dauer  135.  394.  414. 

—  -Flocken  657. 

—  -Gestöber  785. 

—  -Grenze  394. 

—  -Höhe,  specifische  658. 

—  auf  Mars  185. 

—  -Schmelze  428.  432.  705. 

—  -Sterne  657. 

—  -Treiben  769.  820. 
Schornsteine  und  Blitzgefahr  782. 
Schotter  400. 
Schotts  409. 

Schrammen  durch  Gletscher  399.  403. 
Schraubenlinie  s.  Spirale. 
Schraubung  des  Eises  391. 
Schreibersit  358. 
Schrumpfung  s.  Zusammenziehung. 

^     Schutt  321.  401.  419.  422. 
P    —  -Halden  344.  398. 

—  -Kegel  419. 
Schutzconus  782. 
Schutzcy linder  895—897. 

[^    Schwan  16.  30.61. 

—  Nebel  37. 
;  "  Schwarzes  Meer  362.  372.  567.    ' 

Schweben  der  Wolken  640.  641. 
Schwefel-Dämpfe  304. 
Eisen  475—477.  638. 

—  -Regen  656. 

—  -Säure  482.  617.  638.  656. 

Verbindungen  342.  362.  372. 

Wasserstoff  362.  372.  373. 

.     Schweflige  Säure  482.  638. 


Schwellen  am  Meeresboden  367.  370.  372. 
Schwere  245—263.  737. 

—  und  geographische  Breite  255.  599. 

—  und  Höhe  253.  254. 

—  auf  den  Planeten  und  der  Sonne  80. 
Schwerpunkt  eines  Systems  77. 
Schwimmkörper  381.  427. 
Schwingungen,  elektrische  773.  774.  779. 

971. 
Scintillation  829—832. 
Scirocco  705. 

Sedimentäre  Schichten  287—289. 
Sedimentation  288.   341.    374.    376.  409. 

432.  462.  467. 
See,  abflusslose  407—409. 

—  Neubildung  von  400.  420.  422.  423. 

—  süsse  405—407.  420.  422.  538. 

—  Verschwinden  407.  432.  433. 
Seebären  445.  447.  820. 
Seebeben  321.  323—325. 

—  -Wellen  323.  443.  445. 
Seenuss,  Verbreitung  666. 
Seeschiessen  820. 

Seespiegelschwankungen  445—447. 
Seewege  387. 

Seewinde  692— 694.  724.  794. 

Seiches  445—447. 

Seife,  Wellen  beruhigend  447. 

Seismische  Erscheinungen  s.  Erdbeben. 

Seismograph  328. 

Seismologie  317. 

Seismoskop  328. 

Sekundäre  Minima  s.  Teilminima. 

Sekundenpendel  244.  255. 

Selbstinduktion  784. 

Selektive  Absorption  s.  Absorption. 

des  Wassers  536. 

—  Reflexion  166.  483. 
Senkblei  348. 

Senkung  des  Erdbodens  326.  340.  465— 

467. 
Senkungsbeben  327. 
Seracs  398. 

Serapistempel  zu  Puzzuoli  465. 
Serpentinisierung  426.  433. 
Sibirische  Ostküste.  Klima  555. 
Siderisches  Jahr  4. 

—  Monat  276. 

—  ümlaufszeit  72.  147. 


1020 


Sachregister. 


Silberglänzende  Wolken   s.   Leuchtende 

Nachtwolken. 
Silikate  293.  299   336.  342. 

—  basische  und  saure  313.  315. 
Silurzeit  284.  286.  288.  336. 
Singende  Felsen  821. 
Sinkkörper  s.  Suspendierte  Teilchen. 
Sinter  291.  418. 

„Sintflut"  321. 

Sirius  9.  17.  24.  29.  30.  32.  49.  131. 

Siriusbegleiter  49. 

Siriustypus  24,  51. 

„Sog"  445.  469. 

Solares  Klima  508—517, 

Solenoide  743.   748.    749.    756.  759.  761. 

'    762. 
Solfataren  117.  304.  639. 
„Solitary  wa^es"  441.  445.  820. 
Sommer,  Länge  274. 
Sonne  28.  65.  91—163. 

—  Achse  126. 

—  Äquator  126. 

—  Atmosphäre  93.  102.  105. 

—  Dichte  80.  121-123. 

—  Dimensionen  80.  91. 

—  Drehung  123—126. 

—  Druck  111.  121—123. 

—  Energie  158.  221.  228.  231. 

—  Fackeln  94.   99.  102.    103.    125—130. 

138.  148. 

—  Flecke  95—103.  120.  123. 

Periodizität    132—158.   873.     956. 

960.  961.  965. 

—  Magnetfeld  120.  983. 

—  Oberfläche  94. 

—  Protuberanzen    103—105.     108—114. 

120.  126—130.  828.  911. 

—  Spektrum    25.  105.  500. 

—  Strahlung  91.  93.  158.  165.  276.  410. 

492-511.  515.  517. 

—  Temperatur  123.  130—132.  502. 

—  Thätigkeit  127. 
Sonnenabstand  3. 

Sonnen  -auf  und  -Untergang,  Farben  bei 

488.  505. 
Sonnenfinsternis  959.  960. 
Sonnengewitter  787.  790.  793. 
Sonnengezeiten  450. 
Sonnenhof  847. 


Sonnenkonstante  165.  494.  512. 
Sonnennähe  s.  Perihelium. 
Sonnenparallaxe  70.  71. 
Sonnenringe  843—846. 
Sonnenschein,  Dauer  des  650.  652. 
Sonnenstaub  150—156.  873.  920-925. 
Sonnensystem  3.  65—90.  221—225. 

—  Eigenbewegung  32. 

—  Entfernungen  im  68.  69.  80. 

—  Stabilität  158—163.  221-225. 
Sonnentag  3. 

Sonnenwende  274.  509. 
Spalte  8.  Risse. 
Spektralanalyse  21 — 31. 
Spektroskopische  Doppelsterne  48. 
Spektrum    der   Wärmestrahlung   499 — 

501. 
Sphagnum-Arten  414. 
Spica  48. 
Spirale  679.  685.  687.  699. 

—  logarithmische  679. 
Spiralnebel  34.  227. 
Spitzenwirkung  782—785. 

Spontane  Schallerscheinungen   819—821. 
Springflut  452.  454. 
Sprungschicht  409.  410.  535. 
Sprungwelle  462. 

Stabilität  der  Atmosphäre  748.  749.  755. 
756. 

—  des  Klimas  615. 

—  des  Sonnensystems  221.  229.  273. 

—  des  Wetters  723.  731.  735. 
Stadtnebel  639. 
Stadttemperaturen  559. 
Stalaktiten  und  Stalagmriten  291.  401. 
Stationärer  Zustand  der  Atmosphäre  749. 

755.  756. 
Statische  Theorie  der  Gezeiten  454. 
Staub  im  Himmelsraum  12.  44.  155. 158. 

—  kosmiscner  213.  358.  403. 

—  in  der  Luft  483.   485—490.  501.  502. 

505.  507.  852.  863.  865. 

—  und  Luftelektrizität  886.  890.  894. 
Staubfalle  213.  770.  771.  863. 
Staublawinen  401. 

Staubwirbel  807. 
Staubzähler  486. 

Stefans  Gesetz    52.    131.    158.    166.  285. 
521. 


Sachregister. 


1021 


Stehende  Wellen  442.  445. 

Steineis  402. 

Steingetrümmer  344.  390. 

Steinkohlen  423.  476. 

Steinmeteorite  155—158.    213.  215.  219. 

Steinschlag  401. 

Steinwüste  767. 

Steppen  764. 

Steppenfauna  566.  766. 

Sterne  5 — 64. 

—  Abstände  15.  21. 

—  Bewegung  18.  29. 

—  Dichte  54. 

—  Durchmesser  13.  54. 

—  Häufigkeit  12.  42. 

—  Masse  49.  50.  54. 

—  Parallaxe  13.  15. 

—  Sichtbarkeit  9.  853. 

—  Spektra  23.  44.  131.  923. 

—  Temperatur  27.  502. 

—  Umlaufszeit  48—52. 

—  Zusammensetzung  25—28. 
Sternbilder  5.  269. 
Sternhaufen  33.  39.  42. 
Sternort  11.  268. 

Sternschnuppen  151.   157.  209.  211.  213. 
215.  905. 

—  Häufigkeit  211.  212. 

—  Spektrum  216. 
Sterntag  2.  240. 
Sternwarten  9. 

Steuerregeln  bei  Cyklonen  712. 
Stickstoff  361.  473.  503.  911. 

—  Zufuhr  zum  Boden  656.  657. 
Stoppelfeld,  Glorie  bei  849. 
Störungen,  magnetische  135.  137 — 140. 

148.  152.  917—919.  948.  963—969. 

—  —  Ausschliessung  von  953.  963. 
Feld  der  965. 

Gleichzeitigkeit  948.  963—965. 

Grösse  918.  919. 

lokale  978—980. 

Periode,  jährliche  966.  967. 

Mond-  971.  972. 

— sekuläre  965.  966. 

26-tägige  968. 

tägliche  967.  968. 

und  Polarlichter    134—137.   917— 

920.  952. 


Störungen,     magnetische,      starke     und 

schwache  966—968. 

durch  Strassenbahnen  950. 

Störungen,  periodische  und  unperiodische 

458. 

—  planetarische  90.  131.  273. 
Strahlung    der    Erde    170.    284.    518— 

525. 

—  schwarzer  Körper  499. 

—  der  Sonne  9.  93.    158.   165.  276.  410. 

492-511.  515—517. 

—  der  Sterne  93.  502. 
Strahlungsdruck  121.  150—156.  177.  206. 

219.  920-925. 

Strahlungsmaximum  131.  502. 

Strahlungswinter  549.  639.  717.  718. 

Strandlinien,  Strandterrassen  465. 

Stratus  643.  644. 

Strom  s.  Luftströmungen  und  Meeres- 
strömungen. 

—  -Stärke  eines  Flusses  427—429. 
Stromgefälle  419. 
Strommesser  382.  383. 
Stromquadrant  383.  427. 
Stromschnellen  420.  422. 
Stromversetzung  381. 

Sturm  (s.  auch  Cyklone  und  Wind)  671. 
704. 

—  magnetischer  953.  965. 
Sturmwellen  712.  725. 
Stundenglas-See  (Mars)  183.  184. 
Stundenkreis  5. 
Stundenwinkel  5. 

Sturzseen  438. 

Südpol,  magnetischer  929.  934. 

Südlichter  (s.  Polarlichter)  903.  908.  913— 

915.  917. 
Sulphate    im    Meerwasser    342.    362. 

372. 
Sulu-See  372. 

Sümpfe  414.  420.  429.  471.  878. 
Sunds,  Gezeitenströme  in  463. 
Suspendierte  Teilchen  374.  376.  399.  407. 

431.  432.  872.  873.  877.  878. 
Süsswasser  380.  415—418. 

Seen  405-407.  409—414. 

Synodischer  Monat  1. 

—  Umlaufszeit  4.  72.  147. 
Synoptische  Karten  s.  Wetterkarten. 


1022 


Sachregister. 


Tachhydrit  290. 

Tag  1—4.  240. 

Tageshelle  852.  853.  857.  869.  878. 

Tageswasser  415. 

Tange  377. 

Tangentieller  Druck  340. 

Taube  Flut  452. 

Teilminimum  722.  734. 

Tektonische  Beben  323—327.  990. 

—  Linien  323—327.  979. 
Telegraphenkabel  352.  353. 
Telegraphennetz,  Rauchfrost  an  637.  638. 

—  Blitzgefahr  777.  782. 
Tellurische  Linien  s.  Atmosphärische. 
Tempels  Komet  210. 
Temperatur,  absolute  7.  45. 

—  älterer  Zeiten  359.  405.  472. 

—  der  Binnenseen  409.  413.  536-540. 

—  des  Bodens  501.  511.  526—543.  545. 

—  der  Erde  170.  278-286.  501. 

—  -fall  281.  715. 

—  der  Flüsse  539. 

—  der  Gasnebel  43.  231. 

—  der  Gletscher  398. 

Inversion    545.    573.    575.   594.    639. 

674.  693.  818.  876. 

—  Mittel  550—552. 

—  des  Meeres  s.  Meer. 

—  des  Mondes  166.  535'. 

—  niedrigste  521. 

—  der  Planeten  165—173. 

—  der  Quellen  415—417. 

—  der  Sonne  123.  130. 

—  der  Sterne  27.  502. 

—  -Umkehr  s.  T. -Inversion. 

—  -Verteilung  geographische  511 — 514. 

—  virtuelle  746.  750.  760. 

—  -Wechsel  723. 

—  des  Weltraums  166.  231.  521. 
Temperaturleitfähigkeit    491.    526.    531. 

533. 
Terminator  183.  187. 
Terrassen  465.  766.  767. 
Tertiärzeit  288.  295.  357.  358. 
Thalbildung  421.  422. 
Thalwind  694.  695. 
Thau  518. 

—  im  Gebirge  636. 

—  Glorie  bei  849. 


Thau  in  den  Tropen  636.  637. 
Thaubildung  524.  618.  635. 
Thaumenge  518.  636.  637. 
Thaupunkt  518.  618.  622. 
Theodolit,  magnetischer  927. 
Thermen  303.  304.  416.  417. 
Thermoelement  494. 
Thermograph  546.  550. 
Thermometer  350 

—  Aufstellung  544. 

—  blankes  und  schwarzes  517 — 519. 

—  registrierendes  351.  546. 

—  ventiliertes  544. 
Thetys  199. 

Thon  342.  355.  357.  466. 

—  gebrannter,  Magnetismus  von  978. 
Thoriumstrahlung  897. 

Tiefe  des  Meeres  s.  Meerestiefe. 

—  der  Meeresströme  379.  380. 
Tiefenstufe,  geothermische  278—281.  285 

286.  543. 
Tiefseethon  357.  358. 
Tierkreis  7. 
Tierkreislicht  154.  200. 

—  Spektrum  202.  909. 
Titan  (Element)  102.  108. 

—  (Mond)  199. 
Titania  200. 
Titius-Bodes  Gesetz  88. 
Tönender  Sand  820. 
Torf  407.  415.  476. 
Torfmoor  407.  414. 
Tornados  809-811. 

—  Drehung  810. 

—  Energie  809. 

—  Frequenz  810. 

—  Keller  810. 

—  Richtung  809.  810. 

—  Schwingungen  811. 
Totalintensität,  magnetische  944.  955 
Totes  Meer  366.  430. 
Trabanten  173.  197—200. 
Trachyt  309. 
Trägheitskurve  677.  681. 

—  Krümmungsradius  679. 
Transmission  s.  Durchlässigkeit. 
Transport  der  Energie  424. 
Trapp  528. 
Travertin  291. 


Sachregister. 


1023 


Triangelmessung  236. 

Triebkörper  381.  382. 

Trift,  westlicher  688.  689.  727.  756.  761. 

Trinkwasser  417.  656. 

Trochoide  440. 

Trockner  Nebel  639. 

Tromben  698.  722.  807—811. 

—  Bahnen  der  808. 

—  Bildung  759.  807.  809. 

—  Drehung  807.  808. 

—  Geräusch  bei  811. 

—  Luftdruck  bei  809. 

—  Schaden  bei  808—810. 
Tropfen  653 — 655. 

—  Zusammenfliessung  von  655.  795. 
Tropisches  Jahr  4. 

Trübung  des  Himmelsraumes  12.  44. 

—  der  Luft  (s.  auch  Nebel)  485—490. 
Tuif  291.  418. 

—  vulkanischer  299.  307. 
Tundren  414.  543.  766. 
Tunnelbohrungen  280. 
Turbinen  424.  425. 
Tuscaroratiefe  321.  352. 
Tychonischer  Stern  60. 
T>pen  des  Luftdrucks  722. 

—  der  Witterung  735. 
Typhone  698.  706—712. 

Übergangstemperatur  291. 
Überkältung  803.  804. 
Übersättigung  486.  632.  635. 
Überschiebungen  336. 
Überschwemmungen  420.  428.  432.  705. 

712.  723. 
Ufer  421.  425.  468-472. 
— ,  Felsen  am  468. 
ÜUoas  Zirkel  849. 
Ultraviolettes   Licht,    Ionisierung   durch 

894. 
Umbra  95.  100. 
Umbriel  200. 

Umrührung  des  Meerwassers  379,  410. 
Umschlag  des  Wetters  723. 
Unbemannte  Ballons  589. 
Unperiodisch  s.  Aperiodisch 
Unterirdische  Wässer  425. 
Untiefen  444.  463. 


Uranus  197. 

—  Monde  200.  224. 

—  Spektrum  176. 

Umkehrende  Schicht  102.  107.  147. 
Umkehrung  der  Spektrallinien  100. 

—  doppelte  101.  103.  108. 
Umlaufszeiten  72. 
Unterlauf  419. 
Urgebirge  315. 

ürmaterie  223.  224.  225—229. 
ürnebel  226. 


Vagabondierende  Ströme  950.  951. 
Variationsinstrumente,  magnetische  943 

945—951. 
Variometer,  Luftdrucks-  599. 
Vegetation  343.  344.  376.  403.  409.  478. 

482.  522.  543.  637.  768. 
Venus  172.  181—183.  190. 

—  Atmosphäre  169.  172.  175.  181. 

—  Durchgänge  68.  70. 

—  Spektrum  176. 

—  Temperatur  172.  181. 

—  Umdrehung  181. 
Veränderliche  Sterne  53. 
Veränderlichkeit  von  Mittelwerten  552. 
Veränderungen  des  Sternhimmels  19.  66. 
Verbiegung  336. 

Verbrennung  478.  570. 
Verdampfung  s.  Verdunstung. 
Verdunstung  430.  524.  532.  620-624. 

—  „negative"  622. 

—  Perioden  623.  624. 
Verdunstungshöhe  622. 
Verdunstungsmesser  622. 
Verdunstungswärme  612.  613.  638. 
Verfinsterungen  2. 

—  der  Jupitermonde  68. 
Vergleichung  mit  naheligenden  Stationen 

551.  611.  664. 
Vermischung  633. 
Vermoderung  480.  483. 
Vermoorung  407. 
Verschiebung  der  Erdachse  27C— 272.  609. 

Erdschichten  290.  327. 

Luftmasse  009.  733. 

Spektrallinien  28-32.  63.  69. 

103.  124.  192.  196. 


1024 


Sachregister. 


Verschiebung  der  Ufer  346.  514. 
Verschieferung  295. 
Verschleierung  488. 
Verschwindungstiefe  375.  876. 
Versickerung  des  Wassers  407.  425.  767. 

768. 
Versteinerung  s.  Fossil. 
Verteilung     der    Kohlensäure    zwischen 

Luft  und  Wasser  478. 

—  —  Sterne  im  Räume  12    52.  59. 
Vertikale  Strömungen  der  Luft  615.  621. 

623.  636.  641.  643.  692.  700.  704. 
Vertikalintensität,    erdmagnetische    955. 

959.  974.  975. 
Verwerfung  290.  407. 
Verwitterung  189.  309.  338.  340.  342—345. 

421.  430.  475.  476. 
Vesta  90.  176. 
Vesuv  290.  303.  315. 
Vesuvtypus  309. 
V-förmige  Rinne  723.  796. 

Winde  bei  798. 

Virginis,  y  47. 
Vulkane  296—316.  476. 

—  Auswürflinge  297—300.  326.  354.  422. 

—  Bau  307. 

—  Druck  des  Lavas  in  311. 

—  Entstehung  311—316. 

—  Exhalationen  296.  297.  310.  476.  478. 

482. 

—  Gänge  310.  338. 
Vulkanen  -Gebiete  279.  282.  416. 

—  und  Sonnenflecke  143. 

—  Verteilung  306.  316.  336. 
Vulkanische  Gesteine  292—295.  980. 

—  Gewitter  296-  794. 

—  Nebel  639. 

—  Störungen  des  Erdmagnetismus  990. 
Vulkanismus  290.  305-316.  339. 340.  358. 

461. 


Wadis  768. 

W  agrame  433. 

Wald  s.  auch  Birkenwald,    Fichtenwald 

420.  482.    524.   526.    543.   630.    705. 

764.  898. 
Waldgrenze  568. 
Waldkurorte  483. 


Walenohrknochen  358. 

Wallebenen  179. 

Wandelsterne  65. 

Wärmeabsorption  s.  auch  Absorption  und 

Glashauswirkung  170.  494.  498.  499. 

502—505.  515—517. 
Wärmeaufspeicherung    523  —  525.    530. 

538-542. 
Wärmeausdehnung  371. 
Wärmeausstrahlung  514.   518—525.  576. 

588. 
Wärmebilanz  des  Bodens  506.  .507.  523 

—525.  536. 
Wärmegewitter  787.  794.  795.  801. 
Wärmehaushalt   des   Sonnensystems  158 

—163.  340. 
Wärmekapacität  284.  386.  513.  526.  531. 

534.  542.  555. 
Wärmeleitfähigkeit  des  Bodens  165.  284. 

338.  524.  526.  531.  533.  717.  752.  756. 

—  der  Luft  491. 

—  des  Schnees  394.  534.  543. 
Wärmestrahlung  294.  338.  492.  585.  587. 

636.  749.  756. 
Wärmewellen  340.  378.  412.413. 526—533. 
Wärmewirkung  auf  Gesteine    217.  218. 

344.  767. 
Wasser  295.  312.  344. 

—  im  Boden  530.  623.  636. 

—  Durchsichtigkeit  375. 

—  Farbe  374.  409. 

—  hartes,  weiches  417. 
Wasserdampf  181.  285,  296.  303.  473.  475. 

481.   495.   498.   499.    503—505.   507. 
576.  581.  613—631. 

—  Abnahme  mit  der  Höhe  615,  624-626. 

—  Menge  475.  625.  626.  630. 
Wasserfälle  407.  420.  422. 

—  Luft-Elektricität  bei  886. 
Wasserhosen  806. 
WasserkoUektor  882. 
Wassermarken  465. 
Wasserproben  350.  351. 
Wasserscheiden  429. 
Wasserschöpfer  350. 
Wasserstand  570. 

Wasserstoff   24.  33.   174.  477.   482.  503. 
923. 

—  Protuberanzen  108 — 114. 


Sachregister. 


1025 


Wasserstoff  Spektrum  23.  44.  102.  923. 
-  -Sterne  24.  44.  57.  58. 
Wasserwage  277. 
Wasserwellen  s.  Wellen. 
Wega  9.  17.  24.  30.  32.  269. 
Weinbau  567. 
Weinlesezeit  143.  568.  571. 
Weisse  Sterne  21.  24.  52. 
Weizenpreise  und  Sonnenflecke  143. 
Wellen  in  Wasser  436-464.  646. 

—  in  der  Luft  (s.  Akustik)  645.  646. 

—  Abtragung  durch  468. 

—  Bewegung  378.  4.36—464. 

—  Entstehung  646. 

—  Höhe  436.  442. 

—  hügelförmige  439. 

—  Kämme  438.  647. 

—  Länge  438. 

—  stehende  442,  445. 
Wellendynamometer  445. 
Weltachse  s.  Erde,  Achse  der. 
Weltmeer. s.  Ocean  und  Meer. 
Westindische  Tiefe  353. 
Wetter  700.  722. 

"  bei  Cy klonen  700-704. 

Prognose  701.  722.  734.  735. 
^  Umschlag  723. 

—  Zusammenhang  in  verschiedenen  Erd- 

teilen 730—735. 
Wetterkarten  606.  681.  698. 
Wetterleuchten  773. 
Wettersäulen  807—811. 
Wetterschiessen  805.  806. 
Wiederhall  815.  816. 
Widerstandsthermometer  351. 
Widmanstättensche  Figuren  214. 
Wien-Plancksche'  Formel  499. 
Wildbäche  419.  429. 
VVildbäder  417. 

^\^ilsonsche  Sonnenfleckentheorie  97. 
Wind  342.  380.  383.  426.  489.  667—696. 
798.  819. 

Drehung  672.  703. 

Fahne  382.  666. 

—  Geschwindigkeit  620.  621.  659.  666— 

675.    677.   681—685.   692.   697.   702. 
708.  716.  737.  749.  750.  760.  771. 
in  der    Höhe  675.  759.  760. 

—  Integrator  671. 

Arrhenius,  Kosmische  Physik. 


Wind  Komponente  671.  689. 

—  Manometer  670. 

—  Periodicität  671—674. 

—  Richtung   145.    668.    672.    673.    681. 

688.  689.  698—700.  704.  760. 
in   der   Höhe   688.   689.  727.  756. 

761.  762. 
Rose  700—701. 

—  und  Sonnenfleckenperiode  145. 

—  -Stärke  8.  Windgeschwindigkeit. 

—  -Stille  639.  671.  688.  089.  7()8.  709.  717. 

—  Ursache  675 — 685. 
Winter,  Länge  der  274. 
Gewitter  787.  789-791. 

—  -Temperatur      auf     Island -Grönland 

731.'  732. 

in  Westeuropa  146.  730 — 732. 

Wirbel  in  der  Luft  s.  Luftwirbe  . 

—  im  Wasser  379. 
Wirbelgewitter  794.  796.  801. 
Wirbelströme  383.  463. 
Witterung  s.  Wetter. 
Wolf-Ray et-Sterne  25.  61. 
Wolken  285.  .501.  522.  038.  785. 

—  -Bank  643. 

—  -Bruch  299.  660.  725. 

—  -Decke  704. 

—  -Dicke  644.  645.  649. 

—  -Elektricität  881.  887.  888. 

—  Entstehung  634.  637.  643.  644. 
Formen  642:  643. 

—  Geschwindigkeit  647.  650.  750. 

—  Höhe  647—650.  851. 

—  irisierende  850—852. 

—  leuchtende  580.  649.  851.  921. 

—  Periodicität  645.  649.  695.  851. 

—  und  Sonnenflecke  141. 

—  Strahlung  525. 

—  Tropfengrösse  641. 

—  Wassermasse  661. 

—  Wellen  645. 
Wurzel  343. 
Wüste  663.  766—768. 
Wüstensand  770. 
Wüstensteine  218.  344.  767. 
Wüstenwind  489. 

Xenon  474.  911 

Youngscbe  Regenbogentheorie.  841. 
65 


1026 


Sachregister. 


Zähflüssigkeit   130.    277.   283.    312.    315. 

334.  338.  448. 
Zenithdistanz  5. 
Zenithfluten  452. 

Zergliederung  der  Landmassen  346. 
Zerklüftung  293.  344.  767. 
Zerstreuung  der  Elektrizität  894 — 901. 

auf  Bergen  897.  898. 

Geschwindigkeit  895—897.  900. 

901. 

in  Grundluft  900.  901. 

in  Nebel  899. 

Periodicität  898. 

—  Verteilung,  geographische  898. 

im  Wald  898. 

—  —  —  bei  wolkigem  Wetter  898. 

zeitliche  Zunahme  896.  901. 

Zerstreuung  der  Sonnenstrahlen  500 — 502. 

Zeugen  767. 

Zirknitzer-See  407. 

Zittern  der  Himmelskörper  829—832. 


Zodiak  7. 

Zodiakallicht  155.  200.  909 

—  Spektrum  202.  909. 
Zonen,  Klimatische  552. 
Zonenkatalog  11. 
Zoutpans  409. 

Zug,  leiser  671. 

Zündende  Blitze  781.  790. 

„Zunge"  723 

Zusammenfliessen  von  Tropfen  655.  795. 

Zusammenstoss  von  Himmelskörpern  156. 

230.  274. 
Zusammenziehung   der    Erde    240.    284. 

289.  312.  336—341. 

Sonne  159.  222. 

Zweijährige  Periode  (Woeikofl')  414.  571. 

572.  732. 
Zwillinge,  Sternhaufen  39.  41. 

—  C7  57. 
Zypressensümpfe  414. 


Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


22  7      .'Ül 


AUG  1  9  1983 


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Appiiecl  Sei. 


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